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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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Hat "sündigen" bei Christus überhaupt die gleiche Bedeutung wie die heutige Verwendung des Begriffs?

 

Um bei der zu steinigenden Ehebrecherin zu bleiben (und wo ist eigentlich der Kerl???): Hier scheint es mir primär um einen Verstoß gegen herrschendes Recht zu gehen und weniger von einer Abkehr von Gott. Man kann diesen Zusammenhang konstruieren, wenn man auf die Theokratie Israels rekurriert, aber das erscheint mir wenig schlüssig. Christus tut im Prinzip an dieser Stelle nichts außer "im Sand schreiben" (wozu ich noch die Theorie kenne, erhabe um die Frau eine Art "Bannkreis" markiert). Aber es gibt kein ernsthaftes Gespräch. Weder über die Gründe für ihr Vergehen, noch wird geklärt ob sie freiwillig oder gezwungen wurde. Jesus scheint sich für die Frau selbst überhaupt nicht zu interessieren. Er blickt noch nicht einmal auf, bis die Meute sich aufgelöst hat.

 

Verurteile niemanden, denn du bist genauso schuldig wie jeder andere. Mehr scheint da nicht zu stehen.

 

Und dieser Nachsatz "geh und sündige hinfort nicht mehr" wirkt irgendwie nachgeschoben. Als ob der Meister der Versuchung nicht wiederstehen konnte seinem Exponat noch den unvermeidlichen "guten Rat" mit auf den Weg zu geben.

bearbeitet von Flo77
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31 minutes ago, Flo77 said:

Hat "sündigen" bei Christus überhaupt die gleiche Bedeutung wie die heutige Verwendung des Begriffs?

 

Das ist auch für mich die eigentliche Frage,

und mich fasziniert ebenso das Gleichnis mit der Ehebrecherin.


Ich gewinne daraus jedenfalls keine so klaren Antworten und Richtlinien, wie andere Teilnehmer in dieser Diskussion, und deswegen würde ich gerne besser verstehen, wieso sie so zuversichtlich sind, richtig und falsch immer ganz genau festlegen zu können - insbesondere auch für andere.

 

Wenn ich jedenfalls an die Kirche denke - die bisherige konservativ-moralische Gewissheit hat ja eben nicht die Sünde in Schach gehalten, sondern vor allem Doppelmoral, Pharisäertum und Vertuschung gestärkt.

 

Wir haben die aktuelle Debatte ja eben nicht, weil das alte System so toll funktioniert hat, sondern der Kirche einen katastrophalen Vertrauensverlust eingetragen hat.

 

 

 

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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Hat "sündigen" bei Christus überhaupt die gleiche Bedeutung wie die heutige Verwendung des Begriffs?

 

Um bei der zu steinigenden Ehebrecherin zu bleiben (und wo ist eigentlich der Kerl???): Hier scheint es mir primär um einen Verstoß gegen herrschendes Recht zu gehen und weniger von einer Abkehr von Gott. Man kann diesen Zusammenhang konstruieren, wenn man auf die Theokratie Israels rekurriert, aber das erscheint mir wenig schlüssig. Christus tut im Prinzip an dieser Stelle nichts außer "im Sand schreiben" (wozu ich noch die Theorie kenne, erhabe um die Frau eine Art "Bannkreis" markiert). Aber es gibt kein ernsthaftes Gespräch. Weder über die Gründe für ihr Vergehen, noch wird geklärt ob sie freiwillig oder gezwungen wurde. Jesus scheint sich für die Frau selbst überhaupt nicht zu interessieren. Er blickt noch nicht einmal auf, bis die Meute sich aufgelöst hat.

 

Verurteile niemanden, denn du bist genauso schuldig wie jeder andere. Mehr scheint da nicht zu stehen.

 

Und dieser Nachsatz "geh und sündige hinfort nicht mehr" wirkt irgendwie nachgeschoben. Als ob der Meister der Versuchung nicht wiederstehen konnte seinem Exponat noch den unvermeidlichen "guten Rat" mit auf den Weg zu geben.

Zu Deiner Privatexegese fällt mir echt nichts mehr ein......

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vor 17 Minuten schrieb Shubashi:

Ich gewinne daraus jedenfalls keine so klaren Antworten und Richtlinien, wie andere Teilnehmer in dieser Diskussion, und deswegen würde ich gerne besser verstehen, wieso sie so zuversichtlich sind, richtig und falsch immer ganz genau festlegen zu können - insbesondere auch für andere.

Diese "klaren Antworten" resultieren ja in der Regel daraus, daß eine bestimmte Lesart irgendwann "offiziell" wurde. Idealerweise passt diese Lesart zu den Interpretationen der übrigen Schrift. Ihre Autorität erhalten diese Auslegungen am Ende durch die lehramtliche Rezeption.

 

Was mir hier im Weg steht ist die Frage nach der grundsätzlichen Erlösungsbedürftigkeit des Menschen. Mir ist klar, daß Menschen Fehler machen, sich mal für und mal gegen die Liebe als Norm ihres Handelns (inwiefern das mit Kant zusammenpasst wäre ein eigener Thread) entscheiden, mal mehr und mal weniger Schaden anrichten (Putin vs. 99% der Menschheit). Die allermeisten von uns versuchen ihr Leben einfach nur zu meistern - mal besser, mal schlechter - und sind dabei eingebunden in Prozesse und Mechanismen über die wir vor rund 150 Jahren endgültig die Kontrolle verloren haben. Die Fähigkeit Gut und Böse zu klassifizieren ist Teil unserer psychologischen Grundausstattung (hier würde ich sogar den Naturbegriff verwenden), aber nur ein kleiner Teil der aus uns einströmenden Reize und Informationen löst eine "universale Klassifikation" aus. Was dem menschlichen Körper nicht unmittelbar Schmerz oder Wohlbefinden zuführt (also aus der körperlichen Funktionalität heraus positiv oder negativ wahrgenommen wird) ist wie man so schön sagt multifaktorell determiniert. Unsere moralischen und ethischen Bewertungen sind unmittelbar davon abhängig, was uns anerzogen wurde und in welchen sozialen Interaktionen wir uns bewegen. Was die Gruppe um uns herum "Gut" oder "Böse" nennt, übernehmen wir, automatisch um die Voraussetzungen zur Befriedigung unserer Bedürfnisse nach Anerkennung und Zugehörigkeit (diese und die anderen Bedürfnisse würde ich ebenfalls der "Natur" des Menschen zuordnen) zu schaffen. Die Änderung dieser Maßstäbe ist nicht einfach und hängt ebenfalls von vielen Faktoren ab.

 

Diese "Änderung der Maßstäbe" ist noch am ehesten das, was mir in den Sinn kommt, wenn ich "Metanoia" höre. Den Aufruf Jesu zur "Umkehr" (bzw. zur Bekehrung) verstehe ich so, daß man seine Werte und Maxime überprüfen und ggf. an der "Liebe" (über deren Wesen man allerdings auch einiges schreiben könnte) bzw. an "Gott" neu zu orientieren.

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:

Die allermeisten von uns versuchen ihr Leben einfach nur zu meistern - mal besser, mal schlechter - und sind dabei eingebunden in Prozesse und Mechanismen über die wir vor rund 150 Jahren endgültig die Kontrolle verloren haben.

 

Wir hatten sie auch schon vorher nicht.

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Erzbischof Burger im Interview zum Synodalen Weg und seinen Auswirkungen auf das Erzbistum (Quelle: Konradsblatt 12/23):

 

Gibt es konkrete Ergebnisse, die im Erzbistum bald sichtbar werden? 

 

Burger: Die Texte des Synodalen Weges, ob verabschiedet oder nicht, sind in der Welt und jede Person, jede Gruppierung hat die Möglichkeit, sich damit zu befassen und auseinandersetzen. Rechtliche Konsequenzen ergeben sich daraus nicht automatisch. Von vornherein war klar, und das belegt ja auch die Satzung des Synodalen Weges, dass diese Texte keine Rechtswirkung aus sich heraus entfalten können. Die Bischöfe sind an diese Beschlüsse nicht gebunden. Insofern wird noch zu überlegen sein, welche Relevanz sich für unsere Erzdiözese daraus ergibt. Für mich steht außer Frage, und damit gehöre ich sicher zu jenen Bischöfen, die manche Texte aus kirchenrechtlicher Sicht eher kritisch betrachten, dass der weltkirchliche Kontext ein entscheidender Faktor bleibt. Mitentscheidend ist für mich, die Ergebnisse des weltkirchlichen synodalen Prozesses abzuwarten, den Papst Franziskus angestoßen hat. 

 

Er sagt in dem Interview noch mehr, aber das kann ich nicht alles hier wiedergeben. U. a. kritisiert er auch die Polarisierung auf dem Synodalen Weg und äußert den Verdacht, dass bestimmte Positionen einfach durchgedrückt werden mussten. Er fragt an, ob das wirklich dem Synodalitätsverständnis von Papst Franziskus entspricht. Auch halte er nicht viel davon, Briefe mit Forderungen nach Rom zu schicken. Der persönliche Dialog sei wichtiger. Insgesamt lesenswert. 

 

Das ist auch deshalb interessant, weil es die unterschiedlichen Herangehensweisen der deutschen Bischöfe illustriert. Erzbischof Burger ist nicht als konservativer Hardliner auf dem SW aufgefallen, dennoch übt er hier Zurückhaltung und will die Reformen, sofern sie vor Ort relevant sind, eingehegt wissen in den Synodalen Prozess der Weltkirche und dessen Ausgang. Andererseits geht ein Bischof wie Bode in Osnabrück, der sich doch ziemlich deutlich als Reformer positioniert hat, direkt ans Werk und will direkt "umsetzen". Das ist im Rahmen seiner Amtskompetenzen natürlich sein gutes Recht. Sinnvoller halte ich allerdings den Ansatz von Burger: Erstmal abwarten, was die Weltkirche und bei einzelnen Sachfragen Rom sagt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Studiosus:

"Der Reformprozess der deutschen Katholiken ist offiziell beendet."

 

Aha?

 

"den Machthabern im Vatikan"

 

Nun, in dieser Beschreibung ist die ganze Tiefe des Konflikts eigentlich schon zusammengefasst.

 

"Für kommende Woche hat sich der NRW-Ministerpräsident angekündigt"

 

*schonmalfremdschäm*

bearbeitet von Flo77
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vor 22 Stunden schrieb Studiosus:

Dazu fallen mir zwei Dinge ein: eine These und eine Beobachtung. 

 

Zunächst die These, die vielleicht etwas provoziert: Religion muss wehtun. Das würde ich auch ganz konkret auf den Katholizismus übertragen. Er muss wehtun, nicht weil Gott uns Gewalt antäte, sondern weil die konsequente Ausrichtung am Evangelium und den Geboten der Kirche den Gläubigen durchaus Opfer, Entsagungen und zu einem gewissen Grad auch Leid abverlangt. ...

Sehr problematische These. Opfer und Entsagungen sind in Ordnung, wenn man weiß wofür man sie auf sich nimmt und wenn man beurteilen kann ob sie sich lohnen. Sein Leben am Evangelium und den Geboten der Kirche (also fremdbestimmt) auszurichten ohne zunächst überprüft zu haben, ob das im konkreten Fall sinnvoll ist,  heißt möglicherweise in die falsche Richtung marschieren. Das durch Opfer und Entsagungen weiter zu forcieren, obwohl alles darauf hindeutet, dass hier etwas nicht stimmt, wäre eher ein Zeichen von Verstocktheit. 

bearbeitet von Merkur
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vor 18 Minuten schrieb Merkur:

Sehr problematische These. Opfer und Entsagungen sind in Ordnung, wenn man weiß wofür man sie auf sich nimmt und wenn man beurteilen kann ob sie sich lohnen. 

 

Das ist mein Ansatz. Natürlich ergibt das nur auf der Grundlage von Freiwilligkeit einen Sinn. 

 

Ich weiß auch nicht, ob man hier falsche Assoziationen durch meinen Beitrag bekommen hat. Mir schweben keine blutenden Flagellanten-Rücken vor, falls man das meint. Es geht mir um Kreuzesübernahme, die sich in vielfacher Weise manifestieren kann. Die aszetische Tradition der Kirche ist sehr reich daran. Das muss nicht einmal mit Körperlichkeit einher gehen. Es gibt viele Art der Abtötung. 

 

vor 18 Minuten schrieb Merkur:

Sein Leben am Evangelium und den Geboten der Kirche (also fremdbestimmt) auszurichten ohne zunächst überprüft zu haben, ob das im konkreten Fall sinnvoll ist,  heißt möglicherweise in die falsche Richtung marschieren. 

 

Von Fremdbestimmtheit kann da keine Rede meinerseits sein. Ich setzte zumindest für mich die freie Einwilligung und das Wollen voraus. Fremdbestimmte Übungen oder Haltungen sind dann eher etwas für eine ungereifte Spiritualität. Die Zielvorstellung eines christlichen Glaubensweges sollte ja - zumindest meiner Ansicht nach - auch darin bestehen, den eigenen Willen immer weiter mit dem Willen Gottes zu vereinigen. Sodass die befürchtete "Fremdbestimmung" im Letzten zur höchsten Form der "Selbstbestimmung" und somit zur Freiheit wird. 

bearbeitet von Studiosus
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Mit Fremdbestimmung meine ich nicht unfreiwillig, sondern "nicht selbst entwickelt, sondern von Fremden übernommen".  Wie freiwillig man eine solche standardisierte Lehre übernimmt, ist eine andere Frage. Um zu wissen, ob es überhaupt sinnvoll ist, in der katholischen Lehre (ganz oder in Teilen) den Willen Gottes zu sehen muss man sie erst einmal geprüft und zu seiner eigenen Auffassung gemacht haben. Ansonsten würde man sein Denken und Handeln nach einem Fremdkörper ausrichten, der nichts mit der eigenen Persönlichkeit zu tun hat.

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Den Gedankengang kann ich nachvollziehen, wenngleich ich ihn nicht teile. Die Hinwendung zum Individualismus ist nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss - vor allem nicht in religiösen Belangen. 

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vor 9 Stunden schrieb Gerhard Ingold:

Wer die Augen offen hat, sieht, dass Südamerika und Nordamerika massiv unterscheiden: In Südamerika der absolute diktatorische Katholizismus, der heute noch in die Politik der südamerikanischen Länder hineinwirkt, und dann eben das Nordamerika, wo religiöser Pluralismus herrscht.

 

Das würde ich insofern relativieren, als auch in Südamerika schon länger Glaubensfreieit und auch zunehmend Puralismus Herrscht und es verschiedene Gründe für die schlechten bedingungen dort gibt. Nicht ein einziger, aber ein wichtiger Grund besteht in den andauernden Interventionen der USA, etwa dieser hier:

 

"Die Operation PBSUCCESS (auch Operation SUCCESS) war eine 1954 vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA durchgeführte Geheimdienstoperation mit dem Ziel, den demokratisch gewählten Präsidenten von Guatemala, Jacobo Árbenz Guzmán, zu stürzen. Nachdem im August 1953 die Regierung Mossadegh im Iran durch die CIA Operation TPAJAX erfolgreich gestürzt wurde, war es die erste große verdeckte Operation der 1949 gegründeten CIA in Zentralamerika und wurde wegen ihres zunächst innerhalb der US-Regierung so gesehenen 'Erfolgs' zum Vorbild für weitere derartige Aktivitäten in Lateinamerika und in vielen Ländern weltweit. [....]

Der so herbeigeführte völkerrechtswidrige[2] Staatsstreich verursachte erhebliche politische Instabilität in dem sich damals gerade in einer Stabilisierungsphase befindlichen bzw. friedlichen Land und markierte den Beginn von vier Jahrzehnten repressiver Gewaltherrschaft verschiedener, sich gegenseitig ablösender Militärdiktaturen, die von den USA politisch und militärisch unterstützt wurden.[3] Während dieses Bürgerkriegs wurden bis zu seinem Ende 1996 zwischen 140.000 und 200.000 Guatemalteken getötet. Die meisten wurden vom Militär und staatlich gesteuerten, inoffiziellen paramilitärischen Todesschwadronen ermordet. Eine große Zahl wurde dabei zum Opfer der Praxis des so genannten Verschwindenlassens, sie werden auch als Desaparecidos bezeichnet."

 

Und das ist alles andere als eine Ausnahme - auch wenn solche Dinge hierzulande kaum jemand weiß und man daraus auch nicht gerne ein großes Thema macht.

 

vor 9 Stunden schrieb Flo77:

Du verkennst einen Faktor, den auch die "Konservativen" gerne vernachlässigen: die reale Kirche als Lebensraum

 

Gut, das ist natürlich auch eine Perspektive, die man einnehmen kann.

 

vor 5 Stunden schrieb Shubashi:

Mich fasziniert immer ein bisschen die Gewissheit, mit der manche Menschen zu wissen glauben, was „Er will“.

 

Wie Reinhard Mey es in einem Lied sagt, benehmen sich manche geistlichen Herren so, als würden sie "ihn" (Gott) "an der Leine führen". (Das Lied könnte @Gerhard Ingold gefallen. Vorsichtig, es ist recht kritisch.)

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Das ist auch so ein "Argument", das mir nicht einleuchtet: Wer macht sich denn bitte zum Herrn "über" Gott? Der, der das, was er in seiner Selbstmitteilung den Menschen mitteilen wollte, bewahrt (und u. a. aus diesem Grund statuiert, dass die Kirche - die nur Instrument ist - über bestimmte Materien keine Vollmacht hat) oder der, der Gott bar jedes Fundamentes in der Offenbarung Dinge unterschiebt (und etwa auf dieser Grundlage einen moralisch-anthropologischen Paradigmenwechsel vollzieht, der angeblich Gottes Wohlgefallen fände)? 

bearbeitet von Studiosus
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vor 25 Minuten schrieb Studiosus:

Den Gedankengang kann ich nachvollziehen, wenngleich ich ihn nicht teile. Die Hinwendung zum Individualismus ist nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss - vor allem nicht in religiösen Belangen. 

Ist die Entscheidung, sich in religiösen Dingen fremdbestimmen zu lassen, etwa nicht individuell? Die von dir angesprochen Opfer und Entbehrungen sind es in jedem Fall. Die Lehre leidet nicht, sondern immer nur der einzelne Gläubige. Da ist es sicherlich nicht falsch, sich genau anzuschauen, wofür man leidet.

bearbeitet von Merkur
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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Das ist auch so ein "Argument", das mir nicht einleuchtet: Wer macht sich denn bitte zum Herrn "über" Gott? Der, der das, was er in seiner Selbstmitteilung den Menschen mitteilen wollte, bewahrt (und u. a. aus diesem Grund statuiert, dass die Kirche - die nur Instrument ist - über bestimmte Materien keine Vollmacht hat) oder der, der Gott bar jedes Fundamentes in der Offenbarung Dinge unterschiebt (und etwa auf dieser Grundlage einen moralisch-anthropologischen Paradigmenwechsel vollzieht, der angeblich Gottes Wohlgefallen fände)? 

 

Einst wollte Gott, dass man Ketzer verbrennt. Dann wollte er es nicht mehr.

 

Einst ließ Gott im Kirchenstaat Ehebrecher hinrichten - eute dagegen ist er selbst bei Mord gegen die Todesstrafe.

 

Einst betrachtete Gott die Glaubensfreiheit als eine Art "Fieberwahn", und ebenso war er gegen die Pressefreiheit. Dann änderte er seine Meinung und schätze diese Ideen.

 

Einst ließ Gott nur gläubige Katholiken in den Himmel, und alle anderen waren ewig verdammt. Dann wurde er wesentlich milder.

 

Einst war Gott der Meinung, die Kirche sei auch für naturwissenschaftliche Fragen zuständig und wollte Gelileo Galielei verdammt wissen. Dann änderte er auch hier seine Meinung.

 

Einst wollte Gott, dass der Mensch nur Geschlechtverkehr haben solle, um Kinder zu zeugen - dann wurde er liberaler, und es kam ihm nicht mehr auf die Intention, sondern nur die Form an.

 

Einst wollte Gott, dass nur zeugungsfähige Männer die Ehe schließen können - später rückte er von diesem Verbot ab.

 

Das sind nur ein paar Schlagworte - ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Lass es mich so sagen: Was den Umfang und den Inhalt der "Selbstmitteilung" des göttlichen Willens angeht, so scheint man großzügig und teilsweise auch wechselhaft zu interpretieren, was Gott alles so will. Von Selbstzweifeln und Zurückhaltung scheint man in disem Zusammenhang nicht viel zu halten. Und etwas "moralisch-anthropologisches" Denken und ein Schuss gesunder Menschenverstand ("Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen") wären vielleicht nicht das Verkehrteste...

 

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb iskander:

 

Das würde ich insofern relativieren, als auch in Südamerika schon länger Glaubensfreieit und auch zunehmend Puralismus Herrscht und es verschiedene Gründe für die schlechten bedingungen dort gibt. Nicht ein einziger, aber ein wichtiger Grund besteht in den andauernden Interventionen der USA, etwa dieser hier:

 

"Die Operation PBSUCCESS (auch Operation SUCCESS) war eine 1954 vom US-amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA durchgeführte Geheimdienstoperation mit dem Ziel, den demokratisch gewählten Präsidenten von Guatemala, Jacobo Árbenz Guzmán, zu stürzen. Nachdem im August 1953 die Regierung Mossadegh im Iran durch die CIA Operation TPAJAX erfolgreich gestürzt wurde, war es die erste große verdeckte Operation der 1949 gegründeten CIA in Zentralamerika und wurde wegen ihres zunächst innerhalb der US-Regierung so gesehenen 'Erfolgs' zum Vorbild für weitere derartige Aktivitäten in Lateinamerika und in vielen Ländern weltweit. [....]

Der so herbeigeführte völkerrechtswidrige[2] Staatsstreich verursachte erhebliche politische Instabilität in dem sich damals gerade in einer Stabilisierungsphase befindlichen bzw. friedlichen Land und markierte den Beginn von vier Jahrzehnten repressiver Gewaltherrschaft verschiedener, sich gegenseitig ablösender Militärdiktaturen, die von den USA politisch und militärisch unterstützt wurden.[3] Während dieses Bürgerkriegs wurden bis zu seinem Ende 1996 zwischen 140.000 und 200.000 Guatemalteken getötet. Die meisten wurden vom Militär und staatlich gesteuerten, inoffiziellen paramilitärischen Todesschwadronen ermordet. Eine große Zahl wurde dabei zum Opfer der Praxis des so genannten Verschwindenlassens, sie werden auch als Desaparecidos bezeichnet."

 

Und das ist alles andere als eine Ausnahme - auch wenn solche Dinge hierzulande kaum jemand weiß und man daraus auch nicht gerne ein großes Thema macht.

 

 

Gut, das ist natürlich auch eine Perspektive, die man einnehmen kann.

 

 

Wie Reinhard Mey es in einem Lied sagt, benehmen sich manche geistlichen Herren so, als würden sie "ihn" (Gott) "an der Leine führen". (Das Lied könnte @Gerhard Ingold gefallen. Vorsichtig, es ist recht kritisch.)

Gut ist alles relativ. Wenn das die Religionen auch annehmen könnten, wären wir schon weiter. 

 

Das Lied gefällt mir. Mey bringt die Probleme auf den Punkt.

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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Das ist auch so ein "Argument", das mir nicht einleuchtet: Wer macht sich denn bitte zum Herrn "über" Gott? Der, der das, was er in seiner Selbstmitteilung den Menschen mitteilen wollte, bewahrt (und u. a. aus diesem Grund statuiert, dass die Kirche - die nur Instrument ist - über bestimmte Materien keine Vollmacht hat) oder der, der Gott bar jedes Fundamentes in der Offenbarung Dinge unterschiebt (und etwa auf dieser Grundlage einen moralisch-anthropologischen Paradigmenwechsel vollzieht, der angeblich Gottes Wohlgefallen fände)? 

Moses hat sich, wenn man die unethischen Legenden wörtlich nimmt, sehr wohl über einen Gott gestellt und diesem Gott Unrecht in die Schuhe geschoben. Und das machen letztlich alle, die ein Dogma zum absoluten Willen Gottes gemacht haben. Selbst, wenn zB. 99% inkl. dem Papst für das Unfehlbarkeitsdogma gestimmt hätten, kann niemand wissen, ob ein Gott hinter dieser Selbstanmaßung der katholischen Kirche steht. Unfehlbarkeit ist immer eine massive Selbstüberschätzung. Die Folgen waren in der Reformationszeit für viele Hugenotten tödlich. 

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@Gerhard Ingold

 

Ich respektiere das als deine Ansicht. Und es sehen ja viele andere offensichtlich auch so. Über Gott können wir nichts sicher wissen und seinen Willen nicht erkennen. Auch eine Weise, einen epistemologischen Standpunkt einzunehmen. 

 

Ich teile diese Position meinerseits nicht. Wenn wir von Gott nichts wissen können, wenn er nicht zu uns gesprochen hat und wir auch seinen Willen nicht hinreichend sicher aus dem Geschehen, was man Offenbarung nennt, eruieren können, dann kann man das Unterfangen "Offenbarungsreligion" und vor allem Katholizismus beenden. Dann fehlt ihm die Grundlage. Dann können wir uns alle die Schädel rasieren, weiße Bettlaken umbinden und in einer bild- und schriftlosen Kirche des Agnostizismus das höchste Überwesen verehren, das existiert oder nicht existiert und von dem wir nichts wissen können. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

@Gerhard Ingold

 

Ich respektiere das als deine Ansicht. Und es sehen ja viele andere offensichtlich auch so. Über Gott können wir nichts sicher wissen und seinen Willen nicht erkennen. Auch eine Weise, einen epistemologischen Standpunkt einzunehmen. 

 

Ich teile diese Position meinerseits nicht. Wenn wir von Gott nichts wissen können, wenn er nicht zu uns gesprochen hat und wir auch seinen Willen nicht hinreichend sicher aus dem Geschehen, was man Offenbarung nennt, eruieren können, dann kann man das Unterfangen "Offenbarungsreligion" und vor allem Katholizismus beenden. Dann fehlt ihm die Grundlage. Dann können wir uns alle die Schädel rasieren, weiße Lacken umbinden und in einer bild- und schriftlosen Kirche des Agnostizismus das höchste Überwesen verehren, das existiert oder nicht existiert und von dem wir nichts wissen können. 

Das ist die nüchterne Realität.

 

Ich wäre froh, hätte ich unrecht aber die Fakten der Geschichte zeigen, wohin die Selbstanmaßung der Religionen geführt hat.

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vor 8 Stunden schrieb Florianklaus:

Du ziehst also die Möglichkeit in Betracht, daß Christus will, daß wir weiter sündigen?

Ich ziehe die Möglichkeit in Betracht, dass nicht alles, was irgendwelche Gurus, Wachttürme oder römische Lehrämter als Sünde behaupten auch tatsächlich Sünde ist

 

Werner

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vor 42 Minuten schrieb Studiosus:

Dann können wir uns alle die Schädel rasieren, weiße Bettlaken umbinden und in einer bild- und schriftlosen Kirche des Agnostizismus das höchste Überwesen verehren, das existiert oder nicht existiert und von dem wir nichts wissen können. 

?

 

vor 43 Minuten schrieb Studiosus:

wenn er nicht zu uns gesprochen hat und wir auch seinen Willen nicht hinreichend sicher aus dem Geschehen, was man Offenbarung nennt, eruieren können, dann kann man das Unterfangen "Offenbarungsreligion" und vor allem Katholizismus beenden.

Offenbarung ist ein gutes Stichwort.

 

Interessanterweise wird das Judentum - trotz der häufigen in der Schrift beschriebenen persönlichen Kontakte zwischen Gott und einzelnen Angehörigen des Volkes Israel - soweit ich weiß nicht als Offenbarungsreligion bezeichnet. Und die Katholika hat die Offenbarung soweit ich weiß mit dem Tod des letzten Apostels für abgeschlossen erklärt. D.h. seit ca. 100 A.D. teilt Gott sich offiziell nicht mehr selbst mit. 

 

Ob die Apostel ihre Lehre in der heutigen Lehre der Kirche noch wiedererkennen würden?

 

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vor 17 Minuten schrieb Flo77:

Ob die Apostel ihre Lehre in der heutigen Lehre der Kirche noch wiedererkennen würden?

 

 

Das ist eine gute Frage, die man mangels Gelegenheit natürlich nicht definitiv beantworten kann. 

 

Wenn ich mich an die Selbstdarstellung der katholischen Kirche halte, dann ist die Lehrkontinuität der zeitgenössischen Kirche mit dem Glauben und der Lehre der Apostel gegeben. Nicht zwingend im Sinne einer absoluten Kongruenz, aber einer grundsätzlichen Übereinstimmung. Ein Garant dieser Kontinuität über Zeiten und Zonen hinweg ist auch in der Weitergabe des apostolischen Amtes zu erblicken. Was Christus den Aposteln zusprach, gilt auch für die nachfolgenden Generationen der Bischöfe: Wer euch hört, hört mich. 

 

Dass die Offenbarung als solche abgeschlossen ist, ist eine wichtige Bemerkung. Was die Kirche seit dem Tod des Apostels Johannes erlebt, ist nämlich keine Neuoffenbarung, sondern eine - durchaus vom Geist geleitete - Vertiefung, eine Explikation der Offenbarung. In nuce ist alles, was die Kirche auch heute zu ihrer Lehre zählt, bereits in der einen Offenbarung, die in Schrift und Tradition über uns gekommen ist, enthalten oder lässt sich dieser als logische Konklusion entnehmen. 

 

Im Vergleich mit der primitiven Kirche des Anfangs hat sich freilich die Art des Ausdrucks und die Tiefe der Erkenntnis verändert. Aber das ist ja immer so (was ich nie bestritten habe; nur dass etwas grundsätzlich Anderes am Ende des Prozesses der Lehrentwicklung stehen könnte). 

bearbeitet von Studiosus
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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

 

Das ist eine gute Frage, die man mangels Gelegenheit natürlich nicht definitiv beantworten kann. 

 

Wenn ich mich an die Selbstdarstellung der katholischen Kirche halte, dann ist die Lehrkontinuität der zeitgenössischen Kirche mit dem Glauben und der Lehre der Apostel gegeben. Nicht zwingend im Sinne einer absoluten Kongruenz, aber einer grundsätzlichen Übereinstimmung. Ein Garant dieser Kontinuität über Zeiten und Zonen hinweg ist auch in der Weitergabe des apostolischen Amtes zu erblicken. Was Christus den Aposteln zusprach, gilt auch für die nachfolgenden Generationen der Bischöfe: Wer euch hört, hört mich. 

 

Dass die Offenbarung als solche abgeschlossen ist, ist eine wichtige Bemerkung. Was die Kirche seit dem Tod des Apostels Johannes erlebt, ist nämlich keine Neuoffenbarung, sondern eine - durchaus vom Geist geleitete - Vertiefung, eine Explikation der Offenbarung. In nuce ist alles, was die Kirche auch heute zu ihrer Lehre zählt, bereits in der einen Offenbarung enthalten, die in Schrift und Tradition über uns gekommen ist. 

 

Im Vergleich mit der primitiven Kirche des Anfangs hat sich freilich die Art des Ausdrucks und die Tiefe der Erkenntnis verändert. Aber das ist ja immer so (was ich nie bestritten habe; nur dass etwas grundsätzlich Anderes am Ende des Prozesses der Lehrentwicklung stehen könnte). 

Das bezweifle ich: Das Endergebnis einer Berechnung ist nie besser als die Grundzahl. Wenn die Grundberechnungen falsch sind, kann das Endergebnis nicht richtig sein.

 

Einst sah man die fünf Bücher wörtlich. Doch dann kam schleichend ein Paradigmawechsel. Und heute tut man so, als hätte man schon immer im heutigen historisch-kritischen Sinne geglaubt.

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vor 2 Minuten schrieb Gerhard Ingold:

Einst sah man die fünf Bücher wörtlich.

Die Thora hat für die Kirche schon seit dem Apostelkonzil nur noch beratende Funktion - oder was meinst Du?

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