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Gibt es Gott?


rebekkamax

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vor 2 Stunden schrieb Ennasus:


Das war mir schon klar, dass die Formulierung provokant war.
Ich nehme es aber wirklich so wahr.

Das - und das worauf du selbst sagst, dass du allergisch reagierst - ist nämlich genau der Punkt: Dass eine bestimmte Gruppe von Atheisten sich weigert, das anzuerkennen, was die Basis für zumindest mein (aber bei weitem nicht nur mein) Verständnis von "Glauben" ist: Dass es dabei um eine Haltung gegenüber der Wirklichkeit bzw. eine Reaktion auf sie geht, die allgemein menschlich ist. Um Erfahrungen, die jeder kennt. (Der Unterschied entsteht erst später, bei der Deutung dieser Erfahrungen, bei den Bildern, in die man sie kleidet. Bei den Konsequenzen für das Leben, die man daraus zieht.)
Es ist so: Sobald man zu vermitteln versucht, was man unter glauben versteht, ist man darauf angewiesen, dass der Gesprächspartner bereit ist, an eigene Erfahrungen anzuknüpfen. Anders geht da einfach nichts - man k a n n nur aneinander vorbeireden.

Hinter dieser atheistischen Zuschreibung, dass das alles mit ihnen gar nichts zu tun habe, dieses allergische, reflexhafte Reagieren sobald man nur das Wort "glauben" in den Mund nimmt bzw. auf den Bildschirm bringt, steht aus meiner Sicht wirklich eine dogmatische Haltung (bzw. die andere Seite der Medaille: ein Denkverbot, das sich anderen gegenüber z.B. auch als versuchter Maulkorb äußert): "Es darf nicht sein, dass das etwas mit mir zu tun hat!" Ohne dass man überhaupt verstanden hat, was es denn mit einem zu tun haben könnte, weil dieser nicht mehr hinterfragte "Glaubenssatz" wie bei anderen Dogmen auch das Gespräch und das Verstehen blockiert. 

(Wenn es kein Dogma wäre, könntest du dich ja probehalber mal auf den Gedanken einlassen, dass du Haltungen und manche Erfahrungen, die Gläubige mit diesem Wort bezeichnen,  auch als Atheist in der ganz normalen Welt kennst.)

 

Das ist ein ziemlich langer Post, leider ohne Inhalt. Dann mal Butter bei die Fische. Was sollte am religiösen Glauben „allgemein menschlich“ sein?

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Glauben ist eine mögliche Stufe im Erkenntnisprozess. Es ist noch nicht Wissen und deshalb mehr eine Not.

In Religion ist der Glaube aber keine Not, sondern eine Tugend. Der Glaube soll in Religion nicht in Wissen übergehen, sondern bis in den Tod anhalten.

Der Glaubende soll sein Vertrauen durch den Glauben beweisen

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vor 1 Stunde schrieb Werner001:

Nur mal so aus definitorischen Gründen dazwischengefragt: Was unterscheidet auf der rein theoretischen Ebene Glauben im religiösen Sinn von sonstigem Glauben? Was ist der Unterschied zwischen "ich glaube, dass es einen Gott gibt" und "ich glaube, dass wir das schaffen werden"? Für mich sieht es aus wie das selbe.

 

Werner

 

Ganz einfach: Der Inhalt dessen, was ich „glaube“. Der religiöse Glaube ist ein Glaube an eine „übernatürliche“ Ordnung; der „Glaube, daß wir es schaffen werden“ (den ich übrigens auch nicht teile, wobei das nichts mit dem Wort „glauben“ zu tun hat), ist ein Vertrauen auf das, was eine bestimmte Gruppe von Menschen miteinander erreichen werden. 

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vor 1 Stunde schrieb Werner001:

Nur mal so aus definitorischen Gründen dazwischengefragt: Was unterscheidet auf der rein theoretischen Ebene Glauben im religiösen Sinn von sonstigem Glauben? Was ist der Unterschied zwischen "ich glaube, dass es einen Gott gibt" und "ich glaube, dass wir das schaffen werden"? Für mich sieht es aus wie das selbe.

 

Werner

Na ja, der Unterschied liegt darin, dass das Erste eine religiöse, gegenstandslose Behauptung ist (mit der vorwiegend politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht ausgeübt wird) und das Zweite eine Annahme ist, die tatsächlich eintritt oder auch nicht.

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vor 2 Stunden schrieb Ennasus:

Das stimmt nicht.
Vermutlich ist das manchmal so, aber dann ist schon etwas falsch gelaufen.
Vertrauen heißt nicht "naiv sein" und es muss (bzw. soll sogar) nicht auf Kosten des Verstandes gehen.
Ich muss das Denken und Fühlen und meine Urteilsfunktion doch nicht ausschalten, nur weil ich jemandem vertraue. Ich kann vertrauen und trotzdem wach wahrnehmen, was geschieht und meinen Verstand einsetzen, um zu beurteilen, ob mein Vertrauen gerechtfertigt ist. Und kann es auch wieder entziehen, wenn ich sehe, dass ich falsch lag.
(Paulus: "Prüfet alles und das Gute behaltet".)

Es fällt mir schwer im Vertrauen keine Spuren von Naivität zu finden. Menschen vertragen erschüttertes Vertrauen schlecht. Bevor ein Mensch geschenktes Vertrauen bereut, wird er zugeben.

Beim Vertrauen musst du dein Denken unterdrücken, weil dein Gefühl freien Lauf hat. Vertrauen ist mehr Gefühl als Denken.

Wer es nicht fühlt, der wird auch nicht vertrauen.

Offenbar fühlen sich Menschen beim Namen "Jesus" geborgen. Ein vernünftiger Gedanke fällt mir dazu nicht ein. Ich bin aber begierig darauf, derartige Angebote zu beurteilen.

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Ist es nicht letztlich eine Frage der Perspektive? Ob irgendetwas zu schaffen ist oder nicht wird man nur vielleicht etwas früher festellen können als die Existenz oder Nichtexistenz Gottes (oder auch nicht, das kann ja bei jedem anders sein). Und die versicherung, irgendetwas könne geschafft werden ist für mich ebensowenig direkt verifizierbar wie die Behauptung, es gäbe einen Gott. Ich kann aus meiner persönlichen Sicht beides glauben oder auch nicht glauben.

 

Werner

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vor 11 Minuten schrieb Marcellinus:

Der religiöse Glaube ist ein Glaube an eine „übernatürliche“ Ordnung;

Das ist jetzt nicht so wesentlich, aber doch unscharf und so etwas wirkt sich auf die Beweiskraft aus. Soziale Ordnungen, menschliche, die sind bereits übernatürlich.

Die Ordnung im Geldverkehr ist übernatürlich.

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vor 22 Minuten schrieb Jocke:

Das ist jetzt nicht so wesentlich, aber doch unscharf und so etwas wirkt sich auf die Beweiskraft aus. Soziale Ordnungen, menschliche, die sind bereits übernatürlich.

Die Ordnung im Geldverkehr ist übernatürlich.

 

Das ist Unfug. Soziale Ordnungen sind nicht einmal übermenschlich, von übernatürlich gar nicht zu reden. 

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vor 29 Minuten schrieb Jocke:

Das ist jetzt nicht so wesentlich, aber doch unscharf und so etwas wirkt sich auf die Beweiskraft aus. Soziale Ordnungen, menschliche, die sind bereits übernatürlich.

Die Ordnung im Geldverkehr ist übernatürlich.

Quatsch!

 

manchmal sehr kurz seiend................tribald

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vor 27 Minuten schrieb Werner001:

Ist es nicht letztlich eine Frage der Perspektive? Ob irgendetwas zu schaffen ist oder nicht wird man nur vielleicht etwas früher festellen können als die Existenz oder Nichtexistenz Gottes (oder auch nicht, das kann ja bei jedem anders sein). Und die versicherung, irgendetwas könne geschafft werden ist für mich ebensowenig direkt verifizierbar wie die Behauptung, es gäbe einen Gott. Ich kann aus meiner persönlichen Sicht beides glauben oder auch nicht glauben.

 

Werner

 

Noch einmal: der Glaube an Götter ist der Glaube an Übernatürliches. Der Glaube an so etwas wie Naturrecht ist ein Glaube an Übermenschliches, etwas was für Menschen zwar gelte, aber nicht zu Ihrer Verfügung stehe. Der Glaube an eine bestimmte Leistung, die eine Gruppe von Menschen zu vollbringen hofft, ist dagegen weder übernatürlich noch übermenschlich, denn sowohl was darunter verstanden wird als auch, ob es gelingt, hängt ausschließlich von Menschen ab. 

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vor 46 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ganz einfach: Der Inhalt dessen, was ich „glaube“. Der religiöse Glaube ist ein Glaube an eine „übernatürliche“ Ordnung; der „Glaube, daß wir es schaffen werden“ (den ich übrigens auch nicht teile, wobei das nichts mit dem Wort „glauben“ zu tun hat), ist ein Vertrauen auf das, was eine bestimmte Gruppe von Menschen miteinander erreichen werden. 

Das zweite hat für dich wirklich nichts mit dem Wort "glauben" zu tun? Dann ist es verständlich, dass man aneinander vorbeiredet. Gerade das Vertrauen in die Überwindung von Unwägbarkeiten macht m.E. einen wesentlichen Anteil des Glaubens im religiösen Sinne aus. 

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vor 1 Minute schrieb Merkur:

Das zweite hat für dich wirklich nichts mit dem Wort "glauben" zu tun? Dann ist es verständlich, dass man aneinander vorbeiredet. Gerade das Vertrauen in die Überwindung von Unwägbarkeiten macht m.E. einen wesentlichen Anteil des Glaubens im religiösen Sinne aus. 

 

Es geht um den Unterschied zwischen religiösen (meint: übernatürlichen) und naturalistischen Vorstellungen von dieser Welt. Es ist etwas anderes, ob ich nach Abwägung aller Möglichkeiten Zutrauen dazu habe, daß ein bestimmtes Unternehmen zu einem guten Abschluß kommt, oder ob ich davon ausgehe, daß „höhere Mächte“ schon für diesen Ausgang sorgen werden. Das eine ist Naturalismus, letzteres Religion.

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15 minutes ago, Marcellinus said:

 

Noch einmal: der Glaube an Götter ist der Glaube an Übernatürliches. Der Glaube an so etwas wie Naturrecht ist ein Glaube an Übermenschliches, etwas was für Menschen zwar gelte, aber nicht zu Ihrer Verfügung stehe. Der Glaube an eine bestimmte Leistung, die eine Gruppe von Menschen zu vollbringen hofft, ist dagegen weder übernatürlich noch übermenschlich, denn sowohl was darunter verstanden wird als auch, ob es gelingt, hängt ausschließlich von Menschen ab. 

Schon klar. Dass das Objekt des Glaubens etwas unterschiedliches ist, leuchtet mir ein. Aber das "glauben" an sich, da sehe ich keinen Unterschied.

Ob an einen Gott glaube, an das Gute im Menschen oder dass wir etwas schaffen können, letztlich vertraue ich in allen Fällen auf etwas, das ich mir erhoffe.

 

Werner

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Hier haben wir übrigens den Unterschied zwischen Religion und Ideologie. Der Christ erhofft von seinem Gott, daß der auf welchem Weg auch immer am Ende alles zum Guten wende. Der Kommunist vertraut auf das Naturgesetz des Klassenkampfes, an dessen Ende zwingend der Sieg des Proletariats stehe. Das eine ist Glauben an Übernatürliches, das andere Glauben an Übermenschliches. Je nachdem, ob man diese Unterschied wesentlich findet, nennt man das eine Religion und das andere Ideologie. Wenn man den Unterschied zwischen übernatürlich und übermenschlich eher belanglos findet, kann man auch beides Religion nennen.

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

Schon klar. Dass das Objekt des Glaubens etwas unterschiedliches ist, leuchtet mir ein. Aber das "glauben" an sich, da sehe ich keinen Unterschied.

Ob an einen Gott glaube, an das Gute im Menschen oder dass wir etwas schaffen können, letztlich vertraue ich in allen Fällen auf etwas, das ich mir erhoffe.

 

Werner

 

Selbst das stimmt meiner Ansicht nach nicht. Glaube an Gott oder an das Gute im Menschen ist beides kontrafaktisch (das eine Religion, das andere Philosophie), das Vertrauen, daß man etwas schaffen könne, könnte man zumindest durch Fakten belegen, wenn man es denn wollte, ist also eher eine praktische Frage, die allerdings, da hast du Recht, als Ideologie verwendet wird.

bearbeitet von Marcellinus
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21 minutes ago, Marcellinus said:

 

Selbst das stimmt meiner Ansicht nach nicht. Glaube an Gott oder an das Gute im Menschen ist beides kontrafaktisch (das eine Religion, das andere Philosophie), das Vertrauen, daß man etwas schaffen könne, könnte man zumindest durch Fakten belegen, wenn man es denn wollte, ist also eher eine praktische Frage, die allerdings, da hast du Recht, als Ideologie verwendet wird.

Aber kontrafaktisch ist doch nicht der Glaube, sondern das Objekt des Glaubens.

Ob ich ein Stück Brot esse oder eine Tischplatte oder Gift, das Essen (das Tun) ist das Gleiche, nur beim Objekt des Essenes würde man sicher ein Stück Brot, eine Tischplatte und Gift in völlig unterschiedliche Kategorien einteilen. Die Tischplatte und das Gist zählen sicher nicht zur Kategroier "Speise", aber das Essen bleibt trotzdem Essen.

 

Werner

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vor 49 Minuten schrieb Werner001:

Aber kontrafaktisch ist doch nicht der Glaube, sondern das Objekt des Glaubens.

Ob ich ein Stück Brot esse oder eine Tischplatte oder Gift, das Essen (das Tun) ist das Gleiche, nur beim Objekt des Essenes würde man sicher ein Stück Brot, eine Tischplatte und Gift in völlig unterschiedliche Kategorien einteilen. Die Tischplatte und das Gist zählen sicher nicht zur Kategroier "Speise", aber das Essen bleibt trotzdem Essen.

 

Werner

 

Siehst du, das sehe ich anders. Ich denke, bei unseren Fantasievorstellungen kann man nicht das Objekt vom Subjekt trennen. Das ist das, was ich die ganze Zeit zu zeigen versuche: das Wort „glauben“ meint ganz unterschiedliche Tätigkeiten, je nach dem, worauf es sich bezieht. Essen ist immer essen, ganz egal, was ich esse; glauben nicht. Es ist ein Unterschied, ob ich an Götter glaube, oder daß ich glaube, morgen werde es regnen. Das eine ist Hoffen auf einen übernatürlichen Helfer, das andere nicht ganz genau wissen, wie das Wetter wird.

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vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

... Je nachdem, ob man diese Unterschied wesentlich findet, nennt man das eine Religion und das andere Ideologie. Wenn man den Unterschied zwischen übernatürlich und übermenschlich eher belanglos findet, kann man auch beides Religion nennen. ...

Wo liegt genau die Grenze zwischen korrekter Bezeichnung eines religiösen Glaubens und mißbräuchlicher Verwendung des Wortes (sofern man Ideologie in den Religionsbegriff einbezieht)? Wäre nach deiner Meinung das Vertrauen auf das Gute im Menschen allgemein ein Glaube, das Vertrauen darauf, dass ein bestimmter Mensch charakterlich in Ordnung ist dagegen keiner?

bearbeitet von Merkur
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vor 18 Minuten schrieb Merkur:

Wo liegt genau die Grenze zwischen korrekter Bezeichnung eines religiösen Glaubens und mißbräuchlicher Verwendung des Wortes 

Es gibt da keine Grenze. Das eine ist religiöser Glaube, das andere hat mit religiösem Glauben nichts, aber gar nichts zu tun. 

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vor 32 Minuten schrieb Merkur:

Wo liegt genau die Grenze zwischen korrekter Bezeichnung eines religiösen Glaubens und mißbräuchlicher Verwendung des Wortes (sofern man Ideologie in den Religionsbegriff einbezieht)? Wäre nach deiner Meinung das Vertrauen auf das Gute im Menschen allgemein ein Glaube, das Vertrauen darauf, dass ein bestimmter Mensch charakterlich in Ordnung ist dagegen keiner?

 

Ich verstehe nicht, was du meinst. Ich versuche, die verschiedenen Bedeutungen, die „glauben“ in der deutschen Sprache habe können, gegen einander abzugrenzen. Dazu ist es unvermeidlich, religiösen Glauben von anderen Glaubensformen ebenso zu unterscheiden wie von dem, was man umgangssprachlich sonst noch so unter „glauben“ faßt.

 

Ganz so apodiktisch, wie @pedrino das schreibt, würde ich das nicht sehen. Wenn man unter Humanismus den „Glauben an das Gute im Menschen“ versteht, dann ist das ein Glaube an eine in gewisser Weise übermenschliche Ordnung, weil sie offenbar nicht abhängt von charakterlichen Eigenschaften oder Handlungen einzelner Menschen, allerdings eine „Ordnung“ bei der man die Augen schon ganz fest zu machen muß, um den Kontrast zur beobachtbaren Wirklichkeit zu übersehen. 

 

Yuval Harari, auf den ich mich hierbei wesentlich beziehe, versteht unter einer Religion den Glauben an eine übermenschliche Ordnung, die nicht auf menschliche Vereinbarung zurückgeht, und auf deren Grundlage diese Religionen Normen und Werte aufstellen, die ihrer Ansicht nach bindend sind. Insofern wären sowohl das Christentum als auch der Humanismus eine Religion, ebenso wie der Kommunismus oder der Buddhismus. 

 

Der „Glaube“, daß es morgen regnet, wäre dagegen keine Religion (soweit noch trivial) und, das ist das Entscheidende, man sieht nun vielleicht auch leichter, warum der Glaube daran sich von religiösem Glauben unterscheidet. Der Unterschied zwischen dem Glauben eines Christen und dem eines Kommunisten mag inhaltlich noch so groß sein, der eine Glauben an eine übernatürliche Ordnung, der andere an eine übermenschliche, daß man beides mit einem gewissen Recht als religiösen Glauben bezeichnen kann, dürfte einleuchten. 

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vor 3 Stunden schrieb Marcellinus:

Das ist Unfug. Soziale Ordnungen sind nicht einmal übermenschlich, von übernatürlich gar nicht zu reden. 

Dein Standpunkt ist nicht so günstig, wie du es dir vorstellst. Du wirst deshalb in gewissen Punkten immer auf der Stelle treten. Fehleinschätzungen bleiben nicht folgenlos.

Bereits der Glaube an Gott ist übernatürlich. Ich würde gerne mal eine Ableitung aus der Natur kennen lernen.

Wie ein Produkt der Natur auf den Trichter "Gott" kommt, das wäre mal interessant.

Und Geld, das ist etwas, was in der Natur nicht vorkommt und auch nicht aus ihr abgeleitet werden kann, es sei denn, du zeigst das mal.

Geld hat einzigartige Eigenschaften, die sogar Gott überfordern.

Geld ist eine Schöpfung des Menschen.

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vor 12 Minuten schrieb Jocke:

Dein Standpunkt ist nicht so günstig, wie du es dir vorstellst. Du wirst deshalb in gewissen Punkten immer auf der Stelle treten. Fehleinschätzungen bleiben nicht folgenlos.

Bereits der Glaube an Gott ist übernatürlich. Ich würde gerne mal eine Ableitung aus der Natur kennen lernen.

Wie ein Produkt der Natur auf den Trichter "Gott" kommt, das wäre mal interessant.

Und Geld, das ist etwas, was in der

Natur nicht vorkommt und auch nicht aus ihr abgeleitet werden kann, es sei denn, du zeigst das mal.

Geld hat einzigartige Eigenschaften, die sogar Gott überfordern.

Geld ist eine Schöpfung des Menschen.

Gott ist genau so eine Schöpfung des Menschen wie Geld, ohne Menschen würde es beides nicht geben und die Erde würde sich vermutlich trotzdem weiterdrehen, nur friedlicher!

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vor 19 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ich verstehe nicht, was du meinst....

Ich versuche nachzuvollziehen, warum ein Glaube sich nach deiner Auffassung stets auf etwas Übernatürliches oder Quasi-Übernatürliches beziehen muss. Wenn man diese Auffassung zugrunde legt muss es ein Abgrenzungskriterium zwischen übernatürlich und nicht-übernatürlich geben. "Das Gute im Menschen" gehört anscheinend auf die erstere Seite. Wie sieht es mit konkretem menschlichen Verhalten, Gefühlsregungen, Zu- und Abneigungen aus? Ist das deiner Meinung nach übernatürlich oder beobachtbare Wirklichkeit? Wird es übernatürlich, sobald man es abstrahiert (z.B. wie die Freudsche Psychoanalyse)?

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Gerade eben schrieb Merkur:

Ich versuche nachzuvollziehen, warum ein Glaube sich nach deiner Auffassung stets auf etwas Übernatürliches oder Quasi-Übernatürliches beziehen muss. Wenn man diese Auffassung zugrunde legt muss es ein Abgrenzungskriterium zwischen übernatürlich und nicht-übernatürlich geben. "Das Gute im Menschen" gehört anscheinend auf die erstere Seite. Wie sieht es mit konkretem menschlichen Verhalten, Gefühlsregungen, Zu- und Abneigungen aus? Ist das deiner Meinung nach übernatürlich oder beobachtbare Wirklichkeit? Wird es übernatürlich, sobald man es abstrahiert (z.B. wie die Freudsche Psychoanalyse)?

 

Du weißt noch, wie die Diskussion begonnen hat? Es ging um die Unterscheidung zwischen religiösem Glauben und Glauben im alltäglichen Gebrauch von „nicht genau wissen“. Religionen beruhen aber nun mal auf dem Glauben an Übernatürliches, in aller Regel der Glaube an Götter und Wunder.

 

Harari hat das dann verallgemeinert auf den Glauben an Übermenschliches. Der Glaube an „das Gute im Menschen“ ist nicht übernatürlich, aber übermenschlich, nämlich unabhängig davon, wie die konkreten einzelnen Menschen wirklich sind. Der Glaube an den notwendigen und zielgerichteten Ablauf der Weltgeschichte im Kommunismus ist ebenfalls nicht übernatürlich, aber übermenschlich, weil er geglaubt wird als zwingenden Ablauf, dem das Schicksal der einzelnen Menschen unentrinnbar unterworfen ist.

 

Abstraktion, Modellbildung an sich macht noch keine Religion, und damit auch keinen religiösen Glauben, solange sich diese Modellbildung in enger Abstimmung mit empirischer Forschung vollzieht. Hier liegt wohl auch die Kritik an der Psychoanalyse, daß sie sich zu sehr an ideologischen Konzepten und weniger an beobachtbaren Tatsachen orientiert hat. Aber ich gebe zu, da fehlt mir die nötige Sachkenntnis.

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vor 34 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Du weißt noch, wie die Diskussion begonnen hat? Es ging um die Unterscheidung zwischen religiösem Glauben und Glauben im alltäglichen Gebrauch von „nicht genau wissen“. Religionen beruhen aber nun mal auf dem Glauben an Übernatürliches, in aller Regel der Glaube an Götter und Wunder.

 

Harari hat das dann verallgemeinert auf den Glauben an Übermenschliches. Der Glaube an „das Gute im Menschen“ ist nicht übernatürlich, aber übermenschlich, nämlich unabhängig davon, wie die konkreten einzelnen Menschen wirklich sind. Der Glaube an den notwendigen und zielgerichteten Ablauf der Weltgeschichte im Kommunismus ist ebenfalls nicht übernatürlich, aber übermenschlich, weil er geglaubt wird als zwingenden Ablauf, dem das Schicksal der einzelnen Menschen unentrinnbar unterworfen ist.

 

Abstraktion, Modellbildung an sich macht noch keine Religion, und damit auch keinen religiösen Glauben, solange sich diese Modellbildung in enger Abstimmung mit empirischer Forschung vollzieht. Hier liegt wohl auch die Kritik an der Psychoanalyse, daß sie sich zu sehr an ideologischen Konzepten und weniger an beobachtbaren Tatsachen orientiert hat. Aber ich gebe zu, da fehlt mir die nötige Sachkenntnis.

Fair.

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