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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

 

Das war ja eine Antwort auf Flo und die Zukunft der Kirche. 

 

Wenn die Kirche in Europa wirklich so zusammenschrumpft, wie die Demographen unken, dann wird es logischerweise auch finanziell sehr eng.  Dann erscheint mir eine Besoldung der Priester wie bisher in Deutschland geregelt nicht mehr stemmbar. Dann müssten tatsächlich die Gläubigen einspringen und ihre Priester versorgen. 

 

Man könnte einweden, dann sollen sie eben Bürgergeld beziehen (in Deutschland). Aber Flo sprach von seiner Urenkelgeneration. Ich bezweifle stark, dass es in dieser gar nicht allzu fernen Zukunft noch besonders hohe Sozialleistungen in Deutschland geben wird, aber das führt vom Thema weg. 

Es müsste erst einmal jemand da sein, den man alimentieren müsste.

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Man könnte auch sagen, der Einheitsdienst der Päpste hat sie dazu veranlasst in Bereichen, die nicht göttliches Recht berühren, die Zügel mit Blick auf die getrennten Brüder etwas lockerer zu lassen. 

Was die Rolle des Pontifex in ein etwas merkwürdiges Licht rückt, wenn die einen Teilkirchen etwas dürfen, was den anderen verboten ist nur weil sie sich sonst nicht unterwerfen würden...

 

Von der Arroganz Deinerseits über die ostkirchliche Praxis mals ganz abgesehen.

 

(Interessant übrigens, daß bei den unierten Angelikanern der Zölibat wieder durchgesetzt wurde - waren vermutlich zu wenige Seelen...)

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vor 7 Stunden schrieb Studiosus:
vor 7 Stunden schrieb Frank:

Wenn der Priester auch außerhalb der Liturgie Christus repräsentiert, handelt er dann immer in Persona Christi?

 

Das denke ich nicht. Die Christusrepräsentanz in der (vor allem eucharistischen) Liturgie, die mit der oft verkürzt dargelegten Formel in persona Christi capitis verknüpft ist, ist ein Sonderfall oder gewissermaßen der Gipfel der Christusrepräsentanz. Mancher würde vielleicht argumentieren, es sei der einzige Fall, in dem ein Priester Christus repräsentiert. 

 

Das wäre mir allerdings ein wenig zu formalistisch und funktional gedacht. Der Priester, so ist zumindest die Idee, ist durch seine Weihe nochmals besonders im Volk Gottes herausgehoben und soll danach streben, Christus in allem immer ähnlicher zu werden. Das erschöpft sich meines Erachtens nicht allein auf den Bereich der Liturgie, sondern ist sozusagen ein Programm, das das ganze Leben durchzieht. 

Ups, aus 7 mache 6.

Verzeihung, aber aus Taufe und Firmung sind wir alle aufgerufen Christus im allem ähnlicher zu werden. Ja, das ist ein Programm, dass das gesamte Leben durchzieht. 

Dieses Programm ist jeoch kein Spezifikum des Priesters sondern ergibt sich aus Taufe und Firmung.

Wenn dieses Programm also das besondere des Priesters ist, kannst du getrost die Firmung in die Tonne treten. - Ich will dir ja vieles unterstellen,  aber nicht dass du das wirklich willst.

 

Wenn Christus ähnlicher zu werden Auftrag eines jeden Christen ist, was macht den Priester dann zum Priester? Brauchts die Priesterweihe noch oder kann sie weg?

Nein, auch ich will keine Sakramente in die Tonne treten. Natürlich brauchen wir Priester. In Eucharistie und Beichte in Persona Christi zu handeln, bedarf es einer sakramentalen Legitimation. Sonst könnte (im Sinne von: dürfte) das jeder. Gut, kann man drüber nachdenken. Die Vollmacht, die laut Evangeliumstext, hierzu von Jesus ausgestellt wurde, ist dem Wortlaut nach an keine Bedingungen geknüpft. Allerdings gab er sie nicht allen Jüngern, sondern nur seinen Aposteln. 

 

Du machst die Gläubigen - die ja lebendige Steine die das Haus der Kirche bilden sollen - zu klein, wenn du das "Christus immer ähnlicher werden" aus ihren Händen hinaus, in die Hände der Priester legst.

Und du überhöhst den Priester ins unlebbare hinein, wenn er außerhalb priesterlicher Funktionen Christus repräsentieren soll.

 

Wer soll denn bitte bei einem solch toxischen Berufsbild noch Priester werden wollen?

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vor 2 Stunden schrieb Frank:

Und du überhöhst den Priester ins Unlebbare hinein, wenn er außerhalb priesterlicher Funktionen Christus repräsentieren soll.

Hier ist im Übrigen auch die Wurzel des Klerikalismus und damit vieler Probleme der Kirche. 

Der Priester ist nicht mehr "Diener", der in den Sakramenten das Handeln Gottes repräsentiert. Wohlgemerkt als Dienst im Auftrag der Kirche - nicht als Privatmensch. 

Sondern eine Art dauerhafter Repräsentant Christi, von dem ständig - mehr als von allen anderen - ein christusähnliches Verhalten erwartet wird.

Und das überfordert jeden Menschen maßlos. 

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13 minutes ago, laura said:

Hier ist im Übrigen auch die Wurzel des Klerikalismus und damit vieler Probleme der Kirche. 

Der Priester ist nicht mehr "Diener", der in den Sakramenten das Handeln Gottes repräsentiert. Wohlgemerkt als Dienst im Auftrag der Kirche - nicht als Privatmensch. 

Sondern eine Art dauerhafter Repräsentant Christi, von dem ständig - mehr als von allen anderen - ein christusähnliches Verhalten erwartet wird.

Und das überfordert jeden Menschen maßlos. 


Als Nichttheologe neige ich ja zu einer wesentlich einfacheren Sichtweise: Klerikalismus ist schlicht die Folge einer jahrtausendelangen Entwicklung der Kirche als politischer und sozialer Machtinstitution. Logischerweise wird dann auch die Stellung der Hierarchie ideologisch untermauert, denn Macht ist nunmal komfortabel und begehrenswert.

Von daher finde ich die Diskussion um Weihe, Sakramente etc. immer auch ein bisschen vordergründig, denn pragmatisch ließe sich zumindest in einer demokratischen Gesellschaft die Verknüpfung von Macht und spirituell-liturgischer Aufgabenstellung auch entflechten.

Dass diese gleichberechtigte Einbindung der Laien so vehement bekämpft wird, ist halt der Machtfrage geschuldet: warum so ein Kapital aufgeben, wenn es einfach mit einem ideologischen Rauchvorhang zu verteidigen ist?

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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:

Angenendt hat das wirklich gut rekonstruiert. Und er bringt das Thema auch in seiner großen Abhandlung zur Entstehung der Messfeier, also mit direktem Bezug zur Liturgie. Er zitiert u. a. aus seinen Quellen persönliche Bittgebete der Priester, die auf ihre Unwürdigkeit, den eucharistischen Leib des Herrn zu berühren, abstellen. Dabei spielen Sexualstoffe eine große Rolle. In einem dieser Gebete bekennt der Priester, dass seine Hände so befleckt seien wie das Tuch einer Menstruierenden (die "reinen Hände" nehmen einen zentralen Platz in Angenendts Darstellung ein). Das sind natürlich mehr oder weniger offensichtliche mittelalterliche Repliken auf alttestamentliche Reinheitsvorstellungen.

 

Die Frage wäre nur: Was tut man heute damit? Sollte man solche Vorstellungen, die ja letztlich doch auf vormoralischen Überzeugungen beruhen, heutzutage aufrechterhalten? Sollte man behaupten, dass sexuelle Akte (selbst in der Ehe) die Person in einer "kultischen", nicht im eigentlichen Sinne moralisch zu verstehenden Weise "befleckt"? Aber auf welcher Grundlage? Die ursprünglich zugrundeliegende Vorstellung jedenfalls, dass der Samen und das Menstruationsblut "toxisch" seien, ist wissenschaftlich etwa so plausibel wie die, dass die Erde eine Scheibe sei.

 

Oder sollte man lehren, dass der sexuelle Akt den Menschen im moralischen Sinne "beflecke"? Dass also jeder sexuelle Akt (auch in der Ehe und "naturgemäß") unmoralisch sei? Und damit sündhaft? (Was dann wohl die logische Folge hätte, dass er idealerweise zu beichten wäre.)

 

Ich frage Dich das deshalb, weil Du ja - jedenfalls interpretiere ich verschiedene Aussagen von Dir so - der Meinung zu sein scheinst, dass die "überkommenen" Vorstellungen von Reinheit und Sexualität grundsätzlich berechtigt seien.

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theoretisch könnte man auch behaupten, dass Sexualität den Menschen zwar weder in einem moralischen noch in einem archaisch-kultischen Sinne "verunreinige" (obwohl mindestens eine dieser Varianten ja bei Pius XII. anklingt), aber dass sexuelle Kontakte das geistliche Leben sozusagen "lahmlegen" oder stark hemmen. Wenn das mehr als eine (Zweck)behauptung sein soll, müsste man das aber mit ernsthaften Argumenten plausibel machen (siehe auch unten Pfürtner). Es gibt indes auch ganz andere Meinungen. Ich möchte sie nicht weiter kommentieren, nur zitieren. Krzysztof Charamsa (Der erste Stein), ein Priester, der eine homosexuelle Beziehung einging, meint dazu:

 

"Viele Priester, ich eingeschlossen, sind, als sie angefangen haben, Liebe zu jemand anderem zu empfinden und mit dieser geliebten Person intim zu verkehren, bessere Seelsorger geworden, sensibler, mitfühlender und ihren Mitmenschen stärker und aufmerksamer zugetan. Infolgedessen zelebrierten sie auch die Messe besser, sie verstanden den Schmerz anderer besser, sie kannten die Wechselfälle des Lebens und predigten besser, auf eine weniger stark von der realen Welt abgetrennten Art und Weise, weil ihr Herz und ihr Geist freier geworden waren."

 

Und Pfürtner (Kirche und Sexualität) meint zur These von der geistigen Bigamie (ohne sie explizit so zu nennen):

 

"Die Priesteramtskandidaten sollen den Verzicht auf die eheliche Gemeinschaft auf sich nehmen, damit sie «dem Herrn mit ungeteilter Liebe anhangen» können (II. Vatikanum, Dekret über die Priesterausbildung Nr. 10). Welch anthropomorphe Christologie verbirgt sich hinter dieser Auffassung! Den Ehegatten als Konkurrenten des <göttlichen Bräutigams>, sehen, dem jener die Liebe rauben könnte, heißt im Grunde, den eschatologischen Christus auf der gleichen Ebene im Konkurrenzfeld - wie den Menschen vorstellen. Es ist zugleich ein Rückfall in den alten Dualismus, nach dem die Hingabe an Gott den <Auszug aus der Welt>, und das Verlassen des Menschen erfordere.

Als ob die Liebe zur Frau den aus Glauben liebenden Mann in seiner Christusliebe spalte, wo doch die aus Glauben geschehende Gattenliebe gerade die Christusliebe ist und zu ihr voll befreien will? Entsprechendes gilt für die Liebe der Frau zum Mann. Hier ist eine grundlegende theologische Revision erforderlich. Wie dargelegt, muß endlich anerkannt werden, daß Gottes Verheißung einem jeden Glaubenden voll und ungeteilt gilt: dem Verheirateten ebenso wie dem Unverheirateten.

Dem muß auf der Ebene der Sexualanthropologie die volle und effiziente, nicht nur verbale Annahme beider Geschlechter und des Geschlechtlichen entsprechen. Geschlechtliches Leben in der Ehe, human gelebt, muß als ebenso werthaft anerkannt werden wie geschlechtliche Enthaltsamkeit. Denn welcher Makel sollte dem Geschlechtsleben anhaften, der den Verheirateten zum eucharistischen Dienst ungeeigneter als den Unverheirateten macht? Diese Frage muß von denen, die an der traditionellen Position festhalten wollen, doch endlich einmal beantwortet werden. Sie gehen immer noch - heimlich oder ausdrücklich - davon aus, daß in jeder sexuellen Libido und Lust <böse Begierde> im Hinterhalt steckt. Woher wissen sie das eigentlich? Wenn das nicht ein ideologisches Apriori sein soll, muß es aus der Erfahrung gewonnen sein bzw. von ihr bestätigt werden, und zwar von einer Empirie, die allseitig die Befunde berücksichtigt."

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vor 23 Minuten schrieb iskander:

Sie gehen immer noch - heimlich oder ausdrücklich - davon aus, daß in jeder sexuellen Libido und Lust <böse Begierde> im Hinterhalt steckt. Woher wissen sie das eigentlich? Wenn das nicht ein ideologisches Apriori sein soll, muß es aus der Erfahrung gewonnen sein bzw. von ihr bestätigt werden, und zwar von einer Empirie, die allseitig die Befunde berücksichtigt."

 

Das ist nun ziemlicher Quatsch, um ehrlich zu sein. Wie soll "böse Begierde", immerhin ein theologischer Sachverhalt, wenn hier auf Augustinus angespielt wird, oder zumindest ein religiös-moralischer Begriff, durch Empirie bestätigt werden? Empirie ist ein wissenschaftlicher Erkenntnisweg und erschöpft sich demgemäß auf wissenschaftlich untersuchbare Gegenstände. Das ist "böse Begierde" ja nun eher nicht. Also ein klassischer Kategorienfehler. Die Forderung, die "böse Begierde" müsse empirisch bestätigt werden, ist in etwa so sinnvoll wie die Aussage, die Existenz von Engeln müsse empirisch nachgewiesen werden. 

 

Nach dieser Logik wäre jede religiöse Aussage, die nicht die Empirie hinter sich hat und auch gar nicht haben kann, nach Pfürtner unweigerlich ein ideologisches Apriori. Der Glaube an Gott eingeschlossen. 

 

Addendum: Zumal Pfürtner, wie auch der ebenfalls zitierte Charamsa, natürlich diese Sache nicht objekt - nach den Kriterien der katholischen Theologie und Glaubenslehre - betrachten, sondern beide als Dissidenten pro domo schreiben. Pfürtner eben aus seiner Sicht als von der Glaubenskongregation gemaßregelter, geschasster und später heiratender Priester-Professor und Charamsa als geouteter Homosexueller und Ex-Kurialbeamter. 

bearbeitet von Studiosus
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@Studiosus

 

Sofern man die Sexualität nicht von vornherein mit einer "bösen Begierde" gleichsetzt, ist die Behauptung, dass bei jedem sexuellen Akt die "böse Begierde" mit dabei ist, allerdings eine kontingente Tatsachenbehauptung (also eine "empirische" These). Und das ist offensichtlich die Variante, an die Pfürtner denkt. Denn um eine offenbarte oder a priori einsichtige Wahrheit handelt es sich hier ja offenbar nicht.

 

Alternativ könnte natürlich auch behaupten, dass jedes sexuelle Begehren und jede sexuelle Lust eo ipso notwendigerweise böse seien (und diese Variante berücksichtigt Pfürtner nicht, vielleicht weil sie ihm als zu weit hergeholt erscheint). Das wäre dann zwar kaum eine empirisch prüfbare These. Aber diese These ist jedoch ebenfalls weder einsichtig noch Teil der Offenbarung. Wie sollte sie dann überhaupt begründbar sein?

 

Die Frage für mich wäre auch, wie denn Deine Gegenkonzeption aussähe? Der sexuelle Akt "befleckt" den Menschen in einem moralischen, schuldhaften Sinne? Oder in einem rein kultischen (und außermoralischen) Sinne? Und wie wäre das dann zu verstehen?

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Nachtrag. um empirisch zu eruieren, ob jedes sexuelle Begehren und jede sexuelle Handlung eine "böse Begierde" beinhaltet, müsste man natürlich erst einmal definieren, was diese böse Begierde sein soll und worin man sie erkennt. Diesem Problem entgeht man zwar, wenn man einfach per definitionem alles Sexuelle als "böse" definiert, lädt sich aber die Schwierigkeit auf, eine solche Definition rechtfertigen zu müssen.

 

Bei Augustinus und anderen Theologen scheint letzterer Schritt weitgehend zu fehlen, von wenigen und fragwürdigen Argumenten abgesehen; und es wird anscheinend häufig einfach immer wieder als selbstverständlich vorausgesetzt und versichert, dass jede sexuelle Leidenschaft böse sei. Das überzeugt heute aber nicht mehr, und es wird auch rationalen Maßstäben nicht gerecht.

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@iskander

 

Das wäre gerade meine Kritik gewesen: Ob man nun nach der "bösen Begierde" fragt, oder danach, ob Akte "böse" sind, ist eigentlich einerlei. Das sind, zumindest nach meinem Verständnis, keine Gegenstände, mit denen sich eine wie auch immer geartete Empirie befassen kann. 

 

Außer man könnte mir erklären, wie Empirie "böse Begierden" oder "böses" Handeln feststellen will. Das sind in meinen Augen moralische Kategorie und keine empirischen. 

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Das sind in meinen Augen moralische Kategorie und keine empirischen. 

 

Das stimmt natürlich. Aber man kann empirisch feststellen, ob etwas, was in eine bestimmte Kategorie fällt, in der Realität so vorkommt, und wenn ja wie oft.

 

Nehmen wir beispielsweise an, sexuelles Begehren und sexueller Verkehr gingen stets in erheblichem Maße mit Sadismus und Verachtung für den anderen einher. Oder, da es hier ja um die "Konkupiszenz" geht, die "böse Begierde": Nehmen wir an, Sexualität wäre immer und wesentlich mit einer Art von Begierde verbunden, welche dazu führt, dass die Würde und die Wünsche des anderen systematisch missachtet werden oder ihm gar Gewalt angetan wird.

 

Dann sollten sich das zumindest prinzipiell empirisch eruieren lassen, etwa durch umfassende psychologisch-sexualwissenschaftliche Untersuchungen. Bei diesen könnten detaillierte Interviews geführt werden oder das Verhalten der Betroffenen könnte beobachtet werden, etwa auch im Anschluss an einen Geschlechtsverkehr. Wenn hier wirklich deutliche und klare Zusammenhänge der beschriebenen Art bestehen, sollten gute, sorgfältige und ausgedehnte Forschungen dies auch aufzeigen können.

 

Natürlich kann man auch einen ganz anderen Ansatz wählen und par ordre du mufti dekretieren einfach behaupten, dass sexuelle Regungen, sexuelles Begehren und sexuelle Akte quasi "intrinsisch" böse seien. Aber wie schon gesagt stellt sich dann die Frage der Begründung.

bearbeitet von iskander
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vor 55 Minuten schrieb Studiosus:

@iskander

 

Das wäre gerade meine Kritik gewesen: Ob man nun nach der "bösen Begierde" fragt, oder danach, ob Akte "böse" sind, ist eigentlich einerlei. Das sind, zumindest nach meinem Verständnis, keine Gegenstände, mit denen sich eine wie auch immer geartete Empirie befassen kann. 

 

Außer man könnte mir erklären, wie Empirie "böse Begierden" oder "böses" Handeln feststellen will. Das sind in meinen Augen moralische Kategorie und keine empirischen. 

Ich denke, die Hauptproblematik ergibt sich daraus, daß kein anderer Lebensbereich mit diesem Generaletikett ausgestattet ist.

 

In allen anderen mit bekannten Bereichen ergibt sich die Bewertung automatisch aus Intention und Wirkung, wobei eine schlechte Intention nach den Maßstäben der Kirche soweit ich weiß auch keine gute Wirkung rechtfertigt (worauf diese Prämisse beruht wäre auch nett zu wissen) aber bei guter Intention die gute oder negative Wirkung entscheidend ist.

 

Und da ist die Empirie doch eigentlich offensichtlich: ob eine Wirkung gut oder schlecht ist, ist tatsächlich ermittelbar.

bearbeitet von Flo77
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vor einer Stunde schrieb iskander:

Natürlich kann man auch einen ganz anderen Ansatz wählen und par ordre du mufti dekretieren einfach behaupten, dass sexuelle Regungen, sexuelles Begehren und sexuelle Akte quasi "intrinsisch" böse seien.

 

Genau so ist das die meiste Zeit des Christentums gesehen worden. 

 

vor einer Stunde schrieb iskander:

Aber wie schon gesagt stellt sich dann die Frage der Begründung.

 

Seit wann brauchst in Fragen des Glaubens und der Religion eine Begründung? 

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vor 13 Stunden schrieb Marcellinus:

Seit wann brauchst in Fragen des Glaubens und der Religion eine Begründung? 

 

So kann man das natürlich sehen, und "von außen" ist diese Sichtweise auch naheliegend. Diese Art von völliger Willkür entspricht m.E. aber nicht der Selbstwahrnehmung und den Ansprüchen des Katholizismus, die er "eigentlich" an sich selbst stellt.

 

Man geht zwar von einer Offenbarung aus, die man zwar nicht beweisen könne, deren Wahrheit aber mit Gottes Gnade grundsätzlich erkennbar sei. Gleichzeitig wurde traditionell betont, dass der christliche (bzw. der kath.) Glaube aber auch nicht im Gegensatz zur Vernunft stehe. Das war z.B. bei Thomas v. Aquin ein Thema. (Der Katholizismus lehnt den Fideismus entsprechend ab). Inwieweit dieser Anspruch seinerzeit eingelöst werden konnte oder heute kann, ist natürlich eine andere Frage, aber mir geht es hier primär um den eigenen Anspruch.

 

Was nicht direkt offenbart ist gilt prinzipiell als begründungsbedürftig; man sollte es aus der Offenbarung oder der menschlichen Vernunft ableiten können. Auch moralisch Gebote sollten gerechtfertigt werden können und der Vernunft zugänglich sein. Der Mensch soll sogar seiner (praktischen) Vernunft folgen. So heißt es etwa bei Thomas v. Aquin, nach traditioneller Auffassung dem "größten" katholischen Theologen:

 

"Die Vernunft ist dem Menschen Na­tur. Was immer also wider die Ver­nunft ist, das ist wider des Menschen Natur."

 

Es gibt auch irgendwo einen Satz von ihm, der sinngemäß in etwa lautet, dass Gott nur das dem Menschen verbiete, was dem Menschen und seinem Wohl entgegengesetzt sei. Dahinter steht immer die Auffassung, dass Gottes Gebote grundsätzlich "Sinn ergeben" und in diesem Sinne rational sind.

 

Die Annahme, dass Gott in völliger Willkür irgendwelche sinnlosen Gebote erlässt, deren Zweck sich keinem vernünftigen Menschen je erschließen kann, würde also mit Sicherheit dem offiziellen Anspruch der kath. Kirche widersprechen. Dazu ist ihr Gottesbild auch zu optimistisch. (Auch wenn Weisungen Gottes im Einzelfall dem Menschen wegen seines Mangels an Wissen nicht in ihrer Berechtigung einsichtig sein mögen.)

 

Und in der Tat: Wenn man sich beispielsweise ansieht, wie die Kirche offiziell für ihre Sexualmoral argumentiert, sagt sie nicht einfach: "Das ist eben so" oder "die Tradition will es so". Zwar gibt es auch eine Berufung auf Autorität und Tradition, aber diese steht nicht für sich allein, sondern wird durch Argumente ergänzt, die angeblich einsichtig sind. Ich selbst habe anderswo  ja ausführlich dargelegt, weshalb ich diese kirchlichen Argumentation-Strategien selbst dann für fehlschlüssig halte, wenn man explizit annimmt, dass Gott den Menschen geschaffen hat. Aber auch hier geht es mir wieder um den Anspruch der Kirche an sich selbst.

 

Die Kirche möchte sich selbst nicht so sehen, dass sie willkürliche und uneinsichtige Dinge lehrt, die weder aus der Offenbarung noch aus vernünftigen Erwägungen oder allgemeinem Wissen folgen; und es ist dieser Anspruch, mit dem ich sie (bzw. ihre "orthodoxen" Anhänger hier) kritisch konfrontiere.

bearbeitet von iskander
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vor 7 Minuten schrieb iskander:

Inwieweit dieser Anspruch seinerzeit eingelöst werden konnte oder heute kann, ist natürlich eine andere Frage, aber mir geht es hier primär um den eigenen Anspruch.

Genau betrachtet ist es das Argument vom wahren Schotten.

“Der Glaube kann durch die Vernunft sicher als wahr erkannt werden!“

“nein, ich habe starke Zweifel“

“dann bist du eben nicht vernünftig“

 

Werner

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vor 16 Minuten schrieb iskander:
vor 13 Stunden schrieb Marcellinus:

Seit wann brauchst in Fragen des Glaubens und der Religion eine Begründung? 

 

So kann man das natürlich sehen, und "von außen" ist diese Sichtweise auch naheliegend. Diese Art von völliger Willkür entspricht m.E. aber nicht der Selbstwahrnehmung und den Ansprüchen des Katholizismus, die er "eigentlich" an sich selbst stellt.

 

Aus Sicht der Religiösen ist das ja nicht "völlige Willkür", sondern Wunsch und Wille ihres "höchsten Wesens". Aus ihrer Sicht ist es also eine Begründung, aus der von Außenstehenden dagegen nicht. 

 

vor 16 Minuten schrieb iskander:

Die Kirche möchte sich selbst nicht so sehen, dass sie willkürliche und uneinsichtige Dinge lehrt, die weder aus der Offenbarung noch aus vernünftigen Erwägungen oder allgemeinem Wissen folgen; und es ist dieser Anspruch, mit dem ich sie (bzw. ihre "orthodoxen" Anhänger hier) kritisch konfrontiere.

 

Nur hast du da (mindestens) ein Problem: Ihre Vorstellung von Vernunft ist nicht deine. Für sie ist Vernunft (jedenfalls im Bezug auf ihre Religion) nur Mittel zum Zweck. 

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vor 16 Minuten schrieb rorro:

 

Das behauptet die Kirche übrigens nicht.

Pius IX (mal wieder seine apostolische Peinlichkeit)

“Qui pluribus“ von 1848

2776: die „rechte“ Vernunft beweist die Wahrheit des Glaubens 

 

Werner

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

die „rechte“ Vernunft beweist die Wahrheit des Glaubens

 

Und wer glaubt, hat die "rechte" Vernunft. Das Leben kann so einfach sein! :D 

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vor 16 Stunden schrieb iskander:

Welch anthropomorphe Christologie verbirgt sich hinter dieser Auffassung! Den Ehegatten als Konkurrenten des <göttlichen Bräutigams>, sehen, dem jener die Liebe rauben könnte, heißt im Grunde, den eschatologischen Christus auf der gleichen Ebene im Konkurrenzfeld - wie den Menschen vorstellen. Es ist zugleich ein Rückfall in den alten Dualismus, nach dem die Hingabe an Gott den <Auszug aus der Welt>, und das Verlassen des Menschen erfordere.

iskander zitiert Pfürtner - ich möchte diesen Gedanken aufgreifen und fragen, ob es nicht gerade zum Wesen des Ehesakramentes gehört, sich dem Partner und ihn ihm zugleich Christus ganz hinzugeben und dann, wenn die Partner innig und lauter miteinander Eins werden, dieses Eins werden zugleich ein ekstatisches Heraustreten aus sich selbst ist und so Erfahrung des einen Gottes sein kann (wenn es das auch nicht immer ist). Der Partner ist hier nicht Konkurrenz zu Gott, sondern gerade in und aus der Erfahrung ihrer Gemeinsamkeit werden die Partner zu Repräsentanten Gottes in der Welt, repräsentieren sie den Bund zwischen  Christus und seiner Kirche, zwischen Gott und seinem Volk.

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vor 19 Minuten schrieb Werner001:

Pius IX (mal wieder seine apostolische Peinlichkeit)

“Qui pluribus“ von 1848

2776: die „rechte“ Vernunft beweist die Wahrheit des Glaubens 

 

Werner

 

"Beweist" steht nur bei kathpedia und ist falsch übersetzt. Im Italienischen steht "dimostrare", im Englischen daher auch "show" - beides heißt zeigen. Beweisen kann schon deswegen nicht richtig sein, weil in derselben Enzyklika steht, daß die Vernunft den Glauben nicht hervorbringen kann.

bearbeitet von rorro
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vor 1 Minute schrieb rorro:

 

"Beweist" steht nur bei kathpedia und ist falsch übersetzt. Im Italienischen steht "dimostrare", im Englischen daher auch "show" - beides heißt zeigen. Beweisen kann schon deswegen nicht richtig sein, weil in derselben Enzyklika steht, daß die Vernunft den Glauben nicht hervorbringen kann.

Zwischen „den Glauben hervorbringen“ und „seine Wahrheit aufzeigen“ ist ja auch ein großer Unterschied 

 

Zwischen „seine Wahrheit aufzeigen“ und „seine Wahrheit beweisen“ dagegen nicht

 

Werner

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vor 7 Minuten schrieb Chrysologus:

iskander zitiert Pfürtner - ich möchte diesen Gedanken aufgreifen und fragen, ob es nicht gerade zum Wesen des Ehesakramentes gehört, sich dem Partner und ihn ihm zugleich Christus ganz hinzugeben und dann, wenn die Partner innig und lauter miteinander Eins werden, dieses Eins werden zugleich ein ekstatisches Heraustreten aus sich selbst ist und so Erfahrung des einen Gottes sein kann (wenn es das auch nicht immer ist). 

 

Ich denke aus kirchenrechtlicher Sicht dürften wir uns einig sein, dass diese, zugegeben sehr schönen theologischen Gedanken nicht zwingende Voraussetzungen einer in den Augen der Kirche gültigen und auch sakramentalen Ehe sind. Ich glaube das wäre auch etwas viel verlangt. Ich finde man muss auch aufpassen, ganz ähnlich wie beim Weihesakrament, hier nicht die Ehe ungebührlich in Höhen zu heben und theologisch so zu überfrachten, dass Ideal und Realität keine Berührungspunkte mehr aufweisen. 

 

Immerhin, und auch das gehört zum Gesamtbild dazu, war die Ehe, wiewohl schon lange zum Sakrament erhoben, über lange Zeit eher als Institut für jene, die eben nicht die Perfektion des christlichen Lebens in Enthaltsamkeit leben konnten, geduldet und als Notwendigkeit der legitimen Fortpflanzung akzeptiert. Da wirken Paulus, der von der Ehe vor dem Hintergrund seiner Naherwartung vor allem als Ventil für sexuelle Lust ausgeht, und vor allem auch Augustinus nach. Dass das Zweite Vatikanische Konzil auch das Ehesakrament nochmal anders betrachtet, ist unbestritten. 

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vor 10 Minuten schrieb Studiosus:

Ich denke aus kirchenrechtlicher Sicht dürften wir uns einig sein, dass diese, zugegeben sehr schönen theologischen Gedanken nicht zwingende Voraussetzungen einer in den Augen der Kirche gültigen und auch sakramentalen Ehe sind.

Die Voraussetzung ist es, an der richtigen Stelle vorsätzlich Ja zu sagen - so wie es für das Einhalten des Zölibas genügt, im rechten Moment Nein zu sagen.

vor 11 Minuten schrieb Studiosus:

Ich glaube das wäre auch etwas viel verlangt. Ich finde man muss auch aufpassen, ganz ähnlich wie beim Weihesakrament, hier nicht die Ehe ungebührlich in Höhen zu heben und theologisch so zu überfrachten, dass Ideal und Realität keine Berührungspunkte mehr aufweisen. 

Das Problem verbindet die Ehe mit dem Zölibat - beides kann auch ganz schön lästig werden, wenn man den falschen Partner hat oder einfach nur in schlecher Stimmung ist. Das mindert das Ideal aber in keiner Weise.

vor 13 Minuten schrieb Studiosus:

Immerhin, und auch das gehört zum Gesamtbild dazu, war die Ehe, wiewohl schon lange zum Sakrament erhoben, über lange Zeit eher als Institut für jene, die eben nicht die Perfektion des christlichen Lebens in Enthaltsamkeit leben konnten, geduldet und als Notwendigkeit der legitimen Fortpflanzung akzeptiert.

So stellte man (nicht ganz uneigennützig) eine nichtsakramentale Lebensform über ein Sakrament. Verbindliche Lehre wurde das allerdings nie.

vor 14 Minuten schrieb Studiosus:

Da wirken Paulus, der von der Ehe vor dem Hintergrund seiner Naherwartung vor allem als Ventil für sexuelle Lust ausgeht, und vor allem auch Augustinus nach.

Richtig. Wobei man angesichts ausbleibender Erfüllung der Naherwartung Paulus dann doch in diesem Punkt als sehr zeitbedingt ansehen (immerhin bezog er dieses Ventil der Lust dann auf Christus und die Kirche, was ja nun bemerkenswert ist).

 

vor 16 Minuten schrieb Studiosus:

Dass das Zweite Vatikanische Konzil auch das Ehesakrament nochmal anders betrachtet, ist unbestritten. 

Zeit wurde es, die Lebensform Mariens etwas ernster zu nehmen.

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