rorro Geschrieben 30. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 30. Mai 2017 Oder ich vertraue anderen eher als mir selbst. Ist für manche eine Grundlage für Gewissensentscheidungen. Und in meinen Augen eine prinzipiell respektable. Der Unterschied ist ganz einfach der: Beim Gewissensprimat musst du dich dereinst selbst und persönlich verantworten. Die Ausrede" ich habe auf das Lehramt gehört" wird nicht zählen. Werner Woher weißt Du das? Und wieso ist das eine Ausrede? ist doch auch eine Entscheidung. Der Hund liegt im Anspruch des Lehramtes begraben, den Willen Gottes zu verkünden. Eigentlich eine ungeheuere Anmaßung. Bedeutet aber, dass, wenn du nicht deinem Gewissen, sondern dem Lehramt folgst, du deinem Richter sagen kannst: "Ich hab immer nur getan, was du wolltest. Also mach mir jetzt keine Vorwürfe." Angenommen, es war halt doch nicht immer der Wille Gottes, den das Lehramt verkündet hat, dann würde ein gerechter Richter an dieser Stelle jetzt die Vertreter des Lehramtes heranzitieren und diese zur Rechenschaft bitten. Und da werden dann die Herren Lehrämtler sagen: "Wir sind unschuldig. Wir haben immer gesagt, man muss auf sein Gewissen hören." Und dann stehst du letztlich ganz allein vor dem Richter. Besser also, du hörst gleich auf dein Gewissen. Werner Nun, die erste postjesuanische lehramtliche Entscheidung auf dem Apostelkonzil hat diese ungeheure Anmaßung - in der Wertung gebe ich Dir Recht - schon etabliert: "Wir und der Heilige Geist haben entschieden". Ist also gut biblisch. Aber noch einmal: "wenn du nicht deinem Gewissen, sondern dem Lehramt folgst", dann ist das falsch. Der gemeine Christenmensch darf aber durchaus aus Gewissensgründen dem Lehramt folgen. Dieser postulierte Gegensatz ist keiner. Er kann da ein, muss es aber nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 30. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 30. Mai 2017 Aber noch einmal: "wenn du nicht deinem Gewissen, sondern dem Lehramt folgst", dann ist das falsch. Der gemeine Christenmensch darf aber durchaus aus Gewissensgründen dem Lehramt folgen. Dieser postulierte Gegensatz ist keiner. Er kann da ein, muss es aber nicht. Wenn du deinem Gewissen zufolge dem Lehramt folgst, folgst du selbstverständlich deinem Gewissen. Es soll ja aber auch Fälle geben, wo einem Gewissen und Lehramt unterschiedliches sagen, und wenn du in diesem Fall dem Lehramt folgst, folgst du halt nicht deinem Gewissen. Es wird zum Beispiel vom Pfarrer von Ars berichtet, er sei nach Gespräch mit einem der "Seher von Salette" (Maximin) davon überzeugt gewesen, dass die Erscheinung nicht echt sei. "Leider" wurde sie aber kirchlich als echt anerkannt. Das habe Vianney lange gequält (Konflikt Gewissen vs. Lehramt!), und er habe sich schließlich entschlossen, sich hier dem Lehramt zu unterwerfen. Da wir nicht wissen, was er da mit Maximin besprochen hat, er aber auch nicht leichtfertig seine Ansicht zu den "Erscheinungen" ändern konnte, scheint er also gute Gründe für seine Ablehnung gehabt zu haben. "sich entschließen, dem Lehramt zu folgen" kann man immer dann, wenn es um Dinge geht, die man nicht selbst wissen oder entscheiden kann. Was soll ich bezüglich der Naturen Christi glauben? Keine Anhnung, da glaube ich dem Lehramt (soweit ich das verstehen kann). Was soll ich zur Dreieinigkeit glauben? Keine Anhnung, da glaube ich dem Lehramt (soweit ich das verstehen kann). Was soll ich zur Homosexualität glauben? Da hab ich meine eigene Vorrstellung, da glaube ich, dass das Lehramt falsch liegt. Nur mal so ein paar Beispiele. Werner 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 30. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 30. Mai 2017 Ich glaube Mat hat schon einmal darauf hingewiesen, dass "Gewissen" und "Lehramt" zwei sehr unterschiedliche Dinge sind. Insofern kann die Frage Gewissen oder Lehramt weder sinnvoll gestellt noch vernünftig beantwortet werden. Das, was in dieser Diskussion unter "Lehramt" verstanden verstanden wird, ist eine amtliche Sonderform der Moraltheologie, als o der Versuch, allgemeine Antworten auf die Frage nach dem richtigen Handeln zu geben. Man kann eine solche Antwort eng kasuistisch geben, man kann allgemeine Prinzipien der Entscheidungsfindung darlegen, man kann hier Mittelwege suchen - die Fachwelt spricht von allgemeiner und spezieller Moraltheologie - aber es bleibt ein abstraktes Denken. Um "Gewissen" geht es hingegen im Moment der Entscheidung. Gehe ich über die rote Ampel oder warte ich? Gebe ich diese Einnahme bei der Steuer noch an oder übersehe ich sie? Spende ich diesem vor mir stehenden Menschen die Eucharistie oder verweigere ich sie? Esse ich Käse oder Wurst? Schlafe ich mit dieser Frau oder nicht? Nehme ich für diese Strecke das Auto, für jenen Einkauf eine Plastiktüte, kaufe ich bei einem für menschenverachtende Produktionsmethoden bekannten Hersteller ein? Wenn ich auf der moraltheologische Ebene argumentiere, dann kann ich durchaus fragen, zu welchen Ergebnissen komme ich, wenn ich dieser oder jener Schule folge. Ich kann über Umstände und Verantwortungen, Zurechenbarkeit und Erkenntnisfähigkeit resümieren, ich kann die thomanische Lehre gegen die Johannes Pauls II. setzen und nach einem Konsens suchen. Das ist kein Glasperlenspiel, aber es führt auch nicht zu konkretem Tun. Kann und muss es ja auch gar nicht - der Papst und Udal können je nach Laune frohgemut oder schwermütig über Empfängnisverhütung nachsinnen, ob man das darf oder nicht, aber eben nicht, ob sie das tun oder nicht. Weil aber lehramtliche Moraltheologie und Gewissen zwei Paar Schuhe sind (wenngleich sie in enger Beziehung zueinander stehen mögen), deswegen kann man sie nicht zu Alternativen machen. Wenn mein Gewissen mich dazu bringt, mich anders zu verhalten als das die Theorie vorsieht, dann kann dies ein Grund sein, die Theorie anzufragen. Stimmen deren Grundannahmen, hat sie alle relevanten Faktoren berücksichtigt usw. So kann das Gewissen zu einer Re-orientierung der Theorie führen, und wenn ich daran glaube, dass Gott im Herzen eines jeden Menschen zugegen ist und spricht, dann kann ich ein flächendeckendes Abweichen der Gewissensentscheidungen von der Theorie nicht kalt lassen. Umgekehrt gilt das auch für mein Gewissen. Habe ich alles bedacht, was zu bedenken mir die Theorie nahelegt? Ist meine Überlegung hinreichend tief? Und umgekehrt wiederum als Anfrage an die "Theoretiker" (was ich hier nicht abwertend meine): Ist es uns womöglich nicht gelungen, unsere Argumentation verständlich zu machen? Wenn ich mir diesen Unterschied vor Augen halte, dann scheint es mir um so klarer zu sein, dass ich meine Gewissensentscheidung selbst zu fällen und dafür auch gerade zu stehen habe. Dass ich das nur im Vertrauen auf einen Gott tun kann, der mein ernsthaftes Bemühen sieht, das setze ich dabei voraus. "Ich führe nur Befehle aus!" aber ist keine Gewissensentscheidung, denn das bedeutete ja, im Zweifel gegen den klaren Anspruch meines Gewissens zu handeln. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Udalricus Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 (bearbeitet) Denken wir die These, dass das Gewissen immer über dem Lehramt steht, einmal konsequent zu Ende, dann hieße das: Das Lehramt besitzt keinerlei Verbindlichkeit, sondern ist eben eine Stimme unter vielen im Gewirr des innerkirchlichen Dialogs. Niemand wir dafür sanktioniert, dass er die Dinge anders sieht als das Lehramt, solange er sich nur - wie glaubwürdig auch immer - auf die "Stimme seines Gewissens" berufen kann. Uns muss klar sein, dass auf diese Weise das Lehramt auf Dauer völlig bedeutungslos würde. Es würde sich allerdings heimlich, still und leise ein "paralleles Lehramt" heranbilden, dass seine Urteilskraft vor allem aus Volksmeinung und politischer Korrektheit bezieht. Schnell würden hier dann dieselben Mechanismen und Strukturen greifen, die wir weiland beim "ordentlichen Lehramt" wahrgenommen haben: Personalentscheidungen und Richtungsentscheidungen würden allein diesem "parallelen Lehramt" verpflichtet sein und bald würden genau so die Köpfe rollen wie ehedem. Als Nebeneffekt würde sich die Kirche immer mehr der Welt angleichen und wie ein Schilfrohr im Wind (vgl. Mt 11,7) den gerade aktuellen und angesagten Meinungen unterworfen. Welche Art von Lehramt dem Wesen und der Sendung der Kirche angemessener ist, möge jeder nach seinem Gewissen beurteilen! P.S. Der hier beschriebene Prozess ist übrigens keine phantastische Spekulation, sondern bereits längst im Gange! bearbeitet 31. Mai 2017 von Udalricus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 Denken wir die These, dass das Gewissen immer über dem Lehramt steht, einmal konsequent zu Ende, dann hieße das:Das Lehramt besitzt keinerlei Verbindlichkeit, sondern ist eben eine Stimme unter vielen im Gewirr des innerkirchlichen Dialogs. Keineswegs muß das die Konsequenz sein. Möglich und sinnvoll wäre es, dem Lehramt die erste und wichtigste Position zuzuordnen. Niemand wir dafür sanktioniert, dass er die Dinge anders sieht als das Lehramt, solange er sich nur - wie glaubwürdig auch immer - auf die "Stimme seines Gewissens" berufen kann. Auch das ist keineswegs die einzig mögliche Konsequenz: Warum sollte es überhaupt keine Sanktionen geben für ein Zuwiderhandeln gegen das Lehramt? Die Folgen meiner Gewissensentscheidung zu tragen, das bleibt mir im weltlichen Bereich nicht erspart, warum sollte es in kirchlichen Belangen anders sein? 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 Das Lehramt legt sozusagen die Vereinssatzungen fest, das ist seine Aufgabe. Werner 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mecky Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 Es kann nur EIN Lehramt geben. Und dieses eine Lehramt spricht die Wahrheit. Und ein Gewissen gegen die Wahrheit wäre absurd. Ganz einfach also. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 Niemand wir dafür sanktioniert, dass er die Dinge anders sieht als das Lehramt, solange er sich nur - wie glaubwürdig auch immer - auf die "Stimme seines Gewissens" berufen kann. Das ist schlicht falsch - wie hier schon mehrfach betont wurde. Bist du eigentlich mittlerweile dazu übergegangen, dir bekannten Menschen in irregulären Ehesituationen die Eucharistie zu verweigern? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Petrus Geschrieben 31. Mai 2017 Melden Share Geschrieben 31. Mai 2017 Es kann nur EIN Lehramt geben. naja - schimpfen ist wohl seine Stärke. http://www.focus.de/panorama/welt/fall-riekofen_aid_265199.html Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Udalricus Geschrieben 1. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 1. Juni 2017 Warum sollte es überhaupt keine Sanktionen geben für ein Zuwiderhandeln gegen das Lehramt? Die Folgen meiner Gewissensentscheidung zu tragen, das bleibt mir im weltlichen Bereich nicht erspart, warum sollte es in kirchlichen Belangen anders sein? Dann sind wir ja eh einer Auffasssung. Meine Positionierung richtet sich ja gegen diejenigen, die die Gewissensfreiheit in der Kirche als eine Art Schutzschild gegen das Lehramt instrumentieren. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 1. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 1. Juni 2017 Ah, das sind wohl diejenigen, welche Mariamante "manche" nannte. Hast Du da konkret Namen und Beispiele? Oder fällt das in die Kategorie, die auch "Strohmann" genannt wird? 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 1. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 1. Juni 2017 (bearbeitet) Warum sollte es überhaupt keine Sanktionen geben für ein Zuwiderhandeln gegen das Lehramt? Die Folgen meiner Gewissensentscheidung zu tragen, das bleibt mir im weltlichen Bereich nicht erspart, warum sollte es in kirchlichen Belangen anders sein? Dann sind wir ja eh einer Auffasssung. Meine Positionierung richtet sich ja gegen diejenigen, die die Gewissensfreiheit in der Kirche als eine Art Schutzschild gegen das Lehramt instrumentieren. Gewissensfreiheit kann ein solches Schutzschzild sein, muss es aber nicht und ist es auch nicht immer. Bildhaft gesprochen müsste man es mit dem Notwehrrecht vergleichen. Grundsätzlich schützt dich das vor Strafe, wenn du dich verteidigst, hat aber auch seine Grenzen (Stichwort "Notwehrexzess"). Wo, die Grenzen liegen müsste man nun diskutieren. Zum Beispiel anhand meiner Anfrage in Post #11 in diesem Thread. Und natürlich hinkt auch der Vergleich mit der Notwehr. Über die Grenzen des Notwehrrechtes darf ich nicht hinaus. Beim Gewissenskonflikt muss ich dann unter Umständen dann halt die Konsequenzen tragen bearbeitet 1. Juni 2017 von Frank Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 2. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 2. Juni 2017 Indem ich gar nicht nachdenke und frage, was Gott von mir in einer bestimmten Situation erwartet, und statt dessen einfach das tue, was in einem beliebigen kirchlichen Heftchen steht. Bei den allermeisten Entscheidungen wird das Gewissen nicht benötigt. Da entscheidet der Verstand, das Herz, der Bauch; oder meistens einfach die Gewohnheit (Mohn- oder Sesambrötchen? Mit Kirsch- oder Himbeermarmelade? Mit Butter oder Margarine? Noch eins?) Und es ist üblich und legitim, sich bei Entscheidungen auf den Rat anderer zu verlassen (ich kann nicht jedes Detail selbst durchdenken, manchmal kann ich mich ruhig auf Fachleute verlassen). Um bei Chrysos Antwort zu bleiben: Wenn ich ständig darüber nachdenke, was Gott wohl gerade von mir erwartet, dann komme ich zu nichts mehr. Ich darf da ruhig auf den Erfahrungsschatz meiner Vorchristen zurückgreifen (der sich auch im Lehramt findet). Häufig wird sich mein Gewissen auch deshalb nicht melden, weil es mit dem, was meine Vorchristen mir empfehlen, übereinstimmt. Aber manchmal kommt es zum Konflikt: Ich will nicht, was ich sollte. Dann muß ich anfangen, nachzudenken, abzuwägen, Begründungen zu hinterfragen. Dann kann mein Gewissen ins Spiel kommen. Manchmal rät es mir dann, meinen inneren Schweinehund zu ignorieren und zu tun, was zu tun ist. Manchmal rät es mir, nicht zu tun, was von mir erwartet wird. Und gelegentlich - eigentlich allenfalls ganz selten - rät es mir, den Aussagen des Lehramtes nicht zu viel Gewicht zu geben. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
theresa??? Geschrieben 2. Juni 2017 Autor Melden Share Geschrieben 2. Juni 2017 Ich finde vor allem die Frage interessant, wie das ist, wenn mir mein Gewissen etwas erlaubt, aber nicht gebietet, was mir das Lehramt verbietet. Dass ich, wenn mein Gewissen mir sagt, ich muss/ soll etwas tun, das auch tuen sollte, selbst wenn die Kirche es verbietet, das leuchtet mir ein. (Natürlich ist auch hier die Voraussetzung, dass ich mein Gewissensurteil ehrlich und ernsthaft prüfe) Aber wenn mein Gewissen mir etwas erlaubt, ohne mich dazu zu verpflichten, was ist dann? Dann könnte ich ja im Prinzip auf das Lehramt hören, ohne gegen mein Gewissen zu verstoßen. Aber andererseits, warum? Wenn ich Glaube, dass Gott in meinem Gewissen zu mir spricht, und wenn ich dort erkenne, das etwas erlaubt/ in Ordnung ist, muss ich dann auf das Verbot der Kirche trotzdem hören, ohne es nachvollziehen zu können. Und wenn ja, wie soll man das aushalten? Das würde ja heißen, dass man auf etwas verzichtet, ohne einzusehen, dass das gut so ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Udalricus Geschrieben 2. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 2. Juni 2017 Ich finde vor allem die Frage interessant, wie das ist, wenn mir mein Gewissen etwas erlaubt, aber nicht gebietet, was mir das Lehramt verbietet. Dass ich, wenn mein Gewissen mir sagt, ich muss/ soll etwas tun, das auch tuen sollte, selbst wenn die Kirche es verbietet, das leuchtet mir ein. (Natürlich ist auch hier die Voraussetzung, dass ich mein Gewissensurteil ehrlich und ernsthaft prüfe) Aber wenn mein Gewissen mir etwas erlaubt, ohne mich dazu zu verpflichten, was ist dann? Dann könnte ich ja im Prinzip auf das Lehramt hören, ohne gegen mein Gewissen zu verstoßen. Aber andererseits, warum? Wenn ich Glaube, dass Gott in meinem Gewissen zu mir spricht, und wenn ich dort erkenne, das etwas erlaubt/ in Ordnung ist, muss ich dann auf das Verbot der Kirche trotzdem hören, ohne es nachvollziehen zu können. Und wenn ja, wie soll man das aushalten? Das würde ja heißen, dass man auf etwas verzichtet, ohne einzusehen, dass das gut so ist. Wir brauchen ja da gar nicht in den kirchlichen Bereich gehen. Auch im weltlichen Bereich gibt es das: Viele Geschwindigkeitsbeschränkungen sind meiner Meinung nach viel zu streng. Mein Gewissen sagt mir, ich könnte hier eigentlich viel schneller fahren, und mich ärgert das Tempolimit. Meistens aber fahre ich dann doch so, wie es vorgeschrieben ist, weil ich keine Strafe riskieren möchte. Ich glaube, man kann sehr wohl manches im Leben tun, was man nicht einsieht, aber weil es eben vorgeschrieben ist. Auch im kirchlichen Leben geht das. Wer nicht ganz einsieht, warum man eigentlich auf Kondome und Pillen verzichten sollte, es aber dennoch tut, wird hoffentlich dadurch keinen Schaden erleiden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
theresa??? Geschrieben 2. Juni 2017 Autor Melden Share Geschrieben 2. Juni 2017 Ich finde vor allem die Frage interessant, wie das ist, wenn mir mein Gewissen etwas erlaubt, aber nicht gebietet, was mir das Lehramt verbietet. Dass ich, wenn mein Gewissen mir sagt, ich muss/ soll etwas tun, das auch tuen sollte, selbst wenn die Kirche es verbietet, das leuchtet mir ein. (Natürlich ist auch hier die Voraussetzung, dass ich mein Gewissensurteil ehrlich und ernsthaft prüfe) Aber wenn mein Gewissen mir etwas erlaubt, ohne mich dazu zu verpflichten, was ist dann? Dann könnte ich ja im Prinzip auf das Lehramt hören, ohne gegen mein Gewissen zu verstoßen. Aber andererseits, warum? Wenn ich Glaube, dass Gott in meinem Gewissen zu mir spricht, und wenn ich dort erkenne, das etwas erlaubt/ in Ordnung ist, muss ich dann auf das Verbot der Kirche trotzdem hören, ohne es nachvollziehen zu können. Und wenn ja, wie soll man das aushalten? Das würde ja heißen, dass man auf etwas verzichtet, ohne einzusehen, dass das gut so ist. Wir brauchen ja da gar nicht in den kirchlichen Bereich gehen. Auch im weltlichen Bereich gibt es das: Viele Geschwindigkeitsbeschränkungen sind meiner Meinung nach viel zu streng. Mein Gewissen sagt mir, ich könnte hier eigentlich viel schneller fahren, und mich ärgert das Tempolimit. Meistens aber fahre ich dann doch so, wie es vorgeschrieben ist, weil ich keine Strafe riskieren möchte. Ich glaube, man kann sehr wohl manches im Leben tun, was man nicht einsieht, aber weil es eben vorgeschrieben ist. Auch im kirchlichen Leben geht das. Wer nicht ganz einsieht, warum man eigentlich auf Kondome und Pillen verzichten sollte, es aber dennoch tut, wird hoffentlich dadurch keinen Schaden erleiden. Es gibt Dinge, da geht das, da hast du vollkommen recht. Aber es gibt auch Dinge, die betreffen einen dann doch so sehr, dass man sehr wohl Schaden erleidet. Wenn man zum Beispiel nicht ganz einsieht, warum man auf Kondom/Pille verzichten sollte, aber aus irgendwelchen Gründen die Natürliche Familienplanung nicht funktioniert. (Es gibt auch Leute, bei denen klappt das einfach nicht) Dabei kommt man sehr wohl in eine schwierige Situation, weil man dann vielleicht in einer Situation ein Kind hat, in der man vielleicht gerade noch nicht so weit ist oder so. Um bei deinem Beispiel zu bleiben. Man könnte auch andere Beispiele nehmen. Was soll denn z.B. ein Homosexueller machen, der trotz ausführlicher Beschäftigung mit der Lehre der Kirche das Verbot, in einer homosexuellen Partnerschaft zu leben, nicht verstehen kann? Wie soll man es denn aushalten, sein Leben lang allein zu bleiben, ohne verstehen zu können, warum man das soll? 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gabriele Geschrieben 3. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 3. Juni 2017 Viele Geschwindigkeitsbeschränkungen sind meiner Meinung nach viel zu streng. Mein Gewissen sagt mir, ich könnte hier eigentlich viel schneller fahren, und mich ärgert das Tempolimit. Meistens aber fahre ich dann doch so, wie es vorgeschrieben ist, weil ich keine Strafe riskieren möchte. Nicht schlecht, der Vergleich mit Geschwindigkeitsbegrenzungen. Er zeigt nämlich ganz gut einen weiteren Punkt auf: Je besser ich erkennen kann, was Sinn und Zweck der Beschränkung ist, desto geneigter bin ich, sie einzuhalten: Wenn das 30-Schild vor einer Schule steht, "kann" ich zwar viel schneller fahren, werde es aber tunlichst unterlassen, nicht aus Angst vor Strafe, sondern aus Rücksicht auf meine Mitmenschen. Das sagt mir auch mein Gewissen, dass das besser ist. Wenn so ein Schild in der Pampa, freie und übersichtliche Stelle steht, und wenn ich dann weiß, dass es nach der Fahrbahnreparatur vor zwei Monaten immer noch nicht weggeräumt wurde, dann stehen die Chancen deutlich schlechter, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung eingehalten wird. Auch im kirchlichen Leben geht das. Wer nicht ganz einsieht, warum man eigentlich auf Kondome und Pillen verzichten sollte, es aber dennoch tut, wird hoffentlich dadurch keinen Schaden erleiden. Na, so ganz sicher scheinst Du Dir ja nicht zu sein, wenn Du das "hoffentlich" einflechten mußt. Aber auch oder gerade hier gilt: Je besser einsichtig das Ge- oder Verbot, desto sorgfältiger wird es beachtet. Ein Lehramt, das mir sagt: "Das ist halt so, da mußt du dich dran halten. Punkt" ist da wenig hilfreich. Meiner Meinung nach ist das Lehramt in der Pflicht, seine Lehren den Gläubigen einsichtig und transparent zu machen. Denn eine Lehre, die ich nicht einsehe und deshalb nicht erst nehme, dient mir auch nicht als Orientierung. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 3. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 3. Juni 2017 enn man zum Beispiel nicht ganz einsieht, warum man auf Kondom/Pille verzichten sollte, aber aus irgendwelchen Gründen die Natürliche Familienplanung nicht funktioniert. Oder wenn mann nicht der Meinung ist, von der Frau Enthaltsamkeit vor allem dann verlangen zu sollen, wenn sie besonders erregbar ist. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 3. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 3. Juni 2017 Man könnte auch andere Beispiele nehmen. Was soll denn z.B. ein Homosexueller machen, der trotz ausführlicher Beschäftigung mit der Lehre der Kirche das Verbot, in einer homosexuellen Partnerschaft zu leben, nicht verstehen kann? Wie soll man es denn aushalten, sein Leben lang allein zu bleiben, ohne verstehen zu können, warum man das soll? Wer seinen Partner heiraten möchte, sich das aber von irgendjemandem verbieten läßt, tut wohl gut daran, allein zu bleiben. Da mangelt es mE nicht nur am Verständnis dieses angeblichen Verbots. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Franciscus non papa Geschrieben 3. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 3. Juni 2017 tja, für mich gilt einfach "es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei" - und wenn sich zwei Menschen aufrichtig lieben, so ist diese Liebe auch ein Abglanz der Liebe Christi zur Kirche. Insofern ist sie ein "Heiliges Zeichen", ein Sacramentum. Mir ist dabei durchaus bewußt, daß ich mich dabei nicht mit der Lehre der Kirche in Einklang befinde. Da irrt leider die Kirche und sie trägt große Schuld an den Konsequenzen dieses Irrtums, an großem Leid, daß sie durch diesen Irrtum Menschen zufügt. Aus meinem Leben: Ich war vor etlichen Jahren beichten. In dem Beichtgespräch kam natürlich auch mein damaliger, mittlerweile gestorbener Mann vor. Und eben auch sein Gesundheitszustand (in drei Jahre 20 Operationen!!!). Allen Ernstes meinte der beichthörende Ordensmann, er könne mich nur lossprechen, wenn ich meinen Mann verlasse. Ich: ich habe nun mein Gewissen erforscht, meine Sünden bereut und bekannt, den Rest überlasse ich dem Allmächtigen, Gelobt sei Jesus Christus - und draußen war ich. Ich kniete noch eine Weile im stillen Gebet vor dem Sanctissimum. Der Ordensmann kam mir nach - ich müsse ihn doch verstehen. Ich: Fein, ich verstehe Sie, und stören Sie nicht weiter meine Zwiesprache mit der Herrgott. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 Um das Thema noch mal grundsätzlich anzugehen: ab wann kann man denn von einer Gewissensentscheidung sprechen? Gibt es existentielle Unterschiede zu Meinungen, Impulsen, Affekten, Gewohnheiten etc.? Wie seht ihr das? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 Das eigene Gewissen wird als moralisches Instrumentarium stark überschätzt. Das Gewissen per se, d.h. ohne Bildung durch das kirchliche Lehramt, ist wertlos, denn es schützt den Menschen nicht vor der Sünde oder hindert ihn gar, die Sünde zu erkennen. Bestes Beispiel: die NS-Verbrecher. Deren verlottertes Gewissen rechtfertigte brutalste Verstöße gegen die Menschlichkeit, die hier nicht wiederholt werden müssen. Abhängig von Ort und Zeit werden die Gewissen verschiedentlich gebildet. Auch der Einfluss der Kultur ist bestimmend für die Ausbildung von Schuldbewusstsein. Was dort als unmoralisch empfunden wird, kann hier die Regel sein. Und vice versa. Daher ist das kulturell-soziologische Gewissen nur sehr bedingt zu moralischem Handeln fähig. Nur das katholisch gebildete Gewissen, ist es wert, dass man sich auf es beruft. Allerdings dürfte dem dergestalt Gebildeten nur selten ein Widerspruch zum Lehramt unterkommen. Vielmehr gilt es, das sentire cum ecclesia, die bereitwillige Zustimmung zur Kirche, ihrer Mission und ihren Gesetzen, zu intensivieren. Saluti cordiali, Studiosus. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Baumfaeller Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 ... Nur das katholisch gebildete Gewissen, ist es wert, dass man sich auf es beruft. ... Widerlegung durch Reductio ad absurdum: Das würde bedeuten, dass Atheisten, die an katholischen Schulen gründlich gelernt haben (*), ein funktionsfähiges Gewissen hätten. Und das wolltest Du sicher nicht sagen, denn Dein Beitrag sagt im Grunde, dass nur lehramtstreue Katholiken ein Gewissen haben können. * Fussnote: Ein Beispiel ist eine high school der Jesuiten hier in der Nähe, wo ungefähr ein Viertel aller Schüler nicht Christen sind, aber alle Schüler alle vier Jahre lang am Religionsunterricht teilnehmen müssen. Und der Religionsunterricht ist intensiv, 5 Stunden pro Woche, ähnlich wie ein Leistungskurs am Deutschen Gymnasium. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 Meine Frage war eigentlich nicht dazu gedacht, irgendwelche Pflöcke einzuschlagen ... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
nannyogg57 Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 Das eigene Gewissen wird als moralisches Instrumentarium stark überschätzt. Das Gewissen per se, d.h. ohne Bildung durch das kirchliche Lehramt, ist wertlos, denn es schützt den Menschen nicht vor der Sünde oder hindert ihn gar, die Sünde zu erkennen. Bestes Beispiel: die NS-Verbrecher. Deren verlottertes Gewissen rechtfertigte brutalste Verstöße gegen die Menschlichkeit, die hier nicht wiederholt werden müssen. Abhängig von Ort und Zeit werden die Gewissen verschiedentlich gebildet. Auch der Einfluss der Kultur ist bestimmend für die Ausbildung von Schuldbewusstsein. Was dort als unmoralisch empfunden wird, kann hier die Regel sein. Und vice versa. Daher ist das kulturell-soziologische Gewissen nur sehr bedingt zu moralischem Handeln fähig. Nur das katholisch gebildete Gewissen, ist es wert, dass man sich auf es beruft. Allerdings dürfte dem dergestalt Gebildeten nur selten ein Widerspruch zum Lehramt unterkommen. Vielmehr gilt es, das sentire cum ecclesia, die bereitwillige Zustimmung zur Kirche, ihrer Mission und ihren Gesetzen, zu intensivieren. Saluti cordiali, Studiosus. Es geht nicht darum, dass wir Irgendjemand folgen müssen. Das ist nicht der Ansatz. Es geht darum, ob wir tatsächlich autonom sind. Das heißt, mit Paulus, ob wir Knechte und Mägde sind, oder freie Kinder Gottes, die ihrer Überzeugung folgen, weil sie den Geist Jesu haben. Der autonom war und auf den wir getauft sind und mit dessen Geist wir gesalbt sind. Mehrfach. Es geht darum, ob wir erwachsen sind und verantwortlich für das, was wir tun, oder ob wir unmündig sind und tun müssen, was andere sagen, und nicht verantwortlich für das, was wir machen. Es geht nicht darum, was wir extern internalisiert haben müssen, es geht darum, ob wir tatsächlich in der Lage sind, ethisch und moralisch autonom zu handeln und die Verantwortung zu übernehmen. Auf dieser Welt gibt es mehr Systeme, die ein externes Verständnis von Moral haben als Solche wie das Unsere, das den Menschen und sein Gewissen tatsächlich ernst nimmt. Es gibt Systeme, in denen die Familie einem sagt, welchen Beruf man ergreifen soll, wen man heiraten soll, wen man betrügen darf, wen man anlügen darf. Und alle diese Systeme sagen, dass nur ein durch sie gebildetes Gewissen ein gutes Gewissen ist. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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