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Basiert die Ablehnung "widernatürlicher Akte" auf einem Fehlschluss?


iskander

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Geschrieben (bearbeitet)
vor einer Stunde schrieb Studiosus:
vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Tu nicht so, als wärst Du weiß der Himmel wie toll.

 

Habe ich das je behauptet? Hier wird, ich empfehle den Thread zu lesen, die These stark gemacht, das Befolgen der kirchlichen Morallehre sei im Prinzip unmöglich. Um nicht zu sagen menschenunmöglich. 

 

So würde ich nie von mir behaupten, dem Anspruch Gottes oder der Kirche gerecht zu werden, aber nur weil ich das offensichtlich nicht kann, heißt das ja noch lange nicht, dass es niemand oder fast niemand kann. Das ist der springende Punkt. Und Nein, dazu muss man meiner Meinung nach nicht "asexuell" sein. 

 

Dazu noch dies:

 

Zuerst einmal ist es ganz klare kath. Lehre - oder war es jedenfalls in der Vergangenheit immer - dass jeder "sexuelle Sünden" meiden kann und muss. (Eine Ausnahme sind Geisteskranke, bei denen die Schuld vermindert oder aufgehoben sein kann). Wer hier also fehlt, der begeht gewöhnlich eine Todsünde - was dann natürlich auch heißt, dass er bei jähem Tod in der Hölle landet. Man denke beispielsweise nur daran, wie klar Pius XII. die Vorstellung zurückweist, dass bei Jugendlichen in der sexuellen Reifungsphase befinden, aufgrund mildernder Umstände nicht von einer "schweren Schuld" auszugehen sei.

 

Manches mag vielleicht neuerdings etwas milder klingen, aber wer auf dem traditionellen Boden stehen will, der wird das wie beschrieben anerkennen wollen.

 

Statistiken:

 

"In 1969, Dr. William Masters told me about a survey of 200 celibates, the results of which revealed that 198 of them reported having masturbated at least once during the previous year. Of the other two, Dr. Masters said, “I don’t think they understood the question!”
In the late 1970s, Father Michael Peterson, M.D., a priest of the archdiocese of Washington, DC, conducted several informal surveys of his own (unpublished work) and spoke of masturbation as an often practiced and usual activity among seminarians and young clergy.
I estimate that 80 percent of clergy masturbate occasionally (numbers based on information from clergy sources only)."
(Richard Sipe, Celibacy in Crisis, 2003).

 

"The majority of the priests (86%) reported sexual experiences [masturbation, heterosexual or homosexual activities] either occurring during childhood and/or adolescence; 15% of the priests reported sexual experiences occurring within their adulthood; and 14% of the priests reported never having any sexual experiences in their lifetime." (McDevitt, P. J. (2012). Sexual and Intimacy Health of Roman Catholic Priests. Journal of Prevention & Intervention in the Community, 40(3), 208–218.)

 

Und hier geht es nur um "manifeste" Handlungen. Aber es gilt ja auch jedes sexuelle Empfinden, egal wie kurz und unbedeutend es ist, stets als Sünde, sofern ihm  "zugestimmt" wird. Und zumindest in der Tradition immer auch als schwere Sünde (und man kann argumentieren, auch wenn das vielleicht nicht ganz sicher ist, dass das auch heute noch der Fall ist; siehe etwa den Wortlaut von Persona humana)!

Wenn man das mit einbezieht, dürfte die wahre Prävalenz "sexueller Sünden" sogar noch höher liegen.

 

Klar kann man sagen, dass das alles laxe Leute waren, die sich einfach nicht ernsthaft genug bemüht haben. Ob das glaubwürdig ist, ist aber die Frage.

 

Und wenn schon muss man als "traditioneller" Katholik dann auch konsequent sein und sagen, dass alle, die als informierte katholische Christen eine "sexuelle Sünde" begehen (und nicht geisteskrank sind), sich einfach nicht ernsthaft bemühen und daher schwere Schuld auf sich laden.

bearbeitet von iskander
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vor 9 Minuten schrieb rorro:
vor 31 Minuten schrieb Weihrauch:

Aus dem Kessel ihrer Autorität ist der Dampf längst raus. 

 

Dann ist ja alles gut.

 

Autorität hat jemand über einen nur, wenn man sie ihm gibt. Ohne ihre Bereitschaft zu früheren Gewaltexzessen, ist niemand mehr gezwungen, ihre "Autorität" anerkennen zu müssen. Alles wird gut.   

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vor 4 Minuten schrieb iskander:

Und wenn schon muss man als "traditioneller" Katholik dann auch konsequent sein und sagen, dass alle, die als informierte katholische Christen eine "sexuelle Sünde" begehen (und nicht geisteskrank sind), sich einfach nicht ernsthaft bemühen und daher schwere Schuld auf sich laden.

 

Ich denke nicht, dass man oder in dem Fall ich das "muss". Es geht mir gar nicht um eine Bewertung, sondern ich wollte lediglich die, wie mir scheint, Kernthese dieses Threads heraus präparieren: Den Anforderungen der kirchlichen Morallehre kann niemand oder so gut wie niemand gerecht werden. 

 

Du bist ja der Autor dieses Fadens und wirst sagen können, ob ich das richtig zusammengefasst habe. 

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vor 38 Minuten schrieb rorro:

Dann ist ja alles gut.

 

Und noch besser wäre es, wenn Du einfach auch einmal auf kritische, jedoch sachliche Fragen reagieren würdest. Ich darf mich wiederholen:

 

"Ich habe beispielsweise schon mehrfach gefragt, worauf die kath. Lehre von den 'widernatürlichen' Akten denn argumentativ  beruht, wenn nicht auf einem Fehlschluss der Art 'Sexualität soll (unter Umständen) zum ehelichen Verkehr gebraucht werden, also soll/darf sie NUR zum ehelichen Verkehr gebraucht werden'.

 

Eine Antwort habe ich nie erhalten. Nicht einmal im Ansatz. Obwohl ja laut Kirche jeder vernünftige Mensch die Argumentation verstehen kann. Gut, vielleicht bin ich ja nicht vernünftig (oder nicht ehrlich). Aber vielleicht wäre es besser wenn ihr, die ihr es versteht, uns die wir es nicht verstehen, zumindest eine Chance geben würdet?"

 

Und gleich noch eine zweite Frage an Dich. Wie Du weißt hat sich die kath. Kirche in der Vergangenheit in ihrer Sexualmoral schwerwiegend und tragisch geirrt. Um aus einem älteren meiner Beiträge zu zitieren (geringfügig verändert):

 

Zitat Beginn

 

In der Kirche hat sich seit Gregor und seiner Zeit diesbezüglich Folgendes im Vergleich zu heute verändert - manches früher, manches später:

 

- Erlebte sexuelle Lust war für Gregor stets Sünde. Heute kann sie durchaus ohne Sünde sein. Der Mensch darf "am rechten Ort" in die sexuelle Lust einwilligen und sie sogar genießen. (Allein das ist doch ein Riesen-Unterschied.)

 

- Damals sollten die Ehepaare nach vollzogenem Beischlaf erst einmal die Eucharistie meiden - und zwar durchaus wegen der sündhaften Lust. Das ist heute obsolet.

(Ranke-Heinemann: "Papst Gregor d. Gr. erzählt z. B. in seinen vielen Wundergeschichten folgendes abschreckende Beispiel einer Strafe Gottes: Eine jungverheiratete vornehme Dame wurde von ihrer Schwiegermutter eingeladen, das Einweihungsfest der Sebastianskirche mitzumachen. »In der Nacht vorher wurde sie von der Fleischeslust besiegt und konnte sich des Umgangs mit ihrem Mann nicht enthalten. Weil sie die Schande vor den Menschen mehr fürchtete als das Gericht Gottes, ging sie trotz ihrer Gewissensbedenken in die Kirche. Als gerade die Reliquien des hl. Märtyrers hereingetragen wurden, fuhr der böse Geist in sie und konnte trotz vieler Versuche lange nicht ausgetrieben werden.« Erst dem hl. Bischof Fortunatus von Todi gelang es, ihn zu bezwingen (Dial. I, Kap. 10).")

 

- Ein Beischlaf, der (auch) durch sexuelles Begehren motiviert war, galt seinerzeit als sündhaft. (Egal, ob das Begehren mit Liebe verbunden war oder nicht, was man in diesem Kontext eh nicht unterscheiden hat.) Heute hingegen kann das sexuelle Begehren (wenn es liebevoll und rücksichtsvoll ist) neben dem Wunsch nach Kindern und neben der Pflichterfüllung ein legitimes Motiv für den ehelichen Koitus darstellen.

 

- Dieses gegenseitige, von "ehelicher Liebe getragene" Begehren kann u.U. sogar ganz ohne Kinderwunsch und für sich allein genommen als Motivation ausreichen, um den Koitus zu rechtfertigen (das war historisch ein weiterer Schritt). Auch das ist doch ein eklatanter Unterschied dazu, dass sexuelles Begehren niemals auch nur ein Motiv unter mehreren für den Beischlaf sein dürfe.

 

- Zumindest durch das zielgerichtete Vermeiden der fruchtbaren Tage darf man u.U. die Lust anstreben und gleichzeitig die Zeugung von Kindern zu vermeiden suchen, was natürlich undenkbar ist, wenn (wie es früher Konsens war) der einzige legitime Zweck der Kopulation im Erzeugen von Kindern besteht. (Oder in der Pflichtleistung - aber dann musste wenigstens der Partner die Kinder wollen, sonst sündigte eben er!)

 

- Der eheliche Akt ist keine Strafe und keine Schande mehr; er macht den Menschen nicht einmal - wie noch Pius XII. gelehrt hatte - (in einem kultischen Sinne) "unrein". Er ist vielmehr, recht vollzogen, ehrbar und sogar Ausdruck einer "Ganzhingabe" (und, wenn ich mich recht erinnere, sogar "heilig").

 

- Wie das speziell bei Gregor war, weiß ich nicht: Aber lange Zeit verbot die Kirche die Eheschließung, wenn keine Zeugungsfähigkeit vorlag, während inzwischen die Fähigkeit zum Beischlaf genügt.

 

Hier sieht man einen grundsätzlichen Wandel der Einstellung zur Sexualität - und zwar einen, der auch (man denke an die Geburtenregelung) ganz pragmatische Konsequenzen hat.

 

Und eines liegt doch auf der Hand: Die frühere Ehemoral war mit für die meisten Betroffenen wohl kaum zuträglich, sofern sie denn ernst genommen wurde. Wenn ein Ehepaar aus guten Gründen (im Sinne der heutigen kath. Lehre!) keine weiteren Kinder mehr wollte, dann durfte es keinerlei körperliche Intimität mehr haben. Oder die Eheleute mussten sich in die Tasche lügen und sich einreden, dass sie doch ein weiteres Kind erzeugen wollten, und dass diese Zeugungsabsicht auch wirklich der einzige Grund sei, warum sie Sex wollten. Oder man hatte darauf zu hoffen, dass der andere Ehepartner "schwach" wurde und dass es also der Partner war, der sündigte, indem er seine Pflicht einforderte.

Und bei Gregor und anderen war es sogar so, dass der Mensch selbst dann noch, wenn der Koitus wirklich allein seinem Wunsch entsprang, ein Kind zu zeugen oder seine Pflicht zu leisten, immer noch das Gefühl haben musste, gerade etwas Sündhaftes zu tun.

 

Was für ein eheliches Klima, was für Verrenkungen, was für Gefühle der Schuld und Scham, was für innere Spaltungen und Rationalisierungen das begünstigt, kann man erahnen. Dass die Kirche hier den Eheleuten im allgemeinen einen Gefallen getan habe, dürften selbst unter den heutigen konservativen Katholiken nur wenige behaupten.

 

Zitat Ende

 

Dass es diese Änderungen tatsächlich gab, habe ich ausführlich belegt, etwa in der Diskussion direkt vor dem entsprechenden Beitrag. 

 

Neben der Frage, wie denn nun die kirchliche Argumentation bei den "widernatürlichen Akten" denn nun zu verstehen sei (wenn es sich hier nicht einfach um einen simplen Fehlschluss handelt), hätte ich noch eine weitere Frage an Dich und andere "konservative" Katholiken:

 

Wenn die Kirche sich in der Vergangenheit dermaßen schwerwiegend und zum Schaden der Menschen in Fragen der Sexualität geirrt hat: Was garantiert oder macht es zumindest höchst wahrscheinlich, dass sie sich nicht erneut grundlegend irrt?

 

Und wenn die Antwort "nichts" lautet, wäre es dann für die Kirche nicht klüger, sich etwas mehr zurückzuhalten?

 

Klar, Du musst diese Fragen nicht beantworten. Aber sind es nicht legitime und naheliegende Fragen, auf die jeder Apologet der kirchlichen Sexualmoral schon im Interesse der Glaubwürdigkeit der eigenen Position eine Antwort haben sollte?

 

bearbeitet von iskander
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vor 29 Minuten schrieb Studiosus:

Ich denke nicht, dass man oder in dem Fall ich das "muss".

 

"Zwingen" wird Dich niemand. Aber es wäre die logische Folge, die sich aus der traditionellen Lehre ergibt - falls man denn Anhänger dieser Lehre ist!

 

Zitat

Es geht mir gar nicht um eine Bewertung, sondern ich wollte lediglich die, wie mir scheint, Kernthese dieses Threads heraus präparieren: Den Anforderungen der kirchlichen Morallehre kann niemand oder so gut wie niemand gerecht werden. 

 

Gut, im Thread werden ja unterschiedliche Meinungen vertreten. Aber ja, die These der meisten "Kritiker" dürfte in der Tat lauten, dass die kath. Sexualmoral dem Menschen nicht gerecht wird. Und dass sehr viele - auch ehrlich bemühte - Menschen an ihr scheitern.

 

Und es wäre an den Unterstützern dieser These zu erklären, warum sie scheitern und teilweise sehr leiden (und nach traditioneller Auffassung auch subjektive schwere Schuld auf sich laden), obwohl es eigentlich doch durchaus könnten wenn sie nur wollten.

 

Ein weiterer Aspekt davon, dass eine Lehre, die den Menschen zu einem komplett asexuellen Wesen machen möchte, sind aus meiner Sicht die negativen Folgen: Die Begünstigung psychischer Leiden sowie die Tatsache, dass eine entsprechend restriktive Erziehung offenbar einen wichtigen Risikofaktor für sexuell strafbares Verhalten darstellt.

bearbeitet von iskander
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vor 41 Minuten schrieb Studiosus:

 

Ich denke nicht, dass man oder in dem Fall ich das "muss". Es geht mir gar nicht um eine Bewertung, sondern ich wollte lediglich die, wie mir scheint, Kernthese dieses Threads heraus präparieren: Den Anforderungen der kirchlichen Morallehre kann niemand oder so gut wie niemand gerecht werden.

Wenn das stimmt, was Iskander hier ausführt, und nicht noch ein paar Gegenargumente auftauchen, wäre es Sünde, es überhaupt nur zu versuchen.

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vor 11 Minuten schrieb Merkur:

wäre es Sünde, es überhaupt nur zu versuchen.

 

So kann man es sich im Zweifel natürlich auch leicht machen. Ich wäre, wenn ich es sonst schon nicht so eng nehme, mit dem Begriff Sünde sparsamer. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 56 Minuten schrieb Merkur:

Wenn das stimmt, was Iskander hier ausführt, und nicht noch ein paar Gegenargumente auftauchen, wäre es Sünde, es überhaupt nur zu versuchen.

 

Das vielleicht nicht (oder höchstens eine "Sünde gegen sich selbst"); aber es könnte Sünde sein, anderen eine solche Moral vermitteln zu wollen.

 

Ich muss an dieser Stelle nicht groß ausführen, wie sehr die kath. Kirche nicht nur eine strenge Sexualmoral verkündet hat, sondern sich auch sehr lange für eine restriktive und sehr "informationsarme" Sexualerziehung eingesetzt hat. Wer will, kann das über viele Seiten mit unzähligen Belegen bei Deschner nachlesen. Oder wahlweise auch bei Jone. Es ging immer darum, dass man Kinder und Jugendliche so gut wie möglich von allem zu "Expliziten" abschirmte. Und im Grunde gilt das ja noch immer. Denn alles, was Lust erzeugen könnte, ist ja (potentielle) Sünde.

 

Das scheint nun aber eine höchst ungünstige Herangehensweise zu sein. Ich habe mir die Literatur, die genau diese Art des Herangehens mit sexuellen Straftaten verbindet nicht weiter angesehen, obwohl es ja zahlreiche Literaturhinweise gibt. Ich zitiere aber aus einem Buch, da es für mich kostenlos leicht zu beschaffen war (Goldstein, M. J., & Kant, H. S. (1973). Pornography and sexual deviance. A Report of the Legal and Behavioral Institute Berkeley: University of California Press. New York: Harper & Row.

Offenlegung: Ich habe keineswegs das gesamte Buch gelesen, sondern nach relevanten Stellen gesucht.)

 

Die folgenden Daten beruhen auf klinischen Interviews:

 

"Rapists. The rapists, who found it very difficult to talk about sex, said that there was little nudity in their homes while they were growing up and that sex was never discussed. Only 18 percent of the rapists said their parents had caught them with erotic materials; in those instances the parents had become angry and had punished them. (In the control group, 37 percent reported that their parents knew they read erotic materials, but only 7 percent reported being punished.) [...]
Rapists tended to oppose premarital sex, and many of them relied on their wives for a great deal of their sex information. [...]

 

Molesters of girls appear to have developed highly restrictive attitudes that interfere with their ability to attain or to enjoy mutual sexual relations. Given their restrictive and intolerant attitudes toward premarital sex, it seems reasonable to suppose that they associate sex with sin and perversion. [...]

 

It appears that all our noncontrol groups, no matter what their ages, education, or occupations, share one common characteristic:
they had little exposure to erotica when they were adolescents. This suggests that a reasonable degree of exposure to erotica, particularly during adolescence, reflects a high degree of sexual interest and curiosity that correlates with adult patterns of acceptable heterosexual practice. [...]
"

bearbeitet von iskander
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Ist es unangebracht, hier mit den Italienern zu sagen: tempi passati? Vergangene Zeiten? 

 

Gibt es diese stark "restriktiven" Elternhäuser, selbst unter Katholiken, heute noch? Ich kenne logischerweise viele Katholiken, einschließlich meiner selbst, auch "konservative". Ich habe nicht den Eindruck, dass in diesen Familien die Kinder denken, sie selbst seien vom Storch gebracht worden. Das wäre, selbst wenn das Elternhaus sexuell informationsarm wäre, in der heutigen Zeit mit niedrigschwelligem Zugang zu Medien und einer fast aufdringlichen Präsenz dieses Themas in der Öffentlichkeit, auch kaum noch denkbar (es sei denn man wächst in einer Art Cult oder Sekte auf). Auch unter Priesteramtskandidaten habe ich, nicht immer mit Wohlwollen, tatsächlich reiche - jedenfalls theoretische - Kenntnisse über Sexualität in ihrer verschiedenen Formen wahrnehmen können. Meist zu späterer Stunde und nach entsprechendem Verzehr von Alkoholika (ich bin strikt für die ersatzlose Schließung aller "Hausbars" in Priesterseminaren und geistlichen Häusern. Leider heute bzw. immer noch Standard in Deutschland).

 

Ich nehme auch nicht wahr, dass sich die Kirche in ihren offiziellen Äußerungen grundsätzlich gegen eine sach- und altersgerechte Sexualaufklärung stemmen würde. Sicher wird es bestimmte Dinge geben, die katholische Gläubige und auch Nichtkatholiken kritisch sehen. So das weite Feld der gemeinhin so genannten "Frühsexualisierung", also Dinge wie "Experimentier- oder Erfahrungsräume" in Kindergärten, sehr plastische Demonstrationen von Sexualität in Grundschulen etc. Das sind Sachen, die die natürliche Sittlichkeit des Kindes verletzen. Und auch die grundsätzliche Kritik an der künstlichen Verhütung besteht natürlich weiterhin. 

 

Ich will nicht bestreiten, dass sexuelle Verschlossenheit und Uninformiertheit ein Gefahrenpotenzial bieten. Das wird so sein. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass auch die gegenläufige Bewegung einer sexuellen Libertinage und einer anything goes-Mentalität Gefahren birgt und reale Opfer gefordert hat. Da wir uns zumindest literaturmäßig in den 1960er Jahren bewegen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht Wenige der gefeierten "Sexualaufklärer" und gesellschaftlicher Avantgardisten ihrerseits in wirklich himmelschreiende Pädophilieskandale verstrickt waren. Hier wäre ein noch viel weiteres Dunkelfeld aufzuarbeiten. 

bearbeitet von Studiosus
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Nun, fordert die offizielle kath. Sexualmoral nicht genau jene restriktive Haltung, die dort erwähnt ist, und geht sogar darüber hinaus: Nicht nur wird jedes sexuell explizite Material und vorehelicher Verkehr strikt abgelehnt, sondern auch Masturbation und jede sexuelle Empfinden überhaupt (denn es ist ja zumindest Gefahr zur Sünde). Das ist noch restriktiver zumindest als das, was die Autoren berichten.

  

vor 21 Minuten schrieb Studiosus:

Da wir uns zumindest literaturmäßig in den 1960er Jahren bewegen, ist darauf hinzuweisen, dass nicht Wenige der gefeierten "Sexualaufklärer" ihrerseits in wirklich himmelschreiende Pädophilieskandale verstrickt waren. 

 

Nun, wer außer Kentler war da noch groß beteiligt? Und der hat es ja auch eher heimlich getan, und das war nie gesellschaftlicher Mainstream. Zudem war die kath. Kirche ihrerseits mindestens so sehr in entsprechende Skandale verstrickt, weshalb das nur bedingt für eine "Gegenrechnung" taugt.

bearbeitet von iskander
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vor 2 Stunden schrieb iskander:

Und noch besser wäre es, wenn Du einfach auch einmal auf kritische, jedoch sachliche Fragen reagieren würdest.

 

Ich habe schon einmal geschrieben, warum ich eine Antwort für nicht sinnvoll erachte und werde mich nicht wiederholen (tue das eh zu häufig hier).

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2 hours ago, Studiosus said:

Den Anforderungen der kirchlichen Morallehre kann niemand oder so gut wie niemand gerecht werden. 

als Stück Papier das vor dir liegt ist es unmöglich, Zustimmung dazu. Aber im historischen Kontext betrachtet - die Idee Sex nur in der Ehe zuzulassen war im Mittelalter mw ein Schutz der Frauen. Wohl nicht unbeabsichtigt. Wäre um weiterführende Literatur zu dem Thema dankbar.

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vor 21 Minuten schrieb phyllis:

als Stück Papier das vor dir liegt ist es unmöglich, Zustimmung dazu. Aber im historischen Kontext betrachtet - die Idee Sex nur in der Ehe zuzulassen war im Mittelalter mw ein Schutz der Frauen. Wohl nicht unbeabsichtigt. Wäre um weiterführende Literatur zu dem Thema dankbar.

 

Im Judentum auch, wobei da der Sex vor der Ehe wohl weniger als eine Sünde gesehen wurde denn als eine Verpflichtung für den Mann, die entsprechende Frau zu heiraten oder dem Vater eine finanzielle Entschädigung für den finanziellen Verlust (Brautgeld) zu entrichten.

 

Unter bestimmten sozialen Bedingungen, zumal wenn die Leute sehr früh heiraten (bzw. verheiratet werden) mag das ja einen gewissen Sinn haben.

 

(Literatur: A. Angenendt: Ehe, Liebe und Sexualität im Christentum. Von den Anfängen bis heute.

Das Buch ist von einem kath. Theologen geschrieben und hat viel (zu viel) Verständnis für manches, was früher war.)

 

Aber das ist ja nicht das, was die kath. Lehre sagt. Die geht weit darüber hinaus und lautet traditionell so: "Eine direkt gewollte geschlechtliche Regung ist immer schwer sündhaft, mag sie auch noch so kurz und unbedeutend sein." (H. Jone)

 

Eine sexuelle Regung ohne der Ehe wäre dann zwar noch nicht per se (schwer) sündhaft, aber der Betreffende darf sie auf keinen Fall akzeptieren oder sie gar genießen; er muss vielmehr versuchen sie zu meiden und sie zu unterdrücken. Es geht im Prinzip darum, dass der Mensch ein völlig asexuelles Wesen sei oder diesem "Ideal" wenigstens bestmöglich nahekomme.

 

Die Frage lautet, wie realistisch und wie sinnvoll diese Art der Lehre ist.

bearbeitet von iskander
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vor 25 Minuten schrieb rorro:

Ich habe schon einmal geschrieben, warum ich eine Antwort für nicht sinnvoll erachte und werde mich nicht wiederholen (tue das eh zu häufig hier).

 

Ja, weil die Lehre angeblich aus dem christlichen Menschenbild folgt und weil ich angeblich unfähig sei, das christliche Menschenbild zu verstehen.

 

- Dumm nur, dass Du auch auf entsprechende Nachfragen von Christen nicht geantwortet hast.

 

- Und dumm, dass jeder zum logischen Denken befähigte Mensch verstehen kann, ob aus bestimmten Prämissen ein bestimmter Schluss folgt - selbst wenn er die Prämissen nicht als wahr einzusehen vermag oder ablehnt.

 

- Und dumm auch, dass es offizielle kath. Lehre ist (u.a. Humane viate und Persona humana), dass die kath. Sexuallehre mit der reinen Vernunft und ohne den kath. Glauben zu verstehen sind.

 

 

Was ist so schwierig daran, zuzugeben, dass Du keine Antwort hast anstatt den Eindruck zu erwecken, dass Du Antworten hast, die Du nur angeblich weder mit mir noch mit gläubigen Christen teilen kannst?

Du müsstest damit ja nicht "einräumen", dass Deine Position falsch oder unbegründbar ist. Es könnte ja sein, dass andere sie begründen können.

bearbeitet von iskander
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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:
vor 11 Stunden schrieb Merkur:

wäre es Sünde, es überhaupt nur zu versuchen.

 

So kann man es sich im Zweifel natürlich auch leicht machen.

Damit machst du es dir zu einfach.

 

Und, mit Verlaub, eigentlich ist diese Unterstellung eine Unverschämtheit!

 

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vor 8 Stunden schrieb phyllis:

Wäre um weiterführende Literatur zu dem Thema dankbar.

Irgendwo hier im Forum habe ich gelernt, daß das Konzil zu Trient die Formpflicht eingeführt hat, weil die 'Winkelehen' zu vielen Problemen führten:

Da haben Knecht und Magd sich nach dem Erntedankfest im Stroh vergnügt,  einander (gültig!) die Ehe versprochen um sie dann auch gleich zu vollziehen und am nächsten Morgen wieder vergessen zu haben. Nur, daß die Magd spätestens nach neun Monaten unübersehbar daran erinnert wurde, der Knecht weniger...

Es gab wohl auch Probleme mit 'Wanderarbeitern', die sowohl zuhause als auch an ihrem Arbeitsort eine Frau hatten...

In sofern wurde die Formpflicht in der RKK zum Schutz insbesondere der Frauen eingeführt.

 

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vor 8 Stunden schrieb iskander:

Was ist so schwierig daran, zuzugeben, dass Du keine Antwort hast anstatt den Eindruck zu erwecken, dass Du Antworten hast, die Du nur angeblich weder mit mir noch mit gläubigen Christen teilen kannst?

Du müsstest damit ja nicht "einräumen", dass Deine Position falsch oder unbegründbar ist. Es könnte ja sein, dass andere sie begründen können.

Wer nicht diskutieren will, der ist in einem Diskussionsforum irgendwie fehl am Platze.

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vor 23 Minuten schrieb Moriz:

Wer nicht diskutieren will, der ist in einem Diskussionsforum irgendwie fehl am Platze.

 

Dann erzähl mir doch mal, warum ich mit jemanden über die katholische Sexuallehre diskutieren soll, der nicht ansatzweise versteht, was es seiner Tiefe bedeutet, daß der eigene Leib des Christen der Tempel des Hl. Geistes ist.

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vor 24 Minuten schrieb rorro:

 

Dann erzähl mir doch mal, warum ich mit jemanden über die katholische Sexuallehre diskutieren soll, der nicht ansatzweise versteht, was es seiner Tiefe bedeutet, daß der eigene Leib des Christen der Tempel des Hl. Geistes ist.

Warum ist es eigentlich keine Entweihung dieses Tempels, wenn ich, sorry ich muss jetzt deutlich werden, auf dem Klo sitze und mir die Kacke vom Hintern wische?

Das ist doch wesentlich “schmutziger” als beispielsweise Selbstbefriedigung.

 

Werner

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inter feces et urinam nascimur. Das wusste schon der Hl. Augustinus festzustellen. Die Antwort scheint mir daher recht einfach: Aufs Klo zu gehen ist eine natürliche Notwendigkeit, die sich - Ausnahmen mögen die Regel bestätigen - auch niemand verwehren kann, der sein Triebleben nach dem Vorbild der großen Heiligen im Griff hat. 

 

Das ist ein Unterschied z. B. zur Selbstbefriedigung. 

bearbeitet von Studiosus
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Uns hat man in unserer Kindheit (1940er) erzählt, dass Pfarrer und Klosterschwestern nicht "aufs Klo müssen".

Das ist natürlich Schwachsinn, aber die Tendenz ist deutlich.

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