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Basiert die Ablehnung "widernatürlicher Akte" auf einem Fehlschluss?


iskander

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vor 8 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Hast du schon mal erlebt, daß in diesem Forum jemand die Einstellung eines anderen "übernommen" hat, mit Begründung oder ohne? Ich weiß nicht, wie es mit denen ist, die still im Lurk mitlesen, aber die, die hier schreiben, sind allesamt Überzeugungstäter, die du selbst mit Geld und guten Worten nicht dazu bekommst, eine andere Einstellung an Stelle ihrer eigenen zu setzen. 

Also, ich habe in diesem Forum schon viel gelernt!

Und zwar von Leuten, die passabel argumentiert und adäquate Beispiele gebracht haben.

(Hier möchte ich mal @Chrysologus lobend erwähnen, der mir das Kirchenrecht näher gebracht hat.)

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vor 18 Minuten schrieb rorro:

Wenn eine junge Frau ein Kind bekäme oder eine Frau, die bislang nicht geboren hat - wo soll da das Zeichen sein?

Im AT gibt es viele 'inverse' Zeichen. Und sei es der Gott, der nicht im Sturm, sondern im leisen Säuseln des Windes kommt.

 

Die Geburt des Messias, des mächtigen Erlösers, ist für mich auch so ein 'inverses' Zeichen: Kein Steitwagen, der aus dem Himmel fährt, keine Armada, die ihn übers Meer zu uns bringt, kein Erdbeben, bei dem er aus einer Erdspalte entsteigt... Nein: Ein Kind ist uns geboren!

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vor 19 Minuten schrieb Studiosus:

Mir wurde das noch so beigebracht, dass zur Zeit des Ahas das Land von Kriegen und Elend heimgesucht wurde und Frauen mit Blick auf eine "ungewisse Zukunft" eben keine Kinder bekamen. Die Ankündigung, dass eine junge Frau ein Kind gebären werde, wird nach dieser Lesart als Ankündigung gedeutet, dass die Fährnisse bald enden würden und sich die Verhältnisse zum Besseren wenden. 

 

So weit, so profan. 

 

Das halte ich für eine wirklich gut nachvollziehbare Begründung.

Das Frauen in problematischen Zeiten weniger Kinder bekommen sieht man ja auch heute noch. Soweit ich mich erinnere ist z.B. im Osten die Geburtenrate nach der Wende massiv eingebrochen. Da kann dann so etwas Normales wie die Geburt eines Kindes tatsächlich ein Zeichen sein, daß die Welt wieder normal wird.

 

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Ja, die menschliche Natur ist ziemlich profan. Es muss schon irgendwas pompöses sein, sonst wäre Gott ja nur ein ganz normaler Mensch geworden 

 

Werner

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vor 27 Minuten schrieb Studiosus:

 

Das wäre auch recht profan. Junge Frauen bringen täglich zu Tausenden Kinder auf die Welt. Jesus Christus ist in jeder Hinsicht exzeptionell, da machen seine Empfängnis und Geburt keine Ausnahme. 

Nur wer nicht glaubt, braucht Zeichen des Himmels.

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Gerade eben schrieb Moriz:

Das halte ich für eine wirklich gut nachvollziehbare Begründung.

 

Nur ist sie völlig "untheologisch". Und "unchristlich", wenn ich das so sagen darf. 

 

Wenn ich mich über die sozialgeschichtlichen Verhältnisse unter König Ahas informieren will, kann ich das Buch eines darin firmen Historikers lesen. Dazu muss ich nicht Theologie studieren. 

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Nur wer nicht glaubt, braucht Zeichen des Himmels.

 

Das sagt ja der Richtige. Pot calling the cattle black? 

 

Du darfst gerne weiter an einen von der Theologenzunft der ersten Stunde zum Gott hochgeschriebenen Menschen glauben. Aber lass doch bitte den Gläubigen die Freiheit, den Gottmenschen Jesus Christus zu bekennen. 

bearbeitet von Studiosus
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Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Das sagt ja der Richtige. Pot calling the cattle black? 

Was ich glaube und was ich bekenne sind zwei Paar Schuhe. Ich dachte, daß hättest Du bereits mitbekommen.

 

Ich brauche keine Zeichen des Himmels um an Gott zu glauben und ich brauch keinen Auferstandenen um Gott zu glauben, daß er am Ende der Zeit die Gerechten zu sich in eine neue Welt führt.

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Ich brauche keine Zeichen des Himmels um an Gott zu glauben und ich brauch keinen Auferstandenen um Gott zu glauben, daß er am Ende der Zeit die Gerechten zu sich in eine neue Welt führt.

 

Das ist doch schön für Dich. Und andere brauchen anderes. Also? Back to square one. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 15 Minuten schrieb Moriz:
vor 8 Stunden schrieb Marcellinus:

Hast du schon mal erlebt, daß in diesem Forum jemand die Einstellung eines anderen "übernommen" hat, mit Begründung oder ohne? Ich weiß nicht, wie es mit denen ist, die still im Lurk mitlesen, aber die, die hier schreiben, sind allesamt Überzeugungstäter, die du selbst mit Geld und guten Worten nicht dazu bekommst, eine andere Einstellung an Stelle ihrer eigenen zu setzen. 

Also, ich habe in diesem Forum schon viel gelernt!

Und zwar von Leuten, die passabel argumentiert und adäquate Beispiele gebracht haben.

(Hier möchte ich mal @Chrysologus lobend erwähnen, der mir das Kirchenrecht näher gebracht hat.)

 

Sorry, aber darum ging’s ja nicht! Ich hab ja auch schon viel gelernt. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Es geht darum, ob jemand nach einer Diskussion hier seine Weltanschauung gewechselt hat. Das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich.

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Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Das ist doch schön für Dich. Und andere brauchen anderes. Also? 

Sehe ich nicht ein, warum ich diese Zeichen für wahr halten soll, nur um den Unglauben anderer zu bedienen.

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vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

Das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich.

 

Ich auch. Außer es taucht irgendwann noch der Grimmelshausen'sche Simplicius hier auf, der ein unbeschriebenes Blatt ohne Meinungen und Erfahrung in der Welt ist. Den könnten wir vielleicht noch "umdrehen" 😉 

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vor 5 Minuten schrieb Flo77:

Sehe ich nicht ein, warum ich diese Zeichen für wahr halten soll, nur um den Unglauben anderer zu bedienen.

 

Falls es Dir entgangen sein sollte, Dich zwingt niemand irgendetwas etwas zu glauben. Höchstens Du Dich selbst. Aber dafür können wir hier zur Abwechslung nichts. 

bearbeitet von Studiosus
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Gerade eben schrieb Studiosus:

 

Falls es Dir entgangen sein sollte, Dich zwingt niemand irgendetwas etwas zu glauben. 

Wenn ich es nicht tue lande ich nach Deinen Aussagen in der Verdammnis. Und das soll kein Zwang sein?

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vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Wieso wäre das problematisch?

 

Weil die Stelle an sich keine solche Prophezeiung hergibt? Na vielleicht habe ich mich zu sehr aus dem Fenster rausgelehnt, da ich gewiss kein Judentum-Experte bin und daher nicht wirklich weiß, wie die Juden zur Zeit Jesaiahs die Stelle interpretiert hätten.

bearbeitet von Domingo
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vor 2 Stunden schrieb rorro:

Diese Übersetzung ist ja keine christliche Erfindung, sondern steht so in der Septuaginta.

 

Einspruch, Euer Ehren! Παρθένος bedeutet ebenfalls junge Frau, nicht unbedingt Jungfrau.

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vor 1 Stunde schrieb Moriz:

 

Das halte ich für eine wirklich gut nachvollziehbare Begründung.

Das Frauen in problematischen Zeiten weniger Kinder bekommen sieht man ja auch heute noch. Soweit ich mich erinnere ist z.B. im Osten die Geburtenrate nach der Wende massiv eingebrochen. Da kann dann so etwas Normales wie die Geburt eines Kindes tatsächlich ein Zeichen sein, daß die Welt wieder normal wird.

 

Das "Zeichen" besteht darin, dass das Kind "Immanuel" genannt wird, weil zuvor Gott rettend eingegriffen hat. Später haben "Jesus-Gläubige" mithilfe dieser Jesaia-Stelle versucht zu erklären, wer dieser Jesus für sie ist und was er für sie bedeutet. Das setzt aber den ursprünglichen historischen Kontext von Jesaia nicht außer Kraft. Und die "christliche" Deutung ist auch nicht die "richtigere" sondern eine Deutung, die den Glauben an Jesus als den Messias erst voraussetzt....

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vor 1 Minute schrieb Cosifantutti:

Und die "christliche" Deutung ist auch nicht die "richtigere" sondern eine Deutung, die den Glauben an Jesus als den Messias erst voraussetzt....

 

Auf jeden Fall ist sie nicht "falsch". Wenn man sich auf diesen Minimalkompromiss einigen könnte, wäre in meinen Augen schon viel erreicht. 

 

Damit, dass beide Interpretationen nebeneinander stehen bleiben, kann ich persönlich gut leben. Die "ursprüngliche" (so will ich die hebräische Lesart einmal nennen) wäre nicht meine, aber das muss sie auch nicht sein. Ich wäre wie gesagt schon zufrieden, wenn man den unterschwelligen Vorwurf fallen ließe, die frühen Christen hätten die Stelle aus Jesaja sozusagen gegen den Strich gebürstet, ihr eine völlig abwegige Deutung gegeben und sie für ihre eigenen Zwecke domestiziert. 

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vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

Und trotzdem sollte man nicht zu gering schätzen, dass sich mit dem Kommen Christi sozusagen die Schrift vor den Augen des Volkes erfüllt hat. Warum es nicht "ganz Israel" war, das dies erkannte, das ist ein Geheimnis Gottes, das sich wie man mit Paulus hoffen darf mit Blick auf die Wiederkunft Christi auflösen wird.

 

Die Erklärung ist ziemlich einfach. Ja, die Juden warteten auf den Messias. Nur hatten sie von dem eine ganz andere Vorstellung. Er sollte sie befreien, ganz konkret von der Herrschaft der Römer zB. Das hat Jesus ganz offensichtlich nicht getan, wie auch einige andere Anwärter auf den Messias-Posten. Damit war für die meisten Juden das Thema erledigt. Die Christen haben die Rolle des Messias umdefiniert und ins Jenseits verlegt. Daß das nicht alle Juden mitmachen würden, war klar. 

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Also dass es zunächst einmal um eine Voraussage über den gegenwärtigen Krieg des Ahaz gegen diese anderen Könige geht, steht nunmal da als wörtliche Bedetung der Passage. Höchstens kann man daneben eine "tiefere" Bedeutung sehen, die auf Jesus hin geht.

 

Gegen die Meinung, die Christen hätten den Textsinn verdreht usw., spricht wohl die Tatsache, dass in der Zeit kurz vor und um Christi Geburt viele Juden AT-Texte ebenso gelesen haben, wie es die Christen - eine Art von Juden neben allen anderen - taten, dh allegorisch und/oder mit einer tieferen Sinnebene.

bearbeitet von Domingo
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Also einmal rein religionssoziologisch bzw. historisch gesprochen ohne die Wahrheitsfrage zu berühren, was ich sonst eigentlich nicht tue, wird man sagen können, dass zur Zeit um Christi Geburt herum die Messiaserwartung als breitere Strömung im Judentum schon vorhanden war. Das ist sozusagen der Humus, auf den die frühe Jesus-Bewegung innerhalb des Judentums aufsetzen konnte.

 

Dass die jüdische Messiasvorstellung durchaus eine andere war und eher den machtvollen Befreier als den durch Leiden und scheinbares Scheitern zur Herrlichkeit Erhobenen erwartete, das hat Marcellinus oben gut auf den Punkt gebracht (wiewohl es die Vorstellung vom leidenden Gottesknecht, der das Volk entsühnt, auch gab, beim schon erwähnten Jesaja. Aber diese Figur scheint nochmal vom Messias unterschieden zu werden). 

bearbeitet von Studiosus
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vor 11 Minuten schrieb Domingo:

Also dass es zunächst einmal um eine Voraussage über den gegenwärtigen Krieg des Ahaz gegen diese anderen Könige geht, steht nunmal da als wörtliche Bedetung der Passage. Höchstens kann man daneben eine "tiefere" Bedeutung sehen, die auf Jesus hin geht.

 

Gegen die Meinung, die Christen hätten den Textsinn verdreht usw., spricht wohl die Tatsache, dass in der Zeit kurz vor und um Christi Geburt viele Juden AT-Texte ebenso gelesen haben, wie es die Christen - eine Art von Juden neben allen anderen - taten, dh allegorisch und/oder mit einer tieferen Sinnebene.

Nun war Jesus wenn ich mich richtig erinnere noch nicht mal der einzige "Messias" auf den man Jesaja bezogen hat.

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vor 16 Minuten schrieb Studiosus:

Dass die jüdische Messiasvorstellung durchaus eine andere war und eher den machtvollen Befreier als den durch Leiden und scheinbares Scheitern zur Herrlichkeit Erhobenen erwartete, das hat Marcellinus oben gut auf den Punkt gebracht

 

Wobei die Jesus-Bewegung vermutlich am Anfang die gleichen Messias-Vorstellungen hatte. Auch daß er hingerichtet wurde, war wohl noch kein Problem. Auch die Auferstehung nach drei Tagen scheint zu den erwarteten Vorstellungen gehört zu haben. Die Wege zwischen der Mehrheit der Juden und der Jesus-Bewegung schieden sich, als die Befreiung von Fremdherrschaft ausblieb. Wenn er der jüdische Messias gewesen wäre, hätte die kommen müssen. Da sie ausblieb, war er für die Mehrheit der Juden als Messias-Anwärter gescheitert.

 

vor 16 Minuten schrieb Flo77:

Nun war Jesus wenn ich mich richtig erinnere noch nicht mal der einzige "Messias" auf den man Jesaja bezogen hat.

 

Richtig. Er war nicht der einzige, und er war nicht der einzige, der dem Anspruch an den jüdischen Messias nicht gerecht wurde. Jeder dieser Anwärter hatte übrigens auch Anhänger gehabt. Auch da war Jesus keine Ausnahme. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Messias-Rolle von den Anhängern der Jesus-Bewegung nachträglich umdefiniert wurde (aus einer Befreiung im Diesseits wurde eine im Jenseits), und man anfing, vermutlich aus Mangel an jüdischen Anhängern, unter den Heiden zu missionieren. Diese Rolle wird gemeinhin Paulus zugeschrieben. Fest steht nur das Ergebnis. 

bearbeitet von Marcellinus
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Ergänzend noch zu diesem Beitrag möchte ich noch etwas Konkretes zu der (vermeintlich) "naturrechtlichen" Argumentation von Persona humana sagen.

 

Für die kath. Sexuallehre spielt die Argumentationsfigur von der "Widernatürlichkeit" verschiedener sexueller Akte zwar eine bedeutende Rolle, aber die folgende Stelle aus Persona humana ist die einzige neuere innerhalb eines offiziellen vatikanischen Dokuments, die mir einfällt - weshalb ich sie auch wähle.

Es geht dort zwar speziell um Masturbation, aber im Prinzip gilt ähnliches auch für alle "vollendeten" nicht-vaginalen sexuellen Akte (wenn nicht sogar verhütete vaginale Akte). Um die Kritik besser zu verstehen, mag sich die vorhergehende Lektüre des gerade verlinkten Beitrags lohnen, wenn sie noch nicht erfolgt ist.

 

Zitat aus Persona humana:

 

"[...] Tatsache ist, daß sowohl das kirchliche Lehramt in seiner langen und stets gleichbleibenden Überlieferung als auch das sittliche Empfinden der Gläubigen niemals gezögert haben, die Masturbation als eine zuinnerst schwer ordnungswidrige Handlung zu brandmarken.19 Der Hauptgrund für diese [negative] Beurteilung [der Masturbation] ist, daß der freigewollte Gebrauch der Geschlechtskraft, aus welchem Motiv er auch immer geschieht, außerhalb der normalen ehelichen Beziehungen seiner Zielsetzung wesentlich widerspricht; denn es fehlt ihm die von der sittlichen Ordnung geforderte geschlechtliche Beziehung, jene nämlich, die »den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe«20 realisiert."

 

Dazu folgende Anmerkungen:

 

- Die Stelle ist etwas unklar; man könnte sie fast so verstehen, als sei es die "Zielsetzung" eines jeden Aktes der Masturbation, eheliche Hingabe und Zeugung zu realisieren; und da ein Akt der Masturbation das ihm innewohnende Ziel nicht erreiche (und ihm daher "widerspricht"), sei er illegitim.
Das scheint aber schlichtweg unsinnig zu sein (und selbst wenn es einen Sinn ergäbe, würde diese These von der nachfolgenden Kritik mutatis mutandis getroffen).

 

- Gemeint ist wohl einfach, dass ein sexueller Akt nur dann existieren darf, falls zu seiner "Zielsetzung" Hingabe und Zeugung gehören; oder als äquivalente Formulierung: Alle Akte, die diese Bedingungen nicht erfüllen, sind illegitim.

 

- Die Rede von der (offenbar Gott zugeschriebenen) "Zielsetzung" sexueller Akte ist an dieser Stelle allerdings unglücklich; denn das Ziel einer Handlung setzt immer derjenige, der sie ausführt. Gott hat mit der Erschaffung der menschlichen Sexualität im Sinne einer Anlage ein Ziel verfolgt; aber es ist der Mensch, der mit seinen konkreten (sexuellen) Handlungen Ziele verfolgt. (Entsprechendes gilt für den Begriff "Zweck".)

 

- Das mag eine sprachliche Unebenheit sein; besser formuliert müsste es etwa heißen: "Es ist Gottes Wille, dass keine sexuellen Handlungen vollzogen werden, welche nicht die Güter Hingabe und Zeugung realisieren."

Das wäre dann also die Begründung für die Ablehnung (in diesem Fall) der Masturbation.

 

- Das ist nun aber in Wahrheit keine Begründung für die These von der Verwerflichkeit der Masturbation, sondern eine sinngemäße Wiederholung dieser These!

In einem christlichen Kontext sind die Sätze "Gott lehnt X ab" und "X ist moralisch verboten" nämlich nahezu austauschbar.

Die eigentliche Frage lautet daher: "Woher weiß man denn, dass Gott die Masturbation ablehnt?" Man wünscht sich ja eine Begründung für die These von der Sündhaftigkeit der Masturbation (wie vom Text versprochen, wenn er von einem "Hauptgrund" spricht!) - und genau diese Begründung kommt dann nicht!

 

- Die Versicherung, dass "die sittliche Ordnung" fordere, dass ein jeder sexuelle Akt die Werte der Hingabe und Zeugung zu realisieren habe, ist natürlich ebenfalls kein Argument für die These, dass alle Akte, welche diese Werte nicht realisieren, unsittlich seien - sondern das ist (erst recht) eine Wiederholung/Bekräftigung dieser These!

 

Es bliebe dann höchstens noch das folgende Argument (ob das gemeint ist, erscheint zweifelhaft, aber nehmen wir es einmal an):

"Gott hat die Sexualität zum Zwecke der Hingabe und dem der Zeugung geschaffen."

Das kann nun aber nichts anderes bedeuten, als dass Gottes Wunsch, wellcher ihn veranlasst hat, die menschliche Sexualität zu erschaffen, lautet, dass der Mensch mithilfe der Sexualität die Werte "Hingabe" und "Zeugung" realisieren könne und vielleicht auch realisieren möge. Selbst nach kath. Lehre sind Menschen jedoch nur unter bestimmten Bedingungen verpflichtet, Geschlechtsverkehr zu haben und Kinder zu zeugen. Damit wären wir dann genau dort, wo wir schon waren (siehe oben verlinkter Beitrag). Man könnte dann sagen:

 

"Es ist Gottes Wille, dass Menschen ihre Sexualität (unter bestimmten Bedingungen) dazu nutzen, um die Werte der Hingabe und Zeugung zu verwirklichen."

 

Was man aber sagen müsste, um die entsprechende kath. Sexualmoral zu begründen, wäre:

 

"Es ist Gottes Wille, dass Menschen ihre Sexualität nur dazu nutzen, um die Werte der Hingabe und Zeugung zu verwirklichen."

 

Und es scheint keinen Weg von dem Satz ohne das "nur" zu dem Satz mit dem "nur" zu geben, ohne dass man unbegründet (und daher fehlschlüssig) von "Es gilt X" auf "Es gilt nur X" schließt.

 

Warum fällt die Fehlerhaftigkeit der Argumentation von Persona humana (und ähnlicher Traktate) nicht sofort jedem auf? Ich denke, das liegt am dunklen und unklaren Sprachgebrauch, bei dem oft nicht klar ist, ob es um die Absichten Gottes bei der Erschaffung der Sexualität oder um seinen Willen in Bezug auf den einzelnen sexuellen Akt geht bzw. wo beides konfundiert wird.

 

Trotzdem erstaunt es doch, wie wenig man sich offenbar Mühe gegeben hat, Fragestellungen zu durchdenken, die unzählige Menschen betreffen; und wie man bereit ist, moralische Normen zu verkünden, ohne sich die eignen Gründe einmal genauer anzusehen. Oder liegt es gar daran, dass ein gründlicheres Durchdenken und eine sorgfältige Explikation der eigenen Argumentation rasch die Probleme der Begründung offensichtlich machen würde?
 

Man kann zwar noch versuchen, das Verbot der Homosexualität biblisch zu begründen (auch wenn das recht umstritten ist); aber was Masturbation sowie jeden heterosexuellen nicht-vaginalen Verkehr angeht, so scheint die Kirche allein mit der "Widernatürlichkeit" dieser Akte argumentieren zu können. Fällt diese Begründung weg, ist aus der Bibel wenig zu holen (wenn man sich nicht ausgesprochen verkünstelt). Es bliebe dann höchstens noch die Tradition, die sich dann aber allein selbst begründen kann und ansonsten in der Luft hängt.
 

Ich möchte mit dieser Kritik niemanden vor den Kopf stoßen, aber sie scheint mir begründet. Und erneut lade ich alle, die meinen, dass meine Analyse unrichtig sei bzw. dass ich etwas übersehe, zur Kritik ein. Mehr kann ich nicht tun.

bearbeitet von iskander
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