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Basiert die Ablehnung "widernatürlicher Akte" auf einem Fehlschluss?


iskander

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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

Sie hält lediglich fest, dass die Heilige Schrift, namentlich die Evangelien, es ist, die zuverlässig Leben, Taten und Predigt Jesu Christi - als wahrer Mensch und wahrer Gott - überliefert. Ja, auch in ganz handfestem, historischem Sinne. 

Pardon, aber wenn "wahrer Mensch und wahrer Gott" von der Kirche erdacht sind und nichts von dem, was in der Schrift steht konkret in der Zeit geschehen ist, reden wir von einer Mär, die an Glaubwürdigkeit allenfalls noch mit Joseph Smith und seinen Goldtafeln konkurriert.

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vor 51 Minuten schrieb Flo77:

Pardon, aber wenn "wahrer Mensch und wahrer Gott" von der Kirche erdacht sind und nichts von dem, was in der Schrift steht konkret in der Zeit geschehen ist, reden wir von einer Mär, die an Glaubwürdigkeit allenfalls noch mit Joseph Smith und seinen Goldtafeln konkurriert.

 

Wo außerhalb der kirchlichen Verkündigung kommt denn die Idee der wahren Menschheit und der wahren Gottheit Christi überhaupt zur Sprache?

 

Die historische Forschung kann allenfalls mit gewisser Probabilität und Plausibilität die Existenz einer geschichtlichen Person "Jesus von Nazareth" behaupten und dieses Skelett aufgrund sehr dürr gesäter Zeugnisse (wenn man die neutestamentliche Literatur als "befangen" ausklammert) mit einigen Details auskleiden. Der Rest ist alles Spekulation, begründete Spekulation sicher, aber nicht mehr. Über die Frage nach "wahrer Mensch, wahrer Gott" ist damit gleich gar nichts gesagt. Dafür interessieren sich positive Wissenschaften nämlich nicht. 

 

Die Gottheit Christi muss man sich aus dem Bekenntnis der Kirche holen. Ob das - das für Außenstehende recht willkürliche Verknüpfen einer kaum historisch fassbaren Gestalt mit dem dem religiösen Anspruch des Neuen Testaments - dann "seriöser" ist als gleich und unmittelbar Menschheit und Gottheit Christi aus der Verkündigung der Kirche und der Schrift zu entnehmen, wage ich zu bezweifeln. 

 

Außerhalb der Heiligen Schrift und der kirchlichen Tradition gibt es so gut wie keine Informationen über den Menschen Jesus (und was es gibt, Josephus Flavius, Tacitus, Plinius etc., ist so dünn, dass es eigentlich keinen Erkenntniswert hat, weder für die Frage nach dem Menschen noch nach dem Gott). Was es dagegen gibt, sind Spekulationen, Rekonstruktionen und "Jesusbilder". Da bleibt eigentlich gar keine andere Option, als dem Zeugnis der Evangelien in dieser Hinsicht historischen Wert beizumessen, wenn man überhaupt irgendeine Ahnung des irdischen Jesus mit dem Anspruch der Authentizität erhalten will. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 32 Minuten schrieb Studiosus:

Das tut sie doch überhaupt nicht? (Und ich habe so auch nicht argumentiert) 

Doch und ständig. 

 

Das ist der Splitter im Auge des anderen.

vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Da beginnt bereits das Problem. Das passiert immer dann, wenn man den historischen Jesus, den die moderne Bibelwissenschaft rekonstruiert, und den Christus des Glaubens, den die Kirche verkündet, gewissermaßen in Eins fallen lässt. 

 

Und das ist der Balken in doppelter Ausführung.

vor 33 Minuten schrieb Studiosus:

Sie hält lediglich fest, dass die Heilige Schrift, namentlich die Evangelien, es ist, die zuverlässig Leben, Taten und Predigt Jesu Christi - als wahrer Mensch und wahrer Gott - überliefert. Ja, auch in ganz handfestem, historischem Sinne. 

 

 

Einmal: was ist denn "wahrer Mensch und wahrer Gott" anderes, als den konstruierten, angebliche vorösterlichen "historischen" Jesus (den der Evangelien und der Kirche) und den nachösterlichen Christus des Glaubens in Eins fallen zu lassen?

Zweimal: Jesus Christus bedeutete noch nie etwas anderes, als Jesus von Nazareth und den Auferstandenen Christus in Eins fallen zu lassen.

 

Wahrer Gott und wahrer Mensch, in ganz handfestem, historischen Sinne zuverlässig überliefert? Also bitte. Das glaubst du doch selbst nicht, dass die Evangelisten und die Kirche Jesu Leben, Taten und Predigt zuverlässig überliefert haben, im Sinne von: "So war es." Dieser kirchliche, in Wahrheit doch nachösterliche "historische" Jesus ist nicht weniger (re)konstruiert, als der andere historische Jesus der modernen Bibelwissenschaft, die sich im Wesentlichen durch ihre Offenheit und Ehrlichkeit von dem kirchlichen Gebaren unterscheidet, welche "die Wahrheit" verkündigt - hier ausdrücklich nicht mit der "Glaubenswahrheit" zu verwechseln. Schlimm genug, dass man das betonen muss. 

 

Zitat

 

Theißen, Gerd / Merz, Annette: Der historische Jesus, Vorwort.

Wissenschaft sagt nicht: „So war es", sondern: „So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein."

...

Wissenschaft sagt nie: „So ist es", sondern nur: „So stellt es sich uns auf dem Stand der Forschung dar." Und das heißt im Klartext: „auf dem Stand unseres derzeitigen Wissens und Irrens."

 

 

Was bitte ist an Christus handfest im historischen Sinne? Gerade war er bei dir noch der "Christus des Glaubens" und nicht der Christus des Wissens um historische Tatsachen. Verblendet und verheddert in der eigenen Kirchensprachlichkeit. Was bleibt? Nichts als rhetorisch spitzfindige Behauptungen aus dem Selbstbespiegelungskabinett im hermetisch abgeschlossenen Elfenbeinturm.     

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vor 18 Minuten schrieb Weihrauch:

Wahrer Gott und wahrer Mensch, in ganz handfestem, historischen Sinne zuverlässig überliefert? Also bitte. Das glaubst du doch selbst nicht, dass die Evangelisten und die Kirche Jesu Leben, Taten und Predigt zuverlässig überliefert haben, im Sinne von: "So war es."

 

Das muss ich gar nicht selbst beantworten, dazu ist bereits alles gesagt, was im Bezugsrahmen der katholischen Glaubenslehre relevant ist:

 

 

"Unsere heilige Mutter, die Kirche, hat entschieden und unentwegt daran festgehalten und hält daran fest, daß die vier genannten Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus, der Sohn Gottes, in seinem Leben unter den Menschen zu deren ewigem Heil wirklich getan und gelehrt hat bis zu dem Tag, da er aufgenommen wurde (vgl. Apg 1,1-2)."

 

[Dei Verbum 12]

 

An dieser Lehraussage kann ich nichts ändern und änderst auch Du nichts. Und es handelt es sich hier nicht um eine abseitige Meinung fundamentalistischer Provenienz, sondern um die Lehre des letzten Ökumenischen Konzils zu dieser Frage. Irgendwann wird man sich, ganz unabhängig vom jeweiligen kirchenpolitischen Standort, einmal entscheiden müssen, ob das nun gilt oder wir diese (und andere Fragen) abermals verhandeln müssen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

 

Wo außerhalb der kirchlichen Verkündigung kommt denn die Idee der wahren Menschheit und der wahren Gottheit Christi überhaupt zur Sprache?

 

Die historische Forschung kann allenfalls mit gewisser Probabilität und Plausibilität die Existenz einer geschichtlichen Person "Jesus von Nazareth" behaupten und dieses Skelett aufgrund sehr dürr gesäter Zeugnisse (wenn man die neutestamentliche Literatur als "befangen" ausklammert) mit einigen Details auskleiden. Der Rest ist alles Spekulation, begründete Spekulation sicher, aber nicht mehr. Über die Frage nach "wahrer Mensch, wahrer Gott" ist damit gleich gar nichts gesagt. Dafür interessieren sich positive Wissenschaften nämlich nicht. 

 

Die Gottheit Christi muss man sich aus dem Bekenntnis der Kirche holen. Ob das - das für Außenstehende recht willkürliche Verknüpfen einer kaum historisch fassbaren Gestalt mit dem dem religiösen Anspruch des Neuen Testaments - dann "seriöser" ist als gleich und unmittelbar Menschheit und Gottheit Christi aus der Verkündigung der Kirche und der Schrift zu entnehmen, wage ich zu bezweifeln. 

 

Außerhalb der Heiligen Schrift und der kirchlichen Tradition gibt es so gut wie keine Informationen über den Menschen Jesus (und was es gibt, Josephus Flavius, Tacitus, Plinius etc., ist so dünn, dass es eigentlich keinen Erkenntniswert hat, weder für die Frage nach dem Menschen noch nach dem Gott). Was es dagegen gibt, sind Spekulationen, Rekonstruktionen und "Jesusbilder". Da bleibt eigentlich gar keine andere Option, als dem Zeugnis der Evangelien in dieser Hinsicht historischen Wert beizumessen, wenn man überhaupt irgendeine Ahnung des irdischen Jesus mit dem Anspruch der Authentizität erhalten will. 

Dein Posting sagt nichts anderes, als daß mal ein paar Leute einen Typen kannten von dem allerdings nur noch der Name bekannt ist und ein paar Geschichtenerzähler 'ne tolle Story gebastelt haben, in der der Typ über den wir aber eigentlich nichts Wissen die Hauptrolle spielt.

Aber weil der Typ mal gelebt hat, ist das, was wir uns da ausgedacht haben wahr und ist auch nicht diskutierbar.

 

Ich hab nix gegen einen spannenden Mythos. Mit gut geschriebenen Mythen kann man Botschaften weitergeben, Wertvorstellungen vermitteln, die Leute unterhalten. Aber so tun, als sei der Mythos eine wahre/reale Begebenheit ist - wie soll man das nur nett ausdrücken - merkwürdig.

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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

"Unsere heilige Mutter, die Kirche, hat entschieden und unentwegt daran festgehalten und hält daran fest, daß die vier genannten Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus, der Sohn Gottes, in seinem Leben unter den Menschen zu deren ewigem Heil wirklich getan und gelehrt hat bis zu dem Tag, da er aufgenommen wurde (vgl. Apg 1,1-2)."

Ja was denn jetzt? Ist der Mensch Jesus ein geschichtlicher Moment oder nicht?

Haben seine Füße den Erdboden berührt und hat er Kranke geheilt oder sind das alles nur Metaphern?

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vor 3 Minuten schrieb Flo77:

Ja was denn jetzt? Ist der Mensch Jesus ein geschichtlicher Moment oder nicht?

Haben seine Füße den Erdboden berührt und hat er Kranke geheilt oder sind das alles nur Metaphern?

 

Natürlich war (und ist in einem gewissen Sinne immer noch) Jesus ein historischer Mensch. 

 

Wo siehst Du das in der obigen Aussage oder in meinen Beiträgen in Abrede gestellt? 

 

Ich bin mit Sicherheit der letzte, der an der Geschichtlichkeit Jesu zweifelt. Woran ich allerdings sehr wohl zweifle ist das Konzept des "historischen Jesus" wie es in der zeitgenössischen Bibelwissenschaft vertreten wird. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

 

Natürlich war (und ist in einem gewissen Sinne immer noch) Jesus ein historischer Mensch. 

 

Wo siehst Du das in der obigen Aussage oder in meinen Beiträgen in Abrede gestellt? 

 

Ich bin mit Sicherheit der letzte, der an der Geschichtlichkeit Jesu zweifelt. Woran ich allerdings sehr wohl zweifle ist das Konzept des "historischen Jesus" wie es in der zeitgenössischen Bibelwissenschaft vertreten wird. 

Ab hier dekonstruierst Du den realen Menschen und zauberst quasi eine fiktive, idealisierte, angeblich "historische" Person aus dem Hut.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Ab hier dekonstruierst Du den realen Menschen und zauberst quasi eine fiktive, idealisierte, angeblich "historische" Person aus dem Hut.

 

Das hat wohl mit der unterschiedlichen Vorstellung von dem, was "verkündeter Christus" meint, zu tun. 

 

Ich gehe davon aus, dass die Kirche, wenn sie Christus verkündet, eben gerade kein theologisches, im nachösterlichen Rückblick gedeutetes Konstrukt verkündet, sondern den ganzen Christus, in seiner Gottheit und Menschheit. Deshalb ist es in meinen Augen nicht notwendig, die kirchliche Verkündigung durch einen wissenschaftlich rekonstruierten "historischen Jesus" zu ergänzen. Der ist in den Glaubensaussagen der Kirche bereits enthalten. Die Kirche verkündet keine philosophische Idee, sondern eine reale, geschichtliche Person, die Gott und Mensch ist.

 

Der "historische Jesus" der Exegeten ist ein reichlich später Nachgedanke des späten 18. Und 19. Jhds., den es nur braucht, da man die geschichtliche Dimension des kirchlichen Glaubens in einer rationalistischen Überreaktion abgespalten hat. Deshalb interessiert jene, die vom historischen Jesus in nämlichem Sinne sprechen, die Frage nach der Gottheit auch nicht, sondern sie stürzen sich einseitig auf das menschliche, zeitlich und kulturell kontingente Individuum "Jesus von Nazareth". 

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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

Ich gehe davon aus, dass die Kirche, wenn sie Christus verkündet, eben gerade kein theologisches, im nachösterlichen Rückblick gedeutetes Konstrukt verkündet, sondern den ganzen Christus, in seiner Gottheit und Menschheit. Deshalb ist es in meinen Augen nicht notwendig, die kirchliche Verkündigung durch einen wissenschaftlich rekonstruierten "historischen Jesus" zu ergänzen. Der ist in den Glaubensaussagen der Kirche bereits enthalten. Die Kirche verkündet keine philosophische Idee, sondern eine reale, geschichtliche Person, die Gott und Mensch ist.

Schön geschrieben. Ich sehe das genauso.

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vor 6 Minuten schrieb Studiosus:

 

Das muss ich gar nicht selbst beantworten, dazu ist bereits alles gesagt, was im Bezugsrahmen der katholischen Glaubenslehre relevant ist:

 

 

"Unsere heilige Mutter, die Kirche, hat entschieden und unentwegt daran festgehalten und hält daran fest, daß die vier genannten Evangelien, deren Geschichtlichkeit sie ohne Bedenken bejaht, zuverlässig überliefern, was Jesus, der Sohn Gottes, in seinem Leben unter den Menschen zu deren ewigem Heil wirklich getan und gelehrt hat bis zu dem Tag, da er aufgenommen wurde (vgl. Apg 1,1-2)."

 

[Dei Verbum 12]

 

Was ist dass denn für ein Bürokratentum?

 

Sag ich doch. Ewige Wiederholungen derselben Behauptungen aus dem Selbstbespiegelungskabinett im hermetisch abgeschlossenen Elfenbeinturm. Dadurch werden solche Behauptungen doch nicht die Wahrheit, dass irgendwelche Dokumente in irgendwelchen Archiven davon erzählen, dass irgendwer irgendwann irgendetwas entschieden hat. Was erwarten du und die Kirche denn als Antwort auf so etwas von den Leuten? Dass sie gehorsam ihr Knie vor dem wiehernden Amtsschimmel der Kirche beugen?  

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vor 17 Stunden schrieb Studiosus:

[...] sondern darum, die Frau (auch auf Wunsch der Frau selbst, aber oft auch der Männer) zum ständig verfügbaren Sexualobjekt zu machen. [....]

 

Das ist wieder diese suggestive, nicht nüchterne und nicht sachliche Begrifflichkeit. Wie schon @Chrysologus impliziert, ist das Zitierte nur einleuchtend, wenn man die Frau auf eine passiven Rolle beschränkt.

Bereits der Begriff "Objekt" ist in diesem Zusammenhang tendenziell irreführend: "Objekt" kann einfach eine "Sache" bedeuten, einen lebloser Gegenstand - aber auch "etwas" oder "jemand", auf den ein anderes Subjekt sich "ausrichtet": Ein Objekt des Erkennens, der Liebe, der Bewunderung und ja: auch des Begehrens. Diese Art von intentionalem "Objektsein" hat mit einem "Bloße-Sache-Sein" erst einmal rein gar nichts zu tun. In diesem völlig harmlosen Sinne sind zwei Menschen, die miteinander Sex haben, natürlich "Sexualobjekte" füreinander - das folgt sozusagen fast schon ex definitione und ist immer so, selbst beim katholischsten Ehepaar der Welt, mit oder ohne Verhütung!

 

Und was bedeutet "ständig verfügbar"? Dass er eine (warum eigentlich immer nur der Mann?) den anderen ohne Rücksicht auf dessen Wünsch jederzeit "benutzen" kann, so wie der Sklavenbesitzer seine Sklavin? Nun, wenn das in einer Beziehung nur durch das Verbot der Empfängnis verhindert würde, dann stimmte allerdings etwas grundlegend mit der Beziehung nicht! Zudem kann es dann auch sein, dass der Mann jederzeit Sex einfordert, ohne Rücksicht auf eine mögliche Schwangerschaft seiner Frau.

Oder soll "ständige Verfügbarkeit" nur bedeuten, dass beide Partner immer dann Sex haben können, wenn sie es für richtig halten - ganz so, wie sie auch gemeinsam musizieren oder Karten Spielen können, wenn sie es möchten? Das wäre dann auch wieder ein völlig harmloser Sinn - es sie denn natürlich, man betrachtet den Sex als ein Übel, das nach Möglichkeit restringiert werden muss.

 

Sobald man die Sache etwas genauer betrachtet, wird offenkundig, dass Deine obige Bemerkung mit dem "ständig verfügbaren Sexualobjekt" einfach Polemik ist. Das ist übrigens keine persönliche Kritik, zumal ich Dir auch keineswegs eine böse Absicht unterstelle, und es verhält sich übrigens leider nicht selten mit "lehramtsnahen" Äußerungen in diesem Feld so.

 

Wie @Marcellinus es schon angedeutet hat, haben die meisten Frauen sicherlich eher Sorge, ungewollt schwanger zu werden als wegen praktizierter Verhütung zum "Sex-Objekt" für ihren ruchlosen Mann zu werden. Entsprechend war ja auch die Enttäuschung nach Humane vitae bei sehr vielen Katholiken und Katholikinnen nach Humane vitae enorm.

Die Kirche sollte sich mit ihrem Verbot der Verhütung bitte nicht auch noch als Freundin der Frauen gerieren. Es geht ihr ja im Übrigen primär auch nicht um die Frau oder den Mann oder den Menschen überhaupt, sondern um den sexuellen Akt und dessen "korrekte" Form, die eindeutig zum Selbstzweck geworden ist.

 

vor 9 Stunden schrieb Flo77:

Es ist eine atheistische Krankheit die eigenen Definitionen absolut setzen zu wollen und sich so dem Gedankengang des Gegenübers zu immunisieren.

 

Ich setze keine eigenen Definitionen absolut, sondern mache darauf aufmerksam, dass bestimmte Begriffe nicht neutral sind, sondern bereits die eigene Auffassung implizieren oder wenigstens nahelegen, und dass das natürlich problematisch ist. Betrachten wir diesen Satz von Dir:

 

"Ganzhingabe bzw. -annahme bedeutet auch den anderen mit seiner Fruchtbarkeit anzunehmen."

 

Hier wird offenkundig impliziert, dass die Empfängnisverhütung eine "Nicht-Annahme des anderen mit seiner Fruchtbarkeit" bedeute.

 

Das ist jedoch eine These, die der Begründung bedürfte. Es sei denn natürlich, man verstünde unter "Nicht-Annahme des Partners oder seiner Fruchtbarkeit" etwas völlig Triviales, nämlich einfach nur, dass verhütet wird - aber das wäre dann eine merkwürdige Formulierung, und so ist es ja offenbar auch nicht gemeint.

 

Du beschreibst ein bestimmtes Verhalten (Verhütung) mit Begriffen, die nicht neutral sind, sondern eine bestimmte Interpretation und Wertung bereits implizieren, ohne dass Du diese Interpretation und Wertung jedoch begründen würdest.

 

Wie ich schon sagte, um auf meine eigene Position zurückzukommen (die unabhängig von meiner gerade geäußerten Kritik ist): Wenn ein Partner sich vom anderen trennt, weil der sich nicht sterilisieren lässt, wäre das in meinen Augen eine fehlende Annahme des anderen und seiner Fruchtbarkeit. Die gemeinsam gewollte Verhütung hingegen nicht, oder höchstens in einem äußerst formalen, ethisch aber irrelevanten Sinne, wie ich ihn in meinen früheren Beiträgen erläutert habe.

 

 

vor 8 Stunden schrieb Moriz:

Und diese These lässt sich leicht widerlegen, denn dann hätte Gott die menschliche Sexualität so geschaffen wie die vieler Tiere: Die haben nur einmal im Jahr während der Brunft Interesse an der geschlechtlichen Vereinigung und nach der Menopause gar nicht mehr. Beim Menschen ist das aber offensichtlich anders.

 

Und hier zählt die Natur wieder nichts. So hatte ja auch Paul VI. behauptet, dass jeder einzelne sexuelle Verkehr von Natur aus fruchtbar sei. Zumindest, wenn man diese Worte im üblichen Sinne versteht (und wie soll man sie sonst verstehen?) ist das schlichtweg falsch. Aber egal. Die Lehre muss verteidigt werden.

 

vor 8 Stunden schrieb Moriz:

Das ist - gerade bei der Ehe - unvermeidbar. Entweder, man nimmt den Partner ganz an, mit seinen guten, aber auch mit seinen schlechten Seiten, oder man lässt es besser.

 

Mir ging es da tatsächlich um die Empfängnisverhütung: Wenn jemand auf Wunsch des Partners (oder auf gemeinsamen Wunsch hin) verhütet, drängt er dem Partner nicht auf, was der Partner in diesem Moment nicht möchte (nämlich die eigene Fruchtbarkeit). Der Partner bekommt das, was er möchte (Geschlechtsverkehr), aber nicht das, was er nicht möchte (Risiko einer ungewollten Schwangerschaft).

 

Wenn jemand hingegen darauf besteht, dass der Akt entweder fruchtbar sein muss, oder dass alternativ zu diesem Zeitpunkt gar kein GV stattfindet (entsprechend der kirchlichen Lehre) stellt er den anderen vor die Alternative, entweder das zu nehmen, was er will (den GV) und auch das, was er nicht will (die potentielle Schwangerschaft), oder aber gar nichts zu bekommen.

 

Meine These war, dass eher die erste Haltung einer "Ganzhingabe" entspräche. Denn "Ganzhingabe" müsste doch heißen, dass man dem anderen alles gibt, was er will - und nicht schlechterdings "alles", egal ob er es will oder nicht!

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vor 5 Stunden schrieb Studiosus:

Wenn jemand die Sexualmoral der Kirche ernst nimmt, an ihr de facto scheitert (punktuell oder duchgängig), sein geschultes Gewissen ihn aber auch immer wieder zur Reue und dem Vorsatz führt, diese Sünde (welche auch immer das sei) nicht mehr zu begehen, dann sehe ich darin kein "höllenwürdiges" Verhalten, sondern genau das alte Spiel von Fallen und Aufstehen, das ich anderorts geschildert habe.


Allerdings ist hier natürlich eines sagen: Man wird von einem seelisch gesunden Menschen normalerweise doch wohl erwarten können, dass er zumindest "schwere Sünden" meidet. Ein normal disponierter Mensch, der das von ehrlichem Herzen konsequent ablehnt, mordet ja nicht immer wieder, und er stiehlt auch nicht ständig größere Geldbeträge, und er schwört ja auch nicht wiederholt Meineide und schändet nicht regelmäßig Hostien. Und auch die Sonntagspflicht wird er gewöhnlich problemlos erfüllen können, wenn man bedenkt, dass gravierende Gründe durchaus von ihr entpflichten.

 

Genau dasselbe sollte doch nun eigentlich auch für "sexuelle Sünden" gelten, denn da geht es nach traditioneller Lesart ja immer um eine schwere Materie; und mindestens für alle "Akte" ist das heutzutage auch noch unzweifelhaft die Lehre. Wenn die Sexualität nicht die "ganz große Ausnahme" sein soll, sollte der geistig und psychisch gesunde Mensch also auch auf diesem Gebiet durchaus erfolgreich in seinem Bemühen sein, "schwere Sünden" zu unterlassen; und wenn er solche Sünden doch begeht, wäre eben auch mit "schwerer Schuld" zu rechnen.

Das war doch auch immer die Lehre der Tradition, oder etwa nicht? Soweit ich mich erinnere, betont etwa auch Jone diesen Punkt der Sache nach, und Pius XII. ist in dieser Angelegenheit, bezogen hier auf Jugendliche, ganz eindeutig (zit. n. Pfürtner):

 

"Im Bewußtsein des Rechtes und der Pflicht des Apostolischen Stuhles, wenn nötig mit Autorität in die sittlichen Fragen einzugreifen ... erklären wir heute den Erziehern und der Jugend selbst: Das göttliche Gebot der Reinheit der Seele und des Leibes gilt ohne Abschwächung auch für die heutige Jugend. Auch sie hat die sittliche Pflicht und, mit Hilfe der Gnade, die Möglichkeit, sich rein zu erhalten [...] Wir weisen also die Behauptung derer als irrig zurück, welche die Niederlagen in den Jahren der Pubertät für unvermeidbar halten, für Dinge, die es nicht verdienen, daß man von ihnen viel Aufhebens macht, als wären sie keine schwere Schuld, weil die Leidenschaft, wie jene hinzufügen, die Freiheit, die für die sittliche Verantwortlichkeit einer Handlung notwendig ist, gewöhnlich aufhebe [....]"

 

Hier wird also eindeutig impliziert, dass da typischerweise eben durchaus "schwere Schuld" vorliegt, welche eben nicht durch "Leidenschaft" aufgehoben wird. (Hätte Pius sagen wollen, dass zumindest in einem beachtlichen Teil der Fälle keine schwere Schuld vorliegt, hätte er dies sicher auch gesagt.)

 

Die Alternative wäre wie gesagt, dass man die Sexualität zum absoluten Sonderfall erklärt, zum einzigen, bei dem bei gesunden Menschen trotz voller Kenntnis aller relevanter Gebote und Tatsachen die schwere Schuld oftmals aufgehoben ist.

Damit würde man der Sexualität zugleich einen enormen Stellenwert einräumen und sie zu dem ethischen Problem schlechthin für gutwillige Christen erklärt. Das ist aber doch genau das, was die Kirche nicht will: Den Eindruck erwecken, dass sie völlig auf die Sexualität fixiert sei. Und @rorro wehrt sich ja auch immer nachdrücklich dagegen, dass man der Sexualität eine solche Sonderstellung im Universum der Sünden einräumt.   

 

 

vor 5 Stunden schrieb Studiosus:

Die Beichte erlaubt dem ernsthaft Bußfertigen immer wieder einen neuen Anfang. Warum sollte so jemand - wenn wir mal in dieser Diktion verbleiben - deshalb in die Hölle kommen?

 

Schön und gut. Aber nimm an, jemand stirbt ganz plötzlich im Moment der "Sünde", etwa durch eine seltene Krankheit (die auch junge Menschen treffen kann), eine Gasexplosion, was immer. Dann gibt es nach bisheriger Lehre keine Zeit mehr zur Umkehr, wenn ich recht im Bilde bin. Dann bliebe nur noch nur die Hoffnung auf schwerwiegende schuldmindernde Umstände, was aber zumindest gemäß der Tradition im Regelfall wohl gerade nicht zu erwarten wäre.

 

vor 5 Stunden schrieb Studiosus:

Damit erklärt man den Kampf und die Anstrengung der Gläubigen, die unter vielen Opfern an der Sittenlehre festhalten wollen, im Letzten für unnötig und eigentlich im "ökonomischen" Sinne für dumm. Sie hielten sich unter Anstrengungen an die Lehre der Kirche, obwohl das gar nicht nötig wäre, da das, wogegen sie kämpfen, ja keine Sünde sei. Im Endeffekt ist das die Aufforderung zur Sünde (wenn man an der grundsätzlichen Autorität der Kirche, sich darüber zu äußern, was Sünde ist, festhält). 

 

Und was wäre, wenn die "Theologen oder gutmeinenden Menschen" recht haben? Wir haben ja schon in einem anderen Thread geklärt, dass die kath. Sexuallehre nicht dogmatisiert ist, und dass sie in der Vergangenheit erhebliche Irrtümer beinhaltete, und dass es daher auch aus kath. Sicht beileibe keine Garantie gibt, dass die heutige Lehre richtig ist.

Im Zweifelsfall stünde der Katholik, der verbissen gekämpft hat, um der offiziellen Lehre Genüge zu tun, ähnlich da wie der Mann, der niemals geheiratet hat, weil er unfruchtbar war und die Kirche früher auf der Zeugungsfähigkeit (und nicht nur der Beischlaffähigkeit) bestand.

 

vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

Wenn der Herr selbst - im Evangelium, nicht in einer gnostischen Geheimschrift oder den Nuntii Vaticani Protokollnummer 12345 - sagt, wer eine Frau nur lüstern anblickt, der habe in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen oder der dazu rät, ein Glied, das zum Bösen verführt, auszureißen, dann ist das nicht einfach mit Gnosis, Manichäismus oder den Neurosen bestimmter Kirchenväter zu erklären. 

 

Ist das nicht dieselbe Stelle, wo es auch heißt, dass dass jeder, der seinen Bruder als "Dummkopf" bezeichne, vor den Hohen Rat gebracht werden solle, und dass man  überhaupt nicht schwören solle, und dass man niemanden auf Erden "Vater" nennen solle?

Nur, dass man das immer als bewusste Übertreibung verstanden hat: Die Kirche hat m.W. nie verlangt, das jemand wegen einer Verbalinjurie vor das höchste Gericht muss, und gegen Schwüre hat sie auch nie etwas gehabt, und gegen die Bezeichnung "Vater" als Ehrentitel für Geistliche bekanntlich auch nicht. 

 

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vor 3 Stunden schrieb iskander:

Die Alternative wäre wie gesagt, dass man die Sexualität zum absoluten Sonderfall erklärt, zum einzigen, bei dem bei gesunden Menschen trotz voller Kenntnis aller relevanter Gebote und Tatsachen die schwere Schuld oftmals aufgehoben ist.

Damit würde man der Sexualität zugleich einen enormen Stellenwert einräumen und sie zu dem ethischen Problem schlechthin für gutwillige Christen erklärt.

 

Das ist vielleicht nicht so lichtvoll formuliert. Der Hauptgrund für den extremen Ausnahmecharakter der "sexuellen Sünden" bestünde natürlich darin, dass mit dem ersten Satz zugleich auch gegeben wäre, dass "sexuelle Sünden" viel schwerer zu meiden wären als andere "schwere Sünden". Das hätte zwei Konsequenzen:

 

a) Von Seiten gutwilliger und bemühter Katholiken entstünde in gerade diesem Bereich viel mehr Unrecht, das Gott schwer beleidigt, als in jedem anderen - unabhängig von der Frage der subjektiven Schuld.

b) Und da man trotz allem wohl auch kaum allzu pauschal und allzu schnell schwerwiegende schuldmindernde Gründe annehmen könnte, müsste man immer noch davon ausgehen, dass die sexuellen Sünden für bemühe Katholiken mit Abstand die größte Gefahr für das Seelenheil darstellen. (Diese Konsequenz folgt natürlich auch und sogar erst recht, wenn man bei "sexuelle Sünden" nicht so schnell bereit ist, vieles zu exkulpieren, sondern - wie doch auch der Tradition - annimmt, dass solche "Sünden" im Regelfall auch mit "schwerer Schuld" verbunden sind.)

 

Die unter b) beschriebene Auffassung, nämlich dass der Sexus die große Todesfall ist, wurde m.E. auch lange durchaus prominent vertreten, auch wenn die Kirche heutzutage bemüht ist, den Eindruck zu vermeiden, dass Sex und der Kampf gegen eines der größten und wichtigsten Themen für sie sei. Leider kann ich das nicht detaillierter belegen, weil ich auf die Schnelle keine hinreichenden Belegquellen beibringen kann.

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vor 10 Stunden schrieb iskander:

Die unter b) beschriebene Auffassung, nämlich dass der Sexus die große Todesfall ist, wurde m.E. auch lange durchaus prominent vertreten, auch wenn die Kirche heutzutage bemüht ist, den Eindruck zu vermeiden, dass Sex und der Kampf gegen eines der größten und wichtigsten Themen für sie sei. Leider kann ich das nicht detaillierter belegen, weil ich auf die Schnelle keine hinreichenden Belegquellen beibringen kann.

Ich finde auf die Schnelle auch nichts, meine aber mich zu erinnern, daß von Don Bosco, als er Kaplan in einem Arbeiterviertel war, die Aussage überliefert ist: "Wenn es die Sünden wider das sechste Gebot nicht gäbe, dann wären die meisten meiner Schäfchen die reinsten Engel."

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vor 56 Minuten schrieb Moriz:

Ich finde auf die Schnelle auch nichts, meine aber mich zu erinnern, daß von Don Bosco, als er Kaplan in einem Arbeiterviertel war, die Aussage überliefert ist: "Wenn es die Sünden wider das sechste Gebot nicht gäbe, dann wären die meisten meiner Schäfchen die reinsten Engel."

Das ist ja das, was ich seit mehreren Postings meine: durch die extreme Auslegung einer einfachen Regel wird konsequent und unausweichlich jeder zum Sünder degradiert.

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vor 27 Minuten schrieb Flo77:

Das ist ja das, was ich seit mehreren Postings meine: durch die extreme Auslegung einer einfachen Regel wird konsequent und unausweichlich jeder zum Sünder degradiert.

Wobei das an sich nicht das Problem ist, wir sind nun mal alle Sünder. Problematisch ist, daß quasi jede Sünde 'gegen das sexte Gebot' zur Todsünde hochstilisiert wird. Damit sind wir alle der Hölle verfallene Todsünder, angeblich jedenfalls.

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vor 3 Stunden schrieb Moriz:

Ich finde auf die Schnelle auch nichts, meine aber mich zu erinnern, daß von Don Bosco, als er Kaplan in einem Arbeiterviertel war, die Aussage überliefert ist: "Wenn es die Sünden wider das sechste Gebot nicht gäbe, dann wären die meisten meiner Schäfchen die reinsten Engel."

 

Don Bosco will ja auch in Träumen und Visionen gesehen haben, dass viele der von ihm betreuten Jugenlichen auf dem Weg zur Hölle waren, allein wegen ihrer "sexuellen Sünden", oder weil sie diese, etwas aus Gründen der Scham, nicht angemessen gebeichet hätten.

 

Und von Jean-Baptiste Marie Vianney, dem "Pfarrer von Ars", Patron aller Priester, ist m.W. überliefert, dass nach seiner Ansicht die meisten Eheleute zur Hölle gehen, natürlich wegen der Sexualität.

 

Es gibt ja Zeiten und Umständen, in denen die "kath. Moral" zumindest in Teilen vielleicht einen gewissen Sinn ergab oder wenigstens nicht ganz unverständlich war. Wenn zum Beispiel im männlichen Samen schon einen "Homunculus" gesehen wird, mag man jede "Verschwendung" dieses Samens für unethisch halten. Oder wenn eine junge Frauen von ihren Eltern irgendeinem Mann, den die nicht liebt, zur Braut gegeben wird, verhütende Mittel unzulänglich sind, aber der Mann größten Wert darauf legt, dass alle Kinder von ihm sind, dann mag es verständlich sein, dass die Frau jungfräulich in die Ehe gehen soll.

 

Aber angesichts des aktuellen biologischen Verständnisses, des technischen Fortschritts und der heutigen gesellschaftlichen Zustände fällt das ja alles weg, jedenfalls in unseren Breiten. Niemand, selbst wenn er ethisch noch so feinfühlig wäre, käme daher wohl von sich aus auf eine Moral wie die kirchliche. Denn die allermeisten von der Kirche so definierten "sexuellen Sünden" schaden weder Mensch noch Tier, noch verletzen sie weithin anerkannte ethische Prinzipien wie die Goldene Regel. Die Rechtfertigungen, die die Kirche ins Feld führt, um ihre Auffassung zu verteidigen, bewegen sich entsprechend weitgehend außerhalb des üblichen ethischen Denkens und wirken wie Ex-Post-Rechtfertigungen. Sie sind, soweit mir bekannt, auch nicht richtig durchdacht oder "durchargumentiert" (siehe diesen Thread).

 

Und so haben wir die folgende Situation: Dinge (Gedanken, Gefühle, Akte), die nach allen üblichen moralischen Maßstäben zum größten Teil ethisch völlig indifferent sind, also  noch nicht einmal in den Bereich des Moralischen fallen, stehen als "schwere Verfehlungen" im Zentrum und Fokus der kirchlichen Ethik. Was "prima facie" als völlig harmlos und normal erscheint - etwa, das ein Jugendlicher sexuelle Impulse hat oder masturbiert - ist nach katholischer Lehre grundböse und kann die ewige Verdammnis nach sich ziehen. Der Betreffende mag noch so freundlich und gutwillig und hilfsbereit sein, das nutzt ihm wenig.

bearbeitet von iskander
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vor 42 Minuten schrieb iskander:

Niemand, selbst wenn er ethisch noch so feinfühlig wäre, käme daher wohl von sich aus auf eine Moral wie die kirchliche. 

Das kommt hauptsächlich daher, dass die kirchliche Morallehre aus Jahrhunderten stammt, deren Moralvorstellungen uns komplett fremd und vollkommen unverständlich sind. Deshalb fällt es der Kirche auch so schwer, diese Lehre irgendwie zu begründen. Meistens läuft es ja auf „hammer schon immer so gelehrt“ hinaus

 

Werner

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Am 19.4.2023 um 07:29 schrieb Chrysologus:

Dabei sollte man es aber auch nicht überschätzen, das ist die Krankheit des Arguments von der Ganzhingabe. Hier wird so getan, als sei der verantwortete Sex etwas vollkommen überirdisches, ekstatisches, beidem beide Partner erleben, dass sie aus sich heraus treten und eins werden. Ein mystisches Erleben, wobei die Kirche dieses Erleben dann als zweiten Zweck zuzulassen scheint. Das kann Sex sein - aber er kann auch ziemlich banal und dennoch schön sein. Ohne dass man in höhere Spähren aufsteigt, neu geboren wird und den anderen auf das intimste zu erkennen glaubt.

 

Ähnlich sieht das auch Cornwell bezogen auf JPII (The Pope in the Winter):

 

"He talks of the ‘ecstasy’ of sex as a quasi-spiritual experience in terms that are detached from real life. The pope who wished to make an original contribution to the ‘embodied’ soul has produced a thesis about sex that is utterly disembodied."

 

Die Meinung seiner engen Freundin, der Pilosophin Anna-Teresa Tymieniecka, hatte ich ja bereits zweimal zitiert.

 

Der Begriff der "Ganzhingabe" ist doch ohnehin ein genuin religiöser, und wenn er auf Ehe und Sexualität  angewandt werden kann, dann doch ohnehin höchstens in einem analogen Sinne, mit Betonung der Unterschiede.

Denn was heißt "Ganzhingabe" im üblichen Sinne? Nicht nur größte Liebe zu Gott, sondern auch der vollkommene Gehorsam ihm gegenüber, der Wunsch, ihm in allen Dingen und Situationen zu begegnen, auch im Alltag, und der Entschluss sein ganzes Leben vorbehaltlos in seinen Dienst zu stellen.

 

Eine derartige "Ganzhingabe" gegenüber dem Ehepartner würde aus säkularer Perspektive (mindestens) als neurotisch erscheinen, und aus einer religiösen doch wohl als Vergötzung des Ehepartners.

 

Was soll "Ganzhingabe" im Kontext von Ehe und Sexualität dann heißen? Es könnte sich doch wohl nur um die maßgeblichen Inhalte des Eheversprechen handeln, welche in symbolischer Form durch den sexuellen Akt ausgedrückt werden. Aber hier schließt sich dann eben wieder die Frage an: Muss jeder sexuelle Akt wirklich als "non-verbales Ehe-Versprechen" interpretiert werden (so dass beispielsweise vorehelicher Verkehr zwingend als eine "Lüge" zu betrachten wäre)? Kann ein sexueller Akt nicht auch einfach eine (sehr) intime Begegnung sein?

Und wieder wären wir bei der "ketzerischen" Frage, wieso zölibatär lebende Personen so genau wissen, was eine sexuelle Begegnung bedeutet - und zwar nicht auf einer physiologischen, also von außen zugänglichen Ebene, sondern auf einer "psychosozialen" und "symbolhaften" Ebene. Wieso glauben sie, für die ganze Welt verbindlich und detailliert definieren zu können, was Sexualität ist, wie sie ist, und wie sie zu sein hat? Und warum nimmt die Beschäftigung mit der Sexualität der Nicht-Zölibatären einen derartigen Raum ein?

 

Mein eigener Verdacht ist ja ohnehin, dass die Überhöhung, Mystifizierung und Spiritualisierung des Sexuellen notwendig ist, damit die Sexualität, soweit sie nicht allein dem Erzeugen von Kindern dient, überhaupt annehmbar wird.

 

Einst war die sexuelle Lust verdorben und böse, nun ist sie quasi göttlich; aber nie ist sie einfach menschlich. Und damit ist sie auch nicht dem Menschen verfügbar, so wie er sie mit Rücksicht auf sich selbst und andere zum Ausdruck bringen möchte.

 

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vor 19 Minuten schrieb Werner001:

Das kommt hauptsächlich daher, dass die kirchliche Morallehre aus Jahrhunderten stammt, deren Moralvorstellungen uns komplett fremd und vollkommen unverständlich sind. Deshalb fällt es der Kirche auch so schwer, diese Lehre irgendwie zu begründen. Meistens läuft es ja auf „hammer schon immer so gelehrt“ hinaus

 

Werner

 

Neben den schon genannten biologischen Missverständnissen und gesellschaftlichen Verhältnissen spiele wohl auch das stoische Ideal des leidenschaftslosen Menschen eine wichtige Rolle. Demnach sollte es so wenig sexuelle Lust wie möglich geben. Aber auch dieses ist uns heute fremd, und zumindest "offiziell" ja auch der Kirche, die nicht müde wird, die eheliche sexuelle Lust in den höchsten Tönen zu preisen.

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vor 14 Minuten schrieb iskander:

die nicht müde wird, die eheliche sexuelle Lust in den höchsten Tönen zu preisen.

Das, was die Kirche da preist, hat mit realem Sex sehr wenig zu tun. Eher mit dem, was sich jemand, der nie Sex hatte, darunter vorstellt.

 

Werner

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Es ist jedenfalls bezeichnend, daß unter den Häresieverdächtigungen gegen Bonifaz VIII. 1310 neben der Leugnung der Jungfräulichkeit Mariens, der Trinität, usw. stand, er habe gesagt:

 

"Geschlechtsverkehr und die Befriedigung der Naturtriebe ist so wenig ein Vergehen wie Händewaschen“

 

Wie konnte er nur...

 

(Wusstet Ihr, daß die päpstlichen Ärzte im Jahre 1492 gleich 3 junge Männer haben ausbluten lassen um das Blut dem siechenden Innozenz VIII. zu trinken zu geben?)

bearbeitet von Flo77
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vor 15 Minuten schrieb Flo77:

Es ist jedenfalls bezeichnend, daß unter den Häresieverdächtigungen gegen Bonifaz VIII. 1310 neben der Leugnung der Jungfräulichkeit Mariens, der Trinität, usw. stand, er habe gesagt:

 

"Geschlechtsverkehr und die Befriedigung der Naturtriebe ist so wenig ein Vergehen wie Händewaschen“

 

Wie konnte er nur...

Na das mit Maria und der Trinität sind lässliche Sünden.

Aber das mit dem Sex, wahrscheinlich ist das die ominöse Sünde wider den Heiligen Geist. Jedenfalls absolut unverzeihlich.

Noch schlimmer wäre nur die Leugnung der päpstlichen Oberherrschaft!

 

Werner

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