Flo77 Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor einer Stunde schrieb Abaelard: des gläubigen Vorverständnisses, wonach die Bibel das unfehlbare Wort Gottes ist, Woher bitte stammt diese - nun ja - kuriose These. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) Weiteres Experimenterl von mir mit einem kath. Theologieprofessor: Ich: Herr Prof, hat der Gott, an den Sie glauben, die Israeliten jemals aufgefordert, die kanaanäischen Völker auszurotten? Prof: Ja nun ... hm, es handelt sich immerhin um eine geoffenbarte Wahrheit. Gott ist souverän, er hat sich nicht an unsere Vorstellungen von Gut und Böse zu halten. Sie dürfen so einen Satz nicht einfach aus dem Zusammenhang reißen! Ich: Gut, dann darf ich Sie jetzt bitten, nicht den gleichen Fehler zu begehen wie ich. Sagen Sie mir einfach, was dieser Satz bedeutet, wenn Sie ihn im Zusammenhang belassen. Prof.: Also ich bin Prof. für ökumenische Theologie und kein Fachexeget! (Dass die Gelehrten heute vielfach annehmen, dass Israel selber aus der kanaanäischen Bevölkerung erwachsen ist und kaum gewaltsame Landnahmekämpfe stattgefunden haben, wäre ein eigenes Thema) bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 3 Stunden schrieb Flo77: Wenn ein Kind sich dem Spinat verweigert, bricht man ihm auch nicht den Kiefer auf und füllt es gewaltsam ein. (Buch der Weisheit) Dieser Spruch ist viel zu weise, als dass es denkbar wäre, er könnte nicht in der Hl. Schrift stehen. Und wenn er doch nicht drin stehen sollte, hast du ihn richtig gut erfunden. bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 4 Stunden schrieb Abaelard: Ich warte immer noch begierig auf die Erschließung der ungeheuren Weisheit, die sich in Num 5, 11 ff. verbergen soll. Wer erbarmt sich meiner? Du, Marcellinus? 😁 Da fragst du mit einem Ungläubigen nun gerade den richtigen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 10 Stunden schrieb Abaelard: Was ist gewonnen mit dem hermeneutischen Gemeinplatz: Dieser Text aus 4 Mose ist ein archaischer Text, den musst du aus der Zeit und dem Kontext heraus verstehen? Damit wäre ein Verstehen gewonnen. Das setzt voraus, daß man sich u.a. erkundigt, wie die Nachbarvölker Israels in solchen Fällen vorgingen, wie die Kanaaniter vorgingen, was generell damals so im israelischen Umfeld Usus war. Doch auf Verstehen kommt es Dir ja nicht an, das hast Du zu Genüge bewiesen. Du weißt ja schon alles. Zumindest hast Du eine Meinung zu allem. Das wird ja sicher aufgrund mannigfaltigen Wissens so sein, sonst würdest Du Dich ja hier ständig lächerlich machen. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 8 Stunden schrieb Marcellinus: Über das „Verstehen“ hat ja @rorro schon dankenswerterweise etwas geschrieben. Es geht hier nicht um Verstehen als Verständnis, und schon gar nicht als Einverständnis, sondern als Einsicht in Zusammenhänge. Genau das ist der Punkt. Natürlich ist es gut, wenn Gründe, Motive, Faktoren, Umstände zusammengetragen werden, die erklären helfen, warum es zu einer bestimmten geschichtlichen Entwicklung gekommen ist oder warum Hitler zu dem geworden ist, was er de facto war. Damit ist aber Hitler noch lange nicht verstanden in dem Sinn, dass ich Gründe angeben könnte dafür, dass es so kommen musste, wie es faktisch gekommen ist. Man kann Gründe angeben, warum es so kommen konnte, nicht aber dafür, dass es so kommen musste. Denn die Geschichte geschieht nicht naturnotwendig. Nicht nach Geschichtsgesetzen, die man den Naturgesetzen gleichstellen könnte, sondern Geschichte wird gemacht, und zwar von mit Freiheit ausgestatteten Subjekten. Daher gilt immer: Es hätte auch anders kommen können. Geschichte ist nicht naturwüchsig. Die mehr oder weniger determinierte Naturgeschichte verläuft anders (!) als Freiheitsgeschichte/Geistesgeschichte: Viele Reaktionen der menschlichen Seele sind nicht logisch, wohl aber psycho-logisch. Für die menschliche Freiheit lassen sich eben nicht Regelmäßigkeiten/Gesetzmäßigkeit finden, wie das für die Naturdinge und noch einigermaßen für die Psyche gilt. Freiheit ist Un-Berechenbarkeit. Du agierst irrational, wenn du der menschlichen Freiheit nicht irrationales oder auch überrationales Verhalten zugestehst; wenn du meinst, es gebe so etwas wie Regelhaftigkeiten der Geschichte, die den Gang der Geschichte berechenbar machen würden. Analogien in den geschichtlichen Vorkommnissen geben dir nicht die Gewissheit, dass es nicht auch ganz anders als "berechnet" kommen kann. Aus dem Kultopus der Frankfurter Schule "Dialektik der Vernunft" können wir genau das lernen, << dass die von der Aufklärung bestimmte Rationalität in der Gefahr steht, selbst irrational zu werden. Wenn nämlich der Mensch versucht, alles rational zu erklären, ... dann muss er damit rechnen, am Ende selbst verplant zu werden. Wo alles unter dem Gesichtspunkt der Berechenbarkeit betrachtet wird, wird auch der Mensch zu einer antlitzlosen Nummer.... Die Grundvoraussetzung der Aufklärung besteht darin, die menschliche Vernunft zum Maßstab allen Verstehens und Verhaltens zu machen. Damit geht die Aufklärung von der prinzipiellen Vernünftigkeit aller Wirklichkeit und, indem sie alles mit den gleichen Prinzipien der Vernunft begreifen will, von der prinzipiellen Gleichartigkeit allen Geschehens aus. Geht man aber von einer solchen grundsätzlichen Gleichartigkeit und Vergleichbarkeit allen Geschehens aus, dann ... gibt es grundsätzlich nichts Neues mehr unter der Sonne; dann beherrscht der Primat des Allgemeinen alles Besondere und Einmalige.>> Walter Kaspar Also: Die Vernunft läuft Gefahr, ins Unvernünftige umzukippen, wenn sie nicht ihre Grenze an der Freiheit des Menschen anerkennt. Vieles, was der menschlichen Freiheit entspringt, ist nicht logisch (vernünftig), wohl aber anthropo-logisch. Eine Vernunft, die die Freiheit verstehen will, d.h. berechenbar machen will, ist unvernünftig. In diesem Sinn: probier erst gar nicht, Hitler zu verstehen! Hitler ist ein Stück weit erklärbar (aus Frustrationen in seiner Jugend etc), aber gewiss nicht verstehbar. bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 28 Minuten schrieb rorro: Zumindest hast Du eine Meinung zu allem. Dafür entschuldige ich mich sehr! 😋 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb Marcellinus: Da fragst du mit einem Ungläubigen nun gerade den richtigen. Darf ich dich ein bisschen vereinnahmen? Ich halte dich für gläubig, du weißt es nur nicht, dass du es bist. bearbeitet 19. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 19. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor 41 Minuten schrieb rorro: Doch auf Verstehen kommt es Dir ja nicht an, das hast Du zu Genüge bewiesen. Ich finde, du gehst schon ein bisschen streng mit mir ins Gericht. Warum sollte ich dich nicht verstehen wollen? Vielleicht darf ich dir die Frage zum gegenständlichen Bibeltext Num 5, 11 ff andersherum stellen. Wieso legt die Kirche wert darauf, mir diesen Text vorzulegen? Was soll der Nutzen, Sinn, Gewinn davon sein, dass ich diesen Text lese? Denn die Kirche empfiehlt ja die Bibellektüre. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 (bearbeitet) vor einer Stunde schrieb Abaelard: Darf ich dich ein bisschen vereinnahmen? Ich halte dich für gläubig, du weißt es nur nicht, dass du es bist. Würde ich dich und deine Art zu schreiben nicht ein bißchen mögen, würde ich dir das sehr, sehr übel nehmen. So sage ich einfach nur, daß ich genügend Innenschau betrieben habe, um das sicher ausschließen zu können. P.S.: Wir können das aber gern diskutieren. Mich würde interessieren, wie du darauf kommst. bearbeitet 19. August 2020 von Marcellinus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 19. August 2020 Melden Share Geschrieben 19. August 2020 vor einer Stunde schrieb Abaelard: Damit ist aber Hitler noch lange nicht verstanden in dem Sinn, dass ich Gründe angeben könnte dafür, dass es so kommen musste, wie es faktisch gekommen ist. Man kann Gründe angeben, warum es so kommen konnte, nicht aber dafür, dass es so kommen musste. Denn die Geschichte geschieht nicht naturnotwendig. Nicht nach Geschichtsgesetzen, die man den Naturgesetzen gleichstellen könnte, sondern Geschichte wird gemacht, und zwar von mit Freiheit ausgestatteten Subjekten. Daher gilt immer: Es hätte auch anders kommen können. Geschichte ist nicht naturwüchsig. Die mehr oder weniger determinierte Naturgeschichte verläuft anders (!) als Freiheitsgeschichte/Geistesgeschichte: Viele Reaktionen der menschlichen Seele sind nicht logisch, wohl aber psycho-logisch. Im ersten Teil stimme ich dir zu, im zweiten nicht. In meinem Verständnis hat dieses Universum drei Integrationsebenen, die physikalische, die biologische und die soziale, menschliche. Alle drei haben ihre eigenen Entwicklungen, und die haben Regelmäßigkeiten, die wir als Beobachter in theoretischen Entwicklungsmodellen zu beschreiben versuchen. Auf der physikalischen Ebene haben wir noch am ehesten Gesetzmäßigkeiten, die eine gewissen Zwangsläufigkeit zu haben scheinen, jedenfalls ab einem gewissen Zeitpunkt. Die Entwicklung auf der biologischen Ebene, gemeinhin Evolution genannt, läßt sich zwar prinzipiell beschreiben, aber nicht vorhersagen, und für die soziale Entwicklung der Menschenwelt gilt dies noch viel mehr. Auch da gibt es Regelmäßigkeiten, in der Entwicklung der Gesellschaften wie der der einzelnen Menschen, die diese Gesellschaften bilden, aber von Determinismus kann keine Rede sein, aber das gilt eben mehr oder weniger auch für die zwei anderen Integrationsebenen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 20. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 20. August 2020 (bearbeitet) vor 11 Stunden schrieb Marcellinus: aber von Determinismus kann keine Rede sein Ich teile deine Ausführungen und verstehe nicht, wo du einen Widerspruch zu den meinigen ortest. Je mehr das wissenschaftliche Bemühen ihren Gegenstand verlegt von der unbelebten Natur über die Tierwelt zur Freiheit und Individualität des Menschen hin, desto schwieriger und unzuverlässiger werden allgemeingültige Aussagen, also die Feststellung von Regelhaftigkeiten/Gesetzmäßigkeiten. Ein entdecktes soziologisches Gesetz ist nicht von der selben Stringenz wie eine Regel, die in der Physik gefunden wurde. Der Grad der Determiniertheit nimmt in dem Spektrum, das von anorganischer Materie bis hin zur Freiheit des Menschen reicht, ab. Aber auch schon die inneratomaren Vorgänge (Quantenverhalten) sind nicht vollständig determiniert. Vielleicht kannst du kurz erläutern, was dich zur Aussage veranlasst hat: aber von Determinismus kann keine Rede sein bearbeitet 20. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 20. August 2020 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 20. August 2020 vor 21 Stunden schrieb Abaelard: Ich warte immer noch begierig auf die Erschließung der ungeheuren Weisheit, die sich in Num 5, 11 ff. verbergen soll. Das Eifersuchtsgesetz aus 4. Mose 5, 11-31 ist ein sehr frühe Rechtsregelung zum Schutz von Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft, wahrscheinlich die früheste. Die Regelung stellt zudem Eifersucht als gesellschaftlich unerwünscht dar. Der Text stammt wahrscheinlich aus nachexilischer Zeit, hat aber sicher Wurzeln in älterer Rechtssprechung. Das beschriebene Verfahren ist nur scheinbar ein Ordal, also ein Gottesurteil. Tatsächlich kann der beschuldigten Frau, sofern sie sich unschuldig fühlt, nichts passieren. Sie muss Wasser trinken, in dem sich etwas Staub und eine Spur Tinte befinden. Das ist alles. Die Herstellung des "Bitterwassers" wird genau beschrieben. Es ist völlig harmlos und kann nur psychisch wirken, ähnlich wie Voodoo und sämtliche anderen heute noch gebräuchlichen magischen Riten. Wer sich schuldig fühlt, bekommt Bauchschmerzen. Deshalb auch das ganze Brimborium mit dem Schwur und der ins Wasser gewaschenen Schrift. Gegenüber früheren Gesetzeswerken ist das eine deutliche Verbesserung, ja eigentlich eine Umkehrung. Im sumerischen Codex Ur-Sammu und im Codex Hammurapi (1800 v. Chr.) werden Frauen, die des Ehebruchs verdächtigt werden, tatsächlich noch in den nächstbesten Fluss geworfen, so wie angeblich Hexen noch im Mittelalter: schwimmt sie oben, ist sie schuldig, geht sie unter, ist sie unschuldig. Das im Buch Numeri (4. Mose) geschilderte Rechtsverfahren hingegen schützt die Frau vor ihrem eifersüchtigen Ehemann. Für ein patriarchalisch geprägte Gesellschaft ist das sensationell. Man muss bedenken, dass ein solcher Verdacht des Ehebruchs, öffentlich erhoben, damals für eine Frau lebensbedrohlich war. Das Ausstoßen aus der Gemeinschaft war das Mindeste, was ihr drohte. Das geschilderte Rechtsverfahren schiebt dieser öffentlichen Verdächtigung einen Riegel vor. Auf so billige Art können Männer ihre Frau nicht loswerden. Bestand die Frau die Probe - was bei dem harmlosen Getränk kein Wunder war - war ihr Ehemann als jemand gebrandmarkt, der seine Frau falsch beschuldigt. Damit war auch klar, dass unbegründete Eifersucht sozial unerwünscht war. In Vers 31 wird zwar ausdrücklich betont, dass dem Mann für seine Falschbeschuldigung keine Strafe droht ("soll frei sein von Schuld"), aber dass das extra erwähnt werden muss, ist für eine patriarchalische Gesellschaft von Ackerbauern und Halbnomaden schon bemerkenswert. Alfons 1 7 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ThomasB. Geschrieben 20. August 2020 Melden Share Geschrieben 20. August 2020 vor 16 Stunden schrieb Abaelard: Ich halte dich für gläubig, du weißt es nur nicht, dass du es bist. Wenn ich in diesem Satz „gläubig” durch „doof” ersetze, kann ich den auf viele Menschen anwenden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 20. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 20. August 2020 vor 18 Minuten schrieb ThomasB.: Wenn ich in diesem Satz „gläubig” durch „doof” ersetze, kann ich den auf viele Menschen anwenden. Richtig! Und es verbietet dir niemand, dich unter die "viele Menschen" zu zählen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 20. August 2020 Melden Share Geschrieben 20. August 2020 vor 16 Stunden schrieb Marcellinus: vor 17 Stunden schrieb Abaelard: Darf ich dich ein bisschen vereinnahmen? Ich halte dich für gläubig, du weißt es nur nicht, dass du es bist. P.S.: Wir können das aber gern diskutieren. Mich würde interessieren, wie du darauf kommst. Da ich darauf keine Antwort bekommen habe, gehe ich davon aus, daß sich die Vereinnahmung erledigt hat. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 20. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 20. August 2020 (bearbeitet) vor 5 Stunden schrieb Alfons: Das Eifersuchtsgesetz aus 4. Mose 5, 11-31 ist ein sehr frühe Rechtsregelung zum Schutz von Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft, wahrscheinlich die früheste. Die Regelung stellt zudem Eifersucht als gesellschaftlich unerwünscht dar. Der Text stammt wahrscheinlich aus nachexilischer Zeit, hat aber sicher Wurzeln in älterer Rechtssprechung. Das beschriebene Verfahren ist nur scheinbar ein Ordal, also ein Gottesurteil. Tatsächlich kann der beschuldigten Frau, sofern sie sich unschuldig fühlt, nichts passieren. Sie muss Wasser trinken, in dem sich etwas Staub und eine Spur Tinte befinden. Das ist alles. Die Herstellung des "Bitterwassers" wird genau beschrieben. Es ist völlig harmlos und kann nur psychisch wirken, ähnlich wie Voodoo und sämtliche anderen heute noch gebräuchlichen magischen Riten. Wer sich schuldig fühlt, bekommt Bauchschmerzen. Deshalb auch das ganze Brimborium mit dem Schwur und der ins Wasser gewaschenen Schrift. Gegenüber früheren Gesetzeswerken ist das eine deutliche Verbesserung, ja eigentlich eine Umkehrung. Im sumerischen Codex Ur-Sammu und im Codex Hammurapi (1800 v. Chr.) werden Frauen, die des Ehebruchs verdächtigt werden, tatsächlich noch in den nächstbesten Fluss geworfen, so wie angeblich Hexen noch im Mittelalter: schwimmt sie oben, ist sie schuldig, geht sie unter, ist sie unschuldig. Das im Buch Numeri (4. Mose) geschilderte Rechtsverfahren hingegen schützt die Frau vor ihrem eifersüchtigen Ehemann. Für ein patriarchalisch geprägte Gesellschaft ist das sensationell. Man muss bedenken, dass ein solcher Verdacht des Ehebruchs, öffentlich erhoben, damals für eine Frau lebensbedrohlich war. Das Ausstoßen aus der Gemeinschaft war das Mindeste, was ihr drohte. Das geschilderte Rechtsverfahren schiebt dieser öffentlichen Verdächtigung einen Riegel vor. Auf so billige Art können Männer ihre Frau nicht loswerden. Bestand die Frau die Probe - was bei dem harmlosen Getränk kein Wunder war - war ihr Ehemann als jemand gebrandmarkt, der seine Frau falsch beschuldigt. Damit war auch klar, dass unbegründete Eifersucht sozial unerwünscht war. In Vers 31 wird zwar ausdrücklich betont, dass dem Mann für seine Falschbeschuldigung keine Strafe droht ("soll frei sein von Schuld"), aber dass das extra erwähnt werden muss, ist für eine patriarchalische Gesellschaft von Ackerbauern und Halbnomaden schon bemerkenswert. Du hast einen nachvollziehbaren Zugang zu dem von mir inkriminierten Text geboten, wenn auch Einzelfragen offen geblieben sind. Letztere sind jedoch so, dass ich sie für das Gesamtverständnis des Textes nicht für wesentlich halte. Wenn ich dich richtig verstehe, siehst du den positiven Wert dieser Perikope darin, dass sie in Bezug auf das israelitische Frauenrecht einen humanisierenden Schub (wohl im Lichte des Jahweglaubens?) gegenüber den Rechtsgebräuchen der Nachbarvölker Israels darstellt. Ein ganz ähnlicher Sachverhalt liegt uns ja auch in Bezug auf das Talionsrecht vor. Deiner Argumentation liegt - nicht ganz zu Unrecht - das Muster zugrunde: Der biblische Textinhalt ist gut, weil er gegenüber vergleichbaren Texten der Umwelt eine Verbesserung darstellt (im konkreten Fall eine Verbesserung des Frauenrechts). Dieser Fortschritt im Recht ist zwar anzuerkennen. Aber er stellt eben nur eine Verbesserung dar, ohne dass damit schon eine einfachhin als gut zu bezeichnende Rechtslage geschaffen wäre. Warum ordnet Gott justament magische Praktiken an? Warum ordnet er nicht das Naheliegende an, nämlich dass saubere, nachvollziehbare Beweise für den Vorwurf des Ehebruchs erbracht werden müssen? Was ist, wenn eine resiliente Ehebrecherin sich vom Schmutzsafterl nicht beeindrucken lässt und gegen das psychogene Bauchgrimmen gefeit ist? Dann steht ihr Mann zu Unrecht gebrandmarkt da, obwohl er objektiv im Recht ist. Oder umgekehrt: Was, wenn eine nervenschwache, zu Unrecht des Ehebruchs beschuldigte Frau auf das Bitterwasser hin Baugrimmen bekommt? Ist sie dann als Ehebrecherin überführt? Das Gottesbild, das hinter diesem Text liegt, scheint mir also doch ein recht schillerndes zu sein: Einerseits bringt Gott eine wünschenswerte Verbesserung der Rechtsstellung von Frauen auf den Weg, andererseits zeigt er – der übergeschichtliche, über die Zeit erhabene, ewige Gott - sich außerstande, mit diesem Rechtsfortschritt auch einen vernünftigen, ent-magiesierten Fortschritt in der Verfahrensweise einzuleiten. Alles in allem hat mir dein Kommentar einen Erkenntniszugewinn gebracht. Danke! bearbeitet 20. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 21. August 2020 Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor 21 Stunden schrieb Abaelard: Warum ordnet Gott justament magische Praktiken an? Warum ordnet er nicht das Naheliegende an, nämlich dass saubere, nachvollziehbare Beweise für den Vorwurf des Ehebruchs erbracht werden müssen? Welche sollen das sein? DNA-Test vom Vaginalabstrich? Für die damalige Zeit halte ich das für ein recht sauberes Rechtsmittel - da gab es auch weitaus übleres. Ich verstehe das AT als die Geschichte der zunehmenden Erkenntnis Gottes durch den Menschen. Nicht Gott hat gelernt, sondern der Mensch hat immer mehr über Gott gelernt. Von daher stören mich die alten, archaischen Geschichten auch nicht weiter. Übrigens gehört auch die Schöpfungsgeschichte dazu: In einer Zeit, als Sonne, Mond und (Wandel-)Sterne als Götter verehrt wurden, haben die ersten Monotheisten sie als die von dem einen GOTT am Firmament befestigten Laternen verstanden. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 21. August 2020 Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor einer Stunde schrieb Moriz: Übrigens gehört auch die Schöpfungsgeschichte dazu: In einer Zeit, als Sonne, Mond und (Wandel-)Sterne als Götter verehrt wurden, haben die ersten Monotheisten sie als die von dem einen GOTT am Firmament befestigten Laternen verstanden. Es blieb, im Unterschied zu den griechisch-römischen Naturphilosophen, ein magisches Weltbild, bei dem auch gern mal die Sonne angehalten wurde. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 21. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor einer Stunde schrieb Moriz: Für die damalige Zeit halte ich das für ein recht sauberes Rechtsmittel - da gab es auch weitaus übleres. Dreckwasser war auch schon für die damalige Zeit kein sauberes Mittel. Vor allem kein geeignetes für die Wahrheitsfindung. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 21. August 2020 Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor 12 Minuten schrieb Abaelard: Dreckwasser war auch schon für die damalige Zeit kein sauberes Mittel. Vor allem kein geeignetes für die Wahrheitsfindung. Alfons hat doch schon geschrieben, daß nicht die Wahrheitsfindung Kern dieser Prozessbeschreibung ist, sondern vielmehr der Schutz der Frauen vor patriarchalischer Willkür in einer Zeit in der die Spurensicherung noch sehr - äh - in den Kinderschuhen steckte (oder noch gar nicht gezeugt war). Wenn man sich jetzt auch noch ins Bewusstsein ruft, in welchem Kontext dieser Text sonst noch steht (nämlich in der Bundesurkundes des Volkes Israel) und warum es von dort aus in die christliche Überlieferung eingegangen ist, ist die intellektuelle Herausforderung meiner Meinung nach gar nicht mehr sooo groß. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 21. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor 15 Minuten schrieb Flo77: daß nicht die Wahrheitsfindung Kern dieser Prozessbeschreibung ist, sondern vielmehr der Schutz der Frauen vor patriarchalischer Willkür Schutz der Frauen ohne Wahrheitsfindung wird nicht gut gehen Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 21. August 2020 Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor 3 Minuten schrieb Abaelard: Schutz der Frauen ohne Wahrheitsfindung wird nicht gut gehen Ohne Alibiveranstaltung hätte die Anschuldigung fast unweigerlich zur Steinigung geführt. Du wirst sicher begründen können, warum das besser gewesen wäre als der Zaubertrick mit dem Schluck Wasser. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Abaelard Geschrieben 21. August 2020 Autor Melden Share Geschrieben 21. August 2020 (bearbeitet) vor 36 Minuten schrieb Flo77: Ohne Alibiveranstaltung hätte die Anschuldigung fast unweigerlich zur Steinigung geführt. Du wirst sicher begründen können, warum das besser gewesen wäre als der Zaubertrick mit dem Schluck Wasser Du wirst sicher begründen können, warum das eine "Alibiveranstaltung" gewesen soll. Woher weißt du, dass die Frau, die es angeblich zu schützen galt, nicht genau deswegen zu Schaden kam, weil diese magische Praxis ein falsches Ergebnis lieferte? Und wieso lässt sich dieser Gott überhaupt zu magischen Praktiken herbei, wo doch in der Bibel Magie als Sakrileg gilt? Ach so, ich muss das aus der Zeit heraus verstehen? Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden Kinder mitunter heftig verprügelt, auch in christlichen Einrichtungen. Ich bemühe mich gerade, dieses Kinderverdreschen "aus der Zeit heraus zu verstehen", aus dem viel beschworenen "Kontext". Weil, dann ist alles wieder gut. bearbeitet 21. August 2020 von Abaelard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Moriz Geschrieben 21. August 2020 Melden Share Geschrieben 21. August 2020 vor 2 Minuten schrieb Abaelard: Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden Kinder mitunter heftig verprügelt, auch in christlichen Einrichtungen. Ich bemühe mich gerade, dieses Kinderverdreschen "aus der Zeit heraus zu verstehen". Weil dann ist alles wieder gut. Körperstrafen für Kinder waren gesellschaftlich vollkommen akzeptiert. Es ist gut, daß das heute nicht mehr so ist; aber wir können die Vergangenheit nicht verstehen, wenn wir sie alleine an den heutigen Maßstäben messen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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