Abaelard Geschrieben 18. August 2020 Melden Share Geschrieben 18. August 2020 (bearbeitet) Was ist die Bibel? Wort Gottes? Unerschöpfliches Streitobjekt? Offenbarung? Nicht Offenbarung, sondern nur Zeugnis der Offenbarung? Eine Sammlung von religiösen Phantastereien, die nicht Gott, sondern menschlichen Gehirnen entsprungen sind? Glaubende Geschichtsdeutung? Druckerschwärze auf vielen Papierseiten? Ein Segen für die Papierindustrie? Ein ökonomischer Mikrokosmos: Die Bibel als (der am wenigsten gelesene) Bestseller? Quelle unsäglicher Missverständnisse und von Macht- und Gewaltlegitimation? Ein Buch, dessen Nichtexistenz ein Segen für die Menschheit wäre? Ein Buch, über das Jugendverbot zu verhängen ist? Ein Buch, vor dem man ebenso niederkniet wie vor dem Herrenleib in der eucharistischen Hostie? Betätigungsfeld für Textwissenschafter, die sonst arbeitslos wären? Eine unter den vielen Heiligen Schriften der Weltkulturen? Ein Buch für Naive? Ein Buch für Intellektuelle? Ein künstlich hochstilisiertes Buch, dessen Texte oft weniger belebend und erbauend wirken als Texte aus profaner Literatur? (Sollte dieses Thema in diesem Forum ohnedies schon diskutiert worden sein, bitte den Thread rasch löschen!) bearbeitet 18. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 18. August 2020 Melden Share Geschrieben 18. August 2020 Eine Sammlung von Erfahrungen, die Menschen mit ihrem Glauben gemacht haben bzw. mit ihrem Glauben in Verbindung gebracht haben. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 18. August 2020 Melden Share Geschrieben 18. August 2020 vor 7 Minuten schrieb Lothar1962: Eine Sammlung von Erfahrungen, die Menschen mit ihrem Glauben gemacht haben bzw. mit ihrem Glauben in Verbindung gebracht haben. Nicht ganz! Nicht eine Sammlung, sondern eher eine Auswahl aus solchen Schriften. Und damit kommen wir dann in die Kirchenpolitik. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) Num 5 Und der HERR redete mit Mose und sprach: Sage den Israeliten und sprich zu ihnen: Wenn irgendeines Mannes Frau ihm untreu wird und sich an ihm versündigt und jemand bei ihr liegt und es bliebe dem Mann verborgen und es würde nicht entdeckt, ... so soll der Mann sie zum Priester bringen und ein Opfer ihretwegen darbringen... Denn es ist ein Eifersuchtsopfer, ein Erinnerungsopfer, das Schuld ans Licht bringt. 16 Und der Priester soll sie heranführen und vor den HERRN stellen 17 und heiliges Wasser nehmen in ein irdenes Gefäß und Staub vom Boden der Stiftshütte ins Wasser tun. .... Und der Priester soll in seiner Hand das bittere, fluchbringende Wasser haben 19 und soll die Frau beschwören und zu ihr sagen: Hat kein Mann bei dir gelegen und bist du deinem Mann nicht untreu geworden, dass du dich unrein gemacht hast, so soll dir dies bittere, fluchbringende Wasser nicht schaden. 20 Wenn du aber deinem Mann untreu geworden bist, dass du unrein wurdest, und hat jemand bei dir gelegen außer deinem Mann, – 21 so soll der Priester mit einem Verwünschungsschwur die Frau beschwören und zu ihr sagen: Der HERR mache deinen Namen zum Fluch und zur Verwünschung unter deinem Volk, dadurch, dass der HERR deine Hüfte ("Hüfte" kann in der Bibel euphemistischer Ausdruck für die Scham sein; Anm.: Abaelard] schwinden und deinen Bauch schwellen lässt. 22 So gehe nun das fluchbringende Wasser in deinen Leib, dass dein Bauch schwelle und deine Hüfte schwinde! Und die Frau soll sagen: Amen! Amen! 23 Dann soll der Priester diese Flüche auf einen Zettel schreiben und mit dem bitteren Wasser abwaschen 24 und soll der Frau von dem bitteren, fluchbringenden Wasser zu trinken geben. Und wenn das fluchbringende, bittere Wasser in sie gegangen ist, 25 soll der Priester ... der Frau das Wasser zu trinken geben. 27 Und wenn sie das Wasser getrunken hat und unrein ist und sich an ihrem Mann versündigt hat, so wird das fluchbringende Wasser in sie gehen und ihr zum Verderben werden, dass ihr der Bauch schwellen und die Hüfte schwinden wird, und es wird die Frau zum Fluch werden unter ihrem Volk. 28 Hat sich aber eine solche Frau nicht unrein gemacht, sondern ist sie rein, so wird's ihr nicht schaden und sie kann schwanger werden. 29 Das also ist die Ordnung bei Eifersucht: Wenn eine Frau ihrem Mann untreu ist und unrein wird 30 oder wenn der Geist der Eifersucht über einen Mann kommt und er auf seine Frau eifersüchtig wird, so stelle er sie vor den HERRN und der Priester tue mit ihr alles nach diesem Gesetz. 31 Und der Mann soll frei sein von Schuld; aber die Frau soll ihre Schuld tragen. Was macht diesen Text zum Wort Gottes? Worum wäre die Welt ärmer, wenn sie dieses Textstück nicht besäße? Das oben angerissene Gottesurteil erinnert ein wenig an die sog. Hexenprobe (Hat die mutmaßliche Hexe Wasserauftrieb, ist sie als Hexe erwiesen und muss sterben. Geht sie unter, erübrigen sich weitere Maßnahmen ohnedies). Was ist gewonnen mit dem hermeneutischen Gemeinplatz: Dieser Text aus 4 Mose ist ein archaischer Text, den musst du aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen? Ich kann nicht alle historischen Ereignisse "aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen" ! So werde ich mich z.B. nie dafür hergeben, Kapitalverbrecher wie Hitler, Stalin, Napoleon und Consorten "aus ihrer Zeit heraus" zu verstehen. Ich verbiete und verbitte mir, solche Mega-Kriminelle jemals zu verstehen. Hitler zu "verstehen" halte ich für eine Sünde. Er darf nicht verstanden werden! Muss unverstanden bleiben! Wer sich um ein "Verstehen" des Holokaust bemüht, ist mir verdächtig. Solche Dimensionen der Menschenverachtung entziehen sich dem Verstehen. bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 16 Minuten schrieb Abaelard: Ich kann nicht alle historischen Ereignisse "aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen" ! So werde ich mich z.B. nie dafür hergeben, Kapitalverbrecher wie Hitler, Stalin, Napoleon und Consorten "aus ihrer Zeit heraus" zu verstehen. Ich verbiete und verbitte mir, solche Mega-Kriminelle jemals zu verstehen. Hitler zu "verstehen" halte ich für eine Sünde. Er darf nicht verstanden werden! Muss unverstanden bleiben! Wer sich um ein "Verstehen" des Holokaust bemüht, ist mir verdächtig. Solche Dimensionen der Menschenverachtung entziehen sich dem Verstehen. Wer nicht versteht, kann nicht ändern und erst recht nicht verhindern. bearbeitet 19. August 2020 von Flo77 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 35 Minuten schrieb Abaelard: Ich kann nicht alle historischen Ereignisse "aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen" ! So werde ich mich z.B. nie dafür hergeben, Kapitalverbrecher wie Hitler, Stalin, Napoleon und Consorten "aus ihrer Zeit heraus" zu verstehen. Ich verbiete und verbitte mir, solche Mega-Kriminelle jemals zu verstehen. Hitler zu "verstehen" halte ich für eine Sünde. Er darf nicht verstanden werden! Muss unverstanden bleiben! Wer sich um ein "Verstehen" des Holokaust bemüht, ist mir verdächtig. Solche Dimensionen der Menschenverachtung entziehen sich dem Verstehen. Die deutsche Sprache kennt das Verstehen, das Verständnis und das Einverständnis. Ich habe schon häufiger bemerkt (nicht bei Dir bislang), daß es eine zunehmende gewisse Armut des Vokabulars gibt. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 Zur Threadfrage: die Bibel ist das Buch der Kirche. Von ihr wurde das Inhaltsverzeichnis festgelegt; sie hat den Glauben der Apostel, der dort verschriftlicht wurde (ohne jemals Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben). Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 23 Minuten schrieb Flo77: Wer nicht versteht, kann nicht ändern und erst recht nicht verhindern. Die Annahme, dass ich Hitler durch Verstehen ändern und verhindern könnte, halte ich für einigermaßen verwegen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 5 Minuten schrieb rorro: Die deutsche Sprache kennt das Verstehen, das Verständnis und das Einverständnis. Du hast es aber wirklich nett. Kannst dir´s aussuchen, ob du dem angeführten Bibeltext Verstehen, Verständnis oder Einverständnis entgegenbringen willst. Wofür hast du dich entschieden? Und was ist das Resultat deines Verstehens bzw. deines Verständnisses bzw. deines Einverständnisses? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 33 Minuten schrieb Abaelard: Die Annahme, dass ich Hitler durch Verstehen ändern und verhindern könnte, halte ich für einigermaßen verwegen. Ich nehme an, daß Du keine Tardis hast und Dein Geburtsjahr eher nach 1930 liegt und daher halte ich es für unmöglich, daß DU Hitler rückwirkend ändern oder verhindern könntest. Aber - auch wenn es vielleicht vermessen ist und von großer Naivität meinerseits zeugen könnte - ich halte es zumindest für denkbar, daß Du des sinnerfassenden Lesens mächtig und des logischen Denkens fähig bist. Außerdem entnehme ich Deinem Posting eine gewisse leidenschaftliche Aversion gegen den Herrn H. aus B., was mich dann doch auf die Idee kommen lässt, daß es deinerseits ein nicht unbeträchtliches Interesse vorhanden ist, politische Verhältnisse wie von diesem österreichischen Gastarbeiter verursacht nach Kräften zu verhindern. Um zu einer solchen Verhinderung allerdings befähigt zu sein, ist das Wissen um die Zusammenhänge, die Kausalitäten und Voraussetzungen, die das betreffende Regime nicht nur populär sondern auch noch - zumindest vorrübergehend - machtpolitisch erfolgreich gemacht haben, unabdingbar. Die Verweigerung des Verstehenwollens historischer Zusammenhänge steht für mich stellvertretend für die Haltung aus der Geschichte - und damit auch aus den Fehlern der Vergangenheit - nicht nur nicht lernen sondern das Risiko der Wiederholung bewusst eingehen zu wollen. (Und ich glaube, ich sollte weniger Malmsheimer hören) bearbeitet 19. August 2020 von Flo77 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 15 Minuten schrieb Abaelard: Die Annahme, dass ich Hitler durch Verstehen ändern und verhindern könnte, halte ich für einigermaßen verwegen. Dass man Hitler nicht verhindern kann, sehe ich als trivial an, der war nun mal in der Vergangenheit und lässt sich daher auch nicht mehr verhindern. Man kann es natürlich machen wie es die Japaner eine Zeitlang mit dem 2. Weltkrieg machten: "Ja, damals gab es eine schlimme Zeit, aber das war ein anderes Land, nicht unseres". In der Türkei gibt es bezüglich der Armenier-Genozide eine ähnliche Sichtweise. Wenn ich weiß, dass Hitler nicht aus dem Nichts vom Himmel gefallen ist sondern als Tiefpunkt einer Geschichte, die in den 1870ern begonnen hat, kann ich diese Entwicklung analysieren und mir zumindest überlegen, ob und ggf. welche Analogien es heute (oder in der Zukunft) geben könnte und wo es vielleicht Eingriffsmöglichkeiten gibt, so dass man so etwas verhindern kann. Wenn ich mich weigere, die Umstände zu verstehen und davon ausgehe, dass Hitler ohne jegliche Vorgeschichte einfach so aufgetaucht (und nach 1945 genauso einfach wieder verschwunden) ist, dann wird man dem Phänomen "3. Reich" auch nicht gerecht. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 9 Minuten schrieb Lothar1962: Dass man Hitler nicht verhindern kann, sehe ich als trivial an, der war nun mal in der Vergangenheit und lässt sich daher auch nicht mehr verhindern. Ja, richtig, aber ... vielleicht entdecken wir irgendwann die Möglichkeit von Zeitreisen, und dann bekommt der Begriff „Geschichtsrevisionismus“ noch mal eine ganz neue Bedeutung. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor einer Stunde schrieb Abaelard: Was ist gewonnen mit dem hermeneutischen Gemeinplatz: Dieser Text aus 4 Mose ist ein archaischer Text, den musst du aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen? Ich kann nicht alle historischen Ereignisse "aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen" ! Doch, ansonsten verstehe ich sie nämlich überhaupt nicht, sondern grusle mich nur davor. Natürlich ist ein Text aus 4. Mose in seiner Zeit entstanden, wann denn sonst? Und heute steht er in der Bibel, weil man irgendwann mal beschlossen hat, den Kanon der Bibel abzuschließen, die Bibel so bestehen zu lassen, wie sie eben besteht. Nachdem es eben nicht nur die Bibel als Grundlage des Glaubens gibt - nicht mal bei den strengsten Reformierten - sondern auch etwas, was wir Katholiken als Tradition bezeichnen, kann man solche heutzutage völlig unpassenden Stellen ausblenden. Dies scheint auch ganz gut zu funktionieren, ich habe in meiner langen und sehr diversifizierten christlichen persönlichen Geschichte niemals einen Bezug - egal in welcher Art auf diese Stelle gehört, ich wusste bis gerade eben nicht mal, dass es diese Stelle gibt. Natürlich halte ich diese Stelle für völlig daneben und im völligen Widerspruch zum verfassten christlichen Glauben - auch wenn ich im Hinterkopf habe, dass in der Zeit, als diese Stelle geschrieben wurde, ziemlich viel Aberglaube bestanden hat, einfach mangels Wissen. Wie ich schon schrieb: Die Bibel ist eine Sammlung von Glaubenserfahrungen und solche können nur gemacht werden in dem Kontext, in dem man lebt. Wie auch sonst. Hätten die Leute damals schon "Du sollst nicht links blinken, wenn Du rechts abbiegst" kennen sollen? Die Glaubenserfahrungen sind auch dann da, wenn sie aus heutiger Sicht bizarr oder gar misanthrop sind. Die von Dir zitierte "Hexenprobe" aus 4. Mose zeigt IMO ganz gut, dass sich der Glaube über die Zeit weiterentwickelt hat. Und sollte ein Christ wirklich auf die Idee kommen, das wörtlich zu nehmen, dann stimmt entweder bei ihm im Hirn oder in seiner ganzen Gesellschaft einiges nicht. Auch wenn mir einige Christen hier sicherlich nicht zustimmen werden: Die Religion war eigentlich nur sehr selten dazu in der Lage, Missstände der Gesellschaft zu verhindern. Dies scheint mir daher nicht die primäre Aufgabe des Christentums zu sein. Denn wäre es das, müsste man es als gescheitert ansehen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 3 Minuten schrieb Marcellinus: Ja, richtig, aber ... vielleicht entdecken wir irgendwann die Möglichkeit von Zeitreisen, und dann bekommt der Begriff „Geschichtsrevisionismus“ noch mal eine ganz neue Bedeutung. Und irgendjemand schenkt seinen Eltern ein Kondom... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 11 Minuten schrieb Lothar1962: vor 17 Minuten schrieb Marcellinus: Ja, richtig, aber ... vielleicht entdecken wir irgendwann die Möglichkeit von Zeitreisen, und dann bekommt der Begriff „Geschichtsrevisionismus“ noch mal eine ganz neue Bedeutung. Und irgendjemand schenkt seinen Eltern ein Kondom... Oder geht in die Vergangenheit und erschießt seinen Vater vor der eigenen Zeugung. Über solche Zeitparadoxona haben Science Fiction Autoren schon oft nachgedacht. Die im Moment verbreitetste Ansicht ist wohl, daß man die Vergangenheit nicht ändern kann, sondern daß es unendlich viele Vergangenheiten gibt, und man einfach in eine wechselt, in der jemand anderes der eigene Vater ist. Wie dem auch sei, ich neige dazu, daß das als Einziges, neben der menschlichen Dummheit, unsere Fantasie wirklich grenzenlos ist. Aber vielleicht stimmt auch das nicht, und wir können uns nur die Grenzen unserer Fantasie nicht vorstellen. Man sieht auch hier: man kommt zur Metaphysik, indem man beim Nachdenken über eine Sache dem Denken selbst den Vorrang vor der Sache gibt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 44 Minuten schrieb Lothar1962: Wenn ich mich weigere, die Umstände zu verstehen und davon ausgehe, dass Hitler ohne jegliche Vorgeschichte einfach so aufgetaucht (und nach 1945 genauso einfach wieder verschwunden) ist, dann wird man dem Phänomen "3. Reich" auch nicht gerecht. Dann weigere dich nicht, die Umstände des angeführten Bibeltextes zu verstehen und gehe nicht davon aus, dass die gottbefohlene Urteilsfindung per Schmutzwasser ohne Vorgeschichte einfach so auftaucht, dann wirst du dem Phänomen, das in der besagten Bibelperikope zutage tritt, gerecht? bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor einer Stunde schrieb Flo77: halte ich es für unmöglich, daß DU Hitler rückwirkend ändern oder verhindern könntest. Was meinst du, wie oft schon bspw. Jesus rückwirkend verändert worden ist? Übrigens: Geschichtsschreibung kann alles! Sie versteht einfach alles aus der Zeit heraus. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 1 Stunde schrieb Abaelard: Ich kann nicht alle historischen Ereignisse "aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen" ! Oh, „Verstehen“ ist in den historischen Wissenschaften ein weites Feld, „Hermeneutik“ genannt. Böse Zungen behaupten, daran sähe man, daß die Historik keine Wissenschaft ist, sondern eher Philosophie an historischen Beispielen. Zitat So werde ich mich z.B. nie dafür hergeben, Kapitalverbrecher wie Hitler, Stalin, Napoleon und Consorten "aus ihrer Zeit heraus" zu verstehen. Ich verbiete und verbitte mir, solche Mega-Kriminelle jemals zu verstehen. Hitler zu "verstehen" halte ich für eine Sünde. Er darf nicht verstanden werden! Muss unverstanden bleiben! Wer sich um ein "Verstehen" des Holokaust bemüht, ist mir verdächtig. Solche Dimensionen der Menschenverachtung entziehen sich dem Verstehen. Über das „Verstehen“ hat ja @rorro schon dankenswerterweise etwas geschrieben. Es geht hier nicht um Verstehen als Verständnis, und schon gar nicht als Einverständnis, sondern als Einsicht in Zusammenhänge. Die Alternative wäre, diese Gewaltverbrecher zu quasi magischen Erscheinungen zu erklären, die sich jeder naturalistischen Betrachtung entziehen. Dann bliebe zB unverständlich, warum diese Menschheitsverbrecher gerade zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt gehäuft auftreten, denn Lenin, Mao, Mussolini, Franco und Pol Pot haben wir ja noch gar nicht erwähnt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 7 Minuten schrieb Abaelard: Was meinst du, wie oft schon bspw. Jesus rückwirkend verändert worden ist? Nicht Jesus wurde „rückwirkend verändert“, nur die Geschichten über ihn. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 38 Minuten schrieb Marcellinus: Böse Zungen behaupten, daran sähe man, daß die Historik keine Wissenschaft ist, sondern eher Philosophie an historischen Beispielen. 😁 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 2 Stunden schrieb Abaelard: Die Annahme, dass ich Hitler durch Verstehen ändern und verhindern könnte, halte ich für einigermaßen verwegen. Den nächsten Hitler. Und ja, auch das ist verwegen, denn wie man heutzutage sieht, machen viele trotz dauerhafter Medienbeschallung zum Verstehen des vergangenen Hitlers die Augen vor den akuten Gefahren zu. Kaum wechselt die Hemdenfarbe, schon versteht niemand mehr was. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) Habe mal ein kleines Experiment gemacht. War in einem Kloster zum Mittagessen eingeladen. Konnte es arrangieren, dass ich neben einem Pater Stefan (Name geändert) zu sitzen kam. Pater Stefan ist Dozent für Altes Testament. Mittlerweile Prof. emeritus. "Pater Stefan", sagte ich, "grad vorhin habe ich in der Bibel einen sonderbaren Satz gelesen, der mir überhaupt nicht im Ohr ist und so grotesk vorkommt". P. Stefan: Ja, was denn? Ich: "Dieser biblische Satz klingt dermaßen verschwurbelt, dass ich ihn mir wörtlich gemerkt habe: Beim Mondenschein bellt sogar die Hindin den Frühling herbei." P. Stefan wiederholt für sich selbst leise und prüfend den Satz: Beim Mondenschein --- bellt sogar die Hindin --- den Frühling herbei." Dann meint er: "Naaa, das kann nicht sein. Ein so sonderlich klingender Satz wäre mir längst aufgefallen. Wo willst du denn diesen Satz gelesen haben?" Schon meinte ich, das Spiel verloren zu haben. Stefan ist zu clever, als dass er sich von mir an der Nase herumführen lässt. Ich blieb aber hartnäckig: "Ja, ich habe ihn doch grade eben vor dem Mittagessen in der Bibel, die in eurer Gästezelle aufliegt, gelesen. Muss etwa so in der zweiten Hälfte des Buches Jesus Sirach gewesen sein. Sofort nach dem Essen zeig ich dir Stelle im AT." "Naja", lenkte P. Stefan ein, "mein Forschungsgebiet ist ja bekanntlich der Pentateuch und nicht die Weisheitsliteratur, da könnte es schon sein, dass mir dieser Satz nie aufgefallen ist, zumal das Sirachbuch mit seinen über 50 Kapiteln relativ umfänglich ist. In welchem Zusammenhang taucht denn dieser Satz auf?" Ich: "Weiß ich leider nicht, ich bin einfach bei einer spontanen Schmökerei in der Bibel auf diesen Satz gestoßen." Dann vergaß der gute Pater Stefan beinahe auf das Essen und versuchte mir während der gesamten Essenszeit eine Erklärung nach der andern zu bieten, was denn der Sinn dieses Satzes sein könnte. Freilich mit dem Hinweis: "Genaueres kann ich dir erst sagen, wenn wir uns nach dem Essen gemeinsam die Stelle in ihrem Kontext anschauen." Ich hätte mir erwartet, dass P. Stefan souverän sagt: "Ob dieser Satz so im AT steht, kann ich nicht aus dem Ärmel heraus bestätigen. Aber wenn er drin steht, dann ist es ein Unsinn!" Moral von der Geschicht: Stünden in der Bibel noch so viele Nonsense-Texte, sie würden aufgrund des gläubigen Vorverständnisses, wonach die Bibel das unfehlbare Wort Gottes ist, nicht als solche erkannt werden. Jede unverständliche Unsinnsbehauptung würde "aus dem Kontext und der Zeit heraus" als geistreiche Offenbarung gerettet werden. Sag mir einen x-beliebigen doofen Satz, den ich nicht in einen nachträglichen Rahmen einfügen könnte, in dem der doofe Satz dann doch einen akzeptablen Sinn zu ergeben scheint. bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 2 Stunden schrieb Marcellinus: Nicht Jesus wurde „rückwirkend verändert“, nur die Geschichten über ihn. Das meinte ich ja mit meiner Redeweise. So etwas nennt man metonymischen Sprachgebrauch: "Die ganze Stadt war unterwegs." Nicht eigentlich die ganze Stadt ist unterwegs, sondern ihre Bewohner 😉 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) Ich warte immer noch begierig auf die Erschließung der ungeheuren Weisheit, die sich in Num 5, 11 ff. verbergen soll. Wer erbarmt sich meiner? Du, Marcellinus? 😁 bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 51 Minuten schrieb Abaelard: Ich warte immer noch begierig auf die Erschließung der ungeheuren Weisheit, die sich in Num 5, 11 ff. verbergen soll. Wer erbarmt sich meiner? Du, Marcellinus? 😁 Wenn ein Kind sich dem Spinat verweigert, bricht man ihm auch nicht den Kiefer auf und füllt es gewaltsam ein. (Buch der Weisheit) 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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