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Theologie in der Krise?


nannyogg57

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Was ist an "Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt." (Luther, Kleiner Katechismus) inkonsequent?

Nichts. (Schon aus formalen Gründen.) Nur, welcher Lutheraner sieht das heute so uneingeschränkt?

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Da wundert es dann nicht, wenn Mecky hier ein Bild von der Arbeit der Exegeten zeichnet, dass sichtlich aus seinen Studientagen stammt und mit dem, was Exegeten heute treiben, wenig gemein hat.

Allein schon durch die Beschäftigung mit dem Forum bekomme ich auch neuere Informationen. Hilft aber nichts. Die neueren Informationen erzeugen ein Bild, das auch nicht viel besser ist, als das alte aus Studienzeiten.

 

Es kommt allerdings noch etwas anderes hinzu.

Bei der ganzen Sintflutdiskussion ist mir ein Text von Alfons aufgefallen, in dem er Zengers einschlägiges Buch zusammengefasst hat. Mein Eindruck: Zengers Buch ist gewinnbringender, als der biblische Mythos. Julius hat geschrieben, dieses Buch mit Genuss und Gewinn gelesen zu haben. Beim Lesen des biblischen Textes kommen allerdings solche Gefühle nur auf, wenn man schon beim Lesen schönfärbt. Ich habe mir Zengers Buch immer noch nicht angetan. Denn die Vorlage zum biblischen Mythos, also das Gilgameschepos, habe ich mit Genuss und Gewinn gelesen, obwohl dieses Epos weitaus älter ist. Warum soll ich mich mit Zengers Buch befassen, von dem ich den Eindruck habe, dass es mit dem biblischen Mythos nicht viel zu tun hat. Zenger scheint mir an einen menschenfreundlichen und guten Gott zu glauben - ein Gottesbild, das mit dem biblischen Sintflutmythos und dessen brutalen Menschenvernichtergott nicht viel zu tun hat.

Es ist immer wieder dasselbe. Die Theologie von heute hat keine Chance gegen die Theologie verflossener Zeiten. Weder distanziert man sich von den Unsäglichkeiten, noch vermag es die Theologie die Unsäglichkeiten wirklich aufzuklären. Aus dem Sintflutmythos lässt sich nichts Gutes machen. Und dass man dies trotzdem dauerhaft versucht (durch Rosinenpickerei oder durch Schönfärberei) wirft ein übles Licht auf die Theologie. Wie wirkungslos! Und wie unglaubwürdig!

 

Die Zeit, in der man dazu übergeht, den Sintflutmythos aus der Bibel durch Alfons' Kurzbeschreibung zu ersetzen, liegt in der fernen Zukunft - der Zukunft Mittelerdes, also im nichtrealen Bereich. Und ich rechne damit, dass andere noch viel bessere Texte schreiben können, als Alfons (sorry, ist nicht böse gemeint). Aber auch diese Texte, so gut und fruchtbringend, so gewinnträchtig und genussreich sie auch sein mögen, werden irgendwo in Bibliotheken wirkungslos verschwinden. Was bleibt ist der brutale biblische Sintfluttext mit all seiner verzerrenden Darstellung eines gefühllosen, menschenfeindlichen und völlig ungerechten, lieblosen Rächer- und Mördergottes.

 

Die ganze schöne Theologie hat nur minimale Auswirkung - eben für ein paar Spezialisten. Und wider die Theologie steht der Bibeltext selbst.

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Infolgedessen befasse ich mich in diesem ganzen Dunstkreis im Umfeld des Wortes "Theologie" mit dem, wie sich Theologie mir präsentiert. Welche Position die Theologie innerhalb dieses Dunstkreises auch einnehmen mag: Ich schau nach, welche Effekte sie hervorbringt, welchen Ertrag sie bringt, welche Fehlentwicklungen den Ertrag behindern oder sogar verunmöglichen.

 

Wie kannst du Effekte und Fehlentwicklungen eines derartig nebulösen Wackelpuddings bestimmen?

 

Ganz einfach: Ich orientiere mich an den Auswirkungen.

Auch ein nebulöser Wacklpudding kann duften oder stinken. Und wenn es irgendwo duftet, dann fange ich an zu schwärmen. Und wenn es stinkt, überlege ich mir, wo der Gestank herkommt und übe Kritik.

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Ich hätte eine kirchengeschichtliche Frage dazu:

 

Seit ca. 1900 ist ja in Westeuropa wohl eine Abnahme der kirchlichen Bindungen erkennbar, wohl verursacht durch einen allgemeinen Glaubensschwund. Seit ca. 1970 nimmt diese Abwendung von der Kirche massiv zu - geradezu exponentiell - so wie es aussieht, gibt es jetzt, auch zu Zeiten von Papst Franziskus, eine hohe Zahl an Kirchenaustritten.

 

Was nicht wundert, wenn die Ursache stimmt: Jemand, der nicht (mehr) glaubt, braucht weder eine Theologie, noch eine Kirchenmitgliedschaft, noch einen (angeblich) liberalen Papst.

 

So weit, so konsequent.

 

Was mich nun interessiert: Hat es eine solche Zeit schon mal gegeben? Dann könnte man nämlich mal schauen, wie man das damals gemanagt hat.

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Mir scheint eher, du verwendest "Theologie" als Projektionsfläche für alles, was Dir an Kirche nicht passt, auch wenn dann die Abteilung "Pastorale Planung" im Generalvikariat "Theologie" ist, Schillebeckx hingegen nicht.

 

Der Schein trügt dich.

Ich verwende das Wort Theologie bei all dem, was mir als Theologie vorgestellt wird.

Die Wirkungsarmut und Ertragsarmut für das Leben und den Glauben der Menschen kann ich bei all den vielen Vorstellungen von "Theologie" beobachten.

Der ganze Pudding hat nicht viel Nährwert.

 

Für diese Beobachtung brauche ich keine Projektionsfläche. Ein Blick auf den ganzen Pudding und seinen mangelnden Nährwert ist vollkommen ausreichend.

 

Für Dich gilt dasselbe, wie für Zenger. Netter Glaube. Aber um diesen Glauben zu nähren, bist Du bereit schönzureden bis über die Grenze des Realismus. Schönreden bis es passt. Statt einfach zu konstatieren: Es läuft nicht so besonders gut. Und da begebe ich mich auf die Suche nach Gründen, redest Du Dir lieber ein, dass es doch gar nicht so schlimm ist und dass die Gründe für den mangelnden Nährwert des Puddings nicht im Pudding selbst liegen. Nach genügend Schönreden sieht der Pudding auch richtig appetitlich aus und Du kannst gar nicht verstehen, dass jemand an so einem schönen Pudding keinen Gefallen findet. Der mangelnde Appetit ist nicht auf den unappetitlichen Pudding, sondern die Missgunst des Hungernden zurückzuführen sein.

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Für Dich gilt dasselbe, wie für Zenger. Netter Glaube. Aber um diesen Glauben zu nähren, bist Du bereit schönzureden bis über die Grenze des Realismus

 

Wir diskutieren hier weder über meinen noch über Deinen noch über Erich Zengers Glauben, und ich habe nicht vor, das zu ändern.

 

 

 


Nach genügend Schönreden sieht der Pudding auch richtig appetitlich aus und Du kannst gar nicht verstehen, dass jemand an so einem schönen Pudding keinen Gefallen findet.

 

An dem Pudding, den Du hier beschreibst, finde ich auch keinen Gefallen. So wenig ich Gefallen an dem finde, was Du als Alternative zu präsentieren suchst. Aber auch das hat mit dem Thema nichts zu tun.

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Was mich nun interessiert: Hat es eine solche Zeit schon mal gegeben? Dann könnte man nämlich mal schauen, wie man das damals gemanagt hat.

 

So hat es das nicht gegeben. Aber die heutige Form der organisierten und gebuchten (und steuerpflichtigen) Kirchenmitgliedschaft gibt es auch noch nicht so lange. Ich suche schon lange ein gutes Buch über die religiöse Praxis der Vergangenheit. Nur ein Beispiel: Das Dorf, in dem ich lebe, besitzt seit Mitte des 18. Jahrhunderts eine eigene Kirche und Pfarrei. Vorher hätten die Bauern, Schiffer und Fischer jeden Sonntag etwa 14 km Fußweg zur Pfarrkirche in der Stadt zurücklegen müssen. Wie viele haben das gemacht?

 

Mecky macht hier den gleichen Fehler (vielleicht ist es auch pädagogische Absicht?) wie die Piusse: Es wird ein idealer Zustand postuliert, den es in der Vergangenheit gegeben habe. Meckys Rezepte zur Reform (im ursprünglichen Wortsinn) sind natürlich andere als die der Piusse. Aber der analytische Ansatz ist der selbe.

 

Theologie ist notwendig ein intellektuelles Spiel, das durchaus sinnvolle Einsichten für den Glauben schaffen kann. Das offenkundige Fehlen einer Metatheorie zur Frage, was denn mit Theologie überhaupt erkannt werden kann, führt die Theologie dazu, sich ihrer Rolle nicht gewiß zu sein. Etliche ihrer Adepten verführt dies zu Wichtigtuerei, die betreffenden Personen werden dann gern in TV-Talkshows eingeladen und stellen dem Publikum die Theologie vor. Bis auf die Talkshows war das früher auch nicht besser. Man denke an die in theologischem Gewand aufgeführten Machtspiele um Einfluß etwa Jesuiten vs Dominikaner im 18. Jahrhundert. - Ein Neuansatz könnte über eine Renaissance der Theologia naturalis und daraus einer Anthropologischen Theologie führen, die die alten Buchdeckel weitgehend zugeklappt läßt. Schließlich ist die Schöpfung seit dem Erdbeben von Lissabon längst rehabilitiert.

 

NB: "Managen" wäre keine zielführende Methode.

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Was mich nun interessiert: Hat es eine solche Zeit schon mal gegeben? Dann könnte man nämlich mal schauen, wie man das damals gemanagt hat.

 

So hat es das nicht gegeben.

 

In der Tat. Das, was seit dem 14. Jahrhundert seine Dynamik entfaltet, ist in der Tat beispiellos. Und das nimmt uns die Möglichkeit, uns an alten Vorlagen zu orientieren.

 

Eine gewisse Ähnlichkeit hat es allerdings durchaus gegeben - immer dann, wenn für eine Religion die Zeit der Götterdämmerung kam. Ihre Aussagen, ihre Erklärungen und Deutungen verloren mehr und mehr an Kraft und Einsichtigkeit. Und das schlug sich dann auch auf die kultische und rituelle Begeisterung nieder. Resignative Phasen häuften sich und wurden durch restaurative Phasen nur kurz unterbrochen. Und dann war die betreffende Religion irgendwann so saft- und kraftlos, dass das Weltgeschehen von einer anderen Religion geprägt wurde.

 

Der Niedergang des römischen Staatskultes wäre hier ein gut nachvollziehbares Muster. Dieser Niedergang war dann auch ziemlich endgültig. Die ganzen Anstrengungen und Rettungsversuche der Priester waren letztendlich nutzlos.

Damit ist diese Vorlage ziemlich untauglich, um einen Weg aus unserer gegenwärtigen kirchlichen und theologischen Krise zu finden.

 

Aber nicht ganz. Denn Teile des altrömischen Glaubens sind - wenn auch unter anderem Namen und in stark veränderter Form - erhalten geblieben.

Die Kulte von Bacchus, Venus und Mars werden immer Konjunktur haben, weil sie nicht primär kulturell begründet waren, sondern sich aus der conditio humana selbst ergeben. Trinkgelage, Erotik und Verherrlichung der eigenen Stärke und Macht sind zeitlos und haben immer Konjunktur, so lange es Menschen und Wein gibt. Sie haben das Christentum fast schadlos überstanden und werden auch in einer rein profanen Gesellschaft nicht verschwinden. Und sollten sie einmal zum Erliegen kommen, darf man auf die nächste Renaissance warten.

 

Was bleibt, so lange es Menschen gibt? Natürlich der Mensch. Und dieser unterliegt immer der conditio humana.

 

Wenn man etwas daraus lernen will, dann muss man den Zusammenhang zwischen Glaube, Kultur und dieser conditio beschreiben, stärken und ins Zentrum rücken. Denn alles andere sind (geschichtlich gesehen) Variablen. Sehr variable Variablen. Eine Religion oder Kultur, die nicht die conditio humana als entscheidende Grundlage hat, sondern sich auf irgendwelche kulturellen oder religiösen Mode-Erscheinungen verlässt, ist notgedrungen zeitgebunden und modegebunden. Eine Religion, die die conditio humana nicht in ihre Lebenskultur, in ihr Denken, in ihre Erklärungen integrieren kann, ist höchst vergänglich.

 

Mit dem Christentum haben wir eigentlich einen prima Ausgangspunkt. Gott ist gegenwärtig geworden in der conditio humana. So weit, so gut.

Dann aber hat man sich doch wieder Spekulationen über Gott zugewandt. Statt auf das zu schauen, was sich in Bibel und Tradition über die conditio humana offenbart, hat man sich auf zeitgeschichtliche Phänomene und Aussagen der Bibel und der Tradition gestützt. Nur ganz wenig wird nachgedacht über den Zusammenhang von conditio humana und Religiösität - in früheren Zeiten übrigens noch weitaus weniger, als heutzutage. Man hat sich um die conditio humana gar keine großen Gedanken gemacht. Bacchus, Venus und Mars beschreiben ausgerechnet die Teile der conditio humana, die ins Christentum nicht wirklich eingearbeitet wurden, die man sogar versucht hat, aus dem christlichen Leben herauszupressen.

 

Warum ziehen einige Menschen einen bacchanalischen Grillabend mit Tequilla, Steaks und anschließendem Schäferstündchen oder einen Abend in der Disko oder ein Seminar zur "Selbstverteidigung in Wort und Tat" einer heiligen Messe vor? Und wenn die Kirche (z.B. in Gestalt des Pfarrers) davon erfährt: Fängt sie dann an zu deuten und die religiösen Implikationen fruchtbar zu machen? Oder wird der Pfarrer wieder sein "deus vult das nicht!" bringen? Welche Theologie und Anthropologie steht hinter solchen Reaktionen?

bearbeitet von Mecky
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Ich hätte eine kirchengeschichtliche Frage dazu:

 

Seit ca. 1900 ist ja in Westeuropa wohl eine Abnahme der kirchlichen Bindungen erkennbar, wohl verursacht durch einen allgemeinen Glaubensschwund. Seit ca. 1970 nimmt diese Abwendung von der Kirche massiv zu - geradezu exponentiell - so wie es aussieht, gibt es jetzt, auch zu Zeiten von Papst Franziskus, eine hohe Zahl an Kirchenaustritten.

 

Was nicht wundert, wenn die Ursache stimmt: Jemand, der nicht (mehr) glaubt, braucht weder eine Theologie, noch eine Kirchenmitgliedschaft, noch einen (angeblich) liberalen Papst.

 

So weit, so konsequent.

 

Was mich nun interessiert: Hat es eine solche Zeit schon mal gegeben? Dann könnte man nämlich mal schauen, wie man das damals gemanagt hat.

Ich glaube, dass die Abnahme der kirchlichen Bindung schon viel früher begonnen hat. Ich bin da mit Marcellinus einer Meinung: Nach den Pestjahren, als die Kirche keine Antwort auf die immense Theodizeefrage und auf die Frage der Hoffnung geben konnte. Danach ging es stufenweise weiter bergab.

Reformation: An welche Kirche soll ich mich binden?

Absolutismus: An die Herrlichkeit des Monarchen?

Aufklärung: An die Erkenntnisse der Wissenschaft?

Französische Revolution: An Werte wie Gleichheit, Brüderlichkeit und Freiheit und an die Demokratie?

 

Letzteres war sehr einschneidend, weil die fr. Revolution große Auswirkungen auf die gesellschaftliche Struktur vornahm, also den individuellen und ideelen Aspekt überschritt.

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Wir diskutieren hier weder über meinen noch über Deinen noch über Erich Zengers Glauben, und ich habe nicht vor, das zu ändern.

 

In meinen Augen eines der Hauptprobleme: wenn ich nicht weiß, welchen Einfluss Deine theologischen Erkenntnisse auf Deinen Glauben haben - warum sollen sie dann einen auf meinen haben?

 

Im angelsächsischen Raum (und ich meine nicht EWTN) isst es ganz anders, da steht das persönliche Erleben und der persönliche Glauben immer auch im Fokus des Interesses.

 

Theologenschaft ohne Zeugenschaft halte ich nicht für vielversprechend.

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Theologenschaft ohne Zeugenschaft ist allerdings eine Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten "sine ira et studio".

In theologischen Hilfswissenschaften wie z.B. der Exegese ist das auch ganz gut so. Da soll es ja auch um nüchterne Fakten gehen, die eine Basis bieten für spätere theologische Deutungen.

 

Will man aber wirklich Theologie betreiben, dann muss man den nüchternen Rahmen verlassen. Dann ist die Zeugenschaft eine conditio sine qua non.

 

Meist kommt so eine Art Mischmasch vor - und das neigt zur Unredlichkeit. Man gibt zwar vor, mit exakten Fakten zu hantieren, die man wissenschaftlich eruiert habe - und verschweigt "ira et studio", also das eigene Interesse als Bekenner. Die Grenze zur Unredlichkeit wird dann überschritten, wenn man das eigene Bekenntnis nicht benennt und methodisch reflektiert, sondern unbenannt oder unreflektiert in den wissenschaftlichen Aspekt einfließen lässt.

Dann tritt man unter dem Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit auf, und vertritt in Wirklichkeit Positionen. Man schmückt sich mit der Wissenschaft und nutzt ihre Autorität, um die Position mit dem Prädikat "wissenschaftlich" zu versehen und aufzuwerten.

 

Wissenschaft und Zeugenschaft widersprechen zwar nicht unbedingt, aber sie stehen in Konkurrenz. Wer aus der Zeugenschaft heraus spricht, betreibt hierin keine Wissenschaft, sondern Bekenntnis. Und daraus ergibt sich die Verpflichtung, dem Leser klarzulegen, wo man Wissenschaft betrieben hat und wo man sich zu etwas bekennt. Und aus welchen Bekenntnisgründen man ein Thema in einer bestimmten Methodik und Auswahl wissenschaftlich bearbeitet hat. Und der Zeuge muss sich intensiv Gedanken machen über die Ergebnisoffenheit seiner wissenschaftlichen Studien.

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Habe den Karl Barth gelesen. Er sagt, Theologie als Religionswissenschaft ist Quatsch, weil das die anderen Fakultäten auch können. Aber Theologie hätte nur dann eine Berechtigung, wenn sie sich um die Fragen kümmert, die die anderen Wissenschaften ahnen, aber nicht bearbeiten können. Dann meint er, dass es mit der Rede von Gott extrem schwierig ist. Alle denken, Theologen könnten das besser, was aber nicht stimmt.

 

Da hat er irgendwie recht. Dass Theologen auch nur Menschen sind, keine Propheten, die irgendwelche Offenbarungen durch den Äther blasen, ist tatsächlich etwas, dass Menschen immer wieder frustriert.

 

Insgesamt kann er, meiner Meinung nach, nicht sagen, was Theologen wirklich tun sollen. Zumindest nach dem, wie ich mich als Theologin verstehe.

 

PS: Sehr interessant seine Gedanken, dass DIE FRAGE und DIE ANTWORT einander bedingen. Und das, bevor Douglas Adams die Geschichte von Depp Thought in die Welt gesetzt hatte: Wenn die Mäuse die Frage wüssten, dann wüssten sie auch die Antwort. Denn 42 war ja die Antwort auf die falsche Frage und um die richtige Frage zu stellen wurde die Erde als Computer konstruiert, dessen Bioformen Teil der Matrix sind ...

 

Douglas Adams als Schüler von Karl Barth?

bearbeitet von nannyogg57
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Theologenschaft ohne Zeugenschaft ist allerdings eine Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten "sine ira et studio".

In theologischen Hilfswissenschaften wie z.B. der Exegese ist das auch ganz gut so. Da soll es ja auch um nüchterne Fakten gehen, die eine Basis bieten für spätere theologische Deutungen.

 

Will man aber wirklich Theologie betreiben, dann muss man den nüchternen Rahmen verlassen. Dann ist die Zeugenschaft eine conditio sine qua non.

 

Meist kommt so eine Art Mischmasch vor - und das neigt zur Unredlichkeit. Man gibt zwar vor, mit exakten Fakten zu hantieren, die man wissenschaftlich eruiert habe - und verschweigt "ira et studio", also das eigene Interesse als Bekenner. Die Grenze zur Unredlichkeit wird dann überschritten, wenn man das eigene Bekenntnis nicht benennt und methodisch reflektiert, sondern unbenannt oder unreflektiert in den wissenschaftlichen Aspekt einfließen lässt.

Dann tritt man unter dem Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit auf, und vertritt in Wirklichkeit Positionen. Man schmückt sich mit der Wissenschaft und nutzt ihre Autorität, um die Position mit dem Prädikat "wissenschaftlich" zu versehen und aufzuwerten.

 

Wissenschaft und Zeugenschaft widersprechen zwar nicht unbedingt, aber sie stehen in Konkurrenz. Wer aus der Zeugenschaft heraus spricht, betreibt hierin keine Wissenschaft, sondern Bekenntnis. Und daraus ergibt sich die Verpflichtung, dem Leser klarzulegen, wo man Wissenschaft betrieben hat und wo man sich zu etwas bekennt. Und aus welchen Bekenntnisgründen man ein Thema in einer bestimmten Methodik und Auswahl wissenschaftlich bearbeitet hat. Und der Zeuge muss sich intensiv Gedanken machen über die Ergebnisoffenheit seiner wissenschaftlichen Studien.

 

Bis auf den ersten Satz stimme ich Dir zu - der Mensch ist prinzipiell in der Lage, sich selbst zurückzunehmen während seiner Arbeit und anschließend zu reflektieren, welchen Einfluß dies auf ihn selbst hatte. Soviel traue ich vielen zu, einschließlich Theologen.

 

Ansonsten wie gesagt Zustimmung: ich habe es in den letzten Jahrzehnten immer nur so erlebt: Mensch - ob Theologe oder nicht - hat eine Meinung, die wird theologisch untermauert. kennt man die Meinung vorab, kennt man auch schon das Ergebnis des "theologischen wissenschaftlichen Arbeitens".

 

Daß jemand durch diese wiss. Tätigkeit eine theologische Meinungsänderung vollzog, habe ich noch nie erlebt.

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Mit Transsubstanziation kann man nicht begründen, dass sich in einem Objekt (z.B. Hostie) etwas ändert. Stattdessen ist Transsubstanziation ein Hinweis, dass sich mein Denken über ein Objekt verändert.

 

Mal zurück zu diesem Punkt: was meinst Du eigentlich mit "Änderung"? Ab wann hat sich für Dich was geändert? Woran machst Du das fest? Kannst Du das messen/bestimmen?

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Der Knackpunkt ist bereits in Deiner Frage enthalten: "Ab wann hat sich FÜR DICH was geändert?"

Damit bist Du schon auf der Schiene relationaler Ontologie.

 

Ob sich etwas ändert oder nicht, ist in der klassischen Ontologie unabhängig vom Beobachter. Es ändert sich was, oder es ändert sich eben nichts. Im Falle der Hostie verändert sich nichts Sichtbares. Da sich aber laut der Interpretation der Jesusworte: "Dies ist mein Leib" doch was ändert, muss diese Veränderung in einem grundsätzlich unsichtbaren Bereich erfolgt sein.

 

Augen, Mund und Hände (also Wahrnehmungsorgane) täuschen sich in Dir,

doch des Wortes Botschaft offenbart Dich mir.

 

Thomas ist in diesem ganzen Hymnus ziemlich dicht dran. Der war gar nicht so blöde, der Thomas.

Meine Oma hat den Satz so interpretiert: Eine Sinnestäuschung! Du siehst Brot, aber in Wirklichkeit ist es wabbliges Fleisch. Sinnestäuschung!

Meine Oma war natürlich um Grade naiver, als Thomas.

 

Aber die Schlauberger, die die Veränderung in den (damals noch nicht wahrnehmbar machbaren) Quantenbereich verlagerten, gaben damit den Thomassatz ganz gut wieder - ohne allerdings Thomas' Genialität auch nur annähernd zu erreichen.

Transsubstanziation ist eine prima Verlagerung der Veränderung in den nicht-beobachtbaren Bereich. Viel unbeobachtbarer, als die Quanten: Das Wesen.

"Was für eine schöne Immunisierung!" könnte man versucht sein zu denken.

 

Was ist das "Ding an sich"? Was ist das Wesen der Hostie, also das, was die Hostie zur Hostie macht?

 

Kant sprengte hier den mittelalterlichen Denkrahmen, indem er darauf verwies, dass das, was ein Kaninchen zum Kaninchen macht, nicht allein im Kaninchen begründet liegt, sondern dass das Kaninchen dadurch zum Kaninchen wird, indem es der Beobachter in seine Kaninchen-Schublade einsortiert. Das "Wesen" oder die "Substanz" eines Dinges ist damit keine objektive Qualität mehr, sondern ein Zusammenspiel zwischen Einsortierer und Einsortiertem. Selbstverständlich sortiert ein guter Einsortierer nach beobachteten Merkmalen (lange Ohren, Pflanzenfresser, Genom-Analyse ...). Trotzdem ist der Beobachter mit seiner Einsortierung ein aktiver Teil der Wesensbestimmung.

 

Bei der Transsubstanziation verändert sich das Wesen des Objektes. Man sah so etwas in der Antike und im Mittelalter eine Veränderung des Objektes.

 

Der schlaue Thomas war sogar noch dichter dran, als die Ontologie es eigentlich gestattet.

 

"Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier".

Mannomann, da kann man richtig stolz auf den Thomas werden. Mitte des 13. Jahrhunderts betreibt er bereits die Ansätze einer Transsignifikation. Allerdings formuliert er da nicht weiter. Schlappe 700 Jahre seiner Zeit voraus.

"Zeichen" ist nämlich genau das Stichwort der Transsignifikationslehre. Die Veränderung findet nicht im Objekt statt, sondern es geht um eine Veränderung im Zeichen. Oder noch genauer gesagt: Ein neuer Zeichenwert wird gestiftet. Ab der Konsekration hat die Hostie eine andere Bedeutung erhalten. Und zwar ... durch "des Wortes Botschaft". Die Hostie ist von nun an Träger und Überbringer der Botschaft: "Dies ist mein Leib" und seiner Botschaft: "Ich bin bei dir!"

 

Thomas fährt sogar fort:

Was Gott Sohn gesprochen, nehm ich glaubend an,

er ist selbst die Wahrheit, die nicht trügen kann.

 

Er sagt nicht: Was Gott Sohn gesprochen, nehme ich beobachtend wahr. Er spricht auch nicht von einer Täuschung der Sinne (wie meine Oma), sondern davon, dass eine Änderung des Zeichenwertes eines Objekt nicht sinnlich beobachtbar ist. Augen, Mund und Hände liefern keine falschen Informationen. Die Änderung des Zeichenwertes geht an ihren Wahrnehmungsorganen vorbei. Allerdings ist die Aussage von Thomas hier noch schwammig. Die 700 Jahre Geistesgeschichte fordern hier ihren Zoll.

 

Die katholische Theologie hat sich mit dieser neuen Sichtweise der Transsignifikation unheimlich schwer getan. Man wollte doch nachweisen, dass die Hostien sich dauerhaft verändert haben. Also nicht nur für den Kommunionempfang, sondern auch im Tabernakel, wo sie lange Zeit der Wahrnehmung verborgen sind. Das ist antiprotestantisch, also garantiert gut. Man darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass das ganze Tridentinum eine Anti-Reformationsveranstaltung war.

 

Die Transsignifikationsvorstellung bietet in diesem Falle an: Das Zeichen ist von Jesus (des Wortes Botschaft) verändert worden - und verliert sich deshalb nicht. Die Hostien im Tabernakel sind weiterhin eine "dargebotene Hand Jesu", sie sind weiterhin Zeichen der Gegenwart Jesu.

Naja. Nicht ganz falsch, aber eben ein wenig schwammig. So schwammig, dass die Theologen der Glaubenskongregation sich lange Zeit nicht davon beeindrucken ließen. Glücklicherweise war ihnen der gute, alte Schillebeeckx theologisch über, sonst hätte er ernsthaften Ärger bekommen können. Das aus-dem-Verkehr-ziehen des Holländischen Katechismus hätte begonnen. Fehler: Der Holländische Katechismus wurde (unter anderem wegen der Transsignifikationslehre) aus dem Verkehr gezogen und die Nouvelle théologie in Misskredit gebracht. Sie ist sowieso viel zu protestantisch angehaucht. Wo kämen wir denn da hin? Womöglich zu Leonardo Boff, und das muss man sowieso vermeiden.

 

Sachlich kann man feststellen, dass die Transsubstanziationslehre wegen Objektfetischismus unbrauchbar ist, die Transsignifikationslehre aber auch nicht alle Probleme löst. Auch Leonardo Boff löst tatsächlich nicht alle Probleme. Am besten kommt noch die ostkirchliche Manier weg: Wer keine Aussagen macht, labert auch keine Fehler. So, wie ich ja auch noch nie einer Frau lebenslange Treue versprochen habe, und daher noch keinen einzigen Ehebruch begangen habe. Das kann mich sehr stolz machen, jippie!

 

Übel ist die Frage nach dem Ertrag dieser hochkomplexen, jahrhundertelangen und von Genies ausgetragenen theologischen Streitigkeit. Ich sage nicht: "Nichts! Kein Ertrag!", aber ich sage: "Die Kosten-Nutzen-Abrechnung ist katastrophal schlecht!" Der größte Teil der Diskussion ist den meisten Menschen nicht wirklich vermittelbar. Und wenn doch, dann nur unter enormem Aufwand. Allein das Schreiben dieses Postings hat schon eine halbe Stunde Zeit beansprucht und wird wohl kaum zu einem greifbaren Ergebnis führen, das irgend jemanden Jesus oder der Messe oder Gott oder dem Himmelreich näher bringt.

bearbeitet von Mecky
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Schwäche der Theologie hat Gründe. Einer davon ist:

 

Hätten sich die Schlauberger auf dem Tridentinum nicht so aufwändig dem Thema zugewandt, wie man Luther missverstehen und seine Konsubstanziationslehre desavouieren kann, sondern dem Thema, wie man den damals grassierenden Hexenwahn beendigen und etwas Gutes dagegen setzen kann, dann hätte die Kirche heutzutage wenigstens eine Verweismöglichkeit.

Ein Verweis darauf,

dass es in der Kirchenleitung auch in bitteren Zeiten Theologen mit Augenmaß gegeben hat.

Aber die ontologischen Theorieprobleme waren den Herren (jaja, Männer, Männer, Männer) wichtiger, als das grauenhafte Leiden der Bevölkerung.

 

Popularisierbares Ergebnis: Theologie ist ein grässlicher Ersatz für die Beschäftigung mit offenkundigsten und dringendsten Themen.

bearbeitet von Mecky
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Wie groß ist denn noch die Bedeutung theologischer Fragen hier im Forum?

 

An erster Stelle scheinen mir politische und gesellschaftliche Fragen zu stehen. Gelegentlich ein paar Kirchenthemen, in denen es aber nicht um Theologie, sondern um fragwürdiges Verhalten von Einzelpersonen geht. Dann kommen mit deutlichem Abstand die theologischen Hilfswissenschaften. Wenn nicht einige wenige immer wieder einmal theologische Gedanken und Fragen posten würden, dann kämen jetzt die lebenspraktischen und scherzhaften Themen. Alles durchsetzt von Metagesprächen (die in letzter Zeit nachgelassen haben). Das ist natürlich nicht genau eruiert, sondern eher gefühlt.

 

Die Erklärung: "Das Theologische haben wir doch alles schon x-mal durchgekaut" ist vielleicht nicht schlecht. Aber warum soll das in der Gesamtgesellschaft anders sein? Oder noch schlimmer? Hier haben wir wenigstens viele Interessierte auf einem Haufen - viel mehr, als in der freien Wildbahn.

 

Wem sagt die Theologie überhaupt noch was?

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Wie groß ist denn noch die Bedeutung theologischer Fragen hier im Forum?

 

 

nun,

 

welche theologische Frage beschäftigt Dich momentan?

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Mariamante hat uns eine seltsame Christologie vorgeführt - keiner konnte oder wollte ihm widersprechen. Das ist mir durchaus einleuchtend: Sobald man widerspricht, gerät man in das Dickicht der antiken Christologie. Und hinterher hat man Mariamante bestenfalls verwirrt.

 

Wollte eigentlich nicht mehr schreiben- zumal ja durch die Zensurbehörde ein ganzer Thread mit scheinbar zu aufregenden Diskussionen zwischen Jocke und Mariamante kommentarlos gelöscht wurde, und Aussagen von gläubigen Leuten, die an Wunder, an einen wunderbaren Gott glauben hier zu einem großen Ärgernis werden.

 

Aber dieser Irreführung und Phantasie möchte ich denn doch widersprechen: Wer sich als Christ, als Katholik, der aus einer persönlichen Gottesbeziehung lebt von Theologen oder Menschen verwirren lässt, dessen Glaubensfundament dürfte Sand und Wind sein. Ich halte mehr von einer existentiellen Theologie und der persönlichen Erfahrung Gottes als von endlosen Palavermanövern über Gott in dickbäuchigen Buchbänden.

bearbeitet von Mariamante
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Ich halte mehr von einer existentiellen Theologie und der persönlichen Erfahrung Gottes als von endlosen Palavermanövern über Gott in dickbäuchigen Buchbänden.

Du ahnst nicht, wie sehr Du damit mit mir auf einer Linie liegst. Aber vermutlich nicht so, wie Du das denkst.

 

Für eine persönliche Gotteserfahrung benötigt man keine Kirche, kein Lehramt, keine "Glaubenswahrheiten", nicht mal eine Religionszuordnung ("Christ", "Buddhist", "Taoist"...). Die Frage nach der Wahrheit stellt sich auch nicht, weil man merkt ja selber, wo man sich befindet und ob die Vorstellungen authentisch sind.

 

Der Nachteil davon ist dann allerdings, dass man sich nur noch mit sich selber über den Glauben unterhalten kann - was kein Problem ist, jeder hat ja einen Spiegel zu Hause. Oder man sucht sich andere gemeinsame Interessen aus. Beispielsweise das Amateurfunken. Oder das Reisen in schräge Länder. Und - merkst Du was? Genau das machen die Leute.

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Du ahnst nicht, wie sehr Du damit mit mir auf einer Linie liegst. Aber vermutlich nicht so, wie Du das denkst.

Walter Nigg- ich glaube er wurde hier schon erwähnt- sieht das wohl so ähnlich, wie seine Biografien über "Ketzer" anklingen lassen.

 

Was Gotteserfahrung (Mystik) und Theologie angeht- wird die ja gerne in Petrus/ Johannes symbolisiert. Johannes der "Liebesjünger", der am Herzen Gottes ruht- das Petrusamt als theologische Lehre, die scheinbar einengt, begrenzt. Aber man könnte es auch so sehen, dass die Theologie mit die Aufgabe hat herauszuarbeiten, nicht den eigenen Vogel als Heiligen Geist zu sehen und zu verstehen.

 

Dass die Theologie schon immer in einer Art Krise war könnte man damit begründen, dass Gott nicht in Worten "erklärbar" ist, sondern nur existentiell erfahrbar. Daher verstehe ich den auch schon erwähnten Thomas von Aquin als guten Theologen, da er gegen Ende seines Lebens in einer Gotteserfahrung alle seine theologischen Schriften vernichten wollte, weil er sagte: Alles was ich geschrieben habe ist nichtig im Vergleich zu dem, was ich erfahren habe. Wenn die Theologie in dieser Demutshaltung bleibt, kann sie auch heute ernst genommen werden. Die Krise der heutigen Theologie sehe ich sehr im Rahmen der Krise des Glaubens.

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Auch eine existenzielle Theologie braucht noch ein Mindestmaß an Wissenschaft, denn die Gläubigen sind (so nebenbei) auch noch denkende Menschen.

 

Was aber kein Mensch braucht ist eine Denkweise wie: "Das ist schlecht, DENN (meine Fresse, immer diese "denn's") es wurde auf dem Konzil von Schlagmichtot verworfen und mit einem Anathema belegt."

 

Stattdessen müsste man nach den existenziell erfahrbaren und logisch nachvollziehbaren Gründen suchen, warum dieses Konzil etwas verworfen hat.

Das ist mir ganz deutlich aufgefallen, als wir einmal über Adoptianismus diskutiert haben.

 

"Adoptianismus ist falsch, WEIL er von der Kirche verurteilt wurde." Die Diskussion drehte sich dann (natürlich sehr aufwändig) um die Aussagekräftigkeit des Konzilsurteils. Und ob Nestorius auch wirklich ein Nestorianer war. Und ob das Konzil überhaupt verstanden hat. Und Theothokos und Dideldum und Didel dumm.

 

Adoptianismus führt zu einer sehr moralistischen Sichtweise Jesu (tu erst mal was, bevor Du dich Gottes Sohn nennst! Und: Erst die Taufe, dann die Sohnschaft!) und schließlich zu einem sehr moralistischen Blick auf die Menschen und schließlich zu einem Moralismus im eigenen Denken. Der Geschenk-Charakter der Gotteskindschaft gerät aus dem Blick. Und dies sind die Gründe, warum ich adoptianistische Vorstellungen sehr unsympathisch finde. Ich mag keinen solchen Moralismus und ich sehe Gotteskindschaft eher als ein zu erstrebendes und zu erhoffendes Gut des eigenen Glaubens. Ich wünschte, ich könnte mich in jedem Moment des Lebens als Gottes geliebtes Kind verstehen. Auch dann, wenn mich andere mit ganz anderen Titeln belegen. Oder wenn ich mir diese unschönen Titel selber gebe.

 

Eine Theologie, die nicht mit Konzilsaussagen von anno Tubak argumentiert, die angeblich einen Wahrheitsgehalt garantieren und anderes als falsch anathematisiert, sondern den Blick auf existenzielle Themen fördert. Die Konzilsaussage nicht als verdammendes Urteil, sondern als einen Hinweis und einen Denk-impuls. Eine Theologie die den Glauben eines Gläubigen fördert, anstatt Denkverbote zu propagieren. Anathema sit!

Auf diese Weise würde man womöglich zu einer Reifung und Prägung des Glaubens der Gläubigen beitragen.

 

Man müsste allerdings akzeptieren, wenn jemand zu anderen Ergebnissen kommt. Zum Beispiel: Er findet Moralismus gut. Man könnte ihm nicht mehr die Keule des Anathems über den Kopf ziehen, sondern könnte ihm nur sagen: "MIR bringt ein solcher Moralismus nichts. Und viele Menschen wurden schon durch Moralismus verkrüppelt!" Und er würde sich erfolgreich wehren, weil dies kein Totschlag-Anathem ist, sondern eine persönliche Überzeugung.

 

Die Chance, dass wir zu einer existenziellen Theologie kommen, steht nicht gut, was das Gesamtbild angeht. Allerdings gibt es immer wieder Theologen, die in dieser Weise denken. Und vielen Menschen bringen diese Theologen mehr, als es die ganzen Konzilsdokumente vermögen.

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Was aber kein Mensch braucht ist eine Denkweise wie: "Das ist schlecht, DENN (meine Fresse, immer diese "denn's") es wurde auf dem Konzil von Schlagmichtot verworfen und mit einem Anathema belegt."

Das sehe ich anders: Es gibt auch in unserer antiautoritären, pluralistischen und liberal- modernen Zeit die Regeln und Gesetze wenig toleriert Menschen, die eine Ordnung suchen- auch im Sinne eines "Anathema" und einer klärenden Unterscheidung.

 

Eine Blablatheologie die mit rein wissenschaftlicher Kälte und hochgeistigen Wortmeldungen die Leute "überfällt" läßt die Herzen der Menschen leer und kalt und verstärkt vielleicht die intellektuelle Eitelkeit - aber im Glauben geht da nichts weiter.

 

Wenn Theologen Heilige und Heilige Theologen sind, dann schaffen sie das, was für den Glauben eigentlich grundlegend ist: zu be- geistern.

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