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Papst kritisiert Übersetzung des "Vater unser"


Mistah Kurtz

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Am 7.12.2017 um 07:43 schrieb Long John Silver:

Und wie steht es  mit dem Alten Testament, wo Gott durchaus als der Versucher erscheint (Gott versuchte Abraham etc.)?

Die Antwort hat Alfons schon erwähnt, sie steht im Jakobusbrief:

 "Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selber versucht niemanden." (Jakobus 1,13)

 

Damit ist allerdings noch nicht jedes Problem gelöst. (Das ist so das Problem bei Autoritätsbeweisen.)

 

Die Versucherhaftigkeit Gottes wird im Schöpfungsmythos dargestellt. Gott führt Adam und Eva durch diesen einen Baum in Versuchung. Und er hat sie so geschaffen, dass sie dazu neigen, solchen Versuchungen zu erliegen. Notfalls hilft er vermittels der Schlange noch ein wenig nach, anstatt die beiden vor ihr zu bewahren.

 

So ist es nun einmal. Vieles - oftmals gerade das Beste, was Gott geschaffen hat, kann zur Versuchung werden. Wein, Frauen (andere meinen: Männer), Bequemlichkeit: All dies sind Werke Gottes. Auch im neuen Testament bewahrt Gott Jesus nicht vor dem Satan in der Wüste. 

 

Franziskus schiebt alle Versuchung auf den Satan ab. Das löst aber wieder das Problem nicht: Soll er doch dem Satan Einhalt gebieten. So lange der Satan verführt und Gott nichts dagegen tut, braucht sich Gott auch nicht darüber zu beschweren, dass sich jemand verführen lässt. Ebenso wenig, wie er sich über Adam und Eva beschweren kann: Ihre Verführung war voraussehbar - und zwar schon vor dem Auftreten der Schlange. Die Verführbarkeit ist dem Menschen schöpfungsmäßig eingebaut. Stell einen Teig auf den Tisch und sag kleinen Kindern, dass sie davon nicht naschen dürfen. Das (lebensnotwendige und entwicklungsnotwendige) angeborene Neugierdeverhalten wird viele Kinder dann doch zum Naschen verführen. Wenn dann noch der böse Onkel kommt und sagt, sie sollen ruhig einmal naschen, ist der Prozentsatz der Verführten voraussehbar noch größer.

 

Die Frage bleibt allerdings, wofür ich beten will. Wer beten will, indem er Jesu Worte nachspricht, ist wahrscheinlich mit Pinhas Lapide mindestens so gut beraten, wie mit der christlichen Tradition. Wer das Erliegen in der Versuchung als Katastrophe sieht, der muss sowieso umformulieren. Wer Verführer als was ganz Tolles sieht, soll das Vater Unser beten und dann Trump wählen; dann hat er alles beisammen.

 

Als Kompromiss habe ich gefunden: 

Gott verführt mich immer wieder mal. Aber ich glaube: keineswegs aus schlechtem Willen. Dieses Wechselspiel aus verführt werden, schlechte Erfahrungen damit machen, sich trotzdem wieder verführen lassen, dann aber irgendwie lernen, auch mal zu widerstehen ... das nennt sich schlichtweg "Leben". Ohne Verführung zu Sachen, die man hinterher bereut, lebt es sich einfacher. Die Bitte: "Führe mich nicht in Versuchung" heißt ganz einfach, dass ich es lieber mal bequem habe. Ohne Verführungen und die Last, mich mit ihnen herumzuschlagen. Ebenso, wie ich auch mal ohne tägliches Brot auskomme, aber trotzdem im Vater Unser darum bitte. Sollte ich irgendwann einmal verhungern, dann ist es eben so. Ich vertraue Gott trotzdem. Und wenn ich Versuchungen erliege und mir dadurch einen Haufen Ärger einhandle, dann gilt ebenfalls: Es ist nun mal so. Mein Verhältnis zu Gott steht auf einer anderen Ebene. Deshalb habe ich im Vater Unser ja zuvor gebetet: "Dein Wille geschehe!". Wenn es Gottes Wille ist, mir kein Brot zu geben, oder mich in Versuchung zu führen, will ich trotzdem, dass sein Wille geschieht, denn ich vertraue darauf, dass er der gute Abba ist, der zum Schluss das letzte Wort hat. Nicht der Hunger und nicht der Satan haben das letzte Wort über mein Leben, sondern Gott. 

 

 

 

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Long John Silver
vor einer Stunde schrieb Mecky:

Die Antwort hat Alfons schon erwähnt, sie steht im Jakobusbrief:

 "Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selber versucht niemanden." (Jakobus 1,13)

 

Damit ist allerdings noch nicht jedes Problem gelöst. (Das ist so das Problem bei Autoritätsbeweisen.)

 

Die Versucherhaftigkeit Gottes wird im Schöpfungsmythos dargestellt. Gott führt Adam und Eva durch diesen einen Baum in Versuchung. Und er hat sie so geschaffen, dass sie dazu neigen, solchen Versuchungen zu erliegen. Notfalls hilft er vermittels der Schlange noch ein wenig nach, anstatt die beiden vor ihr zu bewahren.

 

So ist es nun einmal. Vieles - oftmals gerade das Beste, was Gott geschaffen hat, kann zur Versuchung werden. Wein, Frauen (andere meinen: Männer), Bequemlichkeit: All dies sind Werke Gottes. Auch im neuen Testament bewahrt Gott Jesus nicht vor dem Satan in der Wüste. 

 

Franziskus schiebt alle Versuchung auf den Satan ab. Das löst aber wieder das Problem nicht: Soll er doch dem Satan Einhalt gebieten. So lange der Satan verführt und Gott nichts dagegen tut, braucht sich Gott auch nicht darüber zu beschweren, dass sich jemand verführen lässt. Ebenso wenig, wie er sich über Adam und Eva beschweren kann: Ihre Verführung war voraussehbar - und zwar schon vor dem Auftreten der Schlange. Die Verführbarkeit ist dem Menschen schöpfungsmäßig eingebaut. Stell einen Teig auf den Tisch und sag kleinen Kindern, dass sie davon nicht naschen dürfen. Das (lebensnotwendige und entwicklungsnotwendige) angeborene Neugierdeverhalten wird viele Kinder dann doch zum Naschen verführen. Wenn dann noch der böse Onkel kommt und sagt, sie sollen ruhig einmal naschen, ist der Prozentsatz der Verführten voraussehbar noch größer.

 

Die Frage bleibt allerdings, wofür ich beten will. Wer beten will, indem er Jesu Worte nachspricht, ist wahrscheinlich mit Pinhas Lapide mindestens so gut beraten, wie mit der christlichen Tradition. Wer das Erliegen in der Versuchung als Katastrophe sieht, der muss sowieso umformulieren. Wer Verführer als was ganz Tolles sieht, soll das Vater Unser beten und dann Trump wählen; dann hat er alles beisammen.

 

Als Kompromiss habe ich gefunden: 

Gott verführt mich immer wieder mal. Aber ich glaube: keineswegs aus schlechtem Willen. Dieses Wechselspiel aus verführt werden, schlechte Erfahrungen damit machen, sich trotzdem wieder verführen lassen, dann aber irgendwie lernen, auch mal zu widerstehen ... das nennt sich schlichtweg "Leben". Ohne Verführung zu Sachen, die man hinterher bereut, lebt es sich einfacher. Die Bitte: "Führe mich nicht in Versuchung" heißt ganz einfach, dass ich es lieber mal bequem habe. Ohne Verführungen und die Last, mich mit ihnen herumzuschlagen. Ebenso, wie ich auch mal ohne tägliches Brot auskomme, aber trotzdem im Vater Unser darum bitte. Sollte ich irgendwann einmal verhungern, dann ist es eben so. Ich vertraue Gott trotzdem. Und wenn ich Versuchungen erliege und mir dadurch einen Haufen Ärger einhandle, dann gilt ebenfalls: Es ist nun mal so. Mein Verhältnis zu Gott steht auf einer anderen Ebene. Deshalb habe ich im Vater Unser ja zuvor gebetet: "Dein Wille geschehe!". Wenn es Gottes Wille ist, mir kein Brot zu geben, oder mich in Versuchung zu führen, will ich trotzdem, dass sein Wille geschieht, denn ich vertraue darauf, dass er der gute Abba ist, der zum Schluss das letzte Wort hat. Nicht der Hunger und nicht der Satan haben das letzte Wort über mein Leben, sondern Gott. 

 

 

 

 

Danke fuer die ausfuehrliche Antwort. 

Mir ist diese Stelle eigentlich wichtig gerade in der Spannung, die in der Formulierung liegt. Es muss doch nicht alles so glatt ausformuliert sein, dass sich keiner mehr an irgendetwas reiben kann innerlich, das ist fuer mich eine verkehrt Vorgehensweise. 

 

Sicher fuehrt uns Gott in Versuchung, ganz einfach, weil er uns auf Wege fuehrt in unserem Leben, die nicht so einfach zu durchschauen sind, wenn man sie geht und sich manchmal erst langsam nur in ihrem Sinn erschliessen.   Gott als der Lenker unser Schicksale ist niemals frei (zusprechen) von der Verantwortung fuer unsere Ungluecke, ich denke, Papst Franziskus sendet hier ein falsches Signal. Ich weiss auch, dass die Vorstellung, dass Gott einem pruefe, nicht mehr modern genug ist und von vielen Glaeubigen geradezu pikiert betrachtet wird (viele Kleriker wagen es wohl gar nicht mehr,  so etwas ueberhaupt entfernt anzudeuten),  aber ich persoenlich bin weit davon entfernt, diese Vorstellung als falsch anzusehen oder etwas, dass man doch diesem guetigen und liebevollen Gottvater nicht zutrauen duerfe. 


Wie gesagt, diese spezielle Stelle im Vaterunser ist eine Reibungsflaeche (ueber die man dann so oder nachdenken kann, hier sind ja einige Vorschlaege gesagt worden, die mehr Hintergrund in das ganze bringen, die ich nicht von der Hand weisen will), aber der Hang alle Reibungsflaechen zu glaetten und alles abzuschmirgeln am verkuendeten Gottesbild, was Irritationen hervorrufen koennte, ist ziemlich verbreitet, obwohl  Papst Franziskus eigentlich wissen muesste, dass die Realitaet vieler Menschen so ist dass sie gerade mit einem glatt geschmirgelten Gottesbild nichts anfangen koennen, sondern es eher als Farce empfinden angesichts ihrer persoenlichen Situation, in die Gott sie hinein gefuehrt hat. 

 

Will sagen - gut gemeint ist nicht immer gut getan, das ist bekannt. Jedenfalls gibt mir diese Stelle  Stoff zum Nachdenken, somit leiere ich das Vaterunser auch nicht so einfach herunter, weil, da ist ein Stolperstein drin verpackt. Nicht der einzige natuerlich, auch die Sache mit der Vergebung hat es in sich, aber vielleicht haengt das zusammen mit der Versuchung. Aber das wuerde jetzt den Rahmen dieser Antwort sprengen. 

bearbeitet von Long John Silver
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Gibt es denn Einigkeit, dass Gott nach christlichem Glauben nicht in Versuchung führt?
So steht es ja im Jakobusbrief (1,13): "Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand".

 

Andererseits gibt es diese Geschichte in Genesis 22 über Abraham und Isaak, der Sohn festgebunden auf einem Opferstein, der Vater auf Gottes Befehl über ihm mit dem Messer in der Hand. In der Luther-Übersetzung beginnt diese Erzählung mit dem Satz "Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm...". Wenn man diese Erzählung nicht (wie ich) symbolisch, sondern als den wahrhaftigen Bericht eines tatsächlichen Ereignisses versteht, dürfte die Behauptung, dies sei zwar eine Prüfung, jedoch keine Versuchung gewesen, schwer fallen. 

Das nur am Rande. Eigentlich wollte ich hier lediglich ein paar Sätze wiedergeben, die mir ein Christ privat schrieb, der keinen Zugang zu den Glaubensgesprächen hat. Ich denke aber, seine Sätze sind gläubig genug, um hier geduldet zu werden:
 

Zitat

Gott führt uns nicht in die Versuchung. Sondern er führt uns durch die vielen Situationen der Lebensumstände hindurch, in denen wir von unserem Ego, man kann auch sagen vom Teufel, beeinflusst werden. Gott führt uns durch Situationen, in denen wir von unserer innerer Herzenstimme abgewendet, von unserer Liebe zu Gott und damit auch von der Liebe zum Nächsten abgewendet werden.


Alfons

 

 

bearbeitet von Alfons
Ergänzung
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vor 10 Stunden schrieb OneAndOnlySon:

Immerhin haben die Gemeinden auch alle möglichen Textänderungen von bekannten Liedern im neuen Gotteslob überstanden.

Die, die bei uns auswendig singen, singen immer noch: Laßt uns loben, Brüder, loben...

(Ich meine, die ersten Überkleber für's Gotteslob gab es bei diesem Lied 1993.)

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vor 15 Minuten schrieb gouvernante:

Die, die bei uns auswendig singen, singen immer noch: Laßt uns loben, Brüder, loben...

(Ich meine, die ersten Überkleber für's Gotteslob gab es bei diesem Lied 1993.)

Wurde der Text geändert?

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Gotteslob kann man überkleben (das ist aber hier höchstens bei denen, die in der Kirche ausliegen, passiert). Es gibt viele Leute, die ihr eigenes GL mitbringen. Aber eine sichere Erinnerung zu überkleben ist wesentlich schwieriger. Ich schlage das Buch auch erst zur dritten Strophe oder so auf und bei Liedern , die ich gar nicht kenne, werfe ich meist doch das Handtuch. 

 

Ich bin jahrelang aufgefallen mit "und auch mit dir" anstelle von "und mit deinem Geiste" und dadurch das ich vor der Präfation schon bei "empor die Herzen" stand und nicht erst bei "wir haben sie beim Herrn" aufgestanden bin. Was halt so ein Sturkopf mit fundierter eigenen Meinung ist!

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vor 3 Minuten schrieb Chrysologus:

Wurde der Text geändert?

 

"Lasst uns loben, fröhlich loben"  Bei der Stelle (alt) "uns zu seinen Söhnen zählt", singe ich seit Menschengedenken "uns zu seinen Kindern zählt" (Ich glaube, die offizielle Lesart (neu) ist anders.

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vor 3 Stunden schrieb Alfons:

Gibt es denn Einigkeit, dass Gott nach christlichem Glauben nicht in Versuchung führt?
So steht es ja im Jakobusbrief (1,13): "Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand".

 

Andererseits gibt es diese Geschichte in Genesis 22 über Abraham und Isaak, der Sohn festgebunden auf einem Opferstein, der Vater auf Gottes Befehl über ihm mit dem Messer in der Hand. In der Luther-Übersetzung beginnt diese Erzählung mit dem Satz "Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm...". Wenn man diese Erzählung nicht (wie ich) symbolisch, sondern als den wahrhaftigen Bericht eines tatsächlichen Ereignisses versteht, dürfte die Behauptung, dies sei zwar eine Prüfung, jedoch keine Versuchung gewesen, schwer fallen.

Worin sollte in der Abraham-Episode die Versuchung bestanden haben? Unter einer Versuchung verstehe ich eher ein dem-eigenen-Trieb-zum-eigenen-Vorteil-nachgeben. Gott stellt Abraham - wie auch andere biblische Gestalten - auf die Probe indem er die Vertrauensfrage stellt. Wie weit ist der Mensch bereit für Gott zu gehen? Und wo zieht Gott die Grenze? Abraham bekommt einen auf den Deckel weil er ein Kind für Gott auf Anweisung ermordet hätte. Ich müsste suchen, aber ich meine er ist nicht der einzige, dem in seinem Eifer ein Dämpfer verpasst.

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vor 12 Stunden schrieb Flo77:

Worin sollte in der Abraham-Episode die Versuchung bestanden haben? Unter einer Versuchung verstehe ich eher ein dem-eigenen-Trieb-zum-eigenen-Vorteil-nachgeben.

 

Biblisch ist Versuchung keine "moralische" Kategorie, vielleicht hilft es zum Verständnis, dass man das neutestamentliche peirasmos auch als Anfechtung übersetzen kann.

 

 

vor 16 Stunden schrieb Alfons:

Gibt es denn Einigkeit, dass Gott nach christlichem Glauben nicht in Versuchung führt?

 

Nein. Da gibt es keine Einigkeit. Ich kann die Intervention des Papstes verstehen, halte sie aber für unausgewogen.

Ein Beitrag, der sich weitgehend mit meiner Position dazu deckt, wäre folgendes Interview mit Klaus Mertes im Deutschlandfunk: http://www.deutschlandfunk.de/vaterunser-ein-guter-vater-haelt-anklagen-aus.886.de.html?dram:article_id=402564

 

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vor 4 Stunden schrieb Ennasus:

Noch eine Ergänzung: Ich weiß nicht mehr genau, woher ich das hatte, aber irgendwann mal hab ich mir das abgespeichert, dass Neil Douglas Klotz (der sich in seinem Bibelverständnis an der Peschitta, an der ostaramäischen syrischen Bibel orientiert) sagt, dass das aramäische Wort für Versuchung auf etwas hinweist, das uns zu innerem Schwanken oder Unruhe verführt, das uns von unserer eigentlichen Lebensaufgabe ablenkt. Die Wortwurzeln haben zu tun mit der Unfähigkeit, tiefer zu schauen, wenn die Situation es fordert.

 

Laut dieser Website heißt die Zeile "und führe uns nicht in Versuchung" in der von Klotz übertragenen aramäischen Fassung des Vaterunsers:

Wela tachlân l'nesjuna ela patzân min bischa = Lass oberflächliche Dinge uns nicht irreführen, sondern befreie uns von dem, was uns zurückhält.

 

Alfons

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Ich finde übrigens spannend, daß manche Stimme derer, die sonst sehr für den Papstes Kurs der Erneuerung stehen (ohne jetzt Details zu diskutieren, was denn da erneuert werden soll und wie), hier ihm nicht den Rücken stärken. Die Hl. Schrift in ihrer kanonischen Form steht anscheinend immer noch über dem Papst ...

bearbeitet von rorro
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vor 48 Minuten schrieb rorro:

Ich finde übrigens spannend, daß manche Stimme derer, die sonst sehr für den Papstes Kurs der Erneuerung stehen (ohne jetzt Details zu diskutieren, was denn da erneuert werden soll und wie), hier ihm nicht den Rücken stärken. Die Hl. Schrift in ihrer kanonischen Form steht anscheinend immer noch über dem Papst ...

Inhaltlich kann ich zum Thema nichts sagen.

Ich halte es bei F1 ähnlich wie mit B16 oder JP2: Ich will, der ich Laie (hier: Laie im Sinne von "Davon hab ich keine Ahnung") bin überzeugt werden. MIr gehts da so ähnlich wie deinen Patienten mit dir oder meine Heimbewohnern mit mir: Allein mit unserer Autorität als Arzt oder Pfleger erreichen wir beide wenig. Wir müssen schon erklären warum dies oder jenes Sinnvoll ist. Und das gleiche erwarte ich sowohl vom Bischof von Rom als auch vom Bischof von Regensburg oder dem Pfarrer von Wolnzach.

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14 hours ago, Ennasus said:

Werner????

La tahlen n‘siona (das „wa“ vorneweg ist „und“, „la“ ist „nicht“)

so lautet das, die deutsche Übersetzung, die ich weiter oben geschrieben habe ist das Ergebnis eines längeren Telefonats und ausführlicher Diskussionen... 

Wortwurzeln müsste ich versuchen herauszufinden....

 

Werner

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vor 19 Stunden schrieb gouvernante:

 

 

Biblisch ist Versuchung keine "moralische" Kategorie, vielleicht hilft es zum Verständnis, dass man das neutestamentliche peirasmos auch als Anfechtung übersetzen kann.

 

 

 

Nein. Da gibt es keine Einigkeit. Ich kann die Intervention des Papstes verstehen, halte sie aber für unausgewogen.

Ein Beitrag, der sich weitgehend mit meiner Position dazu deckt, wäre folgendes Interview mit Klaus Mertes im Deutschlandfunk: http://www.deutschlandfunk.de/vaterunser-ein-guter-vater-haelt-anklagen-aus.886.de.html?dram:article_id=402564

 

 

Danke fuer den Link. Ja, das sind sehr kluge Gedanken. 

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Wobei ich, anscheinend im Gegensatz zu Herrn Mertes, nicht denke, dass Menschen Gott " aus der Verantwortung lassen" KÖNNEN. 

Diese Macht haben wir nicht.

Die Diskussion zeigt die Verwurzelung in Traditionen, sich wandelnde Gottesbilder und unterschiedliche individuelle Vorstellungen. Und da ist nicht das eine falsch und das andere richtig. 

 

 

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vor 8 Stunden schrieb Werner001:

La tahlen n‘siona (das „wa“ vorneweg ist „und“, „la“ ist „nicht“)

so lautet das, die deutsche Übersetzung, die ich weiter oben geschrieben habe ist das Ergebnis eines längeren Telefonats und ausführlicher Diskussionen... 

Wortwurzeln müsste ich versuchen herauszufinden....

 

Werner


Ich habe inzwischen das Buch gefunden, aus dem ich das hatte: Douglas-Klotz, N. (2007). Das Vaterunser. München: Knaur. S 66ff

Douglas-Klotz meint, diese Zeilen seien aufgrund der fehlerhaften griechischen Übersetzung am wenigsten verstanden worden. In der aramäischen Verfassung führe niemand in Versuchung. Wela tachlân könne übersetzt werden mit "lass uns nicht eintreten" oder  "lass uns nicht verführt werden durch die äußere Erscheinung oder "lass und nicht anhäufen, was falsch und illusorisch ist." (Alfons hat das oben eh auch schon verlinkt).
Nesjuna  könne mit "Versuchung" übersetzt werden - im aramäischen Sinn weise es auf etwas hin, "das uns zu innerem Schwanken und Unruhe verführt und uns von unserer eigentlichen Lebensaufgabe ablenkt. Die alten Wortwurzeln rufen das Bild einer im Wind flatternden Fahne hervor, die hin und her flattert - wie unser Verstand, wenn er sich verunsichern lässt durch die Verführungen des Materialismus (einschließlich des spirituellen Materialismus). Es ist ein Bild der Vergesslichkeit: ein Sich-selbst-Verlieren in den Erscheinungen, eine Unfähigkeit, tiefer zu schauen, wenn die Situation es erfordert." Er meint, es gehe dabei um den Punkt, an dem wir an unsere eigenen Begrenzungen stoßen und um den Schmerz und das Leiden, das wir uns selbst und der Schöpfung zufügen.

Ich finde das interessant. Im Grund scheint es auch um diese innere Zerrissenheit zu gehen, die in allen Geschichten, in denen es ums Versuchtwerden geht, beschrieben wird. Darum, dass die Gedanken verzweifelt kreisen, dass man nicht mehr weiß, was richtig ist, sich verliert usw.

Aber auch, wenn es nicht explizit da steht, dass Gott es ist, der uns eintreten oder was auch immer lässt - ich fühle mich trotzdem nicht wohl bei dem Gedanken, die griechische Übersetzung einfach zu ignorieren. So wie ich die Entstehung der biblischen Texte verstehe, fließen in sie (auch unbewusst) wichtige Inhalte ein. So ein Text, der beinahe 2000 Jahre lang so tradiert worden ist, muss nach meinem Verständnis auch einen solchen wichtigen Inhalt transportieren. Zumal es in diesem Fall ja auch leicht zeigbar ist (in Gouvernantes Link ist das auch gut geschrieben), dass das Denken, das hinter der griechischen Übersetzung steht, genuin biblisch ist. Ich halte lieber die Spannung aus, die zwischen solchen Sätzen und anderen entsteht, als dass ich jeden Denkanstoß beiseite räume.

Eigentlich führen wir hier im 21. Jahrhundert wohl dieselbe Diskussion wie sie in den vergangenen Jahrtausenden immer wieder geführt worden ist.

 

 

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Übersetzungen funktionieren oft nicht, weil es manchmal unterschiedliche Bedeutungen in Nuancen gibt. Ich kenne schon Dialektbegriffe, die ich nicht einfach ins Hochdeutsche übersetzen kann, sondern erklären muss.

ich habe deshalb jetzt mal nicht nach Übersetzung gefragt, sondern nach Erklärung, was die Stelle bedeutet, was sie einem Aramäer sagt.

Herausgekommen ist in Zusammenfassung das:

so wie Eltern nicht 24 Stunden am Tag hinter ihren Kindern her sein können, um aufzupassen, dass sie nichts anstellen und ihnen nichts passiert, so „kann“ Gott auch nicht rund um die Uhr nach uns schauen. Und so versucht der Teufel, uns vom rechten Weg abzubringen. Daher bitten wir Gott, dass er uns in dieser Situation nicht im Sich lässt

 

Werner

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*lach*, danke.

Ich denke, es ist wie bei allen diesen Texten: Es gibt nicht die eine, einzig wahre Bedeutung. Sondern zu allen diesen Worten gehören Assoziationsfelder und Sinnlandschaften. Und dann gehört, damit der Text überhaupt wirken kann, immer ein Mensch dazu, der ihn an sich heran lässt und ihn in das, was er bis dahin vom Leben gelernt und verstanden hat, zu integrieren versucht. Da kann es für den einen wichtig sein, sich klar zu machen, dass Gott nichts Böses für ihn will - dazu gehört dann die Abgrenzung gegenüber Übersetzungen, die bei ihm schlimme Vorstellungen hervorrufen. Für den anderen kann es wichtig sein, sich damit auseinander zu setzen, wie das Schwere in seinem Leben und die Verzweiflung mit Liebe zusammen hängen. Er wird anderes brauchen. Und dann gibt es noch so viele andere Prägungen und Notwendigkeiten, wie es Menschen gibt... Ich glaube, das alles ist richtig und darf sein.

Über einen Zusammenhang bin ich gestern noch gestoßen. Hier.
Das Wort nissah steht offensichtlich auch in Exodus 20,20, unmittelbar nach der Verkündigung der 10 Gebote durch Gott, die das Volk als ungemein beängstigend und erschreckend erlebt hat. Mose versucht, dem Volk Israel den Grund für das gewaltige Geschehen zu erklären und sagt ihnen, dass sie sich nicht fürchten sollen: "Fürchtet euch nicht! Gott ist gekommen, um euch auf die Probe zu stellen. Die Furcht vor ihm soll über euch kommen, damit ihr nicht sündigt." (Einheitsübersetzung). Buber-Rosenzweig: " Fürchtet euch nimmer! denn um des willen, euch zu prüfen, ist Gott gekommen, und um des willen, daß seine Furcht euch überm Antlitz sei, damit ihr vom Sündigen lasset."
Das Wort für Sünde, das hier steht, ist das hebräische Wort  חטּאה  (chaṭṭâ’âh). Es bedeutet „Straftat“ aber auch „Zielverfehlung – das Ziel verpassen“.
Die Formulierung in diesem Link gefällt mir: "damit ihr euch nicht verfehlt". Über den Gedanken dahinter muss ich noch nachdenken: Erprobung, damit "Furcht vor ihm auf eurem Angesicht sei, damit ihr euch nicht verfehlt".

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vor 2 Stunden schrieb Ennasus:

 


Eigentlich führen wir hier im 21. Jahrhundert wohl dieselbe Diskussion wie sie in den vergangenen Jahrtausenden immer wieder geführt worden ist.

 

 

 

 

Ein altes Problem der Literaturgeschichte: Übersetzungen altern schneller als die Originaltexte. Und hier gibt es die zusätzliche Unschärfe, daß das eigentliche Original nicht überliefert ist. Das gilt nicht nur für das Vaterunser und sollte ein Grund sein, die Ökumene mit allen "Bibeltreuen" kritisch zu sehen. Ich finde es genial, wie der aktuelle Hl. Vater mit kleinen Provokationen zentrale Glaubensfragen auf den Punkt bringt und die katholische Welt zum Nachdenken bringt. Die deutsche Bischofskonferenz wird schwer daran zu arbeiten haben, denn entweder folgt sie dem Papst und muß dann einen neuen Text akzeptieren, der vom lutherischen verschieden ist oder sie distanziert sich vom Papst. - 

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vor 1 Minute schrieb kam:

... und sollte ein Grund sein, die Ökumene mit allen "Bibeltreuen" kritisch zu sehen.

 

Das verstehe ich nicht.
 

vor 1 Minute schrieb kam:

Ich finde es genial, wie der aktuelle Hl. Vater mit kleinen Provokationen zentrale Glaubensfragen auf den Punkt bringt und die katholische Welt zum Nachdenken bringt.


Stimmt, ja. Das hatte ich so noch nicht gedacht.

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Franciscus non papa

kam meint offensichtlich mit "Bibeltreuen" alle die, die am Wortlaut hängen, die die Bibel wörtlich nehmen.

 

Und da kann ich ihm nur zustimmen. Manche nehmen die Bibel wörtlich, ich nehme sie ernst. 

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vor 1 Stunde schrieb Franciscus non papa:

kam meint offensichtlich mit "Bibeltreuen" alle die, die am Wortlaut hängen, die die Bibel wörtlich nehmen.

 

Und da kann ich ihm nur zustimmen. Manche nehmen die Bibel wörtlich, ich nehme sie ernst. 

Ja, das trifft es. 

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