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UMT: Objektivität vs Subjektivität


Marcellinus

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Da dieses Thema in letzter Zeit immer wieder aufgetaucht ist, mache ich hier mal einen eigenen Thread auf. Da er der Klärung eines Sachverhaltes dienen soll, wäre es schön, wenn sachfremde oder persönliche Angriffe unterbleiben könnten. Frage an die Moderation: kann ich das als User-moderierten Thread führen?

 

Objektivität vs Subjektivität

 

Objektivität wird gemeinhin verstanden als die Unabhängigkeit der Beschreibung eines Objekts vom Subjekt, von dem also, der es beschreibt. Subjektivität wäre somit die vollständige Abhängigkeit dieser Beschreibung vom Subjekt. Objektivität wird besonders in den Naturwissenschaften als erstebenswertes Ziel betrachtet, während Subjektivität mit Beliebigkeit in Zusammenhang gebracht wird. Diese beiden Begriffe sind Gegensätze, und in dieser Form eher zur Diffamierung als zur Beschreibung von Sachverhalten geeignet. 

 

Worum geht es inhaltlich? Hinter dem Streben nach Objektivität steckt der Wunsch, unserer Modellvorstellungen so weit wie möglich am Gegenstand unserer Modellbildung zu orientieren, unsere Modelle und damit unser Wissen so sachgerecht wie möglich zu machen. Es geht also auch hier um einen Komparativ, ein Mehr an Objektorientierung. Diese zunehmende Objektorientierung bedeutet, die eigenen Wünsche und Vorstellungen zurückzustellen, und sich mehr an den Eigentümlichkeiten des Gegenstandes zu orientieren. Es ist ein Akt zunehmender Distanzierung und abnehmender Engagiertheit dem Gegenstand gegenüber (nicht abnehmender Engagiertheit überhaupt). Man fragt weniger danach "Was bedeutet das für mich?", und mehr "Wie sind die Ereignisse miteinander verknüpft?"

 

In unserer Gesellschaft existieren ganz unterschiedliche Standards von Engagement und Distanzierung nebeneinander. Während die meisten von uns zB zu einem Gewitter eine recht distanzierte Einstellung haben, sie im Gegensatz zu früheren Zeiten als ein unpersönliches physikalisches Geschehen ansehen, dessen evtl. unangenehmen Folgen man am besten mit einem Blitzableiter entgeht, fällt es einer großen Zahl von Zeitgenossen bis heute durchaus schwer, die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten ebenso distanziert als einen zwar strukturierten, aber unpersönlichen und ungeplanten Prozeß zu sehen, von dem wir selbst ein Teil sind.

 

Das mag als Beispiel reichen, und wir können festhalten, daß Objektivität und Subjektivität als absolute Begriffe keine geeigneten Symbole für die Beschreibung von gedanklichen Vorstellungen sind, und schon gar nicht für den gedanklichen Habitus derjenigen, die diesen Vorstellungen anhängen. Vielmehr kann der Prozeß der Vermehrung unseres Wissens beschrieben werden als ein Prozeß, in dessen Verlauf unsere Vorstellungen zunehmend objektorientierter und weniger subjektorientiert geworden sind. Die geringere emotionale Befriedigung, die zB die Evolutionstheorie gegenüber manchen Schöpfungsmythen ausstrahlt, wird so mehr als aufgewogen durch den auch intellektuellen Gewinn, den man aus einem distanzierteren, dafür sachgerechteren Modell der Entwicklung des Lebens zieht.

 

bearbeitet von Marcellinus
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Ist Objektivität für Menschen überhaupt zu erreichen?

Wir sehen die Welt ja immer durch unsere subjektive Brille.

Auch Experimente bauen wir nach subjektiven Erleben auf und das Ergebnis betrachten wir subjektiv.

W können uns mancher Dinge ziemlich sicher sein,aber absolut..?

Ich halte objektiv nicht für besser als subjektiv, es sind halt zwei verschiedene Dinge, gehören aber zusammen.

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vor 1 Stunde schrieb mn1217:

W können uns mancher Dinge ziemlich sicher sein,aber absolut..?

Wenn du Zweifel an der objektiven, absoluten Existenz der Grativation hast, nur zu, ich suche dir gerne einen hohen Turm. :) 

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vor 17 Minuten schrieb rince:

Wenn du Zweifel an der objektiven, absoluten Existenz der Grativation hast, nur zu, ich suche dir gerne einen hohen Turm. :) 

Das beweist nur, dass mn1217 ihrer natürlichen Lage (die nun einmal auf dem Erdboden ist) zustrebt. Oder dass die erde den Raum krümmt. Oder dass es Gravitation gibt. Sicher ist keines davon.

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vor 1 Stunde schrieb rince:

Wenn du Zweifel an der objektiven, absoluten Existenz der Grativation hast, nur zu, ich suche dir gerne einen hohen Turm. :) 

 Nur einen mit Baum oder so drunter:,-)

Ich habe ja geschrieben,dass er uns bei einigen Dingen ziemlich sicher sein können.

Aber auch Gravitation empfinden und beschreiben wir subjektiv.

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  • Alfons changed the title to UMT: Objektivität vs Subjektivität
vor 5 Stunden schrieb mn1217:

Ist Objektivität für Menschen überhaupt zu erreichen?

Wir sehen die Welt ja immer durch unsere subjektive Brille.

Auch Experimente bauen wir nach subjektiven Erleben auf und das Ergebnis betrachten wir subjektiv.

W können uns mancher Dinge ziemlich sicher sein,aber absolut..?

Ich halte objektiv nicht für besser als subjektiv, es sind halt zwei verschiedene Dinge, gehören aber zusammen.

 

Das war ja der Grund, warum ich diesen Thread eröffnet habe. Wie ich oben schrieb, halte ich „Objektivität“ als absoluten Begriff für kein geeignetes Symbol,  um sich der Frage des Realitätsgehaltes von Vorstellungen zu nähern. 

 

Natürlich findet man im Alltagsleben leicht Beispiele für Aussagen, deren Realitätsgehalt bei 100% liegen dürfte. Liegt einfach daran, daß unsere Wahrnehmung ein Produkt der Evolution ist, also dem Überleben diente, und daher alle Situationen, die lebensgefährlich sind oder erscheinen, scheinbar „objektiv“ wiedergibt. Also zum Beispiel die Gravitation. Stimmt aber auch nicht, denn was Gravitation ist, wissen wir bis heute nicht, nur daß man tot ist, wenn man von einem hinreichend hohen Punkt springt. Aber das stand auch nie in Zweifel, und dafür braucht es sicher keine Erkenntnistheorie.

 

Aber schon wenn wir einen Baum und seine Blätter betrachten, ist es mit der Objektivität nicht mehr so weit her. Das geht schon mit der Farbe der Blätter los. Die meisten Menschen mögen sich darauf einigen, sie seien (zumindest zu bestimmten Jahreszeiten) grün. Aber eine Biene würde das anders sehen, und Katzen und Hunde auch. Farbe mag auf physikalischen Eigenschaften beruhen, in ihrer konkreten Wahrnehmung sind sie Produkt unseres Gehirns. Es hat sich bei der Suche nach Nahrung einfach als praktisch herausgestellt, zwischen grünen unreifen, und roten, reifen Früchten unterscheiden zu können, und ja, es hat sich auch als praktisch herausgestellt, daß wir alle die Farben ziemlich gleich wahrnehmen, denn wie sollten sonst die Kinder von ihren Eltern lernen, reife von unreifen Früchten zu unterscheiden.  Es spricht sogar viel dafür, daß auch uns verwandte Primaten diese Farben ähnlich sehen wie wir, einfach, weil Genetiker das Gen identifiert haben, daß für das Rot-Sehen verantwortlich ist. Einige Affen haben ist, und wir auch.

 

Spätestens wenn wir aber den Bereich der direkten Wahrnehmung verlassen, zB bei der Frage, warum Menschen krank werden, hatten unsere frühen Vorfahren zwar den Verstand, sich die Frage zu stellen, nur keine Informationen für eine hinreichende Antwort. So bildeten sie sich eine mit Hilfe ihrer Fantasie, und Fantasie muß bis heute herhalten, wenn wir mehr Fragen als Antworten haben. Nehmen wir Menschen der Frühzeit in der Nähe eine Sumpfes. Sie sahen, daß es übel stank und ihre Mitmenschen Fieber bekamen. Die erste, halbwegs realistische Antwort war (als man nicht mehr einfach Geister für alle Unerklärliche verantwortlich machte), daß der Gestank die Menschen krank machte und die naheliegende Lösung war, den Sumpf trockenzulegen. Der Gestank war weg, und die Krankheiten auch. 

 

Diese Vorstellung unserer Vorfahren war nach unseren heutigen Maßstäben falsch, aber in dem Sinne realistisch, als sie ermöglichte, ein praktisches Problem zu lösen, und folgerichtig blieb diese Miasmentheorie bis in die Neuzeit in Gebrauch. 

 

An ihr kann man sehr schön sehen, wie menschliche Erklärungen aufgebaut sind. Sie bestehen aus meistens realistischen Beobachtungen, und gedanklichen Modellen, mit denen die Menschen versuchen, die Zusammenhänge zwischen ihren Beobachtungen herzustellen. Diese Erklärungen bilden sie am Anfang, wenn noch alles realistische Wissen in einem Bereich fehlt, mit Hilfe der Fantasie. Erst im Laufe der Zeit wird dieser fantastische Anteil kleiner, und der realistische wächst, und je mehr sich das Gewicht in Richtung auf die realistischen Anteile verschiebt, um so besser werden die Modelle. Nur in seltenen, meist eher trivialen Fällen verschwindet der fantastische Anteil ganz. Wir wissen eben nicht alles, möchten aber vollständige Erklärungsmodelle haben, und füllen die Lücken dann mit unserer Fantasie. So bleibt unser Wissen immer unvollständig und damit vorläufig.

 

Kleiner Exkurs: unsere Fantasie ist also ganz unentbehrlich bei der Entdeckung von neuem Wissen. Nur so kommen wir auf neue Ideen, die wir dann an der Wirklichkeit testen können. 

 

Meistens aber gehen wir auf die Suche nach neuen Modellen erst dann, wenn die alten erkennbar gescheitert sind. So war es auch mit der Miasmentheorie. Im London des 19. Jh. stank es fürchterlich, wie in den meisten europäischen Städten der damaligen Zeit. Und so gab es auch regelmäßig Cholera-Epidemien. Man kann auf die Idee, eine Kanalisation zu bauen. Gesagt getan, der Gestank war weg, die Cholera aber kam wieder. Man hatte nämlich die Abwässer in die Themse geleitet, genau an der Stelle, an der die Menschen ihr Trinkwasser holten. 

 

Das war der Augenblick, an dem die Miasmentheorie erkennbar an der Wirklichkeit scheiterte, und die Menschen mußten erkennen, daß der Gestank nicht das Problem, sondern nur eine Begleiterscheinung gewesen war. 

 

So passiert wissenschaftlicher Fortschritt, ja Erkenntnis allgemein. Wir machen Beobachtungen, suchen nach Modellen von Zusammenhängen zwischen diesen Beobachtungen, und bilden sie mit unseren vorherigen Wissen und unserer Fantasie. Das ermöglicht wieder neue Beobachtungen und neue Modelle. Wenn sich unser Modell bestätigt, dann weil der realistische, der objektorientierte Gehalt unseres Modells größer, und der fantastische, subjektorientierte Gehalt kleiner geworden ist. Aber wir tun gut daran, davon auszugehen, daß der subjektorienierte Gehalt nie ganz verschwindet, einfach, weil wir es sind, die diese Modelle aufstellen, und unsere Wünsche, wie die Welt sein möge, sich immer wieder einschleichen in die Modelle davon, wie diese Welt ist.

 

 

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ich nehme es nicht persönlich dass du konstruktive gedanken löschen läßt. vielleicht läßt du leser über die konstrktivität entscheiden. auch deine gedanken sind interessant. nur mut.

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wenn über die begriffe "objektiv" und "subjektiv" klarheit besteht ist auch das verhältnis zwischen diesen begriffen in der naturwissenschaft leicht klarheit zu gewinnen.

 

diese begriffe gehören meine ansicht nach aber zum bereich der geisteswissenschaft. wie ist denn dort das verhältnis zwischen "objektiv" und "subjektiv"?

 

welche klarheit läßt sich  gewinnen wenn dort gerade über "objektiv" und "subjektiv" im geisteswissenschaftlichen bereich selber diskutiert wird. wird das nicht zum zirkelschluss?

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