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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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vor 1 Minute schrieb OneAndOnlySon:

Wenn das so ist (und das interpretieren wir beide entsprechend), warum ist es für manche Katholiken dann ein Abfall von der Treue zur Kirche, ihrem Lehramt und dem Bischof von Rom, wenn diese Bitten geäußert und entsprechende Argumente vorgetragen werden? 

 

Nun, daß endgültige Entscheidungen aufgehoben werden, diese Wahrscheinlichkeit ist ungefähr, grob geschätzt, insbesondere seit Vat I und II: Null.

 

Selbstverständlich kannst Du den Bischof von Rom bitten. Hast Du ihm schon geschrieben?

 

ich weiß ja nicht, wie Du das Wort "bitten" so definierst. Demonstrationen, üble Nachrede etc. gehören laut meiner Erziehung und Überzeugung jedenfalls nicht dazu. Aber jede Kinderstube ist wohl anders.

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vor 14 Minuten schrieb OneAndOnlySon:

 ...und die päpstliche Dogmen nicht als entgegen der Kirchenlehre bezeichnen darf.

 

Das lese ich öfter. Kannst Du mir erklären, wie Du das meinst? Für mich ist dieser Halbsatz widersinnig: Warum sollte man päpstliche Dogmen überhaupt als der Kirchenlehre entgegen stehend bezeichnen? Die "Kirchenlehre" besteht in ihren verbindlichen Teilen in hohem Maße aus ebendiesen päpstlichen (oder konziliar vorbereiteten und päpstlich bestätigten) Dogmen. Die päpstlichen Dogmen sind Lehre der Kirche. 

 

Außer man meint mit "päpstlichem Dogma" tatsächlich nur die feierlichen Lehrentscheidungen, die seit dem Ersten Vatikanischen Konzil getroffen wurden, was ich für ein zu enges Verständnis sowohl des Papstamtes in der Geschichte der Kirche als auch des Begriffs "Dogma" hielte. Erschwerend hinzu kommt, dass der Papst als authentischer Interpret des depositum fidei festlegt, was Lehre der Kirche ist.

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb rorro:

 

Nun, daß endgültige Entscheidungen aufgehoben werden, diese Wahrscheinlichkeit ist ungefähr, grob geschätzt, insbesondere seit Vat I und II: Null.

 

Selbstverständlich kannst Du den Bischof von Rom bitten. Hast Du ihm schon geschrieben?

 

ich weiß ja nicht, wie Du das Wort "bitten" so definierst. Demonstrationen, üble Nachrede etc. gehören laut meiner Erziehung und Überzeugung jedenfalls nicht dazu. Aber jede Kinderstube ist wohl anders.

Die Kirche (in Form meines Ortsbischofs) legt mir für meine Mitwirkung effektivere Instrumente vor, als ständig Briefe in der Gegend herumzuschicken. Auf Gemeindeebene ist dies der Kirchengemeinderat, auf Landesebene aktuell der Synodale Weg. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass deutsche Bischöfe diese Bitten in die nächste Weltbischofssynode einbringen werden. 

 

Aber warum sollten Demonstrationen nicht dazu gehören? Sind diese in irgendeiner Form despektierlich oder ehrabschneidend? 

Und was um Himmelswillen haben Demonstrationen und "üble Nachrede" in einem Satz zu suchen? 

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vor 2 Stunden schrieb iskander:

 @rorro

 

 

 

Auch danke an Dich für Deine Antwort.

 

 

Ich dachte bei den "Werbenden" eher zum Beispiel an Theologen, die entsprechende Bücher schreiben. Und in wichtigen Punkten kann der deutsche "Synodale Weg" ja ebenfalls nur Impulse setzen bzw. sich für eine Postion stark machen und keine Entscheidungen treffen.

 

 

Das ist womöglich ein treffender Vergleich. Allerdings beziehen sich die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ja in erster Linie auf das Handeln des Staates, auch wenn dieses natürlich wiederum erhebliche Auswirkungen auf das Leben des Einzelnen haben kann. Die Kirche beansprucht hingegen im Prinzip das gesamte Glaubens- und Moralsystem des Einzelnen weitgehend - und im Zweifelsfall entscheidend - zu bestimmen.

 

Wer dies so möchte, soll gerne so leben. Ich darf jedoch bei allem Respekt anmerken, dass ich das Ansinnen der Kirche als totalitär empfinde, weil damit letztlich eine völlige Kontrolle des menschlichen Glaubens - und noch bedenklicher: des menschlichen Gewissens - zumindest implizit im Raume steht. Die Haltung der Kirche erscheint mir umso erstaunlicher, da sie ihre Gehorsamspflicht selbst auf Fragen ausdehnt, bei denen sie nach ihrer eigenen Auffassung "fehlbar" ist; also auf Fragen, bei denen sie selbst nicht beansprucht, dass ihre Antworten mit Sicherheit wahr seien!

 

- Im Grunde läuft das beispielsweise darauf hinaus, dass Katholiken früher verpflichtet waren, die Religionsfreiheit abzulehnen. Und wenn die Lehre wider geändert würde, müssten Katholiken demnach dann auch erneut die Religionsfreiheit ablehnen.

 

- Und wären Katholiken dann verpflichtet gewesen, die Todesstrafe zu befürworten, auch die für "Ketzer".

 

- Oder wohl auch die Hinrichtung für Ehebrecher ("Am 3. November 1586 wurde die Bulle veröffentlicht, welche anordnete, daß Ehebrecher und Ehebrecherinnen sowie Eltern, die ihre Töchter verkuppelten, mit dem Tod, Verheiratete, die sich eigenmächtig trennten, nach dem Ermessen der Richter ebenfalls entsprechend zu bestrafen seien." (Zitn. n. Ranke-Heinemann, Eunuchen für das Himmelreich.)

 

- Ebenfalls wäre ein katholischer Ehepartner dann wohl strengstens verpflichtet (gewesen?), den Geschlechtsverkehr mit dem anderen Ehepartner zu verweigern, wenn er weiß, dass dieser verhütet. ("Und die Frage: »Darf eine Frau, wenn sie weiß, daß ihr Mann sein Glied mit einer ›englischen Kapuze‹ umgibt, sich für den Koitus zur Verfügung stellen?«, beantworten Mitte des 19. Jahrhunderts Papst und Kardinalskollegium: »Nein, sie würde an einem abscheulichen Verbrechen (!) mitschuldig sein und eine Todsünde begehen [1852]." Zit. n. Deschner, Das Kreuz mit der Kirche.)

(Hat sich das inzwischen eigentlich geändert? Wenn nicht, heißt das allerdings, dass in der Praxis ein "papsttreuer Katholik" (m/f) wohl nur eine andere streng religiöse Person mit ähnlichen Überzeugungen heiraten kann, oder eine, die unfruchtbar ist oder sich den Wünschen des anderen sehr unterordnet.)

 

- Oder ein Katholik hat dann wohl vor B.XIVs Kehrtwende auch nicht im Sinne des "kleineren Übels" Kondome an Personen mit entsprechenden Sexualpartnern verteilen dürfen, welche nicht für die Keuschheit zu gewinnen waren.

 

- Man könnte sogar argumentieren, dass nach kirchlicher Lehre eine Frau, die unter Todesdrohung eine Vergewaltigung über sich ergehen lässt, sündigt. Jedenfalls sagte JPII. über Maria Goretti: "In seiner Predigt bei der Heiligsprechung bezeichnete Papst Pius XII. Maria Goretti als »die kleine und sanfte Märtyrerin der Reinheit« (vgl. Ansprachen und Rundfunkbotschaften, XII [1950 –1951], 121), denn trotz der Todesdrohung, achtete sie das Gebot Gottes." Daraus kann man im Umkehrschluss nur ableiten, dass sie, wenn sie sich unter Todesdrohung anders verhalten hätte, das Gebot Gottes eben nicht geachtet und also gesündigt hätte. Oder anders formuliert: dass also selbst die Todesdrohung keine Exkulpation darstellt, wenn es um nicht-ehelichen Geschlechtsverkehr geht.

 

Und das sind nur Beispiele; ich suche noch nach einer Liste von problematischen Lehrentscheidungen der Vergangenheit, von denen die Kirche abgerückt ist (oder die zumindest derart fragwürdig sind, dass auch manche "Konservative" die Problematik zugeben werden).

 

Zwar spricht die kath. Kirche auch von der Würde des menschlichen Gewissens. Aber das rechte katholische Wissen hat sich eben stets an der Lehre der Kirche zu orientieren. Und das heißt im Endeffekt, dass der gute Katholik gehalten ist, sein eigenes Gewissen stets der kirchlichen Lehre unterzuordnen.

 

Das ist das, was ich als "totalitär" bezeichne. Der Mensch hat nach meiner Überzeugung eine moralische Verantwortung, die er nicht einfach an andere abgeben kann. Es ist nach meinem Dafürhalten daher auch nicht gut, wenn der Mensch sein Gewissen einer äußeren Autorität schlechthin unterordnet, noch wenn eine äußere Autorität ihn dazu drängt.

Und wie gesagt: Gerade die Tatsache, dass die Kirche in der Vergangenheit nun wirklich genug geirrt hat und den Irrtümern manchmal auch länger angehangen ist als die säkulare Gesellschaft, lässt diesen radikalen kirchlichen Anspruch doppelt fragwürdig erscheinen. Und in manchen Fällen geht es ja zum Teil wirklich um Leben und Tod.

 

Aber hier sieht man natürlich auch die riesige Spannung innerhalb der kath. Kirche: Wir haben auf der einen Seite einen nahezu unbegrenzten und zumindest formal-rechtlich auch verbindlichen Autoritäts-Anspruch der Kirche sowie auch einige Katholiken, die ihn völlig akzeptieren; auf der anderen Seite aber steht die große Mehrheit selbst der engagierten Katholiken, die einen solchen Anspruch nicht akzeptieren können. (Jedenfalls gilt das für die westliche Welt; und wie unsere Diskussionen in der Vergangenheit ergeben haben, sieht es so viel anders auch in weniger reichen Ländern nicht aus; und es ist bei zunehmender Bildung und zunehmendem Wohlstand wohl ohnehin perspektivisch von einer Angleichung auszugehen.)

 

Da treffen natürlich Welten aufeinander, ohne dass eine Lösung denkbar wäre, sofern nicht eine Seite ihre Position aufgibt.

 

 

Ich halte es für den falschen Ansatz, die Historie sozusagen im Rückspiegel mit den Anforderungen zu bewerten, die heute formuliert werden.

 

Noch einmal: ich akzeptiere selbstverständlich das Zweite Vatikanum in Gänze und kann jedem nur empfehlen es zu lesen. Es gibt in der Katholischen Kirche bzgl. der Lehre kein Geheimwissen - und das Ganze ist sogar verständlich formuliert. Sicher gibt es auch den einen oder anderen Wortlaut, über den heftig diskutiert wird, doch das hat mit dem eigenen Glauben eher wenig zu tun als Katholik (sprich: betrifft Anhänger anderer Religionen) und das allermeiste ist verblüffend eingängig formuliert.

 

Totalitarismus ist laut Vicky P. Día:

 

Zitat

eine politische Herrschaft mit einem uneingeschränkten Verfügungsanspruch über die Beherrschten, auch über die öffentlich-gesellschaftliche Sphäre hinaus in den persönlichen Bereich. Ihr Ziel ist die umfassende Durchsetzung ihres Wertesystems.

 

Das wichtigste Kennwort hier ist "politisch". Natürlich wird jetzt wieder die Vergangenheit hervorgekramt, doch ich rede vom Jetzt. Wo ist die Herrschaft der Kirche im 21. Jh. politisch?

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Am 4.2.2023 um 12:25 schrieb Cosifantutti:

Gilt dann die Lehre des Monogenismus  und die grundsätzliche Ablehnung der evolutiven Auffassung der Entwicklung von ( Schöpfung ) ? Immer noch ???

 

Zur Evolutionslehre hat Papst Johannes Paul II. was gesagt und der Monogenismus ist übrigens derzeit vorherrschende Wissenschaftsmeinung - ohne daß damit zwingend Adam (=Mensch) und Eva personal gemeint sind.

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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Das lese ich öfter. Kannst Du mir erklären, wie Du das meinst? Für mich ist dieser Halbsatz widersinnig: Warum sollte man päpstliche Dogmen überhaupt als der Kirchenlehre entgegen gesetzt bezeichnen? Die "Kirchenlehre" besteht in ihren verbindlichen Teilen in hohem Maße aus ebendiesen päpstlichen (oder konziliar vorbereiteten) Dogmen. Die päpstlichen Dogmen sind Lehre der Kirche. 

Keine Widerrede. Ich darf nicht behaupten, das außerordentliche wie auch das ordentliche Lehramt des Papstes (wie übrigens auch das ordentliche meines Ortsbischofs (was ja gerne mal vergessen wird)) seien nicht Teil der kirchlichen Lehre. Für mich waren z.B. die sogenannten Dubia-Kardinäle da schon extrem nah an jener Grenze. Ihre medialen Äußerungen klangen schon arg nach der Behauptung, die päpstliche Position zum Kommunionempfang von Widerverheirateten stünde in einem Gegensatz zur offiziellen Lehre.

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vor 5 Minuten schrieb OneAndOnlySon:

Aber warum sollten Demonstrationen nicht dazu gehören? Sind diese in irgendeiner Form despektierlich oder ehrabschneidend? 

 

Nein, nur gehlren sie nciht zur Gruppe des "Bittens", sondern des "Forderns".

 

vor 5 Minuten schrieb OneAndOnlySon:

Und was um Himmelswillen haben Demonstrationen und "üble Nachrede" in einem Satz zu suchen? 

 

Das ist nur ein ganz kleiner Potpourri an Erfahrungen mit "Reformern" ...

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Gerade eben schrieb OneAndOnlySon:

Keine Widerrede. Ich darf nicht behaupten, das außerordentliche wie auch das ordentliche Lehramt des Papstes (wie übrigens auch das ordentliche meines Ortsbischofs (was ja gerne mal vergessen wird)) seien nicht Teil der kirchlichen Lehre. Für mich waren z.B. die sogenannten Dubia-Kardinäle da schon extrem nah an jener Grenze. Ihre medialen Äußerungen klangen schon arg nach der Behauptung, die päpstliche Position zum Kommunionempfang von Widerverheirateten stünde in einem Gegensatz zur offiziellen Lehre.

 

Auch wenn einer der "Dubia-Kardinäle" mein Ortsbischof war - ich gebe Dir da Recht. Muß ja auch mal gesagt werden.

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vor 3 Minuten schrieb OneAndOnlySon:

Keine Widerrede. Ich darf nicht behaupten, das außerordentliche wie auch das ordentliche Lehramt des Papstes (wie übrigens auch das ordentliche meines Ortsbischofs (was ja gerne mal vergessen wird)) seien nicht Teil der kirchlichen Lehre. Für mich waren z.B. die sogenannten Dubia-Kardinäle da schon extrem nah an jener Grenze. Ihre medialen Äußerungen klangen schon arg nach der Behauptung, die päpstliche Position zum Kommunionempfang von Widerverheirateten stünde in einem Gegensatz zur offiziellen Lehre.

 

Danke, dann verstehe ich das jetzt besser.

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@iskander: noch einmal kurz zum Gewissen. Es ist keinesfalls so, daß die Kirche fordert, man habe sich auch im Gewissen immer ihrer Lehre anzupassen. Was sie allerdings verlangt - und ehrlich gesagt halte ich das zumindest für Katholiken nachvollziehbar - ist, daß man zumindest ihre Argumentation gut kennt und wohlwollend abwägt. Und nach meiner Erfahrung präsentieren katholische Ablehner kirchlicher Positionen nicht selten eine Karikatur der kirchlichen Ansicht und geben auch zu, diese nicht wirklich eingehend studiert zu haben. Sie haben aber ihre Gewissensentscheidung als Katholiken. Ich würde mal sagen.... das überzeugt nur rudimentär.

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vor 4 Minuten schrieb rorro:

Nein, nur gehlren sie nciht zur Gruppe des "Bittens", sondern des "Forderns".

Der Übergang dürfte fließend sein und liegt wohl auch im Auge des Betrachters: Waren die "Santo Subito!"-Rufe bei der Emeritus-Beerdigung noch Bitten oder schon Forderungen? Und wenn (um einfachheitshalber bei dem Beispiel zu bleiben) katholische Publizisten bis in den Bischofsrang schon kurz nach Neujahr vom "Kirchenlehrer Benedikt" als einer Tatsache geschrieben haben, war das noch eine Bitte, eine Forderung oder sogar schon die Vorwegnahme einer offiziellen Entscheidung?

 

Wir müssen das auch nicht ausdiskutieren. Ich sehe nur die Grenzen scheinbar weniger klar als du. Damit können wir aber sicher beide ganz gut leben.

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Du hast recht, die Grenzen sind fließend. Eine einmalige Demo ist noch okay, bei jahrelanger Penetranz ist allerdings kaum noch von "Bitten" zu reden, ich denke da gehen wir konform. Ein ständiges "Santo Subito" wäre echt nervig (wie ich die ganzen "Automatismen" bei Heiligsprechungen von Päpste eh kritisch sehe).

bearbeitet von rorro
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vor 26 Minuten schrieb rorro:

Nun, daß endgültige Entscheidungen aufgehoben werden, diese Wahrscheinlichkeit ist ungefähr, grob geschätzt, insbesondere seit Vat I und II: Null.

 

Da wäre ich vorsichtiger. Im Mittelalter hätte sich vermutlich niemand vorstellen können, dass die Kirche mal das Zinsverbot aufhebt. Und zu Zeiten von Pius IX. hätte man sich wohl kaum eine Anerkennung der Religionsfreiheit vorgestellt.

Übrigens wurden auch "Quanta cura" und dann oft auch der angehängte "Syllabus" früher wohl häufig für unfehlbar gehalten (als auch die Ablehnung der Religionsfreiheit). Bis zum 2. Weltkrieg soll dies sogar die Standard-Ansicht gewesen sein (Quelle finde ich nicht mehr).

Tatsächlich scheint es auch heute noch Kreise (etwa die Lefebvre-Anhänger) zu geben, die an dieser Sichtweise festhalten.

 

Oder denke an folgendes Dogma:

 

"[Die heilige römische Kirche, durch das Wort unseres Herrn und Erlösers gegründet,] glaubt fest, bekennt und verkündet, daß ‚niemand außerhalb der katholischen Kirche — weder Heide noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der Einheit Getrennter — des ewigen Lebens teilhaftig wird, vielmehr dem ewigen Feuer verfällt, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist, wenn er sich nicht vor dem Tod ihr [d. i. der Kirche] anschließt."

 

Allerdings interpretiert man dieses Dogma wohl schon lange nicht mehr im Literalsinn (aber damals hat man das wohl so getan)?

 

Ich würde daher nicht darauf wetten, dass die Kirche in 50 oder 100 Jahren an allem, was heute als unverrückbar gilt, noch festhalten wird.

 

vor 16 Minuten schrieb rorro:

Ich halte es für den falschen Ansatz, die Historie sozusagen im Rückspiegel mit den Anforderungen zu bewerten, die heute formuliert werden.

 

Nicht die Historie, sondern den Anspruch des kirchlichen Lehramtes bewerte ich vor dem Hintergrund unseres heutigen Verständnisses. Oder anders gesagt: Wenn die Kirche sich in der Vergangenheit immer wieder in erheblicher und nachteiliger Weise geirrt hat, und wenn sie dies auch für die Zukunft selbst nicht ausschließen kann (wohlgemerkt auch nicht im Rahmen ihres eigenen Lehrgebäudes und Verständnisses), warum dann dieser absolute Gehorsams-Anspruch?

 

Zitat

Das wichtigste Kennwort hier ist "politisch".

 

Ja, ich verwende den Begriff "totalitär" in einem analogen, verwandten Sinne. Es geht der Kirche zwar nicht um den Anspruch auf politische Kontrolle, aber um eine prinzipiell uneingeschränkte ("totale") Kontrolle über das Gewissen. (Allerdings kommt es mir auch nicht auf einzelne Worte an; ich denke es ist klar, was ich meine.)

 

vor 6 Minuten schrieb rorro:

@iskander: noch einmal kurz zum Gewissen. Es ist keinesfalls so, daß die Kirche fordert, man habe sich auch im Gewissen immer ihrer Lehre anzupassen. Was sie allerdings verlangt - und ehrlich gesagt halte ich das zumindest für Katholiken nachvollziehbar - ist, daß man zumindest ihre Argumentation gut kennt und wohlwollend abwägt. Und nach meiner Erfahrung präsentieren katholische Ablehner kirchlicher Positionen nicht selten eine Karikatur der kirchlichen Ansicht und geben auch zu, diese nicht wirklich eingehend studiert zu haben. Sie haben aber ihre Gewissensentscheidung als Katholiken. Ich würde mal sagen.... das überzeugt nur rudimentär.

 

Das ist ja nun eine relativ liberale Position. Allerdings habe ich persönlich Zweifel, ob sie mit der offiziellen Lehre vereinbar ist, wenn ich mir die bereits zitierten Dokumente ansehe. Aber wie gesagt mögen andere da kompetenter sein.

(Jedenfalls fußt meine bige Kritik am "totalen" kirchlichen Gehorsams-Anspruch natürlich auf der "illiberalen" Lesart.)

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vor einer Stunde schrieb OneAndOnlySon:

(Hab die Klammer aus meinem Zitat genommen, damit Chryso nicht ständig Benachrichtigungen bekommt)

 

Auf die Themen Frauenweihe und Unfehlbarkeit bezogen bedeutet das doch, dass ich mich als gläubiger und Lehramtstreuer Katholik an das Verbot der Frauenweihe halten muss (wäre ich Frau, dürfte ich mich nicht weihen lassen) und die päpstliche Dogmen nicht als entgegen der Kirchenlehre bezeichnen darf. Dass ich gleichzeitig aber das Recht (und bisweilen die Pflicht) habe, meinen Bischof und den Papst um die Zulassung von Frauen zum Weiheamt bitten und ein gemäß P.A. verkündetes Dogma aufzuheben, weil es mir mein Gewissen so vorgibt.

 

Wenn das so ist (und das interpretieren wir beide entsprechend), warum ist es für manche Katholiken dann ein Abfall von der Treue zur Kirche, ihrem Lehramt und dem Bischof von Rom, wenn diese Bitten geäußert und entsprechende Argumente vorgetragen werden? 

 

Ich habe ehrlich gesagt Zweifel daran, dass diese Interpretation richtig ist. Für mich liegt eine rigorosere Sichtweise nahe. Aber wie gesagt: Ich bin weder Dogmatiker noch Kanoniker.

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vor 8 Stunden schrieb iskander:

 

Oder das veraltete "Gevatter" passt unter Umständen auch. Grimms Märchen vom "Gevatter Tod" heißt im Englichen "Godfather Death". Unser "Gottvater" hingegen heißt "God the Father". Der "Godfather" ist also ein Beispiel für einen linguistischen "falschen Freund".

Ich hatte da vollkommen andere Assoziationen mit "Godfather" weil hier immer wieder von verschiedenen Leuten hier von einem ominösen "Willen Gottes" geredet wird, den ja manche sehr gut kennen, als sei "Gott" so was wie ein Clanchef, der sein "Reich" nach klaren Regeln regiert und es für jeden gut ist, den Willen des Clanchefs zu kennen.....

 

...... Mir steht dabei immer die Eingangsszene von "der Pate" 1. Teil mit Marlon Brando vor Augen.... ( "ich habe ihm ein Angebot gemacht, das er unmöglich ablehnen konnte...." )..

 

Nun der englische Originaltitel von "der Pate" heißt eben ganz sinnigerweise "the Godfather".....

 

PS: bei vielen Cineasten wird Pate 3 oft sehr negativ bewertet. Ich kann mich dieser Meinung überhaupt nicht anschließen. Zum einen spielt ein Teil im Vatikan, zum anderen ist Al Pacino als gealterter Boss, der aussteigen will, überragend.....

bearbeitet von Cosifantutti
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vor 14 Minuten schrieb iskander:

Ich habe ehrlich gesagt Zweifel daran, dass diese Interpretation richtig ist. Für mich liegt eine rigorosere Sichtweise nahe. Aber wie gesagt: Ich bin weder Dogmatiker noch Kanoniker.

Du wirst immer leicht Meinungsführer finden, die einer rigoroseren Sichtweise anhängen. Und je nach Thema kommen sie durchaus von verschiedenen Strömungen innerhalb der Kirche. Die Forderung nach einer lehramtlichen Bestätigung der Miterlöserin kommt von anderen Leuten als die des Frauenpriestertums, als die der Gegenreform des römischen Ritus. Und die jeweiligen Gegner empören sich gern so sehr über diese Forderung, dass sie allein deren öffentliche Äußerung für einen Frevel halten. 

 

P.S.: Konkret zu deinen Zweifeln: Wenn 23 Diözesanbischöfe in Deutschland meine Interpretation ganz offensichtlich teilen, kann sie zumindest nicht komplett an den Haaren herbeigezogen sein.

bearbeitet von OneAndOnlySon
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Am 4.2.2023 um 23:07 schrieb Domingo:

 

Außer vielleicht "Es wäre sehr im Sinne unserer Freundschaft, wenn keine Frauen geweiht würden. Du würdest Dir auch nichts dabei vergeben, mich als Freund zu haben, denn ich kenne viele Leute und kann einem immer einen Gefallen tun."

 

SCNR

Das war der Kommentar zu meinem Verweis darauf, das von Clanchef "Godfather" in Bezug auf die Frauenweihe nichts überliefert ist. In diesem Kommentar finde ich mich vollkomnen verstanden.....

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Oh, weltliche Institutionen können verschwinden, sich selbst lächerlich machen. Und dann ist nichts mehr mit dem "Gehorsam des Willens und Verstandes". Im Gegenteil: eine weltliche Institution wie das Bundesverfassungsgericht ist existenziell darauf angewiesen, daß die Menschen ihr vertrauen. Wenn dieses Vertrauen verspielt ist (noch ist es nicht so weit, wenn sich der gegenwärtige Präsident auch alle Mühe gibt), dann bleibt nur ein kostümiertes Kasperltheater. 

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Entscheide des BfG nach wie vor für die staatlichen Organe der Rechtsprechung, der Legislative und der Exekutive verbindlich sind.... 

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vor 38 Minuten schrieb iskander:

Ich bin weder Dogmatiker noch Kanoniker.

 

Kanonist. Kanoniker wahrscheinlich auch nicht, wie wohl keiner hier (nehme ich an). 

 

[sry, das konnte ich nicht stehen lassen] 

bearbeitet von Studiosus
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vor 42 Minuten schrieb Studiosus:

 

Kanonist. Kanoniker wahrscheinlich auch nicht, wie wohl keiner hier (nehme ich an). 

 

[sry, das konnte ich nicht stehen lassen] 

Stimmt, ich bin beides nicht. 😁

bearbeitet von iskander
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vor 24 Minuten schrieb Studiosus:

Kanonist. Kanoniker wahrscheinlich auch nicht, wie wohl keiner hier (nehme ich an). 

Nach einer weit verbreiteten Meinung ist Kanoniker der Militärpfarrer bei der Artillerie. :rolleyes:

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vor 54 Minuten schrieb iskander:

@Cosifantutti

 

Ja, Assoziationen sind hat sehr subjektiv, und man kommt manchmal gar nicht auf die Idee, was dem anderen gerade durch den Kopf geht...

Wobei flo77 mit

Taufpate oder Patenonkel doch schon ziemlich ins Schwarze getroffen hatte.. 

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Interessantes aus der Enzyklika "Miarari vos" von 1832:

 

 

"Ohne Zweifel werden sie für immer verloren gehen, wenn sie nicht den katholischen Glauben haben und diesen unversehrt und unverletzt bewahren16."

 

"Aus dieser modrigen Quelle der Gleichgültigkeit, die den Glauben betrifft17, fließt jene törichte und falsche Ansicht, die man besser als Wahnsinn bezeichnet, für jeden die Gewissensfreiheit zu fordern und zu verteidigen. Der Wegbereiter für diesen überaus verderblichen Irrtum ist diese vollkommen übermäßige Meinungsfreiheit, die auf weiten Gebieten zum Verderben der Kirche und des Staates verbreitet ist. Einige behaupten hierbei mit großer Unverschämtheit, daß sich daraus Vorteile für die Religion ergeben. Der heilige Augustinus sagt dagegen, was ist tödlicher für die Seele, als die Freiheit des Irrtums! Die Erfahrung bezeugt, was seit ältester Zeit bekannt ist. Staaten, die durch Reichtum, Macht und Ruhm aufblühten, sind an diesem einem Übel zugrunde gegangen, das sich in der übermäßigen Meinungsfreiheit, der Redefreiheit und der Sucht nach Neuerungen äußert."

 

"Hierher gehört auch die von Grund auf schlechte, niemals ausreichend verurteilte abscheuliche Freiheit der Buchdruckerkunst, um alle möglichen Schriften unter das Volk zu bringen. Diese Freiheit wird von vielen eifrig und mit lauter Stimme gefordert und gefördert. [...] Bedauerlicherweise gibt es Leute, die sich von ihrer Unverschämtheit so weit fortreißen lassen, daß sie starrsinnig behaupten, die aus der Pressefreiheit hervorgehende Flut an Irrtümern würde in ausreichender Weise durch irgendein Buch aufgewogen werden, das in diesem großen Sturm von Schlechtigkeiten zur Verteidigung der Religion und der Wahrheit herausgegeben wird. [...] Welcher vernünftige Mensch würde behaupten, daß Gifte frei verbreitet sowie öffentlich verkauft und angeboten, ja sogar getrunken werden dürfen, weil damit ein Heilmittel zur Verfügung steht, durch dessen Gebrauch gelegentlich jemand vor dem Untergang gerettet werden könnte? [...]"

 

"Aus dieser beständigen Sorge seit alter Zeit, mit welcher Unser Apostolischer Stuhl immer bemüht war, verdächtige und schädliche Bücher zu verurteilen und aus den Händen der Menschen zu entreißen, geht eindeutig hervor, wie falsch, verwegen und ungerecht gegen den Apostolischen Stuhl, und wie furchtbar verderbenbringend für das christliche Volk die Lehre jener ist, die eine Bücherzensur nicht nur als zu lästig und unter zu großem Druck stehend verwerfen, sondern auch noch in ihrer Bosheit verkünden, dies würde gegen die Grundsätze des Rechtes und der Vernunft verstoßen. Dabei wagen sie es, der Kirche das Recht zu verweigern, ein solches Verzeichnis aufzustellen und zu besitzen."

 

"Wir haben erfahren, daß Schriften unter dem Volk verteilt werden und dadurch gewisse Lehren Verbreitung finden, welche die schuldige Treue und Gehorsamspflicht gegenüber den Regierenden ins Wanken bringen und überall die Fackel des Aufruhrs entzünden. [...] Mögen sich alle über die mahnenden Worte des Apostels Paulus bewußt werden, die besagen, daß es keine Gewalt gibt, außer durch Gott. Die bestehen werden, sind von Gott eingesetzt. Wer sich also der Obrigkeit entgegenstellt, stellt sich auch gegen die Anordnungen Gottes. Diejenigen, welche auf diese Weise Widerstand leisten, ziehen das Strafgericht Gottes auf sich herab20. Göttliche und weltliche Rechte verurteilen diejenigen, welche durch schändlichste Machenschaften, durch Aufruhr und Empörung versuchen, die Treue der Menschen gegenüber den Herrschern zu zerstören und diese selbst der Herrschaft zu berauben."

 

"Ebenso unerfreuliche Dinge können wir von den Leuten erwarten, die Kirche und Staat trennen, sowie die gegenseitige Einigkeit zwischen der weltlichen Macht und der geistlichen Obrigkeit zerstören möchten. Es ist bekannt, daß diese Eintracht von den Anhängern der überaus schändlichen und unverschämten Freiheit sehr gefürchtet wird, da sich diese sowohl im kirchlichen, als auch im staatlichen Bereich zu jeder Zeit als segenbringend und heilsam erwiesen hat."

 

 

Also: Vieles, was seinerzeit als Ausdruck des blanken Wahnsinns oder abgründiger Bosheit galt, ist heute längst Gemeingut in der katholischen Kirche. Anderes, was damals nachdrücklich verteidigt wurde, wäre heutzutage selbst dem Papst peinlich.

 

Woraus man ersieht, dass nicht alles, was die Kirche zu einer bestimmten Zeit mit Verve verteidigt, für die Ewigkeit gelten muss, und dass es mitunter auch zu Reformen kommt, die man sich zur jeweiligen Zeit unmöglich vorstellen könnte. 

 

(Man kann übrigens auch leicht verstehen, wieso der Katholizismus damals bei liberalen, demokratischen oder sozialistischen Kräften nicht besonders beliebt war, selbst wenn diese primär vielleicht gar nicht anti-religiös waren.)

bearbeitet von iskander
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vor 5 Stunden schrieb iskander:

Woraus man ersieht, dass nicht alles, was die Kirche zu einer bestimmten Zeit mit Verve verteidigt, für die Ewigkeit gelten muss, und dass es mitunter auch zu Reformen kommt, die man sich zur jeweiligen Zeit unmöglich vorstellen könnte. 

 

Das bestreitet auch niemand. Noch einmal: es geht um die Glaubensaussagen, die als solche bezeichnet und explizit als endgültig gemacht wurden.

Da ist die Änderungswahrscheinlichkeit Null.

 

Anderes kann und wurde geändert - vom Papst.

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