Jump to content

Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

Recommended Posts

Gerade eben schrieb corpusmysticum:

Legt mir hingegen das Lehramt vor, was die tieferen Aussagen der Schrift sind, dann bricht das u.U. mit meiner eigenen Sichtweise auf die Welt.

 

Und das ist der springende Punkt. Ich denke, da können wir uns alle nicht immer freisprechen. 

 

Die Bereitschaft, das, was ich selbst für eine gute und mir passende Interpretation der Schrift halten würde, zugunsten einer autoritativen Auslegung durch die Kirche hintan zu stellen, ist schwer. 

 

Im weiteren Sinne gilt das für alle Lehren der katholischen Kirche. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

  

Am 21.10.2023 um 18:32 schrieb Flo77:

Was genau wird DIR eigentlich genommen, wenn ICH mit meinem Freund Sex haben kann ohne dafür in die Hölle zu kommen?

 

Ich sage nichts über einzelne Personen. Aber für viele Konservative stellt es sich offenbar so dar: Wenn eine Lehre, die als bedeutsam gilt, weggenommen wird, verliert der kirchl. Anspruch insgesamt seine Glaubwürdigkeit, und dann bricht alles zusammen. (Natürlich ist das eine Perspektive, für die man ausblenden muss, dass die Kirche ihre Meinung in der Vergangenheit bereits in manchen Fragen substantiell verändert hat.)

 

Es geht also nicht um die Homosexualität per se. Wäre diese schon vor Jahrhunderten akzeptiert worden, hätte heute niemand was gegen Segnungen homosexueller Paare. Es hat ja auch kein Konservativer heute was dagegen, wenn heute nicht mehr gelehrt wird, dass absolut jeder eheliche sexuelle Akt sündhaft sei und, um nicht ganz verwerflich zu sein, unbedingt dem Wunsch nach Kindern zu entspringen habe.

Wenn hingegen die Lehre in diesen beiden Punkten (oder anderswo) immer noch gleich wäre wie früher und FI sich nun "anmaßen" würde, diese zu ändern, würden die Konservativen dagegen aufstehen.

 

Es geht - auch wenn man sich das einreden mag - hier also nicht primär um Sachfragen, sondern um Autorität und Glaubwürdigkeit.

 

Am 21.10.2023 um 19:27 schrieb Flo77:

Junge, dieser Streit liegt nicht nur zwischen und beiden (und dich, ich betrachte unser Verhältnis als massiv belastet, weil die von Dir vertretene Haltung drastische Folgen hat, die allerdings Dich und die anderern Vertreter dieser Haltung schlicht nicht interessieren - aus reinem Überlegenheitsgefühl wie es bei mir ankommt), sondern zwischen dem Lehramt und Menschen wir mir, das uns in der gesamten christlichen Welt das Leben immer noch zur Hölle macht.

 

Das betrifft ja allerdings nicht nur Homosexuelle, sondern alle, die deren Sexualität (einschließlich gewollter Gefühle und Gedanken) sich nicht allein in unverhüteten ehelichen Akten erschöpft. Das betrifft also viele Leute.

 

vor 8 Stunden schrieb Cosifantutti:

Das was du hier sehr eindrucksvoll beschreibst und was für dich eine angemessene Haltung gegenüber dem römischen Lehramt / Kirchenhierarchie ist und wie man angemessen mit päpstlichen Verlautbarungen umgehen soll: das machen ja schon seit mehreren Jahrzehnten "praktizierende" Katholiken, die sich nicht an die Vorgaben von Humanae Vitae halten oder an das Verbot von vorehrlichen Sex.... etc... deine Worte: "römische Abstrusitäten" ,"die alles und sei es noch so grotesk schlucken und nachbeten, nur weil es vom Papst kommt..." genau das tun eben Katholiken eben nicht, siehe Humanae Vitae und insgesamt die katholische Sexualmoral. Aber das ist dir dann auch wieder nicht recht, wenn sie im Bereich Sexualmoral nicht alles "schlucken", sondern rational nachvollziehbare Begründungen wollen....

 

Und hinzu kommt ein Dilemma bzw. ein Widerspruch bei "konservativen" Katholiken, welche sowohl die Treue zum Lehramt wie auch die gesamte bisherige Tradition hochhalten. Sobald das Lehramt einen (sanften) Kurswechsel in einem emotional aufgeladenen inhaltlichen Punkt vollzieht, kommt ein so disponierter Katholik in eine schwierige Position.

 

vor 6 Stunden schrieb Studiosus:

Ob eine lediglich auf Schadensvermeidung hin ausgerichtete Ethik, eine Art moraltheologisches nihil nocere, mit dem Sündenverständnis, ob alt oder neu, der Kirche kompatibel ist, würde ich für mich mit einem Fragezeichen versehen. 

 

Was unterschiede eine solche Sittenlehre von anderen, säkularen Moralbegründungen und Verhaltensmaximen? Oder anders gefragt: Wozu braucht man Gott und sein Gesetz in einem solchen System noch, wenn es offensichtlich auch anders geht? Nehmen wir ihn, wie Laplace, aus unserem Modell heraus? 

 

So gesehen wäre Gott dann allerdings nur für die Sexualmoral notwendig, denn in allen anderen Bereichen der Moral orientiert sich die kirchliche Ethik weitestgehend an den gleichen Prinzipien wie andere ethische Systeme. Das kann es doch wohl schlecht sein - die Unterschiede zur säkularen müssten doch auf einer ganz anderen Ebene liegen.

 

vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

Historisch, wenn ich diesen Ball aufnehmen darf, sieht es aber eigentlich genau umgekehrt aus. Nicht die Kirche ist, wie ein Kernaxiom lutherischer Ekklesiologie besagt, creatura verbi (wenn mit verbum die Heilige Schrift in ihrer aufzeichneten Form gemeint ist), sondern die Schrift ist creatura ecclesiae. Die Kirche hat die Schrift (des Neuen Testamentes; die Schriften des Alten Testamentes hat sie in kluger Auswahl übernommen) hervorgebracht, die Kirche geht der Schrift voraus, gleichwohl sie Grundlage der kirchlichen Lehre bleibt - aber eben nicht alleinstehend. Das zeigt auch, auch wenn das manche zur Weißglut treiben wird, dass eine Auslegung oder eine Berufung auf die Heilige Schrift ohne die Anleitung der Kirche und unter Beachtung ihrer Lehrsätze defizitär, wenn nicht sogar wertlos oder schädlich ist.

 

Wobei etwa die (angenommene) Kompetenz, die Worte Jesu getreulich zu überliefern und von Erfindungen Dritter zu unterscheiden, nicht zwingdas gleiche ist wie die Kompetenz, sie authentisch auszulegen.

 

vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Es gibt so etwas wie den "stillen Tod" der Lehre durch eine Veränderung der Praxis. Und ich denke, das wissen auch alle Beteiligten. Wenn allerorten eine bestimmte Praxis gepflegt wird, dann interessiert es bald niemanden mehr, was in Nummer Dreitausendirgendwas eines Dokuments steht, das eh kaum jemand liest. Als "Lehre der Kirche" wird wahrgenommen, was im Alltag praktiziert wird. Das ist ein sehr fadenscheiniger Versuch einer Lehrveränderung durch die Hintertür auf dem Weg des Faktischen. Wenn immer mehr Ausnahmen eine Bestimmung aushöhlen, dann fällt über kurz oder lang auch die Bestimmung selbst.

 

Das nun sehe ich bei allen übrigen Diskrepanzen exakt genauso (ausgenommen die Unterstellung eines Kalküls - da bin ich mir nicht sicher). Hat man sich erst weithin an die Segnung homosexueller Partnerschaften gewöhnt, wird auch das Verbot homosexueller Partnerschaften erst recht als Kuriosum erscheinen. Bemerkenswert ist ja auch, dass Fernández nur auf den Unterschied zur heterosexuellen Ehe eingegangen ist, aber die angebliche Sündhaftigkeit homosexueller Handlungen nicht einmal erwähnt und auch nicht als Argument herangezogen hat.

Dazu kommt die Äußerung des Papstes, dass homosexuelle Akte auch nicht sündhafter seien als heterosexuelle, welche nicht ehelich sind. Was natürlich im Kontrast zur bisherigen Tradition steht.

Falls nicht ein neuer Papst das Ruder im konservativen Sinne herumreißt, wird die gesamte Sexuallehre (nicht nur die zur Homosexualität) vermutlich tatsächlich eines "stillen Todes" sterben.

bearbeitet von iskander
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Nein, das müsste es nach seiner Logik nicht. Die Kirche hat den überwiegenden Teil der Schriften der hebräischen Bibel in ihren eigenen Kanon aufgenommen ...

Das stellt niemand in Frage. Du hast das Argument der Übernahme in den Kanon ja auch vorher schon angesprochen, aber davor "creatura ecclesiae" und danach sogar im selben Satz, gleich wieder das Gegenteil behauptet, nämlich, dass "die Kirche der Schrift (der ganzen AT und NT) vorausgeht".

 

Ich ziere es (zieren = sparsame Kombi aus zitieren mit dem Hinweis darauf, dass die Hervorhebungen von mit stammen):

vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

Historisch, wenn ich diesen Ball aufnehmen darf, sieht es aber eigentlich genau umgekehrt aus. Nicht die Kirche ist, wie ein Kernaxiom lutherischer Ekklesiologie besagt, creatura verbi (wenn mit verbum die Heilige Schrift in ihrer aufzeichneten Form gemeint ist), sondern die Schrift ist creatura ecclesiae. Die Kirche hat die Schrift (des Neuen Testamentes; die Schriften des Alten Testamentes hat sie in kluger Auswahl übernommen) hervorgebracht, die Kirche geht der Schrift voraus, gleichwohl sie Grundlage der kirchlichen Lehre bleibt - aber eben nicht alleinstehend. Das zeigt auch, auch wenn das manche zur Weißglut treiben wird, dass eine Auslegung oder eine Berufung auf die Heilige Schrift ohne die Anleitung der Kirche und unter Beachtung ihrer Lehrsätze defizitär, wenn nicht sogar wertlos oder schädlich ist. 

 

Unterm Strich ist es beschönigende Rethorik - nicht mehr und nicht weniger. 

Denn das ist die "vornehme" Begründung für beliebiges Cherry Picking aus dem AT, ohne Rücksicht auf Verluste. Und das ist das, was mich und andere zur Weißglut bringt, denn die Aufnahme in den Kanon rechtfertigt Cherry Picking nicht, schon gar nicht, wenn es dazu nötig ist, schon in deutschen Übersetzungen Umdeutungen und Verdrehungen zu "autorisieren" (Erde statt Land bzw. Boden, Mann und Frau statt männlich und weiblich, sollen statt werden in Geboten usw.). Machen alle Kirchen so, nicht nur "die Kirche" als wenn es nur eine gäbe, die aus dem Urchristentum entstanden wäre (Rhetorik), aber darum wird es nicht besser, richtiger oder gar die Wahrheit. Das ist eine moralische Frage, ob man so handelt, oder bei der Wahrheit bleibt. So verspielt man das Vertrauen in die kirchliche Morallehre zumindest bei einigermaßen aufgeklärten und gebildeten Menschen. Darum laufen die Menschen in Schaaren aus den Kirchen. Finde ich sehr bedauerlich. 

 

Zitat

Lk 16,10 EU 2016 (Im Zusammenhang des Gleichnis vom Verwalter und der Ungerechtigkeit
Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.  

 

Nicht falsch verstehen, das AT will ich in keinem christlichen Kanon missen. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist diese Scheinheiligkeit, denn was bedeutet das? Ist nur das NT Heilige Schrift und das AT nicht, wenn du von der creatura ecclesiae sprichst, die ja nur für das NT gelten kann? Dann klingt das so, als ob der Tanach keine Heilige Schrift wäre, und erst die Kirche ihn zur Heiligen Schrift machen würde, indem sie "Christus als Mitte der Schrift" "erkannt" hat. Wieder so eine rhetorisch geschickt gewählte Formel um einen kirchlichen Mythos über die Heilige Schrift zu breiten. Fühlst du nicht in deinem Herzen, dass da etwas gewaltig schief läuft, welchen Schaden das den Juden gebracht hat. Denn diese Tradition ist viel zu alt, um das guten Gewissens ausblenden zu können. Viele "antisemitische Nicklichkeiten" des Christentums gegenüber dem Judentum haben ihre Wurzel genau in dieser übergriffigen Denke. Wir wissen es besser als die. Wir haben die Wahrheit, die nicht.  

Meine unmaßgebliche Meinung. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 20 Stunden schrieb rorro:

Nichts anderes predigt der Papst, nichts anderes sagt Kardinal Fernández. Es gibt keine besseren oder schlechteren Sünder.

 

Es gibt nach kirchlicher Lehre jedoch lässliche und Todsünden - und diese Unterscheidung ist (erneut laut kirchlicher Lehre) von großer Relevanz.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zitat

Lk 16,10 EU 2016
Wer in den kleinsten Dingen zuverlässig ist, der ist es auch in den großen, und wer bei den kleinsten Dingen Unrecht tut, der tut es auch bei den großen.

 

Und ich dachte, der Spruch aus John Wick 4 ("How you do anything is how you do everything") wäre originell.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 5 Stunden schrieb Studiosus:

Ich denke, die verschiedenen argumentativen Zugänge, die hier zu Tage treten, bilden das grundsätzliche Dilemma ab: Eine Seite argumentiert nur oder hauptsächlich mit dem subjektiven Leid, das den von der katholischen Morallehre Beschwerten zugefügt wurde, andere, worunter ich mich auch zähle, argumentieren mit der klassischen Sittenlehre, mit den Rechten Gottes als Nomothet, mit der Theonomie der Moral. 

 

Eine gute Mischung wäre wohl wünschenswert. In der Mitte steht die Tugend, wie die Lateiner wissen. 

 

Ich denke, die Leute, die hier mit dem subjektiven Leid argumentieren müssen,die stehen in der Mitte dieser guten Mischung. Die lehnen nämlich keineswegs jedes Gesetz ab, aber sie erinnern sich auch an die Paulinische Anweisung: "Drum prüfet alles, das Gute behaltet". Und da gibt es nun mal, gerade auch in der römischen Sexualethik, einige Regeln, die bei buchstabengetreuer Einhaltung eben nicht zu Gott sondern in die Verzweifelung führen. Und die deswegen hinterfragen, ob die Kirche da wirklich noch Gottes Wort verkündet, oder ob sich da nicht was versebständigt hat. Wie kann ein barmherziger Gott einen homosexuellen Menschen schaffen und von ihm dann Asexualität fordern? In einem Maße, die jede menschliche Kraft übersteigt? Ist das wirklich Gottes Wille? (In Einzelfällen bestimmt!) Oder hat sich da eine eigentlich gute Idee über jedes Maß verselbständigt und wurde zum knechtenden Gesetz, zum schweren, menschengemachten Joch? (Ich fürchte: Meistens.)

Wobei ich davon ausgehe, daß Gott auch asexuelle Menschen geschaffen hat und befürchte, daß diese ungewöhnlich häufig für die Entwicklung der kirchlichen Sexualmoral verantwortlich waren...

Ein anderer Punkt: Die Ehe. Ich gehe davon aus, daß die Paare, die sich bewußt dieses Sakrament spenden, dies wirklich 'für immer' tun wollen. Und das es dennoch immer wieder zu Situationen kommt, in denen dieses Eheversprechen nicht gehalten werden kann. Da finde ich die orthodoxe Sichtweise ('Tod der Ehe') pasoral viel sinnvoller als das katholische Festhalten an ihrer Unauflöslichkeit - ohne die Idee dahinter schmälern zu wollen. Das Ideal ist die Treue bis zum Tod - die Realität sieht leider manchmal anders aus, die Menschen sind eben schwache Sünder und keine Engel. Ein Widerspruch, den ich nicht aufzulösen vermag.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 34 Minuten schrieb iskander:

Und hinzu kommt ein Dilemma bzw. ein Widerspruch bei "konservativen" Katholiken, welche sowohl die Treue zum Lehramt wie auch die gesamte bisherige Tradition hochhalten. Sobald das Lehramt einen (sanften) Kurswechsel in einem emotional aufgeladenen inhaltlichen Punkt vollzieht, kommt ein so disponierter Katholik in eine schwierige Position.

 

 Ich meine "hochhalten" hier natürlich im Sinne von: strikt und kompromisslos hochhalten.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Minute schrieb Moriz:

Ein anderer Punkt: Die Ehe. Ich gehe davon aus, daß die Paare, die sich bewußt dieses Sakrament spenden, dies wirklich 'für immer' tun wollen. Und das es dennoch immer wieder zu Situationen kommt, in denen dieses Eheversprechen nicht gehalten werden kann. Da finde ich die orthodoxe Sichtweise ('Tod der Ehe') pasoral viel sinnvoller als das katholische Festhalten an ihrer Unauflöslichkeit - ohne die Idee dahinter schmälern zu wollen. Das Ideal ist die Treue bis zum Tod - die Realität sieht leider manchmal anders aus, die Menschen sind eben schwache Sünder und keine Engel. Ein Widerspruch, den ich nicht aufzulösen vermag.

Zu Zeiten als der Tod der Frauen im Kindbett alltäglich und Kettenehen nichts ungewöhnliches, war das mit der Treue bis zum Tod auch ein völlig anderes Thema als heute.

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 4 Minuten schrieb Moriz:

Wobei ich davon ausgehe, daß Gott auch asexuelle Menschen geschaffen hat und befürchte, daß diese ungewöhnlich häufig für die Entwicklung der kirchlichen Sexualmoral verantwortlich waren...

 

Zumindest Punkt 2 würde ich tendenziell bezweifeln. Mal abgesehen von den Ursprüngen scheinen heute beispielsweise vor allem homosexuelle Kleriker (oftmals auch praktizierende) die entschiedensten Verfechter der kirchl. Ablehnung der Homosexualität zu sein. (Das ergeben zumindest die Recherchen von F. Martel, die ich in dieser Sache für glaubwürdig halte.)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 7 Stunden schrieb Studiosus:

Es gibt so etwas wie den "stillen Tod" der Lehre durch eine Veränderung der Praxis. Und ich denke, das wissen auch alle Beteiligten. Wenn allerorten eine bestimmte Praxis gepflegt wird, dann interessiert es bald niemanden mehr, was in Nummer Dreitausendirgendwas eines Dokuments steht, das eh kaum jemand liest. Als "Lehre der Kirche" wird wahrgenommen, was im Alltag praktiziert wird. Das ist ein sehr fadenscheiniger Versuch einer Lehrveränderung durch die Hintertür auf dem Weg des Faktischen. Wenn immer mehr Ausnahmen eine Bestimmung aushöhlen, dann fällt über kurz oder lang auch die Bestimmung selbst. 

Ja, es gibt ihn, diesen 'stillen Tod der Lehre durch Veränderung der Praxis' und es gibt viele Beispiele dafür. Zum Beispiel die Stellung der Kirche zu Demokratie und Menschenrechten. Auch, wenn es bedauerlich ist, daß Lehren viel zu selten 'offiziell' geändert werden.

 

Ich hatte heute ein interessantes Gespräch nach der Messe: Mich sprach jemand auf Artikel 30 des Reichskonkordates an:

Zitat

ARTIKEL 30.

An den Sonntagen und den gebotenen Feiertagen wird in den Bischofskirchen, sowie in den Pfarr-, Filial- und Klosterkirchen des Deutschen Reiches im Anschluss an den Hauptgottesdienst, entsprechend den Vorschriften der kirchlichen Liturgie, ein Gebet für das Wohlergehen des Deutschen Reiches und Volkes eingelegt.

Hat das mal jemand erlebt? Ich noch nicht.

Als er den Pfarrer darauf ansprach wusste der von nichts und versprach, sich diesen Konkordatstext mal genauer anzuschauen...

 

Ich denke, daß ist ebenfalls ein gutes Beispiel für einen 'stillen Tod'. Hier nicht der Lehre, sondern der Vertragseinhaltung.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 25 Minuten schrieb Domingo:

Und ich dachte, der Spruch aus John Wick 4 ("How you do anything is how you do everything") wäre originell.

Und Ich dachte, dass die Rede meiner christlichen Geschwister die uns als Gottes Volk bezeichnen originell wäre, bis ich im AT laß, dass nicht wir Christen, sondern die Juden das auserwählte Volk Gottes sind. Gäbe es die Juden wie irgend ein anderes Volk aus dem AT heute nicht mehr, wäre das halb so schlimm. Aber die Juden sind noch da, waren die ganze Zeit da. Wir sprechen also gegenüber Juden so. Sagen es denen ins Gesicht, nicht persönlich natürlich, aber in Büchern, Massenmedien, Internet, der Papst jedes Jahr im Urbi et orbi (lateinisch ‚der Stadt (Rom) und dem Erdkreis‘) oder Benedictio coram populo (lateinisch ‚Segen vor dem Volk‘). 

 

Aber anscheinend hat man sich in der Tradition des Christentums so daran gewöhnt, dass man den Antisemitismus darin gar nicht mehr wahrnimmt. Wenn die Weltkirche überall von sich als dem Volk Gottes spricht, bedeutet das, dass alle dazugehören können, nur die Juden nicht. Es reicht bei weitem nicht, das AT jetzt hin und wieder Erstes Testament zu nennen. Das ist ein dünnes Alibi. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 30 Minuten schrieb Flo77:

Zu Zeiten als der Tod der Frauen im Kindbett alltäglich und Kettenehen nichts ungewöhnliches, war das mit der Treue bis zum Tod auch ein völlig anderes Thema als heute.

 

Nicht zu vergessen, dass es ständig Kriege gab, in denen auch nicht wenige Ehemänner starben. Die Ehen dauerten deutlich kürzer als heute.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 6 Minuten schrieb laura:

Nicht zu vergessen, dass es ständig Kriege gab, in denen auch nicht wenige Ehemänner starben. Die Ehen dauerten deutlich kürzer als heute.

Im Durchschnitt zumindest. Gab ja such genug, die 30 und mehr Jahre miteinander mussten...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 40 Minuten schrieb Weihrauch:

Wir sprechen also gegenüber Juden so. Sagen es denen ins Gesicht, nicht persönlich natürlich, aber in Büchern, Massenmedien, Internet, der Papst jedes Jahr im Urbi et orbi (lateinisch ‚der Stadt (Rom) und dem Erdkreis‘) oder Benedictio coram populo (lateinisch ‚Segen vor dem Volk‘). 

 

Also ich verstehe es in der heutigen Situation - nicht in der Zeit des Johannes Pfefferkorn und Reuchlins - wirklich nicht, wo exakt hier das Problem liegt? Warum ist es eine Beleidigung, wenn sich zwei Menschen, zwei Gläubige oder Theologen, von denen einer Jude und der andere Christ ist, über die unterschiedliche Interpretation der hebräischen Bibel, die Beiden Heilige Schrift ist, dem Juden ausschließlich, dem Christen als Teil der einen Heiligen Schrift, unterhalten? Warum sollte es einem Christen nicht erlaubt sein, zu sagen, wir deuten das so. Und dem Juden, sie deuten es so. Was ist hier das Problem. Warum darf der Christ nicht seine genuine Auslegung des Alten Testaments haben und äußern und der Jude seine? 

 

Das verstehe ich tatsächlich nicht.

 

Mir ist, wie angedeutet, die Schuldgeschichte der Christen gegenüber den Juden gewahr. Aber das kann oder sollte ja nicht dazu führen, dass sich die Christen einer eigenen Interpretation des Alten Testaments enthalten müssen. Solange sie die heute lebenden Juden nicht zwingen, ihre Bibel christlich zu lesen, sehe ich kein Problem. 

 

Und hinter bestimmte Glaubensaussagen kommen wir, und wenn der jüdisch-christliche Dialog noch ewig andauert, als Christen schlicht nicht zurück: Dass wir einen Gott in drei Personen glauben, die Inkarnation Christi, seine Gottessohnschaft, die Erlösung durch das Kreuz usw. Darauf können wir kaum verzichten, sonst hören wir auf, Christen zu sein. 

 

Und dass der Urbi et Orbi-Segen jetzt auch schon antijudaistisch sein soll, das ist mir tatsächlich neu. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

Warum darf der Christ nicht seine genuine Auslegung des Alten Testaments haben und äußern und der Jude seine?

 

Wieso steht "genuine" (= angeboren, original) Auslegung in deinem Satz beim Christ und nicht beim beim Jude, wo es hingehört?

Diese rhetorischen Taschenspielertricks gehören anscheinend zur kath. DNA. 

 

Es geht mir gar nicht um das Dürfen, sondern um das WIE und die wirkungsgeschichtlichen Konsequenzen (Holocaust) die diese Denke nach sich zog, siehe auch Moritz Beitrag  - und um die fadenscheinigen Begründungen, warum die Kirche das darf - weil sie das AT kanonisiert hat? Wenn Morgen der Papst den Koran in "die Bibel" kanonisiert, hat das Lehramt ab morgen die Deutungshoheit über die genuin kirchlichen Inhalte des Koran? So einfach geht das also, wenn "die Kirche" das wollte?    

 

Du willst doch nicht etwa behaupten, dass es 2000 Jahre seit der Kanonisierung des Tanach in Jabne hindurch zwischen Kirche (Lehramt) und Judentum "eigentliche Gespräche" (terminus technicus bei Gadamer) gegeben hätte. Zur Erinnerung: 

 

»Wir sagen, daß wir ein Gespräch führen, aber je eigentlicher ein Gespräch ist, desto weniger liegt die Führung desselben in dem Willen des einen oder anderen Partners. (...) Was bei einem Gespräch herauskommt, weiß keiner vorher.«

 

Das war und ist unmöglich, da dabei beide Seiten meinen, das Argumentum ad verecundiam im Anschlag, eine Führungsposition inne zu haben, indem sich beide Seiten auf die göttliche Autorität berufen. Beide Seiten meinen immer, dass die Führung des "Gesprächs" zu 100% im eigenen Willen liegt, und sie von vornherein wissen, was rauskommt. In der Apg 10 (der Proselyt Kornelius) und Apg 15,1-29 (Apostelkonzil) sieht es wenigstens noch so aus, als wurden "eigentliche Gespräche" zwischen Proselyten (Konvertiten zum Judentum) jüdischen Jesusanhängern und solchen unter den Pharisäern geführt - allerdings innerhalb des Judentums und nicht etwa schon in der Kirche, wie du das immer darstellst - aber seit 100 n. Chr. in Jabne aus den Pharisäern das rabbinische Judentum hervorgegangen ist nicht mehr - Pure Feindschaft zwischen Juden und Christen. 

 

Dann kommt irgendwann Muhammad daher um eine vermittelnde theologische Lösung in Form des Koran vorzuschlagen. Allerdings scheint er anscheinend genau so verpolt gewesen wie die jüdische und christliche Seiten, und seit dem fliegen die Fetzen weltweit erst recht, und alle drei Seiten haben den gleichen Dreck am Stecken, ihre politische Macht mit Autorität und Gewalt in der Welt durchzusetzen, indem sie Heilige Schriften missbrauchen.

 

Man glaubt es nicht, dass der UN-Botschafter Israels am 24.12.2016 vor der UN um die Siedlungspolitik seines Landes zu rechtfertigen, die Bibel in der Hand sagt: "Man baue auf Land, das dem jüdischen Volk gehöre. Die Bibel, dieses Heilige Buch, enthält 3000 Jahre jüdischer Geschichte im Land Israel. Niemand, niemand kann diese Geschichte ändern." - Und es bricht kein schallendes Gelächter im Saal aus!

 

Offensichtlich hat keiner der Anwesenden das AT gelesen und kennt die historische Geschichte Palästinas gut genug, um zu wissen, dass davon kein Wort stimmt. Da werden mythologische Erzählungen zu 3000 Jahren (wieso eigentlich 3000?) historischer jüdischer Geschichte hochstilisiert. Was ist die Welt doch für ein groteskes Irrenhaus.

 

Jetzt holen sich vermutlich die Juden, die alttestamentlichen Königreiche Juda und Israel, der Staat Israel (die Bezeichnungen scheinen völlig austauschbar zu sein) einen weiteren Teil "ihres" Landes von den Philistern (Palästinensern), wie es in der Bibel steht, mit Gottes Segen selbstverständlich.

bearbeitet von Weihrauch
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 12 Stunden schrieb Studiosus:

Warum darf der Christ nicht seine genuine Auslegung des Alten Testaments haben und äußern und der Jude seine? 

Das ist keine Frage des "Dürfens", sondern abhängig von der Zielrichtung des Dialogs.

 

Warum sollte man unterschiedliche Interpretationen überhaupt diskutieren? Der Sinn eines solchen Austauschs liegt doch üblicherweise darin, daß man im Gespräch die Denkrichtung und Schwerpunkte des Gegenübers kennenlernt und zugleich die eigene Interpretation einer Prüfung unterzieht inwiefern der Text die eigene Meinung überzeugend belegt.

 

Wenn es nur bei einem allgemeinen Blabla bleibt und eine Reflexion der eigenen Sichtweise überhaupt nicht intendiert ist, kann man sich das Gespräch meiner Meinung nach direkt sparen.

 

Die Interpretationen der Kirche haben eine bestimmte Zweckbestimmung. Ob das nun die Legitimation von Machtverhältnissen (politisch wie kirchlich) oder Lehraussagen ist oder einfach zur Kontrolle der Gläubigen (jährliche Beichte...) benötigt wird, spielt im Außenverhältnis zunächst keine Rolle.

 

Das Konzept haut auch ganz gut hin, solange man die alleinige Kontrolle darüber hat, wer die Texte liest, editiert und interpretiert. "Lasst Gutenberg brennen!" würde ich sagen, denn mit der Preisgabe der Schrift an jeden der Lesen konnte, ging dieses Monopol und alles, was daran hing für immer den Bach runter.

 

Die Editionsgeschichte der Schrift, der Kontext in dem Texte entstehen und am Ende auch in welchem Kontext sie gelesen werden, hat grundsätzlichen Einfluss auf das Textverständnis.

 

Der Rat der Kirche an die Gläubigen selbst eifrig in der - hoffentlich ausreichend kommentierten (und da fangen die Probleme ja schon an) - Schrift zu lesen, ist mMn ein schuss ins Knie...

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Der Rat der Kirche an die Gläubigen selbst eifrig in der - hoffentlich ausreichend kommentierten (und da fangen die Probleme ja schon an) - Schrift zu lesen, ist mMn ein schuss ins Knie...

Merke: "Die Bibel" und "Mein Kampf" sollte man halt auf keinen Fall als unkommentierte Ausgaben verkaufen und lesen lassen... ;) 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Gerade eben schrieb rince:

Merke: "Die Bibel" und "Mein Kampf" sollte man halt auf keinen Fall als unkommentierte Ausgaben verkaufen und lesen lassen... ;) 

bezüglich der Bibel sagt das schon das Konzil von Trient

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 6 Minuten schrieb rorro:

 

Und Du hast beide nicht wirklich studiert (bzw. überhaupt gelesen).

Wir hatten beide Werke daheim... ;)

bearbeitet von rince
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Zitat

Dtn 3,18 EU 2016

Damals gebot ich euch: Der HERR, euer Gott, hat euch dieses Land gegeben, sodass ihr es in Besitz genommen habt. Doch jetzt, in Waffen, sollt ihr zunächst mit allen Wehrfähigen an der Spitze eurer Brüder, der Israeliten, über den Jordan ziehen.  

 

Bild 1

Bild 2

Bild 3

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...