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Basiert die Ablehnung "widernatürlicher Akte" auf einem Fehlschluss?


iskander

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vor 2 Stunden schrieb Werner001:

Das ist auch heute nicht anders, auch wenn irgendwelche Identitären oder wie man die nennt, etwas anderes behaupten. Ich steh auf Männer (natürlich nicht auf jede Art Männer), andere auf (auch nicht jede Art) Frauen. Das ist der einzige Unterschied zwischen einem Homosexuellen und einem Heterosexuellen.

Jein. Im modernen Sprachverständnis ist mit dem Bekenntnis homosexuell zu sein eine Festlegung verbunden. Ein Schwuler hat kein Interesse an Frauen zu haben (was ihm von "Heterodominanten" als Schwäche vorgeworfen würde) und ein Hetero darf kein sexuelles Verlangen an Männern zeigen (was ihm von "Heterodominanten" als "unmännlich" vorgeworfen würde). Sowohl "Homo" als auch "Hetero" sind bei uns mit derart vielen Klischees und Vorannahmen aufgeladen, daß ein naives "ich will Sex mit XY" im Prinzip gar nicht  aussprechbar ist ohne die Umwelt in eine Definitionsbredrouille zu stürzen.

bearbeitet von Flo77
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vor 13 Minuten schrieb Flo77:

Jein. Im modernen Sprachverständnis ist mit dem Bekenntnis homosexuell zu sein eine Festlegung verbunden. Ein Schwuler hat kein Interesse an Frauen zu haben (was ihm von "Heterodominanten" als Schwäche vorgeworfen wird) und ein Hetero darf kein sexuelles Verlangen an Männern zeigen (was ihm von "Heterodominanten" als "unmännlich" vorgeworfen wird). Sowohl "Homo" als auch "Hetero" sind bei uns mit derart vielen Klischees und Vorannahmen aufgeladen, daß ein naives "ich will Sex mit XY" im Prinzip gar nicht  aussprechbar ist ohne die Umwelt in eine Definitionbredrouille zu stürzen.


Stimmt 😉 das könnte die Umwelt gegebenenfalls so irritieren, dass die ihre Schubladisierung überdenkt und an die Vielfalt der Realität anpasst, wenn es gut läuft. Läufts aber meistens nicht, Schubladen sind halt bequemer 🤨

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1 hour ago, iskander said:

 

Das ist jetzt aber eine bewusste Karikatur, oder?

 

Das habe ich mich auch gefragt.

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Ich fürchte das war völliger ernst. Wobei Augustinus nicht der einzige war/ist, der teilweise hahnebüchenen Unsinn verzapft hat.

 

Werner

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1 hour ago, Flo77 said:

Jein. Im modernen Sprachverständnis ist mit dem Bekenntnis homosexuell zu sein eine Festlegung verbunden. Ein Schwuler hat kein Interesse an Frauen zu haben (was ihm von "Heterodominanten" als Schwäche vorgeworfen würde) und ein Hetero darf kein sexuelles Verlangen an Männern zeigen (was ihm von "Heterodominanten" als "unmännlich" vorgeworfen würde). Sowohl "Homo" als auch "Hetero" sind bei uns mit derart vielen Klischees und Vorannahmen aufgeladen, daß ein naives "ich will Sex mit XY" im Prinzip gar nicht  aussprechbar ist ohne die Umwelt in eine Definitionsbredrouille zu stürzen.

 

Im Gegensatz dazu wird etwa in Aeschines' Rede Gegen Timarchus (Athen, 4. Jh. vor Chr.) dem Angeklagten jede Art von sexueller Ausschweifung vorgeworfen, mit Knaben, Männern und weiblichen Prostituierten. Kein Wort wird dazu verschwendet, zu "erklären", warum er mit beiden Geschlechtern Unzucht trieb, müsse er doch "schwul" sein, wenn er mit Männern sex hätte.

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vor 8 Minuten schrieb Domingo:

Kein Wort wird dazu verschwendet, zu "erklären", warum er mit beiden Geschlechtern Unzucht trieb, müsse er doch "schwul" sein, wenn er mit Männern sex hätte.

Geschweigedenn, daß man ihm eine Identitätskrise unterstellt hätte, weil "er sich nicht entscheiden konnte".

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Die antike Welt vor dem Christentum war wohl durchaus "sinnenfreudig", gleichzeitig leider aber auch recht brutal, was die Oberschichten anbelangt. Der Geschlechtsverkehr - gerade der homosexuelle, teilweise aber auch der heterosexuelle - scheint oft auf Sklaverei und Prostitution beruht zu haben. Bei aller Kritik am damaligen Christentum sollte man sich die prächristliche römische Kaiserzeit wohl auch nicht zu romantisch vorstellen:

https://www.welt.de/geschichte/article124089226/Kaeuflicher-Sex-war-das-Boomgeschaeft-im-Imperium.html

 

Das spielt wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Bewertung der Homosexualität; freie Beziehungen auf gleicher Augenhöhe zwischen Erwachsenen waren wohl nicht die Regel, sondern der Herr nahm sich seinen jugendlichen Sklaven

.

Leider ist es nicht gelungen, den positiven Aspekt (Sexualität als etwas Normales) zu konservieren, das Negative (Zwang und Sklaverei) aber zugleich abzulegen.

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Natürlich. Dieser Aspekt war vermutlich ja auch mit ein Grund für den Zulauf der Urkirche.

 

 Wobei sexuelle Gewalt gerade im antiken Rom durch alle Schichten hindurch Alltag gewesen sein dürfte.

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17 minutes ago, iskander said:

Die antike Welt vor dem Christentum war wohl durchaus "sinnenfreudig", gleichzeitig leider aber auch recht brutal, was die Oberschichten anbelangt. Der Geschlechtsverkehr - gerade der homosexuelle, teilweise aber auch der heterosexuelle - scheint oft auf Sklaverei und Prostitution beruht zu haben.

 

[...]

 

Das spielt wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Bewertung der Homosexualität; freie Beziehungen auf gleicher Augenhöhe zwischen Erwachsenen waren wohl nicht die Regel, sondern der Herr nahm sich seinen jugendlichen Sklaven

.

Leider ist es nicht gelungen, den positiven Aspekt (Sexualität als etwas Normales) zu konservieren, das Negative (Zwang und Sklaverei) aber zugleich abzulegen.

 

Wobei diese Brutalität und dieser Mangel an der heute geboten erscheinenden Gleichberechtigung die ganze antike Gesellschaft prägte. Das Christentum hat sich mW nicht wirklich gegen diesen Aspekt der Gesellschaft in allgemeinen gewandt (die Sklaverei wurde zB nicht verurteilt). Daher bin ich nicht überzeugt, dass besagte Gewalttätigkeit der Grund war, warum die Kirchenväter Homosexualität verteufelten; ich würde da eher auf Lustfeindlichkeit tippen. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

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Ich kann nur mutmaßen, aber ich denke, dass es Homosexualität, wenn darunter same sex attraction und mitunter das sich Verlieben in Personen desselben Geschlechts verstanden wird, immer geben hat. Zur jeder Zeit, in jeder Kultur. Nur weil ein Begriff zum Sachbestand fehlt, heisst es nicht, dass es das entsprechende Phänomen nicht gab. Avant la lettre

 

Natürlich hat über die längste Zeit niemand von sich gesagt, er sei schwul, gay oder queer. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Homosexualität als identitätsgebundene Sexualpräferenz mitsamt dem Begriff erst im 19. Jahrhundert geprägt wurde. Erstaunlicherweise von Ärzten bzw. klinischen Psychiatern, Krafft-Ebing und Magnus Hirschfeld sind hier zu nennen. Und mit dem Ziel, homosexuelles Verhalten zu entkriminaliseren, indem es Störung/Krankheit umgedeutet wurde. Krafft-Ebings Werk trägt etwa den Namen Psychopathia sexualis

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

bearbeitet von Studiosus
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vor 18 Stunden schrieb iskander:

Ich empfinde Deinen Diskussionstil aber als sehr unredlich; Du weichst aus, wenn Du keine Argumente hast, ignorierst Frage, wirst unsachlich und herablassend oder argumentierst zum Teil sophistisch.

 

Ich kann Dir sagen, warum ich deine wirklich bewundernswerte Akribie der Argumenteniederlegung zum Teil ignoriere. Es ist ganz einfach: Du betrachtest die katholische Sexuallehre isoliert, vollkommen abgetrennt von der katholischen Anthropologie, volllkommen abgetrennt vom katholischen Glauben, nicht zuletzt auch vollkommen abgetrennt von dem Binnenverständnis der katholischen Morallehre und ihrer Anwendung in Forum externum und Forum internum. Letztlich spielt bei Deinen Überlegungen Gott überhaupt keine Rolle. Diese isolierte Abtrennung hat als griechisches Wort übrigens das, was dem Wort "Häresie" zugrundeliegt.

 

Das ist für einen Nichtkatholischglaubenden auch nicht wirklich überraschend, doch bringt uns das nicht weiter, da wir von vollkommen unterschiedlichen Sichtweisen auf das gleiche Phänomen "Sexuallehre" blicken. Ich war mal da, wo Du bist (die ersten rund 22 Jahre meines Lebens), doch Du kannst derzeit meinen Standpunkt nicht einnehmen. Wir bekommen auch diese Standpunkte nicht argumentativ überbrückt.

 

Zitat

Ja klar. Jede Moral, die nicht wirklich völlig pervers ist, verbietet Vergewaltigungen - das ist kein besonderes "Verdienst" oder Alleinstellungsmerkmal der kirchlichen Moral. Und viele Moral-Systeme werden Abtreibungen zumindest als ein Problem begreifen. Praktisch jede Moral, wie absurd sie ansonsten auch sein mag, ist daher zumindest in gewissen Punkten der Wirklichkeit überlegen.

Aber das zählt nicht. Man kann nämlich sinnvollerweise moralische Systeme (Moral  A und Moral B ) miteinander vergleichen. Oder man kann eine Gesellschaft, die Moral A anerkennt, und eine, die B anerkennt, miteinander vergleichen, was schon schwieriger ist. Man kann aber nicht das moralische System A in seiner Ideal-Gestalt mit der faktischen Wirklichkeit einer Gesellschaft, welche Moral B anerkennt, vergleichen, um Moral A aufzuwerten (und Moral B zu diskreditieren)! Genau das tust Du aber - und deshalb der Sophismus-Vorwurf.

 

Würdest Du einem Pazifisten dasselbe vorwerfen (also diese Moral A und Moral B Geschichte)? Ich frage zum ehrlichen besseren Verständnis.

 

Zitat

(Würden wir heute streng nach den moralischen und rechtlichen Regeln des europäischen Mittelalters leben, so gäbe es keinen einzigen Diebstahl und keinen einzigen Mord (es sei denn vielleicht Justiz-Morde)! Heißt das, dass die mittelalterliche Moral (und Rechtsordnung) eigentlich eine gute Sache wäre, an der wir uns in der heutigen Zeit orientieren sollten? Natürlich nicht, aus genannten Gründen! Und jetzt bitte kein Vorwurf, ich würde die heutige kath. Moral mit dem Mittelalter "gleichsetzen".)

 

Genau so ist es. Es ist nämlich, so übersetze ich das, gar nicht die Sexuallehre, die Dich stört, sondern das dahinterliegende Menschenbild, aus dem die Sexuallehre fließt. Du arbeitest Dich am Symptom ab, lehnst aber die Grundlage ab - vielleicht sogar unbewußt, da Du das Menschenbild (und das Gottesbild) der katholischen Kirche vielleicht gar nicht hinreichend kennst.

 

Zitat

Eine Gesellschaft, die Jugendlichen die offizielle katholische Moral (oder eine ganz ähnliche) einimpft, wird erreichen, dass viele junge Menschen mit einem sensiblen Gewissen erheblich bedrückt und in Gewissensnot und Konflikt gebracht werden; und dass sie ihr sexuelles Erleben mit Schuld und Schamgefühlen verbinden werden, was schwerwiegende negative Folgen haben kann, in manchen extremen Fällen bis hin zur Suizidalität (Klaus Thomas, "Handbuch der Selbstmordverhütung"). Dies gilt für hetero- wie homosexuelle Jugendliche. Allein dies genügt, um die kath. Sexualmoral abzulehnen (nein, nicht die ganze, nicht etwa das Verbot von Vergewaltigungen - dass man das auch noch dazusagen muss!!)

 

Eine Gesellschaft, die irgendetwas einimpfen muß, hat schon verloren. Und wer eine Moral einimpft erst recht. Die katholische Moral wäre ohne das Wissen um die Liebe und Barmherzigkeit Gottes einfach nur herzlos.

 

Zitat

Und wenn man so ein Moral-System wie das katholische zur gesellschaftlichen Norm macht, dann bekommt man in der Praxis (wie die Erfahrung mit solchen Moral-Systemen ausreichend zeigt), zudem eine Gesellschaft mit extremer Heuchelei und Doppelmoral.

 

Das ist sicher bei der "katholischen Norm" so - wie übrigens bei jeder Norm. Habe ich irgendwo gesagt, daß ich Normgebung oder Normsetzung anstrebe? Nichts wäre falscher.

 

Zitat

Es ist eine, in der die Prostitution blüht, sofern die Staatsgewalt sie nicht mit größter Repression unterdrückt. Es ist eine Gesellschaft, in der junge Frauen, die vor der Heirat ein Kind bekommen, oft genug wie Aussätzige behandelt werden, was früher immer wieder zur Abtreibung und Kindstötung geführt hat. Und wo man solche Babys, wenn sie am Leben bleiben, in Heimen womöglich so schlecht behandelt, dass sie oft sterben, so wie man das im stock-katholischen Irland vor wenigen Jahrzehnten gehalten hat.

Dafür hat man dann auf Dauer eine riesiges Bevölkerungswachstum bis zum drohenden Kollaps (wie auf den Philippinen, so lange wie man dort Verhütungsmittel verteufelt hat, wie die Kirche es will). Aber das hat natürlich nichts mit der kath. Sexualmoral zu tun - was kann die Kirche schon dafür, wenn die Leute nicht die von ihr anvisierte verantwortliche Familienplanung mit natürlichen Mitteln umsetzen?

 

Wenn das in bspw. sozialistischen Ländern nicht passiert wäre (die ehemaligen rumänische Kinderheime sprechen ein anderes Wort, die Abtreibungsraten in der Sowjetunion ebenso), könnte man generell der "Religion" anlasten. Ist nur nicht so.

 

Zitat

Eine streng katholische Erziehung bzw. ein entsprechendes gesellschaftliches Klima führen auch nicht dazu, dass es keine Vergewaltigungen gibt, sondern höchstens dazu, dass die vielleicht aus Scham zum Teil eher unter den Tisch gekehrt wird (mir fällt hier das Beispiel einer jungen irischen Frau im damals streng katholischen Land ein, die nach einer Vergewaltigung von ihrer Mutter gesagt bekam, dass sie "Schande" über Papa gebracht habe).

 

Was ist "streng katholisch"? Gott ist streng und katholisch? Ist "streng katholisch" = lieblos, herzlos, angsteinflößend und demütigend? Streng bestimmt, und sicher auch in katholischen - wie allen menschlichen - Kreisen anzutreffen, doch was daran ist genuin "katholisch"?

 

Zitat

 

Man wird auch nicht erreichen, dass es keine Mörder, Vergewaltiger oder anderen (Sexual)verbrecher mehr gibt. Wahrscheinlich ist sogar eher das Gegenteil der Fall:

 

(Kerscher, Perspektiven Postmoderner Sexualpädaogik via Google-Books)

 

Des Weiteren:

 

Quelle: Diplomarbeit "GENERATION PORNO. EINE STUDIE ÜBER DEN UMGANG VON JUGENDLICHEN MIT PORNOGRAFISCHEN INHALTEN IM INTERNETS", S. 44ff.

 

Als einen der Risikofaktoren auf Täterseite, Kinder zu missbrauchen, nennt folgende Übersicht, welche sich hier offenbar auf ein in der Forschung einflussreiches Modell bezieht, "Repressive Normen über Masturbation und außerehelichen Sex".

 

Ja, in ihrer "Reinform" würde die kath. Sexualmoral (sexuelle) Gewalt verhindern. Die weithin akzeptierte "Konsensmoral" aber auch - und die ist darin vermutlich auch in der Praxis erfolgreicher.

 

(Und dies zugleich als Ergänzung zu den von Dir gewünschten Ergebnissen der Sozial- und Humanwissenschaften. Mal schauen, ob Du etwas anderes machst als das letzte mal, also die Ergebnisse ignorieren.)

 

Noch einmal: Du kritiserst eigentlich das katholische Menschenbild.

 

Ich bin einfach der Meinung, die katholische Moral ist für denjenigen, der sich von Gott unendlich mehr geliebt weiß als er das auch nur ansatzweise selbst tun kann, von anderen ganz zu schweigen, ein erstrebenswertes Ideal. Es ist nicht nur erstrebenswert, sondern - allerdings nicht ohne Gottes Gnade - schaffbar. Und wie heißt es so schön: "a saint is a sinner who keeps trying".

 

Schaffe ich es immer? Mitnichten. Geißele ich mich deswegen selbst? Auch das nicht. Fühle ich mich schlecht? Noch nicht einmal das (Reue darf nicht Abwertung der eigenen Person bedeuten!). Die Handlung war schlecht - sie ist aber, auch wenn sie meine war, nicht ich.

 

Im Nachtgebet der Kirche sprechen wir (also die, die es gerne beten), daß wir unsere Sünden bekennen, die sich durch das Tun des Bösen und das Unterlassen des Guten auszeichnen, in Gedanken, Worten und Werken. Das ist für Dich womöglich wieder selbstgeißelnd - für mich hat das eine befreiende Wirkung. Es ist für mich befreiend, mich dadurch u.a. an "alle Engel und Heiligen" zu wenden, auch an die Brüder und Schwestern, die vor mir gegangen sind und es hören, wenn ich es alleine bete. Denn direkt danach geht es um Barmherzigkeit, um Zuwendung Gottes.

Ohne diese wäre das alles sinnlos.

 

Und die fehlt mir in Deinen elaborierten Ausführungen doch sehr.

bearbeitet von rorro
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vor 5 Stunden schrieb rorro:

 

Ich kann Dir sagen, warum ich deine wirklich bewundernswerte Akribie der Argumenteniederlegung zum Teil ignoriere. Es ist ganz einfach: Du betrachtest die katholische Sexuallehre isoliert, vollkommen abgetrennt von der katholischen Anthropologie, volllkommen abgetrennt vom katholischen Glauben, nicht zuletzt auch vollkommen abgetrennt von dem Binnenverständnis der katholischen Morallehre und ihrer Anwendung in Forum externum und Forum internum. Letztlich spielt bei Deinen Überlegungen Gott überhaupt keine Rolle. Diese isolierte Abtrennung hat als griechisches Wort übrigens das, was dem Wort "Häresie" zugrundeliegt.

 

Das ist für einen Nichtkatholischglaubenden auch nicht wirklich überraschend, doch bringt uns das nicht weiter, da wir von vollkommen unterschiedlichen Sichtweisen auf das gleiche Phänomen "Sexuallehre" blicken. Ich war mal da, wo Du bist (die ersten rund 22 Jahre meines Lebens), doch Du kannst derzeit meinen Standpunkt nicht einnehmen. Wir bekommen auch diese Standpunkte nicht argumentativ überbrückt.

 

 

 

 

Du versuchst hier auf @iskanderzuzugehen. Das finde ich positiv.

 

Den fett markierten Satz höre ich mit anderen Vorzeichen ähnlich von Muslimen. Wer den Islam verstehen wolle, müsse die arabische Sprache usw. und die vielen Auslegungen kennen. So würgst Du ähnlich wie die entsprechenden Muslime jeden Dialog im Keime ab.

 

Dann schreibst Du: "Letztlich spielt bei Deinen Überlegungen Gott überhaupt keine Rolle." Ob das bei Iskander wirklich der Fall ist, kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur von mir ausgehen. Als ehemaliger freikirchlicher Bibelchrist mit vierjährigem freikirchlichen Theologie-Studium im Rucksack, entwickelte ich mich zu einem Agnostiker. Diese Entwicklung ging von dem aus, was ich sah. Es ging und geht um Deine Haltung, die Du im nächsten Satz formulierst: "Diese isolierte Abtrennung hat als griechisches Wort übrigens das, was dem Wort "Häresie" zugrundeliegt." Du würdest Häretiker oder Irrlehrer nicht mehr verbrennen, verfolgen und töten lassen und trotzdem wird bei Dir deutlich, was der Johannesbriefschreiber im Zweiten Johannesbrief Vers 10 formuliert hat: "Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht!" So grenzten die ersten Christen andere aus. Noch nicht blutig. Es war aber die Vorstufe, wie dann "Gott-Gleichheit-Anhänger" und die "Gott-Ähnlichkeitsanhänger" miteinander umgegangen und wie die Reformatoren dann mit den Täufern umgegangen sind.

 

Ich spüre bei Dir einen ähnlichen Geist wie bei Armin Mauerhofer anlässlich eines Vortrages im März 1987. Er unterstellte in diesem Vortrag den pfingslich-charismatischen Geschwistern einen "Geist von Unten" und damit einen Geist der Häresie.

 

Wie kann man die Grundgedanken Jesus der Nächstenliebe, der Barmherzigkeit, der Versöhnlichkeit, des Gewaltverzicht, der Armutsüberwindung, des Schutz der Schwächsten und der Feindesliebe leben, wenn man im Sinne des Johannesbriefschreibers Menschen ausgrenzt, die nicht einmal Feinde sein müssen?

 

Genau an dieser Diskrepanz der Grundgedanken, denen wir nach Mt. 28 nachfolgen sollen und der gegenteiligen Praxis in Gegenwart und Geschichte, fing mein Glaube an zu bröckeln. 

 

Frage: Wie wagen sich Menschen als Christen zu bezeichnen, obschon sie den Grundgedanken Jesus nicht nachfolgen wollen? Diese Frage würde ich auch gerne dem Johannesbriefschreiber stellen. Er war Vorbereiter für den Götzendienst, die mit der Vergöttlichung Jesus blutige Konsequenzen für Andersglaubende hatte. Wer einem Gott einen Gott-Jesus und einen Gott-Heiliger-Geist beigesellt, wie es der Islam zurecht kritisiert, verlässt damit Gott. Das war schon bei den Zeitgenossen Hoseas der Fall. Darum lässt er seinen Gott sagen: "Ich freue mich nicht an Opfer sondern an der Liebe" (Hos.6,6). Der Opferkult um den vergöttlichten Jesus herum bringt Gott nichts. Aber wenn gegenüber der Natur, den Tieren, den Mitmenschen und damit den möglichen Werken eines möglichen Gottes die Grundgedanken Jesus gelebt würden, dann wäre das wirklicher Gottesdienst. 

 

 

 

 

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8 hours ago, rorro said:

Noch einmal: Du kritiserst eigentlich das katholische Menschenbild.

Vielleicht schreibst du ja mal ein paar Worte zu diesem Menschenbild, damit die sich daraus ergebende Sexuallehre eventuell etwas nachvollziehbarer wird.

 

Werner

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vor 21 Minuten schrieb Werner001:

Vielleicht schreibst du ja mal ein paar Worte zu diesem Menschenbild, damit die sich daraus ergebende Sexuallehre eventuell etwas nachvollziehbarer wird.

 

Werner

 

Wer die Bibel und dann darauf bauend die Traditionen der katholischen Kirche sehr ernst oder wörtlich nimmt, hat ein anderes Bild über die Sexualmoral usw. als Katholiken, die weite Teile der Bibel entmythologisiert und darauf aufbauend auch die Traditionen hinterfragen.

 

Das katholische Weltbild gibt es also nicht. Und wenn er sein Weltbild als katholisch empfindet, ist es nur ein Teil der katholischen Kirche.

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vor 2 Stunden schrieb Werner001:

Vielleicht schreibst du ja mal ein paar Worte zu diesem Menschenbild, damit die sich daraus ergebende Sexuallehre eventuell etwas nachvollziehbarer wird.

 

Werner

 

Das mit den "ein paar Worten" ist schwierig, es wird sicher bruchstückhaft bleiben. Und dadurch natürlich viel Angriffsfläche bieten (für Nichtglaubende ist das eh kaum nachvollziehbar).

 

Also: die Kirche geht prinzipiell davon aus, daß der Mensch, und zwar jeder, unabhängig von seinem biologischen Entwicklungsstadium ein Abbild Gottes ist, was ihm eine unverfügbare Würde verleiht und damit gleichsam sakrosankt macht. Gleichzeitig - und diese Würde keinesfalls minimierend - ist sie davon überzeugt, daß des Menschen Natur (damit macht sie also eine allgemeingültige Aussage über jeden Menschen) der Erlösung bedarf. Sie glaubt nicht, daß diese Erlösung im Kern durch politische, ökonomische, psychologische oder andere rein immanente Maßnahmen möglich ist, sondern ausschließlich durch Jesus Christus. Ohne Ihn geht "gar nüscht". Nur durch Seine Hilfe, Gnade genannt, kann Erlösung gelingen. Doch gleichzeitig drängt Er uns diese Gnade nicht auf - wer keine göttliche Hilfe will, bei dem wirkt sie nicht. Da bleibt das Geschenk unausgepackt sozusagen.

 

Das ganze ist auch nicht schwarz-weiß, sondern die Entscheidung, Seine Gnade anzunehmen, ist eine, die jeden Moment neu zu fallen ist. Ob jede und jeder auch immer diese Gnade geschenkt bekommt, weiß ich nicht, doch auszuschließen ist das nicht. Sehr menschlich, eben aufgrund unserer erlösungsbedürftigen Natur, ist es allerdings, diese Gnade abzulehnen. Es ist Teil dieser gefallenen Natur, uns in uns selbst zu verbarrikadieren, ein "ich will das alleine machen" zu rufen und dann zu scheitern. Nicht durch Zufall gilt der Stolz als die wichtigste der Todsünden. Nach Einsicht in diesen Prozeß und wissend um die eigene Fehleranfälligkeit kann man sich voller Vertrauen Gott zuwenden, Er läßt einen nie fallen und vergibt immer. Immer. Man muß es nur wollen.

 

Vor diesem Hintergrund gilt das Wort des Herrn, daß wir vollkommen sein sollen, so wie der Vater vollkommen sei. Es geht nicht um Mittelmäßigkeit, um "gerade so bestanden", sondern um Vollkommenheit. Dabei ist die Kirche überzeugt, daß der Herr uns die Mittel dafür schenkt, wenn Er das von uns fordert.

 

Was gehört jetzt zur Vollkommenheit? Es gehört als allererstes dazu zu realisieren, daß es nicht um uns selbst geht. Es geht nicht um Selbstverwirklichung. Der Herr spricht nämlich gleichzeitig von notwendiger Selbstverleugnung. Tugend zeigt sich vor allem darin, wie man für andere lebt. Die Tugenden leben auf dem Weg zur Vollkommenheit bedeutet, sich und seine Launen und Gefühle zurückzunehmen und das Gute für den Anderen zu wollen (nach Thomas von Aquin die Definition von Liebe: das Gute für den anderen zu wollen - da erkennt man schon, daß man selbst nicht im Fokus steht).

 

Das sind nur wenige Grundlagen. Für mehr habe ich aktuell keine Zeit...

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Am 29.3.2021 um 07:42 schrieb catholicissimus:

Laut dem Hl. Augustinus sind Homoakte eine Verhöhnung der göttlichen Schöpfungs- und Fortpflanzungsordnung!

Genau umgekehrt und verkehrtherum als Gott es für uns wollte!

Würde die Kirche eine solche teuflische Ungeheuerlichkeit segnen, würde sie noch schlimmer sündigen als der Homosünder!

 

Wenn denn Augustinus Homosexualität richtig beurteilt hätte.Deine Argumentation ist "genial" Du stellst eine Aussage von Augustinus dar, als sei sie eine belegte Wahrheit, um anschließend daraus Folgerungen zu formulieren. Dabei fehlt jeglicher Beleg, dass es überhaupt eine Schöpfungs-, geschweige denn Fortpflanzungsordnung gibt, die noch dazu die Schlussfolgerung zuließ, dass Homoakte deren Verhöhnung wären. 

 

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4 hours ago, rorro said:

Das sind nur wenige Grundlagen. Für mehr habe ich aktuell keine Zeit

Danke für die ausführliche Darstellung, die für mich persönlich nichts Neues enthält, ich kannte das. Was ich aber nicht finde, ist der kausale Bezug zur Sexuallehre. Du hattest geschrieben, diese ergebe sich aus drm katholischen Menschenbild. Diesen kausalen Zusammenhang kann ich nicht sehen. Man könnte doch auch eine deutlich liberalere Sexuallehre haben, ohne an dem von dir Dargelegten irgendetwas ändern zu müssen.

 

Werner

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vor 52 Minuten schrieb Die Angelika:

 

Wenn denn Augustinus Homosexualität richtig beurteilt hätte.Deine Argumentation ist "genial" Du stellst eine Aussage von Augustinus dar, als sei sie eine belegte Wahrheit, um anschließend daraus Folgerungen zu formulieren. Dabei fehlt jeglicher Beleg, dass es überhaupt eine Schöpfungs-, geschweige denn Fortpflanzungsordnung gibt, die noch dazu die Schlussfolgerung zuließ, dass Homoakte deren Verhöhnung wären. 

 

 

Nach Augustinus‘ Glauben geht das nicht. Vielleicht hast du einen anderen. ;)

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1 hour ago, Marcellinus said:

 

Nach Augustinus‘ Glauben geht das nicht. Vielleicht hast du einen anderen. ;)

Ich habe auch einen Glauben. Und vor allem weiß ich, dass „glauben“ nicht „wissen“ bedeutet. Jemand, dem es wichtig ist, durch postulieren irgendwelcher Absolutheiten wie „Schöpfungsordnung“ oder „Naturrecht“ aus seinem Glauben eine Gewissheit zu machen, der hat eigentlich keinen Glauben. Er kann die Ungewissheit, die Glaube immer beinhaltet, nicht ertragen. Und ihm reicht auch die Hoffnung nicht, die der Glaube mit sich bringen sollte. Und das Ergebnis ist dann nicht selten etwas unerbittliches, etwas dem es völlig an Liebe mangelt.

 

Werner

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vor einer Stunde schrieb Marcellinus:

 

Nach Augustinus‘ Glauben geht das nicht. Vielleicht hast du einen anderen. ;)

 

Was geht nach Augustinus' Glauben nicht? Logisches Argumentieren?

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vor 5 Stunden schrieb rorro:

Was gehört jetzt zur Vollkommenheit? Es gehört als allererstes dazu zu realisieren, daß es nicht um uns selbst geht. Es geht nicht um Selbstverwirklichung. Der Herr spricht nämlich gleichzeitig von notwendiger Selbstverleugnung. Tugend zeigt sich vor allem darin, wie man für andere lebt. Die Tugenden leben auf dem Weg zur Vollkommenheit bedeutet, sich und seine Launen und Gefühle zurückzunehmen und das Gute für den Anderen zu wollen (nach Thomas von Aquin die Definition von Liebe: das Gute für den anderen zu wollen - da erkennt man schon, daß man selbst nicht im Fokus steht).

Da fängt es an, schwierig zu werden. Ein Menschenbild, in dem man selbst nicht vorkommt, kann auf die Dauer nicht gesund sein. Wenn es nicht um Selbstverwirklichung geht, kann es mit der Selbstvervollkommnung auch nicht klappen. Bei dieser Auslegung des christlichen Menschenbildes kommt der Grundsatz, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst zu kurz.

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vor 1 Stunde schrieb Werner001:

... Was ich aber nicht finde, ist der kausale Bezug zur Sexuallehre. Du hattest geschrieben, diese ergebe sich aus drm katholischen Menschenbild. Diesen kausalen Zusammenhang kann ich nicht sehen. ...

Ich kann mir den Zusammenhang ausrechnen, aber es ist schon richtig, dass das argumentativ kaum vermittelt wird. Die Darlegung dessen, was alles verboten ist, nimmt deutlich größeren Raum ein als der Zusammenhang der Verbote mit dem christlichen Menschenbild.

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Nun ist es allerdings so, dass die katholische Theologie und folglich die kirchenamtliche Glaubenslehre eine Reihe anerkannter Autoritäten kennt, deren Denken prägend gezeichnet hat. Darunter fällt, in hohen Ehren, vor allem der Heilige Augustinus, der Magister gratiae

 

Manche seiner Überlegungen fanden gewissermaßen ungefiltert Eingang in die kirchliche Dogmatik (etwa dessen Lehre vom peccatum originale), anderes wurde semi-augustinianisch adaptiert (das Thema der Prädestination/Reprobation im Rahmen der Charitologie und Höllenlehre). Da sollte man genau hinschauen. 

 

Nun weiß ich nicht, was Augustinus genau über Homosexualität schreibt. Vermute allerdings, dass es durchaus ablehnend ist. Das kann man so stehen lassen. Augustinus mag einer der eminenten sancti patres recepti ac approbati sein, unfehlbar ist er jedoch nicht. Ebenso wenig wie der Aquinat. 

 

Was hier aber von untergeordneter Wichtigkeit zu sein scheint. Im Grundsatz stimmen sie mit dem Magisterium darin überein, dass homosexuelle Akte nicht in Ordnung oder im ferneren Sinne schöpfungswidrig sind. Das ist ein Konsens, der die Kirche sozusagen von Anbeginn an begleitet. 

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus 

bearbeitet von Studiosus
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vor 51 Minuten schrieb Die Angelika:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Nach Augustinus‘ Glauben geht das nicht. Vielleicht hast du einen anderen. ;)

 

Was geht nach Augustinus' Glauben nicht? Logisches Argumentieren?

 

Logik hilft dir nicht, wenn die Prämisse falsch ist.

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