Shubashi Geschrieben 30. März 2021 Melden Geschrieben 30. März 2021 Am 30.3.2021 um 16:24 schrieb iskander: Außer er schafft es halt, "doppelgleisig" zu fahren. Und das scheint bei den "Rigoristen" nicht so selten zu sein, wobei ich aber nicht behaupten möchte, dass es ubiquitär wäre. Expand Unser vorvoriger Pastor hat ganz normal seine Freundin gehabt, und das wussten die meisten auch. Ich denke, inzwischen ist den meisten Gemeindemitgliedern so eine semioffizielle „friendship with benefits“ deutlich lieber als irgendwelche fragwürdigen Heimlichtuereien oder eben das einseitige kriminelle Ausnützen von Machtverhältnissen über Schwächere. Zitieren
iskander Geschrieben 30. März 2021 Melden Geschrieben 30. März 2021 (bearbeitet) Wenn jemand nicht selbst Wein trinkt und Wasser predigt, will ich da auch gar nichts sagen. Mich stört nur die Doppelmoral, wenn jemand wie einige Kirchenleute eine rigide Moral wie eine Monstanz vor sich herträgt, andere Menschen verurteilt und dann selbst das Gegenteil dessen macht, was er sagt ... das ist dann einfach unglaubwürdig - und Schlimmeres. bearbeitet 30. März 2021 von iskander Zitieren
Chrysologus Geschrieben 31. März 2021 Melden Geschrieben 31. März 2021 Am 29.3.2021 um 08:38 schrieb Spadafora: Keine Suspendierung für Bischöfe die LGBT Paare segnenhttps://www.katholisch.de/artikel/29263-overbeck-keine-suspendierung-nach-segnung-homosexueller-paare es ist faszinierend wie das Ganze sich entwickelt und die Machtlosigkeit der Glaubenskongregation zu sehen Expand Nicht ganz richtig: Overbeck kündigt an, niemanden zu suspendieren, der homosexuelle Paare segnet. Das ist vorbildlich, denn gegenteiliges Handeln wäre rechtswidrig, es gibt kein entsprechendes Strafgesetz. Zitieren
Mat Geschrieben 31. März 2021 Melden Geschrieben 31. März 2021 Am 26.3.2021 um 10:18 schrieb Mistah Kurtz: Erinnert mich ein wenig an Adolf Holl. Den hörte ich vor Jahren in einem Interview auf die Frage, was ihm nach dem Bruch mit der Kirche und letztlich auch mit dem Christentum an Glaube geblieben wäre, antwortet: "Om". Das empfand ich als ein sehr trauriges Eingeständnis nichts mehr an religiöser Substanz ins sich bergen zu können (auch wenn Holl das sicher anders gesehen hat). Ähnlich bemitleidenswert erscheint mir der Glaubensverlust der da aus Ranke-Heinemann Äußerung spricht. Wer Jesus nur mehr im Diesseits verorten kann, dessen Hoffnung "auf ein Wiedersehen mit den geliebten Toten" muss schon sehr verzweifelt sein. Wenn der eine nicht auferstand, warum sollten es dann die anderen vermögen? Expand Ich kenne nicht den Zusammenhang, in dem er das gesagt hat, aber wenn er auf dem Weg der Mystik war, dann ist doch die Konsequenz des Glaubens das tiefe Schweigen in Gott. Ich kann es gut verstehen, wenn im Laufe der Jahre immer mehr Nebensächlichkeiten abfallen. Das Schweigen, das man wahlweise als vollkommene Leere oder vollkommene Fülle deuten kann, das Einssein genügt vollkommen. So etwas ist keine Armut, sondern ein unendlicher Reichtum, aber auch kaum jemandem zu vermitteln, der diese Erfahrung nicht teilt. Und selbstverständlich gibt es viele Glaubenswege, nicht allein diejenigen der Mystik. 2 1 Zitieren
Mistah Kurtz Geschrieben 31. März 2021 Melden Geschrieben 31. März 2021 (bearbeitet) Am 31.3.2021 um 10:58 schrieb Mat: Ich kenne nicht den Zusammenhang, in dem er das gesagt hat, aber wenn er auf dem Weg der Mystik war, dann ist doch die Konsequenz des Glaubens das tiefe Schweigen in Gott. Ich kann es gut verstehen, wenn im Laufe der Jahre immer mehr Nebensächlichkeiten abfallen. Das Schweigen, das man wahlweise als vollkommene Leere oder vollkommene Fülle deuten kann, das Einssein genügt vollkommen. So etwas ist keine Armut, sondern ein unendlicher Reichtum, aber auch kaum jemandem zu vermitteln, der diese Erfahrung nicht teilt. Und selbstverständlich gibt es viele Glaubenswege, nicht allein diejenigen der Mystik. Expand Der Weg der Mystik ... tja, mag sein, das ist so schön vage. Ich persönlich glaubte damals, beim Hören des Interviews, wie auch heute noch, dass es die Antwort eines Menschen war, dem die anderen Antworten verloren gegangen waren. Wie bei Ranke-Heinemann war auch für Holl Jesus nur mehr im Diesseits zu verorten, die Auferstehung ein freundlicher Mythos und damit ging ihm das Herz dessen, was Christentum ist, wohl verloren. Sein Biograph Harald Klaush beschrieb ihn als sophistischen Schelm, der den Niedergang der Kirche mit gelassener Heiterkeit verfolgte. Wie immer er das "om" auch gemeint haben mag, fragen können wir ihn nicht mehr, da er im Vorjahr verstarb. Möge ihm die Erde leicht sein. Finem oblivio erit omnia in culpa. bearbeitet 31. März 2021 von Mistah Kurtz Zitieren
Shubashi Geschrieben 31. März 2021 Melden Geschrieben 31. März 2021 Am 31.3.2021 um 10:58 schrieb Mat: Ich kenne nicht den Zusammenhang, in dem er das gesagt hat, aber wenn er auf dem Weg der Mystik war, dann ist doch die Konsequenz des Glaubens das tiefe Schweigen in Gott. Ich kann es gut verstehen, wenn im Laufe der Jahre immer mehr Nebensächlichkeiten abfallen. Das Schweigen, das man wahlweise als vollkommene Leere oder vollkommene Fülle deuten kann, das Einssein genügt vollkommen. So etwas ist keine Armut, sondern ein unendlicher Reichtum, aber auch kaum jemandem zu vermitteln, der diese Erfahrung nicht teilt. Und selbstverständlich gibt es viele Glaubenswege, nicht allein diejenigen der Mystik. Expand Im Grundsatz teile ich Deine Sicht, und da ich Holls Biographie nicht kenne, ist die genaue Deutung dem Kenner überlassen. Die Originalität des Mystikers ist auch gerne mal das Rätsel, oder auch der wissende Scherz, um den Frager herauszufordern, das Unfassbare zu fassen. Ich denke gerade auch, dass in der Mystik die Unterscheidung des diesseitigen und jenseitigen Christus an Bedeutung verliert. Religiöser Glaube und Faktenglaube meinen für mich unterschiedliche Dinge, und dieser erstere Glaube kann durch letzteren auch nicht wirklich widerlegt werden, weil es eben um unterschiedliche Dinge geht. Deswegen gibt es sicherlich Menschen, deren Christentum mit einer Verdiesseitigung der Auferstehung auch an religiöser Bedeutung verliert, aber für andere geht es nicht um einen begrabenen Körper, sondern um den mystischen Leib Christi, der immer frei von Zeit, ungeschaffen und immer eins mit dem Vater ist. Holl hat ja wohl auch ein Buch über diese Duplizität geschrieben - einen heiteren Christus, der wie unverwundeter Doppelgänger fortexistiert, und denjenigen, der nur leiblich am Kreuz gestorben ist. Wie gesagt, ich kenne Holl nicht, aber in dieser Erfahrung die Heiterkeit trotz aller Dogmen- und Kirchenbrüchigkeit beizubehalten, wäre für mich kein Wunder. 1 Zitieren
rorro Geschrieben 31. März 2021 Melden Geschrieben 31. März 2021 Ein großer Mystiker in meiner fransziskanischen Tradition war der Hl. Bonaventura. Es war für ihn kein Problem, messerscharfe Theologie ("Breviloquium") und höchste mystische Erfahrungen ("Itinerarium mentis in deum") miteinander harmonisch zu leben. Und das als Kirchenmann. Der oft postulierte Gegensatz ist keiner. Et ... et. Zitieren
Mat Geschrieben 1. April 2021 Melden Geschrieben 1. April 2021 Am 31.3.2021 um 16:26 schrieb Mistah Kurtz: Der Weg der Mystik ... tja, mag sein, das ist so schön vage. Ich persönlich glaubte damals, beim Hören des Interviews, wie auch heute noch, dass es die Antwort eines Menschen war, dem die anderen Antworten verloren gegangen waren. Wie bei Ranke-Heinemann war auch für Holl Jesus nur mehr im Diesseits zu verorten, die Auferstehung ein freundlicher Mythos und damit ging ihm das Herz dessen, was Christentum ist, wohl verloren. Sein Biograph Harald Klaush beschrieb ihn als sophistischen Schelm, der den Niedergang der Kirche mit gelassener Heiterkeit verfolgte. Wie immer er das "om" auch gemeint haben mag, fragen können wir ihn nicht mehr, da er im Vorjahr verstarb. Möge ihm die Erde leicht sein. Finem oblivio erit omnia in culpa. Expand Wie gesagt, ich kenne die Umstände seines Lebens und dieses Interviews nicht. Natürlich kann es auch so sein, wie Du beschrieben hast: der Glaube geht verloren, weil man für sich bessere Argumente für eine andere Sicht der Dinge findet. Natürlich ist das eine Provokation, vor allem wenn sich Menschen als Theologinnen oder Biographen von Glaubensgestalten auf die Suche begeben haben. Es ist eine Anfrage auch meinen eigenen Glauben: was suche ich denn überhaupt? Oder was glaube ich gefunden zu haben? Sollte es überhaupt um das Finden gehen? Zitieren
Mat Geschrieben 1. April 2021 Melden Geschrieben 1. April 2021 Am 31.3.2021 um 20:33 schrieb rorro: Ein großer Mystiker in meiner fransziskanischen Tradition war der Hl. Bonaventura. Es war für ihn kein Problem, messerscharfe Theologie ("Breviloquium") und höchste mystische Erfahrungen ("Itinerarium mentis in deum") miteinander harmonisch zu leben. Und das als Kirchenmann. Der oft postulierte Gegensatz ist keiner. Et ... et. Expand Was genau ist Mystik? Sicherlich gibt es verschiedene Definition und vermutlich trifft keine zu, weil es um eine Erfahrung geht, nicht um ein Konzept. Man kann die mystische Erfahrung wohl am Besten negativ beschreiben: sie ist die vollkommene Abwesenheit von allem, von jedwedem Fühlen, Begehren, jedweder Erkenntnis und jedwedem Wissen. Meister Eckhart begründet diese Abwesenheit damit, dass eine mystische Erfahrung ein vollkommenes Einssein ist, und alles oben genannte von diesem Einssein scheidet. Mir persönlich ist die theologische Argumentation sehr wichtig, vor allem, wenn sie biblischer Natur ist. Aber all ihre Erkenntnisse bleiben "weiter draußen" als eine Wüstenerfahrung vollkommener Fülle/Leere. Also: was geht verloren, wenn Kirche so bleibt, wie sie ist oder sich radikal ändert, oder irgendetwas dazwischen? Ehrlich gesagt, kann ich es nicht sagen. Zitieren
Marcellinus Geschrieben 1. April 2021 Melden Geschrieben 1. April 2021 Am 1.4.2021 um 15:27 schrieb Mat: Was genau ist Mystik? Expand Ein weites Feld! Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 1. April 2021 Melden Geschrieben 1. April 2021 (bearbeitet) Mystik und mysische Erfarhungen..... ...das ist ja ein sehr weites Feld und man kann unter das "Label" Mystik...alles mögliche unterbringen.... ....mich persönlich faszinieren "Mystiker" und "Mystikerinnen", die bewusst in der kirchlichen Tradition stehen und vom kirchlichen Glaubensfundament her ihre mystische Sichtweisen und Gedanken entwickeln: in der mittelalterlichen "vorreformatorischen" Mystik ist da ja vor allem Meister Eckhart zu nennen, dann später auch Teresa von Avila: "Solo Dios basta"..... ....für mich ist als "zeitgenössisches" Beispiel für einen modernen Mystiker Ernesto Cardenal und sein umfassendes lyrisches Werk. Besonders in seinem "Hauptwerk" "Cantico Cosmiso" den "Kosmischen Gesängen" versucht er eine Art mystischer "Tiefenschau" unserer Existenz vor dem Horizont der Naturwissenschafte, Astrophysik, Kosmologie und dem Hintergrund der biblischen Schriften.... und der Sprache der "Psalmen" als "Gesänge...." man könnte auch noch auf die Mystik in den protestantischen Traditionen hinweisen, die vor allem ihren Niederschlag in den Lieddichtungen, Kantatendichtungen ( vgl. Bach ) gefunden hat, im Zentrum die Braut-Bräutigam-Mystik, wichtigster biblischer Bezugspunkt bleibt da das Hohelied Salomos und seine allegorische Auslegung im Judentum und Christentum......Beispiele wären etwas die beiden Kirchenlieder "Wie schön leuchtet der Morgenstern" und "Wachet auf ruft uns die Stimme"....immer wieder taucht in den verschienden Kirchenlieder das Bild von der "Gottesgeburt" / "Christusgeburt" in der Seele des Menschen auf: "Komm O mein Heiland Jesus Christ, meins Herzens Tür die offen ist, auch zieh mit deiner Gnade ein.....""Treuer Immanuel werd nun auch in mir nun geboren...." ....was den "Ansatz" der Mysik so zeitgenössisch macht: Es geht eben im Glaubensleben im Kern nicht um das Zustimmen oder Ablehnen irgendwelcher "Glaubenssätze" im Sinne eines geschlossenen logischen Gedankengebäudes, die man dann auch nach "Rechtgläubigkeit" oder "Häresie" "abfragen" kann, sondern im Wesentlichen um eine Tiefenerfahrung unserer ganzen Existenz, die dann auch als Gotteserfahrung beschrieben ( oder besser ). in "Bildern" umschrieben werden kann.... Die konkreten Glaubensinhalte der Kirche sind Orientierunsmatken, Planken... ein konkreter Wegweiser..... .. das Wichtige bei einem Meister Eckhart oder einem Ernesto Cardenal: Deren "Mystik" schwebt nicht irgendwo frei vagabundierend im Raum umher, sondern ist konkret verwurzelt in der christlichen - kirchlichen Tradition: Meister Eckhart war ja bekanntlich Dominikaner, in seinem Orden in führenden, leitenden Stellen tätig.... Ernesto Cardenal, zeitweilig Trappistenmönch und später katholische Priester, zeitweilig von seinem Priesteramt suspendiert, die Suspendierung wurde dann von Papst Franziskus ausdrücklich aufgehoben.... ...eine kleine Anmerkung: schon in den 60er Jahren hat der Jesuitentheologe Karl Rahner formuliert und der Kirche von heute ins Stammbuch geschrieben: "Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein" bearbeitet 1. April 2021 von Cosifantutti Zitieren
Studiosus Geschrieben 1. April 2021 Melden Geschrieben 1. April 2021 (bearbeitet) Ich lese lieber den Pseudo-Areopagiten als Cardenal. Aber das ist Geschmackssache. Saluti cordiali, Studiosus bearbeitet 1. April 2021 von Studiosus Zitieren
Moriz Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 1.4.2021 um 16:07 schrieb Cosifantutti: ....was den "Ansatz" der Mysik so zeitgenössisch macht: Es geht eben im Glaubensleben im Kern nicht um das Zustimmen oder Ablehnen irgendwelcher "Glaubenssätze" im Sinne eines geschlossenen logischen Gedankengebäudes, die man dann auch nach "Rechtgläubigkeit" oder "Häresie" "abfragen" kann, sondern im Wesentlichen um eine Tiefenerfahrung unserer ganzen Existenz, die dann auch als Gotteserfahrung beschrieben ( oder besser ). in "Bildern" umschrieben werden kann.... Die konkreten Glaubensinhalte der Kirche sind Orientierunsmatken, Planken... ein konkreter Wegweiser..... Expand Zitieren
Marcellinus Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 07:37 schrieb Moriz: Am 1.4.2021 um 16:07 schrieb Cosifantutti: ....was den "Ansatz" der Mysik so zeitgenössisch macht: Es geht eben im Glaubensleben im Kern nicht um das Zustimmen oder Ablehnen irgendwelcher "Glaubenssätze" im Sinne eines geschlossenen logischen Gedankengebäudes, die man dann auch nach "Rechtgläubigkeit" oder "Häresie" "abfragen" kann, sondern im Wesentlichen um eine Tiefenerfahrung unserer ganzen Existenz, die dann auch als Gotteserfahrung beschrieben ( oder besser ). in "Bildern" umschrieben werden kann.... Die konkreten Glaubensinhalte der Kirche sind Orientierunsmatken, Planken... ein konkreter Wegweiser..... Expand Expand Man kann diesen "Ansatz" auch Kritikimmunisierung nennen, bei der eine "Tiefe" behauptet wird, die sich jeder Beurteilung entzieht. Zitieren
Die Angelika Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 (bearbeitet) Am 3.4.2021 um 15:49 schrieb Marcellinus: Man kann diesen "Ansatz" auch Kritikimmunisierung nennen, bei der eine "Tiefe" behauptet wird, die sich jeder Beurteilung entzieht. Expand Damit wird man dem Wesen von Mystik nicht gerecht. Meines Wissens standen sehr viele (im Nachhinein von der rk Kirche gepriesen) Mystiker im Konflikt mit der kirchlichen Führung. bearbeitet 3. April 2021 von Die Angelika 1 Zitieren
Marcellinus Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 16:33 schrieb Die Angelika: Am 3.4.2021 um 15:49 schrieb Marcellinus: Man kann diesen "Ansatz" auch Kritikimmunisierung nennen, bei der eine "Tiefe" behauptet wird, die sich jeder Beurteilung entzieht. Expand Damit wird man dem Wesen von Mystik nicht gerecht. Meines Wissens standen sehr viele (im Nachhinein von der rk Kirche gepriesen) Mystiker im Konflikt mit der Kirche Führung. Expand Nein, mein Punkt ist ein anderer. Jeder mag alles mögliche machen, drei Stunden Handstand gegen die Wand, oder sich im Kreis drehen, bis das Licht ausgeht, und wenn es sich dabei besser fühlt, ist es gut. Nur ist das eine vollkommen subjektive Sache, die in all ihren Ausprägungen nur eine Gemeinsamkeit hat: daß man sich vom bewußten Denken zu beurlauben oder verabschieden sucht. Auch das kann man machen, denn es ist ja nicht zu bestreiten, daß die "nervöse Alarmanlage", die wir Gehirn nennen, uns auch gelegentlich zur Plage wird. Nur soll man nicht behaupten, damit irgendwelche "höheren" Einsichten zu gewinnen, denn der Nachweis ist bisher jedenfalls nicht erbracht worden, während die Fälle Legion sind, in denen Mystizismus in allen seinen Ausprägungen zu allerlei spinnerten Ergebnissen geführt haben. Zitieren
Die Angelika Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 16:41 schrieb Marcellinus: Nein, mein Punkt ist ein anderer. Jeder mag alles mögliche machen, drei Stunden Handstand gegen die Wand, oder sich im Kreis drehen, bis das Licht ausgeht, und wenn es sich dabei besser fühlt, ist es gut. Nur ist das eine vollkommen subjektive Sache, die in all ihren Ausprägungen nur eine Gemeinsamkeit hat: daß man sich vom bewußten Denken zu beurlauben oder verabschieden sucht. Auch das kann man machen, denn es ist ja nicht zu bestreiten, daß die "nervöse Alarmanlage", die wir Gehirn nennen, uns auch gelegentlich zur Plage wird. Nur soll man nicht behaupten, damit irgendwelche "höheren" Einsichten zu gewinnen, denn der Nachweis ist bisher jedenfalls nicht erbracht worden, während die Fälle Legion sind, in denen Mystizismus in allen seinen Ausprägungen zu allerlei spinnerten Ergebnissen geführt haben. Expand Das ist mir schon bewusst, wie du das gemeint hast. Allerdings wurde hier von Cosifantutti folgende Aussage getroffen: Zitat ....mich persönlich faszinieren "Mystiker" und "Mystikerinnen", die bewusst in der kirchlichen Tradition stehen und vom kirchlichen Glaubensfundament her ihre mystische Sichtweisen und Gedanken entwickeln: in der mittelalterlichen "vorreformatorischen" Mystik ist da ja vor allem Meister Eckhart zu nennen, dann später auch Teresa von Avila: "Solo Dios basta"..... Expand Da wird dann ein Meister Eckart genannt und auch eine Theresa von Avila. Beide verstanden sich zwar selbst als in der kirchlichen Tradition stehend und waren überzeugt, dass ihre Sichtweisen und Gedanken vom kirchlichen Glaubensfundament her entwickelt seien. Nur sah das zu ihren Lebzeiten die kirchliche Hierarchie ganz anders. Beide standen im Konflikt mit ihrer Kirche, übten recht heftige und entschiedene Kritik, und das sehr deutlich. Meister Eckart galt vielen Kirchengetreuen in seiner Zeit als Ketzer und war sogar in der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Deshalb habe ich das kommentiert. 1 Zitieren
Marcellinus Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 (bearbeitet) Am 3.4.2021 um 17:12 schrieb Die Angelika: Da wird dann ein Meister Eckart genannt und auch eine Theresa von Avila. Beide verstanden sich zwar selbst als in der kirchlichen Tradition stehend und waren überzeugt, dass ihre Sichtweisen und Gedanken vom kirchlichen Glaubensfundament her entwickelt seien. Nur sah das zu ihren Lebzeiten die kirchliche Hierarchie ganz anders. Beide standen im Konflikt mit ihrer Kirche, übten recht heftige und entschiedene Kritik, und das sehr deutlich. Meister Eckart galt vielen Kirchengetreuen in seiner Zeit als Ketzer und war sogar in der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Expand Das wundert mich überhaupt nicht. Die Kirche der damaligen Zeit behauptete für sich die einzig gültige Offenbarung und darauf beruhend das Erklärungsmonopol. Ich hab mir mal den Wiki-Artikel über Meister Eckart reingezogen, und da scheint es mir denn doch, daß er sehr viel mehr war als ein Mystiker. Die Einstufung als Ketzer wundert mich da überhaupt nicht, und offenbar hat nur sein Tod verhindert, daß er letal erhitzt wurde. bearbeitet 3. April 2021 von Marcellinus Zitieren
Die Angelika Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 17:57 schrieb Marcellinus: Das wundert mich überhaupt nicht. Die Kirche der damaligen Zeit behauptete für sich die einzig gültige Offenbarung und darauf beruhend das Erklärungsmonopol. Ich hab mir mal den Wiki-Artikel über Meister Eckart reingezogen, und da scheint es mir denn doch, daß er sehr viel mehr war als ein Mystiker. Die Einstufung als Ketzer wundert mich da überhaupt nicht, und offenbar hat nur sein Tod verhindert, daß er letal erhitzt wurde. Expand Die Grundstory wiederholt sich in Variationen bei vielen Mystiker*innen, die heute von der rk Kirche als Kirchenlehrer*innen und/oder Heilige ge- und verehrt werden. Dann heute genau diese Leute ins Feld zu führen, wenn es um einen eventuell gemäßigtes und treues Verhältnis zu Rom geht, halte ich für absurd. Zitieren
Marcellinus Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 18:01 schrieb Die Angelika: Die Grundstory wiederholt sich in Variationen bei vielen Mystiker*innen, die heute von der rk Kirche als Kirchenlehrer*innen und/oder Heilige ge- und verehrt werden. Dann heute genau diese Leute ins Feld zu führen, wenn es um einen eventuell gemäßigtes und treues Verhältnis zu Rom geht, halte ich für absurd. Expand Das ist, wie du weißt, nicht mein Punkt. Ich stelle einfach nur fest, daß es in diesem Fall zahlreiche Gründe gab, warum so jemand wie Meister Eckart mit der Kirche seiner Zeit aneinander geraten mußte. Es ist eher überraschend, daß es nicht viel eher viel tragischer ausgegangen ist. Ich bewerte das nur als Historiker, nicht in irgendeiner Weise aus heutiger Sicht. Nicht nur, weil mir Kirchen ziemlich egal sind, sondern vor allem, weil ich es für unsinnig halte, vergangene Zeiten nach aktuellen Maßstäben zu messen. Nur es überrascht mich nicht, wenn Menschen, die ihren subjektiven Empfindungen einen solchen Wert beimessen, wie es Mystiker in der Regel tun, mit einer Institution aneinander geraten, die für sich das Monopol der Auslegung von Spiritualität in Anspruch nimmt. Meine Kritik ist das nicht. Ich finde, jeder sollte das Recht haben, seine persönliche Meinung zu äußern, muß dann allerdings damit leben, daß sein Glaubensverein ihm den Stuhl vor die Tür stellt - nicht den Strick um den Hals oder Feuer an den Scheiterhaufen, aber wir leben ja auch in anderen Zeiten. Meine Kritik bezieht sich allein darauf, daß man aus sogenannten „mystischen Erfahrungen“ keine Behauptungen über die Wirklichkeit ableiten sollte. Ich sage das als jemand, der sich fast 45 Jahre mit Meditation beschäftigt. Wenn man dabei eines lernt, dann, daß unser Gehirn für solchen Tätigkeit eigentlich nicht gemacht ist, und daher alle möglichen und unmöglichen „Bilder“ und Empfindungen erzeugt. Im Autogenen Training wird das gelegentlich als „Begleiterscheinungen“ bezeichnet. Man kennt es auch vom Drogenkonsum oder anderen Versuchen, „alternative Bewußtseinszustände“ zu erreichen. Auf dem Weg zu einer „inneren Leere“ mag das seine Berechtigung haben, es für eine „Wahrnehmung“ zu halten, ist meiner Meinung nach eine Illusion. Zitieren
iskander Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 @Marcellinus Der Mystiker wird in der Regel zugestehen, dass seine Erfahrung nicht auch für andere gültig ist. Insoweit ist Mystik subjektiv. Aber wenn der Mystiker für sich selbst eine bestimmte Erfahrung beansprucht, dann kann man das zwar von außen kritisch analysieren, aber letztlich auch nicht definitiv bewerten. Wenn der Mystiker zudem gar nicht beansprucht, eine "verbindliche Botschaft" zu verkünden, dann immunisiert er m.E. auch nicht wirklich etwas, denn dann gibt es im klassischen Sinne auch nichts zu immunisieren. Etwas anderes sind natürlich "nach außen gerichtete" Botschaften wie bei Jeanne d’Arc. Zitieren
Alfons Geschrieben 3. April 2021 Melden Geschrieben 3. April 2021 Am 3.4.2021 um 17:12 schrieb Die Angelika: Nur sah das zu ihren Lebzeiten die kirchliche Hierarchie ganz anders. Beide standen im Konflikt mit ihrer Kirche, übten recht heftige und entschiedene Kritik, und das sehr deutlich. Meister Eckart galt vielen Kirchengetreuen in seiner Zeit als Ketzer und war sogar in der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Expand So ist es. Und Margarete Porete wurde tatsächlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 2011 habe ich das mal etwas länger ausgeführt, in diesem Beitrag. Daraus: Zitat Durch die Schriften von Mystikern wurde im 12. bis 14. Jahrhundert eine Volksfrömmigkeit gefördert, die von der dogmatisch verhärteten Kirche oft heftig bekämpft wurde. Zugleich entstand in dieser Zeit die Beginenbewegung, die Frauen eine sichere Existenz und ihrer Frömmigkeit weite Verbreitung ermöglichten. Hier berührt die europäische Mystik die Geschichte der Frauenemanzipation. Expand Über eine dieser Mystikerinnen, Heilwijch Blomart, habe ich 2009 einen längeren Aufsatz geschrieben, er steht nur hier im Forum, ich hab ihn nirgendwo anders veröffentlicht. 2 1 Zitieren
iskander Geschrieben 4. April 2021 Melden Geschrieben 4. April 2021 Meister Eckhart hat es geschafft, die Anklage gegen Ketzerei wegzubekommen, indem er argumentierte, dass er sich höchstens irrte, aber ohne böse Absicht handelte. Ansonsten gab es wohl (laut Wiki) eine Art Kompromiss-Lösung: Zitat In der Bulle In agro dominico vom 27. März 1329 teilte der Papst mit, Eckhart habe vor seinem Tod seine Irrtümer vollständig widerrufen. Der Wortlaut dieser Urkunde lässt allerdings erkennen, dass Eckhart es vermieden hat, seine angegriffenen Lehren als unwahr zu bezeichnen. Vielmehr hielt er an seinen theologischen Überzeugungen fest und distanzierte sich nicht von dem, was er mit seinen beanstandeten Aussagen gemeint hatte. Er verwarf nur pauschal möglicherweise vorkommende häretische, glaubensfeindliche Fehldeutungen seiner Thesen. Damit gab sich der Papst zufrieden. Expand Abaelard erging es schlechter; er wurde zu Klosterhaft verurteilt und seine Werke wurden verbrannt. Und wer nicht bereit war, "zur Vernunft" zu kommen, dem ging es noch schlechter. Das Mittelalter war eben geprägt durch eine totalitäre Gesellschaftsordnung, so wie später die UdsSR, wenn natürlich auch auf andere Weise. Zitieren
Gerhard Ingold Geschrieben 5. April 2021 Melden Geschrieben 5. April 2021 (bearbeitet) Am 27.3.2021 um 21:53 schrieb rorro: Lies mal in der Hl. Schrift, dann siehst Du, was Gott mit Menschen, die er beruft, so anstellt. Dazu muß Du nicht mal ins NT schauen - die Propheten des AT waren nicht immer glücklich, frei, erfüllt und konfliktfrei, als sie in Seinem Namen auftraten - also das taten, was Er wollte. Mit Paulus sah es nicht anders aus (von den fast alle den Märtyrertod gestorbenen Aposteln nicht zu reden). Ein "Health&Wealth-Gospel" hat mit der Hl. Schrift nichts zu tun. Und mit der Lehre der Kirche daher auch nicht. Expand Ich habe von 1970 bis 1991 das AT jährlich einmal und das NT jährlich dreimal gelesen. Diesen Schund, den ich mitunter gefunden habe, sollte man keinen Kindern zumuten. Aber das interessiert Fundamentalisten nicht. Faktum aber ist: Nimmt man die Legenden wörtlich, wie es die Christen und Muslime getan haben und teils noch tun, dann hat Moses zum Sklaven-Machen, zum Sklaven-Handel, zum Sklaven-Halten (3. Mose 25,44), zum kollektiven Massenmord an Kritikern (4. Mose 16), zum kollektiven Massenmord an missionierenden Andersdenkenden (4. Mose 31), zum Imperialismus (5. Mose 20), zum Hand abhacken bei Frauen (5. Mose 25,12), zum Töten von gleichgeschlechtlich Liebenden (3. Mose 20) und zum Töten von angeblichen Zauberern (2. Moses 22,17) angestiftet und all diese Anweisungen als Willen Gottes hingestellt (3. Mose 25,1). Jesus und Mohammed standen beide diesen unethischen Anweisungen unkritisch gegenüber (Mt. 5,18ff und Sure 4,164). Kreationisten wollten die Bibel wörtlich verstanden wissen, damit sie an der Versklavung, dem Sklavenhandel und dem Sklavenhalten hätten festhalten können. Wenn Du an der Sklaverei usw. nicht festhalten willst, machst Du damit wie William Wilberforce Bibel- und nicht Textkritik. Wie kannst Du also obige Aussage machen? bearbeitet 5. April 2021 von Gerhard Ingold Zitieren
Shubashi Geschrieben 5. April 2021 Melden Geschrieben 5. April 2021 Am 3.4.2021 um 18:28 schrieb Marcellinus: Meine Kritik bezieht sich allein darauf, daß man aus sogenannten „mystischen Erfahrungen“ keine Behauptungen über die Wirklichkeit ableiten sollte. Ich sage das als jemand, der sich fast 45 Jahre mit Meditation beschäftigt. Wenn man dabei eines lernt, dann, daß unser Gehirn für solchen Tätigkeit eigentlich nicht gemacht ist, und daher alle möglichen und unmöglichen „Bilder“ und Empfindungen erzeugt. Im Autogenen Training wird das gelegentlich als „Begleiterscheinungen“ bezeichnet. Man kennt es auch vom Drogenkonsum oder anderen Versuchen, „alternative Bewußtseinszustände“ zu erreichen. Auf dem Weg zu einer „inneren Leere“ mag das seine Berechtigung haben, es für eine „Wahrnehmung“ zu halten, ist meiner Meinung nach eine Illusion. Expand Ich denke, der Unterschied in der Kritik ergibt sich oft aus dem Stellenwert, der der „Wirklichkeit“ Mensch beigemessen wird. Oft geht damit die Annahme einher, die Wechselwirkungen des Menschen mit seiner Umwelt nähmen einen höheren Stellenwert ein als die Befassungen des Bewusstseins mit sich selbst. Letztlich ist das auch der uralte Gegensatz von „Vita activa“ und „Vita contemplativa“ - ich bin nicht so sehr davon überzeugt, dass wir Menschen davon Zeugnis ablegen können, eine kluge und richtige Gewichtung der beiden gefunden zu haben. Zitieren
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