Jump to content

Theologie in der Krise?


nannyogg57

Recommended Posts

mehr als Brot und Wein?

Damit bewegst Du Dich aber sehr trivial: Mehr als Brot und Wein ist es auch bei der Konsubstantiation, "mehr als Brot und Wein" ist definiert durch den Begriff "Realpräsenz". Realpräsenz ist alles. Kon, Trans, temporär, permanent, ...

 

Wenn es aber schon darum geht, zwischen "Konsubstantiation" und "Transsubstantiation" zu unterscheiden, hört es auf. In der Orthodoxie nennt man das einfach "Mysterium". Sehr vernünftig. Spart man sich Streit um des Kaisers Bart. Wenigstens in einem kleinen Teil.

 

Übrigens: Seit Leuenberg sind auch das Gedächtnismahl (ich tippe mal darauf, dass sehr viele Katholiken, egal welchem Bistum sie zugehörig sind, völlig lehramtsfremd ein solches Bild haben) und die Realpräsenz zusammengerückt. Mit der von uns Altkatholiken eigentlich nicht geplanten Konsequenz, dass damals, als wir das Abkommen mit der VELKD über die gegenseitige Einladung zum Abendmahl / zur Kommunion vereinbart haben, auf einmal die Zustimmungen der reformierten Landeskirchen und der Unionskirchen zum Abkommen gekommen sind. Über die EKD, die das Abkommen selbstverständlich allen Mitgliedskirchen vorgelegt hat, zur Zustimmung.

 

Und nun? Brot und Wein sind ja nun bei den Reformierten auch "wirklich nur" Brot und Wein, aber das gesamte Abendmahlsgeschehen ist viel mehr als das schnöde Verspachteln von einem Riebel Brot zusammen mit einem Humpen sauren Roten. Völlig anders, dieser Ansatz, aber gar nicht so weit weg.

 

Was kann nun "die Theologie" hier tun? Apologetik betreiben? Kommt nicht gut. Begründen, warum die Entwicklung gut ist und dass die Positionen sich zumindest nicht fundamental widersprechen müssen? Nicht schlecht, aber seit mehr als 20 Jahren umgesetzt und nichts Neues, und wenn man es sagt, stört es dennoch manche, die hier mehr Apologetik wünschen würden.

 

In Synoden interessieren uns durchaus theologische Themen. Aber im täglichen Gemeindeleben? Da spielt die Theologie eher eine geringere Rolle. Zumindest primär.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wirklich "kapiert" hat die Transsubstantiation auch der hl. Thomas von Aquin nicht (siehe das Tantum Ergo). Wäre das individuelle Verständnis Grundvoraussetzung des Glaubens, wären wir gnostisch.

 

Das würde mich aber sehr überraschen, wenn Thomas einfache philosophische Denkweisen nicht kapiert hätte. Das Geheimnis, von dem Thomas spricht, liegt nicht im Geringsten in der Denkweise der Transsubstanziation, sondern in der Gegenwart Jesu in der Hostie. Und das sind zwei völlig verschiedene Paar Stiefel.

 

Leider war es Thomas zu Lebzeiten nicht vergönnt, ein Gespräch mit Immanuel Kant zu führen. Ich halte den Thomas für so intelligent, dass er nach wenigen Sätzen erkannt hätte: Mit Transsubstanziation kann man nicht begründen, dass sich in einem Objekt (z.B. Hostie) etwas ändert. Stattdessen ist Transsubstanziation ein Hinweis, dass sich mein Denken über ein Objekt verändert.

 

Dieser Hang zur Objekthaftigkeit war eine antike und mittelalterliche Sache. Genau dies geht in der modernen Philosophie (spätestens ab Kant) nicht mehr.

 

"Nach der Konsekration ist die Hostie nicht mehr dasselbe, was sie zuvor war" muss ganz anders angegangen werden.

 

Ein paar Epigonen des Tridentinums hatten in den 1920er Jahren zwar die Unmöglichkeit erkannt, mit Transsubstanziation eine Veränderung im Objekt zu begründen. Aber sie wollten mit aller Gewalt eine Veränderung im Objekt. Und damit haben sie sich lächerlich gemacht, indem sie frech behaupteten, bei der Konsekration ändere sich was auf der Ebene der Quanten. Wir sollten froh sein, dass dem nicht so ist - womöglich würde uns die Hostie um die Ohren fliegen und dank der frei werdenden Energie gleich noch Priester, Ministranten und die ganze Kirche in Trümmer legen. Vor allem aber war ihre Forderung nach Quantenverschiebung nicht aus quantenwissenschaftlichen Untersuchungen abgeleitet, sondern es war lediglich eine (kirchlich schon immer sehr beliebte) Ausredeaktion. Vor allem fällt mir aber auf, dass es sich hier um 100% materialistische Gedanken handelt. Eine "Verschiebung" auf Quantenebene hat nämlich nur was mit dem materiellen Objekt "Hostie" zu tun, aber kaum noch was mit der Dramatik des Abendmahls, mit der Lebensübergabe Jesu, mit seiner Gegenwart im Sakrament. Der Versuch, die alte philosophische Erklärung der Transsubstanziation durch eine naturwissenschaftliche Erklärung zu ersetzen, klingt ja auch höchst merkwürdig.

 

Ende der 1950er Jahre haben dann Piet Schoonenberg und Edward Schillebeckx einen Neuanfang versucht und haben die Veränderung korrekterweise aus dem Objekt herausgenommen. Transsignifikation hieß das neue Stichwort. Nichts im Objekt ändert sich, sondern es ändert sich der Zeichenwert. Und genau genommen handelt es sich nicht um eine Änderung, sondern um eine Neuschöpfung des Zeichenwertes, es kommt also etwas hinzu (deshalb das ... "fikation"). Schillebeeckx hat das dann in den holländischen Katechismus eingebracht ... und dann war richtig was los.

Dann sind die Anhänger einer Objektveränderung über ihn hergefallen. Er musste vor die Glaubenskongregation. Es war ihm aber kaum was anzuhängen. Freispruch, Euer Ehren.

 

Eine Popularisierung von Transsignifikation und Transfinalisation hat dann Leonardo Boff verbreitet, das weitbekannte "Sakrament des Zigarettenstummels".

Der Kommentar eines meiner Kollegen: "Das Sakrament des Zigarettenstummels löst nicht alle Probleme!". Ich fragte nach: "So? Welche Probleme bleiben denn ungelöst?" Seine Antwort: "Es wird nicht erklärt, dass die Hostie nach der Konsekration was anderes ist, als zuvor." *seufz* Der alte Objektgedanke.

 

Man kann übrigens den alten Transsubstanziationsgedanken heute noch ein bisschen aufpolieren. Wenn man nämlich den alten, mittelalterlichen Begriff von "Substanz" verwendet und sagt: "Die Substanz der geweihten Hostie ist ihre Relationalität zu Jesus!". Dieses Denken bedient sich dann einer "relationalen Ontologie". Das "Wesen" eines Objektes ergibt sich nicht aus dem isolierten Objekt, sondern aus seinen Relationen zum Rest der Welt - in diesem Falle aus der Relation zum gläubigen Empfänger der Hostie und zu Jesus, der uns ja überhaupt erst auf die Idee gebracht hat, in diesem Brot mehr zu sehen, als nur einfaches Brot.

 

Das ist jetzt alles wieder mal hochkomplex und hochkompliziert und wird nur von wenigen verstanden. Wenn man sonst keine Sorgen hat, kann man sich ja auch in so was vertiefen. Der Witz dabei ist: Dies alles (besonders das Relationale) kann man viel leichter und allgemeinverständlich ausdrücken. So, dass diejenigen, die diese einfachen Worte hören, auch dorthin geführt werden, wo das Geheimnis des Sakramentes wirklich liegt: Nicht in der unverständlichen Higher-Class-Philosophie, sondern in der Gegenwart Jesu, die nur geglaubt und mystisch erfahren, nicht aber herbei-gelogelt (von Logelei) werden kann.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

In Synoden interessieren uns durchaus theologische Themen. Aber im täglichen Gemeindeleben? Da spielt die Theologie eher eine geringere Rolle. Zumindest primär.

 

Den letzten Satz hätte ich anders formuliert. Es geht, denke ich, nicht um primär oder sekundär.

Die Theologie in einer Gemeinde ist nämlich durchaus vorhanden - manchmal sogar auf erstaunlichem Niveau. Aber es handelt sich dabei nicht um eine akademische Theologie mit vielen Fachausdrücken und mit Problemen, bei denen kaum noch jemand die Ausgangsfrage (geschweige denn die Lösungsvorschläge) kennt (geschweige denn versteht).

 

Meiner Meinung nach müsste es viel mehr das Ziel der akademischen Theologie sein, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Verständliche Probleme, die sich tatsächlich im Glaubensleben ergeben. Und Themen, die auch wirklich was mit dem Glauben und dem Leben zu tun haben. Mit dem Glauben, dem Leben ... da müsste ich noch ergänzen: Mit dem Zweifel.

 

Es ist furchtbar, wenn man sich vor Augen führt, was mit dem Wort "Theologie" bezeichnet wird. Es ist nicht nur furchtbar, sondern vor allem: furchtbar abschreckend.

 

Dass sehr häufig weder Theologie in der Gemeinde noch die Theologie der einzelnen Gläubigen als solche erkannt wird, ist eine furchtbare Hypothek. Auf diese Weise werden auch ernsthafteste und drängendse theologische Lebensthemen nicht als solche erkannt.

"Herr Pfarrer, mein Mann war so ein guter Mensch, er hat unserem Sohn so viel Gutes gegeben. Und dann ist mein Mann gestorben und ich habe dafür gebetet, dass es wenigstens dem Sohn nun gut geht, den er so geliebt hat. Und jetzt ist mein Sohn nach einem Unfall qualvoll nach zwei Jahren Siechtum gestorben. Herr Pfarrer, ich fühle mich von Gott vera'rscht!" Und dann gleich noch dazu: "Sagen Sie mir jetzt aber nur nichts Theologisches. Ich brauche was Anständiges, um Gott wieder vertrauen zu können und mich nicht mehr von ihm vera'rscht zu fühlen!"

 

Oder (als junger Praktikant erlebt) wir wollten eine Pfarrgemeindezeitung erstellen. Dafür gab es auch eine "Bau-Anleitung". Da stand drin, dass man viel von Aktionen und Erfolgen der Gemeinde schreiben und fotografieren soll. Eine Kinderseite sei Pflicht. Und dann stand noch was über "theologisches". Genau genommen stand drin, dass man sich da seeeehr zurückhalten solle. Es stand aber so in der Bauanleitung, dass jeder wusste: Am Besten man lässt den Mist ganz weg und langweilt nicht die Leute. Und dies wurde dann auch beherzigt. Dem Pfarrer wurde eine kleine Theologenecke eingerichtet, damit er zufrieden ist und auf engstem Raum auch noch sein Fresschen bekommt.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Meiner Meinung nach müsste es viel mehr das Ziel der akademischen Theologie sein, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Verständliche Probleme, die sich tatsächlich im Glaubensleben ergeben. Und Themen, die auch wirklich was mit dem Glauben und dem Leben zu tun haben. Mit dem Glauben, dem Leben ... da müsste ich noch ergänzen: Mit dem Zweifel.

Nochmal: NEIN!

Es ist nicht Ziel der akademischen Theologie, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Das ist, mit Verlaub, deine Aufgabe! Deine akademische Ausbildung hilft dir dabei, damit das, was Du da förderst, möglichst wirklich Theologie und nicht Klumpatsch wird. Aber die universitäre Theologie kann dir die Mühen der Praxis nicht abnehmen.

 

Daß das, was Du hier als 'Krise der Theologie' bezeichnest, in Wirklichkeit eine andere Krise ist, nämlich eine Krise des Glaubens, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht das eigentliche Thema? Wie man Glauben und Leben zusammen bringt, ganz persönlich seinen Glauben mit seinem Leben, daß ist wirklich ein spannendes Thema. Eins, wo viel Hilfe Not tut; diese Hilfe kann jedoch nicht (oder nur sehr indirekt) aus den akademischen Lehrstühlen kommen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Meiner Meinung nach müsste es viel mehr das Ziel der akademischen Theologie sein, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Verständliche Probleme, die sich tatsächlich im Glaubensleben ergeben. Und Themen, die auch wirklich was mit dem Glauben und dem Leben zu tun haben. Mit dem Glauben, dem Leben ... da müsste ich noch ergänzen: Mit dem Zweifel.

Nochmal: NEIN!

Es ist nicht Ziel der akademischen Theologie, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Das ist, mit Verlaub, deine Aufgabe! Deine akademische Ausbildung hilft dir dabei, damit das, was Du da förderst, möglichst wirklich Theologie und nicht Klumpatsch wird. Aber die universitäre Theologie kann dir die Mühen der Praxis nicht abnehmen.

 

Daß das, was Du hier als 'Krise der Theologie' bezeichnest, in Wirklichkeit eine andere Krise ist, nämlich eine Krise des Glaubens, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht das eigentliche Thema? Wie man Glauben und Leben zusammen bringt, ganz persönlich seinen Glauben mit seinem Leben, daß ist wirklich ein spannendes Thema. Eins, wo viel Hilfe Not tut; diese Hilfe kann jedoch nicht (oder nur sehr indirekt) aus den akademischen Lehrstühlen kommen.

 

Das ist wiederum ein Standpunkt, den ich nicht im Ansatz verstehe. Wenn der eigene Glaube in unauflösbarem Widerspruch zum aktuellen Forschungsstand der universitären Theologie steht, ist dies doch, sofern dieser eigene Glaube nicht selbst eine tragfähige wissenschaftlich-intellektuelle Wurzel hat, ein klares Signal, dass dieser eigene Glaube falsch ist, oder?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Meiner Meinung nach müsste es viel mehr das Ziel der akademischen Theologie sein, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Verständliche Probleme, die sich tatsächlich im Glaubensleben ergeben. Und Themen, die auch wirklich was mit dem Glauben und dem Leben zu tun haben. Mit dem Glauben, dem Leben ... da müsste ich noch ergänzen: Mit dem Zweifel.

Nochmal: NEIN!

Es ist nicht Ziel der akademischen Theologie, die Theologie der einzelnen Gemeindechristen zu fördern. Das ist, mit Verlaub, deine Aufgabe! Deine akademische Ausbildung hilft dir dabei, damit das, was Du da förderst, möglichst wirklich Theologie und nicht Klumpatsch wird. Aber die universitäre Theologie kann dir die Mühen der Praxis nicht abnehmen.

 

Daß das, was Du hier als 'Krise der Theologie' bezeichnest, in Wirklichkeit eine andere Krise ist, nämlich eine Krise des Glaubens, ist ein anderes Thema. Aber vielleicht das eigentliche Thema? Wie man Glauben und Leben zusammen bringt, ganz persönlich seinen Glauben mit seinem Leben, daß ist wirklich ein spannendes Thema. Eins, wo viel Hilfe Not tut; diese Hilfe kann jedoch nicht (oder nur sehr indirekt) aus den akademischen Lehrstühlen kommen.

 

Das, was die Theologie produziert, ist gar nicht so einfach zu vermitteln. Der heilige Patrick hat es mit "Herunterbrechen" versucht. Die Dreifaltigkeit als Kleeblatt. Das war natürlich Mist. Über das Geheimnis Gottes geben alle irischen Kleeblätter zusammen null Erleuchtendes den Menschen. Lediglich eine Art "Flaggenbildung" hat stattgefunden: Trinität ist ein Fanal der christlichen Kirche, aber ansonsten bedeutungslos. Die antike Ontologie war in Irland nie wirklich angekommen. Populär war sie noch viel weniger. Was sollte man also mit der Trinitätstheologie anfangen? Interessant ist, dass die Flaggenfunktion ausreichte, um die Trinitätstheologie bis heute zu überliefern - allerdings in völliger Unerheblichkeit. Wir haben zwar Dreifaltigkeitskirchen und Dreifaltigkeitswallfahrtsorte ... aber auch dort ist die Trinitätstheologie nicht wirklich fruchtbar. Man ist fast versucht zu fragen, was das Zeugs überhaupt soll.

 

Die Krise des Glaubens sehe ich auch. Den Grund für diese Krise des Glaubens sehe ich im Versagen der Theologie. Die Theologie kann das "fides quaerens intellectus" kaum noch zufriedenstellen. Tausend offene Fragen, auf die die Menschen keine Antwort finden. Tausend Widersprüchlichkeiten - teils korrekt gesehen, teils aber auch nur deshalb so widersprüchlich, weil man keine vertrauenswürdigen Erklärungen findet, die die Widersprüchlichkeiten als Schein entlarven. Viele Menschen geben hier auf. Die Aussagen der Kirche sind in ihren Augen verworren, unverständlich, nicht hilfreich und beantworten nicht ihre Fragen. Seelsorgerisch (im christlichen Sinne) oder aufklärend einzugreifen geht nur in dem Maße, wie die Theologie auch etwas zu bieten hat. Wenn die Theologie nichts zu bieten (und zwar vermittelbar), dann sind Seelsorge und Pastoral frommes Gelaber. Und dagegen sind viele sogar extrem allergisch oder über-allergisch. Pedrino zum Beispiel mit seinem Dauerkommentar "Das sind doch alles nur fromme Phrasen".

  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was ist Theologie?

 

...

 

Dann gibt es die exegetische Theologie. Sie befasst sich mit den Schriften.

 

 

Die historisch-kritische Exegese an und für sich hat mit Theologie ("Rede von Gott" oder "fides quaerens intellecus") herzlich wenig zu tun. Sondern hier werden, so man wissenschaftlich arbeitet, lediglich alte Textaussagen geklärt. Wie man dies oder jenes so verstehen kann, wie es ursprünglich vom biblischen Schriftsteller gemeint hat. Dabei ist es egal, ob es sich bei der Bibelstelle um ein Thema des Glaubens oder um Hühnerfutter geht: Für eine wissenschaftlich korrekte Exegese ist dies einerlei.

 

Die Nachfrage, was diese freigelegte Aussage denn für den Menschen bedeutet, was ihm diese Aussage geben kann, ist schon nicht mehr wissenschaftlich-exegetisch. Und doch wäre genau dies wichtig.

Glücklicherweise gehen die allermeisten Exegeten über das wissenschaftlich Eruierbare hinaus und betreiben Formen der Auslegung, die etwas bringen.

 

Mein Standard-Beispiel:

Exegetisch kann man herausarbeiten, dass Paulus Frauen vertraute und ihnen wichtige Aufgaben übertrug. Deuteropaulinen sprechen eine ganz andere Sprache. Und wenn man den Vergleich mit anderen biblischen Schriftstellern zu Rate zieht, dann kommt ein großes Sammelsurium zu Tage. Bis dahin, dass Frauen zum schlichten Besitzstand des Mannes gesehen werden. Oder dass sie als sexistische Perle der Verschönerung eines Männerlebens dienen.

Mehr kann Exegese wissenschaftlich nicht aussagen.

Wie aufregend!

Als Ergebnis: Es war früher, wie es heute ist: Ganz verschiedene Frauenbilder, Frauen, Männer, Frauenwertschätzer und Frauenverächter leben auf einem einzigen Planeten.

 

Interessant wird es, wenn der (oder die) Einzelne ins Spiel kommt, sich diese verschiedenen Texte zu Gemüte führt ... und dann eine Entscheidung bei sich vorfindet, für die er nun bei einem (oder einigen wenigen) biblischen Schriftstellern Worte bekommt. Meistens ist es wirklich so, dass jemand diese Entscheidung nicht erst im Angesicht der Bibeltexte oder exegetischen Kommentare trifft, sondern dass er sich lediglich bestätigt fühlt. Oder angegriffen: Je nach Bibelstelle und je nach exegetischer Darstellung.

 

Das theologische Thema, wie Gott die Frau sieht, ob er ihr so viel Wert zumisst, wie einem Mann (oder mehr oder weniger), lässt sich nicht exegetisch bearbeiten.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Während meines Studiums hat sich unser Kirchenrechtler zu der Behauptung verstiegen, die Kirchenjuristerei sei Theologie. Es gibt ja auch Bestimmungen "göttlichen Rechtes". Woran erkennt man denn "göttliches Recht"? Weil es der Bibel entlehnt ist? Weil es der Schöpfungstheologie entlehnt ist? Weil deus es halt so vult? (Worüber Juristen schon immer den voll klaren Plan hatten. Doch, doch. So ist das. Die wissen zum Teil sogar ganz genau, was deus vult.)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Mecky, warum Kirchenrecht eine theologische Disziplin ist, habe ich auch nie verstanden. Sie wird ja nicht dadurch Teil der "Rede von Gott", daß sie aus soziologischen Gründen unabdingbar ist.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Wirklich "kapiert" hat die Transsubstantiation auch der hl. Thomas von Aquin nicht (siehe das Tantum Ergo). Wäre das individuelle Verständnis Grundvoraussetzung des Glaubens, wären wir gnostisch.

 

Das würde mich aber sehr überraschen, wenn Thomas einfache philosophische Denkweisen nicht kapiert hätte. Das Geheimnis, von dem Thomas spricht, liegt nicht im Geringsten in der Denkweise der Transsubstanziation, sondern in der Gegenwart Jesu in der Hostie. Und das sind zwei völlig verschiedene Paar Stiefel.

 

Leider war es Thomas zu Lebzeiten nicht vergönnt, ein Gespräch mit Immanuel Kant zu führen. Ich halte den Thomas für so intelligent, dass er nach wenigen Sätzen erkannt hätte: Mit Transsubstanziation kann man nicht begründen, dass sich in einem Objekt (z.B. Hostie) etwas ändert. Stattdessen ist Transsubstanziation ein Hinweis, dass sich mein Denken über ein Objekt verändert.

 

Dieser Hang zur Objekthaftigkeit war eine antike und mittelalterliche Sache. Genau dies geht in der modernen Philosophie (spätestens ab Kant) nicht mehr.

 

"Nach der Konsekration ist die Hostie nicht mehr dasselbe, was sie zuvor war" muss ganz anders angegangen werden.

 

Ein paar Epigonen des Tridentinums hatten in den 1920er Jahren zwar die Unmöglichkeit erkannt, mit Transsubstanziation eine Veränderung im Objekt zu begründen. Aber sie wollten mit aller Gewalt eine Veränderung im Objekt. Und damit haben sie sich lächerlich gemacht, indem sie frech behaupteten, bei der Konsekration ändere sich was auf der Ebene der Quanten. Wir sollten froh sein, dass dem nicht so ist - womöglich würde uns die Hostie um die Ohren fliegen und dank der frei werdenden Energie gleich noch Priester, Ministranten und die ganze Kirche in Trümmer legen. Vor allem aber war ihre Forderung nach Quantenverschiebung nicht aus quantenwissenschaftlichen Untersuchungen abgeleitet, sondern es war lediglich eine (kirchlich schon immer sehr beliebte) Ausredeaktion. Vor allem fällt mir aber auf, dass es sich hier um 100% materialistische Gedanken handelt. Eine "Verschiebung" auf Quantenebene hat nämlich nur was mit dem materiellen Objekt "Hostie" zu tun, aber kaum noch was mit der Dramatik des Abendmahls, mit der Lebensübergabe Jesu, mit seiner Gegenwart im Sakrament. Der Versuch, die alte philosophische Erklärung der Transsubstanziation durch eine naturwissenschaftliche Erklärung zu ersetzen, klingt ja auch höchst merkwürdig.

 

Ende der 1950er Jahre haben dann Piet Schoonenberg und Edward Schillebeckx einen Neuanfang versucht und haben die Veränderung korrekterweise aus dem Objekt herausgenommen. Transsignifikation hieß das neue Stichwort. Nichts im Objekt ändert sich, sondern es ändert sich der Zeichenwert. Und genau genommen handelt es sich nicht um eine Änderung, sondern um eine Neuschöpfung des Zeichenwertes, es kommt also etwas hinzu (deshalb das ... "fikation"). Schillebeeckx hat das dann in den holländischen Katechismus eingebracht ... und dann war richtig was los.

Dann sind die Anhänger einer Objektveränderung über ihn hergefallen. Er musste vor die Glaubenskongregation. Es war ihm aber kaum was anzuhängen. Freispruch, Euer Ehren.

 

Eine Popularisierung von Transsignifikation und Transfinalisation hat dann Leonardo Boff verbreitet, das weitbekannte "Sakrament des Zigarettenstummels".

Der Kommentar eines meiner Kollegen: "Das Sakrament des Zigarettenstummels löst nicht alle Probleme!". Ich fragte nach: "So? Welche Probleme bleiben denn ungelöst?" Seine Antwort: "Es wird nicht erklärt, dass die Hostie nach der Konsekration was anderes ist, als zuvor." *seufz* Der alte Objektgedanke.

 

Man kann übrigens den alten Transsubstanziationsgedanken heute noch ein bisschen aufpolieren. Wenn man nämlich den alten, mittelalterlichen Begriff von "Substanz" verwendet und sagt: "Die Substanz der geweihten Hostie ist ihre Relationalität zu Jesus!". Dieses Denken bedient sich dann einer "relationalen Ontologie". Das "Wesen" eines Objektes ergibt sich nicht aus dem isolierten Objekt, sondern aus seinen Relationen zum Rest der Welt - in diesem Falle aus der Relation zum gläubigen Empfänger der Hostie und zu Jesus, der uns ja überhaupt erst auf die Idee gebracht hat, in diesem Brot mehr zu sehen, als nur einfaches Brot.

 

Das ist jetzt alles wieder mal hochkomplex und hochkompliziert und wird nur von wenigen verstanden. Wenn man sonst keine Sorgen hat, kann man sich ja auch in so was vertiefen. Der Witz dabei ist: Dies alles (besonders das Relationale) kann man viel leichter und allgemeinverständlich ausdrücken. So, dass diejenigen, die diese einfachen Worte hören, auch dorthin geführt werden, wo das Geheimnis des Sakramentes wirklich liegt: Nicht in der unverständlichen Higher-Class-Philosophie, sondern in der Gegenwart Jesu, die nur geglaubt und mystisch erfahren, nicht aber herbei-gelogelt (von Logelei) werden kann.

 

 

Ich sehe nicht, warum es völlig zwei paar Schuhe sein sollen, was du anfangs geschrieben hast. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Natürlich kann man die Transsubstantiation nur dann verstehen (mit "kapieren" meinte ich was anderes als intellektuell durchdringen), wenn man die philosophischen Begriffe der Substanz und des Akzidens kennt. Es ist kein Wort aus dem luftleeren Raum, sondern hat eine Vorgeschichte. Auch Rahner wollte ja einen anderen Begriff vorziehen, bei ihm weiß ich nicht mehr, ob er auch Transsignifikation bevorzugte.

 

Diese Aussage finde ich interessant: "Mit Transsubstanziation kann man nicht begründen, dass sich in einem Objekt (z.B. Hostie) etwas ändert. Stattdessen ist Transsubstanziation ein Hinweis, dass sich mein Denken über ein Objekt verändert."

 

Schon wieder, ich weiß, aber ich glaube hier irrst Du Dich. Transsubstantiation ist mehr als das, da es auch Deine Beziehung zu dem "Objekt" ändert.

 

Beispiel, wie alle immer hinkend (fällt mir ein, weil es gerade in einer Serie vorkam): Mann sieht ein 12jähriges Mädchen. Dann erfährt er, daß er der Vater dieser ihm vollkommen unbekannten Person ist. Rumms.

 

Da passiert deutlich mehr als bei dem Zigarettenstummel (auch wenn ich das Buch super finde, vor allem, um Menschen den sakramentalen Gedanken näher zu bringen, so unvollständig ich das auch halte) - dieses Wissen läßt den Mann erfahren, daß er etwas schon lange war, jetzt aber erstmals realisiert: er ist Vater. Das Vatersein ist unabhängig vom Wissen schon existent, unabhängig von dem, wie er sich fühlt, unabhängig von seinem Denken. Und "chemisch" hat sich bei dem Mädchen auch nichts geändert. Die Relation zu ihm dagegen sehr. Seit 12 Jahren. Nun kann man berechtigterweise fragen: ja und? Wenn er es nicht weiß, ist es ja wurscht.

 

Zurück zur Hostie: es wandelt sich nicht nur das Objekt in seiner Essenz, Substanz oder was auch immer - denn das tut es natürlich für uns in unserer Vorstellung (auch Wahres erfahren wir in unserer Vorstellung) - sondern vor allem in seiner Relation zu uns. Ganz ohne chemische Prozesse. Dabei ist es anders als bei der Transsignifikation irrelevant, ob uns diese neue Beziehung bekannt ist - sie ist eine andere. Und natürlich kann man auch hier sagen: Unwissen zeigt die persönliche Irrelevanz. Für den einzelnen mag das so sein (denn das gewandelte Brot ist auch der Herr des Muslim, Hindu, Atheisten oder Buddhisten, der nicht dran glaubt), Irrtum ist ja menschlich, aber für die Kirche als ganzes kann diese Irrelevanz nicht gelten.

bearbeitet von rorro
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Während meines Studiums hat sich unser Kirchenrechtler zu der Behauptung verstiegen, die Kirchenjuristerei sei Theologie. Es gibt ja auch Bestimmungen "göttlichen Rechtes". Woran erkennt man denn "göttliches Recht"? Weil es der Bibel entlehnt ist? Weil es der Schöpfungstheologie entlehnt ist? Weil deus es halt so vult? (Worüber Juristen schon immer den voll klaren Plan hatten. Doch, doch. So ist das. Die wissen zum Teil sogar ganz genau, was deus vult.)

Na klar, warum denn nicht? Theologie ist doch nicht nur Bibel. Kirchenorganisation und Kirchengeschichte gehört m.E. ebenfalls dazu. Außerdem u.a. Kirchenmusik und Liturgie, Kirchenbau und alles, was mit Seelsorge zu tun hat.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

 


Und nun? Brot und Wein sind ja nun bei den Reformierten auch "wirklich nur" Brot und Wein,

 

 

Ist doch ok. Wenn denen das reicht. Das Problem sind die inkonsequenten Lutherischen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

Das Problem sind die inkonsequenten Lutherischen.

 

 

da nun das Problem identifiziert ist, kann an einer Lösung gearbeitet werden.

 

kam: hast Du eine Idee?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Was ist an "Es ist der wahre Leib und Blut unsers Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt." (Luther, Kleiner Katechismus) inkonsequent?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Beispiel, wie alle immer hinkend (fällt mir ein, weil es gerade in einer Serie vorkam): Mann sieht ein 12jähriges Mädchen. Dann erfährt er, daß er der Vater dieser ihm vollkommen unbekannten Person ist. Rumms.

 

Da passiert deutlich mehr als bei dem Zigarettenstummel (auch wenn ich das Buch super finde, vor allem, um Menschen den sakramentalen Gedanken näher zu bringen, so unvollständig ich das auch halte) - dieses Wissen läßt den Mann erfahren, daß er etwas schon lange war, jetzt aber erstmals realisiert: er ist Vater. Das Vatersein ist unabhängig vom Wissen schon existent, unabhängig von dem, wie er sich fühlt, unabhängig von seinem Denken. Und "chemisch" hat sich bei dem Mädchen auch nichts geändert. Die Relation zu ihm dagegen sehr. Seit 12 Jahren. Nun kann man berechtigterweise fragen: ja und? Wenn er es nicht weiß, ist es ja wurscht.

 

 

Das Beispiel ist gar nicht mal schlecht. Und ich habe keine Lust, es zu zerfleddern, indem ich es über seine Grenzen hinweg strapaziere.

 

Aber es ist ein Beispiel der Neuzeit, es ist nachkantianisch. Es ist ein Beispiel für die von mir schon erwähnte relationale Ontologie. Mit Transsubstanziation im Sinne von Thomas hat es nur äußerlich etwas zu tun.

Ich fände es sehr interessant mitzuerleben, wie Thomas am himmlischen PC mit himmlischer Übertragungsrate sitzt, und Dein Beispiel liest. Wie gesagt: Ich halte ihn für gescheit genug, dass er Dir zustimmen würde. Allerdings müsste er dazu seine ursprüngliche Transsubstanziationsvorstellung (und vor allem die zugrundeliegende Ontologie) über Bord werfen.

Die oberschlauen Material-Theologen der späten 1920er Jahre würden sich wahrscheinlich wesentlich schwerer tun, denn für stand ja die materelle Veränderung der Hostie im Vordergrund. Wirkt von heute aus gesehen "strange".

 

Die eigentliche Frage aber ist, ob dieses Beispiel denen etwas gibt, die heute zur Kommunion gehen. Ich vermute, dass die meisten zustimmen würden, sobald sie das Beispiel verstehen. Aber wozu die ganze Verrenkung? Wozu ein Beispiel mit einem Mädchen und dem Vater? Selbiges gilt auch für das "Sakrament des Zigarettenstummels". Für den Empfänger der Kommunion ist die Begegnung und Vereinigung mit Jesus das Entscheidende. Und dies habe ich weiter oben auch völlig ohne themenfremdes Beispiel auch aufzeigen können. Und damit erledigt sich die ganze lange, hochkomplexe Geschichte, in der man sich verzweifelt bemüht hat, der Transsubstanziation wieder einen Sinn zu geben. Mein Plädoyer ist: Den ganzen alten Theorieladen hübsch archivieren. Auf die Archivbox draufschreiben "Im mittelalterlichen Denken ganz gut. Für die heutige Zeit ungeeignet."

 

Als Jesus in jenem dramatischen letzten Abendmahl seine Worte über Wein und Brot sprach, hat er seinen Jüngern ein sinnenfälliges Erinnerungszeichen in die Hand gegeben. (So weit könnte ich mich sogar mit Reformierten einigen).

Ob ich jetzt dieses Zeichen ernstnehme und davon ausgehe, dass Jesus dieses Zeichen mit Realität erfüllt (also tatsächlich in mich einkehrt, wenn ich das Brot esse) ist Glaubensfrage. Eine Transsubstanziationslehre macht diesen Glaubensakt nicht leichter - besonders wenn man berüchsichtigt, dass Transsubstanziation im Kopf geschieht und nicht im Objekt. Illustrationen (wie Zigarettenstummel oder Dein Mädchen) haben einen eingängigen Illustrationswert, den man zusätzlich noch nutzen kann. Nice to have, but no must. Wieder mein Plädoyer: Kann man gerne machen. Und die olle Transsubstanziation pensionieren.

 

Genau dieses Pensionieren fällt der Kirche unzulässig schwer. Man müsste sich eingestehen, dass manche Denkwege der Geschichte heute nicht mehr gangbar sind. Also verlegt man sich auf die seltsamsten Verrenkungen, um Ausgedientes noch zu rechtfertigen und zu integrieren, obwohl man eigentlich weiß, dass dessen Zeit vorüber ist. Da hat Kirche Angst davor - nicht ganz unbegründet. Denn wenn man die Lehr-Pensionäre zählt, um einmal eine Übersicht zu bekommen, wird man entdecken, dass die Mehrzahl der Lehren inzwischen pensionsbedürftig ist. Das wäre nicht einmal schlimm. Richtig schlimm aber ist, dass diese Lehrpensionäre seit vielen Jahrhunderten immer wieder verhindert haben, dass Nachfolger entstehen. Bei vielen dieser Pensionäre sind demzufolge auch keine Nachfolger vorhanden. Oder: Manche Nachfolger haben schon von Beginn an nicht die Kraft der ollen Pensionäre.

 

Im Falle der Transsubstanziation ist die Pensionierungsbedürftigkeit spätestens zu Kants Zeiten eingetreten. Und das ist schon lange her. Und wie sehr dieser Pensionär seine Nachfolger behinderte, kann man an der Geschichte von Schoonenberg und Schillebeeckx nachlesen. Wieder mal 160 Jahre her, dass ein Pensionär zumindest mal einen halbwegs würdigen Nachfolger findet.

 

Wenn man die Frage nach der Krise der Theologie stellt, hat man hier schon einen guten Hinweis. Wer so behäbig reagiert, gerät selbstredend ins Abseits.

bearbeitet von Mecky
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es war spät geworden. Das Brot war gegessen und der letzte Wein fast getrunken. Die Jünger waren satt und zufrieden. Philipp und Barti diskutierten leise in der Ecke: "Was hat er damit gemeint?" "Keine Ahnung!" Andreas mischte sich ein: "Du meinst die Sache, als er das Brot brach und den Weinkelch rumgehen ließ? Da war irgendwas!" Jakob hatte aufgepasst: "Er hat was davon gesagt, dass es sein Leib sei!" "So ein Quatsch, das glaubt doch keiner!" sagte Thomas und hob die Augenbrauen. "Und Blut, das vergossen wird --- für uns!" "Du solltest dir nicht so viele Splattergeschichten erzählen lassen", meinte Matthäus. "Alles im grünen Bereich, so lange bei dir die Phantasie nicht durchgeht." "Ihr Ungläubigen, das war Transubstantiation", zischte Petrus. "Ich frage mich, ob ihr rechte Jünger seid!" "Irgendwas war", sagte Thomas. "Aber nix von diesem Transdingsbums. Damit kommst du mir nicht, du Fanatiker!" Thaddäus stimmte ein neues Trinklied an, Simon der Zelot stimmte mit ein. Alkohol machte ihn friedlich. Judas schielte zur Tür, Johannes schrieb irgendetwas auf seine Notiztafeln ("Fußwaschung nicht vergessen!"), Petrus schlug Thomas auf die Schulter und nannte ihn einen verdamm´ten Ketzer, Thomas nannte Petrus einen Trottel, Philipp und Barti hatten das Thema gewechselt und diskutierten über die palästinensische Landesliga im Ringen -

ER sah sich um - seine Jünger. Hatten sie irgendetwas verstanden? Sollte ER eine Erklärung nachschieben? Es war wirklich spät, die Zeit drängte. "Sie werden sich doch darüber bestimmt nicht streiten", dachte ER.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

"Ihr Ungläubigen, das war Transubstantiation", zischte Petrus.

Bleibt noch die Frage offen, durch was der Tran substituiert wird. Durch Rapsöl?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Long John Silver

 

 

"Herr Pfarrer, mein Mann war so ein guter Mensch, er hat unserem Sohn so viel Gutes gegeben. Und dann ist mein Mann gestorben und ich habe dafür gebetet, dass es wenigstens dem Sohn nun gut geht, den er so geliebt hat. Und jetzt ist mein Sohn nach einem Unfall qualvoll nach zwei Jahren Siechtum gestorben. Herr Pfarrer, ich fühle mich von Gott vera'rscht!" Und dann gleich noch dazu: "Sagen Sie mir jetzt aber nur nichts Theologisches. Ich brauche was Anständiges, um Gott wieder vertrauen zu können und mich nicht mehr von ihm vera'rscht zu fühlen!"

 

 

 

 

Meinst du, das Problem soll oder kann ein beliebiger Theologe aus irgendeiner Fakultaet an irgendeiner Universitaet fuer dich richten richten? Ein Theologe, der fuer dich die Quadratur des Kreises geloest hat und die Theodizee aus der Welt geschafft? Oder der dich davon erloest, dass du nicht mehr so hilflos und wortlos bist und ohne Antworten?

 

Das wird nicht funktionieren.

 

Vielleicht waere es gut, den Leuten nicht vorher so intensiv einreden, dass der liebe Gott sie auf jeden Fall vor solchen Ereignissen zu schuetzen gedenkt. Dann waere ihre emotionale Fallhoehe, was den Glauben betrifft, nicht so hoch.

 

Die akademische Theologie als die eierlegende Wollmilchsau, das klingt eher nach Suendenbock.

bearbeitet von Long John Silver
  • Like 2
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Long John Silver

 

 

Die Krise des Glaubens sehe ich auch. Den Grund für diese Krise des Glaubens sehe ich im Versagen der Theologie. Die Theologie kann das "fides quaerens intellectus" kaum noch zufriedenstellen.

 

 

Das konnte sie noch nie. Das was in deinem Bereich vor der "Krise des Glaubens" war, war eine von klein auf katholisch sozialisierte Welt, in der Glaube einfach dazu gehoerte. Reflexion brauchte man dazu nicht, Glaube war ein soziales Gefuege, in dem man sein Leben lang gut schwimmen konnte, ein Sicherheitsnetz, das nicht hinterfragen musste, weil die Einzelheiten irrelevant waren. (Ich will das nicht kleinreden, das ist nur eine Beschreibung der Fakten. Im protestantischen Bereich war es genauso).

 

Dieses Gefuege ist zerbrochen, aber nicht durch eine mangelnde Theologie, sondern durch die Zeitlaeufte, durch immense gesellschaftliche Veraenderungen und veraenderte Lebensbedingungen der Menschen und eine ganz andere Verfuegungsgewalt ueber Lebensplanung und freie Entfaltung der Persoenlichkeit. Das heisst aber nicht, dass kein Beduerfnis nach Religion mehr da ist, die Fragen werden anders gestellt. Und es gibt andere Moeglichkeiten zu antworten.

 

Die Zeitlaeufte allerdings sind Gottes Werk.

bearbeitet von Long John Silver
  • Like 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gesellschaftliche Veränderungen finden nicht einfach so statt. Auch die Verdunstung des Glaubens bis zu einem Stadium, dass viele nur noch glauben, weil es gesellschaftlich eben dazu gehört, geschieht nicht ohne Grund.

 

Die Menschen haben für das Leben einfach passendere Orientierungen gefunden.

Wenn man vom Glauben eben nur einen Haufen Probleme hat, keine vertrauenswürdigen Antworten auf existenzielle Fragen angeboten hat

und nebendran florieren andere Lebenskonzepte, die sehr Praktikables bieten,

dann entscheiden sich eben viele für eine Orientierung an Technik, Vereinen und wirtschaftlichen Vorgaben.

 

Die Kirche ist seit dem Hochmittelalter immer mehr unter Druck geraten, weil ihre Botschaft immer weniger Menschen überzeugen konnte und immer weniger Lebensfragen vertrauenswürdig beantworten konnte. In vielen Bereichen hat sich die Botschaft der Kirche als falsch, unmoralisch oder nichtig und nutzlos erwiesen. Der Kampf der Kirche gegen Galileo, Darwin, Freud, aber auch gegen die individuelle Freiheitsvorstellung und Demokratie hat kaum noch jemanden überzeugt. Selbstverständlich hat sich dies dann auch gesellschaftlich ausgewirkt.

 

Du schreibst ja selbst: "Das heisst aber nicht, dass kein Beduerfnis nach Religion mehr da ist, die Fragen werden anders gestellt. Und es gibt andere Moeglichkeiten zu antworten."

Dann muss man eben die anders gestellten Fragen auch anders beantworten. Und dann muss man auf das Bedürfnis nach Religion eben anders eingehen.

 

Die Schwäche der Theologie ist ihre "Behäbigkeit". Im 16. Jahrhundert konnte man den Leuten nur Antworten aus früheren Zeiten anbieten. Luther hat es dann mit einer Theologie versucht, die zwar den Ballast früherer Jahrhunderte zum Teil über Bord warf, war aber auch nicht wirklich innovativ. Alte Antworten wegwerfen ist nicht das Gleiche, wie neue Antworten zu geben. Mit der Fixierung auf die Bibel hat Luther das Problem sogar verschärft, indem er die Antworten biblischer Zeiten als das non plus ultra hinstellte.

 

Die Kirche stand seit den großen Pestjahren im 14. Jahrhundert mit abgesägten Hosen da. Sie konnte den Leuten auf drängende Fragen (Theodizee spielt da eine gewichtige Rolle, aber es gibt noch andere Bereiche) nichts Vertrauenerweckendes bieten. Auf dem Bereich des Weltbildes hat sie ganz furchtbar versagt. Eklatanten Fehlentwicklungen (wie zum Beispiel im Hexenhammer) hat sie nichts entgegenzusetzen gehabt. Den Wert der individuellen Freiheit hat sie in der französischen Revolution fleißig abgestritten. Klar: Eine Theologie, die die individuelle Freiheit aus dem Glauben heraus deutet, wurde ja auch in den vorausgehenden Jahrhunderten nicht betrieben. Den Philosophiewandel in Aufklärung, Empirismus und Rationalismus hat sie fleißig missachtet, anstatt die religiösen Dimensionen dieser Neuerungen zu entdecken und den Menschen nahezubringen. Darwins Erkenntnisse wurden erst einmal fleißig in Abrede gestellt. Dann wurde die Beweislast der Evolutionstheorie übermächtig - und erst ab diesem Moment hat sich auch die Theologie gewandelt - allerdings viel zu spät.

 

Die trotzige Halsstarrigkeit hatte inzwischen schon masseweise gesellschaftliche Veränderungen selbst hervorgebracht. Das Vertrauen in das, was die Kirche mit ihrer veralteten und vergangenheitsorientierten Theologie sagte, war schon lange erschüttert. Innovation war über Jahrhunderte unerwünscht. Heutzutage hat sich dies etwas gebessert - aber es ist zu spät. Die Gegenwartsunwilligkeit und die mangelnde Sorge um die Beantwortung drängender Fragen hat schon in vielen Jahrhunderten gesellschaftliche in irreversible Folgen gezeitigt. Oder im vorherigen Bild: Die Hosen waren schon abgesägt.

 

Wenn jemand religiös interessiert ist, orientiert er sich nicht kirchlich. Da ist kaum was zu holen. Da bekommt man zu wenig Anregung, Impuls und Antwort. Die meisten religiös Interessierten versuchen es deshalb auf eigene Faust. Sie suchen mit ihren begrenzten Möglichkeiten eigene Antworten und sind daher für (meist auch noch unreflektierte) Abwegigkeiten das perfekte Opfer. Von den Kirchen erwarten sie nichts Positives. Kirche ist für sie ein Club, der zwar immer wieder moralische Lasten zusammenballt und versucht, den Menschen aufzulegen. Aber Antworten? Orientierungen? Impulse? Hilfreiche Konzeptvorlagen für die Lebensstrategie im eigenen Leben? Nö, das traut man der Kirche nicht zu, oder nur in sehr begrenztem Umfang.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Lieber Mecky, was hältst du davon:

 

Warum machen wir heute Stress um eine Person, die vor 2000 Jahren gelebt hat?

 

Wenn wir diese Frage beantworten können, in einfachen klaren Worten, dann ist der Rest auch gerechtfertigt.

Um eine Person, die vor 2000 Jahren gelebt hat, bräuchten wir uns keinen Stress machen, wenn sie nicht Bedeutung für das heutige Leben hätte.

Manche Personen haben die Gabe, etwas hervorzubringen, was die eigene Lebenszeit überdauert.

 

Von daher finde ich es sinnvoll, alles, was wir von Jesus mitbekommen (also inklusive der nicht-historischen Anteile), auf diese Bedeutung für das heutige Leben abzuklopfen. Speziell bei Jesus bin ich beim Abklopfen auf eine große Fundgrube gestoßen. Die historischen Details, die die historisch-kritische Forschung mit großer Mühe und dennoch verbleibender Unsicherheit herausgefunden hat, sind dabei nur insofern wichtig, als sie mir ein Verständnis ermöglichen, das wiederum zur Fundgrube werden kann.

 

Es kommt auf die Fülle und Qualität des Gefundenen an, nicht auf die historischen Details und auch nicht auf eine ultimative Autorisierung (indem man Jesus zum ultimativen Wahrheitslieferanten und zur ultimativen Schiedsstelle macht).

Wenn mir anhand des Lebens, Schicksals, Redens und Wirkens Jesu ganze Christbäume aufgehen und dies meinen Glauben stärkt, dann genügt mir das vollauf.

 

Eine gute Bibeltheologie ist dabei hilfreich. Eine gute Christologie ist ebenso dabei hilfreich. Gute Auslegungen und Übertragungen auf heutige Themen sind dabei hilfreich. Da könnte die Theologie noch gewaltig zulegen, und ich wäre dankbar dafür.

Eine hellenistische Christologie hilft mir beim Erschließen der Fundgrube nur unter höchsten Mühen. Das Verhältnis von Aufwand und persönlichem Ertrag ist sehr ungünstig. Eine Christologie, die mich zum Entdecken der Gegenwart des Göttlichen in Jesus anleitet, wäre mir sehr lieb. Aber dazu ist man in der Theologie viel zu beschäftigt mit den ganzen ontologischen Details. Und die biblische Forschung beschäftigt sich auch eher mit den Dingen, die einmal waren, anstatt sich mit dem zu beschäftigen, was das Gewesene heute für Menschen der Gegenwart (und da bin ich eben einer von diesen) bedeutet und wie es ihnen hilft.

 

Ich mache einfach mal ein Beispiel.

Die Frage, ob Jesus Geschwister hatte, interessiert mich überhaupt nicht. Und alle gelehrten Untersuchungen zu diesem Thema interessieren mich noch weitaus weniger.

Die Frage, ob Jesus ein Mensch mit "Sinn für Menschliches" aus eigener Lebenserfahrung hatte, ist schon mal interessanter, wenn auch begrenzt.

Die Frage, ob mir in einem Menschen (so richtig real Mensch, so ein realer Teilnehmer an der conditio humana) tatsächlich Gott begegnen kann, interessiert mich viel mehr. Denn das wirft ja ein Licht auf die ganze Menschennatur, die ich selbst teile und meine Mitmenschen auch. Womöglich kann ich dann das Göttliche auch in anderen Menschen entdecken, nachdem ich von der Lebensgeschichte Jesu auf die Spur gebracht worden bin. Da wird dann die Begegnung mit Jesus in den Evangelien zu einem Schlüsselerlebnis für mein Bild vom Menschen und für die Wirkung, die heutige Menschen auf mich haben. Da kann ich in Bekannten einiges wiederfinden, was ich bei Jesus entdeckt habe. Und damit ist die Begegnung mit Jesus (und zwar dem in den Evangelien literarisch gefassten und gedeuteten, nicht unbedingt dem historischen) von hoher Lebensrelevanz für mich. Und für andere, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

 

Auf diese Weise hätte die theologische Reflexion der Evangelien und ihrer Aussagen einen klaren Sinn,

der weit über das Erbsenzählen

und das Pochen auf dem autoritativen Charakter der Worte Jesu

hinaus geht.

bearbeitet von Mecky
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Über was genau diskutieren wir eigentlich gerade? Mir scheint, die Kategorien gehen hier ziemlich durcheinander, und das leider nicht nur in dem Sinne, dass man aneinander vorbeiredete, indem einzelne Teilnehmer von unterschiedlichen Dingen sprächen, sondern vor allem auch weil sogar bei den Diskutanten (ich schließe mich da nicht aus) der Begriff "Theologie" höchst undifferenziert verwendet wird. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und zufällig aufgereiht sehe ich zumindest folgende klar unterscheidbare Modelle hinter dem Begriff "Theologie":

  1. Theologie als Bezeichnung einer an Hochschulen schon seid längerem betriebenen Wissenschaft, die ihrerseits in diverse Fächer aufgegliedert ist und zugleich von unterschiedlichen Konfessionen und in unterschiedlichen Traditionen betrieben wird.
  2. Theologie als Bezeichnung für die "amtliche" "Lehre" "der Kirche" - wobei noch kein Konsens zu sehen ist, was denn nun amtlich bedeutet, was zur Lehre gehört und wer die Kirche hier ist.
  3. Theologie als das, von dem hauptberuflich bei der Kirche im Verkündigungsdienst tätige Menschen reden, wenn sie sich mit "frommen" Themen befassen. Wobei der Begriff "fromm" wieder in höchst unterschiedlich umfassender Weise verwendet wird.
  4. Theologie als "Reden von Gott" - also als jedes Sprechen eines Menschen von Dingen, die mit Glauben zu tun haben.

Es ist verführerisch, zwischen diesen Modellen zu springen - zumal zumindest hinter den Nummern 1 bis 3 ganz klar Theologen zumindest in dem Sinne als Akteure auftauchen, dass es Menschen sind, die irgendwann einmal einen akademischen Abschluss im Fach Theologie erworben haben.

 

Womöglich liegt eine Ursache der "Krise der Theologie" (dass diese Krise existiert, darüber scheint Einigkeit zu bestehen) darin, dass nicht nur wir hier diese Kategorien vermengen und nicht mehr wahrnehmen, wer wo steht. Das mag zum einen an den handelnden Personen selbst liegen - die derzeitige kirchliche Struktur (ich spreche jetzt als Katholik) hat ihre zentrale Prägung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erlebt. Auch wenn zuletzt Johannes Paul II. die römische Kurie mächtig umgebaut hat, die Traditionen sind da doch weit stärker gewesen als er. Diese Struktur war von klaren Abgrenzungen der Aufgabenbereiche gekennzeichnet: Die Universitätstheologen arbeiteten in der Masse wissenschaftlich solide, manche auch auf erbärmlichem Niveau, andere waren unbestreitbar excellent. Die Bischöfe und Generalvikare ebenso wie die Leiter der römischen Dikasterien und die Päpste waren nicht selten Kirchenrechtler und/oder Diplomaten, vor allem aber waren sie Verwaltungsexperten. Die übrigen Kleriker (Laien gab es in den Aufgaben ja so gut wie nicht) waren zumindest in größeren Teilen Akademiker, die auch einen gewissen akademischen Eifer weiter pflegten. Zumindest lasen sie theologische Bücher und Zeitschriften, und die Fortbildungsprogramme enthielten selbstverständlich auch entsprechende Angebote.

 

Auf und nach dem Konzil änderte sich das. Professoren wurden Bischöfe und Kardinäle und Papst, und die so saubere Trennung in ekklesialem Management auf der einen und akademischen Betrieb auf der anderen Seite wurde verwischt. Die Bischöfe waren nicht mehr vorrangig aufmerksame Zuhörer der akademischen Theologie, die mischten da selbst mit oder versuchten dies zumindest. Mit zum Teil kuriosen Ergebnissen - so wurden und werden die Schriften Ratzingers eifrig immer dann zitiert, wenn der Autor etwas kritisches sagen will und da ein Ratzinger-Zitat gerne genommen wird. Das zeigt weniger Wertschätzung als vielmehr Taktik. Zugleich verschwand der Primat des Rechts aus der pastoralen Praxis (was ich sehr gut finde) und wurde durch einen Primat der Pastoral ersetzt, der sich allerdings leider oft als reine Methodenkunde herausstellte. Ich habe Priester und Laien in der Pastoral erlebt, die auf beeindruckende Weise in der Lage waren oder sind, ihre eigene Theologie zu vermitteln - altersgerecht und auf vielfältig Wegen, multimedial aufbereitet und ganz auf der Höhe der Zeit. Nur war und ist das, was sie da vermitteln, ganz und gar nicht auf der Höhe der akademischen Diskussion. Predigten werden ohne jeden Blick in einen Kommentar angegangen, Eucharistie bleibt entweder bei "wir feiern ein Fest mit Jesus" stehen oder repetiert Frömmigkeitsübungen der Vergangenheit stehen, im weitesten Sinne theologische Fragen der Gläubigen werden aus dem Ärmel beantwortet.

 

Dass es an jedem Bischofssitz wenigstens eine gut sortierte theologische Buchhandlung oder Abteilung in einer Buchhandlung gab (aber leider nicht mehr gibt), das scheint mir signifikant zu sein. Dass die Auflagen theologischer Bücher und Zeitschriften immer kleiner werden, ist besorgniserregend. Dass sich auf dezidiert theologischen Fortbildungen für Priester und Laien in der Pastoral die frisch verrenteten Pastis der ersten Generation mit ihren damaligen Kommilitionen treffen, die noch ein paar Jahre als Pfarrer vor sich haben, das ist bezeichnend. Da wundert es dann nicht, wenn Mecky hier ein Bild von der Arbeit der Exegeten zeichnet, dass sichtlich aus seinen Studientagen stammt und mit dem, was Exegeten heute treiben, wenig gemein hat.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und zufällig aufgereiht sehe ich zumindest folgende klar unterscheidbare Modelle hinter dem Begriff "Theologie":

  1. Theologie als Bezeichnung einer an Hochschulen schon seid längerem betriebenen Wissenschaft, die ihrerseits in diverse Fächer aufgegliedert ist und zugleich von unterschiedlichen Konfessionen und in unterschiedlichen Traditionen betrieben wird.
  2. Theologie als Bezeichnung für die "amtliche" "Lehre" "der Kirche" - wobei noch kein Konsens zu sehen ist, was denn nun amtlich bedeutet, was zur Lehre gehört und wer die Kirche hier ist.
  3. Theologie als das, von dem hauptberuflich bei der Kirche im Verkündigungsdienst tätige Menschen reden, wenn sie sich mit "frommen" Themen befassen. Wobei der Begriff "fromm" wieder in höchst unterschiedlich umfassender Weise verwendet wird.
  4. Theologie als "Reden von Gott" - also als jedes Sprechen eines Menschen von Dingen, die mit Glauben zu tun haben.

Es ist verführerisch, zwischen diesen Modellen zu springen - zumal zumindest hinter den Nummern 1 bis 3 ganz klar Theologen zumindest in dem Sinne als Akteure auftauchen, dass es Menschen sind, die irgendwann einmal einen akademischen Abschluss im Fach Theologie erworben haben.

Theologie als "fides quaerens intellectus" sollte man vielleicht noch hinzunehmen.

 

Das Problem besteht aber nicht nur in der Unvollständigkeit der Liste. Diese verschiedenen Sichtweisen sind nicht nur Elaborat der Forenschreiber, sondern sind in der Realität verankert. Eine faktisch grundgelegte Uneinheitlichkeit. Der Begriff "Theologie" ist nicht wirklich fassbar.

Infolgedessen befasse ich mich in diesem ganzen Dunstkreis im Umfeld des Wortes "Theologie" mit dem, wie sich Theologie mir präsentiert. Welche Position die Theologie innerhalb dieses Dunstkreises auch einnehmen mag: Ich schau nach, welche Effekte sie hervorbringt, welchen Ertrag sie bringt, welche Fehlentwicklungen den Ertrag behindern oder sogar verunmöglichen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

 


Infolgedessen befasse ich mich in diesem ganzen Dunstkreis im Umfeld des Wortes "Theologie" mit dem, wie sich Theologie mir präsentiert. Welche Position die Theologie innerhalb dieses Dunstkreises auch einnehmen mag: Ich schau nach, welche Effekte sie hervorbringt, welchen Ertrag sie bringt, welche Fehlentwicklungen den Ertrag behindern oder sogar verunmöglichen.

 

Wie kannst du Effekte und Fehlentwicklungen eines derartig nebulösen Wackelpuddings bestimmen? Mir scheint eher, du verwendest "Theologie" als Projektionsfläche für alles, was Dir an Kirche nicht passt, auch wenn dann die Abteilung "Pastorale Planung" im Generalvikariat "Theologie" ist, Schillebeckx hingegen nicht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...