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Der weite Garten der Wörter


Shubashi

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Viele Familiennamen waren ursprünglich Patronymika (Vaternamen): Johansson, Anderson - Andersen, wenn man aus Denmark stammt statt aus Schweden oder Norwegen - usw.; in Italien sollen die sehr häufigen Nachnamen auf -i ebenfalls aus Patronymika stammen, bei denen das -i einen lateinischen Genitiv darstellt, also ist Dante Alighieri wörtlich "Dante Sohn des Alighiero" (Sein Vater hieß tatsächlich Alighiero). Im Mittelalter war Latein wohl noch Verwaltungssprache, so dass die Patronymika auf Latein gebildet wurden. Natürlich sind solche Wörter heute einfach Familiennamen: man heißt Alighieri, Lombardi etc. selbst dann, wenn sein Vater nicht Alighiero oder Lombardo heißt. Ebenso kann jemand, der weiblich ist und/oder dessen Vater nicht Johann heißt, den Nachnamen "Johan(s)son" tragen.

 

Anders in Island, wo jeder mit seinem Patronymikon indentifiziert wird, und im Telefonbuch heißen die Leute etwa "Hans Christiansson", "Katrin Johandottir" etc. In Russland gibt es zwar auch echte Familiennamen und jeder hat einen, es ist aber viel häufiger, wenn man jemandn formell anredet, ihn beim Vornahmen plus Patronymikon anzureden; Gorbatchov (eigentlich "GarbatchOv", habe ich mir sagen lassen) wurde/wird also nicht üblicherweise als "Herr Gorbatchov" angeredet, sondern als "Michail Sergeyevitch".

 

Ich frage mich nun, ob die Soziologen, Anthropologen und Evolutionsbiologen in diesem Forum vielleicht wissen, ob Gesellschaften, die immer noch Patronymika benutzen, auch sonst traditioneller sind als die anderen? Bei Russland kann ich mir das durchaus vorstellen, Osteuropa ist anscheinend sozial serh konservativ; bei Island bin ich mir nicht so sicher (kenne mich da aber aucxh nicht besonders gut aus).

bearbeitet von Domingo
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vor 4 Minuten schrieb Domingo:

Zum Beispiel?

Statt "-son" oder "-dottir" kann man auch die Endung "-bur" wählen, wenn man sich selbst einem der zahlreichen anderen Geschlechter zuordnet. Wokeness verpflichtet!

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Mein Mann ist Fußballtrainer vor Ort.

 

Das bedeutet, er ist "der Bartolt" (Nachname verändert).

 

Der Älteste war "Bartoltsohn 1", dann die Jungs mit Nummern runter bis zur 5, unser Familienauto, das mit sieben Sitzen auch als Transportgefährt zu diversen Auswärtsbegegnungen der Mannschaft dienten, erhielt den Namen "Bartoltmobil".

 

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Ich fände es übrigens fantastisch, wenn man russische Wörter phonetisch transkribieren würde, also 'tavarisch' (tavá-) nicht 'tovarisch', 'Anyegin' (-yég-) nicht 'Onegin', 'Ablómov' nicht 'Oblomov' usw.

bearbeitet von Domingo
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13 hours ago, Domingo said:

...ob Gesellschaften, die immer noch Patronymika benutzen, auch sonst traditioneller sind als die anderen?

Noch „traditioneller“ war es doch eigentlich, gar keinen Familiennamen zu haben, sprich: der „Pöbel“ war in den Osmanen einfach „Selim“ und in Japan z.B. einfach „Gonnosuke“. Den „Familiennamensstolz“ konnte man erst im 20. bzw. 19.Jh. erwerben, als die moderne Verwaltung genauer unterscheiden wollte.

In China (und angrenzenden sinisierten Regionen) teilt sich die Milliarde Menschen nur sehr wenige Han-Namen.

Sprich: ist der Name vielleicht v.a. ein Element des Individualismus - und damit auch eine sehr christliche Marotte?

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In Österreich wurden die unehelich erzeugten Kinder der Habsburger einfach Österreicher genannt. (als Familienname)

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8 hours ago, Shubashi said:

Sprich: ist der Name vielleicht v.a. ein Element des Individualismus - und damit auch eine sehr christliche Marotte?

 

Oder der sozialen Gleichberechtigung - wohl eine andere christliche Marotte. Denn sonst sind gerade Patronimika schon jeher en vogue gewesen - vom "Peleussohn Achilles" bis hin zu den Kauravas und Pandavas im Mahabharata, nämlich die 'Söhne des Kuru' bzw. 'des Pandu'. In Lezterem werden die Helden oft mit ihrem Patronymikon angeredet, manchmal mit dem Metronymikon, also Mutternamen. Gewiss sind diese Figuren aber Adlige, bei denen der Vater- oder Muttername allein eine Quelle des Ruhmes darstellt.

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vor 8 Stunden schrieb Shubashi:

Sprich: ist der Name vielleicht v.a. ein Element des Individualismus - und damit auch eine sehr christliche Marotte?

Vornamen als solches sind glaube ich seit Anbeginn der Menschheit bekannt.

 

Nachnamen sind erst dann wichtig, wenn die Abstammung oder Gruppenzugehörigkeit Auswirkungen auf die gesellschaftliche Position, den Rechtsstatus und ähnliche zivilisatorische Erfindungen hat.

Z.B. wenn Heiner Wilhelmson durch die Abstammung von Wilhelm seine Ansprüche auf dessen Erbe legitimiert oder Jan von Grauburg damit seine Position und seine Rechte als Herr der Güter der Grauburg ausdrückt.

Jakob Meier und Giesbert Schulte-Engelbrecht stellen so ebenso ihren Rang dar, wie Jost Schmied, Kaspar Zimmermann und Ewald Bäcker.

 

In den Städten waren bei uns die Nachnamen irgendwann notwendig um die 15 Johannes, 27 Marias und 12 Josefs in der gleichen Straße auseinanderzuhalten. Auf dem Land hielt sich regional noch sehr viel länger der Brauch nach dem Hausnamen gerufen zu werden.

 

Und selbst nachdem Nachnamen allgemein verwendet wurden (etwa ab dem 15. Jahrhundert- in Südeuropa etwas früher), waren Namenswechsel und verschiedene Schreibweisen noch lange Zeit üblich.

 

Unveränderliche, eindeutige Nachnamen für alle so wie wir sie heute kennen gibt es im deutschsprachigen Raum eigentlich erst seit rund 200 Jahren.

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vor 43 Minuten schrieb Flo77:

Auf dem Land hielt sich regional noch sehr viel länger der Brauch nach dem Hausnamen gerufen zu werden.

In Niederbayern südlich der Donau wird der Hausname auch noch gelegentlich in der Todesanzeige dem amtlichen Familiennamen hinzugefügt. Nördlich der Donau im Bayerischen Wald ist das deutlich seltener der Brauch.

bearbeitet von Wunibald
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Heute morgen in der Presseschau mal wieder ein lange vermisstes altes Wort gehört:

Brosamen

 

Die Sprecherin betonte es allerdings fast wie „Brotsamen“ - was mich stutzen ließ.


Über ein weiteres Wort bin ich im Forum gestolpert:

“BRDDR“ 

Ich bin mir nicht sicher, diesen Begriff schon mal bewusst wahrgenommen zu haben, aber dass er gerade aktuell erfunden wurde, schien mir gleich zweifelhaft.

Jedenfalls: in Westdeutschland waren bis zur Wiedervereinigung beide Begriffe verpönt, sowohl „DDR“ als auch BRD - sozialistisches Feindidiom.

Ein interessanter Eintrag dazu in einem Geschichtsforum, dort wird er erstmals in einer graphischen Arbeit von Keith Haring verortet.

 

Allerdings ist das falsch: bereits 1981 wurde er als Titel eines Kurzfilms auf dem Internationalen Filmfest Oberhausen benutzt.

 

Es ist schon interessant: eine vermeintliche „neue“ politische Propagandafloskel entpuppt sich als Begriff der Wende- und Vorwendezeit, der v.a. -tatatataaa- es 1989 fast zum „Wort des Jahres“ geschafft hätte. (Hinter dem letztlichen Gewinner „Reisefreiheit“).

 

 

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Am 28.12.2021 um 23:05 schrieb Aristippos:

Statt "-son" oder "-dottir" kann man auch die Endung "-bur" wählen, wenn man sich selbst einem der zahlreichen ...

Was ist das Problem dabei?

In Deutschland  können Menschen auch "Sascha"oder "Luca"  (Beispiele) heissen. 

Muss ein Name geschlechtsbezogen sein und wenn ja,warum?

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vor 10 Minuten schrieb mn1217:

Muss ein Name geschlechtsbezogen sein und wenn ja,warum?

Ja, der volle Name muß das Geschlecht erkennen lassen. Somindest war das bis vor einiger Zeit so.

Meine Freundin mußte ganz kurzfristig einen zweiten Vornamen für die Tochter aussuchen, weil der geplante Name dem Standesbeamten nicht weiblich genug war. Jetzt ist das Mädel sechs Jahre alt mit dem ausgewählten Rufnamen, der (angeblich) nicht ausreichend genug weiblich war, und einem zweiten Vornamen, der sehr eindeutig ist - ohne Bindestrich.

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Das ist aber mittlerweile geändert worden.

 

Ich mag übrigens Wörter wie "Brosamen".

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2 hours ago, mn1217 said:

In Deutschland  können Menschen auch "Sascha"oder "Luca"  (Beispiele) heissen. 

 

Aber es weiß doch jeder, dass die beiden männliche Namen sind? (Glaube ich zumindest; ich kann aber gewiss nicht für alle Deutsche oder auch nur die meisten sprechen.) Luca = Lukas, aber im Italienischen, wo das -s wegfällt - in Italien zumindest weiß jede(r), dass Luca und Andrea Männernamen sind, obwohl sie auf -a enden.

Und die ganzen russischen Deminutiva und Koseformen enden auf -a (Vanya = Ivan, Sasha = Alexander, usw.), doch weiß auch dort jeder, dass sie Männernamen sind (wenn sie denn Männernamen sind; Tanya, Katya und Sonya (*) sind es halt nicht).

 

Quote

Muss ein Name geschlechtsbezogen sein und wenn ja,warum?

 

Im Englischen sind im Grunde alle Namen beidgeschlechtlich, einige mehr als andere (aber sogar Michael kann ein Frauenname sein...).

 

 

(*) = Tatiana, Katerina und Sofia (auf dem -o- betont).

bearbeitet von Domingo
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vor einer Stunde schrieb Domingo:

Im Englischen sind im Grunde alle Namen beidgeschlechtlich, einige mehr als andere (aber sogar Michael kann ein Frauenname sein...).

 

Und in Frankreich zB Dominique. 

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Es gibt Frauen,die Luca oder Sascha heissen.

US amerikanische Verwandte wollten ein Kind Eden nennen.

Ich sehe das Problem nicht.

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vor 33 Minuten schrieb mn1217:

Es gibt Frauen,die Luca oder Sascha heissen.

US amerikanische Verwandte wollten ein Kind Eden nennen.

In den USA ist vieles anders als bei uns (in D).

vor 33 Minuten schrieb mn1217:

Ich sehe das Problem nicht.

Na dann viel Spaß mit deutschen Standesbeamten!

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Wie gesagt,die Regel ist geändert worden.

Und ich benenne ja maximal Katzen,das ist Standesbeamten ziemlich egal.

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Nachdem ich letzte Woche mein Fahrrad endgültig geschrottet habe, bin ich jetzt mit meinem neuen, das gar nicht neu ist nur neu aussieht, unterwegs. Genauer ist es das abgelegte von Oma. Hat sogar Nabendynamo - finde ich eine großartige Erfindung. Empfehle ich gerne weiter. Ich schweife ab ...

Jedenfalls fragte Oma mich gestern, ob denn das neue Fahrrad gut geht. Meine Antwort: Ja, geht gut.

Erst hinterher ist mir aufgegangen, daß das ja totaler Blödsinn ist :lol:

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Mel Gibson spielt wieder mal einen Schotten. Das Setting ist meins, der Cast auch, nur die Geschichte driftet fast ins Kitschige, wird aber durch die Schauspieler gerettet. 

 

The Professor and the Madman (Flat auf Prime)

 

Die Verfilmung der Entstehung des "First Oxford English Dictionary". 

Ein Yankee und ein Schotte. Hat was.

 

Ay, Martin

bearbeitet von Soulman
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