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Wie wichtig ist euch, Menschen für die Kirche zu gewinnen?


duesi

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Am 31.5.2021 um 19:29 schrieb Mecky:

Wofür will ich Menschen gewinnen? Dafür, dass sie sich von mir helfen lassen. Also dass sie mir vertrauen - und zwar berechtigt vertrauen.

Aber noch mehr: Es soll ihnen danach wirklich besser gehen. Ich erfreue mich am Wohlergehen anderer Menschen noch mehr, als ich mich über meine Vertrauenswürdigkeit freue. Da wird der Rahmen der Eigennützigkeit gesprengt - und zwar ganz deutlich.

 

Das ist per se schön.

 

Was mich aber daran - und an vielen kirchlichen Äußerungen -  stört, ist, dass "die Menschen" offenbar nur als hilfsbedürftig und unselbstständig wahrgenomnen und nur so angesprochen werden. Dass Kirche sich öffentlich (nur) als Hospiz für die Lahmen und Blinden präsentiert.

Ist es ein Wunder, wenn die Stärkeren dann kein Interesse an Kirche zeigen, wenn sie sonst nichts zu bieten hat?

Ist Kirche nicht mehr als ein Trostangebot für Schwache in religiös verbrämtem Mantel?

Wo bleibt da ihre Verkündigung Jesu?

Und wer sind überhaupt "die Menschen"?! Wir sind doch kein Einheitsbrei.

Und wenn wir "die Menschen" sind, wer ist dann "die Kirche"?

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Gerhard Ingold
Am 31.5.2021 um 19:29 schrieb Mecky:

Da mir seit 23 Stunden niemand geantwortet hat, schreibe ich jetzt selbst einen Besinnungsaufsatz.

 

Wofür genau will ich Menschen gewinnen?

Erst mal ganz eigennützig: für mich!

 

Okay, das ist schon einmal sehr eigennützig. Aber da ich nicht im luftleeren Raum oder auf einer einsamen Insel lebe, hat das auch un-eigennützige Konsequenzen.

Zum Beispiel: Wenn ich mir vorwerfen lassen muss, dass ich andere im Stich lasse, sie hängen lasse und ihnen keinen Grund gegeben habe, ihnen wertvoll zu werden, dann geht es mir nämlich ausgesprochen schlecht. Ich fühle mich nicht nur abgelehnt, sondern auch erfolglos. Denn: Gibt es etwas Schöneres, als sich selbst sagen zu können, dass man andere Menschen nicht nur für sich eingenommen hat ("Du bist ein Blender!"), sondern ihnen tatsächlich weiterhelfen konnte?

 

Wofür will ich Menschen gewinnen? Dafür, dass sie sich von mir helfen lassen. Also dass sie mir vertrauen - und zwar berechtigt vertrauen.

Aber noch mehr: Es soll ihnen danach wirklich besser gehen. Ich erfreue mich am Wohlergehen anderer Menschen noch mehr, als ich mich über meine Vertrauenswürdigkeit freue. Da wird der Rahmen der Eigennützigkeit gesprengt - und zwar ganz deutlich.

 

Manchmal kann ich ihnen wirklich helfen, ein Problem zu bewältigen. Das ist schon mal gut.

Aber das reicht nicht aus. Weil gleich darauf 20 andere oder neue Probleme auftauchen. Bei 12 davon könnte ich theoretisch helfen, aber das ist eine Überforderung. Real schaffe ich wahrscheinlich nur eins - und auch dies nicht immer. Bei den anderen 8 kann ich gar nichts machen. Und bei 5 von den 8 kann überhaupt niemand was machen. Also: Hilfe zur Selbsthilfe? Schon mal ganz gut. Aber 2 von den verbleibenden Fünfen sind unzugänglich. Das sind irreversible, austherapierte, hartnäckige, lebensbegleitende Probleme bis zum Lebensende.

 

Wofür will ich Menschen gewinnen? 

Erst jetzt trete ich in den religiösen Bereich ein. Ich selber kann nichts tun, kein anderer kann dies, nicht einmal der Betroffene selbst.

Ich kann nur helfen, dass sich der andere Mensch nicht völlig verloren, verlassen, hilf- und schutzlos mit seinen Problemen im Regen steht.

Mit einem "geteiltes Leid ist halbes Leid" komme ich auch nur ein Stückchen weiter. 

Das ist wie bei Zahnschmerzen. Schön, wenn einem jemand zur Seite steht und Händchen hält und mitleidet. Naja ... ist das wirklich schön?

Wenn der Zahnschmerz bleibt, dann ist auch dieses Mitleiden eine hilflose Sache.

 

"Es gibt einen, der dann noch helfen kann, wenn nichts mehr hilft.

Es gibt einen, der dir Zukunft schenken kann, wenn die Welt mit Brettern vernagelt ist."

Ich richte meinen Blick auf das Kreuz. 

Kreuz als Sinnbild für eine solche hoffnungslose, ausweglose Situation, in der "nichts in der Welt" mehr helfen kann.

 

Wofür will ich Menschen gewinnen?

Diesem Menschen meine Hoffnung geben, dass es diesen Helfer gibt.

Ich kann dem Menschen nur so weit helfen, wie meine eigene Hoffnung trägt. Alles andere wirkt aufgesetzt.

Ich kann nur selbst mich an die Hoffnung klammern, dass der Mensch intuitiv erfasst, welche Hoffnung ich meine.

 

Für diese Hoffnung will ich Menschen gewinnen. Das ist der erste und wichtigste Punkt.

Erst danach kann ich Menschen helfen, die noch weit entfernt sind von diesem Tiefstpunkt,

dass sie so leben, dass sie beim Leben auch dieses Hoffen lernen.

Da jeder Mensch genügend irreversible Hoffnungsfresser in sich trägt,

kann ich ihn vielleicht dazu verleiten, von sich aus, also selbständig, zum Sucher zu werden

nach dieser Hoffnung und nach einem Lebensstil, der diese Hoffnungsfähigkeit befördert.

Dass er sich selbst seine Riten, Lieder, Geschichten, Lebensstrategien zusammensucht,

damit er nicht nackig dasteht, wenn es für ihn ernst wird 

und er mit der vollen Wucht der innerweltlichen Hoffnungslosigkeit konfrontiert wird.

 

Kirche ist dafür ein schöner Ideengeber, Gemeinschaftsgeber, Begleiter.

Es gibt allerdings noch andere Wege. Die müssen nicht unbedingt zur Kirche in Konkurrenz stehen.

Viele ließen sich in ein katholisches Leben integrieren. Nice to have - but not must.

 

Es ist letztlich die Geborgenheit in der Hoffnung, die ich weitergeben will.

Wenn es gelingt, ist dies ziemlich befriedigend für beide.

 

 

 

 

Fett von mir.

Du schreibst: 

"Wofür will ich Menschen gewinnen?

Diesem Menschen meine Hoffnung geben, dass es diesen Helfer gibt."

 

Verstehst Du das Problem der Sklaverei?

 

Fakt ist: Die Sklaven schrien lange schon, da war kein Gott noch Engelhelfer. Die Empathie für die Versklavten, Gehandelten, Gehaltenen und Geschundenen fehlte Menschen wie Jesus, den Kirchenvätern, Mohammed usw. bis ein Mensch wie William Wilberforce kam.

 

Nichts geschah im Negativen oder Positiven durch einen Gott. Immer waren es despotische Menschen wie Moses und Mohammed oder humanistische Menschen wie Jesus und William Wilberforce.

 

Also Menschen mit einem Gott Hoffnung zu machen, ist äußerst fragwürdig.  

 

Jesus war unter den Religionsstiftern der Einzige, der mit den sieben Grundgedanken ein besseres Miteinander und Füreinander gefordert hat.

 

Wie die Geschichte jedoch zeigt, ist er gescheitert. Mit dem Beginn des Götzendienstes - Dreieinigkeitslehre - begann im Christentum nicht nur der Götzendienst sondern auch Verbrechen gegen Andersglaubende und Andersdenkende.

 

Auf was baust Du also Deine Hoffnung auf?

 

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On 5/31/2021 at 7:29 PM, Mecky said:

Es ist letztlich die Geborgenheit in der Hoffnung, die ich weitergeben will.

Wenn es gelingt, ist dies ziemlich befriedigend für beide.

 

Erst mal vielen Dank, dass Du wieder hier geschrieben hast, und für eine ganze Reihe von Beiträgen.

Ich bin leider im Augenblick ein bisschen zu erschöpft, um gerade zu religiösen Themen so zu schreiben, wie ich das gerne können möchte.

 

Deshalb möchte ich mich lieber mit einer kleinen Anmerkung begnügen:

Die "Hoffnung" ist für mich nur ein Teil der Glaubenstrias aus Glaube-Liebe-Hoffnung.

In dieser Trias steht die "Liebe" auch noch für eine Erfahrung, die über die bloss menschliche Liebe hinaus geht.

Du hast das in den "Gedanken" zum Tag in einer Weise ausgedrückt, die mich an Ernesto Cardenal erinnert.

Mir ist das nur wichtig, weil ich unterstreichen möchte, dass ich die "Hoffnung" aus dem Glauben eben nicht nur als eine Art Reparaturmaßnahme für unsere mehr oder weniger gelungenen Leben sehe, sondern eben auch für die Hoffnung steht, einmal zu erfahren, dass uns Menschen eine Art kosmisch-göttliche Zugehörigkeit zusteht.

Diese Erfahrung der Realität der "Gotteskindschaft" (sind leider alles nur Worte) ist eben nicht nur Hoffnung, sondern auch Bestimmung und "ganz andere" Realität.

Auch wenn ich heute nicht die richtigen Worte dafür finde: Kirche ist noch so viel mehr, tatsächlich in einem Ideal "mystischer Leib", wenn sie auf diese Erfahrung hindeuten kann.

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