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Was ist konservativ?


Chrysologus

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vor 3 Stunden schrieb Chrysologus:

Was also ist konservativ?

 

Angesichts der Beschleunigung aller Verhältnisse solltest eher fragen: Was war konservativ?

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Die Grundlage des Konvervatismus war und ist die Wertschätzung von Traditionen über Konstruktionen. Aber was ist an Traditionen wertzuschätzen, wenn es keine mehr gibt? Sie nachträglich rekonstruieren zu wollen, ist ein Widerspruch in sich.

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vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

Die Grundlage des Konvervatismus war und ist die Wertschätzung von Traditionen über Konstruktionen. Aber was ist an Traditionen wertzuschätzen, wenn es keine mehr gibt? Sie nachträglich rekonstruieren zu wollen, ist ein Widerspruch in sich.

konservativ heißt bei mir bewahren, bewahren von wissen und erfahrungen. ein beispiel: karl marx analysierte den kapitalismus. das ist bewahrenswert. zu seinen politischen schlußfolgerungen gibt es erfahrungen die besagen: dieses ist mist. also gilt beides zu bewahren. das erste hilft probleme besser zu erkennen, das zweite, probleme zu vermeiden.

 

traditionen sind zu oft grundlage tiefgreifender probleme.

bearbeitet von helmut
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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Die Grundlage des Konvervatismus war und ist die Wertschätzung von Traditionen über Konstruktionen. Aber was ist an Traditionen wertzuschätzen, wenn es keine mehr gibt? Sie nachträglich rekonstruieren zu wollen, ist ein Widerspruch in sich.

Traditionen gab es immer und wird es immer geben.  Sie verändern sich halt.

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vor 7 Minuten schrieb mn1217:

Traditionen gab es immer und wird es immer geben.  Sie verändern sich halt.

 

Traditionen sind etwas, was von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wenn die Welt sich schneller verändert als die Generationen wechseln, ist nichts mehr da, was man weitergeben könnte, und das Wort Tradition verliert seinen Sinn.

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Im Prinzip war "Konservatismus" ja eigentlich bis zur Frz. Revolution der Normalfall der Politik, nicht umsonst ist einer der Hauptdenker des Konservatismus (Burke) aus der Ablehnung selbiger erwachsen.

In Deutschland könnte man den Konservatismus aus der protestantischen Ablehnung der 1848 Revolution hervorgehen sehen, tlw. im Widerstand gegen den Katholizismus. 

Es ist damit nicht allzu verwunderlich, dass der dt Konservatismus im kleindeutschen Reich sich in entschiedener Ablehnung des politischen Katholizismus entwickelte. 

Somit entwickelte der deutsche Konservatismus gewissermaßen zwei konfessionelle Säulen, von denen die katholische die vor allem kulturell konservativere war - sozialpolitisch aber eher links stand.

Das gemeinsame Versagen beider konservativer Strömungen gegenüber der nationalsozialistischen Machtübernahme führte wiederum zur Gründung der CDU - deren großes Verdienst eben die Festigung der grundgesetzlichen Ordnung v.a. gegenüber den rechten Überbleibseln des NS-Staates war - GB/BHE und DP wurden letztlich erfolgreich von Adenauer für die junge Demokratie vereinnahmt.

 

Der Aufsatz von Briebicher geht auf diese Phase leider gar nicht richtig ein, er sieht vor allem Kohl - der ja bereits die Nachkriegsgeneration verkörpert und sich damit eher typisch konservativ-antirevolutionär gegen die 68er abgrenzt - und versäumt dann zu untersuchen, was denn den modernen Rechtspopulismus in der Merkelära hervorgebracht hat: meiner Meinung nach die unverdauten Folgen der Wiedervereinigung und eben die sturzartige Umkehrung der eher gemäßigten Asylpolitik der alten BRD 2015, eine Aufgabe einer langjährigen konservativen Bastion.

 

Zum Konservatismus alter bundesrepublikanischer Prägung ist daher schwer zurückzukehren, es fehlt inzwischen gesellschaftlich das konfessionelle Fundament, zum anderen ist der antirevolutionäre Reflex zerbrochen: die moderne westliche Linke hat sich an das reformsozialististische Erbe der DDR angekoppelt, dessen alte autoritäre Skelett-Struktur man nur noch in der Begeisterung für die Regime in Kuba oder Venezuela erkennen kann.

Wie also "Konservatismus" in diesem "neuen" Deutschland politische Wirksamkeit so entfalten kann, dass unverschämten Rechtsreaktionären der Teppich weggezogen wird - ich habe keine Ahnung!

 

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vor 12 Minuten schrieb Shubashi:

Zum Konservatismus alter bundesrepublikanischer Prägung ist daher schwer zurückzukehren, es fehlt inzwischen gesellschaftlich das konfessionelle Fundament, [...]

 

So ist es! Es hat sich in dieser Republik in den letzten Jahrzehnten derartig viel verändert, man kann auch sagen: es ist so vieles verschwunden, daß da nichts mehr zu "konservieren" ist. Wer immer an der alten Bundesrepublik hängt, wird damit zwangsläufig zum "Reaktionär", muß geradezu fordern, daß das was unwiderbringlich verloren ist, "irgendwie" wiedergewonnen wird, wobei das "irgendwie" hier steht für die Tatsache, daß natürlich niemand weiß, wie das gehen sollte, und das macht vermutlich einen großen Teil des irrationalen Charakters der Rechtsreaktionäre aus.

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Und deswegen aufgeben und die Linke durchdrehen lassen?

 

Du magst ja nicht mehr lange auf diesem Planeten haben, aber ich rechne noch mit mind. 20 Jahren und die wollte ich eigentlich an einem lebenswerten Plätzchen verbringen. Zumal ich Kinder hab' und hoffentlich noch Enkel bekomme.

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vor 4 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Traditionen sind etwas, was von Generation zu Generation weitergegeben wird. Wenn die Welt sich schneller verändert als die Generationen wechseln, ist nichts mehr da, was man weitergeben könnte, und das Wort Tradition verliert seinen Sinn.

Aber man kann doch immer etwas weitergeben.

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Ist das Gegenteil von konservativ nicht liberal?

Weil hier "links" aufkam.

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vor 1 Minute schrieb mn1217:

Aber man kann doch immer etwas weitergeben.

 

Aber es bleibt nicht erhalten. Die Welt, in der mein Großvater lebte, war die des Kaiserreichs, die meines Vaters die Weimarer Republik, Nazi-Zeit und WWII, und schließlich die BRD-West. Ich bin aufgewachsen in der Bonner Republik, hab die Zeit der 68er erlebt, schließlich die Wiedervereinigung und auch das ist nun schon 30 Jahre her.

 

Jede dieser Episoden steht nicht nur für „große Politik“, sondern auch für den Aufstieg und Niedergang ganzer sozialer Klassen. Die Kleinstadt, durch die Klein-Marcellinus tappelte, um vom Milchhändler in zwei Blechkannen Milch zu holen, Milch, die die örtlichen Bauern bei der Kleinstadtmolkerei abgeliefert hatten, erkenne ich selbst heute kaum wieder. 

 

Die vielen kleinen Geschäfte sind verschwunden, die Kneipen und Hotels, selbst die Cafés gibt es nicht mehr. Und mit jedem Geschäft verschwand eine komplette Familie von ehemals selbstständigen Kaufleuten. Die ganze Klasse des Bürgertums ist verschwunden. Verschwunden auch die kleinen Fabriken, und mit ihnen die stolze Industriearbeiterschaft, von denen ich schon als kleiner Dötz lernte: “Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!“, ohne zu verstehen, was das damals bedeutete.

 

Kirche war für meine formal lutherische Familie nur noch eine bürgerliche Konvention, an die man sich aber äußerlich hielt, denn „was sollten sonst die Leute sagen!“. Aber wenn die Katholiken Messe hatten, standen die Nebenstraßen voll mit Autos, denn die meisten kamen aus den umliegenden Dörfern. Und wenn Schützenfest gefeiert wurde, selbstverständlich nach Alt- und Neustadt getrennt, hier die Bürger, dort die Arbeiter, dann waren die Straßen voll, und die Leute auch, und die örtlichen Firmen machten Betriebsferien. Es hätte eh keiner arbeiten können.

 

Das alles gibt es nicht mehr. Die Kneipen und Hotels sind verschwunden, die kleinen Geschäfte stehen leer, wurden von Filialisten übernommen oder in Wohnungen umgebaut. Die Fabriken sind Vergangenheit, ebenso die herrschaftlichen Häuser der Fabrikanten wie die Traditionen der Industriearbeiter. Ob die Kirchen Gottesdienste feiern oder nicht, kann man von außen nicht mehr sehen. Die meisten Autos gegenüber der kath. Kirche dürften Aldi-Kunden gehören, und die Schützenbrüder und -schwestern passen alle in einen kleinen Raum und altern so langsam vor sich hin.

 

Die Welt, in der ich aufgewachsen bin, ist untergegangen, wie die meines Vaters und meines Großvaters jeweils vor mir. Drei Generationen, drei verlorene Welten, mit ihren sozialen Gruppen, ihren Ritualen, ihre Ängsten und Träumen. Und nun sind meine Kinder auch schon über 30, haben zum Teil selbst Kinder, und keines wohnt mehr hier am Ort. Was sollten sie hier auch? Hier gäbe es eh keine Arbeit.

 

Und so wie sie diese Stadt verlassen haben, so bilden sie nun die nächste Generation, die ihren eigenen Weg finden muß, in einer Welt, die schon mit der, in der ihre Eltern herangewachsen sind, kaum noch etwas gemein hat. Vier Generationen, mit eigenen Gewohnheiten, Zwängen, Wünschen und Ängsten, getrennt durch den unerbittlich beschleunigten Lauf der Zeit. Traditionen mußt du da mit der Lupe suchen. 

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vor 28 Minuten schrieb mn1217:

Ist das Gegenteil von konservativ nicht liberal?

Weil hier "links" aufkam.

Du denkst in den Kategorien von 1880. Damals war Konservativ noch im Sinne von "das Reich bewahren" und Liberal im Sinne von Bürgerrechte gegen den Staat verteidigen.

 

In der heutigen politischen Landschaft hat sich das völlig verschoben und diejenigen, die den Bürger gegen die permanente Bevormundung durch den Staat verteidigen wollen sind die Konservativen und die Liberalen - nun dazu hatte ich hier und im folgenden schon was geschrieben: https://www.mykath.de/topic/35183-synodaler-weg-schon-versperrt/?do=findComment&comment=2317451

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Traditionen sind ja da,um etwas durch sich ändernde Zeiten zu transportieren.

Natürlich ändern sich Dinge,und ich bin auch ganz froh, zB nicht in der K und K Zeit zu leben. Aber es gibt doch viel Tradiertes aus der Zeit(zB Galuschti..)

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vor 34 Minuten schrieb Flo77:

Du denkst in den Kategorien von 1880.

 

Ich meinte den Wortsinn, aber vielen Dank...

 

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vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

Die Kleinstadt, durch die Klein-Marcellinus tappelte, um vom Milchhändler in zwei Blechkannen Milch zu holen [...]

 

Ach, Du auch? Hast Du dann auch die Milchkanne am ausgestreckten Arm im Kreis geschleudert, senkrecht rotieren lassen und so gelernt, was Fliehkraft vermag? Danke für die verschüttere Erinnerung (nur die Erinnerung, nicht die Milch).


Aber um auf die sich ändernde Welt zu kommen - heute hole ich die Milch zwar nicht in der Kanne, aber doch in Glasflaschen, und nicht bei Milchhändlerin Frau Rumpeltin, sondern bei einer Bäuerin (die zudem auch noch viel hübscher ist). Traditionen können zurückkehren. Bei manchen ist das sogar gut. Bei vielen anderen verzichte ich dankend auf deren Rückkehr, sei es der Kuppeleiparagraf, die Verfolgung der Homosexuellen, Prügel in der Schule oder auch nur das Zerschneiden von Zeitungen in Rechtecke zum Gebrauch auf dem Plumpsklo im Hof. Dass die Welt sich wandelt, habe ich öfter positiv als negativ erlebt.

 

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vor 8 Minuten schrieb Alfons:

Dass die Welt sich wandelt, habe ich öfter positiv als negativ erlebt.

 

Das ist ein weites Feld. Auch ich habe als Erwachsener Milch beim Bauern geholt, allerdings sind meine Erinnerungen daran etwas anders. Es war kein kleiner Hof, und immer wenn wir kamen, wischte die Bäuerin erst die Fliegen vom Tisch, von denen der schwarz war, um uns dann unsere Kanne zu überreichen. Da kaufe ich heute doch lieber im Supermarkt.

 

Ja, vieles hat sich zum Guten verändert, aber das ist lange her. Was die letzten 30 Jahre passiert ist, das gibt eher ein gemischtes Bild. Da sehe ich eher einen entfesselten Kapitalismus (das Ende der Geschichte), bei dem viele unter die Räder des vermeintlichen Fortschritts gekommen sind.

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vor 38 Minuten schrieb Marcellinus:

 

....aber das ist lange her. Was die letzten 30 Jahre passiert ist, das gibt eher ein gemischtes Bild. Da sehe ich eher einen entfesselten Kapitalismus (das Ende der Geschichte), bei dem viele unter die Räder des vermeintlichen Fortschritts gekommen sind.

rotes krisengerede.

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vor 2 Stunden schrieb Alfons:

 

Ach, Du auch? Hast Du dann auch die Milchkanne am ausgestreckten Arm im Kreis geschleudert, senkrecht rotieren lassen und so gelernt, was Fliehkraft vermag? Danke für die verschüttere Erinnerung (nur die Erinnerung, nicht die Milch).


Aber um auf die sich ändernde Welt zu kommen - heute hole ich die Milch zwar nicht in der Kanne, aber doch in Glasflaschen, und nicht bei Milchhändlerin Frau Rumpeltin, sondern bei einer Bäuerin (die zudem auch noch viel hübscher ist). Traditionen können zurückkehren. Bei manchen ist das sogar gut. Bei vielen anderen verzichte ich dankend auf deren Rückkehr, sei es der Kuppeleiparagraf, die Verfolgung der Homosexuellen, Prügel in der Schule oder auch nur das Zerschneiden von Zeitungen in Rechtecke zum Gebrauch auf dem Plumpsklo im Hof. Dass die Welt sich wandelt, habe ich öfter positiv als negativ erlebt.

 

 

Allein das Milchbeispiel könnte man jetzt schön analysieren:

Entweder Du kaufst in einer "Milchtankstelle" ein, dann handelt es sich um eine letzte kleine anarchische Lücke im System, die den Landwirten vorgaukelt, sie könnten sich den gigantischen Märkten entziehen.

Oder Du kaufst so wie ich bei einem letzten Direktvermarkter, der noch echte Vorzugsmilch produziert - mit so irren Auflagen, dass die Zahl der Betriebe im Bundesland an der Hand abzählbar ist.

Es handelt sich also nur um winzige, unbedeutende Nischen, die als Ausnahmen nur belegen, dass Milch fast nur noch als industrialisiertes Massenprodukt existiert.

"Konservatismus" von Milchbauern ist damit eine Unmöglichkeit geworden.

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/agrar-gerbstedt-alternative-einnahmequelle-milchtankstellen-nischen-markt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190608-99-564605

 

 

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Konservativ  heisst, dass alles so bleibt, wie es (angeblich ) mal war?

Das ist doch nie der Fall.

bearbeitet von mn1217
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vor 13 Stunden schrieb Marcellinus:

 Ob die Kirchen Gottesdienste feiern oder nicht, kann man von außen nicht mehr sehen. Die meisten Autos gegenüber der kath. Kirche dürften Aldi-Kunden gehören,

(Nein, da braucht's einen Blick auf den Kalender: Ist's Sonntag, dann sind die Aldi-Kunden in der Kirch')

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vor 16 Minuten schrieb Moriz:

(Nein, da braucht's einen Blick auf den Kalender: Ist's Sonntag, dann sind die Aldi-Kunden in der Kirch')

 

Welcher Katholik geht noch am Sonntag Morgen in die Kirche? :D

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