Cosifantutti Geschrieben 11. November Autor Melden Geschrieben 11. November vor 46 Minuten schrieb rorro: Ehrlich gesagt halte ich sie für sehr evident, wenn man glaubt, daß das Zweite Vatikanum verbindlich lehren kann - denn JPII nutzte bekanntermaßen ja die wortwörtliche Formulierung von Lumen Gentium 25, die genau dafür gedacht ist. Mir ist in der Geschichte der Kirche keine zuvor als "de fide" deklarierte Aussage bekannt, die jemals revidiert worden wäre. Doch ich mag mich irren. Das meinte ich ja, wenn du formulierst: ".... halte ich sie für sehr evident". Für andere ist es eben nicht so klar und evident..... vor allem in Bezug auf "de fide" als Bestandteil des Depositum fidei. Da ich selber kein theologischer Vollprofi bin, nehme ich schlicht unterschiedliche Stimmen unter den professionellen Theologen und auch bei den Vertretern des bischöflichen Lehramtes wahr ( eingeschlossen von Wortmeldungen aus dem Kardinalsrang ). Das alleine schon finde ich überaus interessant. Zitieren
rorro Geschrieben 11. November Melden Geschrieben 11. November Ach ja, Richelieu hat auch viel geredet wenn der Tag lang war. Wenn sich Kardinäle und Theologen an das hielten, was das lebendige Lehramt sagt, hätten sie viel weniger Mikrofonzeit, das würde wahrscheinlich an ihrem Ego kratzen. Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 12. November Autor Melden Geschrieben 12. November (bearbeitet) vor 22 Stunden schrieb rorro: Ach ja, Richelieu hat auch viel geredet wenn der Tag lang war. Wenn sich Kardinäle und Theologen an das hielten, was das lebendige Lehramt sagt, hätten sie viel weniger Mikrofonzeit, das würde wahrscheinlich an ihrem Ego kratzen. Darum geht es mir nicht. Nochmals: ich möchte lediglich auf gewisse "Grauzonen" hinweisen hinsichtlich dessen, was alles zum "Glaubensgut" zum "Depositum Fidei" gehört.... welche formalen und inhaltlichen Voraussetzungen vorliegen müssen, um eine Lehre als "endgültig" zu definieren.... ... dass man auch stärker differenziert zwischen veränderbarer Lehre ( zB Sexualmoral ), die Forderung nach "Vernunftgemäßheit" ethischer Normen ( "secundum rationem agere" ) einerseits und auf der anderen Seite die Glaubensartikel, die Sakramente.... immer wieder wird das alles umstandslos in einen Topf geworfen und alles unterschiedslos als gleichverbindliche Lehre der Kirche ausgegeben.... bearbeitet 12. November von Cosifantutti Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 16. November Autor Melden Geschrieben 16. November (bearbeitet) Gestern, 15. November, war der Gedenktag von Albert dem Großen: "Albertus Magnus"..... Gedenktage im liturgischen Kalender sind immer auch eine Einladung, im Alltagsgeschäft innezuhalten und den Blick über den Tellerrand des täglichen "Klein-Klein" zu richten. Albertus Magnus erinnert an die großartige theologische Epoche der "Scholastiker" mit ihren unglaublich kühnen Gedankengebäuden.... immer wieder zieht sich wie ein roter Faden durch die Werke der "Meisterdenker" die Frage nach dem Verhältnis von Vernunft und Glauben. Aus verschiedenen Perspektiven wird dieses Verhältnis durchleuchtet. Und es beschäftigt auch bis heute die aktuellen "Meisterdenker", siehe Ratzinger / Benedikt XVI - etwa die berühmte "Regensburger Rede" vom September 2006 - oder Jürgen Habermas, der sein "Opus Magnum"( von ca. 1700 Seiten ) gerade diesem Verhältnis von Glauben und Vernunft gewidmet hat...... Der Grundstein für dieses hartnäckige Bestehen und konsequente Einfordern der Vernunftmäßigkeit des Glaubens ist, neben dem Prolog des Evangelisten Johannes, in dem der LOGOS mit Gottes Wesen gleichgesetzt wird, im 1. Petrusbrief zu finden: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach dem Sinngrund ( = "LOGOS" ) eurer Hoffnung fragt."; vgl. 1 Petrus 3, 15...... Neben Albertus Magnus ( 1200 - 1280 ) findet sich eine ganze Gruppe dieser scholastischen Denker: Anselm von Canterbury: 1033 - 1109 Abelard: 1079 - 1142 Bernhard von Clairvaux: 1090 - 1153 Bonaventura: 1221 - 1274 Thomas von Aquin: 1225 - 1274 Meister Eckhart: 1260 - 1328....... Es passt zu diesen kühnen scholastischen Gedankengebäuden, das just zu dieser Zeit Kirchengebäude im "gotischen" Stil gebaut wurden, die man vor allem auch in sehr vielen Städten Frankreichs heute noch bewundern und bestaunen kann..... Microsoft Word - Papstredeneu.doc Auch eine Geschichte der Philosophie: Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen. Band 2: Vernünftige Freiheit. Spuren des Diskurses über Glauben und Wissen : Habermas, Jürgen: Amazon.de: Bücher bearbeitet 16. November von Cosifantutti Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 23. November Autor Melden Geschrieben 23. November (bearbeitet) Diese Woche, am Dienstag den 19. November, war der Gedenktag der Heiligen Elisabeth von Thüringen. Auch hier, das Gedenken an große Persönlichkeiten der christlichen Kulturgeschichte. Elisabeth: 1207- 1231 in diesem Kontext: Franziskus ( 1182 - 1126 ); Dominikus ( 1170 - 1221 ); auch zu erwähnen: Joachim von Fiore ( 1130 - 1202 ) daneben ein Papst Cölestin ( 1210 - 1296 ) und Papst Bonifaz XVIII ( 1235 - 1303 ) das Exil der Päpste in Avignon im 14 Jahrhundert und der Armutsstreit in der Kirche.... immer wieder lohnend, sich auf diese spannende Zeiten und Themen in der Kirchengeschichte einzulassen. Passend zu Elisabeth: Wagner: Tannhäuser – Ouvertüre ∙ hr-Sinfonieorchester ∙ Andrés Orozco-Estrada bearbeitet 23. November von Cosifantutti Zitieren
Merkur Geschrieben 24. November Melden Geschrieben 24. November Am 23.11.2024 um 13:13 schrieb Cosifantutti: Passend zu Elisabeth: Das Leben der hl. Elisabeth und die Oper Tannhäuser drehen sich um das schwierige Verhältnis des Christentums zum Thema Liebe/Gefühlsleben/Persönlichkeit. Insofern ein zu allen Zeiten interessantes Thema. Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 25. November Autor Melden Geschrieben 25. November vor 10 Stunden schrieb Merkur: Das Leben der hl. Elisabeth und die Oper Tannhäuser drehen sich um das schwierige Verhältnis des Christentums zum Thema Liebe/Gefühlsleben/Persönlichkeit. Insofern ein zu allen Zeiten interessantes Thema. Ich kann dir hier nur zustimmen. Das sehe ich genau so… Zitieren
Flo77 Geschrieben 25. November Melden Geschrieben 25. November Es tut mir sehr leid, aber ich sehe in Konrad von Marburg eines der prominentesten Beispiele für geistlichen Missbrauch. Spätesten nach dem Tod ihres Gatten finde ich Elisabeths Leben nicht mehr "heiligmäßig" sondern nur noch tragisch. Zu sagen ihr früher Tod war Gottes Gnade um sie aus den Fängen einer selbstzerstörerischen Abwärtsspirale zu retten, ist vielleicht ein wenig plakativ, aber nicht völlig abwegig. 1 Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 25. November Autor Melden Geschrieben 25. November vor 10 Stunden schrieb Flo77: Es tut mir sehr leid, aber ich sehe in Konrad von Marburg eines der prominentesten Beispiele für geistlichen Missbrauch. Spätesten nach dem Tod ihres Gatten finde ich Elisabeths Leben nicht mehr "heiligmäßig" sondern nur noch tragisch. Zu sagen ihr früher Tod war Gottes Gnade um sie aus den Fängen einer selbstzerstörerischen Abwärtsspirale zu retten, ist vielleicht ein wenig plakativ, aber nicht völlig abwegig. In der Frömmigkeitsgeschichte, stoßen wir ständig auf "Übermalungen" von bestimmten historischen Ereignissen. Das ist oft auch abhängig von der konkreten Quellenlage und dem zeitlichen Abstand zu heute. In Bezug auf die beiden Heiligen Oscar Romero und Papst JPII ist die Quellenlage ungleich besser als bei der Heiligen Elisabeth. Mir geht es gar nicht so sehr um die konkrete geschichtliche Realität des Lebens von Elisabeth, sondern um die religiöse Erinnerung an ihre Person und die Verehrung und die konkreten Akzentsetzungen in der religiösen Praxis. Für mich ist es faszinierend und interessant zu sehen, wie gerade in dieser Zeit das Thema "Armut" verschiedene Kreise in der Kirche umgetrieben hat und es dann später sogar einen "Armutsstreit" in der mittelalterlichen Kirche gab. Zitieren
Studiosus Geschrieben 25. November Melden Geschrieben 25. November (bearbeitet) Gerade letzte Woche war ich in einer Werktagsmesse am Fest der Hl. Elisabeth von Thüringen. Entgegen der Gewohnheit ließ es sich der Zelebrant nicht nehmen, über die Hl. Elisabeth zu predigen. Er tat das recht unkritisch, ohne auf Konrad von Marburg einzugehen. In der Bank kam mir natürlich sofort der Gedanke an diesen Kirchenmann. Und ich dachte bei mir: Hinter jeder Heiligen Elisabeth steht ein Konrad von Marburg. Den Weg zur Heiligkeit gingen auch die großen Heiligen selten allein, sondern es war oft ein joint venture, begleitet von vielen Personen hinter den Kulissen, die heute fast vergessen sind. So erging es auch dem guten Konrad von Marburg. Wer über seinen Namen heute in der Forschung noch stolpert, der bekommt nur noch das spätaufklärerische Zerrbild des 19. Jahrhunderts vermittelt. bearbeitet 25. November von Studiosus Zitieren
Flo77 Geschrieben 25. November Melden Geschrieben 25. November vor 16 Minuten schrieb Studiosus: So erging es auch dem guten Konrad von Marburg. Wer über seinen Namen heute in der Forschung noch stolpert, der bekommt nur noch das spätaufklärerische Zerrbild des 19. Jahrhunderts vermittelt. Du schreckst wirklich vor nichts zurück. Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 25. November Autor Melden Geschrieben 25. November vor 33 Minuten schrieb Flo77: Du schreckst wirklich vor nichts zurück. .....du selber ja auch nicht. Zitieren
Flo77 Geschrieben 25. November Melden Geschrieben 25. November (bearbeitet) vor 3 Minuten schrieb Cosifantutti: .....du selber ja auch nicht. Na und? bearbeitet 25. November von Flo77 Zitieren
Einsteinchen Geschrieben 26. November Melden Geschrieben 26. November Es ist schon erwähnenswert, dass Konrad von Marburg nicht heiliggesprochen wurde. Denn es gibt viele grausame Heilige, die streng gegen sich selbst waren. Immerhin... Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 8. Dezember Autor Melden Geschrieben 8. Dezember Im Advent komme ich immer wieder gerne auf die sehr schönen Worte in der Johannes-Offenbarung zurück: "Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet., bei dem werde ich eintreten und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir." ( 3, 20 ) Anklänge an diesen schönen Text, die diese Gedanken vertiefen und erweitern: "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit..." Dazu die entsprechende Strophe: "Komm, o mein Heiland Jesus Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit deiner Gnade ein..." Auch: "Machet die Tore weit und die Türen der Welt, denn es kommt der König der Herrlichkeit ( vgl. Psalm 24 ) "Hört eine helle Stimm erklingt...." Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 9. Dezember Autor Melden Geschrieben 9. Dezember (bearbeitet) Bei den Berichten über die Wiedereröffnung von Notre Dame in Paris kommen mir die sehr schönen Zeilen aus dem Roman "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier in den Sinn: "Ich möchte nicht in einer Welt ohne Kathedralen leben. Ich brauche ihre Schönheit und Erhabenheit. Ich will mich einhüllen lassen von der herben Kühle der Kirchen.... Ich will den rauschenden Klang der Orgel hören, diese Überschwemmung von irdischen Tönen..... Ich liebe betende Menschen....." bearbeitet 9. Dezember von Cosifantutti Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 21. Dezember Autor Melden Geschrieben 21. Dezember (bearbeitet) Jedes Jahr neu das Wunderschöne, dass um die Weihnachtstage herum, die Zeit "zwischen den Jahren", ja meist bis zum Fest des 6. Januar das geschäftige Leben, das hektische Treiben komplett heruntergefahren wird. Die Jahreszeit in unseren Breiten, die kurzen Tage, die langen Nächte, alles lädt in diesen beiden Wochen auch dazu ein, zu lesen, Filme schauen ( ja durchaus auch: Kino ), Musik zu hören, selber ein Instrument zu spielen, ( auch: ) neue Werke einzustudieren.... Einer Fragestellung möchte ich in dieser freien Winterzeit "zwischen den Jahren" - unter anderem - ( auch anhand gezielter Literatur ) besonders nachgehen: Die Religion im "nachsäkularen" Zeitalter, religiöse Überzeugungen in "nachmetaphysischer" Zeit..... Schon seit einiger Zeit habe ich sehr große Zweifel an den Überzeugungen derer, die die Religion aus christlicher Tradition für Europa sozusagen schon - vermeintlich vorschnell - "abgeschrieben" haben..... Es gibt natürlich einen grundsätzlichen argumentativen ( = philosophischen ) Diskurs zwischen den Verteidigern der christlichen Religion und den Bestreitern / Kritikern. Die Religionskritik seit dem 19. Jahrhundert, die mit Namen verbunden ist wie etwa Feuerbach, Marx, Nietzsche, Freud, Sartre, Camus.... gehört ja inzwischen selber sozusagen zu einem eigenen Moment der europäischen Philosophiegeschichte / Kulturgeschichte des Christentums. Dieser argumentative Diskurs ist prinzipiell offen und auf dieser rein abstrakten Meta-Ebene nicht auf eine Seite hin "objektiv" entscheidbar. Ein wichtiger, ja zentraler Aspekt von Religion / hier konkret: Christentum ist nicht die Reflexion, Darlegung, Verteidigung, "Apologie" auf einer rein reflexiven gedanklichen ( philosophischen ) "Metaebene", sondern die konkrete religiöse Praxis im "Kult", der "sakrale" Kern des Christentums: Gottesdienste, Sakramente, Gebete. Hier ist eine vollkommen andere Ebene anzutreffen. Nicht mehr die distanzierte 3. Person des kritischen Diskurses über eine "Sache", einen "Gegenstand".... ( = "Objekt" ), sondern der entscheidende Wechsel in die 2. Person ( = "Du" ) und das gemeinsame Bekenntnis in der 1. Person Plural ( = "Wir" ). Keine Subjekt-Objekt-Beziehung sondern der Wechsel zur Subjekt-Subjekt-Beziehung. Statt eines abstrakten, objektiven rationalen, vernünftigen Diskurses "über" Gott und die Welt ein persönliches Kommunikationsgeschehen, das - auch im gemeinsamen Gottesdienst ( = sakraler Kult ) die Teilnehmerperspektive einschließt.... Diese konkrete, aktive Teilnehmerperspektive, die natürlich nur die jeweils praktizierenden Gläubigen des sakralen Kultes einnehmen können, stellt eine unüberwindliche Grenze des konkreten Zugangs für alle Religionskritiker dar. Diese Beobachtung und Erkenntnis wird meines Erachtens meist schlichtweg ignoriert..... Der religiöse, sakrale, sakramentale Kult, das Gebet als Anrufung, Versenkung, Anbetung in der persönlichen Sprache ( Kommunikation ) mit einem personalen Du ist etwas vollkommen anderes als ein kritischer Diskurs "über".... Mir kommt da manchmal der Vergleich mit der Musik in den Sinn. Man kann sich sehr allgemein - im Sinne von "Geschmacksfragen" - über verschiedene Arten von Musik, über verschiedene Komponisten austauschen. Niemand ist prinzipiell von einem solchen allgemeinen Diskurs über Musikwerke ausgeschlossen. Das ändert sich vollkommen, wenn es um die konkrete Musikpraxis geht , um das "Musizieren". Beim Aufführen eines Musikstückes findet kein Diskurs "über" Musik und Musikwerke statt, sondern Musik wird "realisiert". Der eigentliche "Wahrheitsgehalt", die "Essenz" der Musik zeigt sich in der jeweiligen Aufführung, nirgends sonst. Es ist wohl kein reiner Zufall, dass in Bezug auf das Phänomen Religion bisweilen sprachliche Anleihen zu "musikalisch" "unmusikalisch" genommen werden, wenn von religiös "unmusikalischen" Menschen die Rede ist. Damit soll diesen religiös "unmusikalischen" Menschen keineswegs die Fähigkeit zu einem ganz allgemeinen Diskurs über Religion abgesprochen werden, sondern schlicht konstatiert werden dass ihnen der Zugang zu einer konkreten kultisch-sakralen Glaubenspraxis, der die Teilnehmerpespektive voraussetzt und ein "Du" anredet, verschlossen bleibt..... Insofern ist natürlich der dramatische Rückgang der Teilnehmer einer solchen religiösen kultisch-sakralen Praxis in ( West- ) Europa schon eine Entwicklung, die in unseren Breiten an die Wurzel geht.... bearbeitet 21. Dezember von Cosifantutti 1 Zitieren
Marcellinus Geschrieben 21. Dezember Melden Geschrieben 21. Dezember vor 46 Minuten schrieb Cosifantutti: Es ist wohl kein reiner Zufall, dass in Bezug auf das Phänomen Religion bisweilen sprachliche Anleihen zu "musikalisch" "unmusikalisch" genommen werden, wenn von religiös "unmusikalischen" Menschen die Rede ist. Damit soll diesen religiös "unmusikalischen" Menschen keineswegs die Fähigkeit zu einem ganz allgemeinen Diskurs über Religion abgesprochen werden, sondern schlicht konstatiert werden dass ihnen der Zugang zu einer konkreten kultisch-sakralen Glaubenspraxis, der die Teilnehmerpespektive voraussetzt und ein "Du" anredet, verschlossen bleibt..... Vor fast einem halben Jahrhundert habe ich zum ersten und einzigen Mal an einem theologischen Seminar teilgenommen. Vielleicht interessiert es dich, daß der (ev.) Professor "Gott" das "Über-Du" nannte (in Anlehnung an das Über-Ich von Freud). Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 22. Dezember Autor Melden Geschrieben 22. Dezember (bearbeitet) vor 10 Stunden schrieb Marcellinus: Vor fast einem halben Jahrhundert habe ich zum ersten und einzigen Mal an einem theologischen Seminar teilgenommen. Vielleicht interessiert es dich, daß der (ev.) Professor "Gott" das "Über-Du" nannte (in Anlehnung an das Über-Ich von Freud). Das mag bei den Evangelischen so sein ( vgl. das mitunter überdrehte Sünderbewusstsein..... ). Die Katholiken haben dann doch einen sehr vertrauten Umgang mit der Heiligsten Dreifaltigkeit im Sinne der persönlichen Anrde "Du" ( vgl. etwa den Rheinischen oder Bayrischen Katholizismus... ). Außerdem gibt es im Katholizismus ja auch noch Maria und alle anderen Heiligen zur Kontaktpflege.... bearbeitet 22. Dezember von Cosifantutti Zitieren
Merkur Geschrieben 22. Dezember Melden Geschrieben 22. Dezember vor 12 Stunden schrieb Cosifantutti: ... Ein wichtiger, ja zentraler Aspekt von Religion / hier konkret: Christentum ist nicht die Reflexion, Darlegung, Verteidigung, "Apologie" auf einer rein reflexiven gedanklichen ( philosophischen ) "Metaebene", sondern die konkrete religiöse Praxis im "Kult", der "sakrale" Kern des Christentums: Gottesdienste, Sakramente, Gebete. Hier ist eine vollkommen andere Ebene anzutreffen. Nicht mehr die distanzierte 3. Person des kritischen Diskurses über eine "Sache", einen "Gegenstand".... ( = "Objekt" ), sondern der entscheidende Wechsel in die 2. Person ( = "Du" ) und das gemeinsame Bekenntnis in der 1. Person Plural ( = "Wir" ). Keine Subjekt-Objekt-Beziehung sondern der Wechsel zur Subjekt-Subjekt-Beziehung. Statt eines abstrakten, objektiven rationalen, vernünftigen Diskurses "über" Gott und die Welt ein persönliches Kommunikationsgeschehen, das - auch im gemeinsamen Gottesdienst ( = sakraler Kult ) die Teilnehmerperspektive einschließt.... Diese konkrete, aktive Teilnehmerperspektive, die natürlich nur die jeweils praktizierenden Gläubigen des sakralen Kultes einnehmen können, stellt eine unüberwindliche Grenze des konkreten Zugangs für alle Religionskritiker dar. Diese Beobachtung und Erkenntnis wird meines Erachtens meist schlichtweg ignoriert..... Der religiöse, sakrale, sakramentale Kult, das Gebet als Anrufung, Versenkung, Anbetung in der persönlichen Sprache ( Kommunikation ) mit einem personalen Du ist etwas vollkommen anderes als ein kritischer Diskurs "über".... Gut beobachtet. In den über 20 Jahren, in denen ich hier mitlese, ist dieser Aspekt selten thematisiert worden. Da ging es häufig um Theodizee, Gottesbeweise, Solipsismus und dergleichen. Themen, die in der religiösen Praxis bedeutungslos sind. Es trifft aber mE nicht zu, dass diese Perspektive nur die jeweils praktizierenden Gläubigen des sakralen Kultes einnehmen können. Sie wird lediglich von den Apologeten bzw. den Religionskritikern als "Geschmacksfrage" abgetan. D.h. sie könnten schon, sie wollen nur nicht. Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 23. Dezember Autor Melden Geschrieben 23. Dezember vor 23 Stunden schrieb Merkur: Es trifft aber mE nicht zu, dass diese Perspektive nur die jeweils praktizierenden Gläubigen des sakralen Kultes einnehmen können. Sie wird lediglich von den Apologeten bzw. den Religionskritikern als "Geschmacksfrage" abgetan. D.h. sie könnten schon, sie wollen nur nicht. Wenn ich den sakral-kultischen Kern des Christentums / der Kirche, das liturgische Ritual, den liturgischen Ablauf der Heiligen Messe ernst nehme, dann können diese aktive Teilnehmerperspektive in einem Kommunikationsgeschehen auf der sprachlich grammatischen Ebene der 2. Person Singular ( = Anrede "Du" ) und der 1. Person Plural ( "Wir" ) nur Menschen einnehmen, die diesen Glauben teilen und gemeinsam in der Lirurgie praktizieren. Innerhalb der Messfeier wird nicht über den Glauben ( zB. Gredo ) diskutiert, sondern der Glaube wird im Ritual praktiziert. Ein Atheist kann ja sinnvollerweise dieses Ritual der Messe überhaupt nicht mitvollziehen, da er den Glauben der Teilnehmer nicht teilt. Er würde sich bei einer Messfeier wohl selber komplett fehl am Platz empfinden. Der sakrale Kern des Christentums ist insofen "immun" gegenüber Religionskritik, da ich Religionskritik immer nur auf einer diskursiven Ebene argumentativ anbringen kann und die Religionskritik nicht selber innerhalb eines Gottesdienstes in der liturgischen Sprache des Gebetes oder eines Glaubensbekenntnisses formulieren kann. Der sakrake Kern des Christentums kann in unseren Breiten Europas, in der die freie Religionsausübung garantiert wird, eigentlich nur von den Gläubigen selber ( sozusagen "von innen" ) ausgehölt und zerstört werden, indem der religiöse Kult, das religiöse Ritual, die gemeinsame Messfeier nicht mehr praktiziert wird.... Gestern bei der Messfeier ist mir noch eine Ähnlichkeit zur Welt der Musikausübung gekommen.... Die "Teilnehmer", die Gläubigen sitzrn in den Kirchenbänken und warten auf den Beginn des Gottesdienstes. Der wird angezeigt durch einen Klingelton, alles erhebt sich, das Orgelspiel beginnt. Die Teilnehmer sind in eine andere Zeitform einfetreten, in die liturgische Zeitform des Messrituals.....änhlich bei einen Orchesterkonzert. Auftritt des Dirigenten, Appplaus. Kurze Stille, kurzes "Anhalten". Mit dem ersten Einsatz des Dirigenten tauchen wir ein in die Realisierung eines Musikwerkes. Zitieren
Merkur Geschrieben 23. Dezember Melden Geschrieben 23. Dezember vor 4 Stunden schrieb Cosifantutti: ... Ein Atheist kann ja sinnvollerweise dieses Ritual der Messe überhaupt nicht mitvollziehen, da er den Glauben der Teilnehmer nicht teilt. Er würde sich bei einer Messfeier wohl selber komplett fehl am Platz empfinden. ... Du unterschätzt die Atheisten. Ich meine, dass Liturgien, wie Kunstwerke allgemein, keiner Erklärung bedürfen, sondern aus sich selbst heraus wirken. Zitieren
Cosifantutti Geschrieben 23. Dezember Autor Melden Geschrieben 23. Dezember (bearbeitet) vor 4 Stunden schrieb Merkur: Du unterschätzt die Atheisten. Ich meine, dass Liturgien, wie Kunstwerke allgemein, keiner Erklärung bedürfen, sondern aus sich selbst heraus wirken. Darum geht es mir überhaupt nicht. Natürlich kann ein Atheist rational nachvollziehen, was in einer katholischen Messe geschieht. Aber er kann, wenn er sich als selbst erklärter Atheist nicht komplett selbst widerspricht, nicht selber aktiver Teilnehmer der Messe sein, denn dann müsste er ja das Glaubensbekenntnis sprechen oder das Hochgebet inklusive Wandlung spirituell mitvollziehen. Auf diese Teinehmerpersektive des Gläubigen kommt es mir an….. bearbeitet 23. Dezember von Cosifantutti Zitieren
iskander Geschrieben Dienstag um 17:19 Melden Geschrieben Dienstag um 17:19 (bearbeitet) Am 23.12.2024 um 16:08 schrieb Merkur: Am 23.12.2024 um 11:36 schrieb Cosifantutti: ... Ein Atheist kann ja sinnvollerweise dieses Ritual der Messe überhaupt nicht mitvollziehen, da er den Glauben der Teilnehmer nicht teilt. Er würde sich bei einer Messfeier wohl selber komplett fehl am Platz empfinden. ... Du unterschätzt die Atheisten. Ich meine, dass Liturgien, wie Kunstwerke allgemein, keiner Erklärung bedürfen, sondern aus sich selbst heraus wirken. Goethe war kein Katholik und wohl noch nicht mal im eigentlichen Sinne Christ, hat aber bezugnehmend auf eine Messe in St. Peter geschrieben: "Ich habe die Meße des ersten Ostertags, welche unter der Peterskuppel, vor dem hohen Altar celebrirt wird, von oben, von einer der Tribunen gesehen, welche an den Pfeilern angebracht sind, worauf die Kuppel ruht. Man sieht ohngefähr von der Höhe wie aus Ihren Fenstern herunter, man glaubt in gewißen Augenblicken seinen Augen kaum, was da für eine Kunst, ein Verstand, ein Geschmack durch Jahrhunderte zusammengearbeitet haben um einen Menschen bey lebendigem Leibe zu vergöttern! Ich hätte in dieser Stunde ein Kind, oder ein Gläubiger seyn mögen um alles in seinem höchsten Lichte zu sehen." http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Briefe/1788 bearbeitet Dienstag um 17:19 von iskander Zitieren
Studiosus Geschrieben Dienstag um 17:26 Melden Geschrieben Dienstag um 17:26 (bearbeitet) vor 41 Minuten schrieb iskander: Goethe war kein Katholik und wohl noch nicht mal im eigentlichen Sinne Christ, hat aber bezugnehmend auf eine Messe in St. Peter geschrieben Goethe war vor allen Dingen eins: ein Ästhet. Und Schönheit, immerhin eine der Transzendentalien, spricht zu Herz und Geist eines jeden Menschen, unabhängig von der Konfession. Dass ihm bei einem Hochamt in St. Peter zu dieser Zeit die Augen übergegangen sind, glaube ich gerne. Ob er so begeistert wäre von dem, was man da heute so vor sich hin zelebriert, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann: Goethe würde, wenn er heute lebte, eine Petition an Papst Franziskus mit der Bitte um Rücknahme der Beschränkungen hinsichtlich alter Ritus unterzeichnet haben, wie das übrigens tatsächlich viele Intellektuelle und Künstler, auffallend viele auch nicht-katholische und nicht-christliche, getan haben. Es ist zugleich schmeichelnd und beschämend, dass es mittlerweile oft Außenstehende sind, die sich für katholische Traditionen stark machen, während die in der Wolle gefärbten Katholiken ihr Licht ohne Not unter den Scheffel stellen. Aber ich bin jetzt wieder brav 😁 Sonst komme ich kurz vor Weihnachten noch auf die "naughty list". bearbeitet Dienstag um 18:00 von Studiosus Zitieren
Recommended Posts
Join the conversation
You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.