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Synodaler Weg - schon versperrt?


Jan_Duever

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Ich habe mir Gaudium et Spes jetzt durchgelesen (ich benutze die Übersetzung Rahner, Karl/Vorgrimmler, Herbert: Kleines Konzilskompendium 35. Auflage. Freiburg im Breisgau 2008)

 

Ich bin keine Theologin, und mein Wissen als Laie ist begrenzt, das vorneweg. Ich gehe da nur mit meinem (hoffentlich) gesunden Menschenverstand heran. Konzilsexperten und Theologen, die sich damit befassen, werden das weitaus besser können. Hier also meine Privatmeinung.

 

1. Zunächst einmal ist festzustellen, das Gaudium et Spes (GS) die Möglichkeit einer Veränderung des Lehramtes durch die „Zeichen der Zeit“ nicht erwähnt, in GS geht es um (welt-)gesellschaftliche Angelegenheiten.

 

Vielmehr habe ich folgendes gefunden:

 

„Von den Priestern aber dürfen die Laien Licht und geistliche Kraft erwarten. Sie mögen aber nicht meinen, ihre Seelsorger seien immer in dem Grade kompetent, daß sie in jeder, zuweilen auch schweren Frage, die gerade auftaucht, eine konkrete Lösung schon fertig haben könnten oder die Sendung dazu hätten. Die Laien selbst sollen vielmehr im Licht christlicher Weisheit und unter Berücksichtigung der Lehre des kirchlichen Lehramtes darin ihre Aufgabe wahrnehmen.“ (GS 43, Hervorhebung durch mich).

 

Daraus läßt sich folgern: Ausrichtung der Laien am Lehramt ist ein Ziel von GS und der Kirche, nicht Veränderung.

 

2. Rahner/Vorgrimmler nennen GS in ihrem Vorwort eine „pastorale Konstitution“ (Hervorhebung durch mich). Daraus läßt sich folgern: in GS, das die „Zeichen der Zeit“ erwähnt, geht es um seelsorgerische Belange, um die Verkündigung, um Predigten usw., die die „Zeichen der Zeit“ berücksichtigen, nicht um lehramtliche Belange.

 

3. Warum sollte man laut GS die „Zeichen der Zeit“ erkennen?

 

GS schreibt:

„So kann sie [die Kirche] dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben.“

 

Es geht in der Frage, was uns die Berücksichtigung der „Zeichen der Zeit“ nutzen sollen, nach meikner Lesart also auch hier um Seelsorge. Die Kirche soll eine Antwort auf den Sinn des Lebens je nach soziohistorischen Umständen finden.

 

4. Nehmen wir einmal an, man akzeptierte 1-3 nicht, so geht es dann um den m.E. wichtigsten Satz:

„Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“ (GS 4)

 

4.1 Zunächst einmal ist mir das Wort „allzeit“ aufgefallen. GS hat demnach die Berücksichtigung der „Zeichen der Zeit“ nicht neu eingeführt, sondern stellt (nach meiner Lesart) fest, dass die Kirche schon immer die „Zeichen der Zeit“ erforscht hat und dies auch bis in die Endzeit hin tun wird. (sicher gibt es dafür eine Fülle von Beispielen aus der Kirchengeschichte, der Gnostizismus war etwa ein solches „Zeichen der Zeit“, Häresien, die dann auf Konzilen geklärt wurden, die Reformation, auf die die Kirche mit dem Konzil von Trient reagiert hat, alles „Zeichen der Zeit“, positive säkulare Gesellschaftsentwicklungen wurden sicher auch „erforscht“)

 

4.2 Welches Vorgehen erschließt sich nach meiner Lesart aus dem in 4. zitierten Satz von GS?

 

Erster Schritt: die Kirche erforscht die „Zeichen der Zeit“

Zweiter Schritt: die Kirche beschließt, die „Zeichen der Zeit“ zu beurteilen.

Dritter Schritt: die Kirche wählt einen Beurteilungsmaßstab: das Evangelium (warum GS die Tradition nicht erwähnt, ist mir nicht klar, aber wir haben ja Dei Verbum, denke ich mir)

Vierter Schritt: die Kirche antwortet darauf, wie die „Zeichen der Zeit“ zu bewerten sind.

 

Übertragen auf das Beispiel der der Frauenweihe ließe sich das so rekonstruieren:

 

Erster Schritt: die Kirche nimmt in den 1970ern das „Zeichen der Zeit“ wahr, dass in der Anglikanischen Kirche die Frauenweihe eingeführt wird (1975) und dass auch katholische Frauen diese erlangen wollen.

Zweiter Schritt: die Kirche beschließt, die Frauenweihe zu beurteilen.

Dritter Schritt: die Kirche wählt das Evangelium als Beurteilungsmaßstab, hier wohl den Umstand, dass Jesus Christus nur Männer in die Apostelnachfolge berufen hat

Vierter Schritt: die Kirche antwortet darauf, wie das „Zeichen der Zeit“ (Frauen möchten zum Priester geweiht werden) zu bewerten ist. Das Ergebnis ist Inter insigniores.

 

GS besagt, dass die „Zeichen der Zeit“ im Licht des Evangeliums beurteilt werden und nicht, dass das Evangelium im Licht der „Zeichen der Zeit“ beurteilt wird.

 

5. Zum Schluss kann man noch folgende Stelle aus GS zitieren:

 

„Deshalb kann die Kirche Christi, obwohl sie im Vertrauen auf den Plan des Schöpfers anerkennt, daß der menschliche Fortschritt zum wahren Glück der Menschen zu dienen vermag, nicht davon absehen, das Wort des Apostels einzuschärfen: ‚Macht euch nicht dieser Welt gleichförmig.‘ (Röm 12,2)“

 

Die Zeichen der Zeit zu erforschen heißt also nicht zwangsläufig, sich ihnen anzupassen. Falls die „Zeichen der Zeit“ eine totaliäte Ideologie wäre, wäre das auch fatal für das Lehramt.

bearbeitet von Inge33
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vor 22 Minuten schrieb Inge33:

Falls die „Zeichen der Zeit“ eine totaliäte Ideologie wäre, wäre das auch fatal für das Lehramt.

 

Hängt davon ab, ob die totalitäre Ideologie der kath. Kirchen feindlich oder freundlich gesonnen ist. Beides hat es schon gegeben. In letzterem Fall hat die kath. Kirchen immer freudig mitgemacht. Ein Beispiel war im 20. Jh. Spanien unter Franco.

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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

 

In letzterem Fall hat die kath. Kirchen immer freudig mitgemacht.

Ich habe allein auf der Basis des Lehramtes argumentiert und unterscheide Rechtsnorm (Lehramt) von Rechtswirklichkeit.

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vor 31 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Hängt davon ab, ob die totalitäre Ideologie der kath. Kirchen feindlich oder freundlich gesonnen ist. Beides hat es schon gegeben. In letzterem Fall hat die kath. Kirchen immer freudig mitgemacht. Ein Beispiel war im 20. Jh. Spanien unter Franco.

 

Deswegen haben die Bischöfe Spaniens mit dieser Konstitution auch ihre Probleme gehabt.

 

Es scheint nie der Kirche gutzutun, wenn sie den Wünschen der jeweiligen nationalen Politik freudig folgt.

 

(obwohl … warte mal … viele obere ZdKler waren doch Politiker … und die gehören ja zu den Guten oder …)

bearbeitet von rorro
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vor 4 Minuten schrieb rorro:
vor 35 Minuten schrieb Marcellinus:

Hängt davon ab, ob die totalitäre Ideologie der kath. Kirchen feindlich oder freundlich gesonnen ist. Beides hat es schon gegeben. In letzterem Fall hat die kath. Kirchen immer freudig mitgemacht. Ein Beispiel war im 20. Jh. Spanien unter Franco.

 

Deswegen haben die Bischöfe Spaniens mit dieser Konstitution auch ihre Probleme gehabt.

 

Es scheint nie der Kirche gutzutun, wenn sie den Wünschen der jeweiligen nationalen Politik freudig folgt.

 

(obwohl … warte mal … viele obere ZdKler waren doch Politiker … und die gehören ja zu den Guten oder …)

 

Die kath. Kirche gäbe es nicht mehr, wäre nicht das Bündnis von Thron und Altar gewesen, von Konstantin bis heute. 

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vor 5 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Die kath. Kirche gäbe es nicht mehr, wäre nicht das Bündnis von Thron und Altar gewesen, von Konstantin bis heute. 

 

Ich dachte immer, Historiker neigen nicht zu Spekulationen.

 

Die katholische Kirche hat zu einem gewissen Teil (in meinen Augen noch zu wenig und außerhalb Europas eher als hier) gelernt, daß eine gesunde Distanz zu den Schaltstellen der politischen Macht ihr sehr gut tut.

 

Die Orthodoxie hat diese Lektion nicht einmal gelesen geschweige denn angewandt. Sie vermißt immer noch den Kaiser des Reiches.

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vor 3 Minuten schrieb rorro:

Ich dachte immer, Historiker neigen nicht zu Spekulationen.

 

Oh, "was wäre wenn" ist eine eigene historische Gattung, allerdings eher der Literatur als der Wissenschaft verwandt. :D

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Zitat

Erster Schritt: die Kirche nimmt in den 1970ern das „Zeichen der Zeit“ wahr, dass in der Anglikanischen Kirche die Frauenweihe eingeführt wird (1975) und dass auch katholische Frauen diese erlangen wollen.

Zweiter Schritt: die Kirche beschließt, die Frauenweihe zu beurteilen.

Dritter Schritt: die Kirche wählt das Evangelium als Beurteilungsmaßstab, hier wohl den Umstand, dass Jesus Christus nur Männer in die Apostelnachfolge berufen hat

Vierter Schritt: die Kirche antwortet darauf, wie das „Zeichen der Zeit“ (Frauen möchten zum Priester geweiht werden) zu bewerten ist. Das Ergebnis ist Inter insigniores.

 

 

Gut hergeleitet @Inge33.

Abgesehen von einem kleinen Detail: Die Annahme, dass die Berufung der Apostel eine bewusste Einsetzung des Priestertums war und die Auswahl der 12 Männer eine Aussage über den Ausschluss von Frauen ist, ist exegetisch und historisch hoch fraglich. 

 

Oder andersherum: Kann man aus der Tatsache, dass im Abendmahlsaal nur 12 jüdische (verheiratete) Männer unter 45 waren, schließen, dass nur unverheiratet Männer Priester werden können? 

Müsste man daraus nicht viel eher schließen, dass nur verheiratete jüdische Männer unter 45 die Kommunion empfangen können? 

 

Oder müsste man aus der Tatsache, dass die ersten Zeuginnen der Auferstehung Frauen waren, nicht logischerweise schließen, dass nur Frauen die Auferstehungsbotschaft verkündigen können? 

 

Das Problem der lehramtlichen Begründung des Ausschlusses von Frauen vom Priesteramt ist, dass ein Detail des Handelns Jesu in einer bestimmten Weise gedeutet wird und zur Begründung verwendet wird. Andere Verhaltensweisen bleiben unberücksichtigt. 

 

bearbeitet von laura
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vor 6 Minuten schrieb laura:

Oder müsste man aus der Tatsache, dass die ersten Zeuginnen der Auferstehung Frauen waren, nicht logischerweise schließen, dass nur Frauen die Auferstehungsbotschaft verkündigen können?

Nein. Zeuge wird man, indem man zufällig in der Nähe des Geschehens ist.  Aus einer Zeugeneigenschaft ergeben sich keine Vollmachten.

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vor 40 Minuten schrieb laura:

Das Problem der lehramtlichen Begründung des Ausschlusses von Frauen vom Priesteramt ist, dass ein Detail des Handelns Jesu in einer bestimmten Weise gedeutet wird und zur Begründung verwendet wird. Andere Verhaltensweisen bleiben unberücksichtigt. 

 

Danke für die Blumen.

Ich kann in die weitere Diskussion leider nicht einsteigen, ich habe die Herleitung der Männerweihe der Zeitnot wegen auch verkürzt dargestellt. Da muss man Inter Insigniores lesen.

Es ging ja um die Frage der "Zeichen der Zeit" und ob bzw. inwiefern diese einen Einfluss auf das Lehramt haben sollten.

bearbeitet von Inge33
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vor 4 Minuten schrieb Merkur:

Nein. Zeuge wird man, indem man zufällig in der Nähe des Geschehens ist.  Aus einer Zeugeneigenschaft ergeben sich keine Vollmachten.

Klar.

 

Aber wenn der Herr gewollt hätte, wäre es ihm doch ein leichtes gewesen, zuerst Männern zu erscheinen. Wenn er beim letzten Abendmahl so genau aufgepasst hat, dass keine Frau dabei gewesen ist, hätte er das doch wohl auch hinbekommen, oder? 

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vor 4 Minuten schrieb laura:

Klar.

 

Aber wenn der Herr gewollt hätte, wäre es ihm doch ein leichtes gewesen, zuerst Männern zu erscheinen. Wenn er beim letzten Abendmahl so genau aufgepasst hat, dass keine Frau dabei gewesen ist, hätte er das doch wohl auch hinbekommen, oder? 

Warum kommt es da auf die Reihenfolge an? Er ist dann später ja auch Männern erschienen. Die sollen dann nichts mehr verkündigen dürfen?

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vor 2 Minuten schrieb Merkur:

Warum kommt es da auf die Reihenfolge an? Er ist dann später ja auch Männern erschienen. Die sollen dann nichts mehr verkündigen dürfen?

Na ja. Aber es war doch sein eindeutiger Wille, dass Frauen prioritär verkündigen sollen. 

 

Klar ist die Argumentation Unfug. Aber nicht mehr und nicht weniger als die zur "Unmöglichkeit" der Weihe von Frauen. 

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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

Deswegen haben die Bischöfe Spaniens mit dieser Konstitution auch ihre Probleme gehabt.

 

Es scheint nie der Kirche gutzutun, wenn sie den Wünschen der jeweiligen nationalen Politik freudig folgt.

 

(obwohl … warte mal … viele obere ZdKler waren doch Politiker … und die gehören ja zu den Guten oder …)

Umgekehrt wird ein Schuh draus.

Die Kirche ist ganz schnell bereit, sich Politikern an den Hals zu werfen, die irgendwas unterstützen, was der klerikale Zeitgeist gerade besonders wichtig findet.

So kamen die Allianzen zwischen dem spanischen Episkopat und Franco oder auch dem amerikanischen Episkopat und den Republikanern (Thema Abtreibung) zustande. Da übersieht die Kirche dann gern mal auch sehr üble Eigenschaften ihrer Bundesgenossen.

Ratzinger hätte zum Beispiel mit jedem paktiert, der nur laut gegen eingetragene Partnerschaften oder gar Ehe für Homosexuelle gewettert hätte.

Um die vermeintliche „Wahrheit“ durchzusetzen, verbündet man sich auch mit dem Teufel, dafür gibt es zahllose Beispiele in der Kirchengeschichte.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 50 Minuten schrieb Werner001:

 

Um die vermeintliche „Wahrheit“ durchzusetzen, verbündet man sich auch mit dem Teufel, dafür gibt es zahllose Beispiele in der Kirchengeschichte.

 

Zum Beispiel US Katholiken, die Trump gaz toll finden, weil er gegen Abtreibung ist.....

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vor 3 Stunden schrieb Inge33:

Ich habe mir Gaudium et Spes jetzt durchgelesen (ich benutze die Übersetzung Rahner, Karl/Vorgrimmler, Herbert: Kleines Konzilskompendium 35. Auflage. Freiburg im Breisgau 2008)

 

Ich bin keine Theologin, und mein Wissen als Laie ist begrenzt, das vorneweg. Ich gehe da nur mit meinem (hoffentlich) gesunden Menschenverstand heran. Konzilsexperten und Theologen, die sich damit befassen, werden das weitaus besser können. Hier also meine Privatmeinung.

 

1. Zunächst einmal ist festzustellen, das Gaudium et Spes (GS) die Möglichkeit einer Veränderung des Lehramtes durch die „Zeichen der Zeit“ nicht erwähnt, in GS geht es um (welt-)gesellschaftliche Angelegenheiten.

 

Vielmehr habe ich folgendes gefunden:

 

„Von den Priestern aber dürfen die Laien Licht und geistliche Kraft erwarten. Sie mögen aber nicht meinen, ihre Seelsorger seien immer in dem Grade kompetent, daß sie in jeder, zuweilen auch schweren Frage, die gerade auftaucht, eine konkrete Lösung schon fertig haben könnten oder die Sendung dazu hätten. Die Laien selbst sollen vielmehr im Licht christlicher Weisheit und unter Berücksichtigung der Lehre des kirchlichen Lehramtes darin ihre Aufgabe wahrnehmen.“ (GS 43, Hervorhebung durch mich).

 

Daraus läßt sich folgern: Ausrichtung der Laien am Lehramt ist ein Ziel von GS und der Kirche, nicht Veränderung.

 

2. Rahner/Vorgrimmler nennen GS in ihrem Vorwort eine „pastorale Konstitution“ (Hervorhebung durch mich). Daraus läßt sich folgern: in GS, das die „Zeichen der Zeit“ erwähnt, geht es um seelsorgerische Belange, um die Verkündigung, um Predigten usw., die die „Zeichen der Zeit“ berücksichtigen, nicht um lehramtliche Belange.

 

3. Warum sollte man laut GS die „Zeichen der Zeit“ erkennen?

 

GS schreibt:

„So kann sie [die Kirche] dann in einer jeweils einer Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben.“

 

Es geht in der Frage, was uns die Berücksichtigung der „Zeichen der Zeit“ nutzen sollen, nach meikner Lesart also auch hier um Seelsorge. Die Kirche soll eine Antwort auf den Sinn des Lebens je nach soziohistorischen Umständen finden.

 

4. Nehmen wir einmal an, man akzeptierte 1-3 nicht, so geht es dann um den m.E. wichtigsten Satz:

„Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“ (GS 4)

 

4.1 Zunächst einmal ist mir das Wort „allzeit“ aufgefallen. GS hat demnach die Berücksichtigung der „Zeichen der Zeit“ nicht neu eingeführt, sondern stellt (nach meiner Lesart) fest, dass die Kirche schon immer die „Zeichen der Zeit“ erforscht hat und dies auch bis in die Endzeit hin tun wird. (sicher gibt es dafür eine Fülle von Beispielen aus der Kirchengeschichte, der Gnostizismus war etwa ein solches „Zeichen der Zeit“, Häresien, die dann auf Konzilen geklärt wurden, die Reformation, auf die die Kirche mit dem Konzil von Trient reagiert hat, alles „Zeichen der Zeit“, positive säkulare Gesellschaftsentwicklungen wurden sicher auch „erforscht“)

 

4.2 Welches Vorgehen erschließt sich nach meiner Lesart aus dem in 4. zitierten Satz von GS?

 

Erster Schritt: die Kirche erforscht die „Zeichen der Zeit“

Zweiter Schritt: die Kirche beschließt, die „Zeichen der Zeit“ zu beurteilen.

Dritter Schritt: die Kirche wählt einen Beurteilungsmaßstab: das Evangelium (warum GS die Tradition nicht erwähnt, ist mir nicht klar, aber wir haben ja Dei Verbum, denke ich mir)

Vierter Schritt: die Kirche antwortet darauf, wie die „Zeichen der Zeit“ zu bewerten sind.

 

Übertragen auf das Beispiel der der Frauenweihe ließe sich das so rekonstruieren:

 

Erster Schritt: die Kirche nimmt in den 1970ern das „Zeichen der Zeit“ wahr, dass in der Anglikanischen Kirche die Frauenweihe eingeführt wird (1975) und dass auch katholische Frauen diese erlangen wollen.

Zweiter Schritt: die Kirche beschließt, die Frauenweihe zu beurteilen.

Dritter Schritt: die Kirche wählt das Evangelium als Beurteilungsmaßstab, hier wohl den Umstand, dass Jesus Christus nur Männer in die Apostelnachfolge berufen hat

Vierter Schritt: die Kirche antwortet darauf, wie das „Zeichen der Zeit“ (Frauen möchten zum Priester geweiht werden) zu bewerten ist. Das Ergebnis ist Inter insigniores.

 

GS besagt, dass die „Zeichen der Zeit“ im Licht des Evangeliums beurteilt werden und nicht, dass das Evangelium im Licht der „Zeichen der Zeit“ beurteilt wird.

 

5. Zum Schluss kann man noch folgende Stelle aus GS zitieren:

 

„Deshalb kann die Kirche Christi, obwohl sie im Vertrauen auf den Plan des Schöpfers anerkennt, daß der menschliche Fortschritt zum wahren Glück der Menschen zu dienen vermag, nicht davon absehen, das Wort des Apostels einzuschärfen: ‚Macht euch nicht dieser Welt gleichförmig.‘ (Röm 12,2)“

 

Die Zeichen der Zeit zu erforschen heißt also nicht zwangsläufig, sich ihnen anzupassen. Falls die „Zeichen der Zeit“ eine totaliäte Ideologie wäre, wäre das auch fatal für das Lehramt.

Ich bin Altenpfleger und kein Theologe und suhl mich genauso in der Theologie, wie du - ohne Theologie studiert zu haben aber unter Anwendung meines (hoffentlich gesunden) Verstandes. Insofern haben wir da etwas gemeinsam.

 

Ich denke nicht das man Lehre, einerseits, und Seelsorge oder Pastoral, andererseits, so strikt von einander trennen kann. Das kann man ganz gut an den Segensfeiern Homosexueller Paare sehen. Was soll denn ein Seelsorger machen, wenn ein schwules oder lesbisches Paar vor ihm steht und den Segen für ihr gemeinsames Leben erbittet? Da sind Menschen die in Liebe ihren gemeinsam Lebensweg gehen wollen und dafür um Gottes Beistand bitten. Und diese Menschen sind nicht unbedingt so wenige (Zeichen der Zeit). Hätte Christus sie zurückgewiesen (Licht des Evangeliums)? Ich kann es mir nur schwer vorstellen.  Aber der Lehre folgend müsste der Seelsorger diese Menschen abweisen und den Segen verweigern.

 

"Ein Gesetz kann klüger sein als der Gesetzgeber" pflegte unsere Rechtskundelehrerin zu sagen. Vielleicht trifft das auch auf Konzilstexte zu. Vielleicht können auch Konzilstexte klüger sein als die Konzilsväter (wenn wirklich der Heilige Geist mitschreibt ist das sogar Wahrscheinlich). Es geht nämlich nicht darum sich der Welt anzugleichen. GS lehnt das zurecht ab. Auch tue das. Aber sind wir doch bitte ehrlich: Das Zeitgeist Argument ist doch nur ein Scheinargument (um das böse Wort "Nebelkerze" zu vermeiden).

"Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums lesen" ist viel mehr ein paulinisches "Prüfet alles. Das gute behaltet." Wenn die Lehre heute noch gut ist - gut, im Sinne von den Menschen dienend; gut, im Sinne von die Menschen zu Christus führend - wird man die überzeugenden Argumente dafür finden, findet man sie nicht: Warum an ihr fest halten?

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vor 13 Stunden schrieb Inge33:

Es gibt ja Arbeitsteilung in der Kirche. Sie hat auch einen langen Atem.

Die Kirche hat einen langen Atem – aber das nützt auch nicht viel, wenn die Kirchenmitglieder unterwegs ersticken, und das geht augenscheinlich gerade einigen so.

bearbeitet von o_aus_h
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vor 4 Stunden schrieb Inge33:

1. (…) Daraus läßt sich folgern: Ausrichtung der Laien am Lehramt ist ein Ziel von GS und der Kirche, nicht Veränderung.

 

(…)

 

4. Nehmen wir einmal an, man akzeptierte 1-3 nicht, so geht es dann um den m.E. wichtigsten Satz:

„Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“ (GS 4)

 

4.1 Zunächst einmal ist mir das Wort „allzeit“ aufgefallen. GS hat demnach die Berücksichtigung der „Zeichen der Zeit“ nicht neu eingeführt, sondern stellt (nach meiner Lesart) fest, dass die Kirche schon immer die „Zeichen der Zeit“ erforscht hat und dies auch bis in die Endzeit hin tun wird.

 

Ich bin an den beiden zitierten Stellen hängen geblieben, weil sie m.E. logische Kurz-Schlüsse enthalten, die die

Argumentation absurd werden lassen:

 

1.: Dass X ein(!) Ziel von GS sei, heißt nicht automatisch, dass es kein zweites Ziel geben könne, dass also Nicht-X automatisch ausgeschlossen ist.

4.1: Dass etwas schon zu allen Zeiten Pflicht der Kirche war, heißt (leider) nicht automatisch, dass die Kirche dies auch immer und jederzeit wirklich umgesetzt hat.

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vor 3 Stunden schrieb Merkur:

Nein. Zeuge wird man, indem man zufällig in der Nähe des Geschehens ist.  Aus einer Zeugeneigenschaft ergeben sich keine Vollmachten.

Aus einer reinen Zeugenschaft alleine vielleicht nicht, aber aus der Beauftragung „Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.“ (Mt 28,10 u.a.) schon.

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vor 21 Minuten schrieb Frank:

Was soll denn ein Seelsorger machen, wenn ein schwules oder lesbisches Paar vor ihm steht und den Segen für ihr gemeinsames Leben erbittet? Da sind Menschen die in Liebe ihren gemeinsam Lebensweg gehen wollen und dafür um Gottes Beistand bitten. Und diese Menschen sind nicht unbedingt so wenige (Zeichen der Zeit).

 

Dasselbe, was die Kirche denen sagt, die gerne einen Segen für ihre vierte Ehe hätten. Eine Ablehnung sagt nichts über die Gefühle der Beteiligten aus. Nur finde ich bspw. in der Hl. Schrift kein gutes Beispiel, wo sich Gott um menschliche Gefühle kümmert.

 

Außerdem habe ich nicht den Eindruck, dass derzeit dieser Segen erbeten wird - er wird eingefordert.

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vor 3 Stunden schrieb Merkur:

Warum kommt es da auf die Reihenfolge an? Er ist dann später ja auch Männern erschienen. Die sollen dann nichts mehr verkündigen dürfen?

Und aus der Geschichte mit Maria und Martha wissen wir, dass er auch mit Frauen am Tisch saß …

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vor 3 Stunden schrieb rorro:

Die katholische Kirche hat zu einem gewissen Teil (in meinen Augen noch zu wenig und außerhalb Europas eher als hier) gelernt, daß eine gesunde Distanz zu den Schaltstellen der politischen Macht ihr sehr gut tut.

 

Das wäre eine neue Deutung, warum römisch-katholische Bischöfe in den USA Pelosi und Biden nicht mehr zur Eucharistie zulassen wollen – es geht ausschließlich um eine gesunde Distanz zu den Schaltstellen der Macht.

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vor 8 Stunden schrieb o_aus_h:

 

Das wäre eine neue Deutung, warum römisch-katholische Bischöfe in den USA Pelosi und Biden nicht mehr zur Eucharistie zulassen wollen – es geht ausschließlich um eine gesunde Distanz zu den Schaltstellen der Macht.

Distanz der Kirche zur Macht, nicht Distanz Christi zu den Menschen

 

Werner

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vor 10 Stunden schrieb Frank:

Was soll denn ein Seelsorger machen, wenn ein schwules oder lesbisches Paar vor ihm steht und den Segen für ihr gemeinsames Leben erbittet? Da sind Menschen die in Liebe ihren gemeinsam Lebensweg gehen wollen und dafür um Gottes Beistand bitten. Und diese Menschen sind nicht unbedingt so wenige (Zeichen der Zeit). Hätte Christus sie zurückgewiesen (Licht des Evangeliums)? Ich kann es mir nur schwer vorstellen.  Aber der Lehre folgend müsste der Seelsorger diese Menschen abweisen und den Segen vverweigern.

 

Wenn er sich auf Jesus beruft, kann er sogar erstmal den Segen verweigern und wortreich erläutern, weshalb er keine Vollmacht habe, sie zu segnen.

Wenn sich das Paar aber nicht abweisen lässt und auf Segen beharrt, dann geht das nicht mehr.

Die Blaupause bildet Jesu Gespräch mit der syrophonizischen Frau, einer Heidin, die von ihm die Heilung ihrer Tochter erbittet. Jesus weißt sie zunächst ab. Er sei nicht für sie zuständig, er habe keinen Auftrag, ihr zu helfen. 

Aber die Frau gibt nicht auf, sie rechter gewissermaßen mit Jesus und am Ende tut Jesus, was sie sich von ihm erbat. 

Was reichte aus, dass Jesus seine Haltung änderte? Laut Evangelium schlicht der Glaube der Frau. Nachzulesen in Mt 15, 18 ff.

 

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