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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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vor 14 Minuten schrieb Kara:

Jesus spricht in diesem Zusammenhang jedenfalls häufig vom Zähneklappern 🥶...

 

Mein Hinweis auf Dante war deshalb durchaus ernst gemeint. Der letzte Kreis der Hölle, die tiefste Hölle, stellt er sich als von ewigem Eis bedeckt vor. Die Tränen der Verdammten gefrieren auf ihren Wangen. Hochpoetisch. 

 

Andererseits gibt es im Evangelium auch Hinweise auf große Hitze, so z. B. im Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus, oder in der Apokalypse ist die Rede vom Feuer- oder Schwefelsee, der den Verdammten zugedacht ist. 

 

Genau wird man das wohl nie sagen können. Die Geister von Theologen und Dichtern haben diese Vorstellungen beflügelt. Dante ist da ein schönes Beispiel und auf Seite der Theologie der Dogmatiker Joseph Bautz, genannt Höllenbautz. Er ist einer der letzten Theologen, welche die letzten Dinge noch sehr anschaulich und plastisch schildern. 

 

Wichtiger, als darüber nachzugrübeln, wie die Hölle und ihre Qualen beschaffen sind, finde ich es allerdings, zu versuchen, erst gar nicht in sie hinein zu kommen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 15 Minuten schrieb Studiosus:

 

Bei Dante auf jeden Fall. Aber Scherz beiseite. Die Beschaffenheit der Flammen der Hölle sind Gegenstand theologischer Spekulationen. Ich empfehle die eschatologischen Werke von Joseph Bautz. 

Versuch mal durch die Hölle zu gehen.

 

Dann reden wir nochmal.

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Gerade eben schrieb Studiosus:

Wichtiger, als darüber nachzugrübeln, wie die Hölle und ihre Qualen beschaffen sind, finde ich es, zu versuchen nicht in sie hinein zu kommen. 

Sehr witzig. Als ob wir Menschen eine Wahl hätten.

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vor 27 Minuten schrieb rorro:

Wenn die Volkskirche keine Gemeinschaft des Glaubens ist, ist sie schlechter als ein Schützenverein. Und keine Kirche mehr.

 

vor 23 Minuten schrieb Studiosus:

 

"Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht". Das stimmte damals, als es der Prophet zu den Israeliten sagte und stimmt heute mit Blick auf die Kirche. Eine Kirche, die keinen Glauben hat, verdient es unterzugehen. 

Da stellt sich mal wieder die Frage, was alles zu dem Glauben gehört. 
Ja, natürlich, alles, was im Katechismus steht.

Es heißt ja oft, wenn man irgendwo anfängt, dann erodiert der gesamte Glaube.

Ich kann das bestätigen, bei mir war das genau so.

Allerdings nicht auf die Weise, wie das immer verbreitet wird.

Es passierte einfach, dass ein Aspekt des Glaubens konträr zu meinem Leben war, nämlich das Thema Homosexualität. Hätte es irgendjemand geschafft, mig plausibel zu erklären, was an gelebter HS falsch sein soll, wäre das Ganze anders verlaufen, denn der Glaube war mir wichtig.

Das konnte aber niemand erklären, es kamen die üblichen Phrasen, war schon immer so, etc.

Also fing ich an, selbst zu suchen. Und was ich fand, war: Nichts. Irgendwelche, bei näherem Hinsehen sehr zweifelhafte, in manchen Fällen wohl eindeutig psychisch gestörte Gestalten haben sich Dinge ausgedacht, Politik hat fleißig mitgemischt, persönliche Eitelkeiten und skrupellose Intrigen führten zu Dogmen etc etc.

Die gesamte Glaubwürdigkeit ist dahin. Ich respektiere die vielen, die in bester Absicht kirchlich engagiert sind. Aber wenn mir einer mit „Glauben“ kommt, vielen Dank, da baue ich mit lieber meinen eigenen, der passt dann wenigstens für mich

 

Werner

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vor 12 Minuten schrieb Studiosus:

Wichtiger, als darüber nachzugrübeln, wie die Hölle und ihre Qualen beschaffen sind, finde ich es allerdings, zu versuchen, erst gar nicht in sie hinein zu kommen. 

 

Wenn euer Glaube vor allem darin besteht, geht er zu Recht unter. 

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vor 21 Minuten schrieb Werner001:

Hätte es irgendjemand geschafft, mig plausibel zu erklären, was an gelebter HS falsch sein soll, wäre das Ganze anders verlaufen, denn der Glaube war mir wichtig.

 

Der Fairness halber müsste man aber schon dazu sagen, dass der Mensch eher dazu neigt, sich dann von Erklärungen überzeugen zu lassen, wenn er selbst schon in etwa das denkt oder teilt, was die Erklärung beinhaltet. 

 

Es dürfte ziemlich selten vorkommen, dass jemanden eine bloße Erklärung so tief innerlich überzeugt, dass er von jetzt auf gleich sein komplettes Verhalten danach ausrichtet.

 

Man kann also sagen, die Erklärungen seien schlecht, das bleibt einem unbenommen. Aber vielleicht ist es auch weniger die Qualität der Erklärungen und mehr der eigene, möglicherweise unterbewusste Widerstand gegen sie. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Wenn euer Glaube vor allem darin besteht, geht er zu Recht unter. 

 

Nicht ausschließlich, nein. Womöglich nicht einmal hauptsächlich. Aber dass das ein wesentlicher Punkt ist, steht zumindest für mich außer Frage. 

 

Und ja, am Ende des Lebens, das für Christen nicht mit der Aufgabe der irdischen Existenz endet, geht es eben genau darum. Um die klassischerweise so bezeichneten Letzten Dinge. Dass diese heute in Kirche und Theologie eher ein Schattendasein fristen, ist eine ungute Entwicklung, aber wohl nicht zu ändern. 

bearbeitet von Studiosus
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Am 13.9.2023 um 21:09 schrieb Studiosus:

Das stimmt. Zumindest fast, würde ich sagen. Ich bin ja nun weiß Gott im kirchlichen Rahmen schon weit herumgekommen, hauptsächlich auch im sogenannten "konservativen" Bereich. Mir wäre in den letzten 20 Jahren kein einziger Anlass bekannt, in dem auf die rechte Disposition zum Kommunionempfang hingewiesen worden wäre.

 

Du wirst mir da nicht zustimmen: Aber die Tatsache, dass selbst "Konservative" die entsprechenden Lehren kaum noch offensiv vertreten, ist m.E. ein Indiz dafür, dass dieser ganze Lehr-Komplex seinen Zenit bereits überschritten hat und sich langsam, aber sicher auflöst.

Michael Halbfas, der als gynäkologischer Chefarzt für ein Krankenhaus mit katholischer Trägerschaft arbeitet, schildert in einem Buch (Buchvorschau, online) folgende Episode:

Bei einem Gespräch mit Kardinal Meisner habe er gesagt, dass es (hierzulande, in der heutigen Zeit) praktisch unmöglich sei, Humane vitae strikt zu beachten und zugleich als Gynäkologe zu arbeiten. (Man bedenke, dass die Enzyklika ja auch die Ärzte verpflichtet.) Der Kardinal habe ihm geraten, die entsprechenden Teile von Humane vitae zu ignorieren.

Ich weiß natürlich nicht, ob Halbfas die Wahrheit sagt, aber angesichts der Tatsache, dass Meisner durchgesetzt hat, dass in den Kliniken seines Bistums die "Pille danach" verschrieben werden kann, ist die Aussage m.E. durchaus glaubwürdig. Und tatsächlich wird allem Anschein nach - in diesem Punkt dürfte Halbfas recht haben - auch in kath. gynäkologischen Krankenhäusern regelmäßig gegen Humane vitae verstoßen, auch unter konservativen Bischöfen.

 

Oder welcher "konservative" Bischof (jedenfalls in Europa) setzt heute noch durch, dass Priester beispielsweise Eheleute im Beichtstuhl konsequent nach der Verhütung befragen und ihnen ggf. die Absolution verweigern? Früher haben konservative Bischöfe eben genau dies gemacht.

 

Anders gesagt: Die Konsequenz, der Rigorismus, die Kompromisslosigkeit und der Eifer früherer Zeiten fehlen heute einfach, und zwar auch bei den "Konservativen". Auch auf "konservativer" Seite tut man heutzutage manches, was man nach der eigenen Überzeugung "eigentlich" nicht tun dürfte - vor allem aber tut man einiges nicht, was man nach eigener Überzeugung "eigentlich" tun müsste. Und man hat ja an früheren Diskussionen hier gesehen, wie wenig Interesse selbst die "Konservativen" in diesem Forum daran haben, dass die Kirche konsequent und öffentlichkeitswirksam auf all den Lehre beharrt, mit denen man selbst viele "treue" Katholiken zusätzlich vor den Kopf stoßen würde.

 

Insofern fallen auch die Äußerungen von FI, mit denen er im Effekt die Bedeutung und Verbindlichkeit der kath. Sexuallehre unterminiert, auch nicht völlig aus dem Rahmen. FI geht nur deutlich weiter als die heutigen "Konservativen".

 

@Inge33

 

Auch von mir ein herzliches Willkommen zurück!

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vor 2 Minuten schrieb iskander:

Die Konsequenz, der Rigorismus, die Kompromisslosigkeit und der Eifer früherer Zeiten fehlen heute einfach, und zwar auch bei den "Konservativen". Auch auf "konservativer" Seite tut man heutzutage manches, was man nach der eigenen Überzeugung "eigentlich" nicht tun dürfte - vor allem aber tut man einiges nicht, was man nach eigener Überzeugung "eigentlich" tun müsste.

 

Dieser Diagnose stimme ich zu. Das ist so. 

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vor 32 Minuten schrieb Studiosus:

Und ja, am Ende des Lebens, das für Christen nicht mit der Aufgabe der irdischen Existenz endet, geht es eben genau darum. Um die klassischerweise so bezeichneten Letzten Dinge. Dass diese heute in Kirche und Theologie eher ein Schattendasein fristen, ist eine ungute Entwicklung, aber wohl nicht zu ändern. 

 

Es war immer der Kern des Christentums, Vertröstung auf oder Drohung mit "Himmel" und "Hölle". Das beide mittlerweile zu Ladenhütern geworden sind, hat konkret Gründe und ist aus meiner Sicht der eigentliche Grund für das Verblassen des Christentums.

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vor 43 Minuten schrieb Studiosus:

Der Fairness halber müsste man aber schon dazu sagen, dass der Mensch eher dazu neigt, sich von Erklärungen überzeugen zu lassen, wenn er selbst schon in etwa das denkt oder teilt, was die Erklärung beinhaltet.

 

Das stimmt grundsätzlich; aber die einzigen Erklärungen - oder genauer gesagt: Rechtfertigungen - sind ja eigentlich der Verweis auf Bibel und Tradition. Und das bleiben letztlich eben Autoritätsargumente, die keine inhaltliche Begründung liefern. Es würde dann zwar, wenn man die Argumente akzeptiert, folgen, dass homosexuelle Handlungen verwerflich sind - aber man wüsste nicht, warum sie verwerflich sind.

Und das erscheint viele heutzutage eben als zu dürftig, wahrscheinlich auch, weil die Sexualmoral selbst innerhalb der kath. Ethik eine echte Ausnahme darstellt.

 

Natürlich kommt dann noch die "naturrechtliche" Begründung, wonach "die Sexualität" (auch) "den Zweck der Zeugung" habe und - homosexuelle Akte  diesen Zweck nicht erfüllen können. Aber diese Aussage mit dem "Zweck" kann man eben (mindestens) in zweierlei Hinsicht verstehen:

 

1) Gott hat die Sexualität (auch) geschaffen, weil er wollte, dass die Menschen durch Geschlechtsverkehr Kinder zeugen können. (Der "Zweck" wäre hier das göttliche Handlungsmotiv.)

2) Gott will, dass jeder einzelne sexuelle Akt (auch) zur Zeugung von Kindern dienen können muss - oder zumindest so "aussieht", als könne er er es; ansonsten hat Gott etwas gegen einen solchen Akt.

 

Die Aussage 1) ist zwar (innerhalb eines theistischen Denkrahmens) kaum ernsthaft zu bezweifeln, aber im Hinblick auf homosexuelle oder andere Akte, die nicht zur Zeugung dienen können, erst einmal irrelevant.

Die Aussage 2) wäre zwar durchaus relevant, aber sie wäre eben begründungsbedürftig. (Und zumindest allein schon aus 1) folgt sie nicht.) Aussage 2 ist kein Beweis für das Verbot von sexuellen Akten, die nicht zur Zeugung führen können, sondern eine Wiederholung dieses Verbotes in anderen Worten.  

 

Die "übliche" Argumentation scheint also einfach auf einem ambigen Sprachgebrauch und der damit einhergehenden Konfusion zu bestehen.  Statt die von Gott geschaffene "sexuelle Anlage" und den einzelnen, vom Menschen vollzogenen, "sexuellen Akt" zu unterscheiden, und ebenso zu unterscheiden zwischen dem "Zweck", den Gott mit dem Erschaffen der Sexualität verfolgt hat, und dem Wunsch, den Gott im Hinblick auf jeden einzelnen sexuellen Akt haben mag, wird alles zusammengerührt.

 

Wobei ich durchaus die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass ich nur etwas nicht verstehe und die Argumentation der Kirche anders aussieht oder in einer Weise begründet ist, die mir bisher nicht eingefallen ist - unabhängig davon, ob ich selbst diese Begründung dann überzeugend fände oder nicht. Nur habe ich eben bisher dazu nichts finden können.

 

Aber ich gehe davon aus, dass auch viele andere Leute ebenfalls das eigentliche Argument übersehen, falls es ein solches gibt, und dass das - natürlich neben allem anderen - eben auch einer der Gründe für die geringe Popularität der entsprechenden kirchl. Lehre ist.

bearbeitet von iskander
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vor 1 Minute schrieb iskander:

Das stimmt grundsätzlich; aber die einzigen Erklärungen - oder genauer gesagt: Rechtfertigungen - sind ja eigentlich der Verweis auf Bibel und Tradition. Und das bleiben letztlich eben Autoritätsargumente, die keine inhaltliche Begründung liefern. Es würde dann zwar, wenn man die Argumente akzeptiert, folgen, dass homosexuelle Handlungen verwerflich sind - aber man wüsste nicht, warum sie verwerflich sind.

Und das erscheint viele heutzutage eben als zu dürftig, wahrscheinlich auch, weil die Sexualmoral selbst innerhalb der kath. Ethik eine echte Ausnahme darstellt.

 

Moralen sind Meinungen, deren Geltung sich aus der allgemeinen Übereinstimmung ergeben. Wenn man anfängt, nach Begründungen zu suchen, ist die Übereinstimmung schon zum Teufel und die Moral hat ihre Geltung verloren. 

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vor 6 Minuten schrieb iskander:

Rechtfertigungen

 

Von Rechtfertigung würde ich nicht sprechen. Die Kirche muss sich, wenn sie Gottes Gebote verkündet, nicht rechtfertigen. Das liege darauf hinaus, dass sich Gott selbst rechtfertigen müsste, und dass das nicht angeht, ist ja selbstevident.

 

Von einem säkularen Standpunkt aus, der die Theonomie der Moral nicht voraussetzt, mag das nicht nachvollziehbar sein. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Moralen sind Meinungen, deren Geltung sich aus der allgemeinen Übereinstimmung ergeben. Wenn man anfängt, nach Begründungen zu suchen, ist die Übereinstimmung schon zum Teufel und die Moral hat ihre Geltung verloren. 

 

Es gibt aber zumindest Grundüberzeugungen, auf die ziemlich allgemein aufgebaut wird, jedenfalls in unserem Kulturkreis. Etwa, dass man Menschen nicht schädigen soll, jedenfalls nicht ohne schwerwiegende Gründe.

 

Betrachten wir folgenden Fall: Es wird gesagt, dass es unmoralisch sei, Lebensmitteln einen bestimmten Stoff zuzusetzen.

Der Hinweis, dass dieser Stoff giftig ist, würde (von sehr speziellen Umständen abgesehen) allgemein als gute inhaltliche Begründung akzeptiert werden, warum es geächtet oder sogar juristisch verboten sein soll, den fraglichen Stoff in Lebensmitteln zu verwenden. Ein religiöser Mensch würde auch verstehen, wieso Gott so etwas verbieten würde.

 

Was aber, wenn es einfach hieße: "Autorität X sagt, dass das Hinzufügen des Stoffes zu Lebensmitteln unmoralisch ist." Wenn die Autorität X auch auf Nachfrage nur auf ihre eigene Autorität oder die Autorität von Y verweisen würde, würde man das wohl als schlechte, wenig überzeugende Begründung betrachten. Und der Hinweis, dass es so in der Bibel steht oder dass Papst Irgendwas das im Jahre 1103 gelehrt hat, würde vermutlich auch viele Katholiken nicht überzeugen, wenn es aus heutiger Sicht als unbegründbar erscheint.

 

Manches kann man eben auf moralische Prinzipien zurückführen, die den meisten Menschen als sinnvoll und einleuchtend erscheinen - und manches nicht.

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vor 57 Minuten schrieb Studiosus:

Von Rechtfertigung würde ich nicht sprechen. Die Kirche muss sich, wenn sie Gottes Gebote verkündet, nicht rechtfertigen. Das liege darauf hinaus, dass sich Gott selbst rechtfertigen müsste, und dass das nicht angeht, ist ja selbstevident.

 

Den Begriff "Rechtfertigung" habe ich gewählt, weil er mit schwächer erscheint als "Begründung". Klar, die Kirche muss keinen Grund für ihre Lehren und Entscheidungen nennen, sondern kann sich einfach auf ihre Autorität berufen. Sie muss dann aber halt damit rechnen, dass selbst viele gutwillige und grundsätzlich "offene" Menschen das nicht überzeugend finden. Wenn sie das möchte - ich hindere sie nicht! (Ich würde sie auch nicht hindern, wenn ich könnte.)

 

Davon abgesehen fällt mir aber auf, dass Du die Lehre der Kirche hier offenbar vollkommen mit dem Ratschluss Gottes identifizierst. Das wundert mich etwas, weil Du an anderer Stelle ja durchaus eingestehst, dass die Kirche sich ja durchaus auch schon geirrt hat. (Und zwar in Fragen, die man wohl seinerzeit durchaus als relevant und zum Glauben gehörend betrachtet hätte.)

Wenn man Gott nicht unterstellen will, dass er sich selbst irrt, würde daraus doch selbst aus konservativer Warte folgen, dass man die Stimme der Kirche nicht ohne Vorbehalt und vollständig mit der Stimme Gottes identifizieren kann.

bearbeitet von iskander
Schreibfehler korrigiert
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@iskander: ich kann nur von mir sprechen, aber mein Hauptverständnisproblem ist die Vermischung von Mythik und Philosophie zu einem zähen Gemisch, das nur jahrhundertelanges Durchwalken überhaupt zu einer Masse zusammenhält.

 

Der Schöpfungsbericht ist ein Mythos. Ursprünglich eine Erklärung wie die sichtbare Welt entstanden ist, heute eher eine Allegorie warum. Was dem Mythos meiner Meinung nach komplett fehlt ist die nachträglich in den Text hineingelegte philosophische Komponente der idealen Natur des Menschen. Der Zustand der ersten Menschen vor dem Sündenfall erscheint mir wenig "ideal", da er grundlegende Elemente des realen Menschseins - Vernunftgebrauch, Sexualität und Todesbewusstsein - nicht teilt. Auch das "Ideal" des Zaddik, das in den folgenden Büchern des AT beschrieben wird, hat mit den späteren philosophischen Ansätzen eher wenig zu tun. Der Zaddik ist einer, der "gerecht" handelt, wobei sich der Begriff von Noach bis Mose schon wandelt, im Levitikus und Deuterinominum seinen legalistischen Höhepunkt erreicht und über die übrigen Bücher bis zu den Prophetenbüchern eher wieder vor-sinaitische Schwerpunkte setzt.

 

Mit dem Zaddik, der in Gottesfurcht (auch ein Begriff über den man reden müsste) kann ich pers. sehr viel anfangen. Das Prinzip der Integrität, des Gemeinsinns und der Selbstsicht des vor Gott Armen ergibt für mich sehr viel Sinn. Vorallem sehr konkreten, diesseitsbezogenen Sinn.

 

Die im AT beschriebene "Natur des Menschen", sprich, wie er dargestellt und beschrieben wird, erscheint mir dagegen überzeitlich realistisch.

 

Dem Text einen Ansatz wie den von Kant oder den alten Griechen  überzustülpen oder ihn durch eine dieser Brillen zu lesen, passt für mich einfach nicht zusammen.

 

Das ist das eine.

 

Das andere ist der - völlig missverständliche weil mehfachbesetzte und nicht eindeutig definierte - Begriff des"Naturrechts". Als ich das erste Mal auf ihn stieß, war für mich eigentlich klar, daß es sich um ein "naturgegebenes" Recht sprich um anthropologische Konstanten, sich aus unserer Biologie ergebenden Gesetze handelt. Als philosophisches Konzept fehlt ihm - solange die Prämissen zu seiner Entwicklung nicht offen auf dem Tisch liegen - für mich nicht nur jede Nachvollziehbarkeit sondern auch jede "Autorität".

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vor 35 Minuten schrieb iskander:

Davon abgesehen fällt mir aber auf, dass Du die lehre der Kirche hier offenbar vollkommen mit dem Ratschluss Gottes identifizierst.

 

Nicht ohne Weiteres, nein. Ich denke man kann das nicht leichtfertig tun, die Lehre der Kirche friktionslos mit der Offenbarung Gottes gleichsetzen.  Zumindest nicht in jedem Falle. Es ist durchaus möglich zuzugestehen, dass es sich bei manchen Lehren der Kirche um theologische Konjekturen und um autoritative Interpretationen handelt. Das macht sie allerdings nicht weniger verbindlich. 

 

Dann gibt es - zumindest meiner Meinung nach - Lehren, die so unmittelbar und gewissermaßen fast ungefiltert der Offenbarung, in diesem Fall der Heiligen Schrift, entnommen sind, dass es mir persönlich schwerfällt, sie als kirchliche Lehren zu bezeichnen. Hier gibt die Kirche meiner Ansicht nach lediglich wieder, was Gott selbst gesprochen und angeordnet hat. Deshalb wird durch eine Kritik an diesen Teilen der Lehre auch nicht primär die Kirche getroffen, sondern Gott selbst, als deren Urheber, wird angeklagt. Da schlägt man also sozusagen auf das kirchliche Lehramt ein, will aber eigentlich Gott treffen. Das ist ein wenig das Dilemma zwischen der Botschaft und dem, der sie überbringt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 40 Minuten schrieb iskander:

Es gibt aber zumindest Grundüberzeugungen, auf die ziemlich allgemein aufgebaut wird, jedenfalls in unserem Kulturkreis. Etwa, dass man Menschen nicht schädigen soll, jedenfalls nicht ohne schwerwiegende Gründe.

 

Das ist eine nachträgliche Generalisierung - wobei "nicht ohne schwerwiegende Gründe" darüber hinaus ein weites Feld ist. ;)

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vor 10 Minuten schrieb Flo77:

Das andere ist der - völlig missverständliche weil mehfachbesetzte und nicht eindeutig definierte - Begriff des"Naturrechts". Als ich das erste Mal auf ihn stieß, war für mich eigentlich klar, daß es sich um ein "naturgegebenes" Recht sprich um anthropologische Konstanten, sich aus unserer Biologie ergebenden Gesetze handelt. Als philosophisches Konzept fehlt ihm - solange die Prämissen zu seiner Entwicklung nicht offen auf dem Tisch liegen - für mich nicht nur jede Nachvollziehbarkeit sondern auch jede "Autorität".

 

Ein Problem ist hierbei sicher auch, dass es gerade im Katholischen verschiedene "Naturrechtsbegriffe" gibt, die eigentlich kaum vereinbar sind. Der eine läuft auf eine Art Biologismus heraus, der andere nicht. Ich hatte die entsprechenden Äußerungen von Schockenhoff (teilweise) schon einmal zitiert, möchte es aber wieder tun:

 

"Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Formen. Das "Naturgemäße" kann nämlich einmal das sein, was die biologische Natur des Menschen betrifft. Eine einflussreiche Definition lautet "das Naturrecht ist das, was die Natur allen Lebewesen lehrt". Die andere Linie geht auf Aristoteles zurück: Das, was dem Menschen naturgemäß ist, ist eine Existenzweise gemäß der Vernunft. Damit kann man nicht einfach von der Biologie her Vorschriften für die naturgemäße Lebensführung des Menschen machen. [...]

Ja, die Kirche sagt, weil sie die Heilsbotschaft des Evangeliums verkünde, könne sie das Naturrecht in seinem ganzen Umfang authentisch erklären. Einerseits universal gültig, aber dort wo die universale Einsicht Lücken hat, reklamiert das Lehramt seine besondere Autorität, beides schließt sich aber aus. Gerade in der Sexualethik beruft das Lehramt sich stark auf seine eigene Autorität. [...] Ob man den Begriff Naturrecht überhaupt weiterverwenden soll, halte ich für sehr fraglich. Das erweckt sofort den Verdacht, die Kirche versuche hier unter dem Deckmantel allgemeiner Vernunfteinsicht spezifisch katholische Besonderheiten in die Ethik einzubringen. Deshalb sollte man lieber das, wofür das Naturrecht in der Vergangenheit stand, starkmachen: Nämlich eine Ethik, die am Gedanken der Menschenwürde und der Verantwortung orientiert ist und sich nicht auf partikuläre Traditionen stützt, sondern auf die Vernunfteinsicht des Menschen. Das war der Grundgedanke des Naturrechts, und das kann man entfalten, ohne dass man diese spezifische Begrifflichkeit verwendet."

https://www.katholisch.de/artikel/3432-das-lehramt-hat-sich-isoliert

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vor 20 Minuten schrieb Marcellinus:

Das ist eine nachträgliche Generalisierung [...]

 

Das weiß ich nicht und würde es bezweifeln - aber selbst wenn es so wäre, würde das ja nichts daran ändern, dass es eben Maximen gibt, die wohl fast jedem als einsichtig gelten, mit gewissen kulturellen Abweichungen und Anpassungen.

 

Man kann natürlich auch grundsätzlich nach der "Genese" von moralischen Überzeugungen fragen oder "metaethisch" auch nach ihrer eventuellen "Geltung". Das ist aber ein endloses Feld, und so "tief" wollte ich da gar nicht schürfen. Mir geht hier wirklich erst mal um die relativ einfache Tatsache, dass wir ein Gebot wie "Verabreiche das niemandem, es ist giftig" als besser begründet empfinden als die Aufforderung "Verabreiche das niemandem, einfach weil ich sage, dass Du das nicht tun sollst".
 

Zitat

 

- wobei "nicht ohne schwerwiegende Gründe" darüber hinaus ein weites Feld ist. ;)

 

 

Das stimmt - aber von Spezialfällen abgesehen wird man sich da wohl meistens einigen können. Ich hatte die Klausel dennoch hinzugefügt, weil sonst der nächste um die Ecke kommt und sagt, dass es eben doch sinnvoll sein kann, einem Lebensmittel eine moderat giftige Substanz zuzusetzen, wenn das die einzige Chance ist, unzählige Menschen vor dem Tod durch Krankheitserreger zu bewahren oder etwas ähnliches. Aber das ist wie gesagt nicht der Standard-Fall.

bearbeitet von iskander
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vor 17 Minuten schrieb iskander:

Nun ist der Artikel nicht nur 8 Jahre alt sondern auch noch von Schockenhoff, der 2012 den deutschen Ethikverrat unterstützt hat. Da war von vernunftgeleitetem Handeln mal gleich gar nichts zu spüren...

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De mortuis nil nisi bene. Aber ja, auch ich hatte meine Vorbehalte gegen Schockenhoff.

 

Unsere Hausgemeinschaft hatte um das Jahr 2009 herum die Ehre, ihn persönlich im Rahmen eines Schulungswochendes zum Thema Sexualität (neben Wunibald Müller) persönlich zu hören. Besonders katholisch oder gar religiös kamen mir seine moraltheologischen Einsichten schon damals nicht vor und dieser Ersteindruck hat sich bis zuletzt durchgetragen. 

 

Ich sollte erst später lernen, dass diese Veranstaltung sozusagen den Mainstream dieser Disziplin gut wiedergegeben hat. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 6 Stunden schrieb Studiosus:

Die Volkskirche, wie man sie kannte, ist jedenfalls tot. Und wird nicht wieder kommen. Man steht hier nur vor der Wahl, ob man das schnell oder langsam akzeptiert. 

Die Analyse teile ich.

Die Frage ist halt was als Konsequenz daraus folgt. Sich als kleines Grüppchen in die Kuschelecke zurück ziehen? 

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vor 4 Stunden schrieb Frank:

Die Analyse teile ich.

Die Frage ist halt was als Konsequenz daraus folgt. Sich als kleines Grüppchen in die Kuschelecke zurück ziehen? 

Oder sich dem Zeitgeist anbiedern und sich der Illusion hinzugeben, man sei gesellschaftlich noch relevant?

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