Long John Silver Geschrieben 1. August 2019 Melden Share Geschrieben 1. August 2019 vor 16 Minuten schrieb Merkur: Ich habe in meiner religiösen Sozialisation Gott nicht als unberechenbaren Akteur kennengelernt, sondern als Verkörperung bestimmter benennbarer "guter" Eigenschaften. Diese Eigenschaften wandeln sich nicht und sind unmittelbar, ohne den Umweg über eine Offenbarung (Bibel), erkennbar. Es gehört (für mich jedenfalls) zur Religion, Gott nachdrücklich darum zu bitten, dass das "Gute" sich - vor allem am Beter selbst - verwirklicht. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Choral "O Gott du frommer Gott" von Johann Heermann, in dem über acht Strophen zahlreiche Erwartungen an Gott herangetragen werden. Eine Bitte ist keine Forderung. Von einem unberechenbaren Akteur habe ich nicht gesprochen. Erwartungen oder gar Forderungen an Gott, was mich betrifft oder den Gang der Dringe habe ich nicht. Wuesste auch nicht welche. Ich durchschaue Gottes Plan nicht, warum also mit Erwartungen und Forderungen beschaeftigen? Es gibt immer nur Bitten aus einer gewissen Hoffnung heraus, aber das ist eigentlich ein anderes Thema. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 1. August 2019 Melden Share Geschrieben 1. August 2019 vor 7 Stunden schrieb rorro: Das betrifft die Einzelbegleitung, davon spreche ich nicht. Ein Pfarrer kann Einzelbegleiter sein (und ist es bestenfalls als Seelsorger), aber auf jeden Fall sollte er Verkünder für viele sein. Der Unterscheid ist wichtig, aber nicht entscheidend. Auch als Verkünder für viele (was nicht nur Pfarrer sind) kann ich nur mit dem arbeiten, was da ist. Das ist eine Herausforderung, keine Frage, aber deswegen braucht es ja die Seelsorger vor Ort, sonst täte es auch ein vatikanischer Youtube-Kanal mit Katechesen. vor 7 Stunden schrieb rorro: Doch, das geht. Es ist möglich, der Kirche mehr zu vertrauen als sich selbst (und definitiv nicht widervernünftig). Das bedeutet nicht, "von Null auf Kirchenglauben" und sich diesen quasi bloß wie ein Hemd anzuziehen, sondern jeglichen gewonnenen Glauben an dieser Matrix zu messen und ggf. anzupassen. Und es kann auch bedeuten, Elemente anzunehmen, die man derzeit noch nicht versteht (vielleicht auch nie verstehen wird) Mir ist absolut schleierhaft, wie das gehen soll. Aber hier gehen unsere Verständnisse davon, das Glauben ist, womöglich zu weit auseinander. vor 7 Stunden schrieb rorro: Auch hier hast Du Recht - allerdings läßt sich das als Verkünder (versus Einzelbegleiter) bei eben sehr heterogenem Empfangspublikum nicht durchhalten. Doch, das geht. Man muss dazu aber sein Publikum kennen, man muss sich von dem, was sie sagen, berühren lassen und man muss Anfragen ernst nehmen. Dann geht das durchaus. vor 7 Stunden schrieb rorro: Das sehe ich zwar auch so, kann es aber anhand Deiner Betonung der Erfahrung des Einzelnen noch nicht nachvollziehen, warum dann eine sichtbare Kirche "vonnöten" ist. Auch wenn ich immer von mir schreibe und ich sage - ich rechne damit und gehe davon aus, dass ich diese Erfahrungen nicht alleine mache, weder weil ich der einzige wäre, der sie macht, noch weil ich mir einbildete, dass nur ich sie so mache. Mutatis mutandis teile ich meine Erfahrungen mit anderen. So kann ich mich mit anderen Vätern über das Vater-Sein austauschen und Gemeinsamkeiten entdecken, neue Perspektiven gewinnen und neue Erfahrungen vorbereiten. Ich kann mich mit anderen über den Stellenwert von gelebter Sexualität in der Ehe austauschen in einer Weise, die nicht pornographisch ist und dennoch meine Erfahrungen einbringt, etwas, das nur geht, weil es Erfahrungen sind, die die anderen auch gemacht haben. Und der Anruf Gottes führt notwendig, aus seiner Art heraus in die Gemeinschaft hinein, die wir Kirche nennen, weil er mich in die Nachfolge Jesu Christi und in die Jüngerschaft hinein ruft. Es gibt - so meine Erfahrung - kein Beten, in dem ich nicht in der Gemeinschaft der Beter stünde. Kirche ist dafür nicht vonnöten dergestalt, dass ich nicht ohne ihre Anleitung oder ihre Erlaubnis beten könnte, sie hat keinen Zweck darin - sie ist Wesen des Gebetes. vor 8 Stunden schrieb rorro: Das sehe ich etwas anders: nur weil etwas zu Beginn - und somit zu früh - sperrig ist und hinderlich, muß es nicht aufgegeben werden. Nicht umsonst brachte ich zuvor das Beispiel mit der Hesenberg'schen Unschärferelation. Sie stimmt, hilft aber nicht dabei, Kindern die Gravitation zu erklären, sondern würde diese Erklärung deutlich behindern. Nichtsdestotrotz ist sie für Fortgeschrittene wichtig. Es wäre falsch sie aufzugeben. Wenn wir die Physik schon als Beispiel heranziehen wollen: Man kann Kindern und Erwachsenen mit Newton die Gravitation hervorragend erklären. Das hat lange Zeit funktioniert, und für den Bau von Häusern langt das immer noch. Kein Statiker der Welt berechnet die von einer Spannbetondecke verursachte Raumkrümmung in Relation zu den von den anderen Objekten verursachten Krümmungen. Das wäre extrem aufwändig, umständlich und überkandidelt,weswegen man hier den guten alten Newton heranzieht. Auch die Berechnung von Verkehrsströmen klappt erstaunlich gut, wenn ich behaupte, ich wüßte, wo sich ein Auto befindet und wie schnell es in dem Moment ist. Und das geht ganz ohne Heisenberg-Kompensator. Nun kann man über die Frage diskutieren, ob die Sühnetheologie nun das theologische Äquivalent zu Newton, Einstein oder der Phlogistontheorie ist - es ist ein Erklärungsmodell, nicht mehr. Es ist keine absolute Wahrheit wie die Aussage, dass der, der am Kreuz starb, lebt. Und ich sehe nicht, was wir verlieren würden, wenn wir uns davon verabschiedeten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 1. August 2019 Melden Share Geschrieben 1. August 2019 Versteht ihr eigentlich, worüber ihr euch da unterhaltet? Außenstehende jedenfalls sicher nicht. Ich sag dann mal „Servus“! Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 vor 20 Stunden schrieb Chrysologus: Nun kann man über die Frage diskutieren, ob die Sühnetheologie nun das theologische Äquivalent zu Newton, Einstein oder der Phlogistontheorie ist - es ist ein Erklärungsmodell, nicht mehr. Es ist keine absolute Wahrheit wie die Aussage, dass der, der am Kreuz starb, lebt. Darum mag ich sehr die Formulierung des großen Glaubensbekenntnisses: "Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen ... Er wurde für uns gekreuzigt, hat gelitten und ist begraben worden, ist auferstanden ..." Ohne dass erklärt wird, wie genau das vor sich geht, dass das für uns geschehen kann. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 (bearbeitet) Im Übrigen vermute ich, dass der Mitglieder- und Glaubensschwund nicht nur mit (fehlendem oder falschem) Wandel und Änderung zu tun hat, sondern auch viel damit, dass unsere europäische Lebenswirklichkeit uns relativ wenig dazu zwingt, uns existenziellen Fragen zu stellen. Unsere Existenz ist im Großen und Ganzen gesichert und wir beschäftigen uns mit allem Möglichen. Wir können auch ganz gut ohne einen Gott auskommen; und so ein Gott mit einem umfassenden Anspruch, unser Herr sein zu wollen und uns zu erlösen, ist da für viele entweder bedrohlich oder belanglos, jedenfalls eher nicht verheißungsvoll. Irgenwann fällt ihnen das auf, und wenn das Trägheitsmoment überwunden wird, treten sie halt aus. bearbeitet 2. August 2019 von Gratia Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 vor 8 Minuten schrieb Gratia: Unsere Existenz ist im Großen und Ganzen gesichert und wir beschäftigen uns mit allem Möglichen. ... Das kann man so allgemein nicht sagen, es gibt einen großen Bevölkerungsanteil in prekären Beschäftigungen und der Leistungsdruck für die Etablierten ist auch eher gestiegen. Die Kirche könnte vielen Menschen durchaus etwas geben. Sie kann sie nur nicht erreichen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 (bearbeitet) Ja, es gibt viele, denen es schlecht geht. Aber ihr schlichtes Überleben ist in der Regel nicht in Gefahr. In Lebensgefahr ist Glaube erstaunlich oft relevant. Menschen in Todesgefahr suchen nach Gott, bei Katastrophenereignissen entsteht plötzlich ein Bedarf nach kirchlichen Gedenkangeboten, ... Und ja, Kirche erreicht die Menschen in prekären Lebensverhältnissen in der Regel nicht mehr. Solange "Kirche" noch Bestandteil des Alltags und der Sozialisation war, war das ein Sinnangebot, auf das man in Krisensituationen zurückkommen konnte. bearbeitet 2. August 2019 von Gratia Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 Ich halte den "Not lehrt beten"-Gott für eine Sonderform des Lückenbüßergotts. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 (bearbeitet) Aber ist es nicht so? In Not- und Krisenzeiten sind die Kirchen voll. In anderen Erdteilen wachsen die Kirchen. Oder woran liegt das sonst? Ich will das nicht abwerten; ich denke mir einfach, dass schwierige Zeiten uns eher zum fragen bringen. bearbeitet 2. August 2019 von Gratia Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 Und wenn die Scheunen voll sind, sagt man sich eher: Habe nun Ruhe, liebe Seele, ich habe (selbst) alles im Griff. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mistah Kurtz Geschrieben 2. August 2019 Autor Melden Share Geschrieben 2. August 2019 vor 23 Minuten schrieb gouvernante: Ich halte den "Not lehrt beten"-Gott für eine Sonderform des Lückenbüßergotts. Interessant. Hätte ich da nicht zugeordnet. Für mich ist das eher der "Letzte-Instanz-Gott", wenn also alles andere als sinn-, nutz- und hoffnungslos aufgegeben wird, appelliert man an die letzte noch zur Verfügung stehende Instanz, eine Art Hilfeschrei. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 vor 27 Minuten schrieb Gratia: Aber ist es nicht so? In Not- und Krisenzeiten sind die Kirchen voll. In anderen Erdteilen wachsen die Kirchen. Oder woran liegt das sonst? Ich will das nicht abwerten; ich denke mir einfach, dass schwierige Zeiten uns eher zum fragen bringen. Wenn du religiös sozialisiert worden bist, dann vielleicht, sonst nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 vor 11 Minuten schrieb Mistah Kurtz: Interessant. Hätte ich da nicht zugeordnet. Für mich ist das eher der "Letzte-Instanz-Gott", wenn also alles andere als sinn-, nutz- und hoffnungslos aufgegeben wird, appelliert man an die letzte noch zur Verfügung stehende Instanz, eine Art Hilfeschrei. Nur wenn das in deinem Weltbild vorkommt. Sonst funktioniert es nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 (bearbeitet) vor 49 Minuten schrieb gouvernante: Ich halte den "Not lehrt beten"-Gott für eine Sonderform des Lückenbüßergotts. Das finde ich ziemlich abwertend. Wuerde ich so nicht sagen. Ich wuerde auch nicht sagen "lehrt beten", sondern "bringt zum Beten", ganz einfach weil die Not so gross ist, dass man nicht mehr anders kann. Todesangst um sich oder andere, Katastrophen, da kommt schon oft was hervor, was davor verschuettet war. Nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung dann ... Gott duerfte es sowieso egal, ob man davor zu ihm gebetet hat. Solche Kriterien hat er sicher nicht. Ich finde es wichtig, dass Menschen ueberhaupt beten. Da sollte man nicht zu skrupelloes sein ;-))) Vielleicht auch nicht von sich ausgehen ... bearbeitet 2. August 2019 von Long John Silver 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 Am 1.8.2019 um 18:29 schrieb Marcellinus: Versteht ihr eigentlich, worüber ihr euch da unterhaltet? Außenstehende jedenfalls sicher nicht. Ich sag dann mal „Servus“! Ich befürchte, es gibt Binnendiskurse, die man nicht so einfach zugänglich machen kann. Wenn Zölibatäre von der Ehe reden, dann wirkt das recht ähnlich. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 2. August 2019 Melden Share Geschrieben 2. August 2019 Am 1.8.2019 um 18:23 schrieb Chrysologus: Der Unterscheid ist wichtig, aber nicht entscheidend. Auch als Verkünder für viele (was nicht nur Pfarrer sind) kann ich nur mit dem arbeiten, was da ist. Das ist eine Herausforderung, keine Frage, aber deswegen braucht es ja die Seelsorger vor Ort, sonst täte es auch ein vatikanischer Youtube-Kanal mit Katechesen. Mir ist absolut schleierhaft, wie das gehen soll. Aber hier gehen unsere Verständnisse davon, das Glauben ist, womöglich zu weit auseinander. Doch, das geht. Man muss dazu aber sein Publikum kennen, man muss sich von dem, was sie sagen, berühren lassen und man muss Anfragen ernst nehmen. Dann geht das durchaus. Auch wenn ich immer von mir schreibe und ich sage - ich rechne damit und gehe davon aus, dass ich diese Erfahrungen nicht alleine mache, weder weil ich der einzige wäre, der sie macht, noch weil ich mir einbildete, dass nur ich sie so mache. Mutatis mutandis teile ich meine Erfahrungen mit anderen. So kann ich mich mit anderen Vätern über das Vater-Sein austauschen und Gemeinsamkeiten entdecken, neue Perspektiven gewinnen und neue Erfahrungen vorbereiten. Ich kann mich mit anderen über den Stellenwert von gelebter Sexualität in der Ehe austauschen in einer Weise, die nicht pornographisch ist und dennoch meine Erfahrungen einbringt, etwas, das nur geht, weil es Erfahrungen sind, die die anderen auch gemacht haben. Und der Anruf Gottes führt notwendig, aus seiner Art heraus in die Gemeinschaft hinein, die wir Kirche nennen, weil er mich in die Nachfolge Jesu Christi und in die Jüngerschaft hinein ruft. Es gibt - so meine Erfahrung - kein Beten, in dem ich nicht in der Gemeinschaft der Beter stünde. Kirche ist dafür nicht vonnöten dergestalt, dass ich nicht ohne ihre Anleitung oder ihre Erlaubnis beten könnte, sie hat keinen Zweck darin - sie ist Wesen des Gebetes. Wenn wir die Physik schon als Beispiel heranziehen wollen: Man kann Kindern und Erwachsenen mit Newton die Gravitation hervorragend erklären. Das hat lange Zeit funktioniert, und für den Bau von Häusern langt das immer noch. Kein Statiker der Welt berechnet die von einer Spannbetondecke verursachte Raumkrümmung in Relation zu den von den anderen Objekten verursachten Krümmungen. Das wäre extrem aufwändig, umständlich und überkandidelt,weswegen man hier den guten alten Newton heranzieht. Auch die Berechnung von Verkehrsströmen klappt erstaunlich gut, wenn ich behaupte, ich wüßte, wo sich ein Auto befindet und wie schnell es in dem Moment ist. Und das geht ganz ohne Heisenberg-Kompensator. Nun kann man über die Frage diskutieren, ob die Sühnetheologie nun das theologische Äquivalent zu Newton, Einstein oder der Phlogistontheorie ist - es ist ein Erklärungsmodell, nicht mehr. Es ist keine absolute Wahrheit wie die Aussage, dass der, der am Kreuz starb, lebt. Und ich sehe nicht, was wir verlieren würden, wenn wir uns davon verabschiedeten. Aus Zeitgründen kann ich nur kurz auf zwei Punkte eingehen: 1. Verkündigung für alle. Ja, wenn der Seelsorger alle kennen würde oder auch nur einen repräsentativen Querschnitt derer, die ihm u.a. sonntags gegenüberstehen, dann ginge das. Doch das ist illusorisch. Sich nur an denen zu orientieren, die aktiv in der Gemeinde sind, wäre eine Verzerrung, die schlimmstenfalls zu einer geschlossenen Gesellschaft führt. Doch darüberhinaus macht das "arbeiten mit dem, was da ist" nur Sinn, wenn es für dieses Kollektiv ein Ziel gibt, das bestenfalls bekannt ist und auch klar beschrieben ist. Das wäre Katechese. 2. Den Glauben der Kirche annehmen. Ich denke das tust Du auch, bloß nur da, wo es zu Deinen Grenzen passt (die eines jeden sind andere). Es ist, wenn man der Glaubenstradition mehr vertraut als seiner eigenen kurzen Lebenszeit, ein Akt des Gehorsams. Ganz nebenbei entlastet er auch sehr, doch das habe nicht nur ich erst hinterher bemerkt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 Am Thursday, August 01, 2019 um 18:23 schrieb Chrysologus: Nun kann man über die Frage diskutieren, ob die Sühnetheologie nun das theologische Äquivalent zu Newton, Einstein oder der Phlogistontheorie ist - es ist ein Erklärungsmodell, nicht mehr. Es ist keine absolute Wahrheit wie die Aussage, dass der, der am Kreuz starb, lebt. Und ich sehe nicht, was wir verlieren würden, wenn wir uns davon verabschiedeten. Für Generationen ist das das vertraute und anerkannte Erklärungsmodell. Für mich auch. Manchen macht es Probleme, manchen ist es in ihre Frömmigkeit tief eingewurzelt. Die Orthodoxen kommen ohne aus. Kann man sich da einfach so davon verabschieden? Oder ist es nur zu eindimensional? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Merkur Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 vor 2 Stunden schrieb Gratia: Kann man sich da einfach so davon verabschieden? Oder ist es nur zu eindimensional? Das kann man wahrscheinlich nicht, weil es eine Art Bindeglied zwischen den irrationalen Elementen (Opfer, Schuldgefühl, Erlösung) und den rationalen (schlüssige Dogmatik) darstellt. Hinterfragt wird es aber nur von denen, die Wert darauf legen, dass ihre Religion rational nachvollziehbar und schlüssig ist, und das ist nach meiner Erfahrung eine Minderheit. Insofern braucht man sich nicht offiziell davon zu verabschieden. Wen es nicht interessiert, der ignoriert es ohnehin. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 (bearbeitet) vor 4 Stunden schrieb Gratia: Für Generationen ist das das vertraute und anerkannte Erklärungsmodell. Für mich auch. Manchen macht es Probleme, manchen ist es in ihre Frömmigkeit tief eingewurzelt. Die Orthodoxen kommen ohne aus. Kann man sich da einfach so davon verabschieden? Oder ist es nur zu eindimensional? Das weiss ich nicht. Was ich weiss ist, dass ich mich schon als Kind gegen die damals wohl als "kindgemäß" geltende Variante dieses Erklärungsmodells gesträubt und gewehrt habe, anfangs ziemlich laut. Später habe ich dann den Mund gehalten - es hätte ja nur weiteren Stress gegeben, darüber noch diskutieren zu wollen. So gesehen habe ich mich auch nicht von einem Erklärungsmodell verabschiedet, das ich ja nie akzeptiert habe, sondern von der Institution, die es mir jahrelang zu verbraten versuchte. bearbeitet 3. August 2019 von Julius Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 vor 3 Stunden schrieb Gratia: Für Generationen ist das das vertraute und anerkannte Erklärungsmodell. Für mich auch. Manchen macht es Probleme, manchen ist es in ihre Frömmigkeit tief eingewurzelt. Die Orthodoxen kommen ohne aus. Kann man sich da einfach so davon verabschieden? Oder ist es nur zu eindimensional? Ich kann gut ohne leben, denken, glauben und beten, würde aber das "für uns" keineswegs aufgeben wollen. Nun bin ich bei allem systematischem Interesse kein Systematiker, ich komme ursprünglich aus der historischen und dann deutlich aus der praktischen Theologie, und da wiederum aus dem Exoteneck der Kirchenrechtler. Insofern kann ich hier nur beobachten, dass das Sprechen von Sühne nur noch in einem sehr kleinen Kreis der Christen ansatzweise funktioniert, und bei den meisten dann auch nicht so gedacht wird, wie es in klassischer kirchlicher Lehre (und Anselm von Canterbury ist hier immer noch prägend) formuliert wurde. Dieses Phänomen beobachte ich an vielen Stellen: Wir haben auch unter gewissem Druck Begriffe aus der Tradition genommen, diese fast vollkommen entleert und in dem Versuch, sie zu retten, neu formuliert und gefüllt. Damit geschieht nun aber etwas hoch problematisches: Es entwickelt sich eine Frontstellung zwischen denen, die die so neugefüllten Begriffe verwenden, um so den Glauben zu bezeugen, zugänglich zu machen und anschlußfähig zu halten, und jenen, die den erstgenannten vorwerfen, den wahren Glauben zu verleugnen, zu entleeren und an den Zeitgeist anzupassen. Das sind dann meist fruchtlose Diskussionen, die erst recht dann verwirren, wenn die zweitgenannte Gruppe erkennen lässt, dass sie das ursprüngliche gemeinte nun auch nicht für richtig oder schlüssig hält. Daher habe ich erhebliche Zweifel, ob wir uns mit der Anhänglichkeit an alte Begrifflichkeiten einen Gefallen tun. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 vor 12 Stunden schrieb Chrysologus: Daher habe ich erhebliche Zweifel, ob wir uns mit der Anhänglichkeit an alte Begrifflichkeiten einen Gefallen tun. Was dann?? Kein Wunder, dass Nichtchristen feststellen, dass "die Christen" selbst nicht wissen, was sie nun eigentlich glauben. Ist unsere Erklärungsucht das Problem? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 (bearbeitet) vor 12 Stunden schrieb Chrysologus: Damit geschieht nun aber etwas hoch problematisches: Es entwickelt sich eine Frontstellung zwischen denen, die die so neugefüllten Begriffe verwenden, um so den Glauben zu bezeugen, zugänglich zu machen und anschlußfähig zu halten, und jenen, die den erstgenannten vorwerfen, den wahren Glauben zu verleugnen, zu entleeren und an den Zeitgeist anzupassen. Das sind dann meist fruchtlose Diskussionen, Oft habe ich den Eindruck, dass dann nur noch psychologische Zusammenhänge in religiöse Worte verkleidet präsentiert werden, der lebendige Gott darin aber keinen Platz mehr hat. bearbeitet 3. August 2019 von Gratia Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Gratia Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 Vielleicht sollte mehr von Heilung als von Rechtfertigung gesprochen werden, wenn es um Erlösung geht. Und doch meine ich, dass es nötig und hilfreich ist, die Wörter Schuld und Sünde nicht auszuklammern. Wie soll jemand, der sich dadurch belastet findet, sonst Heilung finden? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Julius Geschrieben 3. August 2019 Melden Share Geschrieben 3. August 2019 vor 12 Minuten schrieb Gratia: Und doch meine ich, dass es nötig und hilfreich ist, die Wörter Schuld und Sünde nicht auszuklammern. Es ist wohl eher der Begriff "Sühne", der Schwierigkeiten bereitet. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Long John Silver Geschrieben 4. August 2019 Melden Share Geschrieben 4. August 2019 (bearbeitet) vor 7 Stunden schrieb Gratia: Was dann?? Kein Wunder, dass Nichtchristen feststellen, dass "die Christen" selbst nicht wissen, was sie nun eigentlich glauben. Ist unsere Erklärungsucht das Problem? Ja, da gibt es wohl so eine Art Erklaerungssucht manchmal, die eher das Gegenteil bewirkt :-)) Heilung statt Rechtfertigung (hast du in einem anderen Posting geschrieben), finde ich gut, das so zu nennen. Erloesung ist Heilung, das sehe ich jedenfalls so. Jesus Christus als der fuer die Menschheit notwendige Weg aus Finsternis und Unwissenheit. Die Zugehoerigkeit zu einer Kirche scheitert nicht an der Rechtfertigungslehhr von Anselm von Canterbury, sondern daran, ob so etwas absolute Beduerftigkeit der Erloesung ueberhaupt noch vermittelbar ist. Wie auch hier im Forum oefter faelschlicherweise verwechselt, wird dieser Begriff damit gleichgesetzt, dass Menschen allein auf sich gestellt seien und nichts anderes und dass das der einzige Punkt sei auf den sie sich berufen koennten. Das nur Menschen helfen (koennen). Das ist aber gar nicht der Punkt bei der Beduerftigkeit der Erloesung, weil es da um etwas anderes geht als um Mitmenschlichkeit oder die voellig unbestrittbare Tatsache der Bedeutung von Menschen fuer anderen Menschen. Das ist gar nicht der Punkt und das ins Spiel zu bringen, fuehrt in die Irre. Dass Menschen anderen Menschen Stuetze, Hilfe und vor allem der naturgemaess zu allererst erreichbare soziale und emotionale Ansprechpartner sind, wird, wenn man Erloesung richtig versteht, nicht ausgehebelt durch den Glauben und die Hoffnung an Gott und Jesus, das sind zwei verschiedene Ebenen. Es gibt etwas, was nur Menschen fuer andere "leisten" koennen und es gibt etwas, dass nur Gott und Christus tun kann. Eine Verquickung dieser Ebenen zu ungunsten der letzteren ist unfair, weil nicht realistisch, denn niemand verlaesst sich in dem Sinn "nur" auf Gott, wenn die Situation so ist, dass Menschen zur Hilfe eilen koennen. Bloss kann eben kein Mensch den anderen erloesen oder ihm Heil bringen im Sinn des Heils, das Christus bringt. Das anzunehmen waere ein voellig verdrehtes Menschenbild. Auch selbst erloesen kann er sich nicht, das ist eine ebenso verdrehte Annahme. Das aktuelle Problem ist, dass beides von vielen Menschen angenommen wird und propagiert (natuerlich funktioniert es nicht, wie auch) und fuer moeglich gehalten wird. Das weitere ist, dass auch die Annahme existiert und propgagiert wird, es gaebe ueberhaupt keinen Bedarf an dieser im Christentum genannten Erloesung und Heilung. Ich vermute, es ist voellig muessig sich darueber Gedanken zu machen ueber so spezielle Vermittelbarkeit von Suehne-Theologie etc., die duerfte das letzte Hindernis sein, was Menschen abhaelt, an Gott zu glauben oder sich einer Kirche einzutreten (oder zu bleiben), das ist ein voelliges minderes Problem in der heutigen Zeit und interessiert vielleicht in einem Forum :-)) als Diskussionspunkt, aber nicht im Bezug auf Austritte aus der Kirche oder ueberhaupt Zugang zum Glauben. Was ich wichtiger finde, ist der Punkt, dass mit dem Austritt oder dem Weggang von einer Gemeinde eine so voellig Individualisierung von Glauben eintritt, dass sich das Bewusstsein, dass Glaube an Christus immer Gemeinschaft mit Menschen ist, voellig verloren geht, dass die Ansicht entsteht, man koenne gut Christ sein ohne das drum herum, ohne die Auseinandersetzung mit anderen Christen, ohne das sich Reiben an einer wie auch immer gearteten Weisung und "Lehre", ohne einen wie auch immer gearteten noch so winzigen traditionellen und theologischen Ueberbau, und das sei dann Freiheit im Glauben, frei zu fluktuieren. Das funktioniert in keiner Religion, wenn Religion als Gemeinschaft definiert und nicht als rein privater Zugang zu irgendetwas voellig von Gemeinschaft abgetrennten Glauben. Dann wird auch die Historie des Christentums abgetrennt, dann wird alles losgeloest aus Vorhandenem, aus der Tradition und von dem, was je davor geglaubt, gedacht und vermittelt wurde. bearbeitet 4. August 2019 von Long John Silver Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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