Dies ist ein beliebter Beitrag. Domingo Geschrieben 25. Januar 2021 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 25. Januar 2021 (bearbeitet) 9 hours ago, Ennasus said: Wo ich dir jetzt aber widersprechen möchte, ist bei diesem Satz: "Letztlich geht es in diesem Buch, das macht es auch so "spannend" um eine Abrechung mit dem Römischen Weltreich" als "Große Hure Babylon" ( vgl Kapitel 17 )...". Das glaube ich nicht. Das wird aber mW von den Bibelexegeten selbst so gesehen. Es ist also nicht auf dem Mist atheistischer Foranten gewachsen oder auf dem der Giordano-Bruno-Stiftung. 5 hours ago, Ennasus said: Das ist nach meinem Verständnis einer der großen Unterschiede zwischen Seneca und "heiligen Texten": In ihnen findet sich immer auch ein Wissen um die Zukunft, um das mögliche Entwicklungspotential von Menschen. Jemand koennte aber genau das in Senecas Werken wiederfinden. Dann waere Seneca halt ein anderer heiliger Text. Der Ausdruck, der mir jetzt auf der Zunge brennt, ist "postmoderne Textinterpretation": Ein Text ist, was jeder Leser fuer sich daraus macht, es gibt keine objektiv richtige Interpretation, die Absicht des Autors speilt keine Rolle... Als studierter Altphilologe bin ich natuerlich an solchen Diskussionen interessiert. Unter Leuten, die berufsmaessig Texte interpretieren, durfte es auf jeden Fall Konsens sein, dass wir zwar nicht wirklich an die Absicht des Autors herankommen und an die einzig richtige Deutung (nicht mit i-welcher Sicherheit), wohl aber versuchen sollen zu rekonstruieren, wie das Publikum, an das der Text gerichtet war, ihn wohl verstanden hat oder haben koennte. Man findet so wahrscheinlich nicht die einzig richtige Deutung, kann aber sicher unrichtige ausschliessen. Ich habe kein zwingendes philosophisches Argument gegen die postmoderne Interpretationsweise, die ich oben beschrieben habe. Ich kann dennoch fuer mich selbst zumindest sagen, dass ich kaum etwas mit der Idee anfangen kann, Texten eine humane, liberale, tolerante Bedeutung abzugewinnen, aus denen sich so viel leichter und unmittelbarer inhumane, intolerante, totalitaere Aussagen ergeben. Vielleicht haengt das mit meiner Ausbildung zusammen: Je bemuehter eine Interpretation ist, je mehr Biegen und Brechen noetig ist, um den Text in diese Richtung zu deuten, je unwahrscheinlicher ist es, dass sie stimmt. Und um sehr vielen biblischen Aussagen einen fuer moderne Menschen auch nur akzeptablen Inhalt abzugewinnen, ist meines Erachtens wirklich sehr viel Biegen und Brechen noetig. bearbeitet 25. Januar 2021 von Domingo 3 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 26. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 26. Januar 2021 vor 12 Stunden schrieb Domingo: Das wird aber mW von den Bibelexegeten selbst so gesehen. Es ist also nicht auf dem Mist atheistischer Foranten gewachsen oder auf dem der Giordano-Bruno-Stiftung. Das ist mir doch klar. Ich habe das auch nirgends gesagt. Mein Posting war an jemanden gerichtet, den ich zwar nicht kenne, aus dem, was er/sie bis jetzt hier im Forum geschrieben hat, scheint mir aber klar, dass er Katholik ist. Ich schreibe jetzt schon so lange im Forum - manchmal ist es recht frustrierend, zu merken, dass das immer noch nicht deutlich geworden ist, dass ich von dieser angeblichen Bruchlinie gläubig/atheistisch nichts halte. Weder glaube ich, dass "Glauben" (zumindest nicht, wenn man das Wort im biblischen Sinn verwendet) das Fürwahrhalten bestimmter dogmatischer Aussagen meint, noch, dass ein dem Text entsprechender Bibelzugang mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft zu tun hat. Zitat Jemand koennte aber genau das in Senecas Werken wiederfinden. Dann waere Seneca halt ein anderer heiliger Text. Dass Seneca für jemanden zum heiligen Text wird, kann durchaus sein. Ich verstehe darunter allerdings schon etwas anderes. Die "heiligen Texte" aller Religionen - das sind immer Texte, die erstens in Symbolsprache sprechen und deren Anliegen explizit oder implizit das innere Wachstum des Menschen ist und die ihm dafür Wegweisung geben wollen. Nicht umsonst findet sich in solchen "heiligen Schriften" regelmäßig das Motiv des "Wegs". Zitat Der Ausdruck, der mir jetzt auf der Zunge brennt, ist "postmoderne Textinterpretation": Ein Text ist, was jeder Leser fuer sich daraus macht, es gibt keine objektiv richtige Interpretation, die Absicht des Autors speilt keine Rolle... Als studierter Altphilologe bin ich natuerlich an solchen Diskussionen interessiert. Unter Leuten, die berufsmaessig Texte interpretieren, durfte es auf jeden Fall Konsens sein, dass wir zwar nicht wirklich an die Absicht des Autors herankommen und an die einzig richtige Deutung (nicht mit i-welcher Sicherheit), wohl aber versuchen sollen zu rekonstruieren, wie das Publikum, an das der Text gerichtet war, ihn wohl verstanden hat oder haben koennte. Man findet so wahrscheinlich nicht die einzig richtige Deutung, kann aber sicher unrichtige ausschliessen. Ich habe kein zwingendes philosophisches Argument gegen die postmoderne Interpretationsweise, die ich oben beschrieben habe. Ich kann dennoch fuer mich selbst zumindest sagen, dass ich kaum etwas mit der Idee anfangen kann, Texten eine humane, liberale, tolerante Bedeutung abzugewinnen, aus denen sich so viel leichter und unmittelbarer inhumane, intolerante, totalitaere Aussagen ergeben. Vielleicht haengt das mit meiner Ausbildung zusammen: Je bemuehter eine Interpretation ist, je mehr Biegen und Brechen noetig ist, um den Text in diese Richtung zu deuten, je unwahrscheinlicher ist es, dass sie stimmt. Und um sehr vielen biblischen Aussagen einen fuer moderne Menschen auch nur akzeptablen Inhalt abzugewinnen, ist meines Erachtens wirklich sehr viel Biegen und Brechen noetig. Ich kann das alles sehr gut nachvollziehen, was du schreibst. Würde ich diese Texte so verstehen, dass es bei ihnen in erster Linie darum geht, die bewusste Intention des Verfassers zu verstehen oder darum, wie Menschen ihn damals verstanden haben, oder ihre Wirkungsgeschichte, oder darum, ihnen irgendeine bestimmte Bedeutung abzugewinnen, wäre ich ziemlich sicher deiner Meinung. Aber darum geht es einfach nicht, das ist nicht ihr Anliegen. Ja, ich weiß, ein Text hat kein Anliegen - aber der Kontext, in dem sie verwendet werden, ist ein Kontext, in dem es im Grund ausschließlich um dieses Anliegen geht: Um die seelisch-geistige Entfaltung und das "innere Wachstum" des Menschen. Um seine Indiviuation und seine Beziehungsfähigkeit. Und allein diesem Zweck sollen sie dienen. Darum ist das zwar sehr interessant, sich diesen Texten mit deinen Fragen und Einstellungen zu nähern. Auch wichtig. Unter anderem auch genau darum, um ihren Missbrauch als Mittel der Machtausübung über andere zu verhindern. Aber eigentlich kann man sie erst verstehen, wenn man sich ihnen in einer Art der "Ich-Du-Beziehung" nähert. Sich so darauf einlässt, dass man sich ansprechen lässt davon und mit seinem eigenen Wesen und seinem eigenen Leben darauf Antwort zu geben versucht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 26. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 26. Januar 2021 (bearbeitet) 4 hours ago, Ennasus said: Ich schreibe jetzt schon so lange im Forum - manchmal ist es recht frustrierend, zu merken, dass das immer noch nicht deutlich geworden ist, dass ich von dieser angeblichen Bruchlinie gläubig/atheistisch nichts halte. Weder glaube ich, dass "Glauben" (zumindest nicht, wenn man das Wort im biblischen Sinn verwendet) das Fürwahrhalten bestimmter dogmatischer Aussagen meint, noch, dass ein dem Text entsprechender Bibelzugang mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensgemeinschaft zu tun hat. Es tut mir leid, dass es anscheinend so ruebergekommen ist, als ob ich Kampflinien zw. Christen und Atheisten zeichnen wollte. Mit meiner Anmerkung wollte ich im Grunde nur darauf hinaus, dass die Exegese, wonach mit "Hure Babylon" (*) Rom gemeint ist, nicht von feindlich Gesinnten stammt, die im Buch unbedingt "Gekeife" (um Phyllis' Ausdruck zu borgen) finden wollten, sondern von Leuten, die mehrheitlich wohl selber (moderne) Christen sind. Quote Ja, ich weiß, ein Text hat kein Anliegen - aber der Kontext, in dem sie verwendet werden, ist ein Kontext, in dem es im Grund ausschließlich um dieses Anliegen geht: Um die seelisch-geistige Entfaltung und das "innere Wachstum" des Menschen. Um seine Indiviuation und seine Beziehungsfähigkeit. Und allein diesem Zweck sollen sie dienen. Worum es dabei um Grunde geht, duerfte selbst strittig sein, stimmen doch selbst Religioese, selbst Christen kaum mtieinander ueberein in ihrem Verstaendnis von - allem, wie mir scheint. Wobei nat. das, was Du beschreibst, ein moeglicher und vielfach vorhandener Ansatz ist. Ich habe meinen obigen Beitrag ja auch mit subjektiven Anmerkungen abgeschlossen, weil ich durchaus einsehe, dass es eine existenzielle Art gibt, mit gewissen Texten umzugehen, die der akademischen entgegensteht, und zum Ausdruck bringen wollte, dass ich eben ueber gewisse Inhalte dieser naemlichen Texte nicht hinwegsehen kann. (*) "Die Hure Baylon" ist zuerst einmal ein alltestamentlicher Ausdruck. Wie in alttestamentlichen Zeiten Babylon der grosse Feind der Israeliten war, welchen sie als boeswilligen Unterdruecker und Bedrohung ansahen, so erschien Rom den fruehen Christen als der grosse Feind und Verfolger (die Roemer verfolgten die Christen hin und wieder durchaus, die waren nicht unbedingt tolerant, gewiss nicht nach heutigen Standards der Relgionsfreiheit), daher wird Baylon als Symbol fuer Rom benutzt. Die Emanzipation und Freizuegugkeit von Stadtfrauen laesst sich da prima propagandistisch ausschlachten, ist aber kaum der Kern der Auseinandersetzung - wie Caesar Kleopatra als "die Hure am Nil" beschimpfen konnte, dabei aber kaum anzunehmen ist, dass es i-einen der roemischen Aristokraten interessierte, mit wieviele Maennern sie schlief; sie war halt mit Caesars Rivalen im Bunde. (Man koennte hier auch untersuchen, ob das heutige Gekeife aus derselben Ecke der Welt nciht im Grunde dieselbe Wurzel hat - aber das Thema sollten wir wohl sein lassen...) bearbeitet 26. Januar 2021 von Domingo Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Cosifantutti Geschrieben 26. Januar 2021 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 26. Januar 2021 (bearbeitet) Ein paar kleine Anmerkungen zum "Diskurs".... Zunächst einmal: Wenn die "Offenbarung des Johannes" für viele ein vollkommen unverständliches "wirres" Buch ist, dann sollen diese schlicht das Buch einfach "links" liegen" lassen und sich nicht unnötig den Kopf darüber zermartern, was der "Seher von Patmos" wohl mit seinen vollkommen "wirren" Texten "gemeint haben könnte". Die Heiigen Schriften beinhalten nach katholischer Zählung über 70 Bücher...und auch alleine die Bücher des NT spiegeln doch auch eine erfreulich große "Breite" und "Vielfalt" wieder.... vielleicht waren die "Endredaktoren", die letztlich festlegten, welche Bücher alles in den "Kanon" der Heiligen Schriften aufgenommen werden, in ihrem Denken viel "großzügier" als wir heute.... Wenn man nur das NT nimmt und dabei an den Hebräerbrief oder Jakobusbrief denkt....ganz eigene Akzente... Es ist vielleicht so wie in der Musik: Viele fühlen sich von der Musik Beethovens angesprochen, werden mitgerissen von seiner Energie, seinem Drive in seinen Sinfonien, Klavierkonzerten, können aber mit seinen 5 "letzten" Streichquartetten überhaupt nichts anfangen..... Ich wüsste nicht, welchen Sinn es machen sollte, dass man sich abquält, und unbedingt, diese letzten Streichquartette "verstehen" möchte, wenn man gar keinen Zugang hat.... Allerdings gibt es Möglichkeiten des Zugangs, der ist allerdings ein wenig mühevoller als der Zungang zu "Für Elise...." Wenn z.B jemand unbedingt Beethovens Streichquartett cis-Moll op 131 "verstehen" möchte, aber zunächst absoulut nichts damit anfangen kann, würde ich folgenden "Zugangsweg" empfehlern. 1. Studiere intensiv Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" ( mit dem Notentext ! ) 2. Studiere sehr intensiv die cis-Moll-Fuge aus dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers 3. Höre dir die Orchesterfassung des Streichquartetts an in der Interpretation mit Leonhard Bernstein und den Wiener Philharmoniker ... ..., wenn du diese ersten drei Schritte durchlaufen hast, v.a den ersten....intensiv... dann kannst du einen ersten Versuch mit dem Streichquartett op 131 starten, aber unbedingt mit Notentext, um die Strukturen besser zu verstehen oder jemand kann absolut nichts mit der 12-Ton-Musik von Schönerg, Werbern , Alban Berg anfangen.....Wieso sollte er sich unnötig quälen mit dieser Musik, die ihm absolut nichts "sagt"...und dennoch ist das Violinkonzert von Alban Berg ein geniales Werk und durch und durch berührend...."dem Andenken eines Engels"... Oder jemand kann mit der "klassischen" Musik des 20 Jahrhunderts nichts anfangen. Dennoch ist das Gesamtwerk von Olivier Messiaen gewaltig und schlichtweg überwältigend....Turangalila-Sinfonie... sein gewaltiges Oratorium über Franz von Assisi.... Vingt Regards sur l´enfant Jesus...La Nativité du Seigneur...und und und... So auch "Die Offenbarung des Johannes"...wem das alles wirr vorkommt, undverständlich sollte doch einfach in den Heiligen Schriften ( über 70 Bücher zur Auswahl!!! ) mit den Büchern anfangen, die ihm "zugänglicher sind....( zb das "Hohelied" aus dam AT.... ich würde das jedem Leser/ Leserin als "Ersteinstieg" in die Heiligen Schriften empfehlen....) Allerdings gibt es auch für die "Offenbarung des Johannes" verschiedene "Zugangswege"..... Zunächst: Wie jeder andere Text ist auch die "Offenbarung des Johannes" ein Text und er kann wie eben jeder andere Text der Weltliteratur mit "wissenschaftlichen Methoden", ( "Literaturwissenchaft" ) nach und nach erschlossen werden. Mit "wissenschaftlichen" Methoden ist schicht dies gemeint: Alle Personen, die an diesem "wissenschaftlichen Diskurs" teilnehmen, akzeptieren einheitliche Standards und "Regeln", zb die eigenen Behauptungen / Thesen mit Argumenten zu belegen, Quellen genau zu zitieren....und eben so für alle offen zugänglich "zur Diskussion" im wissenschaftlichen Diskurs zu stellen. Speziell für die Bibel gibt es ja auch in der Katholischen Kirche so seit 70 Jahren eine in diesem Sinne "Wissenschaftliche" Auslegung / Interpretation = Exegese, manchmal auch vielleicht für manche etwas verwirrend "Historisch-Kritische" Exegese genannt: Es ist wie bei Beethoven op 131 ein etwas längerer Weg als "Für Elise" zu verstehen aber nicht unmöglich: Im Gegenteil, es ist ein sehr spannendes Abenteuer....Textkritik, literarische Gattungen und Formen... Redaktion, Leserlenkungen des Textes, mögliche Adressaten, der "Text" wird in einen "Kontext" gestellt...und und und... ...Für die Apokalypse: Die zeitliche und räumliche Einordnung ist natürlich erst mal wichtig und auch spannend.... Auf jeden Fall geschrieben nach dem Tod von Jesus von Nazareth, wahrscheinlich auch nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die Römer...etc..etc... Die "Sieben Sendschreiben" befinden sich in Kleinasien ( heutige Türkei ) damals Teilgebiete des römischen Weltreiches....Offensichtlich setzt der Text eine Art realer "Verfolgungssituation" voraus.... das wird an mehreren Passagen deutlich.... Die reale politische Weltmacht war zu der Zeit ohne jeden Zweifel das Römische Weltreich. Historisch belegt ist auch, dass es immer wieder auch reale Verfolgungssituationen durch die römische Macht gab...."Caudius verjagte die Juden aus Rom...." ( im Jahre 49 n. Chr. / ich glaube zitiert bei Tacitus....es wurde in diesem Kontext nicht zwischen "Christen" und "Juden" "Judenchristen" diferrenziert für die Römer, waren die "Christen" eine ganz besonders merkwürdige "Gruppe" "Sekte" unter den "Juden....,Nero....Domitian....andere Kaiser wo es -punktuelle - reale Verfolgungserfahrungen gab... Zusammengefasst: Der reale historische HIntergrund bilden reale Erfahrungen / Verfolgungserfahrungen im römischen Weltreich. Wer diese "Deutung" ablehnt, muss natürlich eine "Alternative" vorlegen, sich aber nicht sofort in irgendwelche rein "spirituelle" Deutungen ergehen ( die kommen eben nicht am Anfang...sondern viel viel später...). Wer die reale Verfolgungssituation durch Römerhand ablehnt, müsste verständlich machen, welche andere reale Verfolgungssitiation gemeint ist, die den Text plausibler macht als die These von Verfolgung durch Römerhand.....und den Text in diesem Sinne überzeugender erklärt.... und dies ebenso mit Argumenten belegen....Eben: ein offener unabschließbarer "Diskurs".... wo alle Teilnehmer am Diskurs dieselben Standards und Regeln akzeptieren ( was ich bei vielen Posts hier im Forum "mykath.de" ganz allgemein - leider, leider - sehr schmerzlich vermisse....) Nur um ein Beispiel zu nennen in der Apokalyse: "Die Hure Babylon" ( = Kapitel 17 ) = Römisches Weltreich...Man muss natürlich Kapitel 17 wiederum im Kontext der gesamten "Offenbarung des Johannes" lesen: besonders Kapitel 12 - 13. Vor allem Im Kapitel 13, die Verse 11- 18... und wenn man nicht auf "Römsiches Weltreich" schließt, eine Alternative ( nicht rein spirituelle ) vorlegen....übrigens: Vielleicht haben die "Adressaten" der Offenbarung des Johannes; die real dieselbe Verfolgungssituation geteilt haben, den Text gar nicht so wirr und unverständlich und "abgedreht".empfunden ... eher als "verschlüsselter" Text eine Art "Kassiber"..... "Wenn man sich auf die Deutung "Die Hure Babylon" = römisches Weltreich einlässt, so ist die Offenbarung alles andere als ein "wirrer" Text, sondern in dem Sinne "prophetisch", als er nicht darüber spekuliert, was in 2000 Jahren passieren wird ( "Fatima" ) , sonden, bietet, das ist der Sinn der wahren "Prophetie" der Propheten Israels: eine schonungslose, ungeschminkte Zeitdiagnose: Er durchschaut das römische Weltreich als das was es ist: in den Provinzen immer wieder unterdrückerisch und ausbeuterisch, Menschenleben vernichtend, Beispiel der Foltertod Jesus von Nazareth durch die Entscheidung des Pilatus... ....natürlich ist die Sichweise des Johannes auf das römische Weltreich mehr als einseitig....aber er hat eben ausschließlich den Aspekt der politischen Verfolgung im Auge......historisch für mich hochinteressant: Johannes, zurecht der "Seher von Patmos" genannt sieht das römsiche Weltreich letztlich dem "Untergang geweiht"... die Pointe ist: das römische Weltreich dehnte sich noch mehr aus...mehr weiter...bis dann, im 5. Jahrhundert finito war ( für das "Westreich"...) und dann komnmentierte ein anderer - auch umstrittener Theologe - Augustinus den "Untergang Roms" in seinem Buch "der Gottesstaat". Nochmals.Klar, die Sichtweise des Johannes war sehr einseitig, wir haben ja heute in unserem Rechtssystem wichtige Grundsätze des römischen Rechtes..... die politische "Aktualität" des "Sehers von Patmos": Alle politischen Unterdrückunssysteme sind zum Scheitern verurteilt... die "Große Lüge"...Johannes setzt die Herrschaft des "geschlachteten Lammes" dagegen....den gekreuzigten Jesus Christus, das Lamm Gottes.... ( Ach ja nochwas: Um Die Johannesoffenbarung ansatzweise zu verstehen, muss man sich natürlich auch mit der "Denkform" der "Apokalyptik befassen"....es bleibt spannend...) Ein anderer Aspekt der mir in diesem Forum immer wieder besonders auffällt: Oft wird sofort und auschließlich auf das "Lehramt" verwiesen.... aber die Kirche ist eine große "Kommunikationsgemeinschaft" ( nicht nur heute "weltweit", sondern auch über die 2000 Jahre, deshalb können im im Sinne dieser "universalen Kommunikationsgemeinschaft durch Raum und Zeit die Schriften Meister Eckhardts spirituell hochaktuell sein... ) und das Lehramt ist nicht die alleinige Instanz und ist genauso wie die anderen Instanzen darauf verwiesen, rational nachvollziehbar zu argumentieren, außer es geht um essentielle Glaubenswahrheiten, wie Credo etc... aber: die Frage wann und wo die Offenbarung des Johannes enstanden ist, entscheidet nicht das Lehramt "ex cathedra", sondern muss innnerhalb des offenen Diskurses Argumente vorlegen. Mir fällt auch auf: Immer wieder wird ganz allgemein im Forum hier ( zb im Forum über den "synodalen Weg"): Lehramt gegen "wissenschaftliche theologische Forschung" ausgespielt. Merkwürdig. Ich habe manchmal den Eindruck, im Hohen Mittelalter gab es über viele theologische Fragen eine breite Diskussion....Franziskaner, Dominikaner, Thomas Von Aquin...etc..etc... und in unserem Jahrhundert waren es besonders ergiebige Momente wo "Lehramt" Und "Theologen" zusammengearbeitet haben: Zweites Vatikanisches Konzil, Würzbürger Synode, die zwei Versammlungen in Lateinamerika; "Medellin" und "Puebla"... mit der "Vorrangigen Option für die Armen". Diese "Option" wurde eben nicht formuliert von ein paar "Marxistischen Befreiungstheologen" sondern gemeinsam von Bischöfen und Theologen.... und für mich ist es ein sehr wichtiges Zeichen gewesen, als Papst Franziskus Erzbischof Romero als "Märtyrer" heilig gesprochen hat. Ein anderes Beispiel: Luthers Verhör in Augsburg duch Kardinal Cajetan: Das hochinteressante an diesem Verhör: Die "römische Seite" wollte nur und ausschließlich Widerruf und "Unterwefung", Argumentation ausschließlich auf die "Autorität" des "Lehramtes"...Luther wollte eine "wissenschaftliche Fachdiskussion"... Es ist natürlich jammerschade, dass wir heute den genauen Kontext um den "Ablass" die differenzierten Argumente...nicht mehr so "drauf" haben und uns erst mal mühsam in die "Fachdebatte" von damals einlesen müssten... Aber :Luther argumentiert und Cajetan verweist kühl darauf, dass die "Sache endgültig durch den Papst" entschieden ist. Luther: Aber die Diskussion ist vollkommen offen in der Frage Cajetan: Papst XX hat das in seinem Dekret yyy schon vor über ZZZ Jahren entschieden Luther: Das Dekret YYY ist ja so peinlich und strotzt vor Fehlern, das man es besser nicht zitieren sollte...und so geht das munter weiters. Was ich sagen möchte: Die Diskussion war eben nicht "unfehlbare" Lehre, sondern innerhalb der Kirche Gegenstand der Theolgischen Diskussion. Und Cajetan- ein blitzgescheiter, hochintelligenter Theologe und Thomaskenner begriff sofort, dass er mit "Unterwerfung" und "Wiederruf" nicht weiterkommt. Er merkt hellsichtig und vielleicht viel früher als Luther selber, dass dieser die Kirche aus den Angel heben wird "Das heißt eine neue Kirche bauen" bearbeitet 26. Januar 2021 von Cosifantutti 3 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
phyllis Geschrieben 26. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 26. Januar 2021 um es einfach zu machen: Soll ich mal eine Exegese zu "mein Kampf" verfassen? Krieg ich locker hin aufgrund der Vorgaben die mir in diesem Strang erläutert wurden. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Cosifantutti Geschrieben 26. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 26. Januar 2021 ich bitte sehr darum und bin gespannt auf deine Exegese.... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 27. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 27. Januar 2021 Dann aber bitte in einem neuen Strang. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 27. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 27. Januar 2021 Ich möchte nur kurz kundtun, dass diese Diskussion auch für mich als bloßer Leser ein Gewinn ist, obwohl ich spontan wie @Werner001 kaum einen sinnvollen Zugang zur Offenbarung habe. Mir gefällt einfach zu lesen, wie unterschiedlich der Zugang zu diesem „dunklen“ Buch ist, genauso wie ich mit Gewinn lese, wie einige deuten, warum das so ist. Also ist ein „unsinniger“ Text deshalb noch lange kein „beliebiger“ Text. Ich kann leider nichts dazu beitragen, dazu bin ich zu ungebildet. Aber „like through a looking-glass“ kann ich immerhin erkennen, wie z.B. Franz Schmidt zu diesem wunderbaren Oratorium inspiriert wurde. Anscheinend wollte er ursprünglich auch disparate Texte der Bibel vertonen, und irgendwie kam er dann zum „Buch mit den sieben Siegeln“. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
ThomasB. Geschrieben 27. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 27. Januar 2021 vor 19 Stunden schrieb phyllis: Soll ich mal eine Exegese zu "mein Kampf" verfassen? Gerne. Aber nur unter vollständiger Berücksichtigung des Gesamtwerks. Das würde einige Jahre dauern und Dich davon abhalten, hier herumzukeifen zu polemisieren. Ganz ehrlich: Bis Du damit angefangen hast, bin ich nicht ansatzweise auf die Idee gekommen, das Buch so zu deuten, wie Du es wahrnimmst. Ich nehme die Offenbarung als ein faszinierendes dichterisches Werk wahr, dessen gewaltige Bilder zum Teil aus der jüdischen Tradition, also dem AT, zum Twil auch aus der damaligen Zeitgeschichte stammen. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn diese Bilder Menschen nichts sagen, und sie sich daher von dem Text nicht angesprochen fühlen. Das, was Du darin erkennst, kann ich allerdings beim besten Willen nicht entdecken. Und leider habe ich gerade gar keine Zeit, das Ding unter Deiner Prämisse nochmal zu lesen. Nicht, dass ich erwarte, Deine Deutung bestätigt zu finden, aber (noch) dümmer würde ich vermutlich davon auch nicht. Das nur als Zwischenruf, ich muss leider arbeiten. Und danke an Cosifantutti fürs Thema und die Mühe, es weiterzuführen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 27. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 27. Januar 2021 Am 25.1.2021 um 16:40 schrieb Ennasus: Du weißt nicht, dass deine Enkelkinder irgendwann erwachsen sein werden? Also ich weiß nicht, ob ich nächste Woche noch leben werde (Chancen stehen nicht schlecht bis jetzt). Eine Gewißheit über andere kann es noch weniger geben. Am 25.1.2021 um 16:40 schrieb Ennasus: Du weißt nicht, dass die sozialen und emotionalen Erfahrungen, die ein Kind macht, sein Leben prägen werden? Du hattest keine Ahnung davon, wo die besonderen Begabungen deiner Kinder liegen und in welcher Art von Beruf sie vermutlich unglücklicher/glücklicher werden würden? Du weißt nicht, dass das kognitive Potential eines Kindes, das keine Schule besuchen darf und sich sein Essen auf Müllhalden zusammen suchen muss, sich vermutlich anders entfalten wird als das eines Kindes, das von früh auf gefördert wird? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
phyllis Geschrieben 27. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 27. Januar 2021 (bearbeitet) 4 hours ago, ThomasB. said: 23 hours ago, phyllis said: um es einfach zu machen: Soll ich mal eine Exegese zu "mein Kampf" verfassen? Krieg ich locker hin aufgrund der Vorgaben die mir in diesem Strang erläutert wurden. Gerne. Aber nur unter vollständiger Berücksichtigung des Gesamtwerks. Das würde einige Jahre dauern und Dich davon abhalten, hier herumzukeifen zu polemisieren. Ganz ehrlich: Bis Du damit angefangen hast, bin ich nicht ansatzweise auf die Idee gekommen, das Buch so zu deuten, wie Du es wahrnimmst. Die "gewaltigen Bilder" erschöpfen sich in Ausschweifungen über Leiden, Mord, Folter, Katastrophen und Bestrafung der Bösen. Alles arrangiert als Macht-Demonstration vom "lieben Vater" von dem Jesus ein paar Jahre früher noch erzählt hatte. Die Drachen, Posaunen usw. geben ja "gewaltige Bilder" ab, aber was für welche. Ich hab den Schmonz in der Schulzeit gelesen (lesen müssen), was blieb ist auch unter Sachverständigen mw Konsens. "Hure Babylon" = römisches Reich. Der Rest und der Bezug zur Gegenwart und zur "Hure Europa" steht weiter vorne. Um mehr geht es mir nicht als um diese Auslegung, die mir durchaus einleuchtet. Wer hingegen daraus einen Anstoss zur "seelig-geistigen Entfaltung" und das "Wachstum" des Menschen sieht, kann das auch aus "Mein Kampf" herauslesen. Vormachen würds ichs an einem Beispiel (sagen wir ein Kapitel) ja schon, aber die Moderatoren würden sowas keine 5 Minuten stehen lassen; daher spar ich mir die Mühe. Aber Domingo hat das Problem weit kompetenter zusammengefasst, hier nochmals: Quote Ich kann dennoch fuer mich selbst zumindest sagen, dass ich kaum etwas mit der Idee anfangen kann, Texten eine humane, liberale, tolerante Bedeutung abzugewinnen, aus denen sich so viel leichter und unmittelbarer inhumane, intolerante, totalitaere Aussagen ergeben. Vielleicht haengt das mit meiner Ausbildung zusammen: Je bemuehter eine Interpretation ist, je mehr Biegen und Brechen noetig ist, um den Text in diese Richtung zu deuten, je unwahrscheinlicher ist es, dass sie stimmt bearbeitet 27. Januar 2021 von phyllis 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 28. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 28. Januar 2021 Am 26.1.2021 um 23:17 schrieb Cosifantutti: "Wenn man sich auf die Deutung "Die Hure Babylon" = römisches Weltreich einlässt, so ist die Offenbarung alles andere als ein "wirrer" Text, sondern in dem Sinne "prophetisch", als er nicht darüber spekuliert, was in 2000 Jahren passieren wird ( "Fatima" ) , sonden, bietet, das ist der Sinn der wahren "Prophetie" der Propheten Israels: eine schonungslose, ungeschminkte Zeitdiagnose: Er durchschaut das römische Weltreich als das was es ist: in den Provinzen immer wieder unterdrückerisch und ausbeuterisch, Menschenleben vernichtend, Beispiel der Foltertod Jesus von Nazareth durch die Entscheidung des Pilatus... ....natürlich ist die Sichweise des Johannes auf das römische Weltreich mehr als einseitig....aber er hat eben ausschließlich den Aspekt der politischen Verfolgung im Auge......historisch für mich hochinteressant: Johannes, zurecht der "Seher von Patmos" genannt sieht das römsiche Weltreich letztlich dem "Untergang geweiht"... die Pointe ist: das römische Weltreich dehnte sich noch mehr aus...mehr weiter...bis dann, im 5. Jahrhundert finito war ( für das "Westreich"...) und dann komnmentierte ein anderer - auch umstrittener Theologe - Augustinus den "Untergang Roms" in seinem Buch "der Gottesstaat". Nochmals.Klar, die Sichtweise des Johannes war sehr einseitig, wir haben ja heute in unserem Rechtssystem wichtige Grundsätze des römischen Rechtes..... die politische "Aktualität" des "Sehers von Patmos": Alle politischen Unterdrückunssysteme sind zum Scheitern verurteilt... die "Große Lüge"...Johannes setzt die Herrschaft des "geschlachteten Lammes" dagegen....den gekreuzigten Jesus Christus, das Lamm Gottes.... ( Ach ja nochwas: Um Die Johannesoffenbarung ansatzweise zu verstehen, muss man sich natürlich auch mit der "Denkform" der "Apokalyptik befassen"....es bleibt spannend...) Wenn man „die Hure Babylon“ mit dem römischen Weltreich gleichsetzt, bzw. davon ausgeht, daß der Autor das eine mit dem anderen gemeint hat, dann spricht einiges dafür. Die Sache hat aber meiner Ansicht nach noch einen anderen Aspekt. „die Hure Babylon“ hat in der jüdischen Überlieferung ja durchaus eine Bedeutung, nämlich das Exil der Israeliten, ein Exil übrigens, das nicht wenige von ihnen durchaus als nicht unangenehm empfunden haben, so wie auch viele Juden sich im Römischen Reich, jenseits der Grenzen von Israel, ziemlich wohl gefühlt haben, und von den Römern die meiste Zeit auch in Ruhe gelassen wurden. Wenn man das berücksichtigt, will der Autor also einerseits darauf hinweisen, daß es sich beim Römischen Reich um eine ähnliche Exilssituation wie damals in Babylon handele, und er bezieht vor allem eine Position innerhalb der christlichen Gemeinden, nämlich gegen die, die sich darin allzu gemütlich einrichten wollten. Rom war für ihn ein genauso verkommener Ort wie Babylon, und der Grund war auch der gleiche: die vielen Götter (für ihn Dämonen), die hier wie dort verehrt wurden. DAS war auch der Grund, warum beide zum Untergang verurteilt waren, nicht irgendwelche realen Umstände. In seinem Weltbild konnte etwas nicht bestehen, was sich gegen den „einzig wahren Gott“ wandte. Aus meiner Sicht war es also keine „schonungslose, ungeschminkte Zeitdiagnose“, sondern ein religöses Pamphlet, das eine eindeutige Position innerhalb der christlichen Gemeinden einnahm, und seinem Wunschtraum Ausdruck gab, die Welt, an die es eine Annährung verhindern wollte, werde sicher untergehen. Mit der „großen Lüge“ war also nicht ein „politisches Unterdrückungssystem“ gemeint, sondern aus Sicht des Autors die einzige, größtmögliche Lüge von allen: daß es andere Götter neben dem „einen, wahren“ geben könnte. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 28. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 28. Januar 2021 vor 3 Stunden schrieb Marcellinus: Wenn man „die Hure Babylon“ mit dem römischen Weltreich gleichsetzt, bzw. davon ausgeht, daß der Autor das eine mit dem anderen gemeint hat, dann spricht einiges dafür. Die Sache hat aber meiner Ansicht nach noch einen anderen Aspekt. „die Hure Babylon“ hat in der jüdischen Überlieferung ja durchaus eine Bedeutung, nämlich das Exil der Israeliten, ein Exil übrigens, das nicht wenige von ihnen durchaus als nicht unangenehm empfunden haben, so wie auch viele Juden sich im Römischen Reich, jenseits der Grenzen von Israel, ziemlich wohl gefühlt haben, und von den Römern die meiste Zeit auch in Ruhe gelassen wurden. Wenn man das berücksichtigt, will der Autor also einerseits darauf hinweisen, daß es sich beim Römischen Reich um eine ähnliche Exilssituation wie damals in Babylon handele, und er bezieht vor allem eine Position innerhalb der christlichen Gemeinden, nämlich gegen die, die sich darin allzu gemütlich einrichten wollten. Rom war für ihn ein genauso verkommener Ort wie Babylon, und der Grund war auch der gleiche: die vielen Götter (für ihn Dämonen), die hier wie dort verehrt wurden. DAS war auch der Grund, warum beide zum Untergang verurteilt waren, nicht irgendwelche realen Umstände. In seinem Weltbild konnte etwas nicht bestehen, was sich gegen den „einzig wahren Gott“ wandte. Aus meiner Sicht war es also keine „schonungslose, ungeschminkte Zeitdiagnose“, sondern ein religöses Pamphlet, das eine eindeutige Position innerhalb der christlichen Gemeinden einnahm, und seinem Wunschtraum Ausdruck gab, die Welt, an die es eine Annährung verhindern wollte, werde sicher untergehen. Mit der „großen Lüge“ war also nicht ein „politisches Unterdrückungssystem“ gemeint, sondern aus Sicht des Autors die einzige, größtmögliche Lüge von allen: daß es andere Götter neben dem „einen, wahren“ geben könnte. Interessanter Aspekt, dem ich durchaus zustimmen kann. Diese Spannung existiert auch noch in anderer Hinsicht. Im Alten Testament findet sich vielfach Kritik am Leben in der Stadt mit seiner sozialen Differenzierung und der (vermeintlichen) moralischen Ausschweifung im Gegensatz zu einen egalitären ländlichen Leben (vgl. etwa das Buch Amos). Es geht hier also nicht nur um den wahren Gott, sondern um einen Lebensentwurf. Allerdings ist diese Front alles andere als unumstritten, wie das Buch Jona zeigt. In Ninive bekehren sich die Menschen und Gott verschont sie, was wiederum Jona auf die Palme bringt. Also so etwas wie ein religiöser Rassismus. Die Aufnahme der Apokalypse in den Kanon war sehr umstritten. Man kann den Eindruck gewinnen, als sei es ein ungeliebtes Buch, das dann doch irgendwann den Sprung auf die Liste geschafft hat, das aber immer dazu neigt, vor allem extremistische Tendenzen zu stützen. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Marcellinus Geschrieben 28. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 28. Januar 2021 vor 16 Minuten schrieb Mat: Die Aufnahme der Apokalypse in den Kanon war sehr umstritten. Man kann den Eindruck gewinnen, als sei es ein ungeliebtes Buch, das dann doch irgendwann den Sprung auf die Liste geschafft hat, das aber immer dazu neigt, vor allem extremistische Tendenzen zu stützen. Was darauf hinweist, daß es diese extremistischen Tendenzen unter den Christen immer gegeben hat. Paradebeispiel ist da für mich immer Tertullian, der der Überzeugung war, Christen sollten nicht ins Theater oder zu Wagenrennen gehen, denn ihnen stünde am Ende der Zeit ein ganz anderes Schauspiel bevor, „der Tag des letzten und endgültigen Gerichts, den die Heiden nicht erwarten, über den sie spotten, der Tag, wo die alt gewordene Welt und alle ihre Hervorbringungen im gemeinsamem Brande verzehrt werden.“ Das werde ein „umfassendes Schauspiel“, ein „Gegenstand des Staunens, des Lachens“, ein „Ort der Freude und des Frohlockens“, „lieblicher als der Zirkus, beide Arten des Theaters und die Rennbahn.“ (Tertullian, Über die Schauspiele, 30. Kap.) 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mat Geschrieben 29. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 29. Januar 2021 Am 28.1.2021 um 14:48 schrieb Marcellinus: Was darauf hinweist, daß es diese extremistischen Tendenzen unter den Christen immer gegeben hat. Paradebeispiel ist da für mich immer Tertullian, der der Überzeugung war, Christen sollten nicht ins Theater oder zu Wagenrennen gehen, denn ihnen stünde am Ende der Zeit ein ganz anderes Schauspiel bevor, „der Tag des letzten und endgültigen Gerichts, den die Heiden nicht erwarten, über den sie spotten, der Tag, wo die alt gewordene Welt und alle ihre Hervorbringungen im gemeinsamem Brande verzehrt werden.“ Das werde ein „umfassendes Schauspiel“, ein „Gegenstand des Staunens, des Lachens“, ein „Ort der Freude und des Frohlockens“, „lieblicher als der Zirkus, beide Arten des Theaters und die Rennbahn.“ (Tertullian, Über die Schauspiele, 30. Kap.) Natürlich, wie den meisten anderen Religionen auch. Religion und Extremismus sind keine guten Geschwister. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 29. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 29. Januar 2021 Tertullian war ja gegen Ende eine Art erster Jansenist. Tertullian, Wiedertäufer, Savonarola und eigentliche Jansenisten - im polit. Einfluß unterschiedlich, im Rigorismus sehr ähnlich. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Cosifantutti Geschrieben 30. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2021 Ich kann schlichtweg nicht nachvollziehen, wie man - ausgehend vom konkreten Text - von der "Großen Hure Babylon" ( Johannes-Offenbarung, Kapitel 1 ) auf die "Hure Europa" kommt. Jedenfalls wird eine "Hure Europa" nirgendwo in der Offenbarung des Johannes erwähnt.... EUROPA lag ja zur Zeit der Abfassung der Offenbarung vollkommen außerhalb jeglichen Zeithorizontes, wogegen die Weltmacht "Rom" eine Realität der damaligen Gegenwart war: 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Die "Hure Babylon" hat ja auch nichts mit irgendwelchen Ressentiments gegen ( in damaliger Zeit ) "moderne", emanzipierte, auch sexuell freizügige Frauen zu tun.... Der Autor der Offfenbarung formuliert ja aus dem Kontext der in den AT-Schriften überlieferten Geschichte des Volkes Gottes. Eroberungen und Deportationen waren für das biblische / alttestamentliche Israel immer einschneidende Erfahrungen: - - - Sozusagen die biblische "Urerfahrung" von politischer Unterdrückung und Versklavung von Juden, nämlich unter der Ägyptischen Herrschaft wird im Buch Exodus geschidert: Exodus, Kapitel 1; Und dann die "Szene": "Mose am Dornbusch" Exodus, 3, 7ff: "Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen, und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid. Ich bin herabgestiegen, um sie aus der Hand der Ägypter zu entreißen..." - - - 722 v. Chr. Eroberung Samarias und Niedergang des "Nordreiches"...durch die assyrische Großmacht, mit Deportation und Zwangsansiedlung - - - 586 v. Chr. Eroberung Jerusalems, Zerstörung des Tempels ( !!!! ) in Jerusalem, Untergang des "Südreiches" durch die Babylonier, mit Deportationserfahrungen: vgl. hierzu z.B. Psalm 137 ( "By the rives of Babylon...." ); vor allem auch: die "Klagelieder des Jeremia"...und mit weiteren literarischen Verarbeitungen in den biblischen Büchern.... Wenn der der Autor der Johannes-Offenbarung im 17. Kapitel auf "Babylon" anspielt, dass ist es ja wohl offensichtlich, dass er auf genau diesen geschichtlichen Kontext von 586 verweisen will. Wenn jemand eine andere Interpretation vorschlägt, die den expliziten Verweis auf Babylon besser erklärt, als den Verweis auf die reale Unterdrückungs- und Gewalterfahrung Israels durch die dir Babylonier 586 v. Chr., dann muss er eben auch diese Sichtweise vortragen, damit sie andere nachvollziehen können. Als Johannes seine Offenbatung schrieb, spielte das Babylonische Reich keinerlei Rolle mehr als Unterdrückungsmacht.... es kamen nach den Babylonier das Persische Reich, das hellenistische Reich und eben dann im ab dem ersten Jahrhundert v. Chr.... nach und nach das Römische Weltreich..... - - - Die erneute Eroberung Jerusalems und die erneute Zerstörung des Tempels in Jerusalem, diesmal durch Römerhand, zu sehen heute noch als Relief am Titusbogen am Rande des Forum Romanum in Rom.... musste natürlich an die andere Eroberung und Zerstörung des Tempels ( 500 Jahre zuvor ) erinnern.... und von daher bildet die Verbindung "Babylon" - "Rom" als zu vergleichende, in Beziehung zueinander zu setzende reale Erfahrung von politischer Gewalt und Unterdrückung... ein plausibler Gedanke.... Wer sich nicht dieser Deutung anschließen kann, dass hinter der ganzen "geheimnisvollen Macht und den Mächten" z. b besonders im Kapitel 13 und da nochmals, für mich am Offensichtlichsten Vers 14fff... muss dann eben auch eine alternative Erklärung vorlegen, die die betreffenden Texte dann besser erklärt, als die Deutung = letztlich wird angespielt auf die Weltmacht Rom und es geht Kontext der Johannes-Offenbarung um reale politische Unterdrückungserfahrungen....es genügt halt eben nicht zu sagen: Das ist doch absoluter Nonsens... wenn man nicht plausibel darlegen kann, was dann ie bessere Interpretation ist... Eine kleine Bemerkung zu den "Sprachbildern" der Johannes-Offenbarung: Es ist natürlich für eine angemessene Interpretation dieses Textes unabdingbar, dass man sich mit der Denkform und Vorstellungswelt der Apokalyptik und dem "Weltbild der Apokalytik" vertraut macht.... ..und dann eben auch ganz konkret Apokalypse als eine ganz spezifische literarische Gattung: Wir finden ja in den Heiligen Schriften immer wieder einzelne Kapitel / Passagen, die von diesem "Weltbild" der Apokalyptik und der literarischen Gattung Apokalypse geprägt sind. Vor allem aber- das macht die Sache noch viel interessanter, wir haben verschiedene apokalytischen Bücher, die explizit nicht in den Kanon der bibischen Schriften aufgenommen wurden....weder in den Kanon der Kirche noch in den Kanon der jüdischen Heiligen Schriften, z. B die Bücher Esra..... Wem das Buch "Die Offenbarung des Johannes" zu "gewalttätig" ist und es eher abstoßend empfindet, dem empfehle ich schlicht andere bibische Bücher, z. B das "Hohelied Salomos"... Es ist wie beim "Tatort" die für die einen ein Ritual am Sonntag Abend, für andere schlichtweg zu viel Gewalt etc.... Anderes Beispiel: Ich mag das Filmepos "Der Pate" sehr ( und zwar alle drei Teile...), da geht es auch nicht durchgehend "gewaltlos" zu....dennoch ist es für mich ein grandioses filmisches Epos...( alle drei Teile im Zusammenhang gesehen....) Von der ersten "berühmten Szene" mit Marlon Brando: "Ich habe ihm ein Angebot gemacht, das er unmöglich ablehnen konnte"----bis zum Ende des 3. Teils... wo in einer Szene mit - ja man könnte fast sagen - biblischer Dimension....- Al Pacino auf der Treppe seine eigene Tochter durch einen Kugel, die ihm galt als Querschuss verliert und er dann seinen Schmerz laut rausschreit... und am Ende ein gebrochener Mann ist...und im Garten sitzt...und tot zu Boden fällt.... noch ein Beispiel: Ich fand die "Milleniums-Trillogie" von Stieg Larsson sehr spannend zu lesen, auch da "Gewaltphantasien" und "Gewaltszenen" zuhauf....ich mache mir doch nicht die Gewaltphantasien darin zu Eigen....? ! ? --- Und genau in diesem rein literarischen Sinne finde ich die Bildwelten Der Offenbarung des Johannes so "gewaltig" und ja sie faszinieren mich - rein literarisch.... und um jetzt schon einem vorhersehbaren Missverständnis vorzubeugen: Nirgendwo ruft das Buch der Offenbarung selber den Leser aktiv zu Gewalttaten auf. Wer dies in die Texte hineinliest hat eben von der Denkform der biblischen / außerblischen Apokalyptik gerade auch als literarische Gattung nichts verstanden.... in den verschiedenen "Apokalypsen" ist allein Gott ( zusammen mit seinen "Racheengeln" ) der allein Handelnde, , der Leser / Hörer wird zum geduldigen - glaubenden - "Ausharren" der gegenwärtigen Unterdrückungssituation aufgefordert / ermahnt.... "Standhaft" zu bleiben in dieser "Leidenszeit"...den Glauben an das "geschlachtete Lamm Gottes nicht zu verlieren....und nochmals sei ausdrücklich darauf verwiesen, dass es eben doch lange Zeit umstritten war, ob man dieses Buch in den Kanon der Heiligen Schriften der Kirche aufnehmen soll.... Von diesem Hintergrund loht sich eine "Relecture" der Offenbarung sehr.... Man muss in diesem Sinne nur mal die Einleitung und die "Sendschreiben an die Sieben Gemeinden" in der Provinz Asia lesen: Da wird nicht zur "Gewalt" aufgerufen, sondern "auszuharren" im Glauben ( vgl. z. B. Kapitel 2, Verse: 2-4, 10, 13, 19, 25, )... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 30. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2021 45 minutes ago, Cosifantutti said: Anderes Beispiel: Ich mag das Filmepos "Der Pate" sehr ( und zwar alle drei Teile...) Also auch Teil 3? Das ist nun wirklich Ketzerei. Ich kann mit allem anderen, was Du in deisem Beitrag schreibst, durchaus leben, nicht aber mit dieser Aussage 😮 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Cosifantutti Geschrieben 30. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2021 was findet du denn in Teil 3 ketzerisch ? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 30. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2021 (bearbeitet) Es ist Ketzerei, den drittern Teil zu moegen. Wenn Du das tust, stellst Du dich ausserhalb der Lehre der orthodoxen Mehrheit der Pate-Fans bearbeitet 30. Januar 2021 von Domingo 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Cosifantutti Geschrieben 30. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 30. Januar 2021 (bearbeitet) ich bin gegen jede Bevorumundung und "Zensur" im "künsterlischen" Bereich....ich Kenne die Lehrer der Orthodoxen Pate-Fans...aber das schert mich nicht.... Vor allem Al Pacio legt auch im 3. Teil eine grandiose schauspielerische Leistung hin. Als er seine Tochter auf der Treppe durch den Querschläger verliert, seien Schreien ist von biblischer archaischer Kraft... schön auch die Szene wo Al Pacino im Garten des Vatikan bei "seinem" Bischof beichtet.... bearbeitet 30. Januar 2021 von Cosifantutti Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Ennasus Geschrieben 31. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2021 (bearbeitet) Am 30.1.2021 um 03:38 schrieb Cosifantutti: ...der Leser / Hörer wird zum geduldigen - glaubenden - "Ausharren" der gegenwärtigen Unterdrückungssituation aufgefordert / ermahnt.... "Standhaft" zu bleiben in dieser "Leidenszeit"...den Glauben an das "geschlachtete Lamm Gottes nicht zu verlieren....(...) Von diesem Hintergrund loht sich eine "Relecture" der Offenbarung sehr.... Verstehe ich das richtig - das ist dann das, was dir die Offenbarung auf der spirituellen Ebene sagt? Sie ist für dich in erster Linie eine Aufforderung, in einer Unterdrückungssituation geduldig auszuharren? Da das hier ja eigentlich der Forums-Bereich "Bibel, Glaube und Leben" ist, möchte ich das gern noch einmal fragen: Gibt es hier auch sonst jemanden, dem die Bilder dieses Buchs im Hinblick auf seinen Glauben bzw. Weltzugang und sein Menschenbild etwas bedeuten? Es ist einfach eine Frage nach einem anderen möglichen Zugang und schmälert natürlich nicht die Bedeutung aller bereits hier stehenden wichtigen und interessanten theologischen und sprachwissenschaftlichen Aussagen zur Apokalypse. Apropos: Steht eigentlich schon irgendwo, dass nicht nur die "Hure Babylon", sondern sehr viele Sprachbilder und Symbole dieses Buchs auf viel ältere Texte zurückgreifen - auf alttestamentliche Prophetien wie das Buch Daniel z.B. Oder auf Ezechiel und Jesaia. Und diese ihre Bilder teilweise aus noch älteren Texten beziehen (z.B. Gilgamesch-Epos: "Die Anunnaki hoben Fackeln empor, mit ihrem grausen Glanz das Land zu entflammen. Die Himmel überfiel wegen Adad Beklommenheit, jegliches Helle in Düster verwandelnd; das Land, das weite, zerbrach wie ein Topf" ) bearbeitet 31. Januar 2021 von Ennasus 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Cosifantutti Geschrieben 31. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2021 vor 2 Stunden schrieb Ennasus: Verstehe ich das richtig - das ist dann das, was dir die Offenbarung auf der spirituellen Ebene sagt? Sie ist für dich in erster Linie eine Aufforderung, in einer Unterdrückungssituation geduldig auszuharren? Für mich persönlich: ganz klar eindeutig nicht.... Ich lese die Bücher der Heiligen Schriften nie nur unter dem Aspekt, ob sie mir etwas "aufspiritueller Ebene" sagen... Die Offenbarung des Johannes hat mich schon in ganz jungen Jahren interessiert, schon rein als Teil der "Weltliteratur".... Wenn du nach der "spirituellen Bedeutung" fragst... die gibt es natürlich auch für mich persönlich : zb: Kapitel 21, 1 - 4, oder auch eine Stelle in der Offenbarung des Johannes, die für eine persönliche Gottesbeziehung / Christusbeziehung ein wichtiges "Bild" ist: Offbarung, Kapitel 3, 20: "Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir" Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Dies ist ein beliebter Beitrag. Alfons Geschrieben 31. Januar 2021 Dies ist ein beliebter Beitrag. Melden Share Geschrieben 31. Januar 2021 (bearbeitet) Johannes-Offenbarung? Find ich gut. Sie war ja eigentlich nur für ein paar hundert Leute gedacht, die Apokalypse. Ein Rundschreiben an sieben Gemeinden in Kleinasien, im Gottesdienst vorzulesen. Inhalt: Erst ein paar heftige Rüffel und dann die große Zusage, dass alles gut wird, ganz bald. Alles wird gut! „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“ – zweimal steht das in dem Brief. Gott wird alle Tränen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein. Kein Leid mehr, kein Schrei und kein Schmerz. Großes Jehova-Ehrenwort, sagt der Seher Johannes. Haltet durch. Und dann das himmlische Jerusalem, ein Ort, in dem es keinen Tempel gibt, denn Gott selber ist der Tempel, er und das Lamm, also Jesus. Lebendiges Wasser fließt von ihrem Thron. Ein Strom, an dem Bäume wachsen, die Früchte tragen, Bäume des Lebens, zwölfmal im Jahr ist Ernte. Zwölfmal bedeutet: für alle. Es ist genug da, genug von allem und für alle. Was für eine Vision. Trost und Hoffnung sind auch aus heutiger Sicht der Kern der Botschaft im letzten Buch des Neuen Testaments. Und ein Drittes: Die Zuversicht, dass Menschen, wenn sie sich dem Bösen verweigern, Teil einer Gemeinschaft der Heiligen werden, und dass sich die Menschheit dorthin entwickeln kann. Ich erzähle jetzt aber, worum es damals ging, als dieser Rundbrief geschrieben wurde. Das war im Jahr 95 oder ein, zwei Jahre früher, in Rom regierte misstrauisch und tyrannisch Kaiser Domitian, der sich mit „dominus et deus noster“ anreden ließ, unser Herr und Gott. Die christlichen Gemeinden waren als religiöse Minderheit wirtschaftlich und politisch in einer schwierigen Situation – jedenfalls dann, wenn ihre Mitglieder sich nicht den gesellschaftlichen Gepflogenheiten anpassen wollten. Damit meine ich den Kaiserkult, der an und für sich eine wichtige soziale Funktion hatte. Das römischen Reich bestand aus einem bunten Gemisch von Volksgruppen und Kulturen. Der Kaiserkult stiftete Identität, man feierte gemeinsame Feste, brachte Opfer dar, und wer beim Verspeisen von Opferfleisch nicht zugriff, sondern dankend ablehnte, wurde angeschaut wie heute ein muslimischer Schüler, der seiner Lehrerin den Handschlag verweigert. Unter Domitian war der Kult und damit die von den Bürgern verlangte Loyalität besonders heftig. Der Monat Oktober wurde in „Domitianus“ umbenannt. In Ephesus verbeugte man sich vor einer Statue des Herrschers in vierfacher Lebensgröße, Münzen zeigten seinen früh verstorbenen Sohn als Gottessohn auf einer Weltkugel thronend, und Majestätsbeleidigung war ein guter Grund, Leute ins Gefängnis zu bringen. Erdogan lässt grüßen. Gerade Kleinasien war ein Ballungsgebiet des Kaiserkults: Altäre, Tempel, Priester in fast jeder Stadt. Da nimmt es nicht Wunder, wenn die Christen versuchten, sich zumindest ein wenig anzupassen. Man gibt ja nicht direkt seinen Glauben auf, wenn man einer Frau die Hand gibt – pardon, wenn man sich mal vor einer Statue verbeugt und vom Markt ein Stück Opferfleisch mitbringt, nicht wahr? Ob es gezielte Christenverfolgungen zu jener Zeit gab, ist umstritten, aber ein öffentliches Bekenntnis, Christ zu sein, konnte sicherlich die Existenz kosten. Gegen diese lautlose Assimilierung, die offenbar gang und gäbe war, wandte sich der Prophet Johannes. Entweder 100 Prozent Christ oder ab in die Verdammnis, dazwischen gibt es für ihn nichts. Positiv formuliert: Johannes befürchtete eine Anpassung an die religiöse Staatsideologie der Römer; in einer Zeit der Bedrängnis demaskierte er diese Ideologie und versuchte, den Gemeinden Orientierung zu geben. Nebenbei gesagt: Mich wundert nicht, dass die Johannes-Offenbarung bei den Zeugen Jehovas mit ihrer entschiedenen Abkehr von allem Weltlichen so beliebt ist. Ihre Haltung in der NS-Zeit war ähnlich, viele von ihnen wurden damals Märtyrer. Wer war dieser Johannes? Jedenfalls ist er nicht identisch mit dem Verfasser des gleichnamigen Evangeliums. Wahrscheinlich war er ein judenchristlicher Wanderprophet, ein Paulus-Nachfolger, gut bekannt in den Gemeinden, an die er schrieb. Dass er seinen Namen offen nennt, hilft nicht bei der Identifizierung, Johannes war damals ein Modename. Seine Vision, schreibt er, habe ihn auf der Insel Patmos ereilt. Dass er dorthin verbannt worden war, ist eine Legende, für die wenig spricht. Verbannung war bei den Römern Ersatz für die Todesstrafe, aber nur für Angehörige der Oberschicht. Vielleicht war Johannes unter dem Druck der Verfolgung nach Patmos geflohen. Wenn man auf der Landkarte die Orte der sieben Gemeinden sucht, sieht man: Sie liegen alle nahe oder an der Ostküste Kleinasiens, also der heutigen Türkei. Sie waren (kein Wunder: Römer!) durch ein tiptop Straßennetz verbunden. Die Reihenfolge der sieben Briefe an diese Gemeinden in Kapitel 2 und 3 ergibt eine Rundreise mit Ephesus als Start und Ziel. Die Offenbarung war also tatsächlich ein Rundschreiben an sieben real existierende christliche Gemeinden. Heute erscheinen uns die Visionen des Sehers Johannes beim ersten Lesen dunkel und wirr. Gut, mit der Hure Babylon ist die Stadt Rom gemeint, das weiß man. Auch ist wahrscheinlich, dass mit den beiden Tieren in Kapitel 13 erstens der Kaiser Domitian und zweitens die Priesterschaft des Kaiserkults gemeint waren. Auch die Zahlensymbolik ist weitgehend klar. Sieben ist die Zahl göttlicher Vollkommenheit, zwölf steht für alle Stämme Israels und damit für das Ganze, die schlimme Zahl 666 errechnet sich aus dem Namen des Kaisers Nero und meint den neuen Nero, also wiederum Domitian. Aber sonst? Für die Adressaten des Rundschreibens aber war das keine Geheimsprache! Johannes griff auf Mythen zurück, die damals alle kannten, und die er teilweise neu zeitgeschichtlich deutete. Die beiden Tiere aus Kapitel 13 sind Leviathan und Behemoth aus dem Hiob-Buch, Details wie die zehn Hörner stammen aus dem Buch Daniel. Vieles ist aus dem Buch Hesekiel entnommen, etwa die Schwert-Symbolik und die drohenden Verwüstungen des Landes. Die vier apokalyptischen Reiter stammen aus dem Propheten Sacharja. Und so weiter. Manche der von Johannes verarbeiteten Mythen gehen noch weit tiefer in die Geschichte. Schon Leviathan und Behemoth haben ältere Ursprünge in babylonischen und ugaritischen Mythen. Hinter dem Bild von der Geburt des Kindes in Kapitel 12 steht der Mythos von Geburt, Verfolgung und Sieg des Sonnengottes. Das war also wahlweise der ägyptische Horus oder der griechische Apollon, bekannt aus der Geschichte des Orakels von Delphi. Aus der Göttin Leto, Mutter Apollons, wird die Sonnenfrau. Johannes deutet sie als die Kirche Christi. Aber hinter der Neudeutung bleiben die alten Mythen sichtbar und gültig. Immer wieder und auf vielfältige Weise sprechen sie bildhaft von der Überwindung des Bösen, von den Möglichkeiten des Wachstum, von der Zukunft, die in der Gegenwart bereits begonnen hat. Und so erzählt die Offenbarung dann auch die ultimative Zukunftsvision. Das letzte Buch der Bibel schließt den Kreis, kehrt zurück zur Genesis, zum Anfang, zur Schöpfung von Himmel und Erde, und verheißt, was nach dem Ende der Welt kommen soll, es ist der ganz ganz große Neubeginn: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde vergingen.“ Alfons PS: Nach der Ermordung Domitians im Jahr 96 ließ sein Nachfolger, Kaiser Nerva, alle Menschen frei, die wegen Majestätsbeleidigung vor Gericht standen. Niemand mehr durfte Anzeige wegen Majestätsbeleidigung stellen oder Menschen denunzieren, die jüdische (also auch christliche) Lebensweise annahmen. Für die Christen in Kleinasien muss es sich angefühlt haben, als könne nun alles wahr werden, was der Seher Johannes ihnen geschrieben hatte. bearbeitet 31. Januar 2021 von Alfons 2 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Studiosus Geschrieben 31. Januar 2021 Melden Share Geschrieben 31. Januar 2021 (bearbeitet) Ich möchte lediglich korrigieren: Worum es, vor dem Hintergrund der historischen Gemengelage, geht. Die Offenbarung bzw. ihr Inhalt ist natürlich deutlich größer als die zeitgeschichtliche Ausdeutung, wiewohl dieser durchaus interessant sein mag. Die Apokalypse Johannis ihrer mystischen Bilder und Visionen zu entkleiden nimmt ihr meines Erachtens viel ihrer Bedeutung innerhalb des ntl. Schriftenkanons als auch für das Leben der Kirche insgesamt. Saluti cordiali, Studiosus bearbeitet 31. Januar 2021 von Studiosus Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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