Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 Römer7 war für das Kapitel in der Bibel, bei dem mir zum ersten mal etwas aufgefallen ist. Nämlich dass Paulus so präzise schreiben kann, als hätte er mir aus der Seele geschrieben. Und dann gab es wiederum andere Stellen, da schien alles wirr -was er schrieb. Nun zu Römer 7.24,25 24 ...'wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib retten? 25 Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn! ..... Hmmm, das mag schon vielen Menschen seltsam erschienen sein. Erst stellt Paulus eine konkrete Frage und dann scheint keine konkrete Antwort zu kommen, sondern blabla. In 25 steht ein Wort im Nominativ, nämlich 'charis' (die Gnade). Also die Gnade rettet mich. Und dann steht da 'Theou' (dem Gott). Allerdings gibt es in der griechischen Grammatik den 'Dativ des Wirkenden'. Und der übernimmt die Funktion des lateinischen Ablativs. Also kann man hier auch übersetzen: 'Die Gnade von Gott bewirkt durch Jesus Christus unseren Herrn.' Also ist die Antwort auf die Frage, wer mich aus deisem dem Tod verfallenen Leib rettet, die Gnade von Gott, die er in der Gestalt von Jesus Christus uns gesandt hat. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wunibald Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 3 Stunden schrieb Düsentrieb: In 25 steht ein Wort im Nominativ, nämlich 'charis' (die Gnade). Also die Gnade rettet mich. Und dann steht da 'Theou' (dem Gott). Allerdings gibt es in der griechischen Grammatik den 'Dativ des Wirkenden'. Theou ist meiner unmaßgeblichen Meinung Genitiv. Dativ wäre theo (mit Omega) 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 3 Stunden schrieb Düsentrieb: Also ist die Antwort auf die Frage, wer mich aus deisem dem Tod verfallenen Leib rettet, die Gnade von Gott, die er in der Gestalt von Jesus Christus uns gesandt hat. Ja natürlich. Der Römerbrief lässt sich als Summe des paulinischen Denkens verstehen, darin präzisiert oder korrigiert Paulus auch einige frühere Aussagen (Antijudaismus) und wehrt sich gegen Missverständnisse (Libertinismus-Vorwurf). Nach Paulus' Auffassung ist Sünde mehr als nur ein Defekt in der Lebensführung, also mehr als ein Verstoß gegen eines der Gebote. Sondern Sünde ist dem Menschen inhärent. Das ist einer der Kerne der paulinischen Theologie und Basis der Rechtfertigungslehre. Sünde als Grundzustand des menschlichen Lebens ist nach Paulus unausweichlich. Er nennt es "das Fleisch" im Gegensatz zum Geist und beschreibt diesen Zwiespalt plastisch: "Das Gute, das ich will, tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich" (Römer 7,19). Wenn Paulus hier "ich" sagt, ist das nach meiner Ansicht ein rhetorisches Ich, er meint alle Menschen und jedenfalls alle thoratreuen Juden. Ohne Gottes Gnade ist nach Paulus ein sündloses Leben gar nicht möglich. Paulus arbeitet sich hier an den Begriffen Sünde und Gesetz ab. Ja, das Gesetz - also die Thora - ist gut. Aber nur, wenn es als Geist verstanden wird und nicht als Buchstabe. Dann wird es von der Sünde missbraucht. Das sei (schreibt Gerd Theißen in "Das Neue Testament, S. 57) eine der tiefsten Einsichten des Paulus: dass jedes normative System, mag es noch so heilig sein, von Menschen zu einer zerstörerischen Macht umgestaltet werden kann. Die Kirchengeschichte gibt Paulus recht. Der Mensch kann das Gute laut Paulus nämlich nur wollen. Dem Vollbringen steht die ihm innewohnende Sünde entgegen. Paulus beschreibt das als ein eigentlich nicht lösbares Dilemma, aus dem es nur einen Ausweg gibt, der nicht in der Macht des Menschen steht. Nur durch die Gnade Gottes, vermittelt durch Jesus, wird man frei von Sünde. Die Gnade ist nach der Rechtfertigungslehre nicht durch das Verdienst des Menschen möglich, sondern gottgewirkt. 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 28 minutes ago, Wunibald said: Theou ist meiner unmaßgeblichen Meinung Genitiv. Dativ wäre theo (mit Omega) Nach meiner ganz maßgeblichen Meinung ist es bemerkenswert, wie gut Du Dich an Deinen Altsprachenunterricht erinnerst. Ich wünschte, Schüler könnten noch nach den Sommerferien die Kasusendungen richtig hinbekommen... Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 35 Minuten schrieb Wunibald: Theou ist meiner unmaßgeblichen Meinung Genitiv. Dativ wäre theo (mit Omega) Sorry, da steht selbstverständlich theo, Θεῷ Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 (bearbeitet) Vielleicht liege ich da falsch, aber spontan würde ich χάρις τῷ θεῷ einfach als "Gott sei dank" verstehen. Edit: Wie schon die von Dir zitierten Übersetzung heißt... Nun inhaltlich hast Du wohl schon recht, man muss die Passage ungefähr so verstehen, dass (allein) die Gande Gottes uns von Sünde befreien kann oder so ähnlich. bearbeitet 28. November 2021 von Domingo Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 14 Minuten schrieb Alfons: Nur durch die Gnade Gottes, vermittelt durch Jesus, wird man frei von Sünde. Die Gnade ist nach der Rechtfertigungslehre nicht durch das Verdienst des Menschen möglich, sondern gottgewirkt. Genau das steht eben nicht da. Es liegt im grundsätzlichen Verständnis des Wortes 'charis' (Gnade). Man darf es nicht gleichsetzen mit Huld oder Erbarmen oder Vergebung oder so. Charis ist eine Gabe von Gott! In unserem Sprachgebrauch kennen wir das Wort Charisma. Das ist jemand, der eine besondere Gabe hat und nicht jemand, dem besonders viel vergeben worden ist. Uns errettet also die Gabe von Gott, die dieser uns in der Gestalt von Jesus Christus geschenkt hat. Die Zeugen Jehovas übersetzen das immer grottenfalsch mit: 'unverdiente Güte'. Noch eine Frage: Weshalb sollte dem Menschen die Sünde 'inhärent' sein? Für mich sind das keine Selbstverständlichkeiten, die ich wiederhole, weil irgendwelche gebildete Theologen das festgestellt zu haben glauben. Ich frage, warum? Wo ist der Sinn dessen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 19 Minuten schrieb Domingo: Nun inhaltlich hast Du wohl schon recht, man muss die Passage ungefähr so verstehen, dass (allein) die Gande Gottes uns von Sünde befreien kann oder so ähnlich. Inhaltlich hatte ich geschrieben, dass die Gnade Gottes durch (dia) Jesus Christus uns errettet. Die Gnade ist also Jesus Christus selbst, was er uns gelehrt und gesagt und getan hat. Und genau das ist auch die logisch richtige Übersetzung, wenn ich davon ausgehe, dass hier der Dativus actuoris steht. Es gibt im Griechischen keinen Ablativ. Diese Funktion übernimmt der Dativ. Was ich nicht verstehe ist, dass alle mir bekannten Bibelübersetzungen das nicht zu kennen scheinen. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 8 minutes ago, Düsentrieb said: Und genau das ist auch die logisch richtige Übersetzung, wenn ich davon ausgehe, dass hier der Dativus actuoris steht. Der Dativus auctoris wird nur in ein paar ganz besonderen Fällen benutzt. Ich schaue ihn später in einer Grammatik nach; für den Augenblick möchte ich nur festhalten, dass die einzig natürliche und idiomatische Interpretation von χάρις τῷ θεῷ ist "Dank (sei) Gott" - der Dativ ist also ein echter Dativ, der die Person bezeichnet, der gedankt wird. Mit ist schon klar, dass die Alten Sprachen idR so unterrichtet werden, dass das Lesen von in ihnen verfassten Sätzen als Rechenaufgabe erscheint, was den Hang fördert, durch die findige Anwendung der in Textbüchern enthaltenen Grammatikkategorien zu abenteuerlichen Interpretationen zu gelangen. Es ist ein bisschen so, als ob ein Ausländer irgendwo in Ostasien oder Südamerika den Ausdruck "Dank Dir" in einem Kontext analysierte, wo ihm aus irgendeinem Grund die Interpretation "ich nehme alle Dankbarkeit aus Dir heraus" besonders gefällt. Nun kann "Dank" im Deutschen u.U. "Dankbarkeit bedeuten" ("das ist also der Dank für alles, was ich getan habe!"); der Dativ kann außerdem Trennung oder Herkunft bezeichnen, was aus Sätzen wie "dem Buch entnehme ich..." oder "der Dieb entriss mir meine Tasche". Im Deutschen gibt es ja keinen Ablativ, der im Lateinischen bekanntlich Trennung und Herkunft bezeichnet. Und ich bin sicher, dass zumindest in einigen Grammatiken der deutschen Sprache der Trennugnsdativ als Kategorie enthalten ist. Also kann dieser hypothetische Ausländer zu dem Schluss kommen, "Dank Dir" bedeute "ich reiße Deine Dankbarkeit aus Dir heraus." Was würdest Du von dieser Interpretation halten? 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor einer Stunde schrieb Domingo: Also kann dieser hypothetische Ausländer zu dem Schluss kommen, "Dank Dir" bedeute "ich reiße Deine Dankbarkeit aus Dir heraus." Was würdest Du von dieser Interpretation halten? Etwas daneben würde ich denken. Paulus stellt in R7,24 eine klar formulierte Frage - wer rettet mich .... Und 7,25 enthält die Antwort. Nämlich 'charis', welches im Nominativ steht. Charis rettet mich! Charis heißt nicht Dank. Und die Aussage, Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn, ist völlig sinnfrei. Aber klingt auf jeden Fall sehr imposant. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 2 Stunden schrieb Düsentrieb: ... Noch eine Frage: Weshalb sollte dem Menschen die Sünde 'inhärent' sein? ... Ganz weg von Paulus: Nur Menschen können überhaupt sündigen. Sünde heisst ja,bewusst etwas falsch zu machen. Im Wissen darum,das etwas für einen selbstund\ oder andere schädlich ist,es trotzdem tun. Dazu braucht es schon ziemliche Hirnleistung . Tiere oder Pflanzen sind- nach unserer Definition- dazu nicht fähig. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 (bearbeitet) 43 minutes ago, Düsentrieb said: Charis heißt nicht Dank. Doch, da ich aber gerade kein online Griechisch-Deutsches Wörterbuch finden kann, das nicht ****** ist, muss ich auf den Liddel-Scott-Jones ausweichen: http://www.perseus.tufts.edu/hopper/morph?l=xaris&la=greek#Perseus:text:1999.04.0057:entry=xa/ris-contents Darunter: Quote in subjective sense, grace or favour felt, [...] more freq. on the part of the receiver, sense of favour received, thankfulness, gratitude [...] τοῖς θεοῖς χάρις (sc. ἐστί) ὅτι . . , thank the gods that . . ,[...] “χ. τινί τινος” Luc.Tim.36; Also ist χάρις im Sinne von "Dank" mit dem Dativ der Person, der man dankbar ist, völlig idiomatisch im Griechischen. Gut, Paulus' Prosa als "Griechisch" zu bezeichnen kann jemandem durchaus problematisch erscheinen, der an das klassische oder sonst antike Griechisch, wie es von eigentlichen Griechen gesprochen wurde, gewöhnt ist (oder wie Nietzsche - ein Altphilologe - es angeblich mal ausdrückte: Es ist nett, dass Gott Greichisch lernte, um mit der Menscheit zu kommunizieren; es ist aber schade, dass er es so sclecht lernte). Dass aber auch die NT-Übersetzer den Satz als "Dank [sei] Gott" wiedergeben - also Leute, die mit dem neutestamentlichen Griechisch vertraut sind - das scheint mir meine Meinung zu untermauern. Quote Und die Aussage, Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn, ist völlig sinnfrei. Man kann sie interpretieren als "Dank sei Gott [dafür, dass er uns] durch Jesus Christus unseren Herrn [gerettet hat]." Also eine recht gekürzte, elliptische Aussage. Das scheint mir zumindest genauso wahrscheinlich zu sein, als einen dativus auctoris anzunehmen, der ja laut Grammatik - die ich inzwischen aufgeschlagen habe - zumindest ein Verb im Passiv erfordert. bearbeitet 28. November 2021 von Domingo 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 Die englische "New International Version" (NIV) heißt übrigens an der Stelle: Quote Thanks be to God, who delivers me through Jesus Christ our Lord! Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 3 Stunden schrieb mn1217: Ganz weg von Paulus: Nur Menschen können überhaupt sündigen. Engel können auch sündigen. Obwohl sie nicht im Fleisch sind. Übrigens, nach meiner persönlichen Meinung können Tiere auch sündigen. Wobei wir da aber bei der Definition von 'Sünde' landen würden. Meine Frage bezog sich auf jenes 'inhärent'. Ich denke, durch die Benutzung eines Fremdwortes wird die Aussage deshalb nicht wahrer. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 2 Stunden schrieb Domingo: vor 3 Stunden schrieb Düsentrieb: Charis heißt nicht Dank. Doch, da ich aber gerade kein online Griechisch-Deutsches Wörterbuch finden kann, das nicht ****** ist, muss ich auf den Liddel-Scott-Jones ausweichen: Nun, dann kannst du mir sicher erklären, was Charisma auf Griechisch bedeutet und in welchem Sinne es heute noch in unserer Sprache benutzt wird. Es heißt nämlich 'Gegnadetes' und wird auch genau in diesem Sinne noch in unserem heutigen Sprachgebrauch benutzt. Du hattest möglicherweise überlesen, dass ich genau diesen Punkt schon angeführt hatte. vor 2 Stunden schrieb Domingo: Zitat Und die Aussage, Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn, ist völlig sinnfrei. Man kann sie interpretieren als "Dank sei Gott [dafür, dass er uns] durch Jesus Christus unseren Herrn [gerettet hat]." Also eine recht gekürzte, elliptische Aussage. Also hat Paulus etwas Sinnfreies geschrieben, das aber seinen Sinn erhält, wenn man es elliptisch interpretiert in dem Sinne, wie ich geschrieben habe, dass es zu übersetzen sei. Ist doch äußerst interessant. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Düsentrieb Geschrieben 28. November 2021 Autor Melden Share Geschrieben 28. November 2021 vor 3 Stunden schrieb Domingo: Die englische "New International Version" (NIV) heißt übrigens an der Stelle: Zitat Thanks be to God, who delivers me through Jesus Christ our Lord! Paulus hat das aber garantiert nicht geschrieben: Who delivers me .... Ich denke, eine Bibelübersetzung sollte übersetzen und nicht interpretieren entsprechend dem, was der Übersetzer denkt, dass es so gemeint sei. Besonders bei Paulus. Bei den Psalmen ist das sicher kein Problem, da darf man auch lyrisch tätig sein, wie sich eine ganz ganz neue Bibelübersetzung selbst rühmt. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 Ich habe mir die Stelle, also Römer 7,24 bis 8,2, noch einmal im Zusammenhang angeschaut. Ich habe ein paar Bibel-Übersetzungen aufgeschlagen und entsprechende Fachliteratur nachgelesen, vor allem Udo Schnelles "Theologie des Neuen Testamentes". Und ich komme mit der heute üblichen Übersetzung von charis = Dank gut zurecht. Möchte aber Düsentrieb mit der Information trösten, dass ich eine Übersetzung gefunden habe, die charis mit Gnade übersetzt. Nämlich die Übersetzung von Dr. Joseph Franz von Allioli, "weiland katholischer Domprobst in Augsburg", 1830-34. Allioli übersetzte allerdings auf der Basis der Vulgata, also aus dem Lateinischen. Bei ihm ist der Vers 25a tatsächlich als Antwort auf die vorherige Frage in Vers 24b formuliert. Frage: "Wer wird mich von dem Leibe dieses Todes befreien?" Antwort: "Die Gnade Gottes durch Jesum Christum, unseren Herrn." (Dass allerdings die Gnade Gottes an dieser Stelle allein darin besteht, Jesus auf die Welt geschickt zu haben, kann ich auch aus der Allioli-Fassung nicht erkennen). Nun zu meinem Verständnis dieser Passage. Paulus beendet seine im Kapitel 7 des Römerbriefs ausgebreiteten Überlegungen zum Verhältnis zwischen Sünde und Gesetz mit einer rhetorischen Frage. Sein "ich" meint jeden, der versucht, aus dem Dilemma zwischen "Fleisch" und "Geist" zu entkommen und der merkt, dass dies nicht in seinem Vermögen steht: "Ich elender Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib retten?" Vor der Antwort kommt nun wie ein Stoßseufzer ein Dankgebet: "Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!" Der Dank also richtet sich an Gott, Jesus ist der Vermittler. Heute würde man einfach sagen "Gott sei Dank - Doppelpunkt". Denn nun kommt die Antwort. Aber sie steht nicht in Vers 25, sondern in den nächsten beiden Versen: "Jetzt also gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes." (Römer 8, 1f.) Und was machen wir mit dem zweiten Teil von Vers 25, also Römer 7,25b? Streichen. Es handelt sich nach nicht nur meiner Ansicht möglicherweise um eine Glosse, also einen späteren Einschub. Da wollte jemand noch einmal das Problem deutlich machen, das der Lösung harrt: "So diene ich nun mit dem Verstand dem Gesetz Gottes, aber mit dem Fleisch dem Gesetz der Sünde." 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 28. November 2021 Melden Share Geschrieben 28. November 2021 1 hour ago, Düsentrieb said: Nun, dann kannst du mir sicher erklären, was Charisma auf Griechisch bedeutet und in welchem Sinne es heute noch in unserer Sprache benutzt wird. Es heißt nämlich 'Gegnadetes' und wird auch genau in diesem Sinne noch in unserem heutigen Sprachgebrauch benutzt. Du hattest möglicherweise überlesen, dass ich genau diesen Punkt schon angeführt hatte. Ich muss es schon überlesen haben, da ich mich nicht erinnern kann, wo Du diesen Punkt schon angeführt hast. Auf jeden Fall hat der ganze Kram mit Charisma nichts damit zu tun, dass Charis eben auch "Dank" bedeuten kann. Ich habe Belege dafür angeführt, auf die Du mit keinem Wort eingegangen bist. Quote Also hat Paulus etwas Sinnfreies geschrieben, das aber seinen Sinn erhält, wenn man es elliptisch interpretiert in dem Sinne, wie ich geschrieben habe, dass es zu übersetzen sei. Ich bin für Paulus' stilistische Tiefschläge nicht verantwortlich. Ich bin auch kein Neutestamentler. Da aber Übersetzungen, die (nehme ich mal an) von Neutestamentlern angefertigt worden sind, die von mir vertretene Interpretation wiedergeben, folgere ich daraus, dass diese Interpretation so falsch nicht sein kann. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 (bearbeitet) 2 hours ago, Alfons said: Möchte aber Düsentrieb mit der Information trösten, dass ich eine Übersetzung gefunden habe, die charis mit Gnade übersetzt. Nämlich die Übersetzung von Dr. Joseph Franz von Allioli, "weiland katholischer Domprobst in Augsburg", 1830-34. Allioli übersetzte allerdings auf der Basis der Vulgata, also aus dem Lateinischen. In der Vulgata lese ich: "gratia Dei per Jesum Christum Dominum nostrum" Das entsprich einem griechischen Original, in dem wohl tatsächlich χάρις τοῦ Θεοῦ stand - und dann, muss ich zugeben, würde der Text kristallklar werden und χάρις auch wikrlich "Gnade" bedeuten. Es könnte zwar auch sein, dass der Vulgata-Autor im Griechichen den Dativ vorfand und, aus den gleichen Überlegungen wie Düsentrieb, ihn so übersetzt hat, dass drasu die Grande Gottes wird. Wahrscheinlicher erscheint mir, dass ihm auch wirklich τοῦ Θεοῦ vorlag. Ich befürchte, ich habe den Nestle-Aland nicht mehr in meinem Besitz, oder falls doch, habe ich keine Ahnung, wo ich ihn hinverschlampt habe. Ich würde aber trotdem wetten, manche Handschriften weisen die Lesart τοῦ Θεοῦ auf. Es wäre interessant, herauszufinden, wieso die Herausgeber des NT sich die andere Lesart in den Text aufgenommen haben, obwohl sie offenbar größere Schweirigkeiten bereitet. bearbeitet 29. November 2021 von Domingo 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
mn1217 Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 vor 9 Stunden schrieb Düsentrieb: Engel können auch sündigen. Obwohl sie nicht im Fleisch sind. Übrigens, nach meiner persönlichen Meinung können Tiere auch sündigen. Wobei wir da aber bei der Definition von 'Sünde' landen würden. Meine Frage bezog sich auf jenes 'inhärent'. Ich denke, durch die Benutzung eines Fremdwortes wird die Aussage deshalb nicht wahrer. Inhärent heisst ja:innewohnend,zu einer Sache zugehörig. Ich denke,es ist unschwer festzustellen, dass die Sünde zum Menschsein gehört. Mmn gehört zur Sünde ein freier Wolle respektive die Fähigkeit, bewusst Entscheidungen zu treffen,von denen ich weiss,dass sie mir und/oder anderen schade. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wunibald Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 vor 13 Stunden schrieb Domingo: da ich aber gerade kein online Griechisch-Deutsches Wörterbuch finden kann, das nicht ****** ist, muss ich auf den Liddel-Scott-Jones ausweichen: da kann ich weiterhelfen: Pape Jakobitz Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Alfons Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 (bearbeitet) vor 10 Stunden schrieb Domingo: Ich befürchte, ich habe den Nestle-Aland nicht mehr in meinem Besitz, oder falls doch, habe ich keine Ahnung, wo ich ihn hinverschlampt habe. TsTsTs. Den Nestle-Aland verschlampt man doch nicht! Mangels Griechisch-Kenntnissen habe ich ihn allerdings auch nicht. Das wäre gestern auch mein Rat an den Thread-Eröffner gewesen: Im Nestle-Aland nachschauen, denn der führt alle Zweifelsfälle auf. Und es muss ja einen Grund geben, warum fast alle deutschen Bibel-Übersetzungen "Ich danke Gott durch Christus Jesus" oder ähnliche Formulierungen in Römer 7, 25a haben. Die Luther-Bibel durchgehend (1912, 1964, 2017), die Einheitsübersetzung, auch die neueste, die Zürcher, die Keppler-Bibel, die Grünewald-Bibel, Pfäfflin, Menge, Sigge, auch mein "Ni Testament för plattdütsch Lüd" - überall wird Gott gedankt. Das Münchner NT, das ja besonders eng am griechischen Text ist, hat ebenfalls "Dank aber (sei) Gott durch Jesus Christos, unseren Herrn." bearbeitet 29. November 2021 von Alfons Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Wunibald Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 (bearbeitet) vor 14 Stunden schrieb Domingo: Ich würde aber trotdem wetten, manche Handschriften weisen die Lesart τοῦ Θεοῦ auf. Es wäre interessant, herauszufinden, wieso die Herausgeber des NT sich die andere Lesart in den Text aufgenommen haben, obwohl sie offenbar größere Schweirigkeiten bereitet. Du hast gewonnen. Ich suche zwar immer wieder Bücher, von denen ich sicher weiß, dass ich sie habe, von denen ich sogar glaube sicher zu wissen wo sie sind und ich sie dann doch nicht finde, allenfalls ein paar Wochen später, wenn ich etwas ganz anderes suche. Den Nestle-Aland hatte ich aber griffbereit. Ich habe den Eindruck, der Schlamperpatron Antonius denkt sich bei mir: Der schon wieder, den tratzen wir jetzt und lassen ihn ganz etwas anderes finden. bearbeitet 29. November 2021 von Wunibald 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Domingo Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 7 hours ago, Alfons said: TsTsTs. Den Nestle-Aland verschlampt man doch nicht! Mangels Griechisch-Kenntnissen habe ich ihn allerdings auch nicht Ist Verschlampen also schlimmer, als das Buch von vornherein nie gehabt zu haben? Kann nicht sein! Quote es muss ja einen Grund geben, warum fast alle deutschen Bibel-Übersetzungen "Ich danke Gott durch Christus Jesus" oder ähnliche Formulierungen in Römer 7, 25a haben. Der Grund dürfte sein, dass in der Vorlage "Gott" im Dativ steht, was diese Übersetzung erfordert (ich bleibe dabei, dass die dativus auctoris-Hypothese einfach nicht geht). Die interessantere Frage ist: Warum haben so ziemlich alle Ausgaben den Dativ statt den Genitiv, der wohl die bessere, klarere Lesart bietet - eine, bei der man gar nicht erst daran denken muss, einen ganzen Satz zu tilgen, wie Du oben erwägst? "Was befreit mich von Sünde? - Die Gnade Gottes durch Jesus Christus." Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
gouvernante Geschrieben 29. November 2021 Melden Share Geschrieben 29. November 2021 vor 18 Stunden schrieb Domingo: Ich würde aber trotdem wetten, manche Handschriften weisen die Lesart τοῦ Θεοῦ auf. Es wäre interessant, herauszufinden, wieso die Herausgeber des NT sich die andere Lesart in den Text aufgenommen haben, obwohl sie offenbar größere Schweirigkeiten bereitet. Bei der Frage sollte immer Aland und GNT zu Rate ziehen, die treffen mitunter abweichende Entscheidungen bei selbem Textbefund. Hier ist es allerdings so, dass sich sowohl NA28 (das ist die Auflage, in die die Erkenntnisse aus der Editio Critica Maior eingeflossen sind) wie GNT5 für die Dativkonstruktion χάρις δὲ τῷ θεῷ entscheiden. Ich finde das aufgrund der Textzeugen auch für berechtigt: χάρις δὲ τῷ θεῷ: א' C1 (C* illegible) Ψ 33 81 104 256 (263) 365 436 459 1319 1506 1573 1852 2127 l596 cobo arm geo1 Methodiusms Didymus1/3 Cyril χάρις τῷ θεῷ: B copsa Origen Methodius; Jerome1/6 ἡ χάρις τοῦ θεοῦ: D itar, b, d, mon, o vg Origenlat2/3 Theodoret; Ambrosiaster Ambrose Jerome4/6 Pelagius Augustine Ps-Vigilius2/2 ἡ χάρις κυρίου: F G itf, g εὐχαριστῶ τῷ θεῷ: א* A 6 424 1175 1241 1739 1881 1912 1962 2200 2464 Byz [K L P] Lect syrp, h geo2 (slav) Didymus2/3 Macarius/Symeon (Chrysostom) Marcus-Eremita Cyrillem; Jerome1/6 χάρις τῷ κυρίῷ ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ : (anstelle des ganzen Satzes) (Irenaeuslat) Origenlat1/3 (Priscillian) Und jetzt hoffe ich, dass ich der Wiedergabe des Apparats keine gröberen Schnitzer gemacht habe... NA28: https://www.academic-bible.com/en/online-bibles/novum-testamentum-graece-na-28/read-the-bible-text/bibel/text/lesen/stelle/55/70001/79999/ch/c0ada5b0cac240aef513ec0601080545/ GNT5: https://www.bibelwissenschaft.de/online-bibeln/greek-new-testament-ubs5/lesen-im-bibeltext/bibel/text/lesen/stelle/55/70001/79999/ch/a575ffdc5047d7d6cd8fc7388acc361a/ 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Recommended Posts
Join the conversation
You can post now and register later. If you have an account, sign in now to post with your account.