Lothar1962 Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 12 Minuten schrieb elad: hier scheiden sich unsere geister, ich gebe gebe gerne zu, dass es meinem geist an intelligenz mangelt Dann mangelt es meinem Geist auch an Intelligenz. Auch mir fällt es schwer, zu anzunehmen, dass Luther nicht genau wusste, wie die Rezeption seiner Worte sein wird. Und dies ist für mich die Voraussetzung, zwischen dem von Luther geschriebenen Wort und der Rezeption zu trennen. Denn ich wüsste nicht, warum man das trennen sollte, wenn Luther das intendiert hat, was aus seinen Worten herausgelesen wurde. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
elad Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 7 minutes ago, tribald said: Sorry, aber mit Bibel oder Thora Sprüchen bin ich nicht so bewandert. Was heißt das denn? fragend.................tribald nach meiner bibel: lukas 19,41 - 48 mein christlicher nachbar meint uebrigens, es sei gefaehrlich sich mit jemandem anzulegen, der mehrere bibeluebersetzungen besitzt vorsicht ist geboten !!!!!!!!!!!!!!!!!! Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
elad Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 3 minutes ago, Lothar1962 said: Dann mangelt es meinem Geist auch an Intelligenz. Auch mir fällt es schwer, zu anzunehmen, dass Luther nicht genau wusste, wie die Rezeption seiner Worte sein wird. Und dies ist für mich die Voraussetzung, zwischen dem von Luther geschriebenen Wort und der Rezeption zu trennen. Denn ich wüsste nicht, warum man das trennen sollte, wenn Luther das intendiert hat, was aus seinen Worten herausgelesen wurde. lassen wir es dabei bleiben, meiner bescheidenen meinung nach weiss jemand, der die obrigkeit dazu auffordert, eine bestimmte bevoelkerungsgruppe aus der gemeinschaft auszustossen, ganz genau was das fuer die betreffende gemeinschaft bedeutet. der christliche antisemitismus war zu zeiten luthers bereits 1200 jahre alt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dale Earnhardt Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 3 Stunden schrieb elad: aufruf an die obrigkeit den juden keinen schutz, noch schirm noch geleit noch gemeinschaft zu bieten = d.h. die juden aus der menschlichen gemenschaft auszuschliessen google mal ein bisschen in sachen europaeischer rechtssprechung zur zeit luthers. uebrigens google mal unter "wannsee protokolle", kein wort von auschwitz, massenmord, medizinischen exprimenten, mord durch sklavenarbeit, alles schoene umschreibungen wie ueberweisung, ueberstellung, verschickung usw. wer verstehen sollte, hat verstanden @ Alfons: Ist es so schwer zuzugeben, dass man sich geirrt hat? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 22 Minuten schrieb elad: wie waere es mit der erklaerung: mein blut komme ueber euch und eure kinder Das ist keine Erklärung (außerdem ist es falsch: "SEIN Blut komme..." heißt es). Das ist eine Folge. Reingeschrieben mit dem Zweck, die Gottesmord-Theorie abzusichern, die Römer zu bauchpinseln (indem man sie schon fast auf geschmacklose Weise freispricht) und den Juden als Sündenbock die Schuld aufzugeben. Wenn man nach einer Erklärung sucht, muss man vorher suchen. Falls mich jemand danach fragen sollte: Nicht alles, was in der Bibel steht, ist vom Heiligen Geist inspiriert (wie sollte es auch so sein - nur der Papst ist manchmal unfehlbar, nicht aber die Schriftsteller der biblischen Texte), manches ist auch von außergewöhnlicher Boshaftigkeit geprägt. bearbeitet 30. Oktober 2017 von Lothar1962 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 3 Minuten schrieb elad: meiner bescheidenen meinung nach weiss jemand, der die obrigkeit dazu auffordert, eine bestimmte bevoelkerungsgruppe aus der gemeinschaft auszustossen, ganz genau was das fuer die betreffende gemeinschaft bedeutet. Dem widerspreche ich nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
tribald Geschrieben 30. Oktober 2017 Autor Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 1 Minute schrieb Dale Earnhardt: @ Alfons: Ist es so schwer zuzugeben, dass man sich geirrt hat? Nun, Dale, Alfons ist Atheist. Wie du ja weißt, sind Atheisten grundsätzlich nicht in der Lage irgendwas zuzugeben, was nicht in ihren Kram past. Iss halt so mit denen. schmunzelnd schuldbewusst guckend....................tribald Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
MartinO Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 21 Minuten schrieb elad: wie waere es mit der erklaerung: mein blut komme ueber euch und eure kinder Das wäre keine Erklärung für Antisemitismus außerhalb des christlichen Kulturkreises. Ich denke eher, dass eine Gruppe, die sich - wodurch auch immer - deutlich von ihrer Umgebung abhebt, tendenziell bei Unruhen, Seuchen, Katastrophen etc. verantwortlich gemacht wird. Das galt für die ersten Christen im antiken Rom (feierten römische Feste nicht mit und verweigerten den Kaiserkult) für die Juden in christlichen und islamischen Ländern, für die Sinti und Roma und für viele andere. Das wäre auch ein Argument dafür, warum Antisemitismus im Osmanischen Reich nach 1800 zunahm: Solange die Türken sich sicher fühlten, duldeten sie die Kuffarim (unter den bekannten Bedingungen der Scharia). Auch im christlichen Europa scheint es im Früh- und Hochmittelalter wenige Pogrome gegeben zu haben. Eine Wende zum Negativen brachte nicht Luther, sondern die Pest. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor einer Stunde schrieb tribald: Sorry, aber mit Bibel oder Thora Sprüchen bin ich nicht so bewandert. Was heißt das denn? fragend.................tribald Interpretation1: Die Strafe dafür, daß wir Jesus ermordet haben, komme über uns. Interpretation2: Jesu Opfer erlöse auch uns. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 15 Minuten schrieb Flo77: Interpretation1: Die Strafe dafür, daß wir Jesus ermordet haben, komme über uns. Interpretation2: Jesu Opfer erlöse auch uns. Wie wahrscheinlich ist die Interpretation 2 ? Natürlich unter der Voraussetzung, dass der Satz genau so gefallen ist, wie er in der Bibel steht (und er nicht mit einem bestimmten Ziel hineingedichtet wurde). Oder - noch präziser: Wie wahrscheinlich ist es, die Interpretation 2 auf Anhieb aus dem Zusammenhang herauszulesen? bearbeitet 30. Oktober 2017 von Lothar1962 War noch nicht fertig Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 30. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 30. Oktober 2017 vor 1 Stunde schrieb tribald: Nun, Dale, Alfons ist Atheist. Wie du ja weißt, sind Atheisten grundsätzlich nicht in der Lage irgendwas zuzugeben, was nicht in ihren Kram past. Iss halt so mit denen. schmunzelnd schuldbewusst guckend....................tribald Ich weiß schon, warum ich mich nicht Atheist nenne. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 15 Stunden schrieb tribald: Dein Einsatz hier einen schlimmen Finger nachträglich reinwaschen zu wollen ist schon mehr als peinlich. Aber gut, das ist für Atheisten deiner Art vielleicht ganz normal. Meine Religionszugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit ist für Dich ein Argument in einer sachlichen Debatte? An dir hätte der Herr Luther ja seine wahre Freude. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 14 Stunden schrieb Dale Earnhardt: @ Alfons: Ist es so schwer zuzugeben, dass man sich geirrt hat? Bitte? Unter der Voraussetzung, dass du deine Fähigkeit, Sachargumente zu beurteilen, noch nicht vollständig verloren hast, hier noch einmal der Kern der Debatte: Von Elad wurde behauptet, Luther habe „zum Mord der Juden aufgerufen“. Als ich ihn bat, das zu belegen, ist er auf „für vogelfrei erklärt“ ausgewichen. Als ich ihn bat, dies wenigstens zu belegen, hieß es, das habe Luther nicht wörtlich geschrieben, aber gemeint, und das habe man damals auch so verstanden. Ein Beweis für diese beiden Behauptungen – erstens: so gemeint, zweitens: so verstanden – kam nicht. Hast du einen? 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 31. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 17 Stunden schrieb Aristippos: vor 19 Stunden schrieb Alfons: Martin Luthers "Von den Juden und ihren Lügen" ist eine widerliche Streitschrift. Aber er hat nie zum Mord an Juden aufgerufen. Alfons Nicht an allen Juden. Sondern nur an ein paar, um ein Exempel zu statuieren: Ich bin jetzt wirklich sauer, dass ich wegen Dir und ein paar anderer User, die hier fröhlich nach dem Motto „Ich habe zwar wenig Ahnung, aber viel Meinung“ posten, genötigt bin, mich nach Jahren noch einmal mit diesem widerlichen Luther-Pamphlet „Über die Juden und ihre Lügen“ zu befassen. Das Ergebnis meiner Überprüfung hier schon einmal vorab: Martin Luther hat, wie ich das auch im Kopf hatte, nie zum Mord an Juden aufgefordert. Das gibt der Text nicht her und das ist in der Forschung, soweit ich sie auf die Schnelle einsehen konnte, auch unumstritten. Auch ohne das ist der Text allerdings, wie ich bereits geschrieben habe, schrecklich genug. Zum Verständnis der Debatte halte ich es für notwendig, die Situation der Juden im Spätmittelalter zumindest anzudeuten. Fundament der abendländischen Gesellschaft im Mittelalter war die Vorstellung einer christlichen Welt als „Corpus christianum“, mit dem Papst und dem Kaiser an der Spitze, in dem das ganze Leben vom christlichen Glauben bestimmt war. Eine religiös homogene Bevölkerung war das selbstverständliche Ideal. Ein weltanschaulich neutraler Staat war ebenso undenkbar wie ein Nebeneinander verschiedener Religionen. Von diesem Gesellschaftsmodell gab es zwei Abweichungen: die Ketzer und die Juden. Die Ketzer musste man verbrennen. Die Juden wurden als Bewohner geringeren Rechts am Rand der Gesellschaft geduldet, aus wirtschaftlichen Gründen und weil sie sich auf das Alte Testament als Glaubensgrundlage beriefen. Ihre Rechte wurden immer wieder eingeschränkt, sie waren Verfolgungen und Pogromen ausgesetzt, ihnen wurde pauschal Gotteslästerung vorgeworfen, weil sie Jesus nicht als Messias anerkennen wollten; in der Zeit, in der Luther lebte, wurden sie nach und nach aus vielen Ländern vertrieben. Diese Haltung gegenüber den Juden war „normal“. Der große Humanist Erasmus von Rotterdam lobte 1517 Frankreich, dass man sich dort „dieser Pest“ entledigt habe, er wünschte sich das gleiche, nämlich Ausweisung aller Juden, vom Heiligen Römischen Reich deutscher Nation (so die Dokumentation „Die Reformation und die Juden“ der EKD). Und Luthers katholischer Gegner Johann Eck forderte 1541 den Feuertod für alle Juden, die Gott lästern. Eck – nicht Luther. Vor diesem Hintergrund war es ein Skandal, dass Luther sich für beide störenden Elemente einsetzte, für die Ketzer und für die Juden. Luthers Satz „Ketzer verbrennen ist wider den Heiligen Geist“ war einer der Gründe für seine Exkommunikation. Und Luthers Schreiben von 1523 „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ weckte bei vielen Juden die Hoffnung, mit ihm einen Helfer gegen die Unterdrückung gewonnen zu haben. Luther forderte in seinem Schreiben von 1523 die Zulassung von Juden für alle Berufe, er setzte sich für ein Zusammenleben von Juden und Christen ein, forderte Gerechtigkeit und freundlichen Umgang, kritisierte die Ausgrenzung, wies die Ritualmord-Legenden, die zu Pogromen geführt hatten, als Lügenmärchen zurück. Johann Eck bezeichnete ihn daraufhin höhnisch als „Judenvater“. Der gleiche Luther schrieb 20 Jahre später „Über die Juden und ihre Lügen“. Eine polemische, wütende Rückkehr zu genau den mittelalterlichen Vorstellungen zum Umgang mit Juden, die er zuvor bekämpft hatte. Sogar den ganzen Ritualmord-Schund hielt er nun für zumindest nicht ausgeschlossen. Und er blieb bis an sein Lebensende ein hasserfüllter, von Fäkalsprache schäumender Gegner aller Juden. Was war passiert? Über den Wandel Luthers sind ganze Bücher geschrieben worden. Einer der diskutierten Gründe: Luther war, unter anderem durch das Buch eines jüdischen Konvertiten, zu der festen Überzeugung gekommen, dass es tägliche Aufgabe aller Juden sei, Gott zu lästern. Ein weiterer Grund war, dass sich immer mehr Länder der Reformation anschlossen, und in diesen Gebieten galt wieder wie zuvor das Ideal der religiös homogenen Bevölkerung. Luther hielt das Gedeihen der Reformation nur in einer geschlossenen rechtgläubigen Gesellschaft für möglich. Der wohl wichtigste Grund für Luthers Sinneswandel: Sein Einsatz für eine bessere Behandlung der Juden war getragen von der Hoffnung, dass diese sich zum christlichen Glauben bekehren würden. Natürlich nicht alle, aber doch einige. Und zwar zu dem Glauben, wie er ihn verkündete. Dass die Juden nicht dem Papst folgen würden, das konnte Luther gut verstehen: „Wenn ich Jude gewesen wäre und hätte solche Tölpel und wüsten Kerle den Christenglauben regieren und lehren gesehen, wäre ich eher eine Sau geworden als ein Christ“. Als das nicht eintrat, schlug Luthers Werben um die Juden in Hass um. Der evangelische Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann in „Luthers Juden“: „Die Judenfeindschaft des späteren wurzelte in der bedingten Freundlichkeit des früheren Luther.“ In dem Pamphlet „Von den Juden und ihren Lügen“ entwirft Luther ein Forderungsprogramm mit sieben Punkten, wie in evangelischen Ländern mit Juden umzugehen sei. Man solle, so sein „treuer Rat“, - ihre Synagogen niederbrennen, - ihre Häuser zerstören und sie wie Zigeuner in Ställen und Scheunen wohnen lassen, - ihnen ihre Gebetbücher und Talmudim wegnehmen, die ohnehin nur Abgötterei lehrten, - ihren Rabbinern das Lehren bei Androhung der Todesstrafe verbieten, - ihren Händlern das freie Geleit und Wegerecht entziehen, - ihnen Geldgeschäfte verbieten, all ihr Bargeld und ihren Schmuck einziehen und verwahren, - den jungen kräftigen Juden Werkzeuge für körperliche Arbeit geben und sie ihr Brot verdienen lassen. In diesen Vorschlägen orientierte sich Luther, teilweise wörtlich, an Regeln des Alten Testaments zum Umgang mit Irrlehrern und Götzendienern. Das Niederbrennen der Synagogen zum Beispiel hat seinen Ursprung im 5. Buch Mose 13,17. Das Ganze also eine Anleitung zur völligen Entrechtung, Enteignung und Versklavung der Juden, begründet mit Stellen aus der Heiligen Schrift der Juden (und der Christen). Weil Juden aber, so fährt Luther fort, selbst dann, wenn man ihre Synagogen niederbrennt, heimlich weiter Gott lästern würden, sei es am besten, dass man sie aus dem Land treibe, wie das bereits in Frankreich, Spanien und Böhmen geschehen sei. Das ganze Programm wirkt, wie der Publizist Micha Brumlik, Träger der Buber-Rosenzweig-Medaille, 2015 schrieb, „wie eine Blaupause all jener verbrecherischen Maßnahmen“ der NS-Zeit, „mit Ausnahme der Gaskammern“. Und tatsächlich haben sich ja, nachdem dieser Luther-Text lange Zeit vergessen war, ab dem 19. Jahrhundert Antisemiten reihenweise auf ihn bezogen, in der Zeit des Nationalsozialismus dann auch evangelische Pfarrer. An dieser Stelle möchte ich die Behauptung von den Foren-Mitgliedern Elad und Aristippos widerlegen, Luther habe in dieser Schrift „Über die Juden und ihre Lügen“ auch zum Mord an Juden aufgerufen. Elad stützt das auf den Appell Luthers an „die Fürsten und Herrn, die Juden unter sich haben“, diese mögen den Juden „keinen Schutz noch Schirm noch Geleit noch Gemeinschaft haben lassen“. Das würde, argumentiert Elad, bedeuten, dass Juden für vogelfrei erklärt würden, und sei quasi eine verkappte Aufforderung zu Mord und Totschlag. Das ist eine Fehlinterpretation, die aus der Unkenntnis des jüdischen Lebens im Mittelalter resultiert. Wie aus der Anrede an die „lieben Fürsten, die Juden unter sich haben“ zu erkennen ist, geht es hier um die Schutzjuden und das so genannte Judenregal, also die spezielle Judensteuer, die an den Landesherrn zu zahlen war (oder an die Städte, wenn der Landesherr das Steuerrecht verpfändete). Juden hatten keine Bürgerrechte. Im Land geduldete Juden, vorzugsweise Kaufleute, erhielten vom Landesherrn eine Duldung, ein so genanntes Privileg oder Schutzbrief. Natürlich gegen Geld. Dadurch wurde man Schutzjude, man hatte mehr oder minder obrigkeitlichen Schutz. Nur als Schutzjude hatte man das Recht, sich in einem Ort anzusiedeln und eine Familie zu gründen. Weiterhin gab es für reisende Händler Geleitbriefe. Das Ganze war eine Geldmaschine, das Judenregal trug beträchtliche Teile zum Etat kleinerer Fürstenhäuser bei. Kein Wunder, dass so gut wie niemand von den neu-evangelischen Fürsten und Herren Luthers Rat befolgte und den Juden „Schutz, Schirm, Geleit und Gemeinschaft“ entzog. Die sieben Forderungen Luthers, von den brennenden Synagogen bis zur Zwangsarbeit, wurden samt und sonders nicht befolgt. Einige Ausweisungen allerdings gab es. Aristippos hatte folgenden Satz als Aufforderung zum Mord an Juden verstanden: „Verbrenne ihre Synagogen, verbiete alles, was ich droben erzählt habe, zwinge sie zur Arbeit und gehe mit ihnen nach aller Unbarmherzigkeit um, wie Mose in der Wüste tat, der dreitausend totschlug, dass nicht der ganze Haufe verderbe.“ Das ist ein Verweis auf die Geschichte vom Goldenen Kalb, 2. Mose Kapitel 32, in der es um den Abfall vom wahren Glauben geht. Luther fordert damit aber nicht, es Mose gleich zu tun, sondern liefert lediglich eine biblische Bekräftigung, seine sieben Forderungen unbarmherzig umzusetzen. Wie man auch mühelos dem übernächsten Satz entnehmen kann: „Will das nicht helfen, so müssen wir sie wie die tollen Hunde ausjagen.“ Man kann schlecht Leute, die man ermordet hat, aus dem Land jagen, „weil es nicht geholfen hat“. Wobei es, das sei nebenbei erwähnt, schwierig geworden wäre, in den evangelisch gewordenen Ländern die 3000 zu ermordenden Juden zusammen zu kriegen. Der Bevölkerungsanteil der Juden im gesamten Heiligen römischen Reich deutscher Nation betrug zu Luthers Zeiten 0,2 Prozent, bei einer Gesamtbevölkerung von geschätzt zwölf Millionen. Das bedeutet, dass in den kleinen Fürstentümern wenige Dutzend Juden lebten. Eine Vertreibung von Juden als direkte Folge der Agitation Martin Luthers ist für Eisleben belegt. Dort wurde den etwa 50 Juden durch den Kurfürsten von Sachsen das Wohn-, Handels- und Durchzugsrecht entzogen. Der Judenhass Luthers hatte, da ist sich die Forschung einig, kaum Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinden. Das lag auch daran, dass andere Reformatoren wie Andreas Osiander konsequent bei ihrer judenfreundlichen Haltung blieben. Ben-Sasson fasst es in seiner „Geschichte des jüdischen Volkes“ (S.795) so zusammen: „Trotz aller Bösartigkeit der Lutherschen Worte, trotz allen Judenhasses der Menge, trotz der Religionskriege die Deutschland bis 1648 verwüsteten, kam es in dieser Epoche relativ selten zu judenfeindlichen Gewaltakten. Luthers Agitation wurde weitgehend durchkreuzt […].“ Ich möchte abschließend noch ein paar Worte sagen, warum mir dieses lutherische Pamphlet, mag der Mann auch zuvor der größte Judenfreund gewesen sein, ganz besonders widerlich und übelkeitserregend ist. Martin Luther hat bei seinem gedruckten Wutausbruch zwar nicht dazu aufgerufen, die Juden zu ermorden. Aber das, was er für völlig in Ordnung fand, um „Gotteslästerer“ zu bestrafen, ist ein kultureller Mord. Der Rat, das gesamte religiöse Schrifttum zu verbrennen, zielte auf die Vernichtung der kulturellen Identität. Denn das Judentum hängt am Wort, am gesprochenen und geschriebenen Wort. Die Weitergabe von Texten – der Thora-Texte, der Mischna, der Gemara – steht nicht nur für die Religion, sondern symbolisch auch für Bildung als einem der großen Antriebskräfte des Judentums. Dass ausgerechnet der Mann, der mit seiner Bibel-Übersetzung den Anstoß für eine deutsche Volkssprache und damit für Bildung, Verständigung und Wissenerweiterung gab, dies aus religiösem Fanatismus bei den Juden vernichten wollte, ist ebenso tragisch wie infam. Alfons Falls jemand Interesse hat, sich diesem Thema ernsthaft zu widmen, hier ein paar Lesetipps: Thomas Kaufmann: Luthers Juden Haim Hillel Ben-Sasson: Geschichte des jüdischen Volkes Amos Oz & Fania Oz-Salzberger: Juden und Worte Rudolf Hirsch/Rosemarie Schuder: Der gelbe Fleck – Wurzeln und Wirken des Judenhasses in der deutschen Geschichte bearbeitet 31. Oktober 2017 von Alfons 13 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 3 Stunden schrieb Alfons: Ich möchte abschließend noch ein paar Worte sagen, warum mir dieses lutherische Pamphlet, mag der Mann auch zuvor der größte Judenfreund gewesen sein, ganz besonders widerlich und übelkeitserregend ist. Martin Luther hat bei seinem gedruckten Wutausbruch zwar nicht dazu aufgerufen, die Juden zu ermorden. Aber das, was er für völlig in Ordnung fand, um „Gotteslästerer“ zu bestrafen, ist ein kultureller Mord. Der Rat, das gesamte religiöse Schrifttum zu verbrennen, zielte auf die Vernichtung der kulturellen Identität. Denn das Judentum hängt am Wort, am gesprochenen und geschriebenen Wort. Die Weitergabe von Texten – der Thora-Texte, der Mischna, der Gemara – steht nicht nur für die Religion, sondern symbolisch auch für Bildung als einem der großen Antriebskräfte des Judentums. Dass ausgerechnet der Mann, der mit seiner Bibel-Übersetzung den Anstoß für eine deutsche Volkssprache und damit für Bildung, Verständigung und Wissenerweiterung gab, dies aus religiösem Fanatismus bei den Juden vernichten wollte, ist ebenso tragisch wie infam. Das sollte dich nicht wundern. Seine Bibelübersetzung erfolgte auch aus religiösem Fanatismus. Der Mann war einfach ein religiöser Fundamentalist, im wahrsten Sinne des Wortes. Er suchte nach einem neuen Fundament für seinen Glauben. Alles, was dem im Wege war, mußte weg. Bildung, Verständigung, Wissenserweiterung waren nicht sein Ziel, höchstens, wenn überhaupt, Mittel zum Zweck. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dale Earnhardt Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 (bearbeitet) vor 4 Stunden schrieb Alfons: Bitte? Unter der Voraussetzung, dass du deine Fähigkeit, Sachargumente zu beurteilen, noch nicht vollständig verloren hast, hier noch einmal der Kern der Debatte: Von Elad wurde behauptet, Luther habe „zum Mord der Juden aufgerufen“. Als ich ihn bat, das zu belegen, ist er auf „für vogelfrei erklärt“ ausgewichen. Als ich ihn bat, dies wenigstens zu belegen, hieß es, das habe Luther nicht wörtlich geschrieben, aber gemeint, und das habe man damals auch so verstanden. Ein Beweis für diese beiden Behauptungen – erstens: so gemeint, zweitens: so verstanden – kam nicht. Hast du einen? Äh, ja. Lies deinen Beitrag unter diesem zitierten Beitrag. Interessanter Beitrag, nebenbei. Doppelt interessant ist, dass du diesen Text offenbar als Argument für deine Position ansiehst. " (...) und gehe mit ihnen nach aller Unbarmherzigkeit um, wie Mose in der Wüste tat, der dreitausend totschlug (...)" Hallo? Du lieferst frei Haus alle Sachargumente gegen deine Position. Ich verstehe übrigens genau, was du meinst und wo die Spitzfindigkeit deinerseits liegt, aber damit vernebelst du nur die Kernaussage des von dir selbst zitierten Textes. Wenn ich spitzfindig wäre, würde ich nach Lektüre deines Textes schreiben: Super, es sollen 3000 totgeschlagen werden, wo es doch keine 3000 mehr gibt, das bedeutet: schlagt sie alle tot. Und noch eine Spitzfindigkeit: Luther hat nicht geschrieben, wo und wie oft die 3000 tot geschlagen werden sollen. Aber ich bin ja nicht spitzfindig. Ich habe lediglich die Fähigkeit, Sachargumente zu beurteilen und Texte zu lesen. Das hilft. Dale bearbeitet 31. Oktober 2017 von Dale Earnhardt Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. ThomasB. Geschrieben 31. Oktober 2017 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor einer Stunde schrieb Dale Earnhardt: Ich habe lediglich die Fähigkeit, Sachargumente zu beurteilen und Texte zu lesen. Du hast gerade das Gegenteil bewiesen - und einen weiteren Beweis geliefert, dass Argumente gegen Ideologen leider nur begrenzt wirken können. 4 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dale Earnhardt Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 9 Minuten schrieb ThomasB.: Du hast gerade das Gegenteil bewiesen - und einen weiteren Beweis geliefert, dass Argumente gegen Ideologen leider nur begrenzt wirken können. Vermutlich habe ich dann zuviele von deinen Beiträgen gelesen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 6 Stunden schrieb Alfons: Der Judenhass Luthers hatte, da ist sich die Forschung einig, kaum Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinden. Das lag auch daran, dass andere Reformatoren wie Andreas Osiander konsequent bei ihrer judenfreundlichen Haltung blieben. Ben-Sasson fasst es in seiner „Geschichte des jüdischen Volkes“ (S.795) so zusammen: „Trotz aller Bösartigkeit der Lutherschen Worte, trotz allen Judenhasses der Menge, trotz der Religionskriege die Deutschland bis 1648 verwüsteten, kam es in dieser Epoche relativ selten zu judenfeindlichen Gewaltakten. Luthers Agitation wurde weitgehend durchkreuzt […].“ Wenn ich Deine Ausführungen in wenige Worte zusammenfasse und schreibe, dass der luthersche Antijudaismus erst im 19. bzw. 20. Jahrhundert "neu entdeckt" wurde und letztlich da erst seine Wirkungen entfaltete - würde das passen? Da würde ich Dir recht geben: Das kann man Luther nur schwer anlasten. Verwundert bin ich, wie wenig Juden damals hier lebten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 5 Minuten schrieb Lothar1962: Verwundert bin ich, wie wenig Juden damals hier lebten. Das überrascht mich nun weniger. Wäre der Anteil signifikant höher gewesen, hätte man schon zu diesen Zeiten das Problem der unignorierbaren Parallelgesellschaften gehabt und die Juden wären quasi die Türken des Mittelalters gewesen. Man könnte mal durchspielen, ob es unter diesen Umständen eine jüdisch-christliche Tradition überhaupt gäbe. (Existierte dieser Terminus eigentlich schon vor WK2?) Wie Alfons schon ausführte: Das Ideal war die konfessionell homogene Gesellschaft. Eine solche Gesellschaft verkraftet einen gewissen Anteil an Abweichlern ohne ihre Identität gefährdet zu sehen. Ob dieser Anteil heute höher sein darf als damals, bliebe zu prüfen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ThomasB. Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 45 Minuten schrieb Dale Earnhardt: Vermutlich habe ich dann zuviele von deinen Beiträgen gelesen. Nein. Du hast zu wenige von meinen Beiträgen verstanden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ThomasB. Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 5 Minuten schrieb Flo77: Ob dieser Anteil heute höher sein darf als damals, bliebe zu prüfen. Ich empfehle, lieber zu prüfen, ob wir wirklich zurück ins Mittelalter wollen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
elad Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 13 minutes ago, Lothar1962 said: Wenn ich Deine Ausführungen in wenige Worte zusammenfasse und schreibe, dass der luthersche Antijudaismus erst im 19. bzw. 20. Jahrhundert "neu entdeckt" wurde und letztlich da erst seine Wirkungen entfaltete - würde das passen? Da würde ich Dir recht geben: Das kann man Luther nur schwer anlasten. Verwundert bin ich, wie wenig Juden damals hier lebten. dass der antijudaismus/antisemitismus von luther relativ wenig sofortige auswirkungebn hatte lag sicher an den geldern, die die judensteuer und weitere abgaben (z.b. fuer die erlaubnis tote begraben zu duerden) in die kassen spuelte. da antisemitismus so tief im christentum verwurzelt ist, brauchte und braucht es bis heute nur ein paar populistische sprueche damit "die juden sind unser unglueck" aktuell war und ist. was luther anbegeht: er hat jura studiert und war (wenn ich mich nicht irre) doktor der theologie. er war kein analphabetischer waldarbeiter aus einem abgelegenen bergdorf. wer jura studiert hat, sollte sich klar sein, dass seine forderungen an die obrigkeit folgen haben koennen. genau so wenig kann sich jemand, der sich freiwillig zur waffen-ss gemeldet hat, damit verteidigen, dass "ja alles nicht so gemeint war, nicht vorhersehbar war" 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 vor 24 Minuten schrieb Lothar1962: Wenn ich Deine Ausführungen in wenige Worte zusammenfasse und schreibe, dass der luthersche Antijudaismus erst im 19. bzw. 20. Jahrhundert "neu entdeckt" wurde und letztlich da erst seine Wirkungen entfaltete - würde das passen? Ja, im groben Überblick passt das. Das Thema ist wesentlich komplexer, weil umstritten ist, wie weit das Wissen um den Lutherschen Judenhass im 19. Jahrhundert überhaupt noch präsent war: Gar nicht? Oder nur ein paar Theologen? Und es spielt bei der Adaption durch die Nazis natürlich mit hinein, ob man den lutherischen Anti-Judaismus, also die Ablehnung der Juden aus religiösen Gründen, auch als "Antisemitismus" (Ablehnung aus rassischen Gründen) deuten könne, obwohl es diesen Begriff erst viel später gab. Thomas Kaufmann etwa spricht von einem "vormodernen Antisemitismus", weil es im 16. Jahrhundert Fragen, die "nur religiös" waren, gar nicht gab. Im Kern ist aber richtig, dass Luthers Schriften jahrhundertelang weitgehend vergessen waren. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Werner001 Geschrieben 31. Oktober 2017 Melden Share Geschrieben 31. Oktober 2017 8 hours ago, Alfons said: Sein Einsatz für eine bessere Behandlung der Juden war getragen von der Hoffnung, dass diese sich zum christlichen Glauben bekehren würden. Natürlich nicht alle, aber doch einige. Und zwar zu dem Glauben, wie er ihn verkündete. (...) Als das nicht eintrat, schlug Luthers Werben um die Juden in Hass um Eine bemerkenswerte Parallelität zu Mohammed übrigens Werner 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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