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Kirchenaustritte - Sag beim Abschied leise Servus ...


Mistah Kurtz

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Papstprozess (!) und Papstabsetzungen sind ein eigenes Forschungsgebiet innerhalb der mittelalterlichen Kirchengeschichte, was genug Beweis dafür sein mag, dass das Thema sehr komplex ist. 

 

Was in Konstanz vorgefallen ist, war nicht nur der Höhepunkt des mittelalterlichen Konziliarismus, sondern auch ein Exempel dafür, was geschieht, wenn die Kirche sozusagen in den "Not-Modus" schalten muss, weil ihr hierarchisches Oberhaupt (in diesem Falle durch mehrere Papstprätendenten) ausfällt. Solange der Papst fest im Sattel sitzt, also nicht durch Gegenpäpste ernsthaft bedrängt wird, und keine Häresieanklagen mit ausreichender Rückendeckung der kirchlichen und weltlichen Autorität gegen ihn vorgebracht werden, hat das papale System den Vorrang vor der via conciliaris

 

Mit dem Ersten Vatikanischen Konzil sind das sowieso alles nur noch virtuelle Überlegungen. Wie es Kardinal Manning sehr treffend ins Wort brachte: "Das Dogma hat die Geschichte besiegt". 

bearbeitet von Studiosus
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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Solange der Papst fest im Sattel sitzt, also nicht durch Gegenpäpste ernsthaft bedrängt wird, und keine Häresieanklagen mit ausreichender Rückendeckung gegen ihn vorgebracht werden, hat das papale System den Vorrang vor der via conciliaris

Eine vernünftige Regelung, wie mir scheint, auch verständlich, dass die Päpste beständig versucht haben, das zu ihren Gunsten auszuhebeln.

 

Albern wird es lediglich, wenn man das alles dann als göttliche Offenbarung, Christi Willen oder dergleichen verkaufen will

 

Werner

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vor 9 Stunden schrieb rorro:

 

Falsch. Gregor (der Bischof von Rom) trat freiwillig zurück.

 

 

Jedenfalls erklärte das Konzil, über dem Papst zu stehen (Haec sancte):

 

"Diese im Heiligen Geiste rechtmäßig versammelte Synode, die ein allgemeines Konzil darstellt und die streitende katholische Kirche repräsentiert, hat ihre Vollmacht unmittelbar von Christus; ihr ist jedermann, welchen Standes oder welcher Würde auch immer, auch wenn es die päpstliche sein sollte, gehalten zu gehorchen in dem, was den Glauben, die Ausrottung des besagten Schismas und die allgemeine Reform dieser Kirche Gottes an Haupt und Gliedern betrifft."

 

Nach dem 1. Vatikanum wäre das schwer vorstellbar.

 

vor 6 Stunden schrieb Studiosus:

Ich will nicht ins Schwärmen kommen, der Hl. Pius X. ist für mich ganz persönlich eine enorm wichtige Bezugsgröße. Er hat, was heute meines Erscheinen fehlt, die allürenlose Mentalität eines Landpfarrers, die doktrinelle Klarheit der kirchlichen Lehre, die Hochachtung der Tradition und die Würde des Amtes auf vorbildliche Weise verkörpert. Ein echter Hirte, der sich nicht scheute, die Wölfe zu benennen und der nicht davor zurückschreckte, seinen Hirtenstab zur Verteidigung der Herde zu erheben.

 

Nun möchte ich je ungerne die Idylle von jemandem trüben, aber laut Cornwell (Die Beichte) - und ich glaube nicht, dass das nur seine private Meinung ist - hat Pius X. auch Züge gehabt, die nicht unbedingt schön sind. So schreibt Cornwell im Hinblick auf Pius' "Spionagenetzwerk":

 

"[Der Leiter dieses Netzwerkes] Benigni ließ in privaten Räumen heimlich Dokumente fotograieren, fing private Post ab und rekrutierte Doppelagenten. Dabei wurden falsche Namen und Verkleidungen benutzt und Einbrüche begangen.4 Der wichtigste Zweck dieser größtenteils kriminellen Aktivitäten war die Delation (abgeleitet vom Partizip Perfekt des lateinischen Verbs deferre: hinabstürzen, melden, anklagen), also die Meldung sämtlicher mutmaßlicher Fälle von unorthodoxer Lehre, Liberalismus, Opposition und sogenanntem »Modernismus« nach Rom. Mit der Zeit reichte die Bandbreite der so Denunzierten vom kleinen Seminaristen bis zum Kirchenfürsten. Die Kardinalerzbischöfe von Wien und Paris wurden gemeldet und dasselbe galt auch für die Dominikaner, die die theologische Fakultät der Universität Freiburg in der Schweiz leiteten. Als »Modernist« konnte in Verruf geraten, wer positiv von »christlicher Demokratie« sprach oder eine Zeitung las, in der liberale Ansichten vertreten wurden; wer dabei belauscht wurde, wie er irgendeinen Aspekt der kirchlichen Tradition in Frage stellte, selbst wenn es sich nur um eine Devotionalie und nicht um eine Doktrin der Kirche handelte. Ein Beispiel dafür ist die Delation eines Priesters, der bezweifelte, dass das Heilige Haus von Nazareth tatsächlich nach Italien versetzt worden sei. Dem Volksglauben zufolge wurde das Geburtshaus der Maria mit drei Zwischenstationen von Engeln an seinen heutigen Standort in Loreto verbracht."

 

Weiter im Text:

 

"Denunzianten und Klatschmäuler wurden dank Benignis Organisation zu rechtmäßigen Informanten und Rettern der Kirche. Jedes unkluge Wort im Refektorium eines Klosters oder im Gemeinschaftsraum eines Seminars, jede unbedachte Äußerung in einer Predigt oder Vorlesung konnte nach Rom gemeldet werden. Der »Täter« konnte aus einem Seminar oder einem Orden ausgeschlossen werden, er konnte degradiert oder aus seinem geistlichen Amt entlassen werden, er konnte einen verantwortungsvollen akademischen Posten verlieren und als Vikar in irgendein abgelegenes Dorf versetzt werden. Noch wichtiger und nachhaltiger waren die Auswirkungen auf das Ethos der Geistlichkeit. Einerseits verbreitete sich eine Angst vor spekulativem Denken, vor offener Meinungsäußerung, vor dem Stellen von Fragen und vor jeder Lektüre außer den im Priesterseminar vorgeschriebenen Büchern; andererseits breitete sich die Überzeugung aus, dass Rom immer und überall alles beobachtete und alles bestrafen konnte.

Es sollte 70 Jahre dauern, bis katholische Leser erfuhren, dass selbst der spätere Papst Johannes XXIII. in jungen Jahren dem Vatikan gemeldet wurde, weil er
ein verdächtiges Buch las. Sein kriecherischer Entschuldigungsbrief an das Heilige Offizium beweist, dass auch die besten Kirchenleute durch das Verfahren herabgewürdigt wurden.
Bei den geheimen Anhörungen im Zuge des Seligsprechungsverfahrens von Pius X. erklärte Kardinal Pietro Gasparri, der in den 1920er Jahren als Staatsekretär im Vatikan gedient hatte, unter Eid Folgendes: »Papst Pius X. akzeptierte, segnete und befürwortete eine geheime Spionageorganisation außerhalb und oberhalb der Hierarchie, die sogar Mitglieder der Hierarchie selbst bis hinauf zum Kardinal ausspähte; kurz gesagt, er akzeptierte, segnete und befürwortete eine Art Freimaurertum in der
Kirche – ein in der Kirchengeschichte bespielloser Vorgang.«"

 

Man könnte auch noch einiges weiteres Kritisches sagen, aber damit soll es sein Bewenden haben.

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vor 37 Minuten schrieb iskander:

Nun möchte ich je ungerne die Idylle von jemandem trüben, aber laut Cornwell (Die Beichte) - und ich glaube nicht, dass das nur seine private Meinung ist - hat Pius X. auch Züge gehabt, die nicht unbedingt schön sind. So schreibt Cornwell im Hinblick auf Pius' "Spionagenetzwerk":

 

Das ist mir durchaus bekannt und ob das Sodalitium der Weisheit letzter Schluss war, kann man diskutieren. 

 

Was allerdings auch klar scheint ist, dass Cornwell wahrscheinlich selbst Teil derselben ist oder sich zumindest auf eine in der Forschung dominante Lesart der Kirchengeschichte beruft, die selbst modernistisch geprägt oder jedenfalls geneigt ist, die "Opfer" des lehramtlich beförderten Antimodernismus in Schutz zu nehmen und sie als zu Unrecht verfolgte Intellektuelle, ambitionierte Theologen etc. zu verklären (wie etwa Arnold, Weiß). 

 

Das ist legitim, aber letztlich eine Frage des Standpunkts. Und um eine Phrase zu zitieren, die hier bald zum geflügelten Wort avanciert: Geschichte wird eben von den "Siegern" geschrieben. 

 

Oder um es ganz kurz zu machen: Die Verfolgung modernistischer Theologen halte ich für keinen Mangel, sondern für ein ehrenvolles Verdienst gerade dieses Papstes. Dass er damit auf geradezu prophetische Weise richtig lag, zeigt die nachgängige Entwicklung. Ebenso befürworte ich die im Vergleich zahme Maßregelung der Theologen unserer Tage (mit der es ja bald vorbei sein dürfte: die Kirche hat nach allem, was man hört, beschlossen ihr Wächteramt bis auf Weiteres ruhen zu lassen). 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

Oder um es ganz kurz zu machen: Die Verfolgung modernistischer Theologen halte ich für keinen Mangel, sondern für ein ehrenvolles Verdienst gerade dieses Papstes. Dass er damit auf geradezu prophetische Weise richtig lag, zeigt die nachgängige Entwicklung. Ebenso befürworte ich die im Vergleich zahme Maßregelung der Theologen unserer Tage (mit der es ja bald vorbei sein dürfte: die Kirche hat nach allem, was man hört, beschlossen ihr Wächteramt bis auf Weiteres ruhen zu lassen). 

 

Und? Hat es den Lauf der Welt in die "Moderne" aufgehalten? ;)

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vor 21 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Und? Hat es den Lauf der Welt in die "Moderne" aufgehalten? ;)

 

Den Weg der Kirche in die Moderne kann wohl kein Papst aufhalten und das ist gut so. Aber verhindern, dass eine schädliche Form der Theologie bzw. die ihr zugrunde liegende Axiomatik in der Kirche Raum ergreift, das war eine sehr gute und berechtigte Absicht. 

 

Leider haben, ähnlich wie die Grünen, die Modernisten den Gang durch die Institutionen angetreten und stellen jetzt die Mehrheit. 

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vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

Was allerdings auch klar scheint ist, dass Cornwell wahrscheinlich selbst Teil derselben ist oder sich zumindest auf eine in der Forschung dominante Lesart der Kirchengeschichte beruft, die selbst modernistisch geprägt oder jedenfalls geneigt ist, die "Opfer" des lehramtlich beförderten Antimodernismus in Schutz zu nehmen und sie als zu Unrecht verfolgte Intellektuelle, ambitionierte Theologen etc. zu verklären (wie etwa Arnold, Weiß). 

 

Das ist legitim, aber letztlich eine Frage des Standpunkts. Und um eine Phrase zu zitieren, die hier bald zum geflügelten Wort avanciert: Geschichte wird eben von den "Siegern" geschrieben.

 

Aber bedenke nochmals, was selbst der Kardinalstaatssekretär Pietro Gasparri gesagt hatte:

 

"Papst Pius X. akzeptierte, segnete und befürwortete eine geheime Spionageorganisation außerhalb und oberhalb der Hierarchie, die sogar Mitglieder der Hierarchie selbst bis hinauf zum Kardinal ausspähte; kurz gesagt, er akzeptierte, segnete und befürwortete eine Art Freimaurertum in der Kirche – ein in der Kirchengeschichte bespielloser Vorgang."

 

Wenn man auch noch berücksichtigt, was für einen Ruf die Freimaurer damals in der kath. Kirche hatten, ist das wohl eine Kritik, die an Schärfe wenig zu wünschen lässt - wohlgemerkt aus dem Mund eines sehr erfahrenen Diplomaten und Juristen:

 

"Der aus der mittelitalienischen Region Umbrien stammende Gasparri hatte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses [gemeint sind die Lateran-Verträge, die Gasparri für den Vatikan unterschrieb] schon eine lange Karriere in päpstlichen Diensten hinter sich. [...] 1901 kehrte Gasparri nach Rom zurück und wurde Sekretär der Kardinalskongregation für außerordentliche Angelegenheiten. Unter Benedikt XV. und Pius XI. diente er dann von 1914 bis 1930 als Kardinalstaatssekretär, also ranghöchster Kleriker nach dem Papst. Pius X. machte den Kirchenmann 1904 außerdem zum Sekretär und später zum Berichterstatter der Kodifikationskommission für die Neugestaltung des Kirchenrechts. Der 1918 in Kraft getretene Codex Iuris Canonici (CIC), das Gesetzbuch der Katholischen Kirche, ist vor allem Gasparris Werk."

https://www.domradio.de/artikel/vor-75-jahren-starb-pietro-gasparri

 

Sollte Gasparri insgeheim selbst ein "liberaler" Theologe oder eine Art modernistischer Krypto-Historiker gewesen sein? Das darf man wohl eher bezweifeln. Und waren zu jenem Zeitpunkt, als er seine Aussage unter Eid leistete (das muss Anfang der 50-er Jahre unter Pius XII gewesen sein) die "liberalen Theologen" tatsächlich schon die "Sieger"? Auch das ist wohl eher fraglich...

 

Pius X. hatte offenbar einen riesigen Geheimdienst mit Überwachung und Denunziantentum betrieben, wie er einer Diktatur angemessen sein mag, und selbst der spätere J.XXIII. fiel diesem zum Opfer. Selbst wenn man sich mehr Disziplin und Restriktion wünscht, kann man sich diese Zustände doch beim besten Willen nicht schön- oder kleinreden...

bearbeitet von iskander
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vor 40 Minuten schrieb iskander:

Sollte Gasparri insgeheim selbst ein "liberaler" Theologe oder eine Art modernistischer Krypto-Historiker gewesen sein? Das darf man wohl eher bezweifeln. Und waren zu jenem Zeitpunkt, als er seine Aussage unter Eid leistete (das muss Anfang der 50-er Jahre unter Pius XII gewesen sein) die "liberalen Theologen" tatsächlich schon die "Sieger"? Auch das ist wohl eher fraglich.

 

Gasparri, den ich als Geburtshelfer des CIC durchaus schätze, haftet dieser Ruf nicht an. Allerdings wird er 1950 keine Aussagen mehr getätigt haben, da er in den 1930er Jahren verstorben ist. Dazu sollte man auch wissen, dass Gasparri Kanonist und eben kein profilierter Theologe war. Ob ihm die Tragweite der theologischen Bedeutung des Modernismus in der letzten Konsequenz klar war, weiß ich nicht. 

 

Wenn er das Sodalitium als eine Art innerkirchliche Freimaurerei bezeichnet, dann sicher nicht wegen seiner Themen oder Inhalte, sondern wegen seines geheimbündlerischen Charakters. Ich habe doch eingeräumt, dass diese Vorgehensweise vielleicht nicht der Höhepunkt der Klugheit war. Andererseits halte ich - in der Retrospektive - das Anliegen, eine strikte Vigilanz über modernistische oder sagen wir neutraler dissidente Theologen auszuüben, für gerechtfertigt. Man muss verstehen, dass nach den Darlegungen der Enzyklika Pascendi der Modernismus nicht einzelne Lehrabweichungen meint, sondern, wenn man so will, den Inbegriff der Häresie selbst. Er ist ein System, ein Ansatz der die Grundfesten der katholischen Religion selbst bedroht. Da scheinen mir weitreichende Gegenmaßnahmen angebracht, da die Geschichte zeigt, dass päpstliche Lehrschreiben, wenn sie bloße Theorie bleiben, ignoriert werden und keine Wirkung entfalten. Ich wiederhole es nochmal: Ob die Art, wie das Sodalitium und Benigni dieses Problem angegangen haben, über jeden Zweifel erhaben war, mag dahin stehen. Was wäre aber ein anderer, ebenso wirksamer Mechanismus zur Abwehr des Modernismus gewesen? Ich sehe mich nicht gezwungen, Gasparris Urteil hier zu unterstützen oder es abzulehnen. 

 

Was die Frage angeht, ob der Modernismus in der Breite in den 1950ern schon gesiegt hatte, ich will es weniger pathetisch sagen, sich bereits durchgesetzt hatte, dann würde ich differenzieren: Lehramtlich sicher noch nicht. Pius XII. ist bei vieler berechtigter Kritik ein im ganzen vollkommen orthodoxer Papst geblieben. Mit seinem Tod endete eine Ära. Allerdings, und kaum anders kann zumindest ich mir den Umbruch erklären, der wenige Jahre nach seinem Tod in Kirche und  Theologie stattgefunden hat, hat der Modernismus im Untergrund, im Humus der protestantisch dominierten Hochschultheologie Deutschlands auch ziemlich offen, überlebt und hat sich zur dominierenden Strömung verfestigt, der auch das kirchliche Lehramt nicht vollends widerstehen konnte. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

eine schädliche Form der Theologie

Was ist denn Deiner Meinung nach eine "schädliche Form der Theologie"?

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vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Andererseits halte ich - in der Retrospektive - das Anliegen, eine strikte Vigilanz über modernistische oder sagen wir neutraler dissidente Theologen auszuüben, für gerechtfertigt.

Das sehe ich vollkommen anders. Es hat der Kirche noch nie gut getan, in der Vergangenheit stecken zu bleiben. Es geht immer um eine kluge Gestaltung der Zukunft.

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vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Ob die Art, wie das Sodalitium und Benigni dieses Problem angegangen haben, über jeden Zweifel erhaben war, mag dahin stehen.

Alleine die Haltung eine solche Struktur von Verrat, Denuntiation, Misstrauen und Stasimethoden (mir ist bewusst, daß das ein Anachronismus ist) auch nur "unter Umständen" für gerechtfertigt zu halten, fällt jedenfalls schon ein Urteil über den der es ausspricht.

 

Nichts auf dieser Welt und in der anderen kann DAS rechtfertigen.

 

vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Man muss verstehen, dass nach den Darlegungen der Enzyklika Pascendi der Modernismus nicht einzelne Lehrabweichungen meint, sondern, wenn man so will, den Inbegriff der Häresie selbst. Er ist ein System, ein Ansatz der die Grundfesten der katholischen Religion selbst bedroht.

Weil Pius X. unter Verfolgungsängsten litt, muss die Kirche heute noch so aussehen wie 1850?

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vor 4 Minuten schrieb Flo77:
vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Man muss verstehen, dass nach den Darlegungen der Enzyklika Pascendi der Modernismus nicht einzelne Lehrabweichungen meint, sondern, wenn man so will, den Inbegriff der Häresie selbst. Er ist ein System, ein Ansatz der die Grundfesten der katholischen Religion selbst bedroht.

Weil Pius X. unter Verfolgungsängsten litt, muss die Kirche heute noch so aussehen wie 1850?

Aus Sicht derer, die aus der Kirche ein Museum machen wollen, ja.

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vor 3 Stunden schrieb Guppy:

Mal eine ganz grundsätzliche Frage:

 

Wenn man in Deutschland aus der Kirche "austritt", wird man dann exkommuniziert? Oder wie genau ist das?

Bis 2012 zog man sich laut DBK die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Man exkommunizierte sich selbst. Mittlerweile spricht die DBK nicht mehr von einer Exkommunikation. Die kirchenrechtlichen Folgen sind aber dieselben wie bei der Exkommunikation.

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vor 3 Stunden schrieb Aristippos:

Bis 2012 zog man sich laut DBK die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Man exkommunizierte sich selbst. Mittlerweile spricht die DBK nicht mehr von einer Exkommunikation. Die kirchenrechtlichen Folgen sind aber dieselben wie bei der Exkommunikation.

 

Und was sagt der Vatikan dazu?

 

Ich dachte immer, exkommuniziert wird man nur bei Abfall vom Glauben.

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Ich habe irgendwann mal ein Interview gesehen mit Prälat Imkamp, wo er nach den Kirchenaustritten gefragt wurde. Und da sagte er (soweit ich mich noch erinnern kann), dass man aus der Kirche gar nicht austreten kann, weil man durch die Taufe automatisch zur Kirche gehört und die Taufe unauslöschlich ist. Man könnte sich zwar vom Glauben der Kirche entfernen, aber in dem Sinn nicht austreten wie aus einem Verein, wo man einfach seine Mitgliedschaft widerrufen kann. "Austreten" könnte man deshalb nicht aus der Kirche, sondern nur aus der "XY" (irgendein Begriff der nach Beamtendeutsch klingt, habe ich vergessen).

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vor 5 Minuten schrieb Guppy:

Ich habe irgendwann mal ein Interview gesehen mit Prälat Imkamp, wo er nach den Kirchenaustritten gefragt wurde. Und da sagte er (soweit ich mich noch erinnern kann), dass man aus der Kirche gar nicht austreten kann, weil man durch die Taufe automatisch zur Kirche gehört und die Taufe unauslöschlich ist. Man könnte sich zwar vom Glauben der Kirche entfernen, aber in dem Sinn nicht austreten wie aus einem Verein, wo man einfach seine Mitgliedschaft widerrufen kann. "Austreten" könnte man deshalb nicht aus der Kirche, sondern nur aus der "XY" (irgendein Begriff der nach Beamtendeutsch klingt, habe ich vergessen).

das glaubt die Kirche wie sie auch glaubt Brot wird zum physischen Leib Christi ändert aber nicht seine chemische und physische Zusammensetzung also blabla ohne Bedeutung 

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vor 49 Minuten schrieb Guppy:

 

Und was sagt der Vatikan dazu?

 

Ich dachte immer, exkommuniziert wird man nur bei Abfall vom Glauben.

Der Austritt wurde bis 2012 immer als apostatischer Akt gewertet.

 

Seit 2012 ist man mit dem Austritt einfach aller Rechte enthoben und aller Pflichten entbunden.

 

Nach Austritt zur Kommunion zu gehen ist z.B. nicht zulässig.

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vor 6 Minuten schrieb Flo77:

Seit 2012 ist man mit dem Austritt einfach aller Rechte enthoben und aller Pflichten entbunden.

Aber die Kirche darf behaupten , dass du weiterhin Mitglied bist? Und wie kommen dann die Austrittszahlen zustande? Das passt doch alles hinten und vorne nicht!

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vor 16 Stunden schrieb Studiosus:

Ich habe doch eingeräumt, dass diese Vorgehensweise vielleicht nicht der Höhepunkt der Klugheit war. [...] Ob die Art, wie das Sodalitium und Benigni dieses Problem angegangen haben, über jeden Zweifel erhaben war, mag dahin stehen. Was wäre aber ein anderer, ebenso wirksamer Mechanismus zur Abwehr des Modernismus gewesen? Ich sehe mich nicht gezwungen, Gasparris Urteil hier zu unterstützen oder es abzulehnen.

 

Das ist allerdings schon eine etwas magere Distanzierung. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man offenbar aus den denkbar lächerlichsten Gründen ins Visier dieser Geheim-Organisation geraten konnte, etwa weil man die Demokratie mit dem Christentum vereinbar hielt oder weil man bezweifelte, dass die Engel das Haus der hl. Familie selbst nach Loreto getragen hätten! (Oder weil man, J.XXIII. lässt grüßen, ein "verdächtiges Buch" gelesen haben soll.)

 

Dazu meine klare Meinung: Wenn die kath. Kirche sich nur dadurch gegen den "Modernismus" wehren kann, dass die Strukturen der Überwachung und Gedankenkontrolle schafft, die einen wahlweise an die Stasi, an die Scientology oder - nicht was das Blutvergießen, aber den geistigen Totalitarismus angeht - an die Spanische Inquisition denken lassen, dann ist sie ohnehin verloren. Jedenfalls im Sinne des eigenen Anspruchs, den sie offiziell an sich stellt.

Wenn der Preis für den Kampf gegen den "Modernismus" ein Zustand wäre, in dem die Leute sich permanent überwacht fühlen und in dem die römische Zentrale als eine Art "Big Brother" empfunden wird, verbunden mit einer Kultur der Unfreiheit und Angst, dann müsste man sich wirklich fragen, ob das noch etwas mit der Botschaft Jesu (so wie sie üblicherweise verstanden wird) zu tun hat. Ich kann mir jedenfalls bei der Lektüre der Evangelien nicht vorstelle, dass der dort porträtierte Jesus seine Apostel und Jünger angestiftet hätte, sich untereinander auszuspionieren und zu denunzieren und ihm die lächerlichsten (vermeintlichen) "Verfehlungen" anderer zu berichten. Du?

 

Es wäre nicht das erste mal, dass jemand beim verzweifelten Versuch, ein Ideal zu verteidigen, dieses in besonders schlimmer Weise verrät.

 

Ganz unabhängig davon frage ich mich bei Dir, wenn ich dies so anmerken darf, ob Du die ganze Sache nicht sehr stark aus der Jetzt-Perspektive betrachtest. Ich meine damit: Kann es sein, dass Du jede "drohende" Veränderung im hier und heute oftmals vor allem deswegen so vehement ablehnst, viele Veränderungen der Vergangenheit hingegen deswegen so leicht akzeptierst, weil die einen eben "neu" sind, während die anderen aber schon etabliert sind?

 

Mir fällt da - um nur ein willkürliches Beisiel herauszugreifen - eine schon anderswo zitierte Stelle ein, nämlich die Reaktion des Kanonisten Pio Fidele auf die Veränderung der kirchlichen Lehre, die so aussieht, dass der Mann seit 1976 für die Ehe nicht mehr zeugungsfähig, sondern nur noch beischlaffähig sein muss.

 

"Es war also nicht der Mühe wert, den Geist so zu ermüden, Hunger und Nachtwachen zu ertragen, wenn die unendliche und gefährliche Seefahrt zwischen so vielen Klippen mit den Ergebnissen enden soll, zu denen unvermuteterweise, wenn auch mit Mehrheit, die genannte Kommission gelangt ist. [...] Wo ist tatsächlich in diesen Ergebnissen... der Nachhall des Begriffs, daß die Ehe und die eheliche Liebe ihrer Natur nach auf die Zeugung von Nachkommenschaft hingeordnet sind« (zit. bei Lüdicke, S. 247 ff.)."

 

(Zitiert von Ranke-Heinemann (Eunuchen) nach Lüdicke.)

 

Jetzt wirst Du vermutlich sagen: Das war damals ja eine völlig vernünftige und berechtigte Änderung der Lehre, und Fidele hatte gar keinen Grund für sein Erschrecken. Aber das ist die Retrospektive. Stelle Dir einmal für einen Moment kontrafaktisch vor, dass die alte Lehre stets beibehalten worden sei, dass sie von FI plötzlich geändert worden wäre, und dies zum größten Entsetzen von den "konservativen" Katholiken à la G.L. Müller.

 

Würdest Du das dann auch so locker nehmen?

 

Will sagen: Kann es sein, dass Du einfach ein wenig verkennst, dass es immer wieder zu Veränderungen der offiziellen Lehre kam? Und dass Du einfach Deine eigene Zeit - was war offizielle Lehre als Du katholisch sozialisiert wurdest? - zum Maß aller Dinge macht, insbesondere zum Maß dafür, welche Änderungen legitim sein können und welche nicht?

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Aber die Kirche darf behaupten , dass du weiterhin Mitglied bist? Und wie kommen dann die Austrittszahlen zustande? Das passt doch alles hinten und vorne nicht!

 

In einem "spirituellen" Sinne Mitglied, nicht in einem verwaltungsrechtlichen.

Ich verstehe das Unbehagen: Man fragt sich halt schon, ob die Kirche unter anderen Umständen eine Abtrennung nach "weltlichem" Recht verweigern würde, wenn sie das könnte.

 

Im hier und heute hat diese Unterscheidung aber wohl nur "interne" Konsequenzen wie etwa die, dass ein ausgetretener Katholik wesentlich einfacher in die Kirche (re)integriert werden kann als ein Konvertit, der nie Katholik war.

 

 

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vor 1 Minute schrieb iskander:

 

In einem "spirituellen" Sinne Mitglied, nicht in einem verwaltungsrechtlichen.

Ich verstehe das Unbehagen: Man fragt sich halt schon, ob die Kirche unter anderen Umständen eine Abtrennung nach "weltlichem" Recht verweigern würde, wenn sie das könnte.

Das ist eine rein deutsche Diskussion. Ich glaube in keinem anderen Land der Welt wird da so viel Aufhebens drum gemacht und nirgendwo sonst stellt sich die Frage bin ich in der Kirche oder nicht.

 

In anderen Ländern geht man einfach nicht mehr zur Messe, wenn man es "offizieller" machen will, sagt man seinem Geistlichen oder der Presse was Sache ist und das war's. Die Statistiken werden in anderen Ländern ja auch anders geführt als bei uns.

 

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vor 23 Minuten schrieb iskander:

Kann es sein, dass Du einfach ein wenig verkennst, dass es immer wieder zu Veränderungen der offiziellen Lehre kam?

 

Keineswegs. Neben dem Kirchenrecht ist die Dogmatik, genauer die Dogmengeschichte, eines der Gebiete, auf das ich mich hauptsächlich konzentriere. Um noch genauer zu werden sogar das, was man vielleicht Dogmenhermeneutik nennen könnte. Du musst mir also abnehmen (oder kannst es natürlich auch lassen), dass ich über die Entwicklung kirchlicher Lehraussagen in systematischer und historischer Perspektive sehr gut im Bilde bin. 

 

Niemand, der rudimentäre Kenntnisse der Kirchengeschichte hat und ich allen voran nicht, auch wenn mir das - jetzt gerade wieder von Dir - unterstellt wird, würde leugnen, dass es eine Entwicklung, Du nennst es Veränderung, der kirchlichen Lehre gegeben hat. Die Frage, um die es wirklich geht, scheint mir viel eher zu sein: Wie bewerte ich diesen Prozess der Lehrentwicklung, den ich in der Geschichte beobachten kann? Sehe ich darin einen Prozess, der in wesentlichen Fragen Abbrüche oder Kontradiktionen hervor gebracht hat, oder erkenne ich darin das Paradigma organischer Vertiefung und Entfaltung wieder, wie es die Kirche in Anschluss an den Canon Vincentianus, den sich das Erste Vatikanische Konzil ausdrücklich zu eigen gemacht hat, selbst sagt? 

 

Das ist meines Erachtens der einzige Punkt, in dem man überhaupt zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen kann. Nicht in der Frage, ob es Entwicklungen der Lehre gegeben hat oder nicht. 

 

Ein davon abgetrennter Problemkreis ist damals wie heute die Frage, wie sich (akademische) Theologie und kirchliches Lehramt zueinander verhalten. Dass es hier einerseits Synergien, andererseits aber auch Spannungen und Konflikte gibt, scheint evident. Und auch die Position des Theologen in diesem Spannungsgefüge kann man auf durchaus unterschiedliche Weise reflektieren. Es gibt ein Lehrrecht in der katholischen Kirche und darüber hinaus allgemeinverbindliche Grundlagen, von denen meines Erachtens gerade der Theologe, will er den Anspruch bewahren, eine kirchliche Theologie mit allen Konsequenzen zu betreiben, nicht übertreten sollte. Was die adäquate Reaktion der kirchlichen Autorität im Konfliktfall sein sollte, ist offener Gegenstand der Diskussion. Hier sind meiner Meinung nach alle Standpunkte von "gewähren lassen" bis "unnachgiebig sanktionieren" zulässig. Das sind im letzten Stil- oder noch besser Geschmacksfragen. Ich glaube jeder, der entweder bei Lehrabweichungen die Augen eher zudrückt oder bereits Häresie wittert, denkt damit der Kirche am besten zu dienen. 

bearbeitet von Studiosus
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