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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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vor 9 Minuten schrieb Moriz:

Selbstverständlich!

 

So selbstverständlich ist das nicht. Offenen Widerspruch zwischen Lehre und Praxis halte ich für eher kontraproduktiv. Man sollte leben, was man glaubt, und glauben, was man lebt. 

 

Dass es auch, im kirchlichen Recht ist das ja ganz augenfällig, auf dem Wege des klugen, aber nicht willkürlichen Einsatzes von Dispensen oder anderer Gnadenerweise möglich ist, schwierige Einzelfälle zu berücksichtigen, bestreite ich nicht. Allerdings, und das geht mir in der Diskussion etwas unter, kann die Kirche nur von ihrem eigenen Recht dispensieren, von rein kirchlichen Gesetzen. Das ius divinum ist außen vor. Und ich gehe nicht davon aus, dass die moralische Verurteilung praktizierter Homosexualität lediglich eine kirchliche Setzung darstellt. Davon ging bis vor Kurzem übrigens auch noch das Glaubensdikasterium aus, weshalb es - ähnlich wie bei der Frauenordination - die fehlende Vollmacht der Kirche in dieser Sache festgestellt hat. 

 

Aber die katholische Kirche wirft in den letzten Jahren ihre Prinzipien genauso schnell über Bord wie die Grünen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

 

 Das ius divinum ist außen vor.

Die bisher übliche Aufgeregtheit bei diesem Thema hat nichts mit ius divinum zu tun. Zivilisiert und respektvoll reden kann man mit jedem. 

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vor 1 Minute schrieb Studiosus:
vor 7 Minuten schrieb Moriz:

Selbstverständlich!

 

So selbstverständlich ist das nicht. Offenen Widerspruch zwischen Lehre und Praxis halte ich für eher kontraproduktiv. Man sollte leben, was man glaubt, und glauben, was man lebt. 

Aber wie begegnet du dann homosexuellen Partnerschaften oder neuen Partnerschaften nach gescheiterter Ehe?

 

Da sind Menschen die wollen in Liebe, Treue und gegenseitiger Verantwortung ihren weiteren Weg gemeinsam gehen.

Du kannst diese Partnerschaften nicht wegen dem Sex der in ihnen auch passiert verurteilen ohne das das gute darin mit in die Tonne zu treten.

 

Und plötzlich hast du eine Situation, der eine kongruenz zwischen Lehre und Praxis nicht so ohne weiteres zu bekommen ist.

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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Man sollte leben, was man glaubt, und glauben, was man lebt.

Da bin ich völlig mit Dir d'accord. Und ich bin mir sehr sicher, daß die allermeisten Katholiken das auch tun.

 

Der Punkt ist allerdings, daß die Menschen die Lehre von der Sündhaftigkeit der Sexualität in der Drastik wie sie die klassische Lehre vertritt eben nicht mehr teilt. Das moderne Sündenverständnis ist sehr viel "schadenorientierter" als das klassische. Wo kein Schaden, da keine Sünde.

 

Und deshalb hilft auch der Verweis auf das ewige Leben nicht wirklich, weil der "Schaden" nicht erlebt und so mit auch nicht theoretisch geglaubt wird.

 

Die schlechten Beichterfahrungen der Generation um 1960 hat dann dazu geführt, daß nachfolgende Generationen überhaupt nicht mehr dahin kommen, die Beichte als positiv zu erfahren. (Da nehme ich mich nicht aus. Für mich hat die Beichte keine positive Bedeutung und daß meine Kinder zur Erstbeichte gegangen sind, ist eher ein Wunder, denn mein Wunsch gewesen.)

 

Und etwas zu beichten, das man nicht als Sünde versteht, ergibt ohnehin keinen Sinn.

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Ich glaube, dass alle Kritiker des derzeitigen Kurses auch die menschlichen Bedürfnisse und bisweilen Tragödien sehen. Aber man kann, das bitte als Antwort auf die letzten Rückfragen, auch auf theologische Schieflagen hinweisen, wenn man die pastoralen Schwierigkeiten erkennt und respektiert. Nur rein auf die Situation der Einzelnen und deren Wünsche, ob berechtigt oder nicht, zu schauen, kann auch nicht das einzige Kritikerium sein (das meint auch nicht die schnell bemühte Rede von der salus anima, die in der Kirche das höchste Gesetz ist, nicht). Manchem Begehr sollte, wie gestern schon gesagt, gerade wegen dem Heil der Seelen nicht entsprochen werden. 

 

Und einfach so zu tun, als wohnten den Entwicklungen der letzten Jahre keine tiefgreifenden theologischen Probleme inne, heißt für mich, die Realität zu verweigern. Mein Gebrabbel ist sicher nicht maßgebend, aber auch deutlich klügere und etablierte Köpfe in der Kirche haben immer und immer wieder auf die allfälligen Probleme hingewiesen. 

 

Natürlich kann man wie der Vogelstrauß den Kopf in den Sand stecken und das alles an sich abprallen lassen. Man kann - und sollte das vielleicht sogar - sich auf die Position zurückziehen: Es hat den Segen von Papst und Kurie also sage ich nichts mehr dazu, sondern nehme gehorsam an. Das vermeidet für den Moment den Konflikt, aber es löst ihn nicht auf, es verzögert ihn nur. Ich bin überzeugt, dass all jene kritischen Anfragen, die jetzt durch Autorität beiseite gewischt werden, unweigerlich wieder hochkommen werden. Spätestens dann, wenn die katholische Kirche ähnlich der Anglikanischen Gemeinschaft am Rande der Zersplitterung steht. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 32 Minuten schrieb Studiosus:

Andererseits würde ich die Frage in den Raum stellen: Kann es eine Pastoral geben, die der Doktrin widerspricht? Und wenn sich die Praxis verändert, wer sagt, dass sich nicht - und sei es nur inoffiziell - auch die Doktrin im Windschatten der Pastoral ändert oder faktisch geändert hat?

Die Frage ist: Warum wäre das ein Problem? Welche negativen Konsequenzen hätte das Deiner Meinung nach?

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1 minute ago, Flo77 said:

Der Punkt ist allerdings, daß die Menschen die Lehre von der Sündhaftigkeit der Sexualität in der Drastik wie sie die klassische Lehre vertritt eben nicht mehr teilt. Das moderne Sündenverständnis ist sehr viel "schadenorientierter" als das klassische. Wo kein Schaden, da keine Sünde.


Ich frage mich, ob die Menschen diese „klassische Lehre“ je geteilt haben - was wir an Sozialgeschichte der Sexualität so kennen, waren vergangene Zeiten keinesfalls viel keuscher, es wurde halt der Lehre der Kirche als mächtiger Institution nicht widersprochen.

 

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Ob eine lediglich auf Schadensvermeidung hin ausgerichtete Ethik, eine Art moraltheologisches nihil nocere, mit dem Sündenverständnis, ob alt oder neu, der Kirche kompatibel ist, würde ich für mich mit einem Fragezeichen versehen. 

 

Was unterschiede eine solche Sittenlehre von anderen, säkularen Moralbegründungen und Verhaltensmaximen? Oder anders gefragt: Wozu braucht man Gott und sein Gesetz in einem solchen System noch, wenn es offensichtlich auch anders geht? Nehmen wir ihn, wie Laplace, aus unserem Modell heraus? 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Shubashi:


Ich frage mich, ob die Menschen diese „klassische Lehre“ je geteilt haben - was wir an Sozialgeschichte der Sexualität so kennen, waren vergangene Zeiten keinesfalls viel keuscher, es wurde halt der Lehre der Kirche als mächtiger Institution nicht widersprochen.

 

Leider wurde sie geteilt und das führte auch zu unendlich vielen vermeidbaren Tragödien, inbesondere hinsichtlich der ledigen Mütter.

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Und als Reaktion zu gestern: Ja, ich bin bitter. Das streite ich gar nicht ab. 

 

Es macht mir nichts aus, dass ich hier als Exot betrachtet werde, der irgendwie die große "Zeitenwende" verschlafen hat oder aus persönlicher Abneigung auf Papst und Rom einschlägt. Mit dieser Zuschreibung kann ich sehr gut leben. 

 

Ich für meinen Teil bin überzeugt, dass ich mit meinen Vorbehalten nicht so vereinsamt in der Kirche bin, wie manche das vielleicht annehmen. Unter dem Deckel der katholischen Kirche brodelt es. Wir erleben, so denke ich, erst den Anfang einer großen Auseinandersetzung darüber, wohin die Kirche sich entwickeln soll, was rote Linien sind, unter welchen Rahmenbedingungen kirchliche Gemeinschaft noch möglich sein wird. Bisher haben sich nur wenige hochrangige Kirchenvertreter mit offener Kritik aus der Deckung gewagt. Aber sie stehen wohl nicht nur für sich selbst, sondern artikulieren, was nicht wenige auch wahrnehmen. 

 

Wenn ich mich schon empöre, der in der Kirche weder Amt noch Stellung hat, dann will ich nicht wissen, welche Überlegungen diejenigen anstellen, denen Hirtensorge zufällt, und die geschworen haben, den Glauben der Kirche unvermindert zu bewahren. 

 

Was bisher hauptsächlich für eher progressive Gläubige und Amtsträger der Fall war, ist seit Längerem auch für Konservative zum Drahtseilakt geworden: Die Gemeinschaft mit der Kirche und dem Papst, diesem Papst, aufrecht zu erhalten. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 13 Minuten schrieb Shubashi:


Ich frage mich, ob die Menschen diese „klassische Lehre“ je geteilt haben - was wir an Sozialgeschichte der Sexualität so kennen, waren vergangene Zeiten keinesfalls viel keuscher, es wurde halt der Lehre der Kirche als mächtiger Institution nicht widersprochen.

 

Die Doktrin hatte allerdings gravierende Folgen für uneheliche Kinder und ihre Mütter, für die körperliche Unversehrtheit von Kindern (Kellog war Quäker, aber sein Hass auf die Lust hätte auch katholisch sein können) und für das Leben von - auf die Geschichte betrachtet - Millionen Homosexuellen.

 

Ich habe immer den Eindruck, als wären diese Folgen - die eben nicht nur das Seelenheil betrafen, sondern teilweise mit Gefahren für Leib und Leben verbunden waren/sind von den Verfechtern der Doktrin entweder bewusst in Kauf genommen/intendiert als Vorwegnahme der himmlischen Strafen oder es interessiert sie schlicht nicht.

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:

Die Doktrin hatte allerdings gravierende Folgen für uneheliche Kinder und ihre Mütter, für die körperliche Unversehrtheit von Kindern (Kellog war Quäker, aber sein Hass auf die Lust hätte auch katholisch sein können) und für das Leben von - auf die Geschichte betrachtet - Millionen Homosexuellen.

 

Ich habe immer den Eindruck, als wären diese Folgen - die eben nicht nur das Seelenheil betrafen, sondern teilweise mit Gefahren für Leib und Leben verbunden waren/sind von den Verfechtern der Doktrin entweder bewusst in Kauf genommen/intendiert als Vorwegnahme der himmlischen Strafen oder es interessiert sie schlicht nicht.

Korrekt. 

Und nicht zu vergessen, die Millionen illegaler Abtreibungen, die vor der Straffreiheit in den ersten 12 Wochen in Hinterhofpraxen und im Ausland vorgenommen wurden und die das Leben von Millionen von Frauen gefährdet haben.

Inwiefern sich die Kirche sich damit mitschuldig auch an der Verfolgung von Homosexuellen durch staatliche Gewalt gemacht hat, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

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vor 15 Minuten schrieb Studiosus:

Ob eine lediglich auf Schadensvermeidung hin ausgerichtete Ethik, eine Art moraltheologisches nihil nocere, mit dem Sündenverständnis, ob alt oder neu, der Kirche kompatibel ist, würde ich für mich mit einem Fragezeichen versehen.

Ehrlich gesagt, habe ich die Gebote Gottes immer als genau das verstanden: Schade Deinem Nächsten nicht und füge Dir selbst keinen Schaden zu.

 

Das ist meiner Meinung nach quasi die Quintessenz aus den Geboten 4-10, der Bergpredigt und z.B. der Zwei-Wege-Lehre.

 

Und dieses Gesetz Gottes ist tatsächlich jedem Menschen ins

Herz geschrieben - auch jenen, die Gott vielleicht nicht erkannt haben und dennoch seinen Willen tun. Jene, die Glauben erkennen Gottes Liebe zu den Menschen in diesem Gesetz ebenso wie sie ihre Liebe zu Gott darin ausdrücken.

 

Das - rein religiöse - Ritualgesetz, daß der Ewige an Israel gegeben hat, gilt für die Christenheit nunmal nicht.

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Ich denke, die verschiedenen argumentativen Zugänge, die hier zu Tage treten, bilden das grundsätzliche Dilemma ab: Eine Seite argumentiert nur oder hauptsächlich mit dem subjektiven Leid, das den von der katholischen Morallehre Beschwerten zugefügt wurde, andere, worunter ich mich auch zähle, argumentieren mit der klassischen Sittenlehre, mit den Rechten Gottes als Nomothet, mit der Theonomie der Moral. 

 

Eine gute Mischung wäre wohl wünschenswert. In der Mitte steht die Tugend, wie die Lateiner wissen. 

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Ehrlich gesagt, habe ich die Gebote Gottes immer als genau das verstanden: Schade Deinem Nächsten nicht und füge Dir selbst keinen Schaden zu.

 

Was ja auch eine legitime Positionierung ist. Ob sie identisch mit dem Verständnis der Kirche, über die Zeiten und heute, ist, wäre zu überprüfen, wenn man Wert auf Übereinstimmung mit der Kirche in jedem Punkt legt. Wenn das nicht der Fall ist, dann würde ich das auch niemandem vorwerfen, ich habe ja ganz offensichtlich auch meine Schwierigkeiten damit. 

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Es gibt so etwas wie den "stillen Tod" der Lehre durch eine Veränderung der Praxis. Und ich denke, das wissen auch alle Beteiligten. Wenn allerorten eine bestimmte Praxis gepflegt wird, dann interessiert es bald niemanden mehr, was in Nummer Dreitausendirgendwas eines Dokuments steht, das eh kaum jemand liest.

Was ist daran schlecht? Das ist das Normalste auf der Welt. Die christliche neutestamentliche Praxis ist der "stille Tod" der alttestamentlichen Praxis. Deshalb interessiert es auch niemanden mehr, was im alten Testament im Vers Nummer Dreitausendirgendwas dieses Dokumentes (z.B. über die Berufung zum Priesteramt) steht, das eh kaum jemand liest. Heute kommt niemand mit dem Argument, dass ein Priester ein Levit, genauer ein Sohn Aarons sein müsse. 

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Was ja auch eine legitime Positionierung ist. Ob sie identisch mit dem Verständnis der Kirche, über die Zeiten und heute, ist, wäre zu überprüfen, wenn man Wert auf Übereinstimmung mit der Kirche in jedem Punkt legt. Wenn das nicht der Fall ist, dann würde ich das auch niemandem vorwerfen, ich habe ja ganz offensichtlich auch meine Schwierigkeiten damit. 

Ob diese Position "legitim" ist, ist im Grunde gleich. Es ist meine (und vermutlich nicht nur meine).

 

Was das "Verständnis der Kirche über die Zeiten und heute" angeht sehe ich zwei Probleme. Das eine ist die Frage an welchem Punkt die "Sündenlisten" der Heiligen Schrift und der frühen Christen als "gesetztes Recht" (Wort vor Intention) aufgefasst wurden und nicht als "common law" (Intention vor Wort). Zumal das wohl auch mehrmals gewechselt hat. Um mal wieder das Sextum zu bemühen: von einer wörtlichen Bedeutung im Rahmen der Thora wurde es "ausgefaltet" bzw. interpretiert zu dem, was heute als katholische Sexuallehre existiert die dann wieder verabsolutiert wurde. Ich würde auch davon ausgehen, daß z.B. die Gebote der Thora tatsächlich erstmal nur so gemeint waren, wie sie da stehen. Daß diese Gebote dann auf verschiedene Art interpretiert werden konnten, zieht sich bis ins Neue Testament und bis heute in die Mitzwot.

 

Was den zweiten Punkt angeht: der Messias war ohne Zweifel von der nahen Parusie überzeugt. Kleiner Timingfehler, aber passiert, wenn der Mensch Göttliches verkündet.

 

Was war aber nun das Evangelium das er verkündet hat? Nimmt man zunächst mal nur die Texte, findet man vorallem viel Sozialkritik. Barmherzigkeit, Verantwortung, Mitmenschlichkeit - in Christi Ratschlägen wie man im Himmel Schätze anhäuft, scheint mir das der zentrale Punkt zu sein. Oder wie in der Bergpredigt referiert: biege ein Gesetz nicht so, daß es du es ad absurdum führst. Durch die Mitmenschlichkeit, die Barmherzigkeit, das gerechte Handeln sammelt man Schätze im Himmelreich, nicht durch das Einhalten formaler Regeln, sondern durch die Führung durch bestimmte Maßstäbe.

 

Darin ist durchaus die bittere Pille enthalten, daß dieser Weg natürlich seine Stolpersteine enthält, denn jeder Mensch - auch und gerade der Gerechte - sündigt 7x70x am Tag, wobei ich "sündigen" hier als gegen die Tugenden der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit und der Mitmenschlichkeit verstehe.

 

Darüber hinaus halte ich Jesus für keinen Systematiker. Im Gegenteil. Die Evangelisten haben das zwar versucht, aber wenn man sich die Widersprüche, Brüche, etc. ansieht, die sie offensichtlich nicht ausbügeln konnten, hatte Christus eine Vision bzw. eine Idee vom Reich Gottes und dem Weg dorthin die für den menschlichen Geist fassbar war, aber keine fertige Systematik. Seine Predigt erscheint mir - und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich der erste oder der einzige bin, der diesen Eindruck hat - vorallem situativ. Diese Flexibilität ist der Kirche definitiv abhanden gekommen (womit wir wieder bei Punkt 1 sind).

 

Ob die Kirche die Vollmacht hat(te) das Evangelium zu "interpretieren" und "auszufalten" wo die Weisungen Christi nicht genau genug waren? Mit Sicherheit.

 

Ist sie dabei auf der falschen Seite vom Pferd gefallen, als sie ihre Interpretationen als kodifiziertes Recht mit Ewigkeitsgarantie fixierte? Ich gehe davon aus.

bearbeitet von Flo77
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vor 43 Minuten schrieb Studiosus:

Ich denke, die verschiedenen argumentativen Zugänge, die hier zu Tage treten, bilden das grundsätzliche Dilemma ab: Eine Seite argumentiert nur oder hauptsächlich mit dem subjektiven Leid, das den von der katholischen Morallehre Beschwerten zugefügt wurde, andere, worunter ich mich auch zähle, argumentieren mit der klassischen Sittenlehre, mit den Rechten Gottes als Nomothet, mit der Theonomie der Moral.

Oh - wie Du meinem vorherigen Posting entnehmen kannst, zweifele ich Gott als den Urheber seines Gesetzes nicht an und erst recht nicht die Bedeutung seines Gesetzes für Ethik und Moral.

 

Ich stelle eher die Frage danach, was wahrhaftes Gesetz und was lediglich Ausführungsbestimmung ist...

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vor 32 Minuten schrieb Flo77:

Christus war ohne Zweifel von der nahen Parusie überzeugt.

 

Christus? Ich glaube das vertreten nicht einmal die neueren Exegeten. Hättest Du "Jesus von Nazareth als historische Person, wie sie aus den Evangelien rekonstruierbar ist, war ohne Zweifel von der nahen Parusie überzeugt", wäre eine zustimmungsfähigere Aussage. 

 

Dass Christus, der inkarnierte Gott-Logos unter Gebrauch der Fakultäten seiner göttlichen Natur seine eigene Wiederkunft nicht zeitlich einordnen konnte, halte ich für ausgeschlossen. Aber das ist eine Feinheit im Verständnis der Hypostatischen Union. Da hilft auch das Chalzedonense nur bedingt weiter. 

 

Und auch die Schrift, für sich genommen, ist hier weniger eindeutig. Zwischen Amen, ich komme bald und die Zeit lässt sich nicht in Äonen messen besteht ja eine auffallende Diskrepanz, die man entsprechend erklären muss. 

 

 

bearbeitet von Studiosus
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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

 

Christus? Ich glaube das vertreten nicht einmal die neueren Exegeten. Hättest Du "Jesus von Nazareth als historische Person, wie sie aus den Evangelien rekonstruierbar ist, war ohne Zweifel von der nahen Parusie überzeugt", wäre eine zustimmungsfähigere Aussage. 

 

Dass Christus, der inkarnierte Gott-Logos unter Gebrauch der Fakultäten seiner göttlichen Natur seine eigene Wiederkunft nicht zeitlich einordnen konnte, halte ich für ausgeschlossen. Aber das ist eine Feinheit im Verständnis der Hypostatischen Union.

Du bist so ein ...

 

Um des lieben Friedens Willen (wenngleich ich diese Form der Trennung in den Naturen für sehr fragwürdig halte...)

 

Wenn das allerdings das einzige ist, was Dir zu dem Posting einfäĺlt, nun ja.

bearbeitet von Flo77
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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Du bist so ein ...

 

Um des lieben Friedens Willen (wenngleich ich diese Form der Trennung in den Naturen für sehr fragwürdig halte...)

 

Naja, man sollte schon Farbe bekennen und das dann auch entsprechend durchhalten. Entweder man folgt der gängigen Unterscheidung von historischem Jesus und "Christus des Glaubens" oder eben nicht. 

 

Ich bin übrigens der Letzte, der jemanden auf dieses Modell verpflichten würde, da es in meinen Augen Schwachsinn ist. 

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vor 11 Minuten schrieb Flo77:

Wenn das allerdings das einzige ist, was Dir zu dem Posting einfäĺlt, nun ja.

 

Dazu fällt mir in der Tat nichts ein. Viele Gemeinplätze, durchmengt mit Versatzstücken der neueren neutestamentlichen Bibelwissenschaft. 

 

Ich sehe in deinen Darlegung alles, einen historischen Sozialreformer, einen lehrenden Rabbi, wie es derer viele zur Zeit Jesu gab usw. Was ich nicht sehe ist der Gottmensch, der in seiner Vollmacht auf dem Lehrstuhl des Mose sitzt und ein überzeitliches Gesetz verkündet. Das ist eben die Konsequenz, wenn man Jesus Christus, wie ihn die Kirche verkündet hat, in das historische Kontinuum der Exegeten hinab zieht und nicht mehr heraus lässt. 

bearbeitet von Studiosus
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