Christopher Geschrieben 15. September 2018 Melden Share Geschrieben 15. September 2018 Moin Ich befasse mich derzeit näher damit, die evangelischen Ansichten und Interpretationen besser verstehen zu können. Bei einer Stelle komme ich aber nicht unbedingt weiter, weil ich meine eigene katholische Perspektive da nicht ablegen kann. Im Matthäus-Evangelium wird Petrus als der Fels bezeichnet, auf den Jesus seine Kirche baut - er, Petrus, erhält die Schlüssel des Himmelreiches. Aus Sicht der katholischen Lehre ergibt sich hierdurch ja das Papsttum: die Päpste sind direkte Nachfolger des Petrus und die Schlüssel des Himmelreiches werden weitergegeben. Die evangelische Perspektive lehnt bekanntermaßen den Papst und das Papsttum ab. An der Stelle kommt dann auch die Frage auf, auf die ich noch keine Antwort habe finden können. Soweit ich das verstehe, interpretieren die Evangelischen es so, dass Petrus zwar ein besonderes "Amt" zugeschrieben bekommt, dieses aber nicht weitergegeben wird (da davon ja nichts in der Bibel steht - sola scriptura). Demzufolge kann es keine Nachfolger und somit auch keine Päpste geben. Wer aber hat, nach evangelischer Auslegung, nun die Schlüssel des Himmelreiches, wenn sie denn nicht übergeben wurden? Jeder? Christopher Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Ennasus Geschrieben 20. September 2018 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 20. September 2018 (bearbeitet) Ich kenne die evangelische Sicht nicht. Aber für mich bekommt diese Stelle - wie immer - dann Sinn, wenn ich zumindest mitdenke, dass Namen im Judentum und in der hebräischen Sprache sprechende Namen sind und dass sie etwas über den jeweiligen Menschen, der so heißt, sagen. Und - genauso wichtig: all diese Namen bezeichnen nicht nur diesen konkreten Menschen aus der gerade erzählten Geschichte, sondern diese Menschen mit ihren Namen stehen für Haltungen und Kompetenzen, die es in jedem von uns gibt (oder auch nicht gibt). Für mich ist darum eigentlich viel wichtiger, zu verstehen, was einen Menschen zum Felsen macht, der die "Schlüssel zum Himmelreich" in der Hand hat. Ich glaube, dass das ein richtiger Ansatz ist, den du am Ende deines Postings schreibst: Jeder, der in sich diese Eigenschaften eines Petrus entwickelt oder wachsen lässt, bekommt diese Schlüssel in die Hand. Petrus hat ja ganz ohne Zweifel eine Sonderstellung unter den Aposteln. Wenn man versteht, was ihm die Sonderstellung verleiht, was ihn zum Felsen macht, hilft das vielleicht auch bei der Frage danach, wer seine Nachfolger sind, auf was für Menschen Jesus seine Versammlung, die Herausgerufenen, bauen will. Es sind Petrus' Namen und Beinamen, die helfen, das besser zu verstehen: Petrus wird in die Evangelien eingeführt als Simon, Bruder des Andreas. Das Wort Simon (Shimeon) hat mit hören zu tun, es kann übersetzt werden als „Er (Gott) hat gehört“ oder als „der, der zuhört“. Simon ist also jemand, der hört und der gehört wird, jemand, der zumindest eine Ahnung davon hat, was Gott von ihm will, was sein Auftrag und seine Aufgabe ist. (Petrus ist sogar so offen für diese Stimme Gottes in ihm, dass er erkennt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Und Jesus antwortet ihm denn auch: „Nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“) Diese Bereitschaft hinzuhören und das daraus folgende Erkennen, das ist wahrscheinlich die Voraussetzung für alles andere. Simon ist der Bruder des Andreas. Auch der Name Andreas hat eine Bedeutung, es kommt von „Mannhaftigkeit, Tapferkeit, Tüchtigkeit“ - und das sind Eigenschaften, die nah verwandt sind mit dem, was vermutlich einen Menschen auszeichnet, der „der Fels“ genannt wird: Kephas (Fels auf aramäisch), Petrus (Fels auf lateinisch). Das gehört zu Petrus: Dass er ein Fels ist, dass er stark ist, intensiv, belastbar, dass er Kraft hat. In der Apostelgeschichte (Apg 3,1-10) wird das ganz plastisch erzählt – „Was ich habe, das gebe ich dir“, sagt er zu einem Gelähmten, fasst ihn an der Hand und richtet ihn auf – und „sogleich kam Kraft in seine Füße und Gelenke.“ Auch in den anderen Geschichten über ihn wirkt Petrus wie ein Mensch voll Power, voll Energie, voll Einsatzbereitschaft. Ein weiterer Name, mit dem Jesus ihn benennt: Simon Barjona, Simon, Sohn des Jona.Barjona wird auch als Eigenschaftswort verwendet – es heißt dann: „impulsiv“ oder „unbeherrscht“, „hitzköpfig“. Das ist auch etwas, was zu Petrus gehört – sein plötzliches Auflodern, seine impulsive Art, dreinzuschlagen. Ohne viel nachzudenken, voll hitzigem Eifer haut er dem Malchus das Ohr ab (Ausgerechnet das Ohr! So, dass der nicht mehr hören kann!) Es ist diese plötzlich auflodernde Zornkraft, die wiederholt dazu führt, dass Petrus zurechtgewiesen wird. Diese Emotionalität, die Kraft, die in diesen heftigen Gefühlswallungen steckt, und die sich so gewaltvoll zerstörerisch entladen kann, die kann sich aber auch ganz anders zeigen: als Begeisterungsfähigkeit, als entbranntes Herz für das Richtige, Gute, für den Wert. Beide Möglichkeiten stecken im Namen Bar Jona: Jona heißt Taube – und die Taube ist d a s Symbol für das Wirken des Geistes Gottes – und gleichzeitig heißt es auch: Er hat unterdrückt! Das heißt, wo Jona ist, ist beides da: Geistbegabung und Begeisterung, aber auch das Unterdrücken dessen, wozu einen der Geist ruft. (Die Geschichte des Propheten Jona erzählt von dieser Spannung und davon, wie Jona lernen musste, nicht vor seiner Berufung zu fliehen, sie nicht zu unterdrücken, sondern sich in ihren Dienst zu stellen). Genau das muss auch Petrus, der Sohn des Jona, lernen – und bitterlich weinen, als er verstanden hatte, was er angestellt hat, als er Jesus dreimal verleugnet hat: Dass es grundfalsch ist, davon zu laufen, wenn es ernst wird und das, was man als Kostbarstes erkannt hatte (Jesus, den Messias), zu verleugnen (und womöglich dann auch noch umgekehrt die andern, die nicht so tun, wie sie sollten, bestrafen wollen, wie Jona das ja für die Leute in Ninive haben will). Petrus als Sohn des Jona muss (wie Jona auch) lernen, dass es stattdessen das einzig Richtige ist, sich selbst und seinem höchsten Wert treu zu bleiben. Ob er das verstanden hat und ob er verstanden hat, dass in einem Handeln aus Liebe Gewalt und Angst und Eigenmächtigkeit keinen Platz haben, danach fragt Jesus, glaube ich, in der letzten Begegnung zwischen Jesus und Petrus, die in den Evangelien erzählt wird: Nach der Auferstehung, am See Genezareth. Dieses dreimalige „Liebst du mich“ – an Simon, den Sohn des Johannes, wie er jetzt auf einmal heißt, das ist die Frage danach: Wirst du in Zukunft aus einer liebenden Haltung heraus handeln und deine Urteile fällen? Bist du sicher, dass du das durchziehen kannst? Johannes heißt: „Gott ist die gnädig, Gott ist die Liebe“. Wenn Petrus ein Sohn dieser Haltung geworden ist, dann ist er fähig, die Schafe zu weiden, für die ihm Anvertrauten gut zu sorgen. (Und noch als Letztes, das ist jetzt kein Name, aber ich denke, es ist kein Zufall, dass das in dieser Geschichte steht: Wenn jemand einwilligt in so eine Haltung und ja dazu sagt, dass er weder davon laufen, noch Gewalt anwenden, nicht aus Wut zerstören, sondern seine Kraft im Sinn des Lebens anwenden will, dann hat das Konsequenzen. Dann kann man nicht mehr gehen, wohin man will, dann muss man Ohnmacht und Abhängigkeit aushalten und sich gürten und führen lassen, wohin man vielleicht gar nicht will.) Ich denke, Menschen, die so sind, das sind wirklich die, auf denen "Kirche gebaut" werden kann. bearbeitet 20. September 2018 von Ennasus 2 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 20. September 2018 Melden Share Geschrieben 20. September 2018 Am 15.9.2018 um 11:42 schrieb Christopher: Schlüssel des Himmelreiches Was verstehst Du darunter? Binde- und Lösevollmacht wurde auch den anderen Jüngern zugesprochen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Christopher Geschrieben 21. September 2018 Autor Melden Share Geschrieben 21. September 2018 Ennasus, wow - vielen Dank für Deine unfassbare Mühe! Dass die Namen eine Geschichte erzählen war mir teilweise zwar bewusst, aber mir war nicht bewusst, wie umfassend und klug gewählt das alles ist. vor 14 Stunden schrieb Ennasus: Jeder, der in sich diese Eigenschaften eines Petrus entwickelt oder wachsen lässt, bekommt diese Schlüssel in die Hand. Das, gouvernante, war auch ungefähr mein Gedankengang - auch wenn ich ihn bei weitem nicht so gut wie Ennasus hätte ausdrücken können. Ich verstehe unter Schlüssel des Himmelreiches (natürlich) nichts physikalisches, also keine Schlüsselübergabe wie bei einer Wohnung. Ich hatte es so verstanden, dass manchen Menschen im Besonderen die Gabe gegeben ist, wie Petrus zu sein - hinhören zu können, verstehen zu können, bekennen zu können. Ennasus hat ja so gut erklärt, dass Petrus versteht, was sein Auftrag ist / was Gott von ihm will. Ich glaube, dass 2 Kor 5, 20 beschreibt, was mir durch den Kopf geht: Zitat 20 Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! Alle Christen sind dazu aufgerufen, wie Paulus zu handeln: nämlich so, wie Christus es uns vorgelebt hat. Ich glaube, dass man dann - wenn man sich bewusst macht, dass Gott in jedem von uns handeln möchte - den Schlüssel zum Himmelreich bekommen kann. Oder zumindest die Tür aufgeschlossen bekommt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 21. September 2018 Melden Share Geschrieben 21. September 2018 vor 8 Stunden schrieb Christopher: Ennasus, wow - vielen Dank für Deine unfassbare Mühe! Dass die Namen eine Geschichte erzählen war mir teilweise zwar bewusst, aber mir war nicht bewusst, wie umfassend und klug gewählt das alles ist. Das, gouvernante, war auch ungefähr mein Gedankengang - auch wenn ich ihn bei weitem nicht so gut wie Ennasus hätte ausdrücken können. Ich verstehe unter Schlüssel des Himmelreiches (natürlich) nichts physikalisches, also keine Schlüsselübergabe wie bei einer Wohnung. Ich hatte es so verstanden, dass manchen Menschen im Besonderen die Gabe gegeben ist, wie Petrus zu sein - hinhören zu können, verstehen zu können, bekennen zu können. Ennasus hat ja so gut erklärt, dass Petrus versteht, was sein Auftrag ist / was Gott von ihm will. Ich glaube, dass 2 Kor 5, 20 beschreibt, was mir durch den Kopf geht: Alle Christen sind dazu aufgerufen, wie Paulus zu handeln: nämlich so, wie Christus es uns vorgelebt hat. Ich glaube, dass man dann - wenn man sich bewusst macht, dass Gott in jedem von uns handeln möchte - den Schlüssel zum Himmelreich bekommen kann. Oder zumindest die Tür aufgeschlossen bekommt. Hallo Christopher, mich freut das sehr, wenn du etwas damit anfangen kannst ! Ganz so viel Arbeit war es nicht - mit den Namen Petri hatte ich mich schon vor einiger Zeit einmal auseinander gesetzt, ich konnte beim Antworten auf dein Posting auf Notizen von damals zurück greifen. (Für mich ist die Bibel - wenn man sie so liest - ein ungeheurer Schatz, der mir auch ganz viel für mein Leben verstehen hilft.) Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 22. September 2018 Melden Share Geschrieben 22. September 2018 Für mich sind diese Ausführungen eher ein Grund die Historizität der Ereignisse doch zu bezweifeln. So viele Zufälle kann es eigentlich nicht geben - der Verdacht die Evangelisten hätten das ganze nur komponiert nimmt der Sache extrem viel von ihrer Glaubwürdigkeit. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 22. September 2018 Melden Share Geschrieben 22. September 2018 (bearbeitet) Wirklich? Für mich gar nicht! Dass die Evangelien keine journalistischen Aufbereitungen des historischen Lebens Jesu im heutigen Sinn sind, das ist doch längst klar, oder nicht? Dass sie trotzdem über real existiert habende Menschen berichten, für mich auch. Und dass es ihnen gelingt, mit Hilfe dieser äußeren Geschehnisse und dieser realen Menschen sowohl wirkliche Möglichkeiten und Geschehnisse in der äußeren Welt u n d Wissen über innere Entwicklungen und Wachstumsprozesse ins Wort zu bringen, das macht sie - in religiöser Sprache gesagt - zum Wort Gottes. bearbeitet 22. September 2018 von Ennasus 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 Mich erinnert diese Passage immer an "Wer bis an das Ende behart, der wird selig". Damit meine ich nicht einen rigider Dogmatismus, sondern dass das Bewahren von dem Kern von dem, was man fuer richtig und wertvoll begriffen hat, den nicht zu veraeussern fuer etwas, was sich nicht lohnt, vielleicht aber kurzfristigen Applaus bringt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 (bearbeitet) vor 21 Stunden schrieb Ennasus: Wirklich? Für mich gar nicht! Dass die Evangelien keine journalistischen Aufbereitungen des historischen Lebens Jesu im heutigen Sinn sind, das ist doch längst klar, oder nicht? Dass sie trotzdem über real existiert habende Menschen berichten, für mich auch. Und dass es ihnen gelingt, mit Hilfe dieser äußeren Geschehnisse und dieser realen Menschen sowohl wirkliche Möglichkeiten und Geschehnisse in der äußeren Welt u n d Wissen über innere Entwicklungen und Wachstumsprozesse ins Wort zu bringen, das macht sie - in religiöser Sprache gesagt - zum Wort Gottes. Daß es sich nicht um eine tagebuchmäßige Dokumentation handelt, ist mir durchaus bewusst. Allerdings lässt sich die historische Realität nur bis zu einem gewissen Grad redaktionell überarbeiten ohne zur Fiktion bzw. zum reinen Mythos zu werden. Wenn aber sämtliche handelnden Personen neue - "sprechende" - Namen bekommen, damit die Story eine zusätzliche Erzählebene hat, nimmt man der historischen Person damit ihre Identität und beschränkt sie auf ihre erzählerisch-funktionelle Eigenschaft. Damit stünden die Evangelien letztlich auf der gleichen Stufe wie die Edda, die Artussage oder das Nibelungenlied. bearbeitet 23. September 2018 von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 Den Kern kann man schon als hiostorisch evident benennen: Die eigenartig herausgehobene Rolle Petri in der ganz frühen Kirche steht außer Frage. Wenn mich mein exegetisches Wissen nicht verläßt, dann gibt es auch gute Indizien dafür, dass der Spitzname Kephas auf Jesus selbst zurückgeht. Das schließt aber nicht aus, dass der Redaktor des Evangeliums eine Reihe von Einzelanekdoten genommen und zu einer Geschichte verwoben hat, die der frühen Kirche dann überzeugend und wahr erschien, wahr nicht im Sinne von "genau so war es", aber wahr im Sinen von "so hätte es sich zugetragen haben können". Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb Flo77: Daß es sich nicht um eine tagebuchmäßige Dokumentation handelt, ist mir durchaus bewusst. Allerdings lässt sich die historische Realität nur bis zu einem gewissen Grad redaktionell überarbeiten ohne zur Fiktion bzw. zum reinen Mythos zu werden. Wenn aber sämtliche handelnden Personen neue - "sprechende" - Namen bekommen, damit die Story eine zusätzliche Erzählebene hat, nimmt man der historischen Person damit ihre Identität und beschränkt sie auf ihre erzählerisch-funktionelle Eigenschaft. Damit stünden die Evangelien letztlich auf der gleichen Stufe wie die Edda, die Artussage oder das Nibelungenlied. Ich denke, dass die Evangelien sehr verschiedene Zugänge zur historischen Realität haben und dass es unbedingt alle vier braucht, die sich gegenseitig ergänzen. Markus dürfte der sein, der deinen Ansprüchen am ehesten gerecht wird. Er erzählt mehr oder weniger kommentarlos die sinnlich wahrnehmbare Oberfläche des Tatsächlichen. Wie ein Augenzeuge, der brav berichtet, was geschehen ist, was gesprochen wurde, was sich danach ereignet hat... Er interpretiert nicht, er erweitert nicht, verarbeitet und erklärt nicht. Er erzählt die Basis, auf der dann alle anderen Zugänge beruhen. Das Matthäusevangelium verwendet eine zweite Perspektive: die des menschlichen Verstandes. Der Schreiber hat begonnen, darüber nachzudenken, was passiert ist und er kommentiert das Geschehen mit Hilfe seines Wissens, seiner Erinnerung und seinem Weltild und er fügt Urteile und Interpretationen dazu. So, dass sich das Geschehene einfügt in das, was er schon von der Welt verstanden hat. Wie das ein Zeitungskommentator es heute vielleicht auch machen würde. Das ist wichtig und notwendig bei der Perzeption von Geschehnissen - aber es ist völlig subjektiv. Und daher unbedingt immer wieder am tatsächlich Geschehenen zu überprüfen. Lukas schreibt noch einmal anders - er erzählt in Bildern, er "schaut die Bedeutung" des Geschehenen. Er erfasst das intuitiv oder wie im Traum - und diese Bilderebene verbindet das, was geschehen ist, erst mit der Tiefe, gibt ihm Leben und Wert. Das Schauen in Bildern ist die Wahrnehmungsweise der "Seele". Sie ist ganz nah bei unserer Sehnsucht nach Geborgenheit und weit weg vom rationalem Verstand. Die Folge ist, dass diese Bilder einerseits wunderbar funktionieren, um sich wohlig und ein bisschen kitschig in sie einzulullen - und sie andererseits natürlich den rationalen Verstand zu Misstrauen und Spott provozieren. Damit beides nicht geschieht, braucht auch diese Sichtweise immer den Rückbezug zur Realität. Und es braucht den Verstand, um darüber nachzudenken, wovon die Bilder sprechen und das Geschaute mit Wissen zu verbinden. Das Johannesevangelium ist das Komplexeste: Es redet vom Wechsel der Ebenen, vom gleichnishaften Begreifen. Es beschreibt das Wirken des Geistes in allem Geschehenen und in allen Dingen. Die Voraussetzung dafür, seine Sprache zu verstehen, ist, dass die Blickrichtungen der anderen drei Evangelien gleichzeitig gültig sein dürfen: Alles, was gesehen wurde, wie es war, alles, was dazu erinnert und gedacht wurde und alles, was dazu erahnt oder intuitiv erfasst wurde und was es an Bedeutung bekommen hat. Dann kann es als Ganzes als Symbolsprache verstanden werden, das vom "Fleisch gewordenen Wort" spricht, von der zu Wirklichkeit gewordenen Bedeutung. bearbeitet 23. September 2018 von Ennasus 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 vor 1 Stunde schrieb Chrysologus: der Spitzname Kephas Einige Jünger hatten Spitznamen. Ich habe das auch immer als Bezeugung einer gesunden Gruppendynamik verstanden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 23. September 2018 Melden Share Geschrieben 23. September 2018 vor 22 Minuten schrieb gouvernante: Einige Jünger hatten Spitznamen. Ich habe das auch immer als Bezeugung einer gesunden Gruppendynamik verstanden. Der Spitzname Kephas ist das eine, die von Ennasus erwähnte Namensbedeutung Simon Barjonas und Andreas' geht weit über die Spitznamen in einer Gruppendynamik hinaus. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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