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Wie diskutieren #2


jouaux

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vor 12 Stunden schrieb Soulman:

Hi Marcellinus,

 

ich wüsste gerne, was "Haltung" bedeuten soll? Mir ist dieser Begriff in diesem Kontext recht neu. Aufgefallen ist er mir zuerst als Letztbegründung (also eigentlich als Argumentationsimmunisierung) in der Diskussion um die Asylpolitik. "Haltung" konnotierte bei mir zuvor eher militärisch: "Nehmen se Haltung an!", also passend zur Antwort "Wenn es dem Weltfrieden dient, Herr Offizier". Ich halte "Haltung" für einen autoritären Appell, der eigentlich eine Hierarchie ausdrückt. Der Soldat darf keinen Offizier an Haltung erinnern. (und der Zivilist den Soldaten schon gar nicht)

 

Gruss, Martin

 

Nachtrag: Ich glaube das ist es. "Haltung" beschreibt dem Gegenüber eine militärische Einstellung. Ein Kämpfer für das Gute und die Wahrheit.

 

Cool!

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vor 11 Stunden schrieb Alfons:

 

Nicht unbedingt. Ich denke, wenn wir hier den Begriff Haltung so klar übersetzen, machen wir den Fehler, den Ennasus weiter oben in ihrem phantastischen Posting angesprochen hat, nämlich: nicht zuerst zu fragen, ob der Gesprächspartner unter "Haltung" auch diese Einstellung versteht. Sondern wir kommen in Versuchung, jemanden, der den Begriff verwendet, in eine Schublade zu sortieren: Oh, wieder so ein Kämpfer für das Gute und die Wahrheit - und das habe ich bei euch, Soulman und Werner, als negativ konnotiert verstanden. Im Sinn der Durchsetzung einer Ideologie verstanden ("Nehmen Sie Haltung an!" "Nehmen Sie erst mal meine Haltung an!") finde ich diese Definition durchaus spannend. Aber vielleicht hat derjenige, der von seiner Haltung spricht, nicht eine Ideologie gemeint, die anderen aufgedrückt werden soll, sondern zum Beispiel seine Einstellung zum Leben, seine Verfasstheit, seine Moral. Das, was Dietrich Bonhoeffer oder Pater Kolbe gezeigt haben, war ja auch Haltung.

Meine Bitte  also: Nichts gegen kluge Definitionen, aber nicht direkt eine Schublade daraus zimmern.

 

Alfons

 

Haltung ist Haltung.

Erst der Mensch füllt den Begriff mit Wertung. 😉

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vor 10 Stunden schrieb helmut:

das kann man nicht, das soll man nicht und das macht auch keiner.  allerdings lese ich von einigen, die sich selbständig in schubladen zurückziehen. warum? vielleicht um der sachlichen diskussion aus dem weg zu gehen? die sachliche diskussion wird damit zur metadiskussion.

 

Ich denke, es gibt eine Zeit für die sachliche Diskussion und eine für die Metadiskussion.

Alles hat seine Zeit.

Was jetzt gerade für dich dran ist, musst du selbst entscheiden.

 

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vor 10 Stunden schrieb Soulman:

Hi Alfons,

 

ich bin relativ aufmerksam, wenn es um neue oder neu definierte Begrifflichkeiten geht. Sie fallen mir durch Wiederholungen auf. "Alternativlos" "Haltung" "Hassrede" "Fake-News" "Narrativ" "Islamismus", eigentlich alle Begriffe, die man aus unterschiedlichen Mündern abseits einer Normalverteilung mit einem Mal vermehrt hört oder liest. Die Auffälligkeit steigt, wenn diese Begriffe en passant, also ohne Definition, repetiert werden. Kolbe und Bonhoeffer zeigten eine konsequente Haltung, im Sinne von Beibehalten ihrer Einstellung gegen Widerstände. "Haltung" alleine wird erst seit 5 Jahren als emotiver Begriff benutzt. In einer Diskussion zu sagen: "Ich betreibe konsequenten Gesinnungsjournalismus" ist halt etwas anderes als "Ich bin ein Journalist mit Haltung". Damit sind wir bei dem neu besetzten Begriff "Narrativ".

 

Gruss, Martin

 

Und da sind wir dann halt wieder an dem Punkt, dass Sprache sehr wohl Bedeutung hat und neue Wirklichkeiten zu schaffen vermag....

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vor 10 Stunden schrieb Werner001:

Das ist nicht zwingend so. Wenn ich weiter oben geschrieben habe, manchmal müsse man antworten, dann ist das ja genau das. Was ich als negativ empfinde, ist, wenn immer öfter verlangt wird, sich zu positionieren, oder eben “Haltung zu zeigen”, und im Falle der Nichtbefolgung in eine Schublade gesteckt zu werden (wenn zum Beispiel die Moderation nicht so moderiert, wie ich das für richtig halte).

Haltung zeigen ist gut, Haltung zu verlangen nicht.

 

Werner

 

na ja, wobei ich denke, dass wir einander schon kritisieren dürfen, das ist aber etwas anderes als eben diese Schubladisierung

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vor 11 Minuten schrieb Die Angelika:

Und da sind wir dann halt wieder an dem Punkt, dass Sprache sehr wohl Bedeutung hat und neue Wirklichkeiten zu schaffen vermag....

 

Aber nur für einen selbst, nicht für andere. Dann fängt Sprache an, ihren Zweck zu verfehlen, den der Verständigung. Und da sind wir jetzt. Jede Gruppe pflegt ihre eigene Sprache, und beklagt, daß die anderen sie nicht verstehen. 

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vor 10 Stunden schrieb Die Angelika:

 

Und da sind wir dann halt wieder an dem Punkt, dass Sprache sehr wohl Bedeutung hat und neue Wirklichkeiten zu schaffen vermag....

Eigentlich nicht. Es wird durch das Weglassen eines erklärenden Adjektivs versucht eine Hierarchie zu vermitteln. Ich würde so etwas "Haltungsschaden" nennen.

Ein nicht ganz fiktiver Dialog zu einer beliebigen Realität:

 

Frage: "Würden sie bitte den Lesern die Gründe für Ihre Entscheidung nennen."

Antwort: "In einem Land, wo so etwas anders entschieden wird, möchte ich nicht leben."

 

F: "Ja, aber wie war der Prozess der Entscheidung und gab es Alternativen?"

A: "Nunja, es gibt immer nur einen gewählten Kanzler und der bin momentan ich."

 

F: "Wie hoch sind die Kosten?"

A: "Es ist zwar ambitioniert, aber wir schaffen das."

 

F: "Was sagen sie der Opposition, die sie dafür kritisiert?"

A: "Wir zeigen damit Haltung. Sie täten gut daran dasselbe zu tun"

 

Für mich wird damit keine Wirklichkeit geschaffen (was mMn eh nicht geht, aber anderes Thema), sondern konsequent verschleiert. Es ist auch nicht Unvermögen oder Simplizität, sondern ein exakt kalkulierter Versuch der Manipulation. Gegenüber dem Souverän ist es eine Frechheit. Wenn die Presse anfängt diese Sprachmuster durchzuwinken oder gar selber zu benutzen, dann wird es kritisch. Sie verliert ihre Aufgabe, ihren Wert und meine Aufmerksamkeit.

 

Gruss, Martin

 

P.S. @Alfons: Nein, das Buch kenne ich noch nicht.

bearbeitet von Soulman
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vor 10 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Aber nur für einen selbst, nicht für andere. Dann fängt Sprache an, ihren Zweck zu verfehlen, den der Verständigung. Und da sind wir jetzt. Jede Gruppe pflegt ihre eigene Sprache, und beklagt, daß die anderen sie nicht verstehen. 

jede gruppe verändert sich. die kommunikation zwischen den gruppen verändert sich. sprache vermittelt diese veränderung und erzeugt veränderung.

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Am 18.6.2020 um 08:38 schrieb Soulman:

Eigentlich nicht. Es wird durch das Weglassen eines erklärenden Adjektivs versucht eine Hierarchie zu vermitteln. Ich würde so etwas "Haltungsschaden" nennen.

Ein nicht ganz fiktiver Dialog zu einer beliebigen Realität:

 

Frage: "Würden sie bitte den Lesern die Gründe für Ihre Entscheidung nennen."

Antwort: "In einem Land, wo so etwas anders entschieden wird, möchte ich nicht leben."

 

F: "Ja, aber wie war der Prozess der Entscheidung und gab es Alternativen?"

A: "Nunja, es gibt immer nur einen gewählten Kanzler und der bin momentan ich."

 

F: "Wie hoch sind die Kosten?"

A: "Es ist zwar ambitioniert, aber wir schaffen das."

 

F: "Was sagen sie der Opposition, die sie dafür kritisiert?"

A: "Wir zeigen damit Haltung. Sie täten gut daran dasselbe zu tun"

 

Für mich wird damit keine Wirklichkeit geschaffen (was mMn eh nicht geht, aber anderes Thema), sondern konsequent verschleiert. Es ist auch nicht Unvermögen oder Simplizität, sondern ein exakt kalkulierter Versuch der Manipulation. Gegenüber dem Souverän ist es eine Frechheit. Wenn die Presse anfängt diese Sprachmuster durchzuwinken oder gar selber zu benutzen, dann wird es kritisch. Sie verliert ihre Aufgabe, ihren Wert und meine Aufmerksamkeit.

 

Gruss, Martin

 

P.S. @Alfons: Nein, das Buch kenne ich noch nicht.

 

Bei deinem nicht ganz fiktiven Dialog geschieht aus meiner Sicht nochmal Anderes:

Es wird nicht mehr auf Fragen geantwortet. Problematisch ist, wenn das, wie du sagst, von den Fragestellern durchgewinkt wird, anstatt darauf wenigstens zu markieren, dass das Gesagte keine Antwort auf die gestellte Frage ist.

 

Allerdings wurzelt solche Nichtantwort darin, dass die Politiker, die klare Antworten geben, sehr schnell Gefahr laufen, wegen irgendeiner Formulierung einem Spießrutenlaufen ausgesetzt zu sein oder der Versuch gemacht wird, sie darauf ein für allemal festzunageln, wenn sie ihre Ansicht ändern.

 

P.S. Das von Alfons genannte Buch ist wirklich lesenswert.

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Am 18.6.2020 um 09:17 schrieb helmut:

jede gruppe verändert sich. die kommunikation zwischen den gruppen verändert sich. sprache vermittelt diese veränderung und erzeugt veränderung.

 

Wenn Gruppen sich in ihrer Sprache so stark ändern, dass Kommunikation keine Kommunio mehr ist, und hinzukommt, dass gar kein Interesse mehr an einer gemeinsamen Sprache besteht, dann hat Sprache ihren Wert verloren.

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vor 6 Stunden schrieb Die Angelika:

 

Wenn Gruppen sich in ihrer Sprache so stark ändern, dass Kommunikation keine Kommunio mehr ist, und hinzukommt, dass gar kein Interesse mehr an einer gemeinsamen Sprache besteht, dann hat Sprache ihren Wert verloren.

von "so stark ändern" schrieb ich nicht. auch nicht von sprache in der gruppe. sondern von sprache zwischen den gruppen. die bedeutung von vielen begriffen hat sich immer verändert. z.t. ist die bedeutung verloren gegangen oder vollkommen neue entstanden.

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vor 17 Stunden schrieb Die Angelika:

 

Wenn Gruppen sich in ihrer Sprache so stark ändern, dass Kommunikation keine Kommunio mehr ist, und hinzukommt, dass gar kein Interesse mehr an einer gemeinsamen Sprache besteht, dann hat Sprache ihren Wert verloren.

Man kann nicht nicht kommunizieren und Sprache ist deutlich weniger wichtig als non- und paraverbale Kommunikation.

Was Posten im Internet so schwierig macht.

Und was du alles weißt.

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vor 1 Stunde schrieb mn1217:

Man kann nicht nicht kommunizieren und Sprache ist deutlich weniger wichtig als non- und paraverbale Kommunikation.

Was Posten im Internet so schwierig macht.

Und was du alles weißt.

 

Das ist so nicht ganz richtig. Deutschland war immer ein Land, eine Nation der Schriftsprache, schon deshalb, weil wir die meiste Zeit unserer Geschichte keine Hauptstadt besaßen, wie London, Paris oder New York. Unsere „Geistesgrößen“ saßen in Weimar, Königsberg, oder Frankfurt, und kommunizieren per Brief. Da braucht es Disziplin und eine gewisse Klarheit der Formulierung und damit des Gedankens. Dieser Anstrengung wollen oder können sich heute immer weniger unterziehen, und propagieren daher einen gefühlsbeladenen Subjektivismus. Ich fühle, also bin ich.

 

Das geht einher mit einer gewissen erkenntnistheoretischen Schlichtheit, die als Unmittelbarkeit, Authentizität, Individualismus und moralische Empfindsamkeit verkauft wird. Kommunizieren kann man nun noch mit denen, die genauso fühlen wie man selbst, Kommunikation ist also nicht mehr Verständigung über unterschiedliche Vorstellungen hinweg, sondern Vergewisserung des gegenseitigen Einvernehmens. Abweichende Meinungen sind keine intellektuellen Herausforderungen mehr, sondern emotionale und damit moralische Zumutungen. Richtig ist, was sich für mich richtig anfühlt. Alles andere ist falsch und muß zurückgewiesen werden. 

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2 hours ago, Marcellinus said:

Richtig ist, was sich für mich richtig anfühlt. Alles andere ist falsch und muß zurückgewiesen werden. 

Jahrzehntelang bekam man auf jedem Training eingetrichtert, wie wichtig es sei, dass sich jeder wohlfühlt mit dem was man sagt, und dass im Falle, dass jemand eine meiner Aussage in den falschen Hals bekommt, ich falsch formuliert habe.

Da ist es doch kein Wunder, wenn das inzwischen zur gesellschaftlichen Norm geworden ist, und dass besonders sensible Mitmenschen sich den Kopf darüber zerbrechen, was eventuell irgendjemanden kränken könnte, um dann darauf hinzuarbeiten, dass das umgehend geändert wird, bevor sich überhaupt jemand unwohl fühlt.

 

Werner 

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vor 16 Stunden schrieb helmut:

von "so stark ändern" schrieb ich nicht. auch nicht von sprache in der gruppe. sondern von sprache zwischen den gruppen. die bedeutung von vielen begriffen hat sich immer verändert. z.t. ist die bedeutung verloren gegangen oder vollkommen neue entstanden.

 

Habe ich behauptet, dass du das geschrieben hättest? Ich habe den von dir eingebrachten Gedanken weitergeführt. Und?

Dass sich Sprache ändert, ist mir mehr als bekannt. Die Frage ist jedoch, wer die Veränderung mitmacht und wer nicht, inwiefern Sprachveränderung allgemein angenommen wird oder eben nur von Teilgruppen.

Meine 83-jährige Mutter versteht z.B. unter dem Wort "geil" etwas völlig Anderes als mein 26-jähriger Sohn. Sie ist allerdings auch nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass dieses Wort mittlerweile einen Bedeutungserweiterung durchgemacht hat und besteht auf ihrem Wortverständnis.

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5 minutes ago, Die Angelika said:

Meine 83-jährige Mutter versteht z.B. unter dem Wort "geil" etwas völlig Anderes als mein 26-jähriger Sohn.

Das geht mit dem Wort "schwul" auch.

Ich bin ja froh, dass die Homosexuellen sich das Wort geschnappt haben, bevor die allgemeine "wir dürfen keine Worte benutzen, die jemanden kränken könnten" Bewegung entstanden ist.

Sonst könnte ich jetzt nicht sagen "ich bin schwul", sondern müsste wahrscheinlich irgendwas sagen wie "ich bin alternativ liebend" oder, weil "alternativ" zu politisch ist "ich bin ein people of equal love"

 

Werner

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vor 7 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Das ist so nicht ganz richtig. Deutschland war immer ein Land, eine Nation der Schriftsprache, schon deshalb, weil wir die meiste Zeit unserer Geschichte keine Hauptstadt besaßen, wie London, Paris oder New York. Unsere „Geistesgrößen“ saßen in Weimar, Königsberg, oder Frankfurt, und kommunizieren per Brief. Da braucht es Disziplin und eine gewisse Klarheit der Formulierung und damit des Gedankens. Dieser Anstrengung wollen oder können sich heute immer weniger unterziehen, und propagieren daher einen gefühlsbeladenen Subjektivismus. Ich fühle, also bin ich.

 

Das geht einher mit einer gewissen erkenntnistheoretischen Schlichtheit, die als Unmittelbarkeit, Authentizität, Individualismus und moralische Empfindsamkeit verkauft wird. Kommunizieren kann man nun noch mit denen, die genauso fühlen wie man selbst, Kommunikation ist also nicht mehr Verständigung über unterschiedliche Vorstellungen hinweg, sondern Vergewisserung des gegenseitigen Einvernehmens. Abweichende Meinungen sind keine intellektuellen Herausforderungen mehr, sondern emotionale und damit moralische Zumutungen. Richtig ist, was sich für mich richtig anfühlt. Alles andere ist falsch und muß zurückgewiesen werden. 

 

Danke

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vor 3 Stunden schrieb Werner001:

Das geht mit dem Wort "schwul" auch.

Ich bin ja froh, dass die Homosexuellen sich das Wort geschnappt haben, bevor die allgemeine "wir dürfen keine Worte benutzen, die jemanden kränken könnten" Bewegung entstanden ist.

Sonst könnte ich jetzt nicht sagen "ich bin schwul", sondern müsste wahrscheinlich irgendwas sagen wie "ich bin alternativ liebend" oder, weil "alternativ" zu politisch ist "ich bin ein people of equal love"

 

Werner

 

Ich weiß.

Da ist aber anscheinend noch was Anderes passiert:

Ein ursprünglich beleidigender Begriff wurde als Beleidigung ziemlich unwirksam gemacht, weil die Zielgruppe der Beleidigung in für sich selbst in Anspuch genommen hat.

people of equal love wäre aber abgekürzt sehr witzig POEL 😄

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37 minutes ago, Die Angelika said:

 

Ich weiß.

Da ist aber anscheinend noch was Anderes passiert:

Ein ursprünglich beleidigender Begriff wurde als Beleidigung ziemlich unwirksam gemacht, weil die Zielgruppe der Beleidigung in für sich selbst in Anspuch genommen hat.

people of equal love wäre aber abgekürzt sehr witzig POEL 😄

Da gibt es also zwei Mechanismen

1.

Du bist schwul! - Ja ich bin schwul, und das ist gut so, wenn du ein Problem damit hast, hast du ein Problem, finde dich damit ab!

2.

Du bist ein Neger - Neger sagt man nicht, das heißt Schwarzer - gut, du bist ein Schwarzer - nein, Schwarzer sagt man nicht, das heißt Farbiger - dann bist du halt ein Farbiger - nein, man sagt jetzt People of Color - gähn, meinetwegen auch das, whatever...

 

irgendwie scheint Mechanismus 2 nicht zum gewünschten Ergebnis zu führen 

 

Werner

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vor 4 Minuten schrieb Werner001:

Da gibt es also zwei Mechanismen

1.

Du bist schwul! - Ja ich bin schwul, und das ist gut so, wenn du ein Problem damit hast, hast du ein Problem, finde dich damit ab!

2.

Du bist ein Neger - Neger sagt man nicht, das heißt Schwarzer - gut, du bist ein Schwarzer - nein, Schwarzer sagt man nicht, das heißt Farbiger - dann bist du halt ein Farbiger - nein, man sagt jetzt People of Color - gähn, meinetwegen auch das, whatever...

 

irgendwie scheint Mechanismus 2 nicht zum gewünschten Ergebnis zu führen 

 

Werner

 

Ja, da scheint mir auch so.

Das Wort "schwul" wird ja teilweise nach wie vor als Beleidigung gebraucht. Nun aber nicht mehr als Beleidigung von tatsächlich Schwulen, sondern als Beleidigung von Menschen, die nicht schwul sind. Hier wird dann leider oft genug sehr komisch reagiert. Die so Benannten regen sich auf und tun, als sei das tatsächlich eine Bezeichnung, womit man sie beleidigen könne. Dabei wäre es viel sinnvoller, wenn darauf anders reagiert würde,-  wenn man nachhaken würde, wieso derjenige nun glaubt, dass "schwul" ein Schimpfwort sein könne.

 

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1 minute ago, Die Angelika said:

 

Ja, da scheint mir auch so.

Das Wort "schwul" wird ja teilweise nach wie vor als Beleidigung gebraucht. Nun aber nicht mehr als Beleidigung von tatsächlich Schwulen, sondern als Beleidigung von Menschen, die nicht schwul sind. Hier wird dann leider oft genug sehr komisch reagiert. Die so Benannten regen sich auf und tun, als sei das tatsächlich eine Bezeichnung, womit man sie beleidigen könne. Dabei wäre es viel sinnvoller, wenn darauf anders reagiert würde,-  wenn man nachhaken würde, wieso derjenige nun glaubt, dass "schwul" ein Schimpfwort sein könne.

 

Ja, ein interessantes Phänomen. Meine persönliche Theorie ist, dass Kinder das Wort zuhause als Schimpfwort aufgeschappt haben, aber damit gar nicht Homosexualität assoziieren, weil sie die nicht negativ belegen. So nach dem Motto:  Fragt die Nachbarin das Fritzchen “ist dein Onkel schwul?” Antwortet Fritzchen “ nein, der ist total cool, und sein Mann erst! Aber der Freund von meiner großen Schwester ist total schwul!”

 

Werner

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Es könnte auch sein, dass der Bedarf für den Begriff verloren geht. Menschen haben Partner, es gibt ja auch keine speziellen Begriffe dafür, ob der Partner eines blonden Menschen ebenfalls blond ist, oder dergleichen. Wenn nicht mehr ausschließlich Männchen/Weibchen die einzig vorstellbare Norm ist, braucht man auch kein Wort dafür. 
 

Werner

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vor 44 Minuten schrieb Werner001:

Es könnte auch sein, dass der Bedarf für den Begriff verloren geht. Menschen haben Partner, es gibt ja auch keine speziellen Begriffe dafür, ob der Partner eines blonden Menschen ebenfalls blond ist, oder dergleichen. Wenn nicht mehr ausschließlich Männchen/Weibchen die einzig vorstellbare Norm ist, braucht man auch kein Wort dafür. 
 

Werner

 

Allerdings.

Das ist sowieso so ganz merkwürdig, wie sich Menschen da verhalten. Du erzählst, dass deine Tochter heiraten will, dann wird dir zum zukünftigen Schwiegersohn gratuliert, erklärst du, dass du eine Schwiegertochter bekommst, entgegnet man ganz entrüstet "Wieso hast du nicht gesagt, dass deine Tochter lesbisch ist!"

Wieso sollte das gesagt werden? Du sagst ja auch nicht, dass du hetero bist.

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vor 22 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Das ist so nicht ganz richtig. Deutschland war immer ein Land, eine Nation der Schriftsprache, schon deshalb, weil wir die meiste Zeit unserer Geschichte keine Hauptstadt besaßen, wie London, Paris oder New York. Unsere „Geistesgrößen“ saßen in Weimar, Königsberg, oder Frankfurt, und kommunizieren per Brief. Da braucht es Disziplin und eine gewisse Klarheit der Formulierung und damit des Gedankens. Dieser Anstrengung wollen oder können sich heute immer weniger unterziehen, und propagieren daher einen gefühlsbeladenen Subjektivismus. Ich fühle, also bin ich.

 

Das geht einher mit einer gewissen erkenntnistheoretischen Schlichtheit, die als Unmittelbarkeit, Authentizität, Individualismus und moralische Empfindsamkeit verkauft wird. Kommunizieren kann man nun noch mit denen, die genauso fühlen wie man selbst, Kommunikation ist also nicht mehr Verständigung über unterschiedliche Vorstellungen hinweg, sondern Vergewisserung des gegenseitigen Einvernehmens. Abweichende Meinungen sind keine intellektuellen Herausforderungen mehr, sondern emotionale und damit moralische Zumutungen. Richtig ist, was sich für mich richtig anfühlt. Alles andere ist falsch und muß zurückgewiesen werden. 

Wenn du das so siehst...

Ich sehe das anders.

Grundsätzlich er Kommunikation mit jedem möglich. Auch wenn sie nicht auf dem Niveau Goethes oder Schillers liegt.

Und eine abweichende Meinung ist genau das. Fertig.

Natürlich ist es eine Zumutung,aber dann mute dir das halt zu.

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