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Auslegung barmherziger Samariter


duesi

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Ich habe neulich eine Auslegung von dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter gehört, die mir sehr neu war und ich wollte Mal nach eurer Meinung dazu fragen.

 

In dem Bibelabschnitt begegnet uns ein Gesetzeslehrer, der Jesus nach dem Weg ins Reich Gottes fragt. Jesus fragt ihn, was die Schrift sagt und der Gesetzeslehrer nennt das Doppelgebot der Liebe und fragt zurück "wer ist denn mein Nächster?" Darauf erzählt Jesus das Gleichnis vom barmherzigen Samariter.

 

Gemäß dieser Auslegung ist der Mann, der unter die Räuber gefallen ist, ein Symbol für uns alle, die wir in der Erbsünde mehr oder weniger gefangen sind. Der Levit und der Priester symbolisieren das Gesetz, das unseren hoffnungslosen Zustand offenlegt, aber uns nicht wirklich helfen kann. Der barmherzige Samariter ist ein Vorbild für Jesus selbst, der uns am Wegesrand sieht, unsere Wunden verbindet und alles für uns bezahlt. Die drei Tage, nach denen der Samariter zurückkommen will und dem Wirt alles bezahlen will, stehen für die drei Tage zwischen Kreuz und Auferstehung. Als Jesus dann sagt "geh hin und handle eben so", sagt er damit eigentlich: "Wenn du durch das Gesetz selig werden möchtest, musst du allen Menschen zum Nächsten werden und zum Erlöser der ganzen Menschheit werden." 

 

Diese Auslegung, wenn ich sie Recht verstanden habe, will mir nicht die Nächstenliebe ausreden. Aber sie will mir ein Stück die Last abnehmen, durch Nächstenliebe gerecht werden zu wollen. Der Maßstab für die Nächstenliebe des Gerechten liegt dementsprechend so hoch, dass ich damit hoffnungslos überfordert bin. Ich bin noch nicht Mal in der Lage, mich selbst zu erlösen, geschweige denn, die ganze Menschheit zu erlösen. Aber weil Jesus alles für alle bezahlt, kann er mich befähigen, dort, wo ich selbst Befreiung und Segen erfahren habe, ein Stück von diesem Segen und dieser Liebe durch Werke der Nächstenliebe weiterzugeben.

 

Würde mich freuen, wenn jemand sich dazu äußern könnte und ein kleiner Austausch entstehen würde.

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Diese Auslegung findet sich auch im ersten Jesusbuch von Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI. Dürfte auf die Kirchenväter zurückgehen.

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So wie Du es wiedergibst, ist das ein Zusammenstückeln einiger Kirchenvätertexte.
Gibt es allerdings häufiger in der Version ohne Gesetzeskritik, dafür mit der Allegorie: Herberge = Sakramente der Kirche

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Danke euch beiden. Habe es aus einer Live-Predigt entnommen und in eigenen Worten wiedergegeben. Dass da Überlegungen drin vorkommen, die schon so alt sind und von prominenter Stelle rezipiert wurden, wusste ich nicht.

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vor 6 Stunden schrieb duesi:

Diese Auslegung, wenn ich sie Recht verstanden habe, will mir nicht die Nächstenliebe ausreden. Aber sie will mir ein Stück die Last abnehmen, durch Nächstenliebe gerecht werden zu wollen. ...

Was bedeutet "durch die Nächstenliebe gerecht werden wollen"? Kann eine Liebe, durch die man "gerecht" werden will, überhaupt sinnvoll als Liebe bezeichnet werden?

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Am 10.6.2020 um 18:14 schrieb Merkur:

Was bedeutet "durch die Nächstenliebe gerecht werden wollen"? Kann eine Liebe, durch die man "gerecht" werden will, überhaupt sinnvoll als Liebe bezeichnet werden?

Über diesen Satz von dir musste ich wirklich länger nachdenken. Vielleicht will Jesus ja mit dem Gleichnis den Gesetzeslehrer genau auf dieses Dilemma aufmerksam machen. Der Gesetzeslehrer möchte durch Nächstenliebe und Gottesliebe "das Leben gewinnen" oder "gerecht werden" und Jesus macht darauf aufmerksam, dass dies vielleicht schon keine Liebe mehr ist. Mir fällt da das Hohelied der Liebe in 1. Korinther 13 ein, wo selbst große Liebestaten bis zur Selbstaufgabe als fruchtlos bezeichnet werden, wenn sie nicht aus Liebe geschehen. Dazu kann man vielleicht auch noch die Geschichte mit der Salbölflasche betrachten, die über Jesu Füßen vergossen wurde. Diese Frau hätte mit dieser Salbölflasche ein Parfümgeschäft aufmachen können, wo sie für jedes Parfümfläschchen nur einen Tropfen von der indischen Narde verwendet hätte und die Salbölflasche hätte 10-20 Jahre gereicht, so dass sie ihre ganze Altersvorsorge damit finanzieren könnte. Diese Geschichte ist eigentlich ein Schlag ins Gesicht für alle, die Nächstenliebe im Sinne der Schaffung einer sozial gerechten Gesellschaft und flächendeckender Sozialfürsorge interpretieren. Würde Jesus so denken, dann hätte Jesus dem Jünger Recht gegeben, der die Verschwendung getadelt hat. Aber wirkliche Liebe ist bei Jesus wohl etwas anderes als etwas, das man tun kann, um "gerecht zu werden". Wirkliche Liebe kann sich in kleinen Taten zeigen wie bei Maria, der Schwester von Martha, die einfach bei Jesu Füßen sitzt und zuhört und kann auf der anderen Seite auch ganz verschwenderisch sein, wo eine Frau so eben Mal ihre ganze Altersvorsorge auf den Kopf haut, um dem Meister Mal etwas Gutes zu tun. Auf der einen Seite ist Liebe ein Gebot. Auf der anderen Seite kann ich, wie das Gleichnis vom barmherzigen Samariter zeigt, Nächstenliebe nicht wirklich leisten, wenn die einzige Motivation das "gerecht werden wollen" ist.

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