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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

Die Diskussion fokussiert momentan und allgemein natürlich vor allem auf die Geschädigten. Das ist vollkommen richtig, wurden diese doch zu lange nicht richtig oder gar nicht gehört. Da kommt von meiner Seite überhaupt kein Widerspruch. 

 

Aber was auch angeklungen ist - etwa bei PK und Podium Freiburg - oder ich zumindest als Zwischenton vernommen zu haben meine, ist die Frage, wie geht die Kirche mit den Tätern um. Klar empören sich darüber viele, dass man diesen  Gedanken überhaupt anstellt. Und aus Betroffenensicht verstehe ich das völlig: Die haben zurecht heiligen Zorn und fordern Gerechtigkeit. 

 

Aber die letzten Tage ist mir auch wieder der Fall des Limburger Regens gegenwärtig geworden. Der sehr tragische Fall. Und da frage ich mich, bietet die Kirche auch gefallenen Priestern eine Option, einen Ausweg? Mitunter wird es mir etwas unwohl, wenn ich Studien lese, die Fälle mit noch lebenden Beteiligten bringen, die 20, 30 oder mehr Jahre zurück liegen. Die Vergangenheit holt Opfer wie Täter gleichermaßen ein. Und da sich gerade die öffentliche Meinung gegen Priester momentan sehr zuspitzt, wirft es den ein oder anderen womöglich so aus der Bahn wie den Regens in Limburg (dessen Vorwurf relativ "harmlos" war). 

 

Im weltlichen Recht ist die Verjährung ein Mittel zur Wahrung des Rechtsfriedens. Irgendwann erlöschen Ansprüche und irgendwann muss auch ein Täter (das gilt für alle Straftaten) wissen, dass er nicht mehr sozusagen "aus dem Nichts" angeklagt werden kann. Das müsste doch auch im kirchlichen Bereich möglich sein. Wenn mich nicht alles täuscht ist die neue in der Strafrechtsreform gesetzte Verjährungsfrist 20 Jahre (mit Option bei gravierenden Taten auf Wegfall der Verjährung). Das halte ich für angemessen. Wenn sich ein junger Priester in der Vergangenheit im denkbarsten Sinne schuldig gemacht hat - und es vielleicht um keine minderjährigen Personen ging -, dann 20 Jahre nicht das Geringste mehr vorgekommen ist und er ein guter, persönliche und professionelle Distanz wahrender Kleriker ist, muss man das dann wirklich "zerstören"? (Ich hoffe diesen Gedanken nimmt mir keiner übel oder legt es als fehlende Empathie gegenüber den Opfern aus). Kann es da nicht auch Wege geben, die den Täter nicht öffentlich als Person unmöglich machen und seinen Einsatz nicht mehr gestatten. Gerade wenn es sich um minderschwere Vergehen handelt, die eventuell verjährt sind? 

 

Ich bitte mich richtig zu verstehen. Ich ergreife hier nicht Partei für Priester, die kleine Kinder veritabel vergewaltigt haben. Sondern ich frage an, was man in "Grauzonen", die etwa nicht vom kanonischen Recht direkt erfasst sind, tun könnte oder sollte. Die penetrative Vergewaltigung eines Siebenjährigen durch einen Priester erscheint mir, vielleicht liege ich da falsch,gravierender als wenn ein Priester vor drei Jahrzehnten mit eine/r/m Jugendlichen im Bett gelegen ist und es z. B. über der Kleidung zum "Fummeln" kam (man verzeihe diese Schilderungen, ich versuche halt etwas zu kontrastieren). Richtig, gut und schön ist sicher unbestreitbar beides nicht. Aber einen Unterschied sehe ich darin dennoch und da wäre eben auch eine möglicherweise andere Behandlung solcher Fälle angebracht.

Deine Gedanken hier halte ich für vernünftig. Dass man heute verjährte Straftaten im sexuellen Bereich bei der Kirche aufgreift, hat aus meiner Sicht mit der jahrelangen Vertuschungspraxis zu tun. Vor einigen Monaten sah ich eine Video, wie ein Iman Kinder auf übelste Weise schlägt. Dass die, die diese Video aufgenommen haben, nichts unternommen haben, entsetzt mich noch mehr. Das Wegschauen ist leider verbreitete Praxis.

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vor 1 Minute schrieb Gerhard Ingold:

Das Wegschauen ist leider verbreitete Praxis.

Man muss sagen, daß ein bestimmter Grad des Wegschauens bei uns kulturell fest verankert ist.

 

Man mischt sich in die Angelegenheiten seines Nachbarn zunächstmal einfach nicht ein.

 

In meiner Jugend gab es genügend Familien in meinem Umfeld in denen Kinder noch nicht gewaltfrei erzogen wurden - das wurde auch nicht weiter hinterfragt.

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vor 1 Stunde schrieb Moriz:

Wenn 13-jährige gemeinsam Onanieren, dann kann das eine ganz normale Phase in ihrer sexuellen Entwicklung sein

Die ist damals leider an mir vorbeigegangen. Hätte mich sehr interessiert. Vielleicht bin ich deswegen schwul geworden? Naja, so hatte das Versäumnis ja auch etwas Gutes.

 

Werner

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vor 9 Minuten schrieb Flo77:

Man muss sagen, daß ein bestimmter Grad des Wegschauens bei uns kulturell fest verankert ist.

 

Man mischt sich in die Angelegenheiten seines Nachbarn zunächstmal einfach nicht ein.

 

In meiner Jugend gab es genügend Familien in meinem Umfeld in denen Kinder noch nicht gewaltfrei erzogen wurden - das wurde auch nicht weiter hinterfragt.

Genau.

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Und ich will sicher nicht auf dem Fall des Limburger Regens herumreiten (ich kannte diesen Menschen nicht und hielt seine Positionen, die ich von ihm vorher mitbekam, für daneben), aber hier würde ich wirklich so weit gehen und sagen, dass die Missbrauchsaufklärung und in gewissem Umfang auch die Hysterie, die damit bisweilen verbunden ist, nicht nur eine kirchliche Karriere, sondern einen Menschen kaputt gemacht hat. Beyond repair. Ja, für mich ist er ebenfalls Opfer. 

 

Damit spreche ich diesen Priester nicht heilig. Er hätte besser wissen und besser handeln müssen. Darüber sind sich alle einig. Aber man selbst hat in der Jugend vielleicht auch mal etwas getan, das bei Licht besehen nicht astrein ist. Einer dieser hochkriminellen Priester, die uns die Studien zeigen, war er meines Erachtens jedoch eindeutig nicht. 

 

Und darin liegt die Gefahr, wenn innerkirchlich, aber vor allem auch in der Wahrnehmung der öffentlichen Meinung alles und jedes unterschiedslos über einen Kamm geschoren wird. Ich bin der letzte, der sich gegen eine harte rechtliche Gangart bei Missbrauch durch Priester ausspricht, aber man muss die Relationen wieder klar bekommen. Daran mangelt es seit Jahren. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 33 Minuten schrieb Flo77:

Ob man in schwereren Fällen die Versetzung in den Laienstand anordnet und so "das Böse aus seiner Mitte entfernt"

Also "Aus den Augen, aus dem Sinn".

Im Laienstand hat die Kirche keinerlei Kontrolle mehr über den Priester.

Im Idealfall entwickelt er sich, findet eine liebe Frau, gründet mit ihr eine Familie und sie leben glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.

Es kann aber auch passieren, daß er sich weiterhin seine Opfer sucht, vielleicht unterhalb der staatlichen Schwelle zur Strafbarkeit, die Kirche aber ihre Hände in Unschuld waschen kann. Dann ist irgendwie nichts gewonnen - außer vielleicht dem Ruf der Kirche.

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vor 5 Stunden schrieb Studiosus:

Es reicht ja nicht, nur den Befund zu erheben. Mir fehlt aktuell die Phantasie, mir ein "Checks and Balances"-Modell vorzustellen, das einerseits den kirchenverfassungsrechtlichen Prämissen entspricht und das andererseits Aussicht hat, durch Rom nicht abgelehnt zu werden. 

Ob Rom im Augenblick  irgendetwas mitmacht, das den Klerus unter andere  Kontrolle bringt als die eigene, da bin ich skeptisch. 

 

Aber dennoch sind kanonistisch-theologische Modelle denkbar, die eine Kontrolle ermöglichen.

  1. Zum Beispiel klare Regelungen, was zu dokumentieren und was abzulegen ist.
  2. Regelmäßige Rechenschaftspflichten gegenüber klar bestimmten Stellen, z.B. dem Diözesanrat und in Kopie Rom, wie viele Anzeigen es im letzten Jahr gab. Es erschreckt mich zu sehen, dass Rom zwar in der Lage ist, zu beobachten, wie viele Richter mit korrekter Ausbildung ein Bischof beschäftigt, sie aber nicht merken, wenn eine Diözese 20 Jahre lang keinen einzigen Missbrauchsfall meldet. Schon eine verpflichtende jährliche Statistikmeldung kann hier Abhilfe schaffen. Und Statistiken kann man recht gut miteinander vergleichen und bei deutlichen Abweichungen zu den Vorjahren oder zu den Nachbarn nachfragen.
  3. Eine Pflicht der Bischöfe, dauerhafte Voruntersuchungsführer:innen zu benennen, die  Verfahren iSd. c. 1717 selbständig einleiten dürfen und dem Bischof berichten.
  4. Klare Regeln bei Befangenheit. Wenn Beschuldigte Kurskollegen oder (ehemalige) Mitarbeiter:innen des Bischofs sind, dann geht die Kompetenz zur Unteruchungsführung von Rechts wegen auf den Generalvikar über, das recht zur Entscheidung über den weiteren Prozessweg auf den Offizial. 
  5. Regelmäßige Evaluation der Präventions- und Interventionsarbeit durch eine geeignete Instanz zB auf Eben der Bischofskonferenz. 

Kurz: Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen, transparente und dokumentierte Entscheidungswege, verpflichtende beratende Gremien, Systemkontrollen.  

 

Das garantiert alles keine völlige Sicherheit. Aber die gibt es auch nicht.

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vor 24 Minuten schrieb Studiosus:

Und darin liegt die Gefahr, wenn innerkirchlich, aber vor allem auch in der Wahrnehmung der öffentlichen Meinung alles und jedes unterschiedslos über einen Kamm geschoren wird. Ich bin der letzte, der sich gegen eine harte rechtliche Gangart bei Missbrauch durch Priester ausspricht, aber man muss die Relationen wieder klar bekommen. Daran mangelt es seit Jahren. 

Zwei Anmerkungen hierzu:

  1. Der Fall des Limburger Regens hätte nicht passieren dürfen. Es ist essentiell, sicherzustellen, dass immer dort, wo ich einem Menschen den Boden unter den Füßen weg ziehe, er zuverlässig begleitet wird. Ganz gleich, ob es um einen Missbrauchsvorwurf geht oder eine Amtsenthebung aus anderen Gründen. Aber hier macht es schon einen gewaltigen unterscheid, ob ich allgemein frage: "Wissen Sei, an wen sie sich wenden können?" oder zumindest frage: !An wen wenden sie sich jetzt? Sollen wir den jetzt anrufen?" Und ggf. nicht nur die klassische Frage stellen: "Können sie mir zusagen, sich in den kommenden 24h nichts an zu tun?", sondern auch wissen, was bei einem Zögern zu tun ist. Sicher vermeiden kann man Überreaktionen dennoch nicht.
  2. Ich halte die Regelungen der Bischöfe für zu strikt und weltfremd. Aber wenn es in der Vergangenheit eine hands-on Tat unter Ausnutzen der Machtbeziehung (und sei es unbemerkt), dann habe ich erhebliche Zweifel, ob ich diesen Mann nochmals eine entsprechende Rolle zubilligen darf. Meist stelle ich hier folgende Frage: "Wie lange muss die Unterschlagung zurück liegen, damit ich dem Buchhalter wieder den Kassenschlüssel anvertraue?" Wie lange muss der Junkie clean sein, damit er den Schlüssel zum BTM-Schrank bekommt? Wer in beiden Fällen zu sehr langen Zeiträumen tendiert, der wird auch einen Priester mit entsprechender Hands-on Tat nicht mehr zur Arbeit mit Kinder und jugendlichen zulassen. Diese Arbeit ist kein Ausdruck der Selbstverwirklichung des Klerikers, sondern ein Dienst an den Menschen, diese und deren Sicherheit steht im Mittelpunkt. So bedauerlich das ist (und ich kenne nun einige in dieser Situation, zum Teil beeindruckende Menschen), der Schutz geht vor. 
    Dann muss ich sie eben woanders sinnvoll einsetzen (und wenn es in der Buchhaltung oder anderen Verwaltungsaufgaben ist oder sie umschulen), das bedeutet nicht, dass die kleine Messen mehr feiern dürfen. Aber für jede Seelsorge, in der Kinder und Jugendliche auftauchen können, sind sie nun einmal verbrannt.
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vor 9 Minuten schrieb Chrysologus:

Klare Regeln bei Befangenheit. Wenn Beschuldigte Kurskollegen oder (ehemalige) Mitarbeiter:innen des Bischofs sind, dann geht die Kompetenz zur Unteruchungsführung von Rechts wegen auf den Generalvikar über, das recht zur Entscheidung über den weiteren Prozessweg auf den Offizial. 

 

Dumme Frage, da ich nicht so tief in dieser Materie bin wie Du: Ist das bereits so oder wäre das nur die wünschenswerte Vorgehensweise? Falls Ersteres, wo finde ich das verschriftlicht? 

 

 

vor 12 Minuten schrieb Chrysologus:

Kurz: Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen, transparente und dokumentierte Entscheidungswege, verpflichtende beratende Gremien, Systemkontrollen

 

Das halte ich auch für vernünftig. Und wie Du ja zeigst, müsste man dazu nicht einmal zwingend alles "umbauen" oder Neues erfinden. Ich bin immer für Lösungen im Rahmen des gesetzten Rechts. 

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vor 3 Minuten schrieb Chrysologus:

Zwei Anmerkungen hierzu:

  1. Der Fall des Limburger Regens hätte nicht passieren dürfen. Es ist essentiell, sicherzustellen, dass immer dort, wo ich einem Menschen den Boden unter den Füßen weg ziehe, er zuverlässig begleitet wird. Ganz gleich, ob es um einen Missbrauchsvorwurf geht oder eine Amtsenthebung aus anderen Gründen. Aber hier macht es schon einen gewaltigen unterscheid, ob ich allgemein frage: "Wissen Sei, an wen sie sich wenden können?" oder zumindest frage: !An wen wenden sie sich jetzt? Sollen wir den jetzt anrufen?" Und ggf. nicht nur die klassische Frage stellen: "Können sie mir zusagen, sich in den kommenden 24h nichts an zu tun?", sondern auch wissen, was bei einem Zögern zu tun ist. Sicher vermeiden kann man Überreaktionen dennoch nicht.
  2. Ich halte die Regelungen der Bischöfe für zu strikt und weltfremd. Aber wenn es in der Vergangenheit eine hands-on Tat unter Ausnutzen der Machtbeziehung (und sei es unbemerkt), dann habe ich erhebliche Zweifel, ob ich diesen Mann nochmals eine entsprechende Rolle zubilligen darf. Meist stelle ich hier folgende Frage: "Wie lange muss die Unterschlagung zurück liegen, damit ich dem Buchhalter wieder den Kassenschlüssel anvertraue?" Wie lange muss der Junkie clean sein, damit er den Schlüssel zum BTM-Schrank bekommt? Wer in beiden Fällen zu sehr langen Zeiträumen tendiert, der wird auch einen Priester mit entsprechender Hands-on Tat nicht mehr zur Arbeit mit Kinder und jugendlichen zulassen. Diese Arbeit ist kein Ausdruck der Selbstverwirklichung des Klerikers, sondern ein Dienst an den Menschen, diese und deren Sicherheit steht im Mittelpunkt. So bedauerlich das ist (und ich kenne nun einige in dieser Situation, zum Teil beeindruckende Menschen), der Schutz geht vor. 
    Dann muss ich sie eben woanders sinnvoll einsetzen (und wenn es in der Buchhaltung oder anderen Verwaltungsaufgaben ist oder sie umschulen), das bedeutet nicht, dass die kleine Messen mehr feiern dürfen. Aber für jede Seelsorge, in der Kinder und Jugendliche auftauchen können, sind sie nun einmal verbrannt.

👍

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vor 3 Stunden schrieb Moriz:
vor 4 Stunden schrieb Frank:

Die Priesterweihe oder die Bischofsweihe verdunsten doch nicht mit Amtsenthebung. Selbst wenn ein Bischof keine Amtszeitverlängerung erhält, hört er doch nicht auf Bischof zu sein.

Er ist dann aber ein Bischof ohne Aufgabe. Was (abseits von Alter und oder Krankheit) nicht vorgesehen ist. Ich halte das nicht für unproblematisch.

Inwiefern?

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

 

Dumme Frage, da ich nicht so tief in dieser Materie bin wie Du: Ist das bereits so oder wäre das nur die wünschenswerte Vorgehensweise? Falls Ersteres, wo finde ich das verschriftlicht? 

 

 

 

Das halte ich auch für vernünftig. Und wie Du ja zeigst, müsste man dazu nicht einmal zwingend alles "umbauen" oder Neues erfinden. Ich bin immer für Lösungen im Rahmen des gesetzten Rechts. 

Fett von mir: Sowenig die Bibel noch der Koran irrtums- und fehlerloses Wort Gottes enthalten und das zudem auch entsprechend gelehrt wird, sowenig darf Tradition oder ein Papst als unfehlbar angesehen werden. Das ist widersinnig. Man kann die Bibel nicht unter die Tradition und den Papst stellen. Entsprechend müssen die Rahmen des gesetzten Rechts ständig der Realität angepasst werden.

 

Konserven sind gestern. Wir benötigen frisches Leben.

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Und das fällt mir als Nachgedanke auch noch ein: 

 

Zumal es bis vor der letzten Reform des kirchlichen Strafrechts gewissermaßen eine strukturelle Benachteiligung der Kleriker gegeben hat, die man allerdings nicht großartig thematisiert hat: Erst mit der jüngsten Strafrechtsnovelle sind auch Laien, die in kirchlichem Auftrag tätig sind oder zumindest ein entsprechendes Amt (Katechet, Lehrer an kirchlichen Schulen usw.) ausüben im selben Umfang für Missbrauchsdelikte zu bestrafen. Das gab es meines Wissens vorher nicht. 

 

Da würde sich rechtssystematisch natürlich auch die Frage anschließen, was wäre, wenn ein damaliger Laie, der später Priester wurde, unter der Geltung des Strafrechts CIC/1983 etwas getan hätte, das nach dem heutigen Strafrecht auch für Laien strafbewehrt ist. Da sehe ich zwei Probleme: 1. Gilt das "Rückwirkungsverbot" (c. 1313)?

2. Er hat zwischenzeitlich den Stand gewechselt. Vollziehen Straftaten und etwaige Strafansprüche diesen Standeswechsel mit? Wie würde ein solcher Täter behandelt? Nach seinem Stand zum Zeitpunkt der Tat oder nach seinem derzeitigen Stand?

bearbeitet von Studiosus
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vor 34 Minuten schrieb Studiosus:

2. Er hat zwischenzeitlich den Stand gewechselt. Vollziehen Straftaten und etwaige Strafansprüche diesen Standeswechsel mit? Wie würde ein solcher Täter behandelt? Nach seinem Stand zum Zeitpunkt der Tat oder nach seinem derzeitigen Stand?

Üblicherweise kann man Täter nicht härter bestrafen, als das Recht es zum Zeitpunkt der Tat vorsah.

Ich weiß aber nicht, ob das Kirchenrecht das auch so sieht.

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vor 4 Minuten schrieb Moriz:

Üblicherweise kann man Täter nicht härter bestrafen, als das Recht es zum Zeitpunkt der Tat vorsah.

Ich weiß aber nicht, ob das Kirchenrecht das auch so sieht.

 

Das wäre auch meine Vermutung. Es gibt auch im kanonischen (Straf)Recht etwas, das  einigermaßen analog zum staatlichen Rückwirkungsverbot ist (c. 1313 §1): Wird nach Begehung einer Straftat ein Gesetz geändert (was mit dem neuen Strafrecht eindeutig so ist), so ist das für den Täter günstigere Gesetz anzuwenden. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Stunden schrieb Flo77:

Idee 1 scheitert schon an der Sakramententheologie.

Das hindert Deine politischen Führer auch nicht an der Umsetzung ihrer Ideen.

Zu 1: Meines Wissens ist die Beauftragung mit der Leitung einer Pfarrei kein Sakrament – und Frank hat ja nicht Priesterweihe auf Zeit vorgeschlagen. 

Zu 2: Lass doch bitte mal Deine aggressiven Querschläge wenigstens wenn sie völlig off-topic sind. 

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vor 4 Stunden schrieb Guppy:

Da fände ich schon die Theorie naheliegender, dass Menschen mit einer bereits krankhaften Sexualität sich in das Priestertum stürzen, weil sie glauben mit dem Zölibat würden sie diese krankhafte Sexualität wieder los. Dass das fast schon böse enden muss, kann ich mir sehr gut vorstellen.

Diese Theorie wurde schon mehrfach geäußert und finde ich auch plausibel. Gleichzeitig kann man annehmen, dass der Zölibat Menschen mit normaler Sexualität eher vom Priesteramt fernhält, weil dort die normale Sexualität nicht ausgelebt werden darf. Im Ergebnis führt das dazu, dass wegen des Pflichtzölibats mehr schwierige und weniger normale das Priesteramt anstreben. Ich kann in Summe nicht verstehen, warum manche den Zölibat um jeden Preis beibehalten wollen. 

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vor 16 Minuten schrieb o_aus_h:

Zu 1: Meines Wissens ist die Beauftragung mit der Leitung einer Pfarrei kein Sakrament – und Frank hat ja nicht Priesterweihe auf Zeit vorgeschlagen. 

Es mag Dich überraschen, aber Franks Gedankengang ist mir nicht verborgen geblieben.

 

Er ergibt nur keinen Sinn. Oder hast Du einen Verwendungszweck für die Priester, die nach ihren 5 oder 6 Jahren Pfarrdienst wieder "ausgemustert" werden sollen?

 

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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Und ich will sicher nicht auf dem Fall des Limburger Regens herumreiten (ich kannte diesen Menschen nicht und hielt seine Positionen, die ich von ihm vorher mitbekam, für daneben), aber hier würde ich wirklich so weit gehen und sagen, dass die Missbrauchsaufklärung und in gewissem Umfang auch die Hysterie, die damit bisweilen verbunden ist, nicht nur eine kirchliche Karriere, sondern einen Menschen kaputt gemacht hat. Beyond repair. Ja, für mich ist er ebenfalls Opfer. 

 

Volle Zustimmung. Und ich gehe auch davon aus, dass er nicht das einzige Opfer dieser Art ist - zumindest gab es in Frankreich in der vergangenen Zeit mehrere Selbstmorde von Priestern (z.B. im Bistum Strasbourg). 

Letztlich zeigen diese Fälle aber auch die Unfähigkeit von Kirche und Gesellschaft, mit den Phänomen umzugehen. Erst hat man gar nicht reagiert, jetzt reagiert man völlig über. 

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Es mag Dich überraschen, aber Franks Gedankengang ist mir nicht verborgen geblieben.

Er ergibt nur keinen Sinn. Oder hast Du einen Verwendungszweck für die Priester, die nach ihren 5 oder 6 Jahren Pfarrdienst wieder "ausgemustert" werden sollen?

Soweit ich das mitbekommen habe gibt es aktuell in der RKK jede Menge Bedarf an Priestern für alle Aufgabenbereiche. Nur die Pfarreileitung würde der Priester ja in dem Modell wieder abgeben. Vermutlich machte es Sinn, wenn jemand Pfarrer war, und nicht weiter diese Pfarrei leiten soll, dass er dann zum einfachen Dienst in eine andere Gemeinde wechselt.

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vor 4 Stunden schrieb Guppy:

Gibt es denn für diese Hypothese auch einen wissenschaftlichen Beweis und auch eine Erklärung?

 

Ob es einen "wissenschaftlichen Beweis" gibt, bezweifle; aber es gibt Hinweise, dass der Zölibat in der einen oder anderen Hinweise einen Risikofaktor darstellen kann.

 

vor 4 Stunden schrieb Guppy:

 

Dass ein Priester, der eine natürliche Sexualität hat, irgendwann in seinem Leben auch mal mit dem Zölibat hadert, sich in eine Frau verliebt oder schlimmstenfalls den Zölibat bricht und ein Verhältnis mit einer Frau hat, mag mir noch einleuchten. Aber dass ein Priester mit einer ganz normalen Sexualität durch den Zölibat plötzlich zum Kinderschänder wird, halte ich für sehr abwegig.

 

Wie bereits Gerhard anmerkte, gibt es auch das Phänomen, dass unter bestimmten Umständen "Ersatz-Partner" gewählt werden (nicht nur Gefängnisse, sondern auch das Militär wäre ein Beispiel dafür).

Ist ein an sich heterosexuell oder homosexuell veranlagter Mann zu gehemmt, um einen Erwachsenen anzusprechen, mag die Hemmschwelle bei Jugendlichen, mit denen er viel zu tun hat, niedriger sein. Das ist wohl zumindest die Sicht vieler Sachverständiger, die sich genauer mit Fällen befasst haben.

 

vor 4 Stunden schrieb Guppy:

Da fände ich schon die Theorie naheliegender, dass Menschen mit einer bereits krankhaften Sexualität sich in das Priestertum stürzen, weil sie glauben mit dem Zölibat würden sie diese krankhafte Sexualität wieder los. Dass das fast schon böse enden muss, kann ich mir sehr gut vorstellen. Die Lösung dieses Problems könnte dann aber eher in der Priesterausbildung zu suchen sein und nicht in der Abschaffung des Zölibat.

 

Das kann auch (zusätzlich) sein und wurde ja auch oft diskutiert. Inwieweit das mit einer guten Ausbildung zu bewältigen ist, mögen andere sagen. Ob es allerdings bei strikter Beachtung der kath. Moral funktioniert weiß ich nicht. Denn nach dieser hat der Priesteramtskandidat, wenn er nicht zufällig mal verheiratet war ("Spätberufener") nie auch nur einen sexuellen Gedanken oder Impuls gehabt, und wenn doch, dann sofort nachdrücklich abgewehrt. Ob das zu einer reifen Sexualität und zum Wissen um die eigene Veranlagung beiträgt, kann man wohl hinterfragen.

 

vor 4 Stunden schrieb Guppy:

Dass ein geistig gesunder, normaler Mann plötzlich anfängt Knaben und sogar Kinder zu missbrauchen und zu vergewaltigen, weil eine Frau für ihn gerade nicht "verfügbar" ist, halte ich auch für eine sehr gewagte Theorie.

 

Die so ja auch niemand vertritt!

 

vor 2 Stunden schrieb Studiosus:

Im weltlichen Recht ist die Verjährung ein Mittel zur Wahrung des Rechtsfriedens. Irgendwann erlöschen Ansprüche und irgendwann muss auch ein Täter (das gilt für alle Straftaten) wissen, dass er nicht mehr sozusagen "aus dem Nichts" angeklagt werden kann. Das müsste doch auch im kirchlichen Bereich möglich sein.

 

Grundsätzlich ja, und natürlich gibt es auch relativ leichte Fälle. Wenn allerdings, sagen wir mal, plötzlich herauskommt, dass ein sechzigjähriger Bischof vor 30 Jahren ein Kind schwer missbraucht hat - zum Beispiel brutal vergewaltigt -, wäre er m.E. nicht länger tragbar. So wie ja auch ein weltlicher Ministerpräsident in so einer Situation nicht im Amt bleiben könnte. Der Bischof müsste dann aus dem Amt entfernt werden können, und es müsste möglich sein, ihm zu verbieten, in der Öffentlichkeit weiterhin zu wirken. Dass das dann nicht unbedingt unter die Begriffe "Strafrecht" und "Bestrafung" fallen sollte, ist sicher eine legitime Position.

bearbeitet von iskander
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vor 41 Minuten schrieb iskander:

Wenn allerdings, sagen wir mal, plötzlich herauskommt, dass ein sechzigjähriger Bischof vor 30 Jahren ein Kind schwer missbraucht hat - zum Beispiel brutal vergewaltigt -, wäre er m.E. nicht länger tragbar.

 

Das ist ganz klar. Ich denke, darüber muss man gar nicht streiten. Mit dem Amt wie dem eines Bischofs ist so eine Hintergrundinformation, selbst wenn die Tat verjährt ist, schlicht nicht vereinbar. 

 

vor 41 Minuten schrieb iskander:

Grundsätzlich ja, und natürlich gibt es auch relativ leichte Fälle.

 

Um diese Fälle geht es mir z. B. Es gibt ja viele denkbare Konstellationen, die weniger unter - wahrscheinlich ist das das falsche Wort - "echten Missbrauch" fallen (auch in kanonischen Kategorien), sondern eher unter mangelnde Distanz etc. Da müsste man, das wäre vielleicht mal ganz sinnvoll, sich die einzelnen Straftatbestände und ihre Umschreibung im weltlichen und kirchlichen Strafrecht genauer ansehen. Außerdem frage ich mich, ob man Menschen nicht ein gewisses Entwicklungspotenzial zubilligen sollte. Wenn heute einer 60 ist und mit 25 einmal Grenzen verletzt hat und daraus gelernt hat, ist der dann bis zum jüngsten Tag kirchlich gesehen off-limits

 

Ich hoffe, man nimmt mir ab, dass ich das Ganze nicht verharmlosen will, aber ich denke hier tut wirklich Differenzierung not. Ob diese durch die verschiedenen Klassifikationen als hands-on / hands-off Delikte in den Studien schon hinreichend erfolgt ist, weiß ich nicht. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Stunden schrieb Moriz:

Ich finde den Satz "Über meine Priester lasse ich nichts komme" zunächst mal gut und notwendig. Ein Bischof muß seinen Priestern vertrauen können und er muß ihnen den Rücken stärken, sonst funktioniert Kirche nicht. Was natürlich im Einzelfall nicht heißen darf, daß der Schutz eines Priesters über alles geht.

 

Hier stimme ich nicht zu. Der Bischof hat die Hirtensorge für das gesamte Bistum, also für alle Menschen, die ihm anvertraut sind.

Und ist auch verantwortlich für alle seine Mitarbeiter:innen - für die Putzfrau im Ordinariat ebenso wie für den Domkapitular.

 

In Krisen- und Konfliktfällen ist es seine genuine Aufgabe, zu vermitteln und herauszubekommen (ggf. mit Hilfe von Spezialisten), wer schuldig ist und wer geschädigt wurde. Wenn er hier mit der Brille "Auf meine Priester lasse ich nichts kommen" an die Sache herangeht, befördert er geradezu die missbräuchlichen Strukturen. Das ist verdammt gefährlich. 

 

Man stelle sich nur einen Schulleiter vor, der grundsätzlich sagt: "Auf meine Lehrer lasse ich nichts kommen." 

Was soll dann die Mutter der kleinen Lara sagen, die vom Lateinlehrer gemobbt wird? 

Es ist hier die genuine Aufgabe des Schulleiters, herauszubekommen, ob beim Lateinlehrer ein Dienstvergehen vorliegt oder ob Lara z.B. lügt oder hypersensibel ist oder was auch immer ... 

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vor 28 Minuten schrieb Flo77:

Er ergibt nur keinen Sinn. Oder hast Du einen Verwendungszweck für die Priester, die nach ihren 5 oder 6 Jahren Pfarrdienst wieder "ausgemustert" werden sollen?

Das hängt davon ab aus welchem Grund der Priester "ausgemustert" wird. Evtl. reicht nen Lehrgang um ihn für eine neue Pfarrstelle zu qualifizieren... zugegeben, das eine Nachqualifizierung bei Machtmissbrauch ausreichen soll fällt auch mir schwer zu glauben. 

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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Außerdem frage ich mich, ob man Menschen nicht ein gewisses Entwicklungspotenzial zubilligen sollte. Wenn heute einer 60 ist und mit 25 einmal Grenzen verletzt hat und daraus gelernt hat, ist der dann bis zum jüngsten Tag kirchlich gesehen off-limits

Ich hoffe, man nimmt mir ab, dass ich das Ganze nicht verharmlosen will, aber ich denke hier tut wirklich Differenzierung not. Ob diese durch die verschiedenen Klassifikationen als hands-on / hands-off Delikte in den Studien schon hinreichend erfolgt ist, weiß ich nicht. 

Das sehe ich genauso. Bei einem leichteren Delik (z.B. eben der Saunabesuch oder das Streicheln etc) würde ich einen Priester für ein paar Jahre aus dem Verkehr ziehen (z.B. in die Verwaltung etc) und ihn zu einer Therapie verpflichten. Und dann ein psychologisches Gutachten anfordern.

Nach einer gewissen "Sperre" könnte man ihn wieder einsetzen - möglicherweise mit lebenslangen Auflagen, was die Jugendarbeit betrifft (keine Jugendlager etc). 

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