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Kopfbedeckung im Christentum


duesi

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Um es gleich vorweg zu sagen: Mir geht es hier nicht um das Islamthema. Deswegen bitte ich darum, diesen Aspekt hier auszublenden. Denn in der Bibel gibt es sehr deutliche Verse, dass die Frau sich als Zeichen der Unterordnung unter den Mann das Haupt bedecken soll. Mir geht es hier auch nicht darum, dafür zu plädieren, diese Verse sollten heute von Christen befolgt werden. Mit geht es darum, die christliche Kopftuchtradition einmal historisch zu beleuchten. Denn es ist noch keine 100 Jahre her, dass das Kopfbedeckung-Tragen für christliche Frauen nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall war. Es galt als ein Zeichen von Anstand. In der orthodoxen Kirche ist es heute noch Pflicht, dass Frauen in der Kirche ein Kopftuch tragen. Manche russlanddeutsche Gemeinden praktizieren diese Tradition immer noch. Bei meinen Eltern war es zu meinem Leidwesen ein riesen Streitpunkt. Mein Vater hat sich gewünscht, dass meine Mutter als Zeichen ihrer Unterordnung, wie es sich seiner Meinung nach für eine christliche Frau gehörte, zumindest zum Gebet eine Kopfbedeckung anziehen sollte. Meine Mutter empfand das als Symbol der Unterdrückung und war dazu nicht bereit. Mich wundert es aus diesem Erfahrungshorizont heraus sehr, dass Christen sich gerne so gerieren, als sei das Christentum der Inbegriff der Gleichberechtigung. Auch in der christlichen Bibel finden sich genügend Belegstellen, aus denen sich ein patriarchales Gesellschaftsmodell ableiten lässt. Nicht dass dies zwingend wäre. Aber dieses patriarchale Denken hat christliche Gesellschaften entscheidend mitgeprägt. Ein starkes Indiz dafür ist die weibliche Kopfbedeckung, die in allen traditionellen weiblichen Bekleidungen vorgeschrieben gewesen ist.

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Zum Kopftuch gibt es nur die eine Stelle. Aber Stellen, die historisch zur Rechtfertigung patriarchaler Strukturen herangezogen wurden, gibt es mehrere. 

 

Zur Befreiung vom Kopftuch durch kurze Haare muss man sich den Kontext vergegenwärtigen, dass Paulus eine Gesellschaft anspricht, in der kurzes Haar bei Frauen als Schande gilt. (Habe persönlich nichts gegen weibliche Kurzhaarfrisuren😊)

 

Tatsache ist, dass es kaum Abbildungen von Frauen im christlichen Kulturkreis vor dem Jahr 1900 gibt, in denen Frauen ohne Kopfbedeckung dargestellt sind.

bearbeitet von duesi
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Long John Silver

Das Tragen von Kopfbedeckungen bei Frauen findet man ueberall auf der Welt, meistens im Zusammenhang mit erfolgter Heirat (unter der Haube sein), als ich vor vielen Jahren in Griechenland war, hatten auf dem Land die meisten alten und aelteren Frauen Kopftuecher an und trugen schwarze (witwen)Kleidung. Ich glaube, diese kulturellen Dinge haben weniger mit der Religion zu tun als mit Sitten und Brauchtum. Lange Haare wegzubinden und zu Verdecken bei der Feldarbeit, bei der Hausarbeit istsowieso eine sehr vernuenftige Sache, Haare sind ausserdem ein Schmuckstueck und eine erotischer Anreiz und Signal.  Da kommt wohl mehrere Faktoren zusammen. Frueher trugen Frauen in der westlichen Welt auch Huete (Maenner auch), ist beides irgendwie aus der Mode gekommen.  Ich erinnere mich auch noch Zeiten, in der westliche Frauen oft Kopftuecher trugen, wenn es windig war oder einfach um ihre Frisur zu schuetzen. 

 

PS: ch finde uebrigens kurze Haare bei Frauen nicht prickelnd, aber da gehoert jetzt nicht hier her 😎

 

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Ich finde Bierbäuche, Nasenhaare, ungepflegte Nägel und Glatzen auch nicht attraktiv bei Männern, aber das gehört auch nicht hierher.

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vor einer Stunde schrieb nannyogg57:

Ich finde Bierbäuche, Nasenhaare, ungepflegte Nägel und Glatzen auch nicht attraktiv bei Männern, aber das gehört auch nicht hierher.

Im Prinzip doch.

 

Kleidungsvorschriften und Moden sind auch immer Komponenten des Spiels der Geschlechter. Der Islam hat das auf die Spitze getrieben indem er die Enthaarung des Schambereichs, die Zirkumzision, das Nägelreinigen und -schneiden zur quasi-religiösen Pflicht erhoben hat und auf der anderen Seite den Frauen die Verhüllung als Schutz vor der animalischen unkontrollierbaren Natur der Männer vorgeschrieben hat.

 

Bei uns war die Kopfbedeckung der Frauen entweder Schmuck (einen praktischen Zweck haben viele Hauben nicht mehr erfüllen können), Statussymbol (sowohl was den Wohlstand als auch was den Ehestand anging) oder praktische Notwendigkeit.

 

Allerdings: von einer christlichen "Verschleierungstradition" zu sprechen, halte ich für ziemlich gewagt. Zwar war die Kopfbedeckung noch bis weit nach WK2 üblich (übrigens für beide Geschlechter), ABER seit spätestens 1700 war der Begriff "Verschleierung" für den Kopfschmuck der Frauen wohl kaum noch verwendbar. Echte Schleier gab/gibt es nur noch zur Hochzeit und zur Beerdigung für die Witwen und nächsten Verwandten.

 

Was die patriarchalischen Strukturen (bei denen ich mir nie ganz sicher bin, ob die wirklich so patriarchalisch waren, wie es uns immer erzählt und verkauft wird) angeht, sehe ich die in der "christlichen" Mode eher weniger abgebildet.

bearbeitet von Flo77
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Klar - bei den Orden gelten andere Regeln aber da ging es ja auch um die Abkehr von der Welt. Maria Normalkatholikin stand allerdings damals (wie heute) üblicherweise bis zu den Knien in der Realität.

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Ich habe lange Haare, trage aber kein Kopftuch, Haube oder Hut. Die Haare trage ich ganz unspektakulär zum Zopf ala Greta, meiner ist aber viel länger. So lang, dass ich sie mit meiner Haarspange nicht mehr bequem fixieren kann, drum der Zopf. Ich mag offene Haare nicht, sie fliegen dann rum, das mag ich nicht. Ich habe mir schon überlegt, ob nicht Dreads eine Lösung sein könnten.

 

Erfahrung mit Kopfbedeckung habe ich zu Beginn meiner Gemeindesuche im freikirchlichen Bereich gemacht. Ich geriet in so einen Bibelclub, die waren schon etwas seltsam. Die erklärten mir, was alles falsch an katholischer Theologie sei. Als ich ihnen dann sagte, was sie kritisierten sei tatsächlich kritikwürdig, nur nicht katholische Position, meine man, das sehe ich selbstverständlich falsch. Was weiß ein Katholik, der ich damals noch war, schon von katholischer Theologie...

 

Das Beste kam zum Schluss. Da wurde dann gebetet. Meine Nachbarin  auf dem Sofa und die anderen Frauen legten sich  Kopftücher  um und ich fiel vor Schreck fast von der Sitzgelegenheit. Ich war derart irritiert, dass ich bei dem Gebet kein Wort herausbrachte. Dann kam der Höhepunkt: Der Pastor versicherte mir hinterher, dass ich sehrwohl etwas hätte sagen dürfen, man sei ja keine Brüdergemeinde, Frauen dürften in Anwesenheit von Männern durchaus laut Beten.

 

Ich bin da nicht mehr hingegangen.

 

Allerdings habe ich kein Problem mit beispielsweise Ruth Heil, die grundsätzlich nur mit Hut predigt. Erstens weil ihre Reden stets so kurzweilig und interessant sind und zweitens, weil sie diesen Hut trägt, weil sie das als Zeichen von 'behütet' trägt und drittens, weil das ihr Markenzeichen ist.

 

Im Jerusalemer Basar bin ich (ich war noch jung und knackig), als offensichtliche Touristin permanent dumm von der Seite angemacht worden. Eine Freundin aus der Jugendherberge gab mir dann den Tipp, es doch mal mit Kopftuch zu versuchen. Ich also am nächsten Tag, immer noch offensichtliche Touristin, aber mit einem Omakopftuch in den Basar. Und siehe da, es war Ruhe. Ich konnte ganz vernünftig einkaufen und schlendern, ich war unsichtbar. Nur wenn ich etwas wollte und von mir aus auf die Händler zuging, kam ich in Kontakt, wurde dann mit Respekt behandelt.

 

Das ist eine kulturelle Geschichte, die daher auch Abhängig vom Zeitgeist ist. So wie für Paulus eine Kurzhaarige Nanny ehrlos erscheinen mag, erscheint uns eine verschleierte Frau als unterdrückt. Doch in Jerusalem war das Kopftuch für mich eine Befreiung. Wenn eine Massai zuhause oben ohne rumläuft, dann ist das eine Sache, macht sie es in München, erregt sie öffentliches Ärgernis, zumindest Aufsehen. Und auch wenn FKK in den Isarauen noch ok ist, wenn ich unbekleidet in die Innenstadt gehe, dann kriege ich Ärger.

 

Im Freibad ist der Badeanzug in Ordnung, im Dom nicht. Auch wenn ich auf dem Oktoberfest ein sehr knappes Dirndl tragen kann, ein Bikini ist ein absolutes NoGo.

 

So hat jeder Ort seine Regel, jede Bekleidung seine Zeit.

 

Und jede Zeit seine Bekleidung, das ist dann Mode.

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Besonders pfiffig lösen übrigens manche (orthodoxe) jüdische Frauen das Gebot des Haarebedeckens: Nicht etwa mit einem Kopftuch oder Schleier, sondern mit einer Perücke (Scheitel). Diese sind teilweise sehr aufwendig und folgen der Mode. Hier hat man wahrlich aus der Not eine Tugend gemacht.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Besonders pfiffig lösen übrigens (orthodoxe) jüdische Frauen das Gebot des Haarebedeckens: Nicht etwa mit einem Kopdtuch oder Schleier, sondern mit einer Perücke. Diese sind teilweise sehr aufwendig und folgen der Mode. Hier hat man wahrlich aus der Not eine Tugend gemacht.

 

Wobei unter der Perücke häufig nichts ist, viele dieser Frauen haben den Kopf kahlgeschoren.

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vor 3 Minuten schrieb Studiosus:

Besonders pfiffig lösen übrigens manche (orthodoxe) jüdische Frauen das Gebot des Haarebedeckens: Nicht etwa mit einem Kopdtuch oder Schleier, sondern mit einer Perücke (Scheitel). Diese sind teilweise sehr aufwendig und folgen der Mode. Hier hat man wahrlich aus der Not eine Tugend gemacht.

 

Was sehr schön zeigt, daß es sich eben nicht um eine Mode handelt, sondern um einen religiös induzierten Zwang. 

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Long John Silver
vor 23 Stunden schrieb nannyogg57:

Ich finde Bierbäuche, Nasenhaare, ungepflegte Nägel und Glatzen auch nicht attraktiv bei Männern, aber das gehört auch nicht hierher.

 

Jetzt hast du es mir aber gegeben :-))))

 

Vielleicht ist es einfach schwer (in heutigen Zeiten) einfach mal schlicht ueber eine persoenliche Attraktion zu reden, ohne gleich irgendein Gemuet zu erhitzen :-))

 

Leute haben eben Geschmaecker und die sind unterschiedlich und zum Glueck auch gerade auf diesem Gebiet. Mir gefallen eben keine kurzgehobelten Haare bei Frauen,  mir gefallen auch keine duennen Frauen und keine blonden (auf der Ebene einer bestimmten Anziehungskraft, das hat nichts damit zu tun, ob diese Frauen schoen sind oder nicht). Frauen haben auch Kriterien (las ich doch neulich, dass die allermeisten Frauen Maenner bevorzugen, die groesser sind als sie selbst).  Es gibt auch welche, die auf Glatzen stehen, Brillertraeger erotisch finden oder auf Maenner, die 20 Jahre aelter sind als sie selbst. 

 

Haare sind wie gesagt ein optisches Signal bei Frauen (was sie wohl wissen, sonst wuerden sie nicht so ein enormes Getoese darum machen), so eine Art Radschlagen vom Pfau.  Ein Schmuck, der praesentiert werden will. Wie Flo77 sagte, ein wichtiger Aspekt im Spiel der Geschlechter.  Dass es eine christliche Verschleierung gibt und entsprechende Tradition, halte ich fuer eine abwegige These. Ob die oder jene kleine Gemeinschaft auf der Welt praeferiert, dass Frauen grundsaetzlich Kopftuecher tragen sollen beim Beten oder auch sonst) macht keine Aussage ueber das Christentum. Wie gesagt, hier geht es meistens um andere Aspekte als die Religion (Stand, praktische Erwaegungen). Dass Haare allerdings auch immer ein Signal waren fuer den Lebenswandel, stimmt, das ist aber auch heute noch so.  "Ordentlich" frisiert sein hatte stets Bedeutung und Signal wirkung, andererseits auch  mit Frisur zu experimentieren (Mode). 

 

 

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vor 9 Stunden schrieb Higgs Boson:

Wobei unter der Perücke häufig nichts ist, viele dieser Frauen haben den Kopf kahlgeschoren.

Meiner Erfahrung nach was das früher so. Die jüngere Generation schert sich nicht mehr die Haare.

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Am 12.10.2019 um 09:19 schrieb Flo77:

Allerdings: von einer christlichen "Verschleierungstradition" zu sprechen, halte ich für ziemlich gewagt. Zwar war die Kopfbedeckung noch bis weit nach WK2 üblich (übrigens für beide Geschlechter), ABER seit spätestens 1700 war der Begriff "Verschleierung" für den Kopfschmuck der Frauen wohl kaum noch verwendbar. Echte Schleier gab/gibt es nur noch zur Hochzeit und zur Beerdigung für die Witwen und nächsten Verwandten.

 

Wenn man die ganze Christenheit in den Blick nimmt (also auch den Osten und protestantische Bewegungen), ist es bis heute alles andere als gewagt, von dieser Tradition zu sprechen.

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Am 12.10.2019 um 14:17 schrieb gouvernante:

„Velatio“ ist allerdings im Blick auf die Frauenorden ein großes Thema gewesen.

 

Das musste ich erst mal googeln:

 

vēlātio = Erteilung des Schleiers

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