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Situation der Kirche in China


rorro

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Hallo zusammen,

 

wie schätzt Ihr die Situation der Kirche in China ein, wissend, daß das Abkommen noch geheim ist? Ist dem chinesischen diktatorischen Regime überhaupt zu trauen? Ist das Abkommen, ist ein Abkommen mit solchen Regimes überhaupt ein Fehler?

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vor 3 Stunden schrieb rorro:

Hallo zusammen,

 

wie schätzt Ihr die Situation der Kirche in China ein, wissend, daß das Abkommen noch geheim ist? Ist dem chinesischen diktatorischen Regime überhaupt zu trauen? Ist das Abkommen, ist ein Abkommen mit solchen Regimes überhaupt ein Fehler?

DAS abkommen kenne ich nicht, also keine meinung. EIN abkommen ist kein fehler. china, seine menschen und das regime ist ein teil unserer welt.

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Am ‎07‎.‎10‎.‎2020 um 20:34 schrieb rorro:

wie schätzt Ihr die Situation der Kirche in China ein, wissend, daß das Abkommen noch geheim ist? Ist dem chinesischen diktatorischen Regime überhaupt zu trauen? Ist das Abkommen, ist ein Abkommen mit solchen Regimes überhaupt ein Fehler?

 

Ich denke, Du meinst das "vorläufige Abkommen" vom September 2018, gegen das Kardinal Zen protestierte, welches jedoch von China und dem Vatikan geheim gehalten wird.

 

Ein solches Abkommen ist aus meiner Sicht kein Fehler, gerade weil derzeit die Situation der meisten Christen (auch die derjenigen, welche der katholisch-patriotischen "Staats"kirche angehören) ziemlich übel ist. Die momentane Regierung Chinas ist getrieben von der Angst, dass der Staat zerbrechen könnte (nein, nicht an der Grenze zu den Uiguren oder zu Tibet, sondern an der Grenze des "Specklandes" der Küste zwischen dem Perlflussdelta und Beijing und dem deutlich ärmeren Rest) und Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Manchmal könnte man meinen, die Regierung würde psychotisch handeln - ich würde das aber insofern abschwächen, als dass ich einfach zu wenig weiß über zentrifugale Bestrebungen im Land. Möglicherweise gibt es aus Sicht der chinesischen Regierung gute Gründe für dieses Verhalten.

 

Wenn man der Auffassung ist, dass es sinnvoll wäre, die gestörte Einheit der chinesischen katholischen Kirche mit dem Papst zu reparieren und wenn man gleichzeitig der Auffassung ist, dass das Leben als katholischer Christ auch in Mainland China grundsätzlich möglich ist, wüsste ich nicht, was dann gegen ein entsprechendes Abkommen sprechen würde.

 

Ob China entsprechend vertrauenswürdig ist? Ich weiß nicht. Vorhersagen sind immer schwierig, soweit sie sich auf die Zukunft beziehen. In der Vergangenheit hätte ich ohne weiteres gesagt, dass China einer der sehr verlässlichen Vertragspartner ist. Nachdem ich jedoch zu der Auffassung gelangt bin, dass die chinesische Führung momentan dazu neigt, etwas "gefühlig" zu agieren und ihren sonst fast beinharten Pragmatismus etwas beiseite zu schieben, bin ich mir nicht sicher. Nur - hat man eine Alternative? Wenn eine für den Vatikan akzeptable Lösung die ist, den Status Quo hinzunehmen und möglicherweise auf längere Zeit eine noch weitere Entfremdung der Katholisch-Patriotischen Vereinigung vom Papst hervorzurufen, dann gibt es diese Alternative. Ansonsten wird man wohl das Abkommen als geringeres Übel ansehen müssen. Denn eine dritte Möglichkeit, nämlich die sofortige Demokratisierung Chinas mit der Etablierung einer vollständigen Religionsfreiheit ist ungefähr so wahrscheinlich, als wie wenn der Rote Main vor meiner Haustür gleich von selbst anfängt, in seine Quelle zurückzufließen.

 

Zu Verträgen mit Diktaturen: Hier stellt sich die Frage, was man damit verursacht, wenn man die Verträge nicht schließt. Ich bin eher ein Erfolgs-/Verantwortungsethiker und frage daher weniger nach Grundsätzen, sondern eher danach, was "rauskommt", wenn man handelt bzw. wenn man eben nicht handelt. Natürlich gibt es irgendwo Grenzen. Wenn sich in einem Abkommen der Papst verpflichten müsste, dreimal am Tag den chinesischen, russischen oder belarusischen Präsidenten anzubeten, dann würde ich, glaube ich, das an seiner Stelle nicht unterschreiben. Ansonsten? Nun ja. In China kann man halt nicht einen Bischof gegen den Staat einsetzen, so wenig, wie das in Russland oder in Belarus geht (wo das derzeit weniger problematisch ist, weil in diesen Ländern Nuntiaturen bestehen, die diplomatisch handeln und viele Probleme geräuschlos bereinigen). Also muss man, wenn man etwas bewegen will, ein Abkommen verhandeln, wenn man schon keine Nuntiatur etablieren kann (oder will).

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vor 25 Minuten schrieb Moriz:

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, welche Angst das größte Land der Welt vor dem kleinsten Land der Welt hat.

 

Vielleicht solltest du dich mal mit der chinesischen Geschichte beschäftigen, und mit der Rolle, die sich ausdrücklich als christlich verstehende Kolonialmächte darin spielten, um die Abneigung der chinesischen Regierung gegen jede Art von Christentum zu verstehen. 

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vor 20 Minuten schrieb Moriz:

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, welche Angst das größte Land der Welt vor dem kleinsten Land der Welt hat.

 

Ich denke, dass man zu sehr vereinfacht, wenn man den Einfluss des Bischofs von Rom auf einen Staat reduziert - gerade vor dem Hintergrund, dass sowohl seitens mancher zivilgesellschaftlicher ausländischer Gruppen als auch aus der RKK selbst von "Rom" erwartet wird, mit Hilfe des Rechts der Bischofsernennungen die Freiheitsbewegungen in China zu unterstützen. Ich vermute, die Rede von Kardinal Zen gegen das Abkommen wurde von chinesischen Regierungsvertretern sehr genau analysiert.

 

Die heutige Angst Chinas vor den christlichen Kirchen stammt weitgehend aus dem 19. Jahrhundert, als die christlichen Kirchen im Umfeld der ungleichen Verträge in ganz Südostasien als Vorhut der Kolonialbestrebungen gesehen werden. Ein nennenswerter Anteil der nichtchristlichen Chinesen dürfte diese Ängste auch heute noch teilen. Hinzu kommt, dass in China selbst Leute mit gemäßigter Liberalität kaum Verständnis dafür aufbringen können, dass "eine ausländische Macht" das einzige Wort bei der Besetzung von kirchlichen Schlüsselstellungen hat.

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vor 3 Minuten schrieb Lothar1962:

Hinzu kommt, dass in China selbst Leute mit gemäßigter Liberalität kaum Verständnis dafür aufbringen können, dass "eine ausländische Macht" das einzige Wort bei der Besetzung von kirchlichen Schlüsselstellungen hat.

Ich wage die These, daß die politische Kaste in China selbst dann ein Problem mit den christlichen Gemeinden hätte, wenn sie ihre Bischöfe - wie in den apostolischen Konstitutionen beschrieben - selbst wählen würden...

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vor einer Stunde schrieb Flo77:

Ich wage die These, daß die politische Kaste in China selbst dann ein Problem mit den christlichen Gemeinden hätte, wenn sie ihre Bischöfe - wie in den apostolischen Konstitutionen beschrieben - selbst wählen würden... 

 

Den Eindruck habe ich (bisher) nicht, die evangelische Welt Chinas innerhalb des Chinesischen Christenrates hat kaum Probleme mit dem Staat.

 

Die chinesische Hauskirchenbewegung (soweit es sich um nicht registrierte Gemeinden handelt) hat erhebliche Probleme mit dem Staat, was allerdings eher daran liegt, dass sie kein ausgeprägtes Lehramt und keine führenden Personen (wie z.B. Bischöfe) hat, sondern eher etwas "anarchisch" herüberkommt. So etwas wird in China gar nicht gerne gesehen. Wer sich an die Seite der Regierung stellt, hat üblicherweise keine Probleme.

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China hat traditionell eine Aversion gegen alles "Fremde", umgekehrt aber kein Problem, wenn das "Fremde" sich sozusagen "chinesisiert". Das hat der Buddhismus seinerzeit mit seiner Anlehnung an den Daoismus gemacht und ist heute in China kein Fremdkörper mehr. Je stärker sich das Christentum bzw. die katholische Kirche "chinesisiert" - etwas, was schon die Franziskaner und Jesuiten im 17. und 18. Jahrhundert durchaus nicht ohne Erfolg, versuchten - desto stärker wird es auch im Land Akzeptanz finden. Und ich denke, auch die chinesische Regierung könnte mit einer katholischen Kirche im Land leben, die sich auf ein "gebt dem Kaiser - dem Staat - was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" beruft und in allen weltlichen Dingen den Primat des Staats anerkennt. Ich halte einen "Deal" mit der chinesischen Regierung für gut und richtig, im Prinzip ist es auch nichts anderes als das, was die Kirche im Früh- und Hochmittelalter in Europa - beispielsweise in Ungarn, Polen oder Böhmen und Mähren -  tat. 

bearbeitet von Mistah Kurtz
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Kardinal Zen sieht das anders, und ich muss ihm beipflichten. Das argentinische Grossmaul hat ja die Klappe immer meterweit offen wenn er irgendwo was unchristliches wittert, von Flüchtlings- bis zur Wirtschaftspolitik. Aber über die Verfolgungen in HongKong oder auch China hört man nix von ihm. Das hat doch eher was mit Duckmäusertum zu tun, was die Chinesen genauso verachten wie wir hier, als mit einer „sinologisierung“ der kath. Kirche.

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vor 20 Stunden schrieb phyllis:

Kardinal Zen sieht das anders, und ich muss ihm beipflichten. Das argentinische Grossmaul hat ja die Klappe immer meterweit offen wenn er irgendwo was unchristliches wittert, von Flüchtlings- bis zur Wirtschaftspolitik. Aber über die Verfolgungen in HongKong oder auch China hört man nix von ihm. Das hat doch eher was mit Duckmäusertum zu tun, was die Chinesen genauso verachten wie wir hier, als mit einer „sinologisierung“ der kath. Kirche.

 

 

Ja, ich kenne seinen Standpunkt und kann ihn aus dem Blickpunkt der chinesischen Untergrundkirche auch gut nachvollziehen. Nur kann der Vatikan auf Dauer nicht zusehen, wie die katholische Kirche in China sich immer weiter aufspaltet zwischen den Untergrundkatholiken und jenen, die der vom Staat anerkannten katholischen Kirche anhängen. Und eine Lösung ist nur mit einer Übereinkunft mit dem chinesischen Staat möglich.

 

Für die Kirche wäre das an sich keine neue Vorgangsweise. Auf eben diese Art - Deals mit der jeweiligen Staatsmacht - hat sie sich im Früh- und Hochmittelalter in Europa verbreitet. Die christliche Lehre mag nicht von dieser Welt sein, die Kirche und ihre Gläubigen hingegen schon. Und das bedeutet: ohne Kompromisse geht es nicht.

bearbeitet von Mistah Kurtz
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