Jump to content

Die rechte Art, den Glauben zu verlieren


Alfons

Recommended Posts

vor 7 Stunden schrieb Higgs Boson:

 

 

 

Nun gibt es wenigstens einen Hauptautor des NT, der von sich behauptet, er sei Pharisäer, Paulus. Die Apostelgeschichte gibt ihm Gamaliel als Lehrer, was zweifelhaft ist, das passt mit den Lebensdaten nicht zusammen. Die sind in etwa gleichzeitig geboren und Paulus war mit ungefähr 25 raus. Wo er also gelernt hat bleibt im Dunkel, besonders bibelfest war er dabei nicht, ich gehen zu seinen Gunsten davon aus, dass er wirklich besten Willens war, alles richtig zu machen, aber nicht im Besitz eigener Schriften, sondern die griechischen aus dem Kopf zitiert hat, wobei er sich regelmäßig vertut.

 

 

 

Das ist ein Haufen von Behauptungen, die nun mal dem christlichen Bild von Paulus widersprechen. Warum sollten die Lebensdaten nicht zusammenpassen? Beide lebten ungefähr zur gleichen Zeit. Genau kennt man deren Geburtsjahre nicht. Da können locker mal 5-10 Jahre Unterschied gewesen sein. Er war ein gebildeter Pharisäer mit der für die Zeit typischen Vermischung von griechischer und hebräischer Kultur. Dass er wie auch die Evangelisten nach der Septuaginta zitiert, zeigt nur, dass die griechische Bibel damals eben die geläufigere Version war. Insofern sehe ich ihn als sehr bibelfest an. Das muss man ja auch an den Verhältnissen der damaligen Zeit messen: Wer kann schon so viele Texte aus dem Kopf zitieren? Schriftrollen waren damals teuer und nicht beliebig verfügbar! Von daher ist gerade Paulus mit seinen vielen Rückgriffen auf das Gesetz des AT für mich ein Gewährsmann, dass die christliche Auslegungstradition in der jüdischen wurzelt und beide sich gegenseitig als legitim ansehen müssen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 9 Stunden schrieb Marcellinus:

Ich will mich ja nicht unnötig einmischen, aber an der Tatsache, daß das Judentum als Religionsgemeinschaft ein paar Jahrhunderte älter ist als das Christentum, und damit das Christentum einen Teil der Traditionen und religiösen Schriften des Judentums für sich gekapert hat, will doch wohl niemand Zweifel anmelden, oder? 

So einfach ist das nicht - das Judentum um die Zeitenwende herum ist extrem heterogen: Auf der einen Seite ist es eine fast klassische Tempelopferreligion Vorderasiens, manche sehen am Anfang ein Götterpaar (JHWH und Aschera), aber sofern eine Göttin vorhanden war, verschwindet sie und es etabliert sich ein strikter Monotheismus (die die Existenz anderer Götter ablehnt), der von der Monolatrie (die die Verehrung anderer Götter verbietet) zu unterscheiden ist. Dieser Kult zentralisiert sich nach und nach auf Jerusalem. Hier sehen wir einen typische Opferkult, bei dem es um kultische Reinheit, nicht aber um moralische Innerlichkeit geht (ich vereinfache sehr). Zentraler Ort dieser Religion ist der Tempel.

Im babylonischen Exil und in der Zeit danach etabliert sich daneben eine Religion, die schriftbasiert ist. In deren Zentrum stehen Schriften und deren Auslegung, Gottesdienst ist die gemeinsame Schriftlesung, gesucht wird nach einer innerlichen Gottesbeziehung.  Zentraler Ort wird hier die Synagoge.

Um die Zeitenwende herum bleiben Synagoge und Tempel aufeinander bezogen, der Gott, der in den Schriften bezeugt wird, wird als derselbe Gott gesehen, der im Tempel in Jerusalem verehrt wird. Aber dieses synagogale Judentum ist alles andere als "fertig", es entsteht im babylonischen Exil (als es keinen Tempel gibt) und entwickelt sich - der Kanon der Schriften steht so wenig fest wie es eine festgelegte Ausbildung zum Rabbiner oder zum Pharisäer gibt. Eine große Zeit für Charismatiker, und vermutlich voll mit allem, was so eine Szene an beeindruckendem und erschreckendem zu bieten hat. 

Einer dieser Charismatiker ist Jesus von Nazareth, wenn man das NT als Quelle heranzieht, dann sieht man eine längere Predigttätigkeit in Galiläa, dem Herz dieses synagogalen Judentums, er wandert dann nach Jerusalem, ist vom Tempelbetrieb (der ja nun schlachthofähnliche Züge trug) erschreckt, randaliert im Tempel, wird hingerichtet und es bilden sich die Christen.  Auch zunächst eine Gruppe von vielen, die im Judentum durch die Gegend tingeln, in die Synagogen gehen und dort (wenn man sie lässt) predigen.

Nach der Zerstörung des Tempels kristallisieren sich sich aus der Erbmasse dann zwei Religionen heraus, die sich irgendwann gegen Ende des 1. Jahrhunderts klar voneinander trennen, das was wir heute als Judentum und Christentum kennen und die sich beide in viele verschiedenen Stränge aufteilen. Insofern haben die Christen nicht den Juden die Schriften quasi entwendet, sondern beide nehmen sie schlicht mit. Ein Jude von heute ist in vielem dem Christen von heute (so es denn "den Juden" oder "den Christen" gibt) weit näher als er einem Juden des 3. oder 4. Jahrhunderts vor ist.

  • Like 1
  • Thanks 1
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Stunden schrieb Chrysologus:

Ein Jude von heute ist in vielem dem Christen von heute (so es denn "den Juden" oder "den Christen" gibt) weit näher als er einem Juden des 3. oder 4. Jahrhunderts vor ist.

Paradoxerweise hat der heutige Katholizismus allerdings mehr mit dem Tempelkult gemeinsam als mit dem heutigen rabbinischen Judentum. Wir haben nur nicht mehr nur einen Tempel sondern derer unzählige und viele davon nicht nur mit einem sondern einer Vielzahl von Altären. Das ausgesonderte, sexualstoffabstinente Priestertum mit einem Opfer-zentrierten Gottesdienst hat - wenn man die offizielle Tradition glaubt - in der Katholika tatsächlich überlebt.

 

Zumal ich den Eindruck habe, daß die Interpretationen der Schrift unter den Rabbinern bei weitem nicht so eng gefasst sind wie in der Katholischen Lehre. Die verschiedenen Traditionen und Lesarten nebeneinander stehen zu lassen, scheint mir dort wesentlich einfacher.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 3 Stunden schrieb Chrysologus:

Nach der Zerstörung des Tempels kristallisieren sich sich aus der Erbmasse dann zwei Religionen heraus, die sich irgendwann gegen Ende des 1. Jahrhunderts klar voneinander trennen, das was wir heute als Judentum und Christentum kennen und die sich beide in viele verschiedenen Stränge aufteilen. Insofern haben die Christen nicht den Juden die Schriften quasi entwendet, sondern beide nehmen sie schlicht mit. Ein Jude von heute ist in vielem dem Christen von heute (so es denn "den Juden" oder "den Christen" gibt) weit näher als er einem Juden des 3. oder 4. Jahrhunderts vor ist.

 

Oh, da hast du eine schreckliche Geschichte aber ziemlich weichgespült!

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 7 Stunden schrieb Chrysologus:

Nach der Zerstörung des Tempels kristallisieren sich sich aus der Erbmasse dann zwei Religionen heraus, die sich irgendwann gegen Ende des 1. Jahrhunderts klar voneinander trennen, das was wir heute als Judentum und Christentum kennen und die sich beide in viele verschiedenen Stränge aufteilen. Insofern haben die Christen nicht den Juden die Schriften quasi entwendet, sondern beide nehmen sie schlicht mit. 

Vielleicht noch eine kleine Ergänzung: Mit Sicherheit war die Tempelzerstörung und die Eroberung Israels 70 n. Chr. durch die Römer DAS einschneidende Ereignis im Judentum zur damaligen Zeit, das in eine Vielzahl von verschiedenen Strömungen zersplittert war. Zeloten, Essener, Sadduzäer "überlebten" die einschneidenden religiösen Umwälzungen, von den politischen Ereignissen verursacht, nicht. Diese Gruppen "gingen unter."

 

Das "pharisäische Judentum überlebte ebenso wie die jüdische Gruppe der "Jesus-ist-der-Messias-Gläubigen". Im Matthäus- und Johannesevangelium kann man schon den Prozess der beginnenden Trennung beobachten. Alles spricht aber wohl dafür, dass wohl gegen Ende des 1. Jahrhunderts die Geschichte der Trennung begonnen hat, aber dieser Prozess sich insgesamt noch weit ins 2. Jahrhundert erstreckt hat. Mit lokal ganz unterschiedlichen "Ungleichzeitigkeiten".... 

 

Ich denke so viel lässt sich vom Quellenbefund her sagen: im 1. Jahrhundert von "Judentum" und  "Christentum" als im soziologischen Sinne zwei unterschiedlichen Religionen zu sprechen, ist historisch ein vollkommener Anachronismus und eine Rückprojektion aus heutiger Sicht in die damalige Zeit. Diese eine jüdische Trafition, dieses eine jüdische Erbe entwickelte sich nach und nach immer mehr auseinander in zwei Stränge, die aber beide bis auf den heutigen Tag demselben  jüdischen Erbe verpflichtet sind, den Schriften und den Propheten, wie dad NT nicht müde wird zu betonen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 12 Minuten schrieb Cosifantutti:

Diese eine jüdische Trafition, dieses eine jüdische Erbe entwickelte sich nach und nach immer mehr auseinander in zwei Stränge, die aber beide bis auf den heutigen Tag demselben  jüdischen Erbe verpflichtet sind, den Schriften und den Propheten, wie dad NT nicht müde wird zu betonen.

 

Ich halte das für einfach falsch! Die Christen sind 2000 Jahre lang nicht müde geworden, sich von der jüdischen Tradition zu distanzieren, und sich für das neue und vor allem das eigentliche „Volk Gottes“ zu erklären.

 

Da von einem „gemeinsamen jüdischen Erbe“ zu reden, scheint mir der Versuch, sich nachträglich aus der Verantwortung für Antijudaismus und Antisemitismus zu stehlen. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Man kann natürlich spätere Ereignisse in frühere Geschehen hinein projizieren, wenn einem das in den ideologischen Kram passt - man mag sich dabei ziemlich woke vorkommen, historisch ist das dann aber nicht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

Ich halte das für einfach falsch! Die Christen sind 2000 Jahre lang nicht müde geworden, sich von der jüdischen Tradition zu distanzieren, und sich für das neue und vor allem das eigentliche „Volk Gottes“ zu erklären.

 

Trotzdem baut das Christentum in einem wesentlichen Sinne auf dem jüdischen Erbe auf und kann auch gar nicht anders. Egal, wie schlecht man die Juden zeitweise behandelt hat oder wie sehr man meinte, sie als Volk Gottes zu ersetzen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 47 Minuten schrieb iskander:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Ich halte das für einfach falsch! Die Christen sind 2000 Jahre lang nicht müde geworden, sich von der jüdischen Tradition zu distanzieren, und sich für das neue und vor allem das eigentliche „Volk Gottes“ zu erklären.

 

Trotzdem baut das Christentum in einem wesentlichen Sinne auf dem jüdischen Erbe auf und kann auch gar nicht anders. Egal, wie schlecht man die Juden zeitweise behandelt hat oder wie sehr man meinte, sie als Volk Gottes zu ersetzen.

 

Ist das wirklich so? Das Judentum ist wesentlich eine Ethnie. Seine Traditionen bestehen nicht einfach aus biblischen Geschichten, sondern gehen weit darüber hinaus, die Beschneidung und die Speisegesetze, von denen das Verbot von Schweinefleische offenbar sogar älter ist als die jüdische Religion. 

 

Alles das hat das Christentum abgelegt. Einzig das, was wir heute als Altes Testament kennen, haben sie übernommen, und mit einer grundsätzlich anderen Deutung versehen, nämlich als veraltet oder überholt. Der Begriff Neues Testament verdeutlicht das noch, gewissermaßen die Idee des Ende eines alten Bundes und der Beginn eines neuen.

 

Ja, das Christentum baut auf dem Judentum auf, so wie es auch auf dem Heidentum „aufgebaut“ hat, indem es deren Tempel einriß und an der Stelle seine Kirchen baute. (Ja, ich weiß, dass die Römer den jüdischen Tempel eingerissen haben, aber ich denke, du verstehst das Bild)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 54 Minuten schrieb Marcellinus:

Alles das hat das Christentum abgelegt. Einzig das, was wir heute als Altes Testament kennen, haben sie übernommen, und mit einer grundsätzlich anderen Deutung versehen, nämlich als veraltet oder überholt. Der Begriff Neues Testament verdeutlicht das noch, gewissermaßen die Idee des Ende eines alten Bundes und der Beginn eines neuen.

 

Dass sich die Christen als Erben des Bundes sehen, stimmt sicher. Beim "Testament" dürfte es jedoch wirklich eher um das Alter gehen, denn auch das AT gilt nach wie vor als "Wort Gottes". Dass man das AT nun christlich liest, ist natürlich wahr. Trotzdem sind die Bezüge sicher stärker als im Fall des Heidentums.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Minuten schrieb iskander:
vor 59 Minuten schrieb Marcellinus:

Alles das hat das Christentum abgelegt. Einzig das, was wir heute als Altes Testament kennen, haben sie übernommen, und mit einer grundsätzlich anderen Deutung versehen, nämlich als veraltet oder überholt. Der Begriff Neues Testament verdeutlicht das noch, gewissermaßen die Idee des Ende eines alten Bundes und der Beginn eines neuen.

 

Dass sich die Christen als Erben des Bundes sehen, stimmt sicher. Beim "Testament" dürfte es jedoch wirklich eher um das Alter gehen, denn auch das AT gilt nach wie vor als "Wort Gottes". Dass man das AT nun christlich liest, ist natürlich wahr. Trotzdem sind die Bezüge sicher stärker als im Fall des Heidentums.

 

Oh, ja, die Bezüge sind stark zum Judentum, aber es sind Bezüge der Abgrenzung, Bezüge der Unterscheidung. Ich vergleiche das gern mit dem Verhältnis der Marxisten zum Frühsozialismus. Man hat zwar die gleiche Herkunft, aber vollkommen unterschiedliche Grundüberzeugungen, und zwar nicht unterschiedlich im Sinne von einfach nur anders, sondern im Sinne von entgegengesetzt. Die stärkste Gemeinsamkeit ist die gemeinsame und wechselseitige Abneigung. Was nach kurzer Zeit für den schwächeren Part, das Judentum, unangenehme Folgen hatte. 

 

Kleiner Hinweis noch zum Verhältnis von Christentum und Heidentum. Auch da gab es starke Bezüge, sozial vermutlich sogar stärkere als zum Judentum. Das sollte niemanden verwundern. Das Christentum ist in seinen ersten vierhundert Jahren wesentlich durch Konversion gewachsen. Die überwiegende Mehrzahl der Christen waren ursprünglich Heiden, und die brachten natürlich ihre Vorstellungen mit. Trotzdem liest man in den frühchristlichen Schriften als Bezüge zu den Heiden wesentlich Ablehnendes.

 

Die meisten dieser Schriften sind übrigens überliefert, im Unterschied zu den heidnischen Schriften auf die sie sich bezogen. Dreimal darfst du raten, warum. Nur beschäftigt sich heute keiner mehr damit, weil die Welt der Heiden untergegangen wurde. Das Judentum dagegen hat überlebt, und stellt für das Christentum daher bis heute eine ständige Herausforderung dar. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 21 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ich halte das für einfach falsch! Die Christen sind 2000 Jahre lang nicht müde geworden, sich von der jüdischen Tradition zu distanzieren, und sich für das neue und vor allem das eigentliche „Volk Gottes“ zu erklären.

 

Da von einem „gemeinsamen jüdischen Erbe“ zu reden, scheint mir der Versuch, sich nachträglich aus der Verantwortung für Antijudaismus und Antisemitismus zu stehlen. 

Ich beziehe mich auf die Gegenwart, auf die heutige Sichweise des Verhältnisses von Judentum und Christentum aus katholischer Perspektive.

 

Die Erklärung "Nostra Aetate" des 2. Vaticanums kann man wohl ohne Übertreibung als die "Kopernikanische Wende" im Selbstverständins der Katholischen Kirche und in der Verhältnisbestimmung zum Judentum bezeichnen: der Substitutionstheorie / Enterbungstheorie wurde eine entschiedene Absage erteilt.... 

 

Inzwischen sind wiederum 60 Jahre vergangen und das in "Nostra Aetate" grundsätzlich formulierte wurde theologisch weiter entfaltet.

 

In zahlreichen Dokumenten schriftlich festgehalten, kann der unvoreingenommene und interessierte Zeitgenosse diese Verhältnisbestimmung sehr bequem studieren und zur Kenntnis nehmen. 

 

Diese heutige katholische Sichtweise lässt sich sehr gut mit dem "gemeinsamen Erbe" von Judentum und Christentum" umschreiben, das im Christentum mit den Schriften des "AT" dokumentiert ist. 

 

Man muss dies selbstverständlich für falsch halten, wenn man in der "Geschichtsbetrachtung" der 2000 Jahre Christentum in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts endet und diese beschriebene "kopernikanische Wende" auf dem 2. Vaticanum und die 60 Jahre danach überhapt nicht zur Kenntnis nimmt.

 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor einer Stunde schrieb Cosifantutti:

Ich beziehe mich auf die Gegenwart, auf die heutige Sichweise des Verhältnisses von Judentum und Christentum aus katholischer Perspektive.

 

Ja, aber ich nicht, und in diesem Thread ging es bisher auch um etwas anderes. Was das Vat II betrifft, da ist ja wohl "umstritten" selbst nach 60 Jahren wohl keine Übertreibung. ;)

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Ja, aber ich nicht, und in diesem Thread ging es bisher auch um etwas anderes. Was das Vat II betrifft, da ist ja wohl "umstritten" selbst nach 60 Jahren wohl keine Übertreibung. ;)

In Bezug auf "Nostra Aetate" ist vom kirchlichen Lehramt hier - was das Verhältnis zum Judentum gegenwärtig betrifft - überhaupt nichts umstritten. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 26.1.2024 um 21:01 schrieb iskander:

 

Dass sich die Christen als Erben des Bundes sehen, stimmt sicher. Beim "Testament" dürfte es jedoch wirklich eher um das Alter gehen, denn auch das AT gilt nach wie vor als "Wort Gottes". Dass man das AT nun christlich liest, ist natürlich wahr. Trotzdem sind die Bezüge sicher stärker als im Fall des Heidentums.

Das Christentum ist die Idee eines jüdischen - nun ja - Intellektuellen (und ich meine nicht Jesus von Nazareth). Das ist erstmal nicht ignorierbar und für jene, die sich detaillierter damit beschäftigt haben war es im Grunde auch nie. Es war allerdings für viele ein permanenter Stein des Anstoßes, weil es immer noch Juden gab und gibt.

 

Es war schon ein Problem für Paulus,  daß er von seinen jüdischen Volksgenossen nicht akzeptiert wurde, obwohl er sich nichts mehr wünschte, als Israel vom Joch des Religionsgesetzes befreit zu sehen. Die Heiden spielten seine Lehren dann durch ihre philosophischen Brillen (ohne Religionsgesetz ist es schwierig davon befreit zu werden) and here we go.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 26.1.2024 um 21:15 schrieb Marcellinus:

Oh, ja, die Bezüge sind stark zum Judentum, aber es sind Bezüge der Abgrenzung, Bezüge der Unterscheidung.

 

Da ist sicher etwas daran. Gerade, wenn einem etwas nahesteht, ist es auch ein Konkurrent. Andererseits haben Juden auch über viele Jahrhunderte in der christlich geprägten Welt gelebt und überlebt. Bei all der Unterdrückung und teilweise Verfolgung, die es gab. Kein heidnischer Kult hatte, soweit ich im Bilde bin, dieses Glück.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 2 Minuten schrieb iskander:
Am 26.1.2024 um 21:15 schrieb Marcellinus:

Oh, ja, die Bezüge sind stark zum Judentum, aber es sind Bezüge der Abgrenzung, Bezüge der Unterscheidung.

 

Da ist sicher etwas daran. Gerade, wenn einem etwas nahesteht, ist es auch ein Konkurrent. Andererseits haben Juden auch über viele Jahrhunderte in der christlich geprägten Welt gelebt und überlebt. Bei all der Unterdrückung und teilweise Verfolgung, die es gab. Kein heidnischer Kult hatte, soweit ich im Bilde bin, dieses Glück.

 

Dafür mußten sie Schutzgeld zahlen, ohne im Extremfall wirklich geschützt zu sein. Ja, die römischen Christen haben alle heidnischen Kulte beseitigt, deren sie habhaft werden konnte, daneben auch alle christlichen Häresien. Nur das Judentum haben sie gewissermaßen "konserviert". Eine Erklärung, die Christen selbst dafür lieferten, war sie gewissermaßen als Beweis für den "Gottesmord" zu erhalten, als abschreckendes Beispiel also. 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 26.1.2024 um 09:47 schrieb Chrysologus:

So einfach ist das nicht - das Judentum um die Zeitenwende herum ist extrem heterogen: Auf der einen Seite ist es eine fast klassische Tempelopferreligion Vorderasiens, manche sehen am Anfang ein Götterpaar (JHWH und Aschera), aber sofern eine Göttin vorhanden war, verschwindet sie und es etabliert sich ein strikter Monotheismus (die die Existenz anderer Götter ablehnt), der von der Monolatrie (die die Verehrung anderer Götter verbietet) zu unterscheiden ist. Dieser Kult zentralisiert sich nach und nach auf Jerusalem. Hier sehen wir einen typische Opferkult, bei dem es um kultische Reinheit, nicht aber um moralische Innerlichkeit geht (ich vereinfache sehr). Zentraler Ort dieser Religion ist der Tempel.

Im babylonischen Exil und in der Zeit danach etabliert sich daneben eine Religion, die schriftbasiert ist. In deren Zentrum stehen Schriften und deren Auslegung, Gottesdienst ist die gemeinsame Schriftlesung, gesucht wird nach einer innerlichen Gottesbeziehung.  Zentraler Ort wird hier die Synagoge.

Um die Zeitenwende herum bleiben Synagoge und Tempel aufeinander bezogen, der Gott, der in den Schriften bezeugt wird, wird als derselbe Gott gesehen, der im Tempel in Jerusalem verehrt wird. Aber dieses synagogale Judentum ist alles andere als "fertig", es entsteht im babylonischen Exil (als es keinen Tempel gibt) und entwickelt sich - der Kanon der Schriften steht so wenig fest wie es eine festgelegte Ausbildung zum Rabbiner oder zum Pharisäer gibt. Eine große Zeit für Charismatiker, und vermutlich voll mit allem, was so eine Szene an beeindruckendem und erschreckendem zu bieten hat. 

Einer dieser Charismatiker ist Jesus von Nazareth, wenn man das NT als Quelle heranzieht, dann sieht man eine längere Predigttätigkeit in Galiläa, dem Herz dieses synagogalen Judentums, er wandert dann nach Jerusalem, ist vom Tempelbetrieb (der ja nun schlachthofähnliche Züge trug) erschreckt, randaliert im Tempel, wird hingerichtet und es bilden sich die Christen.  Auch zunächst eine Gruppe von vielen, die im Judentum durch die Gegend tingeln, in die Synagogen gehen und dort (wenn man sie lässt) predigen.

Nach der Zerstörung des Tempels kristallisieren sich sich aus der Erbmasse dann zwei Religionen heraus, die sich irgendwann gegen Ende des 1. Jahrhunderts klar voneinander trennen, das was wir heute als Judentum und Christentum kennen und die sich beide in viele verschiedenen Stränge aufteilen. Insofern haben die Christen nicht den Juden die Schriften quasi entwendet, sondern beide nehmen sie schlicht mit. Ein Jude von heute ist in vielem dem Christen von heute (so es denn "den Juden" oder "den Christen" gibt) weit näher als er einem Juden des 3. oder 4. Jahrhunderts vor ist.

 

Mir fehlt bei Deiner Geschichtsschreibung jetzt zur Rettung zeitgleicher Tradition noch die Story, wie das junge Christentum an dem Kanon der Septuaginta gebaut hat.

 

Das könnte schwierig werden, denn den hat es vorgefunden. Kanonbildung ist aber eine Leistung aus einer Tradition heraus - der neutestamentliche Kanon ist ebenfalls eine Teilleistung der Tradition. Jedenfalls gehöre ich nicht zu der Fraktion, die behauptet, die gesamte griechische Septuaginta wäre eine christliche Erfindung und Fälschung. Ja, diese Behauptung habe ich auch schon gehört...

 

Aber so zu tun, als habe sich das rabbinische Judentum nach der Zerstörung des Tempels komplett neu und parallel zum Christen neu erfunden, ist zwar ein praktisches katholisches Narrativ, aber nicht richtig. Und lustigerweise sind einige Stellen im NT und die Ablehnung des Christentums, in diese Tradition einzutreten ein Beleg dafür. Stattdessen wird immer wiederholt, das Judentum zur Zeit Jesu habe mit dem von heute fast nix gemein. Für die Sadduzäer, Essener  und den ganzen Tempelkult stimmte das ja auch, das bestreitet ja keiner.

 

Ich verrate Dir mal was: Das Christentum von heute hat recht wenig mit dem kurz nach dem Platzen der Jesusblase durch seinen Tod gemein. Das war ein Apokalyptischer Haufen, mit tatsächlich mehr Gemeinsamkeiten mit den ZJ in deren Anfangsjahren. Man kann an denen ziemlich gut sehen, wie sich ein Glaubenssystem entwickelt, dessen Prophezeiungen einfach nicht in Erfüllung gehen. Und auch sie haben alle Traditionen des Christentums verworfen (außer dem Kanon), müssen ihre eigenen Traditionen entwickeln und sind gerade dabei allerlei über Bord zu werfen. Immer heimlich Stück für Stück, damit es keinem auffällt. Ich gebe denen noch 100 Jahre, dann sind sie eine ganz normale Religion und vermutlich auch keine Sekte im Sinne eines destruktiven Kults mehr.

 

Während das junge Christentum sich was Tradition anging erstmal fangen und eine Identität zulegen musste, konnte das Judentum auf Tradtionen zurückgreifen. Traditionen speziell der jüdischen Untergruppe, zu denen der Christliche Namensgeber gehörte und deren Herzschlag man ganz bewusst und absichtlich bekämpfte - aus möglicherweise sogar ganz verständlichen Gründen, um eben eine eigene Identität entwickeln zu können.

 

Und selbstverständlich hat sich das Judentum genauso wie das Christentum weiterentwickelt, wäre ja schlimm, wenn dem nicht so wäre.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 26.1.2024 um 09:21 schrieb Katholikos:

 

Das ist ein Haufen von Behauptungen, die nun mal dem christlichen Bild von Paulus widersprechen. Warum sollten die Lebensdaten nicht zusammenpassen? Beide lebten ungefähr zur gleichen Zeit. Genau kennt man deren Geburtsjahre nicht. Da können locker mal 5-10 Jahre Unterschied gewesen sein. Er war ein gebildeter Pharisäer mit der für die Zeit typischen Vermischung von griechischer und hebräischer Kultur. Dass er wie auch die Evangelisten nach der Septuaginta zitiert, zeigt nur, dass die griechische Bibel damals eben die geläufigere Version war. Insofern sehe ich ihn als sehr bibelfest an. Das muss man ja auch an den Verhältnissen der damaligen Zeit messen: Wer kann schon so viele Texte aus dem Kopf zitieren? Schriftrollen waren damals teuer und nicht beliebig verfügbar! Von daher ist gerade Paulus mit seinen vielen Rückgriffen auf das Gesetz des AT für mich ein Gewährsmann, dass die christliche Auslegungstradition in der jüdischen wurzelt und beide sich gegenseitig als legitim ansehen müssen.

 

 

Was meinst wie das klingen würde, würde Paulus bei Gamaliel gelernt haben? Er würde es in jedem Brief erwähnen, in jedem. Bescheidenheit war an dem Punkt nicht gerade seine Tugend. Die Paulusbriefe wurden um die Zeit von Gamaliel geschrieben, hätte er behauptet (HAT ER NICHT!), sein Schüler gewesen zu sein, hätte es Zeitzeugen gegeben, die das in Frage stellen konnten. Der Verfasser der Apostelgeschichte schreibt in einem Abstand von einigen Jahrzehnten nach Gamaliels Tod - eine ungefährliche Behauptung. Es ist keiner da, der dem widersprechen kann.

 

Aber das ist nicht entscheidend, ich halte die Gamalielgeschichte nur für sehr unwahrscheinlich.

 

Paulus ist Zeltmacher mit Schriftausbildung. Jedenfalls kein reiner Gelehrter. Da ist er auch ziemlich stolz darauf. Da er in der Diasporajude ist, ist Griechisch seine Sprache und selbstverständlich ist für ihn die griechische Version die geläufigere. So wie für dich vermutlich die Einheitsübersetzung.

 

Aber weder die eine noch die andere ist das 'Original'. Beides sind Übersetzungen, und beide sind ungenau, die Probleme sind bekannt. Und weil er aus dem Gedächtnis zitiert vertut er sich, weil er die nicht sooooo fit war, wie er immer angibt. Sollte er sich richtig erinnert haben, so muss man ihm Böswilligkeit unterstellen.

 

Falls Du dafür Beispiele brauchst, kann ich Dir nach dem Tanzkreis* das gerne auseinanderlegen.

 

Aber ich habe jetzt ein Date mit Tango und Rumba 🙂

 

 

* Fertig mit dem ADTV-Tanzprogramm auf Goldstar 2 und stolz drauf 💃🕺

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 4 Stunden schrieb Flo77:

Das Christentum ist die Idee eines jüdischen - nun ja - Intellektuellen (und ich meine nicht Jesus von Nazareth). Das ist erstmal nicht ignorierbar und für jene, die sich detaillierter damit beschäftigt haben war es im Grunde auch nie. Es war allerdings für viele ein permanenter Stein des Anstoßes, weil es immer noch Juden gab und gibt.

 

Es war schon ein Problem für Paulus,  daß er von seinen jüdischen Volksgenossen nicht akzeptiert wurde, obwohl er sich nichts mehr wünschte, als Israel vom Joch des Religionsgesetzes befreit zu sehen. Die Heiden spielten seine Lehren dann durch ihre philosophischen Brillen (ohne Religionsgesetz ist es schwierig davon befreit zu werden) and here we go.

Man darf den Einfluss von Paulus wiederum auch nicht überschätzen. 

 

Natürlich war der Verzicht auf Beschneidung der "Heiden" und der Verzicht für getaufte "Heiden" die jüdischen Ritualgesetze einzuhalten  die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Missionierung des "Völkerapostels" unter den "Heiden"...

 

Die Theologie des Paulus ist in seinen Briefen gut dokumentiert. 

 

Für mich stellen aber die Evangelien - alle geschrieben in der Zeit nach dem Tod von Paulus - immer auch eine Ergänzung, ( nachträgliche ) "Korrektur" zu einer vielleicht sehr einseitigen Paulus-Interpretation dar. Eindrucksvoll hier das Matthäusevangelium und auf seine Weise auch das Johannes-Evangelium.... wichtig auch als Ergänzung / Korrektur der paulinischen Theologie: Jakobusbrief, Offenbarung des Johannes.

 

Der NT-Kanon spiegelt doch eine viel größere Weite der "Jesus-Rezeption" wieder als eine rein einseitige Paulus-Rezeption. 

 

Zudem kann man -was die Bedeutung und Einordnung der  der Theologie des Paulus angeht - wohl auch Unterschiede in der katholischen und protestantischen Rezeption feststellen.....

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 3 Stunden schrieb Higgs Boson:

Was meinst wie das klingen würde, würde Paulus bei Gamaliel gelernt haben? Er würde es in jedem Brief erwähnen, in jedem.

 

Kanntest Du ihn persönlich? Privatoffenbarung?

 

Zitat

Die Paulusbriefe wurden um die Zeit von Gamaliel geschrieben, hätte er behauptet (HAT ER NICHT!), sein Schüler gewesen zu sein, hätte es Zeitzeugen gegeben, die das in Frage stellen konnten.

 

Lukas zitiert ihn mit dieser Behauptung. So argumentierend kann man auch sagen, David hätte nie was gesagt - er wird ja nur zitiert.

 

Zitat

Der Verfasser der Apostelgeschichte schreibt in einem Abstand von einigen Jahrzehnten nach Gamaliels Tod - eine ungefährliche Behauptung. Es ist keiner da, der dem widersprechen kann.

 

Das ist keine logische Folge, da es Zeugen geben könnte, die dem widersprechen konnten.

 

Zitat

Paulus ist Zeltmacher mit Schriftausbildung. Jedenfalls kein reiner Gelehrter. Da ist er auch ziemlich stolz darauf. Da er in der Diasporajude ist, ist Griechisch seine Sprache und selbstverständlich ist für ihn die griechische Version die geläufigere. So wie für dich vermutlich die Einheitsübersetzung.

 

Soweit so zustimmend.

 

Zitat

Aber weder die eine noch die andere ist das 'Original'.

 

Haben wir denn das Original(TM)? Die Textüberlieferung des Tanach ist ja alles andere als einförmig, der Kanon ebensowenig...

 

Zitat

Der älteste Beides sind Übersetzungen, und beide sind ungenau, die Probleme sind bekannt.

 

Übersetzungen sind immer ungenau, nur ohne Original kann man das gar nicht genau qualifizieren ...
 

Zitat

Aber ich habe jetzt ein Date mit Tango und Rumba 🙂

 

 

* Fertig mit dem ADTV-Tanzprogramm auf Goldstar 2 und stolz drauf 💃🕺 

 

 

Ich habe meine Frau beim Salsa-Tanzen kennengelernt, Du hast daher meine volle Sympathie.

bearbeitet von rorro
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 50 Minuten schrieb Cosifantutti:

Man darf den Einfluss von Paulus wiederum auch nicht überschätzen. 

 

Natürlich war der Verzicht auf Beschneidung der "Heiden" und der Verzicht für getaufte "Heiden" die jüdischen Ritualgesetze einzuhalten  die entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Missionierung des "Völkerapostels" unter den "Heiden"...

 

Die Theologie des Paulus ist in seinen Briefen gut dokumentiert. 

 

Für mich stellen aber die Evangelien - alle geschrieben in der Zeit nach dem Tod von Paulus - immer auch eine Ergänzung, ( nachträgliche ) "Korrektur" zu einer vielleicht sehr einseitigen Paulus-Interpretation dar. Eindrucksvoll hier das Matthäusevangelium und auf seine Weise auch das Johannes-Evangelium.... wichtig auch als Ergänzung / Korrektur der paulinischen Theologie: Jakobusbrief, Offenbarung des Johannes.

 

Der NT-Kanon spiegelt doch eine viel größere Weite der "Jesus-Rezeption" wieder als eine rein einseitige Paulus-Rezeption. 

 

Zudem kann man -was die Bedeutung und Einordnung der  der Theologie des Paulus angeht - wohl auch Unterschiede in der katholischen und protestantischen Rezeption feststellen.....

 

Ich persönlich finde diese "Paulus hat das Christentum erfunden"- These irgendwie sehr 20. Jahrhundert. In welchem international(!) anerkannten theologischen Journal wird das denn heute noch behauptet?

 

Die Schiften sind ja nicht in der Bibel gelandet, weil man eine Glaubensanleitung suchte, sondern weil sie den Glauben der verstreuten Kirche repräsentierte.

 

Wenn diese Paulusbriefe nur dort Relevanz erfahren hätte, wo er selbst auch gewirkt und Kirchen gegründet hatte, also vornehmlich Greichenland und Kleinasien, dann hätte diese These ja noch etwas für sich. Doch man findet man die Behandlung dieser Briefe genauso in Ober(!)ägypten, Syrien und Armenien.

 

Was wäre daran so schlimm, wenn Paulus einfach das niedergelegt hat (und denen ihm unbekannten Christen in Rom sogar sehr ausführlich dargelegt hat), was der Glaube war und ist?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

vor 1 Stunde schrieb rorro:

 

Ich persönlich finde diese "Paulus hat das Christentum erfunden"- These irgendwie sehr 20. Jahrhundert. In welchem international(!) anerkannten theologischen Journal wird das denn heute noch behauptet?

 

Was wäre daran so schlimm, wenn Paulus einfach das niedergelegt hat (und denen ihm unbekannten Christen in Rom sogar sehr ausführlich dargelegt hat), was der Glaube war und ist?

So geht es mir auch, wenn ich von Paulus als dem "Erfinder des Christentums" lese. Mein Hinweis, man sollte die Rolle von Paulus auch nicht überschätzen, bezieht sich direkt auf die "Erfindung des Christentum" durch Paulus. 

 

Dass seine Briefe in den Kanon des NT aufgenommen sind, bezeugt seine hohe Wertschätzung im noch sehr jungen, sich allmählich auch soziologisch formierenden "Christentum". 

 

Allerdings wurden in den Kanon des NT eben auch andere Autoren übernommen, die doch eine etwas von Paulus differenzierte theologische Akzentsetzung haben: zB Johannes-Offenbarung, Jakobusbrief. 

 

Es ist wohl kein Zufall, dass Martin Luther gerade diese beiden Schriften am liebsten aus dem Kanon des NT entfernt hätte..

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 28.1.2024 um 17:40 schrieb Marcellinus:

 

Dafür mußten sie Schutzgeld zahlen, ohne im Extremfall wirklich geschützt zu sein. Ja, die römischen Christen haben alle heidnischen Kulte beseitigt, deren sie habhaft werden konnte, daneben auch alle christlichen Häresien. Nur das Judentum haben sie gewissermaßen "konserviert". Eine Erklärung, die Christen selbst dafür lieferten, war sie gewissermaßen als Beweis für den "Gottesmord" zu erhalten, als abschreckendes Beispiel also. 

 

Dass die Christen die Juden im allgemeinen nicht freundlich behandel haben, steht außerfrage. Aber war es tatsächlich das Hauptmotiv, die Juden als "abschreckendes Beispiel" am Leben zu lassen?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Am 28.1.2024 um 18:34 schrieb Higgs Boson:

Aber so zu tun, als habe sich das rabbinische Judentum nach der Zerstörung des Tempels komplett neu und parallel zum Christen neu erfunden, ist zwar ein praktisches katholisches Narrativ, aber nicht richtig. Und lustigerweise sind einige Stellen im NT und die Ablehnung des Christentums, in diese Tradition einzutreten ein Beleg dafür. Stattdessen wird immer wiederholt, das Judentum zur Zeit Jesu habe mit dem von heute fast nix gemein. Für die Sadduzäer, Essener  und den ganzen Tempelkult stimmte das ja auch, das bestreitet ja keiner.

Aber Pharisäer, Sadduzäer, Essener et. al. sind eben "das Judentum" der jesuanischen Zeit - man kann eben nicht sagen, es gab da die eine bis heute durchgehende Linie des Judentums - und aus dieser Gemengelage haben sich dann rabbinisches Judentum und Christentum entwickelt, so klar war die kommende Trennung am Anfang nicht, weder den späteren Juden , noch den späteren Christen. Beide waren missionierende Gemeinschaften. Es ist historischer Unsinn, spätere Spaltungen einfach zurück zu projezieren.

Am 28.1.2024 um 18:34 schrieb Higgs Boson:

Ich verrate Dir mal was: Das Christentum von heute hat recht wenig mit dem kurz nach dem Platzen der Jesusblase durch seinen Tod gemein. Das war ein Apokalyptischer Haufen, mit tatsächlich mehr Gemeinsamkeiten mit den ZJ in deren Anfangsjahren.

Das ist mir nun nicht neu, du wirst es kaum glauben.

 

Am 28.1.2024 um 18:34 schrieb Higgs Boson:

Während das junge Christentum sich was Tradition anging erstmal fangen und eine Identität zulegen musste, konnte das Judentum auf Tradtionen zurückgreifen. Traditionen speziell der jüdischen Untergruppe, zu denen der Christliche Namensgeber gehörte und deren Herzschlag man ganz bewusst und absichtlich bekämpfte - aus möglicherweise sogar ganz verständlichen Gründen, um eben eine eigene Identität entwickeln zu können.

Und das bestreite ich, weil das junge Christentum auf dieselben Traditionen zurückgriff, auf dieselben Textkonvolute und dieselben Gemeindestrukturen.

 

Am 28.1.2024 um 18:34 schrieb Higgs Boson:

Und selbstverständlich hat sich das Judentum genauso wie das Christentum weiterentwickelt, wäre ja schlimm, wenn dem nicht so wäre.

Das steht ja nun außer Frage.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Join the conversation

You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.

Gast
Auf dieses Thema antworten...

×   Du hast formatierten Text eingefügt.   Formatierung jetzt entfernen

  Only 75 emoji are allowed.

×   Dein Link wurde automatisch eingebettet.   Einbetten rückgängig machen und als Link darstellen

×   Dein vorheriger Inhalt wurde wiederhergestellt.   Clear editor

×   You cannot paste images directly. Upload or insert images from URL.

×
×
  • Neu erstellen...