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Die alt-katholische Kirche - Erfahrungsaustausch und Diskussion


Jan_Duever

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vor 1 Stunde schrieb Christopher:

Möglicherweise habe ich mich vom Titel "alt-katholisch" zu falschen Annahmen verleiten lassen.

 

Damit bist Du nicht der einzige. Ich habe übrigens vor mehr als 60 Jahren im römisch-katholischen Religionsunterricht verbraten bekommen, dass die Altkatholiken eine ganz, ganz böse Sekte seien, viiiieeel schlimmer noch als die Protestanten, die schon ein paar hundert Jahre zuvor von der einzig wahren Kirche abgefallen seien.

Daran, dass das Erste Vatikanum und die beiden dort erlassenen Dogmen behandelt worden wären, kann ich mich nicht erinnern. Darauf bin ich erst später durch hartnäckiges Nachgraben gestoßen, an den Anlass dazu kann ich mich nicht mehr erinnern. Da hat es mir dann langsam zu dämmern begonnen, was mit "alt" gemeint war/ist.

 

Zitat

Der Name „alt-katholisch“ entstand also im Hinblick auf die „alte“ Lehre der ungeteilten katholischen und apostolischen Kirche - in Abgrenzung zu den neuen Dogmen, die einen Bruch mit den alten Glaubensüberlieferungen darstellten und nicht mehr als katholisch im eigentlichen Sinn angesehen werden konnten.

 

bearbeitet von Julius
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1 hour ago, Chrysologus said:

Kalinka - schön dich wieder zu lesen!

 

:-) Und ich erst!

Und überhaupt alle, da summiert sich für mich "schön" grad zu "ursuperschönleiwound" oder sowas in der Art. ;-) Fühlt sich grad sehr gut an. :-)

 

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Das ist ja unglaublich, dass ein Thread über die AKK gleich zwei verlorengegangene mykath-Schafe wieder zur Herde führt! 

Auch von mir - allerdings ein Jahr später als von kalinka - ein herzliches Hallo in die Runde altbekannter Foranten. Sorry, einen alten Thread wieder ausgebuddelt zu haben, aber er passt nun mal zu einer mich aktuell beschäftigenden Frage. 

Ich hatte bewusst auf mykath nach Beiträgen zur AKK gesucht, da ich vor einem Monat in einer Sonntagsmesse der Berliner AKK-Gemeinde war. Wir hatten den Pfarrer der Altkatholiken vor weit über zehn Jahren einmal in unserem Familienkreis zu Gast und nun las ich im Netz, dass wenige Jahre später sein Nachfolger die Pfarre übernommen hat, der neue Pfarrer wie ich vom Niederrhein kommt und sein Ur-, Großvater und Vater bereits Pfarrer der Krefelder AKK-Gemeinde waren. Ich war neugierig und besuchte den Gottesdienst. Im übrigen erstmals wieder seit langer Zeit, da ich seit sieben Jahren meiner RKK-Heimatpfarre  als GD-Besucher verlustig gegangen bin und nur noch von Zeit zu Zeit in katholischen GD in Berlin war. 

Die Gemeinde, der Zelebrant (an jenem Sonntag war es der Vikar und nicht der Pfarrer aus Krefeld, hatte aber noch Gelegenheit, nach der Messe mit ihm zu sprechen) und die Liturgie - alles sprach mich an und ich begann, mich näher mit der AKK zu beschäftigen. Das Interesse ging soweit, dass ich mir sogar die 900 Seiten schwere Dissertation des amtierenden Bischofs besorgte, die sich mit der AKK zur NS-Zeit beschäftigt. Lothar hat dies in diesem Thread mit einer Zeile angesprochen, die "ungeliebten 12 Jahre", in denen die AKK zur Nationalkirche werden wollte. Verzeiht mir den unpassenden Vergleich, aber ein wesentlicher Grund für mich, jahrzehntelang sozialdemokratisch zu wählen war die eindeutige Positionierung der SPD gegen das Ermächtigungsgesetz. (Es hat lange gedauert bis ich mir bewusst wurde, dass es heute keine Genossen vom Schlage eines Otto Wels u. a. mehr in dieser Partei gibt und das nicht als Wahlargument weiter herhalten dürfte.) - Aber als ich die Hirtenbriefe eines AKK-Bischofs Kreuzers aus NS-Zeiten las, als ich las, dass 1/4 der Pfarrer seinerzeit in der NSDAP waren und dass erst im Jahre 2000 die AKK ein klares Bekenntnis zu ihrer Mitschuld abgegeben hat (https://www.alt-katholisch.de/information/geschichte/dass-wir-mitschuldig-geworden-sind.html), war meine Sympathie lädiert. Bekanntlich hat sich auch Rom in dieser Zeit nicht mit Ruhm bekleckert und nur verhaltene Proteste ("Mit brennender Sorge") verlauten lassen - aber eine Kirche, die die Machtübernahme auch noch guthieß (und in ihr die Möglichkeit sah, Mitglieder - stramme Nazis - anzuwerben, denen die RKK die Sakramente versagte) und selbst völkischen Idealen anhing und antisemitisch war - damit habe ich ein Problem. 

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Am 12.9.2018 um 18:10 schrieb Jan_Duever:

 

 


Gibt es unter Euch Alt-Katholiken oder hat jemand von Euch ebenfalls schon einem Gottesdienst in der alt-katholischen Kirche beigewohnt?
Mich würden eure Erfahrungen interessieren.

 

Ich bin selber kein Alt-Katholik, bin aber schon mehrfach in alt-katholischen Gottesdiesnten gewesen - wie auch in anglikanischen  Gottesdiensten, die recht ähnlich sind.

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vor 9 Stunden schrieb benedetto:

... damit habe ich ein Problem. 

Meiner Erfahrung nach (Außenbeobachtung) setzt sich die AKK heute intensiv und sehr selbstkritisch mit dieser Zeit auseinander.
Vermutlich hat die AKK 2019 nur noch wenige Mitglieder, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 irgendeinen Einfluss auf die Entscheidungen ihrer Kirche hatten.
Für mich würde also heute für den status quo das Dictum vom Max Mannheimer, einem Holocaust-Überlebenden, gelten: "Ihr sei nicht verantwortlich für das, was geschah, sondern dafür, dass es nicht wieder geschieht." Will sagen, ich würde heute die Frage stellen, wie sich die AKK zu wachsendem Antisemitismus in unserer Gesellschaft positioniert.

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Frage als jemand, der noch nie in einem AKK Gottesdienst war: Welches Messbuch/Agende benutzen denn die altkatholischen Gemeinden generell und besonders in Deutschland? Besitzen sie ein eigenes oder orientiert sich die Liturgie weitestgehend an der römischen "Mutterkirche"? Also Stand heute: Missale in deutscher Sprache mit den Änderungen im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils? Und wenn ja: Verehren die Altkatholiken von Rom kanonisierte, neue (neu im Sinn von nach ca. 1871) Heilige?

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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Am ‎11‎.‎10‎.‎2019 um 01:19 schrieb benedetto:

und dass erst im Jahre 2000 die AKK ein klares Bekenntnis zu ihrer Mitschuld abgegeben hat (https://www.alt-katholisch.de/information/geschichte/dass-wir-mitschuldig-geworden-sind.html), war meine Sympathie lädiert. Bekanntlich hat sich auch Rom in dieser Zeit nicht mit Ruhm bekleckert und nur verhaltene Proteste ("Mit brennender Sorge") verlauten lassen - aber eine Kirche, die die Machtübernahme auch noch guthieß (und in ihr die Möglichkeit sah, Mitglieder - stramme Nazis - anzuwerben, denen die RKK die Sakramente versagte) und selbst völkischen Idealen anhing und antisemitisch war - damit habe ich ein Problem. 

 

Hallo Benedetto, schön, von Dir zu lesen.

Solltest Du ihn mal wieder treffen, grüße den Ulf von mir. :) Die Altkatholische Gemeinschaft ist klein und kennt sich.

 

Nun ja, die Vergangenheit der altkatholischen Kirche ist düster, was 1933-45 anbelangt und chaotisch, was die Zeit von 1945 bis in die 1980er betrifft. Das liegt auch daran, dass man keine gesellschaftliche Komponente im Programm der Kirche hatte, sondern ausschließlich eine theologische. Die Vereinnahmung der Kirche durch die Nazis (und das willfährige Mitgehen des damaligen Bischofs) war dadurch besonders leicht. Eine Schlüsselfunktion dabei hatten wohl auch die sudetendeutschen altkatholischen Gemeinden, die sich in der Masaryk-Zeit, als die damalige Tschechoslowakei versuchte, die Deutschen zu marginalisieren, ziemlich stark als deutsche Nationalkirche fühlten und sich als deutsche Alternative zur ansonsten eher tschechisch dominierten Römisch-Katholischen Kirche geradezu anpriesen. Durchaus mit Erfolg.

Matthias Ring schreibt darüber in seinem tonnenschweren Buch.

Er schreibt auch über Pfarrer Heinrich Hütwohl in Bottrop, der die dortige Gemeinde geradezu zu einem Bollwerk der Waffen-SS-Mitglieder ausbaute.

 

Dann waren allerdings die 1000 Jahre schneller als erwartet zu Ende und die Sudetendeutschen landeten in Süddeutschland. Pfarrer Hütwohl versank in der Geschichte und die Gemeinde Bottrop musste sich neu finden. Der Anschluss an die Vergangenheit war verloren.

Die Sudetendeutschen in Süddeutschland - auch die Gemeinde Weidenberg hat diese Vergangenheit - konnten nun auch nicht mehr an die Vergangenheit anschließen. Eine im Sinne einer ungebrochenen Tradition bestehende Weiterentwicklung war erst einmal verbaut, weil auch ein deutlicher Teil der Mitglieder eben eine problematische Vergangenheit hatte (was übrigens auch das Schuldbekenntnis erschwerte). Es gab ehemalige Waffen-SS-Mitglieder, die ihre Kinder nicht altkatholisch taufen ließen, sondern evangelisch oder römisch, um ihnen die Mitgliedschaft in einer kleinen Kirche mit zweifelhafter Vergangenheit zu ersparen.

So beschränkten sich die sudetendeutsch dominierten Gemeinden oft genug auf die Tätigkeit eines sudetendeutschen Kulturvereins und die gottesdienstlichen Veranstaltungen auf unauffälligen Standard.

 

Erst in den 1970ern begann die Suche nach einem neuen Kirchenbild, was man ungefähr an den Bischöfen Brinkhues (zum Schluss seiner Dienstzeit) und Bischof Kraft festmachen kann. Damals stritt man sich über zwei entgegengesetzte Wege: Einmal das Bild einer "modernen", "liberalen" Kirche und einmal das Bild einer europäischen "orthodoxen" Kirche, also einer Kirche mit ostkirchlicher Theologie und Liturgie. Ersteres setzte sich mehrheitlich durch, und da stehen wir heute. Und da stehen wir nicht nur, da geht es weiter. Wer weiß, wohin...

 

Was Weidenberg als Beispiel anbelangt: Als ich dazu kam - 1994 - war der Umbruch am Laufen. Die inzwischen gefestigte neue Ausrichtung der Kirche führte zu Neubeitritten, nicht nur aus der RKK, sondern immer häufiger auch aus den EKD-Kirchen (und aus der Konfessionslosigkeit), und die Sudetendeutschen wurden immer weniger. Es gab Spannungen. Die sind inzwischen weitgehend vorbei, in unserem Kirchenvorstand gibt es seit dieser Amtszeit keine ehemaligen Sudetendeutschen mehr, sondern ausschließlich Beigetretene (und eine gebürtig getaufte Altkatholikin).

 

Gerade das Buch von Matthias Ring dokumentiert geradezu perfekt diesen Wandel der Kirche.

 

Ich darf hier die Aussage eines Gemeindemitgliedes und langjährigen Kirchenvorstandsmitgliedes - Jahrgang 1930 - zitieren und mir selber zu eigen machen: "Stellt Euch doch mal vor, wenn die Kirche heute noch so wäre wie damals, in den 1940ern: Das müsste uns doch furchtbar peinlich sein".

 

Womit wir ins absolute Heute zurückkehren: Setze Dich mit Pfarrer Ulf Schmidt zusammen und unterhalte Dich mit ihm über das Thema etwas genauer. Er hat sich aus ganz persönlichen Gründen sehr intensiv mit der damaligen Situation beschäftigt - der damalige Bischof Kreuzer ist ein relativ naher Verwandter von ihm (wie gesagt - die altkatholische Community ist ziemlich übersichtlich).

 

Grüße aus Weidenberg

Lothar

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vor 2 Stunden schrieb Lothar1962:

 

... und die Sudetendeutschen wurden immer weniger. Es gab Spannungen. Die sind inzwischen weitgehend vorbei, in unserem Kirchenvorstand gibt es seit dieser Amtszeit keine ehemaligen Sudetendeutschen mehr,...

 

Der Lauf der Zeit. Das ist so lange her, daß die damals Geflüchteten inzwischen aussterben. Für die hier geborenen Nachkommen ist das Sudetenland nur noch Geschichte, aber keine erfahrene Heimat mehr.

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vor 14 Minuten schrieb Moriz:

 

Der Lauf der Zeit. Das ist so lange her, daß die damals Geflüchteten inzwischen aussterben. Für die hier geborenen Nachkommen ist das Sudetenland nur noch Geschichte, aber keine erfahrene Heimat mehr.

 

Ja, wobei bei uns ein Interesse auch der Nachgeborenen an der alten Heimat ihrer Vorfahren existiert. Wir haben schon mehrere Reisen in das Isergebirge gemacht, auch jüngere Gemeindemitglieder waren dabei. Allerdings wird die Gegend natürlich nicht mehr als anzustrebende (deutschsprachige) Heimat wahrgenommen, sondern als schönes Urlaubsland mit persönlichen Bezügen. An der Tatsache, dass die dort lebenden Tschechen rechtmäßige Bewohner und Verwalter ihres Landes sind, zweifelt niemand mehr, es bestehen auch vielfältige Kontakte, unter anderem eine Art Kirchengemeindepartnerschaft zur Alt-Katholischen Gemeinde Desná (ich hab dort auch schon mal Orgel gespielt) und eine offizielle Gemeindepartnerschaft zwischen Weidenberg und Smržovka.

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vor 5 Stunden schrieb Lothar1962:

 

Womit wir ins absolute Heute zurückkehren: Setze Dich mit Pfarrer Ulf Schmidt zusammen und unterhalte Dich mit ihm über das Thema etwas genauer. Er hat sich aus ganz persönlichen Gründen sehr intensiv mit der damaligen Situation beschäftigt - der damalige Bischof Kreuzer ist ein relativ naher Verwandter von ihm (wie gesagt - die altkatholische Community ist ziemlich übersichtlich).

 

Grüße aus Weidenberg

Lothar

Hallo Lothar,

schön, von Dir zu hören!

Ich habe vor, in den nächsten Monaten häufiger in die Sonntagsmesse der AKK Berlin zu gehen - möchte ja auch mal einen "Nachbarn" vom Niederrhein wieder predigen hören :-). Vielleicht ergibt sich ja die Gelegenheit.

In seiner Dissertation beschreibt Bischof Ring das seinerzeitige Taktieren weniger als Vereinnahmung durch die Nazis, sondern eher als ein taktisches Sich-an-den-Hals-Werfen, da man sich erhoffte, mit der Idee einer Nationalkirche der AKK einen Mitgliederzulauf bescheren zu können. Er führt aus, dass dieses Anbiedern recht wenig erfolgreich war.

Aber gouvernantes Posting hat mich bereits zu einem versöhnlicheren Denken in dieser Frage gebracht.

 

Danke Dir für Deine ausführliche Antwort. Man liest sich!

 

Liebe Grüße

Harald 

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vor 3 Stunden schrieb Flo77:

Und ich mit Herrschaften, die keine PNs empfangen können.

Der Herr scheinen meine Telefonnummer verlegt zu haben, die seit 20 Jahren unverändert ist ;-) Und schreibt hier OTs! Verwerflich!
 

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vor 17 Minuten schrieb benedetto:

Der Herr scheinen meine Telefonnummer verlegt zu haben, die seit 20 Jahren unverändert ist 😉 Und schreibt hier OTs! Verwerflich!
 

Monsieur, ich 'abe nach drei neuen 'andys nur noch Ihre Dienstmobilfunknummer - und auf meine SMS geruhte der jetzige Nutzer der selbigen nicht zu antworten als ich ihn vor einigen Tagen angeschrieben habe.

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Monsieur, ich 'abe nach drei neuen 'andys

 

Hast Du die 'andys bei den 'öme' liegenlassen?

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vor 1 Minute schrieb Lothar1962:

 

Hast Du die 'andys bei den 'öme' liegenlassen?

Nö - beim ersten war's der Akku, beim zweiten der Speicher und beim dritten ein Display-Schaden.

 

Was gäb' ich heute noch für mein Nokia 3110...

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Nö - beim ersten war's der Akku, beim zweiten der Speicher und beim dritten ein Display-Schaden.

Was gäb' ich heute noch für mein Nokia 3110...

 

Für 84 Euronen gibt es das Ding bei Amadingsda.

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Noch ein Alt-Katholik (aus Hamburg), der über Suchmaschine auf dies Forum gestoßen ist. Um noch ein paar kleine Ergänzungen zu machen:

  Unsere Gemeinde wächst tatsächlich – langsam, viel auch durch Zuzüge eingetragener Alt-Katholik:innen in unser Gemeindegebiet, aber auch durch Beitritte. Seit Februar konnten wir ein bis zweimal im Monat ein oder zwei Neumitglieder begrüßen. Das sind fast alles ehemalige rk's. Leider fiel ja sei gut einem Jahr das „8. Sakrament“, das Beisammensein nach dem Gottesdienst weg, so dass nicht so viel Gelegenheit war, sich persönlich kennenzulernen, wie es sonst eigentlich typisch wäre. Mein Eindruck ist, dass es akute Anlässe gab, die aus einer schon länger andauernden Entfremdung zum Übertritt führten. Oft haben auch Medienberichte (z.B. über Anselm Bilgri) dazu geführt, dass Menschen erstmals von uns gehört haben, und jetzt neu in unseren Gottesdiensten auftauchen. 

  Weiter vorne war die Frage, wie diejenigen, die am liebsten möglichst weit hinten in der Kirche sitzen, bei uns glücklich werden: Vermutlich eher gar nicht. Vor Corona haben wir den Gottesdienst (in der ev.-luth. Kirche St. Trinitatis Altona) im Taufrund gefeiert, d.h. wir saßen im Halbkreis auf Hockern, also alle in der ersten Reihe. Mit den aktuellen Abstandsregeln nutzen wir dann doch das Hauptschiff, aber möglichst bald auch wieder draußen im Pfarrgarten. Der ist nicht so lauschig, wie es klingt, weil direkt neben einer 4-spurten Straße, Feuerwehr-/Polizeiwache direkt ums Eck, aber draußen darf man (aktuell: unter der Maske) singen – und ich freue mich jetzt schon auf das erste mehrstimmige Rimsky-Korsakov-Vater-Unser!!!

  Aber das muss man auch ganz klar sagen, wir bezeichnen uns ja als „Kirche für alle“, weil wir unabhängig von der Person willkommen heißen und niemanden ausschließen. Das bedeutet aber eben nicht, dass wir für jede und jeden die richtige Kirche sein können. Wer es gewohnt ist, dass die Kirche zu Fuß erreichbar ist, dass es mindestens eine Kinder-, eine Jugend-, eine Frauen- und eine Altengruppe gibt, Chor und Theater regelmäßig proben etc., der wird von uns vermutlich enttäuscht: Dafür sind die Gemeindegebiete zu groß, und die Mitgliederzahlen zu niedrig. [Wobei: Wären die Hälfte derjenigen regelmäßig wiedergekommen, die dergleichen vermisst haben, hätten wir das eine oder andere vielleicht inzwischen auf die Beine stellen können.] Wer glaubt, Synodalität heißt, „Alles läuft, wie ich es will“, der wird sich wundern. Aber: Wer eine Gemeinde sucht, die sich freut, wenn ein unbekanntes Gesicht auftaucht, bei der der Pfarrer/die Pfarrerin und mindestens die Hälfte der Anwesenden einen schon beim dritten oder vierten Besuch mit Vornamen begrüßt, wo man gerne immer wieder gesehen wird, selbst wenn man nicht Mitglied werden möchte, der ist herzlich eingeladen, einmal mit uns zu feiern.

  Stichwort „Heilige“: Heiligenverehrung ist uns eher fremd, mindestens hier im Norden, ich meine aber auch im Süden, oder Lothar? Wir sprechen allgemeiner von „Vorbildern im Glauben“ und dazu zählen für uns neben den historischen Heiligen dann auch unsere eigenen Bischöfe, naja: die meisten, und z.B. Martin Luther King und Edith Stein, ohne dass wir diese für Alt-Katholisch erklären wollten. Aber so wie wir Dogmen nur als allgemeinverbindlich anerkennen, wenn sie von der gesamten Kirche beschlossen wurden (grob: das erste Jahrtausend vor der Spaltung in lateinische West- und orthodoxe Ostkirche), so haben wir als kleine Teilkirche keine Autorität, Heilige zu kanonisieren. Und so wie wir Rom keine Kompetenz zugestehen, alleine neue Dogmen festzustellen, so sind auch die Kanonisierungen der Römisch-Katholischen Kirche für uns nicht relevant. 

  Stichwort: Tischgemeinschaft. Die ‚Gegenseitige Einladung zu Eucharistie und Abendmahl‘, die zunächst mit der VELKD (dem lutherischen Teil), später auch mit der ganzen EKD niedergelegt wurde, ist streng genommen nur dies: Die ausdrückliche Einladung, in den Gottesdiensten des jeweiligen anderen auch am Empfang von Brot und Wein teilzunehmen. Wobei, wie auch schon richtig bemerkt wurde, diese Einladung z.B. für uns AK ja nicht auf EKD-Mitglieder beschränkt ist, sondern „alle getauften Christ:innen, die mit uns an die Gegenwart Christi in Brot und Wein glauben“ einschließt. Zwar wurde dann lange auch in Altargemeinschaft konzelebriert, also z.B. große Limaliturgien mit dem Alt-Katholischen Bischof, Evangelischen Bischöf:innen und Vertretern der Anglikanischen Kirche gefeiert. Das wird gerade aber etwas schwierig, weil in der Evangelischen Kirche prominente Stimmen erklären, dass dass Abendmahl auch zu Hause über den Bildschirm mitgemacht werden könne. Und das ist dann doch ein ganz anderes Sakramentsverständnis als unseres. 

  Stichwort Mission: Wir sind keine Gemeinschaft, die sich in die Fußgängerzone stellt und Leute ‚ankobert‘. Woran wir aber versuchen zu arbeiten, ist unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, unsere Sichtbarkeit zu verbessern. Denn eine so kleine Kirche wie wir ist schlicht den allermeisten unbekannt, und wer nur den Namen hört, assoziiert meistens erst mal genau das falsche mit uns, und denkt an lateinische Messen. Wir sind, so meine Eindruck oder wenigstens meine persönliche Haltung, bescheiden, im Wissen um die Grenzen unserer Möglichkeiten, aber eigentlich doch zuversichtlich, dass für den eine oder die andere gerade wir mit einer klassischen katholischen Liturgie, aber gedanklich mitten im Leben der Gegenwart, genau die Kirche sein könnten, wonach sie oder er sich sehnt. 

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3 hours ago, o_aus_h said:

Noch ein Alt-Katholik (aus Hamburg),

 

Vielen Dank für den ausführlichen Bericht, vielleicht komme ich auf die freundliche Einladung mal zurück!

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Am 11.10.2019 um 12:30 schrieb Studiosus:

Frage als jemand, der noch nie in einem AKK Gottesdienst war: Welches Messbuch/Agende benutzen denn die altkatholischen Gemeinden generell und besonders in Deutschland? Besitzen sie ein eigenes oder orientiert sich die Liturgie weitestgehend an der römischen "Mutterkirche"? Also Stand heute: Missale in deutscher Sprache mit den Änderungen im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils? Und wenn ja: Verehren die Altkatholiken von Rom kanonisierte, neue (neu im Sinn von nach ca. 1871) Heilige?

Bin kein Theologe, aber mal aus meinem Wissen: Unser liturgische Kalender ist dem rk sehr ähnlich, aber er ist nicht identisch. Daher benutzen wir für die meisten Sonntage das rk Lektionar in der neuen Einheitsübersetzung, für bestimmte Tage gibt es aber ein „Eigenlektionar“, weil wir da andere Passagen als Lesungen haben. So feiern wir z.B. in der Weihnachtszeit den Sonntag  von der Taufe des Herrn und den Sonntag von der Hochzeit zu Kana; Fronleichnam heißt bei uns Danktag für die Eucharistie (wobei das die selben Texte sein dürften) und der letzte Sonntag des Kirchenjahres „vom wiederkehrenden Herrn“.

  Zu den Hochgebeten hatte ja schon jemand geschrieben, dass wir in unserem Altarbuch eine deutlich größere Auswahl haben, und bei einigen Formulierungen benutzen wir andere Wortlaute, aber schließlich haben wir auch ~70 Jahre früher angefangen, die Messe in deutsch zu halten. Wobei wir nach dem 2. Vaticanum auch viele Änderungen der rk nachvollzogen haben, so den Volksaltar.

  Im Prinzip entspricht unsere Eucharistiefeier ziemlich der Limaliturgie, der ja nicht nur die rk, sondern sehr viele des Weltkirchenrates zustimmen konnten. 

  Zu den Heiligen hatte ich ja schon in meinem langen Text geschrieben, dass Heiligenverehrung in unserer Kirche eher untypisch ist.  

bearbeitet von o_aus_h
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