Frank Geschrieben 6. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 6. Juni 2017 (bearbeitet) Das eigene Gewissen wird als moralisches Instrumentarium stark überschätzt. Das Gewissen per se, d.h. ohne Bildung durch das kirchliche Lehramt, ist wertlos, denn es schützt den Menschen nicht vor der Sünde oder hindert ihn gar, die Sünde zu erkennen. Bestes Beispiel: die NS-Verbrecher. Deren verlottertes Gewissen rechtfertigte brutalste Verstöße gegen die Menschlichkeit, die hier nicht wiederholt werden müssen. Abhängig von Ort und Zeit werden die Gewissen verschiedentlich gebildet. Auch der Einfluss der Kultur ist bestimmend für die Ausbildung von Schuldbewusstsein. Was dort als unmoralisch empfunden wird, kann hier die Regel sein. Und vice versa. Daher ist das kulturell-soziologische Gewissen nur sehr bedingt zu moralischem Handeln fähig. Nur das katholisch gebildete Gewissen, ist es wert, dass man sich auf es beruft. Allerdings dürfte dem dergestalt Gebildeten nur selten ein Widerspruch zum Lehramt unterkommen. Vielmehr gilt es, das , die bereitwillige Zustimmung zur Kirche, ihrer Mission und ihren Gesetzen, zu intensivieren. Saluti cordiali, Studiosus. Weitestgehend Zustimmung. Jedoch: Mit Mut mich meines Verstandes zu bedienen kommt bei dir nicht vor. Oder ich erkenn es nicht, dann korrigiere mich! Was Kant einem im Stile eines Trainer vom Spielfeldrand rein ruft, hat meine Mutter pointiert-appelativ formuliert: Du hast den Kopf nicht nur zum Haare waschen! Mein Gewissen in "bereitwilliger Zustimmung zur Kirche" formen ist das eine. Mit dem was Papst/Bischof/Predigt, mit dem was Tradition ist, mit dem was die Bibe sagt mein Gewissen zu kalibriren hilft mir meinen Vogel nicht für den Heiligen Geist zu halten. Auf der anderen stehe ich am Ende des Tages vor meinem Herrn. Letztlich bin ich für meine Handlungen verantwortlich. Nanny hat darauf hingewiesen. Die von dir angesprochenen NS-Verbrecher konnten sich auch nicht hinter ihrer "bereitwilligen Zustimmung zum Führer" (Damals auch "Führerbefehl" genannt) verstecken. Deshalb komme nicht drum rum zu hinterfragen, was das Lehramt sagt. Ist es gut, was der Papst/Bischof/Priester predigt? Ist es gut für mich? Meine Mitmenschen? Ich kann meinen Verstand nicht ausschalten.Nur was wenn ich dann - sei es in einem Detail, sei es im Grundsatz - in einem Widerspruch zum Lehramt komme? "Prüfet alles, das gute behaltet!" Aber was ist das gute? Das kann ich nur mit meinem Verstand, geleitet vom Heiligen Geist herausfinden. Oder wie meine Mutter immer gesagt hat: "Benutz deinen Kopf, dafür hast en!" bearbeitet 6. Juni 2017 von Frank 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Franz Jagerstätter verweigerte den Wehrdienst unter Berufung auf sein Gewissen, obwohl die Aussagen des Lehramtes klar und eindeutig dagegen sprachen Wo genau hat das Lehramt befohlen, einem politischen Machthaber mehr zu gehorchen als Gott? Ist etwa das Wort der Schrift ("Wir müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen") durch eine lehramtliche Entscheidung aufgehoben? Ich kann nicht erkennen, wo Franz Jägerstätter durch sein Handeln gegen das Lehramt verstossen hätte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Sicherer und bequemer wäre es auf jeden Fall, wenn das Lehramt Vorrang vor dem Gewissen hätte Das kann man auch genau umgekehrt sehen. Sicherer und vor allem bequemer ist es, wenn man seine eigenen Entscheidungen über jedes Gesetz und lehramt stellt, weil man es so WILL. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 , das sind wohl diejenigen, welche Mariamante "manche" nannte. Hast Du da konkret Namen und Beispiele? könntest ja mal nachlesen, was die Leute von "Wir-sind- Kirche" so fabrizieren und fabulieren. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Wo genau hat das Lehramt befohlen, einem politischen Machthaber mehr zu gehorchen als Gott? Ist etwa das Wort der Schrift ("Wir müssen Gott mehr gehorchen als den Menschen") durch eine lehramtliche Entscheidung aufgehoben? Ich kann nicht erkennen, wo Franz Jägerstätter durch sein Handeln gegen das Lehramt verstossen hätte. Nach zu seiner Zeit geltenden Lehre war der Wehrdienst verpflichtend. Jagerstätter hat nach intensiver Prüfung und unter Berufung auf sein Gewissen gegen das entschieden, was die Kirche ihm zu tun nahelegte (vorsichtig gesprochen) - weil er auf sein Gewissen (also die Stimme Gottes) hörte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Nach zu seiner Zeit geltenden Lehre war der Wehrdienst verpflichtend. Jagerstätter hat nach intensiver Prüfung und unter Berufung auf sein Gewissen gegen das entschieden, was die Kirche ihm zu tun nahelegte (vorsichtig gesprochen) - weil er auf sein Gewissen (also die Stimme Gottes) hörte. Danke für die Antwort. Die Sache mit dem Töten hat ein kath. Priester namens Johannes Ude aber schon sehr kritisch gesehen. https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Ude Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Das ändert nichts daran, dass Jagerstätter die zuständige Instanz (seinen Bischof) gefragt hat und eine klare Antwort bekam, an die er sich nicht hielt. Dass es auch andere Meinungen gibt, sollte da doch irrelevant sein. Jene Christen, die empfängnisverütende Mittel verwenden, können sich auf hunderte von Bischöfen, Priestern, Diakonen und Laientheologen berufen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Petrus Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Wo genau hat das Lehramt befohlen, einem politischen Machthaber mehr zu gehorchen als Gott? nun, meiner Ansicht nach kann das Lehramt nicht befehlen, einem politischen Machthaber mehr zu gehorchen als Gott. Das ist im Wesen des Lehramts bereits angelegt. Weil, das Lehramt hat (wie der Name schon sagt), das Amt, zu lehren. Und nicht das Amt, zu befehlen. Sonst hieße es ja wohl Befehls-Amt. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 (bearbeitet) Ab wann kann man den "guten Gewissens" behaupten, das Gewissen sei die Stimme Gottes? Muss das Gewissen dazu geschult, also ausgebildet worden sein? Wie lange? Von wem? Passiert das automatisch durch Elternhaus, Schule, Mentalität? Gibt es auch ein ungeschultes Gewissen? Und wie erkennt man das, falls überhaupt möglich? Und ist das Gewissen eines jeden die Stimme Gottes? bearbeitet 7. Juni 2017 von rorro Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 7. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 7. Juni 2017 Ab wann kann man den "guten Gewissens" behaupten, das Gewissen sei die Stimme Gottes? Muss das Gewissen dazu geschult, also ausgebildet worden sein? Wie lange? Von wem? Passiert das automatisch durch Elternhaus, Schule, Mentalität? Gibt es auch ein ungeschultes Gewissen? Und wie erkennt man das, falls überhaupt möglich? Und ist das Gewissen eines jeden die Stimme Gottes? Behaupten kann man das nie, vermuten immer. Die Schulung des Gewissens ist ein lebenslanger Prozess, vielleicht mit einem Training vergleichbar. Wer immer nur tut, was man ihm sagt und nie selbst nachdenkt, der hat kein (geschultes) Gewissen. Über die Folgen seines Handeln nachzudenken schult das Gewissen. Und natürlich gibt es auch ungeschulte Gewissen, wobei ich nicht weiß, wie klein ein Kind sein muß, um schon ein Gewissen zu haben, daß aber noch keine Zeit hatte, geprägt, geschult zu werden. Nicht immer steht hinter dem Gewissen die Stimme Gottes, dazu dürften manche ganz ernsthaften Gewissensentscheidungen verschiedener Menschen zu widersprüchlich zueinander sein. Aber Gott spricht auch durch das Gewissen. Ach ja, ich sagte es schon: Nicht jede Entscheidung ist eine Gewissensentscheidung. Es geht aber andererseits überhauptgarnicht, Anderen, deren Entscheidung man missbilligt, das Gewissen abzusprechen (und z.B. von 'gewissen Entscheidungen' zu sprechen). 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Wenn einerseits nicht jede Gewissensentscheidung die Stimme Gottes widerspiegelt, nicht jede Entscheidung eine Gewissensentscheidung ist, nicht jedes Gewissen von sich behaupten kann geschult zu sein (auch wenn das die Person selbst vielleicht sagt) - es geht ja um geschult und nicht beschult - wie hoch kann man diese Entscheidung dann hängen? Lädt sie nicht ein zu Ausreden und Instrumentalisierung des Gewissensbegriffes? Und ist Schulung des Gewissens ein aktiver oder passiver Prozess? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Das ändert nichts daran, dass Jagerstätter die zuständige Instanz (seinen Bischof) gefragt hat und eine klare Antwort bekam, an die er sich nicht hielt. Könnte es sein, dass Bischöfe eben nicht die Lehre der Kirche vertreten - und dadurch eine klar- irrige Antwort geben? Gerade was die Sache mit dem "gerechten Krieg" angeht hat Jägerstätter eben sehr klar gesehen, dass es KEIN gerechter Krieg ist- der Bischof aber nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Das eigene Gewissen wird als moralisches Instrumentarium stark überschätzt. Das Gewissen per se, d.h. ohne Bildung durch das kirchliche Lehramt, ist wertlos, denn es schützt den Menschen nicht vor der Sünde oder hindert ihn gar, die Sünde zu erkennen. Bestes Beispiel: die NS-Verbrecher. Deren verlottertes Gewissen rechtfertigte brutalste Verstöße gegen die Menschlichkeit, die hier nicht wiederholt werden müssen. Abhängig von Ort und Zeit werden die Gewissen verschiedentlich gebildet. Auch der Einfluss der Kultur ist bestimmend für die Ausbildung von Schuldbewusstsein. Was dort als unmoralisch empfunden wird, kann hier die Regel sein. Und vice versa. Daher ist das kulturell-soziologische Gewissen nur sehr bedingt zu moralischem Handeln fähig. Nur das katholisch gebildete Gewissen, ist es wert, dass man sich auf es beruft. Allerdings dürfte dem dergestalt Gebildeten nur selten ein Widerspruch zum Lehramt unterkommen. Vielmehr gilt es, das sentire cum ecclesia, die bereitwillige Zustimmung zur Kirche, ihrer Mission und ihren Gesetzen, zu intensivieren. Saluti cordiali, Studiosus. Die allermeisten NS-Verbrecher waren sich durchaus bewusst, dass sie nicht richtig handeln. Sie drängten ihr Gewissen beiseite und gehorchten einer Art "Lehramt", das ihnen sagte, es verträte die absolute, höhere Wahrheit, und sie sollten deshalb nicht auf ihr Gewissen hören. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Das ändert nichts daran, dass Jagerstätter die zuständige Instanz (seinen Bischof) gefragt hat und eine klare Antwort bekam, an die er sich nicht hielt. Könnte es sein, dass Bischöfe eben nicht die Lehre der Kirche vertreten - und dadurch eine klar- irrige Antwort geben? Gerade was die Sache mit dem "gerechten Krieg" angeht hat Jägerstätter eben sehr klar gesehen, dass es KEIN gerechter Krieg ist- der Bischof aber nicht. Ja, das könnte sein. Und deswegen soll man ja nicht blind dem Lehramt folgen, sondern besser seinem Gewissen. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 (bearbeitet) Könnte es sein, dass Bischöfe eben nicht die Lehre der Kirche vertreten - und dadurch eine klar- irrige Antwort geben? Das ist eine Aussage, mit der ich durchaus leben könnte. Allerdings sind die Bischöfe Teile des Lehramtes, daher hast Du bei einer solchen Argumentation ein systematisches Problem. Wenn die Bischöfe als Teil des Lehramtes diese Auffassung vertreten, ist es eben die Lehre der Kirche. Gehst Du davon aus, dass sich Teile des Lehramtes irren können, dann stellst Du das Gesamtkonzept des Lehramtes in Frage. Da gefällt mir das Lehramt meiner Kirche (zumindest des hiesigen Bistums) besser: Da wurde nämlich erklärt, dass die schon ultrapeinliche Anbiederung an das Dritte Reich ein Fehler war. Das Problem, dass man damit zwischen "formellem Recht" und "richtig" (in moralischem Sinne) unter Umständen einen Keil treibt (ich erinnere an Filbingers Zitat) würde ich als hinnehmbar ansehen, da dennoch mehr Glaubwürdigkeit besteht. bearbeitet 8. Juni 2017 von Lothar1962 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Chrysologus Geschrieben 8. Juni 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Das ändert nichts daran, dass Jagerstätter die zuständige Instanz (seinen Bischof) gefragt hat und eine klare Antwort bekam, an die er sich nicht hielt. Könnte es sein, dass Bischöfe eben nicht die Lehre der Kirche vertreten - und dadurch eine klar- irrige Antwort geben? Gerade was die Sache mit dem "gerechten Krieg" angeht hat Jägerstätter eben sehr klar gesehen, dass es KEIN gerechter Krieg ist- der Bischof aber nicht. Natürlich kann das sein - und ich meine, dass Teile des Lehramtes in Fragen der Empfängnisverhütung speziell oder der Sexualmoral allgemein genau das tun, weil schon ihre Prämissen falsch sind. Es gibt andere Bischöfe und Fachtheologen, die das kritisieren und damit womöglich eines Tages genau die Rolle einnehmen, die Johannes Ude im Fall Jagerstätter gehabt haben mag. Jagerstätter allerdings hat nicht verschiedene mögliche moraltheologische Postionen herangezogen und verglichen . Er hat auf die Stimme seines Herzens (= Gewissens) gehört, er hat sich bemüht, für sich zu klären, was das denn ist, und daraus die Konsequenzen gezogen und ertragen. Und damit ist er weit überzeugender als die vielen lavierenden Bischöfe und auch der Papst jener Zeit. Am Ende - und so verstehe ich den Beitrag rorros auch - geht es um eine Sicherheit, die es aber leider nicht gibt. Wenn ich mein Tun und Lassen am Ende selbst zu vertreten habe, dann muss ich auch am Ende selbst entscheiden. Das kann mir niemand abnehmen! Und auch dem Rat eines anderen zu folgen ist eine Entscheidung! Die Frage ist doch die, welche Funktion "das Lehramt" (was nebenbei angemerkt eine (womöglich spinnerte) Idee der sich nach Trient entwickelnden Neuscholastik war und einen ziemlichen Traditionsbruch darstellte) hat. Es gab in der katholischen Kirche eine Denkschule, die dem Führerprinzip verblüffend ähnlich sah. Deswegen hatte die Kirche ja nur ein Problem mit dem, was die Nazis machten, Teile der NS-Ideologie waren voll kompatibel. Pius XII. soll gesagt haben, er brauche keinen Staatssekretät, sondern nur Leute, die seinen Willen ausführen. Und so war nicht nur der piobenediktinische Codex, sondern auch die ganze Ekklesiologie gestrickt: Die Kurie erfüllt den Willen des Papstes, die Bischöfe erfüllen den Willen der Kurie, die Pfarrer erfüllen den Willen der Bischöfe usw. Orden waren genau so strukturiert, auch wenn Pius XII. der Bild der Kirche als Leib Christi (in dem er das Hirn war) predigte, faktisch war das Bild der Kirche als göttlicher Armee preußischer Prägung zutreffender. Aber in beiden Fällen galt, dass ein befolgen aller Befehle und Weisungen den Weg in die ewige Seligkeit garantierte, derweil alles andere ins Verderben führte. Ein solches Ideal kommt vollkommen ohne Gewissen aus, respektive ist das Gewissen hier etwas ganz anderes. Es ist nicht mehr der Ort der Gottesbegegnung (die findet organisiert in der Liturgie statt), es ist die Internalisierung der Kommandostruktur. Die Frage ist nicht, wie folge ich meiner Berufung durch Gott, die Frage ist, was würde der Papst sagen. Letzteres ist objektiv festzustellen, ersteres nicht. Und daraus resultieren zwei Probleme: Das autonome Gewissen, in ich vor und mit Gott kläre, was ich tun und wie ich mich verhalten soll, limitiert die Macht der Kirche (und des Klerus) erheblich. Sie kann nicht mehr anweisen, sie kann nur anregen, vorschlagen und hinweisen. Wenn und wo aber das Denken der pianischen Ära nicht überwunden ist (und der von Johannes Paul II. geschätzte Kirchenrechtler Correco verpackt das Führerprinzip nur spirituell, ich vermute, ohne es zu merken), dann taucht hier das Problem auf, dass der "Ungehorsam" der "Untergebenen" dem "Vorgesetzten" anzurechnen ist. Dieses Denken ist unproblematisch für den, der sich auch so versteht - wenn aber jemand das Ideal des frei und aus Überzeugung folgenden Christen mit der Angst verbindet, dass er Verantwortlich ist, wenn sie nicht folgen, dann kann das dramatisch werden. Ich habe zumindest den begründeten Verdacht, dass Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hier nicht mit sich im reinen waren oder sind. Die Alternative sehe ich bei der FSSPX - der Gedanke, dass es außerhalb des kirchlich vorgeschriebenen Heil geben könne, hat sie derart verunsichert, dass ihr Gründer als verurteilter Schismatiker starb. Sie haben nicht los lassen können. Eltern mögen die Situation kennen. Man erzieht Kinder zu einem eigenen Willen, und dann gehorchen sie nicht. Das muss man aushalten, erst recht dann, wenn man die (relative) Katastrophe kommen sieht - egal, ob das die aufgeschürften Knie des Grundschülers, der Kater der Gymnasiastin oder der erste Liebeskummer ist, weil Mr. oder Mrs. Perfect dann doch nicht so vollkommen waren. Man kann versuchen, das vollkommen zu verhindern - um den Preis der Freiheit. Wenn man es nicht zu verhindern sucht, dann muss man soviel Vertrauen in die Kinder haben, dass man das Ergebnis noch auffangen kann. 10 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Sie drängten ihr Gewissen beiseite und gehorchten einer Art "Lehramt", das ihnen sagte, es verträte die absolute, höhere Wahrheit, und sie sollten deshalb nicht auf ihr Gewissen hören. Da ist eine Verfälschung der Tatsachen. Es wurde keinem Lehramt gehorcht, sondern einem Verführer, einem Menschen und Befehlshaber, einem Diktator. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
theresa??? Geschrieben 8. Juni 2017 Autor Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Und das ist die eigentlich interessante Frage: Wie kann ich das eine vom anderen unterscheiden? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Sie drängten ihr Gewissen beiseite und gehorchten einer Art "Lehramt", das ihnen sagte, es verträte die absolute, höhere Wahrheit, und sie sollten deshalb nicht auf ihr Gewissen hören. Da ist eine Verfälschung der Tatsachen. Es wurde keinem Lehramt gehorcht, sondern einem Verführer, einem Menschen und Befehlshaber, einem Diktator. Der Verführer und Diktator behauptete genau das, was das Lehramt auch behauptet: Von Gott eigesetzt und legitimiert zu sein, die höhere und absolute Wahrheit zu verkünden, und den Gehorsam seiner Gläubigen verlangen zu können. Darum habe ich das eine Art Lehramt genannt. Werner Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Wenn die Bischöfe als Teil des Lehramtes diese Auffassung vertreten, ist es eben die Lehre der Kirche. Gehst Du davon aus, dass sich Teile des Lehramtes irren können, dann stellst Du das Gesamtkonzept des Lehramtes in Frage. Wenn sich die Aussagen oder Entscheidungen eines Bischofs allerdings gegen den Glauben der Kirche richten und nicht in Gemeinschaft mit dem Papst agieren, sind sie wohl irregeleitet. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mariamante Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Der Verführer und Diktator behauptete genau das, was das Lehramt auch behauptet: Von Gott eigesetzt und legitimiert zu sein, die höhere und absolute Wahrheit zu verkünden, Das zeigt nur, wie wichtig es ist, die Geister zu unterscheiden und nicht Gott und Satan zu verwechseln. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Wenn die Bischöfe als Teil des Lehramtes diese Auffassung vertreten, ist es eben die Lehre der Kirche. Gehst Du davon aus, dass sich Teile des Lehramtes irren können, dann stellst Du das Gesamtkonzept des Lehramtes in Frage. Wenn sich die Aussagen oder Entscheidungen eines Bischofs allerdings gegen den Glauben der Kirche richten und nicht in Gemeinschaft mit dem Papst agieren, sind sie wohl irregeleitet. Und wie soll denn ich als Otto-Normalgläubiger wissen, ob die Aussagen von Bischöfen als Teil des Lehramtes sich "gegen den Glauben der Kirche" richten? Wenn ich das entscheiden kann, wozu brauch ich dann noch ein Lehramt? Werner 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Wenn sich die Aussagen oder Entscheidungen eines Bischofs allerdings gegen den Glauben der Kirche richten und nicht in Gemeinschaft mit dem Papst agieren, sind sie wohl irregeleitet. Es deutet bezüglich der Sichtweise auf Krieg und Wehrpflicht alles darauf hin, dass die Bischöfe in Übereinstimmung mit dem Papst agiert haben. Zumindest gibt es keinerlei Hinweise auf eine gegenteilige Auffassung. Darüber hinaus hat Werner recht: Damals konnte man das überhaupt nicht nachvollziehen. Bischöfe sind - ohne wenn und aber - Teile des Lehramtes. Sollten sie wirklich etwas vertreten, was absolut nicht "Lehre der Kirche" ist, hätte der Papst intervenieren müssen. Das tat er nicht. Daher musste man davon ausgehen, dass die Bischöfe im Deutschen Reich (zum damaligen Zeitpunkt einschließlich Österreichs) die Lehre der Kirche wiedergeben, wenn sie Gehorsam den staatlichen Stellen, auch den Militärbehörden gegenüber einforderten. Im übrigen sind Angriffskriege erst nach Ende des zweiten Weltkriegs - zumindest in Europa unter dem Eindruck des Desasters - moralisch abgelehnt worden. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 Das zeigt nur, wie wichtig es ist, die Geister zu unterscheiden und nicht Gott und Satan zu verwechseln. Wie recht Du hast - Du stellst letztlich damit fest, dass "der Satan" (was man nun auch darunter verstehen will) im Lehramt der Kirche aktiv ist und eine ganze Epoche in einer bestimmten Weltgegend vergiftet. Und genau dafür - also festzustellen, ob das Lehramt wirklich "richtig" handelt, braucht man das Gewissen. Systemimmanent ist dann halt, dass man dieses "richtig" bzw. "falsch" nur noch individuell feststellen kann. Denn wenn man festgestellt hat, dass das Lehramt nicht mehr richtig lehrt, dann kann es ja auch keine universale Gültigkeit mehr haben. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Petrus Geschrieben 8. Juni 2017 Melden Share Geschrieben 8. Juni 2017 (bearbeitet) Wenn die Bischöfe als Teil des Lehramtes diese Auffassung vertreten, ist es eben die Lehre der Kirche. Gehst Du davon aus, dass sich Teile des Lehramtes irren können, dann stellst Du das Gesamtkonzept des Lehramtes in Frage. Wenn sich die Aussagen oder Entscheidungen eines Bischofs allerdings gegen den Glauben der Kirche richten und nicht in Gemeinschaft mit dem Papst agieren, sind sie wohl irregeleitet. hmm ... welche Aussagen oder welche Entscheidungen welchen Bischofs oder welcher Bischöfe haben sich Deiner Meinung nach gegen den Glauben der Kirche gerichtet, Mariamante? so ganz konkret? fragt Dich Petrus. bearbeitet 8. Juni 2017 von Petrus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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