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Nackenschläge - Kirche vs. Gläubige


Shubashi

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vor 21 Minuten schrieb Mistah Kurtz:

 

Ich verstehe nicht, was daran Sophimus sein soll. Familie ist eine soziale Struktur. Und wenn jemand darin sich an Kindern vergeht, wird der Verantwortliche hoffentlich dafür auch entsprechend bestraft. Nur hört damit die Familie nicht auf. Auch verstehe ich nicht, was Dich so stört  "Einen "strukturellen Faktor" mit einer konkreten Organisation zu vergleichen". Familie ist kein "strukturellen Faktor", sondern ist Struktur, so wie die Kirche als sozialer Organismus, um es mal so auszudrücken, natürlich Struktur ist.

 

Weißt du überhaupt, was eine "Struktur" ist, bzw. was man darunter versteht? "Die Familie" gibt es nicht, "die" Kirche schon. Oder auf gut deutsch: Familien gibt es Millionen, Kirchen nur zwei oder drei in Deutschland. Und nun schau mal, wo dein Gedankenfehler steckt.

bearbeitet von Marcellinus
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vor 2 Stunden schrieb rince:

Ich vermute, in Irland wirst du inzwischen auch fündig werden.

 

Der Grund dürfte schlicht und ergreifend der immer noch existierende Psychoterror und der Missbrauch am Menschen durch die Kirche und einige ihrer Funktionsträger sein, die heute halt immer seltener ängstlich schweigend hingenommen werden.

 

Aber offensichtlich werden Menschen, die Unangenehmes ansprechen, immer noch von einigen erst mal lieber als Querulanten und Nestbeschmutzer hingestellt. Das ist für einige vermutlich einfacher, als sich mit den Problemen auseinander zu setzen zu müssen...

Ja, das kenn' ich. Aber es ist doch so, daß es außerdem mehr Schönes zum Freuen gibt. Daneben gibt es halt die schweflige Tradition von Judas bis Kardinal Pell. Mit der muß man leben, denn erst die Ecclesia triumphans ist rundum eine societas perfecta. Also, gaudete!

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vor 3 Stunden schrieb Long John Silver:

 

Sinnvoll koennte ich mir einen solchen Thread vorstellen, wenn er dazu dient, die positiven Prozesse, die zur Abstellung bestimmter Misstaende gefuehrt haben oder im Gang sind,  in den Vordergrund zu stellen. Das Hier und Heute zaehlt, nicht wie es anno dazu mal ueblerweise so war. Sonst gelangt man ganz schnell in die Position mancher Atheisten, die ihre Meinung zur Kirche daraus beziehen, dass sie vor 60 Jahren mit einem Beichtspiegel traktiert wurden, den heute kein Pfarrer mehr verwendet bei der Erstkommunion. 

 

Ich habe vor ein paar Jahren mal in einer Kleinstadt, in der ich inzwischen nicht mehr wohne, die "Beichtaufsicht" für die Erstkommunionkinder übernommen und die Kinder sind dann vor dem Beichten, weil sie mich aus anderen Kontexten kannten, noch mit hunderttausend Fragen zu mir gekommen, weil sie aufgeregt waren. Soweit, so normal.

Aber was für eine Angst diesen Kindern vor der Beichte gemacht worden war (bzw. was für eine Angst sie hatten, aber die muss ja irgendwo her kommen), das war nicht normal.

Und der Beichtspiegel, den die hatten, der hat mir im Nachhinein auch verständlich gemacht, warum. Allein schon zum Beispiel, wenn man in einem Beichtspiegel für Neunjährige beim sechsten Gebot katalogartig "schlechte" Filme, Selbstbefriedigung, ... abfragt.

Wenn mein Kind, falls ich mal eines haben sollte, mit einem solchen Beichtspiegel von der Erstkommunionvorbereitung heim kommen sollte, dann hat der Pfarrer oder wer auch immer zuständig ist, definitiv ein Problem mit mir...

Aber es gibt so was immer noch. Und man hat so wenig Möglichkeiten, sich zu wehren. Man kann sich ja als Mutter/Vater schlecht vorher alle Materialien geben lassen, die es im Reli/EKO-Unterricht gibt. Und man will den Kindern ja nicht die Möglichkeit nehmen, in eine Gemeinde hineinzuwachsen. Aber manchmal scheint mir der Preis schon recht hoch, auch wenn man vieles glaub ich zuhause wieder "geradebiegen" kann.

 

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vor 28 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Weißt du überhaupt, was eine "Struktur" ist, bzw. was man darunter versteht? "Die Familie" gibt es nicht, "die" Kirche schon. Oder auf gut deutsch: Familien gibt es Millionen, Kirchen nur zwei oder drei in Deutschland. Und nun schau mal, wo dein Gedankenfehler steckt.

 

Ich glaube schon, dass ich das weiß. Aber um klar zu stellen, was ich meine, zitiere ich mal aus dem Lexikon der Geographie, Stichwort "Familienstruktur"

 

Zitat

Familienstruktur, leitet sich aus den rechtlichen und soziobiologischen Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern ab (Haushaltsstruktur). Eine zentrale Position nehmen bei der Definition Eltern und ihre Kinder ein. Sie bilden die Kernfamilie oder vollständige Familie. Der erweiterten Familie gehören neben Eltern und ihren Kindern noch zusätzlich Verwandte an. Von ihr abzugrenzen sind unvollständige Familien, die aus ledigen Personen, Verwitweten oder Geschiedenen mit ihren Kindern bestehen. Haben Kinder ihre Eltern oder einen Elternteil bereits verlassen, spricht man von Restfamilie (Lebenszyklus). - Quelle: Spektrum der Wissenschaft - Lexikon der Geographie: Familienstruktur

 

Es gibt, nebenbei gesagt, sehr viel mehr als nur zwei oder drei Kirchen in Deutschland, oder sagen wir lieber christliche Religionsgemeinschaften. Zu meiner eigenen Überraschung - ich habe das gerade schnell mal überflogen - sind es über 60. "Die Familie"gibt es  schon. Wenn Du nämlich Klassenbildung nach gemeinsamen Merkmalen ausschließt, also alles individualisierst, lässt sich nichts mehr vergleichen und ist über nichts mehr  sinnvolle Aussagen möglich. Und ich gehe davon aus, dass Du kein Anhänger eines erkenntnistheoretischen Solipsismus bist. 

bearbeitet von Mistah Kurtz
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vor 53 Minuten schrieb gouvernante:

Hm.  Ich denke schon, dass der sexualisierte Missbrauch von Kindern in unserer Kirche exemplarisch zeigt, dass es nicht nur um "einzelne Trottel", sondern um strukturelle Faktoren geht.

 

Aber das ist genau das Problem bei diesem Thread: strukturelle Faktoren werden vermengt werden mit pastoralen Fehlleistungen einzelner. 

 

Dabei wird unterm Tisch gekehrt, dass gewisse pastorale Fehlleistungen von der Kirche weder erwuenscht noch gedeckt sind. 

 

Am Ende hat doch keiner mehr Interesse daran, diese Bereiche auseinanderzuhalten. Und das ist eben schade.

 

In den letzten Jahrzehnten hat sich vieles geaendert in der katholischen Kirche, sei es der Umgang mit dem Thema Hoelle, sei es mit der Beichte (vor allem der Erstkommunion), sei es in bestimmten pastoralen Fragen wie Suizid. Bei allem Beduerfnis und der Notwendigkeit, den Finger auf die strukturellen Probleme zu legen (das Grundthema von "Die Kleriker" ist laengst nicht vom Tisch) ist fuer den einzelnen Glaeubigen (in allen Konfessionen uebrigens) immer das Allerwichtigste, wie ihm im pastoralen Bereich begegnet wird, in der Seelsorge.  Die strukturellen Probleme, die mit der Vertuschung von Kindesmissbrauch zu tun haben, stehen in einem anderen Zusammenhang wie z.B. die Ansichten dieses bestimmten Priesters. Wenn das nicht auseinandergehalten wird, kommt man eben zu dieser Muellkippe, von der ich sprach, wo wahllos alles drauf gekippt wird, strukturelle Probleme, persoenliche Anekdoetchen, pastorale Fehlleistungen einzelne Geistlicher. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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vor 7 Minuten schrieb theresa???:

Ich habe vor ein paar Jahren mal in einer Kleinstadt, in der ich inzwischen nicht mehr wohne, die "Beichtaufsicht" für die Erstkommunionkinder übernommen und die Kinder sind dann vor dem Beichten, weil sie mich aus anderen Kontexten kannten, noch mit hunderttausend Fragen zu mir gekommen, weil sie aufgeregt waren. Soweit, so normal.

Aber was für eine Angst diesen Kindern vor der Beichte gemacht worden war (bzw. was für eine Angst sie hatten, aber die muss ja irgendwo her kommen), das war nicht normal.

Und der Beichtspiegel, den die hatten, der hat mir im Nachhinein auch verständlich gemacht, warum. Allein schon zum Beispiel, wenn man in einem Beichtspiegel für Neunjährige beim sechsten Gebot katalogartig "schlechte" Filme, Selbstbefriedigung, ... abfragt.

Wenn mein Kind, falls ich mal eines haben sollte, mit einem solchen Beichtspiegel von der Erstkommunionvorbereitung heim kommen sollte, dann hat der Pfarrer oder wer auch immer zuständig ist, definitiv ein Problem mit mir...

Aber es gibt so was immer noch. Und man hat so wenig Möglichkeiten, sich zu wehren. Man kann sich ja als Mutter/Vater schlecht vorher alle Materialien geben lassen, die es im Reli/EKO-Unterricht gibt. Und man will den Kindern ja nicht die Möglichkeit nehmen, in eine Gemeinde hineinzuwachsen. Aber manchmal scheint mir der Preis schon recht hoch, auch wenn man vieles glaub ich zuhause wieder "geradebiegen" kann.

 

 

Sorry, aber meine beiden aelteren Kinder waren bei der Erstkommunion, und da wurde weder ueber Selbstbefriedigung abgefragt, noch schlechte Filme noch sonstirgendwas Angstmachendes was gefragt oder ueberhaupt thematisiert. Das war vor ca. 18 Jahren oder so. Keines meiner Kinder hatte Angst vor der Beichte. 

 

Ich war auch bei der Erstkommunion-Vorbereitung dabei (nicht bei beiden, aber bei dem juengeren Sohn), und ich bin mir absolut sicher, dass den Kindern weder Angst gemacht wurde insgesamt, was den Glauben betrifft oder speziell was Suenden betrifft. Das wuesste ich. 

 

(Ich fand das ganze eher im Gegenteil etwas zu lasch, was die Unterweisung in bestimmten Ritualen betraf, ich haette gern gehabt, dass sie mehr haetten auswendig lernen muessen, aber das haengt mit meiner eigenen christlichen Erziehung zusammen, in der viel mehr "gelernt" wurde an Bibeltexten etc., was mir bis heute zu gute kommt). 

 

 

 

 

 

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vor 1 Minute schrieb Long John Silver:

 

Sorry, aber meine beiden aelteren Kinder waren bei der Erstkommunion, und da wurde weder ueber Selbstbefriedigung abgefragt, noch schlechte Filme noch sonstirgendwas Angstmachendes was gefragt oder ueberhaupt thematisiert. Das war vor ca. 18 Jahren oder so. Keines meiner Kinder hatte Angst vor der Beichte. 

 

Ich war auch bei der Erstkommunion-Vorbereitung dabei (nicht bei beiden, aber bei dem juengeren Sohn), und ich bin mir absolut sicher, dass den Kindern weder Angst gemacht wurde insgesamt, was den Glauben betrifft oder speziell was Suenden betrifft. Das wuesste ich. 

 

(Ich fand das ganze eher im Gegenteil etwas zu lasch, was die Unterweisung in bestimmten Ritualen betraf, ich haette gern gehabt, dass sie mehr haetten auswendig lernen muessen, aber das haengt mit meiner eigenen christlichen Erziehung zusammen, in der viel mehr "gelernt" wurde an Bibeltexten etc., was mir bis heute zu gute kommt). 

 

 

 

 

 

Natürlich, es gibt solche und solche Gemeinden.

Ich wollte mit meinem Beitrag nur ausdrücken, dass es eben auch Gemeinden gibt, wo Kindern Angst gemacht wird. Immer noch.

 

Dass das hoffentlich nicht die Mehrzahl und jedenfalls definitiv nicht alle sind, steht auf einem anderen Blatt.

bearbeitet von theresa???
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vor 3 Stunden schrieb Shubashi:

 

 

Ich meine fast, die Kirche teilt damit heute das Schicksal vieler Institutionen in demokratischen Staaten: der gesamtgesellschaftliche Vertrauensverlust ist durch "Erfolgsstories" bei den "oberen 3%" der Elite nicht zu heilen.

 

Ich denke, die Erfolgsstory des christlichen Glaubens war nie die einer Elite von 3%, die Vertrauen erzeugt haette, sondern die der "kleinen" Leute mit ihrem Glauben die Vertrauen in das Evangelium hatten. 

 

Und der "gesamtgesellschaftliche Vertrauensverlust" haengt mit sehr viel mehr Faktoren zusammen als dem kirchlichen katholischen Apparat, es haengt mit der Situation insgesamt zusammen, in der Glaube und Christentum momentan in der aktuellen saekularen Gesellschaft sind.  Das wiederum hat mit dem Anliegen dieses Threads nichts zu tun, sondern mit anderen Themen wie Mission, Neuevangelisation, Verdunstung des Glaubens, Zusammenbruch aller moeglichen Strukturen, die frueher ohne Hinterfragen ein "Glaubensleben" ermoeglichten, das ist ein sehr weites Feld. Ich erinnere mich da spontan an ein Buch von Egon Biser (?) "Christentum und die Jahrtausendenwende" oder so aehnlich (ich will jetzt nicht googeln), das hat mich damals vor Jahren ziemlich interessiert. 

 

 

 

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vor 22 Minuten schrieb theresa???:

auch wenn man vieles glaub ich zuhause wieder "geradebiegen" kann.

Das geht vor allem dann, wenn man Kindern die Möglichkeit eröffnet, "Kirche" als eine Autorität unter vielen zu sehen, die genausogut hinterfragt werden darf und muss, wie alle anderen selbstdeklarierten Autoritäten auch.

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vor 5 Minuten schrieb gouvernante:

Das geht vor allem dann, wenn man Kindern die Möglichkeit eröffnet, "Kirche" als eine Autorität unter vielen zu sehen, die genausogut hinterfragt werden darf und muss, wie alle anderen selbstdeklarierten Autoritäten auch.

Mir wäre es vor allem wichtig, zu betonen, dass es schon in der Kirche viele "Autoritäten" gibt. Kirche ist für mich nicht eine Autorität unter vielen. Kirche ist mir die Gemeinschaft der Christus glaubenden. Und die hat schon eine besondere Autorität, aber in dieser Gesamtheit, aber nicht als Pfarrer X und nicht mal einfach als Bischof Y oder Papst Z.

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Am 15.12.2018 um 11:25 schrieb Shubashi:

Insofern also eigentlich doch "bessere Zeiten" - hoffen wir einfach, dass möglichst keine Familie mehr diese Art knallhartem "Oldtimer"-Priester mehr begegnen muss.

 

"Bessere Zeiten" - ein Stichwort, um nochmal auf die kürzlich verstorbene Frau X. zurückzukommen. Da muss ich jetzt aber ein bisschen weiter ausholen.

Frau X., in den 1920er-Jahren geboren, ist in einer nicht nur protestantisch geprägten, sondern damals noch ausgesprochen protestantisch dominierten Kleinstadt aufgewachsen. Die Katholiken waren damals von einer Scheune als Gottesdienstraum gerade in ein Behelfskirchlein aus Holz umgezogen, und ihrem Vater erschien das so mickerig, dass er seine (einzige) Tochter in der stattlichen Kirche seines Heimatdorfes taufen ließ, aus dem er zugezogen war, um sich als Handwerksmeister niederzulassen. Ich habe ihn noch als alten Herrn kennengelernt, er ist offensichtlich so tüchtig gewesen, dass sein Betrieb zum "ersten Haus am Platze" in seiner Branche gedieh. Frau X. hat im väterlichen Betrieb Verkäuferin gelernt - den Handwerksbetrieben war ja zumeist noch ein Laden angegliedert. Dass es dann relativ rasch zwischen der einzigen Tochter und einem gleichfalls von auswärts zugezogenen "Gesellen" funkte, der sogar noch katholisch war, kam den Eltern von Frau X. sehr entgegen - es bescherte ihnen den Nachfolger, der den Fortbestand ihres mit so großen Mühen aufgebauten Handwerksbetriebes garantierte.

In den 1920er-Jahren geborene Frauen haben, soweit ich mich erinnere, nur in seltenen Fällen einen Führerschein erworben. Ich bin ja nun annähernd eine Generation später zur Welt gekommen, zu "meiner" Zeit machten zwar schon relativ viele Mädels den Führerschein, nur konnten sich die wenigsten ein Auto leisten, und wenn sie verheiratet waren, ließen ihre Männer sie nicht ans Steuer der Familienkutsche.

Die Rollenverteilung bei Frau X. und ihrem Mann unterschied sich in nichts von der Rollenverteilung, wie sie in den 1950er-Jahren in Handwerkerbetrieben üblich war: Er besorgte das Handwerk - sie stand an 6 von 7 Tagen Woche im Laden und zog die beiden Söhne groß und besorgte, hinter den Kulissen, den Bürokram, den so ein Handwerksbetrieb mit sich bringt. Wenn es damals schon Internetforen gegeben hätte, in denen sich Menschen vom heimischen Schreibtisch aus oder aus dem ICE über Gott, die Welt, die Kirche, Glaubensfragen und lehramtliche Entwicklungen austauschten: Frau X. hätte dafür keine Zeit gehabt. Um sich in der Kirchengemeinde zu engagieren - dafür hatte sie auch keine Zeit. Sie hat aber großzügig gespendet und manchmal, ohne dass das jemand erfahren hätte, auch richtig tief in ihren Geldbeutel gegriffen, wenn der Pfarrer sich mit einem besonderen Anliegen an sie wendete.
Wie wohl die meisten Männer damals, war Herr X. kein sonderlich großer Kirchgänger (dafür ein leidenschaftlicher Jäger) vor dem Herrn, an hohen kirchlichen Feiertagen sah man ihn mit seiner Familie zur Kirche gehen, ansonsten rückte er sonntags, frühmorgens wenn die Hähne krähten, mit seinem Wachtel in seinem röhrenden Jeep in das Jagdrevier aus, das er gepachtet hatte.
Da keiner der Söhne Ambitionen hatte, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und den Handwerksbetrieb zu übernehmen, haben Herr und Frau X. dann den Betrieb zunächst verpachtet, später verkauft, und als er aus gesundheitlichen Gründen auch das Jagdrevier aufgeben musste, war die Stunde von Frau X. gekommen. Sie riss sich den Jeep unter den Nagel, kramte ihren Führerschein heraus, nahm ein paar Fahrstunden, und nun röhrte sie mit dem Ding sonntagsmorgens durch die Stadt - sie fuhr mit dem Jeep die 300 Meter zur stattlichen, im Städtchen und nun nicht mehr abseits am Stadtrand gelegenen Kirche, zu der es die katholische Gemeinde zwischenzeitlich doch auch gebracht hatte. Allerdings röhrte sie nicht, wie einst ihr Mann, auf der Hauptstraße zum Städtchen hinaus, sondern durch die ganze Stadt: sie sammelte Leute ein, die nicht mehr so gut zu Fuß waren, und sie brachte sie nach dem Gottesdienst auch wieder nach Hause, wenn es sein musste, fuhr sie auch zwei- oder dreimal, nach den Gottesdienst scharte sich jeweils ein Grüppchen Fußkranker vor der Kirche, die auf sie warteten.

Wenn ich in dem Städtchen den Sonntagsgottesdienst besuchte, blieb ich nach dessen Ende gerne noch ein bisschen sitzen: Die hatten damals einen Super-Organisten, der noch so lange weiterspielte, bis sich die Kirche geleert hatte - dem hörte ich gerne zu, und ging damit auch dem Geschiebe aus dem Wege, wenn die große Masse der Gottesdienstbesucher zum Ausgang strebten. Bei so einer Gelegenheit hat mich Frau X. dann unerwartet angesprochen (wir kannten uns eigentlich nur vom Sehen). Sie hatte noch in der Seitenkapelle eine Kerze angezündet, und als sie auf dem Weg zum Ausgang an mir vorbeikam, ertönte aus der Sakristei mehrstimmiges helles Lachen: die Ministranten ...

"So soll es sein", wendete sich Frau X. mir unversehens zu. "Früher" hätte es sowas nicht gegeben! Sie hätte gerade unter den lachenden Stimmen die Stimme ihrer Enkelin erkannt, die jetzt bei den Ministranten sei. Und es sei doch vieles, vieles, eigentlich alles in der Kirche "besser" geworden als zu "ihrer" Zeit. Kinder hätten sich damals in Gottesdiensten nicht mucksen dürfen, und Mädchen als Ministranten, das hätte es überhaupt nicht gegeben, da hätte kein Mädchen auch nur gewagt, Ministrant werden zu wollen, und dann noch auch lautes Lachen aus der Sakristei. Ob es früher eigentlich in der Kirche überhaupt etwas zu lachen gegeben habe? Also sie, Frau X., sei richtig glücklich darüber, dass sie das noch erlebe ...
Und sie war so glücklich, dass sie das vor der Kirche auch dem Grüppchen älterer Frauen mitteilen musste, das da auf sie wartete, um von ihr mit dem röhrenden Jeep nach Hause kutschiert zu werden. Es entspann sich eine rege Unterhaltung unter den Damen, und es erhob sich kein Widerspruch: alle waren der Meinung, es sei in der Kirche alles viel besser als es früher, zu "ihrer" Zeit, gewesen sei. Alles!

(Naja, nicht überall, wie der eingangs gepostete Artikel zeigt).

bearbeitet von Julius
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vor 17 Minuten schrieb Julius:

 

Es entspann sich eine rege Unterhaltung unter den Damen, und es erhob sich kein Widerspruch: alle waren der Meinung, es sei in der Kirche alles viel besser als es früher, zu "ihrer" Zeit, gewesen sei. Alles!

(Naja, nicht überall, wie der eingangs gepostete Artikel zeigt).

Und das wird man ja doch sagen dürfen.

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

@Mistah Kurtz

Deutscher bin ich von Geburt, Katholik vielleicht auch. Soweit paßt es, aber eben nicht ganz, denn aus dem Verein Deutschland können die meisten von uns nicht austreten, aus dem Verein Kirche (welcher Art auch immer) aber schon. Insofern ist es eher zu vergleichen mit jeder anderen Vereins- oder Parteimitgliedschaft. Solange ich in einem Verein Mitglied bin, färbt das, was die Hauptamtlichen des Vereins tun, auch immer auf mich ab. Ich kann versuchen, das Verhalten des Vereins zu ändern, oder ihn verlassen. Bleibe ich drin, bleibe ich Teil davon. So einfach ist das.

Und ich kann den Verein nur von innen heraus ändern.

Wobei ich einen Unterschied zwischen meiner Mitgliedschaft in DRK oder Kirchenchor und dem in der katholischen Kirche sehe.  Schwierig zu erklären, aber Christin bin ich wesentlich mehr als Ehrenamtsrin( und ja,das hat auch vor 2008 gegolten) oder Sängerin.  Christin BIN ich, bei DRKund Chor Nachricht " nur" mit.

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vor 4 Minuten schrieb mn1217:

Und ich kann den Verein nur von innen heraus ändern.

Wobei ich einen Unterschied zwischen meiner Mitgliedschaft in DRK oder Kirchenchor und dem in der katholischen Kirche sehe.  Schwierig zu erklären, aber Christin bin ich wesentlich mehr als Ehrenamtsrin( und ja,das hat auch vor 2008 gegolten) oder Sängerin.  Christin BIN ich, bei DRKund Chor Nachricht " nur" mit.

 

Nur, wenn der Verein eine innere Demokratie kennt, also so etwas wie eine innere Veränderung durch seine Mitglieder überhaupt vorsieht, nicht gerade ein Gebiet, auf dem die kath. Kirche glänzt. Wenn mir als Außenstehendem die Bemerkung gestattet ist, nichts hat den inneren Zustand der RKK mehr verändert als der Verlust an Mitgliedern und die Angst vor weiterer Abwanderung.

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Es gibt Vieles, das anders geworden ist.

Ich denke, da wo Geistliche einer" guten alten Zeit" hinterhertrauern, die es nie gab, wird es problematisch.

In dem Hochzeitsforum, in dem ich mitschreiben, waren Berichte zu lesen, da könnte man nur den Kopf schütteln.

Ja,die Mädels sind furchtbar oberflächlich und halten ihre Hochzeit für das Wichtigste. Ihren Mann vergessen sie dabei oft. Und sie waren meistens seit Ewigkeiten nicht mehr in der Kirche und haben keine Ahnung. Alles richtig.

Und die Dame, von der meine Schwester erfuhr, diesem Pfarre erzählte, dass der Rosenkranz ihrer Gemeinde an einem bestimmten Taggarnicht ginge, weil sie da mit ihren Blumenkindern üben wolle, der gehören kräftig die Leviten gelesen.

 

Aber: Da kommen zwei Menschen mit einem Anliegen. Und neben dem Pomp und der Orgel, Riemann auch auf säkularen Art bekommen kann,steckt da ein Pastoralreferent Bedürfnis. Sie verbinden etwas mit dem Kirche, sonst würden sie dänischer hinkommen.

 

Wenn dann die evangelische Pastorin und der katholische Diakon (Paar gemischt konfessionell) sich einen Zickenkrieg darüber liefern, welche Kirche nun besser ist und wenn besagter Diakon erzählt, die Ehe sei nur sakramental, wenn in der katholischen Kirche geschlssen, dann ist das Mist. Und ich kann ja verstehen, dass das Paar eher geneigt ist, ihnen bekannten Seelsorgern zu glauben als einer unbekannten Mitforantin.

Wenn ein Pfarrer das Eheseminar zur Pflicht erklärt und ohne nicht traut, ist das nicht in Ordnung. Dem Paar hat das Seminar dann gefallen.

Es gibt immer noch Priester die den Frauen erklären, sie müssten unbedingt Kinder bekommen und sich dazu verpflichten.

Usw.

Weites Feld...

Da wurden viele eher vergrault und die Damen mit der freien Trauung sahen sich in Vorurteilen bestätigt.

 

Das geht doch auch anders!

 

( Bei uns war alle super. Aber ich habe auch andere Voraussetzungen als das 08\15 Paar).

 

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vor einer Stunde schrieb mn1217:

Wenn ein Pfarrer das Eheseminar zur Pflicht erklärt und ohne nicht traut, ist das nicht in Ordnung.

 

Wobei ich weder die Einführung von Eheseminaren noch die Teilnahme daran nicht gerade unter "Nackenschläge" einordne.

bearbeitet von Julius
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vor 26 Minuten schrieb Julius:

 

Wobei ich weder die Einführung von Eheseminaren noch die Teilnahme daran nicht gerade unter "Nackenschläge" einordne.

Das ist vergleichsweise harmlos, aber wer in der Beziehung Blödsinn erzählt respektive eigene Regeln erfindet, macht es vielleicht auch in anderen Bereichen.

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Da offensichtlich ist in welche Richtung dieser Thread wieder einmal abdriftet, will ich mich hier nicht exzessiv in der Diskussion engagieren, obgleich ich viel zu sagen hätte. Daher nur einige wenige Feststellungen:

 

Die Kirche ist nicht die Hintergrundschablone für persönliche Wünsche, Empfindlichkeiten oder Ansprüche (siehe Hochzeit, Ministrantinnen etc.), sondern hat einen originären und exklusiven Auftrag: Als universale Heilsanstalt der Menschheit im Erreichen des einzigen wahren Lebenszieles zu dienen: in der Freundschaft Gottes und unter seinen Geboten treu zu wandeln, um dereinst mit ihm vereint in der Ewigkeit zu leben. Dabei ist die Kirche Mittel, aber nicht Selbstzweck, denn das Licht der Völker ist Christus selbst (vgl. LG 1). Diesen Christus, seine Lehre und sein Erlösungswerk, hat die Kirche durch die Zeiten zu verkünden. Zu diesem Behufe hat sie von Christus selbst alle Vollmacht und Autorität erhalten (Mt 16, 18f.), die sie hierarchisch (und auch beizeiten synodal) ausübt. Ihre Sendung muss sich Zeit und Lebensumständen der Menschen stets neu nähern, allerdings in Treue zu Schrift, Überlieferung und Lehre. Dazu gehört auch, die Sünde weiterhin als Sünde zu benennen, jeweils mit Rücksicht auf Alter und Verstehenshorizont der Gläubigen. Priester und Mitarbeiter, die den Gläubigen die Botschaft zerstückelt oder unvollständig  (dazu gehört auch eine grundlegende Katechese über die Sittenlehre) vermitteln, erweisen Kirche und Gläubigen gleichermaßen einen Bärendienst. Lieben und treu umfassen kann der Mensch nur das, was er auch kennt. So mag eine Verkündigung, die "die Ohren kitzelt" (2. Tim 3.4) für kurze Zeit Erfolg versprechen, auf lange Sicht aber ist sie fruchtlos. 

 

Dass man als kirchlicher Mitarbeiter den Geboten der pastoralen Klugheit folgen und nicht wie die Axt im Walde umherhehen sollte, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Auch hier ist Christus der Maßstab: Er hat den Hörern seines Wortes das Äußerste zugemutet und seine Ansprüche nicht gesenkt, doch übte er gegen jene, die seinem Worte folgen wollten, Barmherzigkeit und Milde. 

 

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 34 Minuten schrieb Alfons:

 

Das kommt mir dänisch vor. Aber es erinnert mich an große Literatur.

 

Wie da der Riemann, säkular wie nur irgendwer, mit dem versteckten Bedürfnis des Pastoralreferenten kollidiert. Wie beide dann, verletzt, doch schnell verbunden, es mit der Kirche hinbekommen, so dänisch wie einst Hamlet:

Pomp oder nicht Pomp, das ist hier die Frage.

Obs dänisch im Gemüt, die Pfeil und Schleudern

des säkularen Riemann zu erdulden,

oder sich wappnend gegen einen pastoralen

Referenten zu verenden? orgeln - schlafen -

usw. usw.

Ich bin gespannt, wie's weitergeht. Bekommt Riemann es wirklich hin? Wird die Kirche dänisch? Nimmt irgend jemand Rücksicht auf die Bedürfnisse des Pastoralreferenten? Fragen über Fragen...
 

 

Ich bin mir sicher, dass ich es korrigiert hatte. Aber anscheinend hat der Tablet die Korrektur nicht gespeichert.

Bitte einmal komplett löschen.

Ich schmeiß das Ding irgendwann an die Wand!

 

Aber immerhin habe ich für ein paar Lacher gesorgt...

 

 

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Jedenfalls ist der Thread-Titel sehr bezeichnend: Von den pastoralen Ausrutschern abgesehen, die wohl keiner hier gutheißt, impliziert er, dass "die Kirche" (womit wohl hauptsächlich Kleriker niederen und hohen Ranges gemeint sind) gegen die Gläubigen arbeiten würde oder zu lhnen in einer gewissen Opposition stünde. Pastoralreferenten kommen erwartungsgemäß gut weg, da sie nicht als kirchlich-hierarchisch, sondern als Teil des Volkes wahrgenommen werden. Sie sind ja auch keine Kleriker. Letztlich läuft alles wieder auf die übliche Priester-Schelte hinaus. Nil novi sub sole.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

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vor 25 Minuten schrieb rorro:

Für alle, die andere ändern wollen, fällt mir der Spruch Ghandis ein:

 

Be the change you want to see.

 

Sehr franziskanisch übrigens.

Das hat, mit Verlaub, das Potential einer Killerphrase, um Kritik mundtot zu machen.

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vor 13 Minuten schrieb Studiosus:

Pastoralreferenten kommen erwartungsgemäß gut weg, da sie nicht als kirchlich-hierarchisch, sondern als Teil des Volkes wahrgenommen werden.

 

Im gesamten Thread ist genau ein Mal von einem Pastoralreferenten die Rede, und das weder in "kirchlich-hierarchischem" Zusammenhang noch "als Teil des Volkes", als das er wahrgenommen würde.

Ich kann Dich beruhigen: er wird genau als das wahrgenommen, was er ist - als Pastoralreferent nämlich mit hoher theologischer und pastoraler Kompetenz, an dem bisher jeder Priester froh war und ist (es soll tatsächlich Priester geben, die in Pastoralreferenten nicht grundsätzlich Konkurrenz und/oder eine Bedrohung ihrer hierarchischen Stellung sehen).

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