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Historische vs. psychologische Bibelauslegung


Aleachim

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vor 1 Stunde schrieb nannyogg57:

Eventuell wäre es nett, wenn wir Cäsar und Napoleon mal rauslassen, einfach deshalb, weil in diesem Thread keiner so doof ist, mit Cäsar zu argumentieren. Von dem haben wir Schriften und es gibt nur einen Grund, an ihnen zu zweifeln, nämlich, dass ihre Lektüre meist so langweilig wie das Lesen eines Telefonbuches vermittelt wird. Und Napoleon - ich habe hier nicht vor, 90 % der Menschheit auszurotten, weil man ihre Existenz nicht glasklar beweisen kann (habe ich schon das Wort Wahrscheinlichkeit verwendet). Sicherlich wäre es wünschenswert, es hätte Napoleon oder Hitler oder Stalin nicht gegeben, aber Geschichte ist kein Wunschkonzert.

 

Insgesamt aber drängt sich mir in Anbetracht dessen, dass ich weiß, wo die kleinen Babys herkommen, der Verdacht auf, dass wir Vorfahren gahabt haben müssen. Die für die Geschichtswissenschaft nicht existieren. Haben Geschichtswissenschaftler einen anderen Biologieunterricht als andere Leute oder was?

 

Oder gilt das nur für Leonidas?

 

Dass eine Wirkung eine Ursache haben muss, ganz einfach. Und dass es dafür Erklärungen gibt, wovon, zugegebenermaßen die Theorie, die Welt sei ersten letzten Dienstag entstanden, wohl möglich, aber recht, ja, wie sag ich's, unwahrscheinlich ist.

 

 

Und wo war jetzt das Argument? 

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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Dagegen sind weltanschauliche Diskussionen, die ich hier erlebt habe, voll von Versuchen, übernatürliche Vorstellungen dadurch zu rechtfertigen, daß man die Möglichkeit von naturalistischen Erkenntnissen in Zweifel zieht, oder kurz: es wird immer wieder versucht, Glauben als Welterklärung dadurch zu rechtfertigen, daß man auf die scheinbare Beliebigkeit wissenschaftlichen Wissens verweist. 

 

Ich dagegen denke, daß Glauben und Wissen zwei ganz unterschiedliche Ebenen sind, Wissen ein gesellschaftliches Orientierungsmittel, Glaube (selbst wenn im Verein betrieben) eine persönliche Vorstellung zur individuellen Sinnstiftung. Überall, wo diese beiden vermengt werden, wird man auf meinen Widerspruch treffen.

 

 

Hierin besteht Dein Denkfehler: bei der Suche nach dem historischen Jesus geht es NICHT um eine Erklärung oder gar Belegung von Wundergeschichten. Es geht um den Mann, um den herum sich diese Geschichten ranken. Die Existenz der Geschichten sind Fakten. (Es sei denn, man glaubt an eine Zeitmaschine im Vatikankeller, um deren Datierung zwischen NannyOgg und mir sehr große Differenzen bestehen. Aber auch dann wären diese Geschichten existent und die Zeitmaschine ist nur eine Erklärung, wie diese in die Zeit kamen)

 

Es ist Suche nach dem ergebnisoffenen Kern der Story. Nicht mehr, nicht weniger. Sinnstiftung ist nicht Teil der Agenda.

 

Und die Tatsache, dass die Frage so gestellt wird, ist den Studiosi dieser Welt so unangenehm wie Dir: Es stört und bedroht ein Weltbild und die Argumentation. Es tut das exakte Gegenteil von dem was Du unterstellst: es sägt am Ast des Glaubens wie er ihn kennt. Dass Glauben und Wissen hier klar getrennt wird, lässt ihn auf Deine Seite springen.

bearbeitet von Higgs Boson
raucherpause
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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Ach ne, ich dachte, es ginge dir nicht um ein Weltbild! Auf einmal doch? Versuche nicht, mich für noch blöder zu halten, als ich sowieso schon bin!

 

Ja. Das von Dir und Studiosus.

 

Dein Weltbild: Dass Gläubige nur glauben können, Glauben und Wissen nicht unterscheiden können, zu wissen glauben und glauben weil sie zu wissen vermeinen.

 

Das ist falsch.

 

So einfach ist das.

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vor 1 Minute schrieb Higgs Boson:

 

Ja. Das von Dir und Studiosus.

 

Dein Weltbild: Dass Gläubige nur glauben können, Glauben und Wissen nicht unterscheiden können, zu wissen glauben und glauben weil sie zu wissen vermeinen.

 

Das ist falsch.

 

So einfach ist das.

 

Ich reagiere nur auf das, was ihr schreibt. Ich bestreite, daß eure Aussagen etwas mit "Historie" im Sinne von Geschichtswissenschaft zu tun haben, denn damit kenne ich mich aus. Ich vermute, daß es etwas mit Theologie zu tun hat, aber das weiß ich nicht, denn damit kenne ich mich nicht aus. DAS ist einfach. Mir ein "Weltbild" zu unterstellen, ist es nicht, denn das müßtest du belegen, was du nicht kannst. Pech! Aber niemand hat dir versprochen, daß das Leben ein Ponyhof ist. ;)

 

Marcellinus, der das Thema endgültig leid ist.

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vor 1 Stunde schrieb Higgs Boson:

 

Ja. Das von Dir und Studiosus.

 

Dein Weltbild: Dass Gläubige nur glauben können, Glauben und Wissen nicht unterscheiden können, zu wissen glauben und glauben weil sie zu wissen vermeinen.

 

 

Wenn Du mit diesem unterstellten "Weltbild" mich einschließt, dann muss ich Dir dringend raten, meine Beiträge zu lesen. Also zu lesen, was dort steht, nicht was Du denkst, was da stünde. Dann wirst Du - hoffentlich - feststellen, dass diese Beschreibung auf mich (und Marcellinus wahrscheinlich ebenso) nicht zutrifft. 

 

Des Weiteren erachte ich es als übergriffig, Standpunkte für andere Diskussionteilnehmer zu formulieren bzw. diese mit bestimmten Positionen in Verbindung zu bringen, die sie so nie geäußert haben und mehr Projektion als Deskription darstellen. Aber das obliegt dem Entschluss des Einzelnen inwieweit er eine faire Diskussionskultur pflegen will. Von unberufenen Ferndiagnosen, die anderen sagen, was sie in den Augen des Diagnostikers wirklich denken, halte zumindest ich nichts. Da geht Fragen vor Urteilen. 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Wenn Du mit diesem unterstellten "Weltbild" mich einschließt, dann muss ich Dir dringend raten, meine Beiträge zu lesen. Also zu lesen, was dort steht, nicht was Du denkst, was da stünde. Dann wirst Du - hoffentlich - feststellen, dass diese Beschreibung auf mich (und Marcellinus wahrscheinlich ebenso) nicht zutrifft. 

 

Des Weiteren erachte ich es als übergriffig, Standpunkte für andere Diskussionteilnehmer zu formulieren bzw. diese mit bestimmten Positionen in Verbindung zu bringen, die sie so nie geäußert haben und mehr Projektion als Deskription darstellen. Aber das obliegt dem Entschluss des Einzelnen inwieweit er eine faire Diskussionskultur pflegen will.

 

 

Nein, Du teilst nicht dieses Weltbild.

 

Bei dir ist es die Ablehnung der Suche nach dem historischen Jesus, der sich nicht mit dem Dogmatischen deckt.

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vor 11 Minuten schrieb Higgs Boson:

 

Nein, Du teilst nicht dieses Weltbild.

 

Bei dir ist es die Ablehnung der Suche nach dem historischen Jesus, der sich nicht mit dem Dogmatischen deckt.

 

Damit ich - in Bezug auf das, was ich teile oder nicht - auch einmal selbst zu Wort komme, möchte ich präzisieren: Ich lehne die "Suche" oder eher das referenzlose Forschen nach dem historischen Jesus durch katholische Theologen ab. Der Referenzrahmen sind für mich hierbei die Dogmen der katholischen Kirche. Alles andere lehne ich ab. Ja. Das gebe ich unumwunden zu und sehe keinen Grund das zu verheimlichen. 

 

Der althistorischen Forschung, von Historikern vorgenommen, die sich mit der geschichtlichen Person oder Nicht-Person des Juden Jesus von Nazareth ohne Bezug auf ein Glaubenssystem befasst, stehe ich offen gegenüber.

 

Diesen Punkt wollte ich nur nochmals klar machen.

 

Und ob Marcellinus' Standpunkt mit deiner obigen Definition wirklich getroffen ist weiß ich nicht zu sagen.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Der althistorischen Forschung, von Historikern vorgenommen, die sich mit der geschichtlichen Person oder Nicht-Person des Juden Jesus von Nazareth ohne Bezug auf ein Glaubenssystem befasst, stehe ich offen gegenüber.

 

Ok, da kann ich mitgehen und wir sind uns einig.

 

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil.

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vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

 

Ich bestreite, daß eure Aussagen etwas mit "Historie" im Sinne von Geschichtswissenschaft zu tun haben, denn damit kenne ich mich aus.

 

Das bezweifle ich keinen Augenblick. Meine Frage an Dich war absolut ernst gemeint, Deine Antwort hat mir geholfen, ein Stück zu verstehen. Die Evangelien sind Quellen, sie müssen sich der Quellenkritik unterwerfen, doch ist ihre Existenz auch gleichzeitig ein Fakt, und so gut und so schlecht wie alle Quellen, die auf Hörensagen plus persönlicher Vorlieben basieren.

 

Sie einfach nur deshalb zu verwerfen, weil sie auch gleichzeitig Grundlage eines Glaubenssytems sind, zeugte von unwissenschaftlicher Voreingenommenheit.

 

vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

Ich vermute, daß es etwas mit Theologie zu tun hat, aber das weiß ich nicht, denn damit kenne ich mich nicht aus.

 

Theologie (wissenschaftlich an Unis) hat mitunter verdammt wenig mit Glauben zu tun. So wenig, dass in freikirchlichen Gemeinden häufig mit der Beschäftigung derselben abgeraten wird. Glaub mir, damit kenne ich mich aus. Nicht umsonst grenzt NannyOgg freikirchliche Seminare von wissenschaftlich arbeitenden Exegeten ab.

 

Merke: Gläubige unterscheiden sich in ihren Auffassungen bisweilen so grundsätzlich wie Atheisten voneinander.

 

Leider ist das nicht so einfach, aber ein weiser Mann meinte mal, das Leben sei kein Ponyhof.

bearbeitet von Higgs Boson
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Nun, Marcellinus, du berufst dich auf deine Autorität als Geschichtswissenschaftler. Es ist tatsächlich nicht so einfach, den akademischen Grad, das erworbene universitäre Wissen in einem Forum nicht raushängen zu lassen. Frag mich, ich bin Theologin und wir sind hier in einem katholischen Forum. Man ist des Diskutierens müde, man weiß nicht, wie tief man in die Sache hineingerät, aber man weiß, dass sie tief ist, das hat man ja studiert.

 

Es gibt zwei Gründe zu diskutieren: Um Erkenntnis zu gewinnen oder um Recht zu haben.

 

Ich diskutiere hier um an meine Grenzen zu kommen, um Gewissheiten zu prüfen, sie zu hinterfragen. Und gelegentlich ergibt sich daraus, dass ich Recht oder Unrecht habe.

 

In diesem Thread diskutiere ich nicht um Recht zu haben. Ich suche nach schlagkräftigen Gegenargumenten gegen die These, dass es einen (!) historischen Jesus gegeben haben könnte.

 

Und, wie es scheint, gibt es zwar Gegenargumente, aber die sind nicht schlagkräftig. Gelegentlich heben sie sich sogar gegenseitig auf. 

 

Ich muss also leider, sorry, konstatieren, dass es keine signifikanten Hinweise gibt, dass es keinen Jesus oder deren mehrere gegeben hat. Es handelt sich bei diesen Thesen um Spekulationen.

 

Im Wettbewerb der Spekulationen scheint die These, dass es einen (Zahlwert=eins) Jesus gab, irgendwie die Nase vorn zu haben.

 

Wie gesagt, ich hatte Vorfahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht Bauern waren, ist ziemlich gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass meine Vorfahren Bayern waren (obwohl ich da wohne) ist geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass Polen unter meine Vorfahren zu zählen sind und eventuell Juden.

 

Ich hatte Vorfahren, das ist Fakt. Sonst gäbe es mich nicht. Und was ihre Herkunft betrifft, ergeben sich wiederum Wahrscheinlichkeiten.

 

Erst wenn ich meine Ahnenlinie mit Ludwig II. verbinden würde (OMG), dann kamen wir irgendwie in mythologische Bereiche.

 

Was im übrigen ja auch mit Jesus gemacht wurde, nur dass man ihn mit David verband, was im Vergleich zu Ludwig II. viel cooler ist.

 

Aber wenn ich  mit Ludwig II. (OMG) verbunden würde  - gäbe es mich dann nicht mehr?

 

 

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vor 8 Stunden schrieb nannyogg57:

Nun, Marcellinus, du berufst dich auf deine Autorität als Geschichtswissenschaftler. [...]

In diesem Thread diskutiere ich nicht um Recht zu haben. Ich suche nach schlagkräftigen Gegenargumenten gegen die These, dass es einen (!) historischen Jesus gegeben haben könnte.

 

Nein, eigentlich berufe ich mich nur darauf, daß ich mich mit diesem Fach ein wenig auskenne. Ob ich diskutiere, um Recht zu behalten? Ich halte die Debatte über Motive für noch schwieriger als die über Inhalte. Aber der eigentliche Grund, warum ich deinen Post gut finde, er gibt mir die Möglichkeit, etwas zu wiederholen, was ich schon einmal geschrieben habe (aber wohl nicht deutlich genug):

 

Ich behaupte nicht, daß es einen historischen Jesus gegeben hat. Ich behaupte auch nicht, daß es ihn nicht gegeben hat. Ich behaupte nur, daß wir nicht genügend über diese Person wissen, um irgendwelche auch nur halbwegs sicheren Aussagen über sie machen zu können, nicht einmal über ihre Existenz. Da gleichzeitig ziemlich sicher ist, daß diese Person, wer immer es war, kaum Einfluß auf das entstehende Frühchristentum gehabt hat, kann die Geschichtswissenschaft nichts anderes tun, als dieses Nichtwissen festzustellen, solange es besteht. Und auf Nichtwissen beruhende Spekulationen sind einfach nicht "historisch". 

 

Im Gegensatz ist die Bedeutung dieser Person Jesus/Christus (was schon an sich keine historische Person mehr ist) für Glauben und Theologie immens. Nur sollten die Theologen solche Aussagen nicht "historisch" nennen. Es kommen dann nämlich Aussagen heraus von der Art: "Wir wissen nicht, wer dieser Jesus war, oder ob er überhaupt war, aber sicher hatte er keine Geschwister".

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vor 27 Minuten schrieb Marcellinus:

Da gleichzeitig ziemlich sicher ist, daß diese Person, wer immer es war, kaum Einfluß auf das entstehende Frühchristentum gehabt hat

Für eine solche Aussage (falls Du da den fiktiven(?) Paulus im Kopf hast o.ä.) hätte ich aber eigentlich auch gern Belege, die Deinen Kriterien entsprechen, also außerneutestamentliche Texte zB. - oder zumindest eine Benennung, wer denn Deiner Ansicht nach diesen Einfluß gehabt hat und wie Du das schlüssiger belegen kannst als die These (dass es eine Person Jesus von Nazareth exisitert hat, die eine religionsgründende Bewegung in Absetzung vom Judentum ausgelöst hat), die Du ablehnst.

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Es gibt Sachen, da weiß man echt die Antwort nicht und jede Antwort ist eine Spekulation so gut wie die andere:

 

Man weiß nicht, woher die Legende vom Osterhasen kommt.

Man weiß nicht, warum Freising einen Mohr im Wappen hat.

Man weiß nicht, woher die Backpfeife in der Firmung kam.

 

Ich sammle solche Sachen gern. Und natürlich ist der Hang der Menschen, Antworten zu suchen faszinierend. Ich bringe meinen SchülerInnen gerne bei, dass bei manchen Fragen die allseits beliebte Schülerantwort "Weiß ich nicht!" die einzige korrekte Antwort ist.

 

Solange sich die Quellenlage nicht ändert und Archäologie oder neu entdeckte schriftliche Quellen nichts Neues hervorbringen, bleiben die Antworten im Dunkel der Geschichte verborgen.

 

Diese Sachen sind aber zu unterscheiden von begründeten Annahmen. Was Jesus betrifft, so hat er, ich erwähnte es schon, zwar keine Familie, die man, wie bei Leonidas, ins Feld führen kann, doch tatsächlich einen Bruder. Man hat nicht dessen Grab gefunden, aber er wird in drei verschiedenen Quellen erwähnt: Paulus, Lukas und Josephus Flavius. Was dem Leonidas Recht ist, das darf auch Jesus Recht sein: Wenn dreimal der Bruder eines Mannes erwähnt wird, noch dazu in dem Kontext, dass der Bruder wichtiger ist als die erwähnte Person, der bringt IMHO eher die Leute in Erklärungsnotstand, die die Auffassung vertreten, betreffenden Bruder hätte es nicht gegeben oder er wäre zwei verschiedene Brüder.

 

Als Studiosus hier den katholischerweise zu erwartenden Aufschrei tat, dass Jakobus per biologisches Gesetz das Dogma der Jungfräulichkeit Mariens infrage stellen würde und praktisch kraft Dogma gar nicht existieren könne, argumentierte er übrigens nicht mit irgendwelchen historischen Fakten. Ich persönlich würde ihm ja empfehlen, hier einfach auf eine Patchworkfamilie zu spekulieren. 

 

Eine der interssantesten Brüche in den Quellen, die uns das NT bietet, finde ich gerade den Unterschied zwischen den paulinischen Schriften und den Evangelien. Obwohl später entstanden, haben die Evangelien einen urwüchsigeren Duktus. Ohne Frage greifen sie auf Quellen, mündlich oder schriftlich zurück, die Paulus nicht zur Verfügung standen oder ihn nicht interessierten. Aber sie schreiben keine Tendenz fort, sie greifen weit zurück. Eine Erklärung ist, und ich wage sie hierzu äußern, weil ich mir schon länger dachte, das könnte es sein, und jetzt habe ich sie auch bei Stegemann gefunden: Die Sicherung der Existenz Jesu gegen doketistische und gnostische Tendenzen.

 

Ich kenne mich in den Quellen und in der entsprechenden Literatur nicht nur ein wenig aus, ich kenne mich verdammt gut aus. Ich kann eine reine Spekulation (Jesus wurde am 6.7. geboren), von einer gewagten These (eventuell berief Jesus Ehepaare), von einer guten Theorie (Lk 10,16 bezieht sich auf Jesu Zeit in der Wüste und Johannes war sein Lehrer) und historisch sicheren Fakten (Kreuzigung) unterscheiden.

 

Ich kenne mich verdammt gut aus, weil ich Christin bin und der historische Jesus mich wirklich viel mehr interessiert als Leonidas oder Sokrates. Da hast du Recht, Marcellinus. Aber Wissen oder Vermutungen von Glauben oder Vertrauen unterscheiden können, ist etwas, das nicht nur A&As können.

 

"Jesus hatte keine Geschwister ist etwas" das wir definitiv nicht wissen können, weil es historisch unzutreffend ist. Es ist von allem, was wir historisch über Jesus wissen können, neben der Kreuzigung, tatsächlich eine sichere Sache, dass er einen Bruder hatte. Was ich hier schon mal erwähnte. Dass du mir damit zu kommen versucht hast, spricht nicht dafür, dass du tatsächlich darüber Bescheid weißt, wo die Exegese derzeit steht.

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vor 1 Stunde schrieb gouvernante:

Für eine solche Aussage (falls Du da den fiktiven(?) Paulus im Kopf hast o.ä.) hätte ich aber eigentlich auch gern Belege, die Deinen Kriterien entsprechen, also außerneutestamentliche Texte zB. - oder zumindest eine Benennung, wer denn Deiner Ansicht nach diesen Einfluß gehabt hat und wie Du das schlüssiger belegen kannst als die These (dass es eine Person Jesus von Nazareth exisitert hat, die eine religionsgründende Bewegung in Absetzung vom Judentum ausgelöst hat), die Du ablehnst.

 

Das Christentum hat sich über mindestens 300 Jahre entwickelt. Im den ersten Jahrzehnten war das Christentum (das auch noch nicht so hieß), eine von vielen jüdischen Sekten. Die Absetzung vom Judentum erfolgte erst nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels. Da beginnt die eigentliche Entwicklung des Christentums erst, und die Einflüsse sind so zahlreich wie die neu hinzugekommenen Gläubigen, die natürlich alle ihre jeweiligen Glaubensvorstellungen mitbrachten. Das macht ja die frühchristliche Zeit so bunt und für den Historiker so interessant.

 

Und - zum einhundertdrölfzigsten Male - ich lehne eine Person Jesus nicht ab; es fehlen nur alle Belege, die uns ermöglichen würden, ihr irgendwelche Eigenschaften zuzuweisen. Wir wissen einfach nichts über sie, weder positiv noch negativ, haben aber gleichzeitig unendlich viel von ihr gehört. Dieser Konflikt zwischen fehlenden Fakten und überreichlichem Hörensagen ist der Grund für unsere asymmetrische Debatte.

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Und ich bestreite aus guten Gründen deine Behauptung, dass wir nichts vom historischen Jesus wüssten. Denn mit Gewissheit können wir annehmen, dass er einen Bruder namens Jakobus hatte.

 

 

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vor 7 Minuten schrieb nannyogg57:

Und ich bestreite aus guten Gründen deine Behauptung, dass wir nichts vom historischen Jesus wüssten. Denn mit Gewissheit können wir annehmen, dass er einen Bruder namens Jakobus hatte.

 

 

 

Ich schreibe gerade an einem Beitrag zum "Bruder" des Herrn. Wärst Du später, wenn er fertig ist, bereit unvoreingenommen auf diesen einzugehen? Sonst lasse ich es vielleicht doch lieber.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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@nannyogg57

 

Zum Testimonium Flavianum wäre mehr zu sagen, und daß man nichts genaues weiß, ist wohl eine treffende Zusammenfassung. Mich interessiert die Geschichte des Christentums, und zwar nicht einmal an sich, sondern als Teil der Geschichte der griechisch-römischen Antike. Einzelne Personen sind dabei zunehmend weniger von Interesse. Das ist nun mal der aktuelle Stand der historischen Forschung, von Caesar, Augustus oder Konstantin vieleicht einmal abgesehen.

 

Die Person Jesus ist sicher für gläubige Christen von Interesse. Das habe ich nicht bestritten. Allerdings behaupte ich, daß das nichts mit Historie zu tun, sondern der Einfluß der überlieferten Geschichten ist. Von historischer Bedeutung ist sie nicht.

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Und hier kommt genau der historisch-kritisch arbeitende Teil der Exegese ins Spiel, der zwar an den theologischen Fakultäten angesiedelt ist, jedoch da, wo er ordentlich arbeitet, aus Sicht der Historiker satisfaktionsfähig ist (ähnliches kann man in den theologischen Subdisziplinen Pastoralsoziologie, Kirchen- und Rechtsgeschichte oder Philosophie beobachten). Wir haben Texte, aus denen man manches über die Entstehung frühen Christentums, die da vorhandenen Lager und Auseinandersetzungen, die geographische Ausbreitung und die Rezeptionen anderen Denkens entnehmen kann. Und zwar streng mit den Mitteln der  historischen Wissenschaften, dafür muss man nichts glauben.

 

Alle diese frühchristlichen Gruppen berufen sich in irgend einer Form auf eine in der Geschichte gewirkt habende Person, auch das ist unstreitig, es fehlen weiterhin alle Belege dafür, dass jemand seine Existenz in Abrede gestellt hätte. Ob ein solcher Beweis ex negativo trägt, wäre zu klären, angesichts der zweifelsohne großen Bedeutung der Person Jesu (nicht nur) für das frühe Christentum darf man allerdings vermuten, dass eine ernsthafte Behauptung seiner Nonexistenz Spuren hinterlassen hätte.

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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Die Person Jesus ist sicher für gläubige Christen von Interesse. Das habe ich nicht bestritten. Allerdings behaupte ich, daß das nichts mit Historie zu tun, sondern der Einfluß der überlieferten Geschichten ist. Von historischer Bedeutung ist sie nicht.

Keine Frage, es geht hier aber nicht um das Aufzeigen einer historischen Bedeutung, sondern um den Nachweis einer historischen Existenz. Aus römischen, ägyptischen und anderen Grabinschriften kann ich die historische Existenz so mancher Soldaten , Kaufleute oder was auch immer nachweisen, die ohne jede historische Bedeutung sind, allerdings immer unter der Prämisse, dass der Auftraggeber des Grabsteines eines realen Menschen gedenken wollte und nicht die Absicht hatte, zukünftige Historiker zu narren.

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vor 8 Minuten schrieb Studiosus:

 

Ich schreibe gerade an einem Beitrag zum "Bruder" des Herrn. Wärst Du später, wenn er fertig ist, bereit unvoreingenommen auf diesen einzugehen? Sonst lasse ich es vielleicht doch lieber.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Kannst du machen. Ich habe aber schon erwähnt, dass die Existenz des Jakobus den Glauben an die Jungfräulichkeit Mariens nicht tangieren muss. Und ob er jetzt leiblicher Bruder, Halbbruder, Stiefbruder oder Cousin war, das ist im wahrsten Sinne Spekulation und weder zu klären und für mich auch nicht klärenswert. 

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