phyllis Geschrieben 3. März 2022 Melden Share Geschrieben 3. März 2022 (bearbeitet) 10 minutes ago, Thofrock said: Außerdem hatte Biden überhaupt keine Chance, das glaubwürdig zu verkünden. Er hätte gar nichts verkünden müssen. Aber Putin im vornherein zu erklären dass er nicht mit Nato-Truppen zu rechnen braucht, hätte er sich sparen können/müssen. Eine entsprechende Frage mit Achselzucken beantworten. Ambivalenz, meine Herren. Meine Nachbarn (2002 aus der Ukraine eingewandert) haben ihm schon damals den Teufel an den Hals gewünscht. Ich glaube auch nicht dass das mit den Manövern ungefährlicher wäre. mw fanden die ausschliesslich im Westen statt, und das war klug und richtig so. bearbeitet 3. März 2022 von phyllis Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 3. März 2022 Melden Share Geschrieben 3. März 2022 Der Gysi ist geil: "Wenn wir jetzt in der Regierung wären, wäre das eine absolute Katastrophe!" Wie wahr! Aber warum auf "jetzt" einschränken? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 (bearbeitet) vor 2 Stunden schrieb Mistah Kurtz: Eine andere Möglichkeit hätte es aber gegeben. USA, Nato und Ukraine haben in den letzten Jahren wiederholt in der Ukraine gemeinsame Militärmanöver durchgeführt (Rapid-Trident-Militärübungen). Wenn die USA und die Nato Anfang Februar kurzfristig ausgedehnte Militärübungen gemeinsam mit den ukrainischen Streitkräften im Osten der Ukraine durchgeführt hätten, wären Russland nach der Logik wahrscheinlich nicht einmarschiert, sondern hätten vorerst einmal abgewartet bis die Manöver beendet sind. Die aber hätte man über einen langen Zeitraum, etliche Wochen, durchführen können, sie immer wieder verlängern, jedenfalls so, dass sich ständig Truppen der Nato in der Ostukraine aufhalten. Das hätte zumindest Zeit erkauft sich entweder auf Verhandlungen mit Russland einzulassen oder sich etwas anderes zu überlegen. Bei Verhandlungen hätte es aber ein quid pro quo sein müssen, das hätte den Willen zum Kompromiss auf allen Seiten - USA und Nato sowie der Ukraine und Russland - vorausgesetzt. Und ob dieser Wille vorhanden war, darf bezweifelt werden.. Interessanter Gedanke. Hätte kurzfristig funktionieren können, aber das Problem nicht gelöst. Putin hätte es als absoluten Affront genommen, und auf irgendeine Weise beantwortet, wenn auch nicht direkt mit Krieg. Die Heimatfront ist auch nicht zu unterschätzen. Die ganze Linke im Westen hätte Zeter und Mordio geschrien ob dieser verantwortungslosen Kriegstreiberei (man schaue sich mal nur die Beiträge hier im Forum aus der ersten Februarhälfte an - da hätten einige ihre Großmutter verkauft, wenn es der Zar befiehlt, um nur ja von ihm in Ruhe gelassen zu werden). Ein tiefer Riss wäre durch die NATO gegangen. Deutschland hätte NordStream nur zum trotz in Betrieb genommen (Entspannungssignale senden!), der Ölpreis wäre trotzdem hochgegangen. Biden wäre als total bekloppt rübergekommen und Putin als der besonnene Staatsmann. Gut möglich, dass Biden das politisch gar nicht überlebt hätte. In einem Jahr hätte Putin die Nummer wiederholt, Biden nicht (wäre vielleicht gar zum Rücktritt gedrängt worden nach den Herbstwahlen), und DANN wäre Putin einmarschiert. Und der Westen hätte gar nicht reagiert, weil alle gemeint hätte, der senile Biden sei schuld. Es ist bitter zu sagen, aber Biden fährt mit dem Krieg deutlich besser. Putin ist jetzt völlig im Abseits, NATO und EU sind einig wie nie, und in Deutschland hat eine mittelgroße Revolution stattgefunden. Außerdem ist Russland bis auf Weiteres kaltgestellt, die haben jetzt genug zu tun. Was die jetzt erwartet, dagegen war das Vietnamerlebnis der Amis ein Kinderfasching. bearbeitet 4. März 2022 von Aristippos Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Frank Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 Schluss mit schönen Worten – Baerbock spricht Klartext Der russische Angriff auf die Ukraine hat die deutsche Politik durchgeschüttelt. Die Bundeswehr soll aufgerüstet werden. Auch die Außenpolitik wird sich neu orientieren. Verantwortlich dafür sind ein Krieg – und Annalena Baerbock. Eine Analyse. Von Barbara Kostolnik (BR)[Klick] Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 (bearbeitet) Gesetzt dem Fall, Russland geht aus der Sache als Verlierer hervor (was früher oder später der Fall sein wird): glauben eigentlich alle, daß das riesen Land weiter so existieren wird oder wird es aufgeteilt? Droht dann vielleicht nach Putin ein failed state? Was mit Atomwaffen ja nicht gerade lustig wäre… bearbeitet 4. März 2022 von rorro Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 Russland ist das letzte noch existierende Kolonialreich - ausschließen würde ich das nicht. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
MartinO Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 8 Minuten schrieb Chrysologus: Russland ist das letzte noch existierende Kolonialreich - ausschließen würde ich das nicht. Wobei sich das Wesentliche in Moskau, Sankt Petersburg, Nishnij Nowgorod und Nowosibirsk abspielt. Es würden vielleicht einige Völker, nicht nur Tschetschenen, versuchen, sich für unabhängig zu erklären, der Großteil würde aber bleiben. Eher rechne ich in diesem Fall mit Diadochenkämpfen oder mit einer zweiten Ära Jelzin. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rince Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 China würde bestimmt auch gern ein paar Stückchen nehmen Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Soulman Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 (bearbeitet) vor 18 Minuten schrieb rince: China würde bestimmt auch gern ein paar Stückchen nehmen Das glaub ich gar nicht mal. Die kriegen ihren Anteil auch so mit weniger Stress. Warum erobern, wenn man auch kaufen kann? bearbeitet 4. März 2022 von Soulman 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 11 Minuten schrieb rince: China würde bestimmt auch gern ein paar Stückchen nehmen Ja, aber nur dann, wenn die genauso wenig strategisch arbeiten wie Putin. Derzeit haben die an ihren Grenzen zu Russland einen leidlichen Frieden und die Geschichte war genau umgekehrt: Die chinesische Provinz Heilongjiang war mal früher zum russischen Zarenreich gehörend; sie kam erst nach 1920 zu China (was man unter anderem an den orthodoxen Kirchen dort erkennt und an der Tatsache, dass das Essen dort nicht "chinesisch" schmeckt - manche behaupten, es schmecke überhaupt nicht, sondern sei nur füllend und schwer). China hat eigentlich andere Möglichkeiten, extrem starken Einfluss auf den russischen fernen Osten zu nehmen, als in eine Region einzumarschieren, in der eine sehr starke antichinesische Haltung herrscht. Möglicherweise verfällt aber Xi Jinping ebenfalls dem Verfolgungswahn wie Putin (bzw. tut so, als wäre er wahnsinnig), dann macht er das. Was schlecht für China wäre. So wie Putins Handeln derzeit schlecht für Russland ist. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
GermanHeretic Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 1 Stunde schrieb Chrysologus: Russland ist das letzte noch existierende Kolonialreich - ausschließen würde ich das nicht. Bitte? Im hegemonialen Sinne mit Ausbreitung der eigenen Ländereien - ja. Aber über die moderne Form der wirtschaftlichen Abhängigkeiten ist längst China die Nr. 1 der Kolonialmächte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 2 hours ago, rorro said: Gesetzt dem Fall, Russland geht aus der Sache als Verlierer hervor (was früher oder später der Fall sein wird): glauben eigentlich alle, daß das riesen Land weiter so existieren wird oder wird es aufgeteilt? Droht dann vielleicht nach Putin ein failed state? Was mit Atomwaffen ja nicht gerade lustig wäre… Die SU ist ja nach dem Kalten Krieg auch auseinandergebrochen, obwohl das deren Machthaber nie so antizipiert haben. Es geht dabei weniger um gefährliche „Multikulturalität“, sondern dass ein riesiges Territorium nur schlecht zentral zu verwalten ist. Das wesentliche Instrument umfassender Machtausübung wird gerade in der Ukraine stumpfgekloppt, durch die Embargos westlicher Luftfahrtkonzerne wird der schnelle physische Austausch im Land schwierig, denn die meisten zivilen Maschinen sind von Airbus oder Boeing und bedürfen ständiger Ersatzteillieferungen. Warum sollten also nicht wieder regionale Machthaber darauf setzen, dass die unfähige Moskauer Politik und die ungeklärte Nachfolge mehr lokale Autonomie geraten sein lassen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Flo77 Geschrieben 4. März 2022 Autor Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 12 Minuten schrieb Shubashi: Es geht dabei weniger um gefährliche „Multikulturalität“, sondern dass ein riesiges Territorium nur schlecht zentral zu verwalten ist. Wobei das in China ja ganz gut zu klappen scheint. Mit allen Nachteilen, die das dortige System mit sich bringt. Bei welcher Fläche bzw. bei welcher Bevölkerungsgröße würdest Du die Grenze des Händelbaren ziehen? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mistah Kurtz Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 (bearbeitet) Russland hat eine Fläche von 17.075.400 km² und ist damit das größte Land der Erde. Seine Bevölkerungsdichte beträgt rd. 8,5 Einwohner pro km2 (zum Vergleich: die Bevölkerungsdichte Deutschlands liegt bei rd. 232 Einwohner pro km2). Der europäische Teil Russlands umfasst mit rd. 3.930.000 km2 nur 23% des russischen Territoriums. Auf diesen 23% leben 85% der gesamten Einwohnerschaft (rd. 123 Millionen), lediglich 22 Millionen leben im asiatischen Teil Russlands. Die Bevölkerungsdichte dort liegt bei 1,6 Einwohner pro km2. Der europäische Teil ist der Fläche nach nur etwa halb so groß wie Brasilien, noch deutlich kleiner als Australien, etwas größer als Indien. So weit zur Einordung der Größenverhältnisse bezüglich Einwohner und Fläche. Die Schlussfolgerungen daraus sind an sich relativ klar. Der europäische Teil ist von der Bevölkerung her relativ homogen mit einer Ausnahme: die Kaukasusregion, im speziellen die Teilrepubliken Tschetschenien, Dagestan, Inguschetien , Kabardino-Balkarien. Hier fallen zwei Aspekte zusammen: zum einen sind die Russen hier eine Minderheit, zum anderen ist der Islam die dominierende Religion. Wenn es in Russland zu Abspaltungen kommt, dann nur hier. Alle anderen Gebiete sind, was die Einwohnerschaft, ihre Kultur und Religion anbelangt, so homogen, dass eine Abspaltung sehr unwahrscheinlich ist, ich möchte sogar sagen: praktisch ausgeschlossen. Im asiatischen Teil muss man einfach konstatieren: wer sollte sich denn hier abspalten können? Es ist ja - bezogen auf die Größe - ja fast niemand da. Der Großteil der Einwohnerschaft besteht zudem aus Russen, teilt also mit den Russen, die im europäischen Teil leben, Kultur, Religion und Lebensstil. Realistisch ist einzig die Abspaltung der Kaukasus-Republiken, ein Zerfall Russlands insgesamt erscheint mir so wahrscheinlich wie ein Zerfall der USA oder Brasiliens oder auch Italiens. Was den "russischen Kolonialismus" anbelangt, Russland in seinen heutigen Grenzen geht im wesentlichen auf das Zarenreich zurück. Gewiss, Russland hat sich im 17. und 18. Jahrhundert nach Osten bis zum Amur und bis zu den Aleuten, ja, zeitweilig sogar bis nach Alaska hinein ausgedehnt (Alaska verkaufte es 1860 an die USA). Damit war die russische Kolonialisierung im wesentlichen abgeschlossen, lange also vor dem Ende der europäischen Kolonialisierung, die sich ja bis ins frühe 20. Jahrhundert fortsetzte. Ist Russland trotzdem heute noch ein Kolonialreich? Wenn man das bejaht, dann muss man auch bejahen, dass die USA, Kanada und Australien heute noch bestehende Kolonialreiche sind. Nachtrag: wenn sich die genannten Kaukasusrepubliken abspalten, dann unter dem Zeichen des Islam. Die früheren Versuche, so eine Abspaltung durchzusetzen (Kriege in Tschetschenien, Aufstände in Dagestan, Terroranschläge in Inguschetien etc.), erfolgten allesamt unter Führerschaft eines radikalen Islamismus. Gelingt eine solche Abspaltung, garantiere ich, dass der Westen sich erneut mit dem Problem eines erstarkten Islamismus wird auseinandersetzen müssen, also Terrorismus und Kriege im nahen Osten, Flüchtlingswellen, Anschläge usf. Der Westen wird wieder in diesen Morast hineingezogen werden, im speziellen Europa wird sich dem auf die eine oder andere Weise nicht entziehen können. bearbeitet 4. März 2022 von Mistah Kurtz 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 1 Stunde schrieb Flo77: Wobei das in China ja ganz gut zu klappen scheint. Mit allen Nachteilen, die das dortige System mit sich bringt. Bei welcher Fläche bzw. bei welcher Bevölkerungsgröße würdest Du die Grenze des Händelbaren ziehen? In China klappt das nur, weil die Kernvölker Chinas - Han, Hui (das sind muslimische Han), Mandschu und die Mongolen der inneren Mongolei (die äußerre Mongolei ist ein eigener Staat, der gleichermaßen zu China und zu Russland sehr freundliche Beziehungen hat) zum einen die Mehrheit bilden und sich darüber einig sind, gemeinsam herrschen zu wollen (war nicht immer so, siehe der Zopfstreit früherer Zeiten). Zumindest derzeit. Die Mehrzahl der übrigen Völker sind entweder weitgehend sinisiert und sehen sich selber auch als Chinesen oder sie sind solche Minderheiten, dass man sie ohne Probleme niederhalten kann (da fallen mir derzeit nur die Uiguren und die Tibeter ein). Bei den Uiguren kommt noch dazu, dass es nennenswerte, wenn auch kaum wirksame Kontakte zu religiösen Extremisten in den Nachbarländern gibt, was großen Teilen der Bevölkerung eine gewisse zusätzliche Rechtfertigung gibt. Weiterhin klappt China deswegen, weil die Leute sozusagen ihre politische Mitbestimmung zum Preis eines bisher über viele Jahre laufenden wirtschaftlichen Aufschwungs verkaufen. Wenn dieser Deal nicht mehr aufgeht, dann wird China ein Problem bekommen. Ein großes Problem. An der Trennlinie arm-reich könnte dann das Land auseinanderbrechen, allerdings eher weniger an den Grenzen der Volksgruppen - abgesehen, von Uiguren und Tibetern, denn diese wollen nicht mitbestimmen, sondern jeweils einen eigenen abgeschlossenen Staat nur für sich). Die Sowjetunion brach deswegen auseinander, weil jeder Teilstaat für "seine" Volksgruppe einen ethnisch einheitlichen Staat haben wollte und die anderen Volksgruppen als Aggressoren und fremdbestimmende Besatzer wahrgenommen wurden. Was dann quer durch das ganze ehemalige Land zu ziemlich emotional und gewalttätig geführten und teilweise heute noch anhaltenden bzw. wieder aufflammenden Bürgerkriegen führte und dort, wo es keine solche Bürgerkriege gab, teilweise bis heute noch ethnisch klemmt (z.B. Estland, Lettland). Es gab kaum einen (ehemaligen) Teilstaat, der nicht seine Minderheiten mehr oder weniger stark unterdrückte (möglicherweise Litauen, aber dieses Land kenne ich nicht sehr genau, Belarus und Turkmenistan - dieses allerdings deswegen, weil es in diesem Land praktisch keine Zuwanderer aus anderen Teilrepubliken gab und das Land bereits vorher ethnisch ziemlich homogen war). Das ist letztlich auch der Grund, warum manche Nachfolgestaaten ihrerseits dann teilweise auseinanderbrachen (Republik Moldau, Azerbaijan, Georgien, jeweils an den Grenzen der Volksgruppen). China ist schon seit Jahrhunderten ein Vielvölkerstaat und hat es verstanden, die große Mehrheit der vielen Völker zumindest so weit zu sinisieren, dass sie in einem Staat zusammenleben wollen. Die Sowjetunion hat das nie versucht, sie hat sich immer so verstanden, dass die Russen (zu denen man damals die Ukrainer und die Weißrussen zählte) den "zurückgebliebenen" anderen Völkern sagten, was sie zu tun hatten. So drastisch war das in China nicht, dort bestand durchaus auch das Interesse der Angehörigen kleinerer Völker, zu den Chinesen zu gehören. Sowjetunion bzw. vorher Kaiserreich? Fehlanzeige. Ich kann mich nur wiederholen: Wenn ein neu gegründeter Staat als eine seiner ersten Amtshandlungen die Sprache der Minderheiten abschaffen will (das betraf im äußersten osteuropäischen Raum insbesondere Georgien, Azerbaijan und die Ukraine), dann destabilisiert man damit die Zukunft. Kann man ganz praktisch am Konflikt in Georgien erkennen. Oder früher an der Entstehungsgeschichte der Tschechoslowakei (wobei ich auch dort - ebenso wie bei der Ukraine, keinesfalls die Invasion durch ein fremdes Land rechtfertigen will - würde ich den russischen Einmarsch in der Ukraine gut heißen, müsste ich mit der gleichen Begründung auch die Umsetzung des Münchner Abkommens zur Zerteilung der Vorkriegs-Tschechoslowakei für richtig halten und das mache ich nicht). Bedauerlicherweise lernte man von den Unterdrückern. Das ist tragisch. 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Lothar1962 Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 2 Minuten schrieb Mistah Kurtz: Im asiatischen Teil muss man einfach konstatieren: wer sollte sich denn hier abspalten können? Es ist ja - bezogen auf die Größe - ja fast niemand da. Der Großteil der Einwohnerschaft besteht zudem aus Russen, teilt also mit den Russen, die im europäischen Teil leben, Kultur, Religion und Lebensstil. Der asiatische Teil Russlands ist das Land der "kleinen Turkvölker", der Mongolen und der kleinen finno-ugrischen Völker (besonders Udmurtien und Mari-El). Da kann Sprengkraft drinstecken , wenn man das Land nicht weiter föderalisiert. vor 2 Minuten schrieb Mistah Kurtz: Ist Russland heute noch ein Kolonialreich? Wenn man das bejaht, dann muss man auch bejahen, dass die USA, Kanada und Australien heute noch bestehende Kolonialreiche sind. Nicht ganz. In den von Dir genannten Staaten sowie in Frankreich haben inzwischen in allen Landesteilen, die alte Kolonialgebiete sind, Abstimmungen darüber stattgefunden, ob man ein Teil des "Mutterstaates" sein will. Das gilt sogar für Großbritannien - in Nordirland ist das Problem die 50/50-Bevölkerung, deswegen führt die Wahl nicht weiter. Gibraltar, Montserrat und die Falklands haben mit mehr als 90% Zustimmung sehr deutlich gemacht, dass sie Briten sein wollen. Nouvelle Calédonie wollte auch ein Teil Frankreichs bleiben, allerdings mit einer ganz eigenen politischen Struktur. So wurde es ein "Überseegebiet sui generis". In Tuva, Tatarstan (ist auch muslimisch), Mari-El und Udmurtien - alles vom Kaiserreich einverleibt - gab es solche Abstimmungen nie. Im übertragenen Sinne könnte man da durchaus von einem Kolonialreich reden. 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Aristippos Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 12 Minuten schrieb Mistah Kurtz: Die Schlussfolgerungen daraus sind an sich relativ klar. Der europäische Teil ist von der Bevölkerung her relativ homogen mit einer Ausnahme: die Kaukasusregion, im speziellen die Teilrepubliken Tschetschenien, Dagestan, Inguschetien , Kabardino-Balkarien. Sorry, aber es ist genau umgekehrt. Der Großteil der Minderheitenbevölkerungen lebt in Russland im europäischen Teil. Sibirien ist weitgehend homogen russisch. Die paar eingeborenen Rentiernomaden fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Der europäische Teil zwischen Wolga und Ural ist hingegen von einem bunten Völkergemisch bewohnt, genau wie der Kaukasus, nur dass die Bevölkerungszahlen andere Dimensionen haben. Da leben Millionen von Tataren, Baschkiren, Mordwinen, Tschuwaschen, die teilweise muslimisch sind. Die Tataren bei Russland zu halten, war schon bei Auflösung der Sowjetunion eine knappe Nummer. Tatarstan hatte seine Unabhängigkeit erklärt und konnte von Jelzin nur um den Preis zahlreicher Sonderrechte gehalten werden. Im Zuge des zweiten Tschetschenienkriegs wurden diese von Putin zwar einkassiert, aber was dort geschieht, wenn Russland ernsthaft ins Trudeln gerät, ist nicht so leicht vorhersehbar. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Mistah Kurtz Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 2 Minuten schrieb Lothar1962: 1) Der asiatische Teil Russlands ist das Land der "kleinen Turkvölker", der Mongolen und der kleinen finno-ugrischen Völker (besonders Udmurtien und Mari-El). Da kann Sprengkraft drinstecken , wenn man das Land nicht weiter föderalisiert. 2) Nicht ganz. In den von Dir genannten Staaten sowie in Frankreich haben inzwischen in allen Landesteilen, die alte Kolonialgebiete sind, Abstimmungen darüber stattgefunden, ob man ein Teil des "Mutterstaates" sein will. Das gilt sogar für Großbritannien - in Nordirland ist das Problem die 50/50-Bevölkerung, deswegen führt die Wahl nicht weiter. Gibraltar, Montserrat und die Falklands haben mit mehr als 90% Zustimmung sehr deutlich gemacht, dass sie Briten sein wollen. Nouvelle Calédonie wollte auch ein Teil Frankreichs bleiben, allerdings mit einer ganz eigenen politischen Struktur. So wurde es ein "Überseegebiet sui generis". In Tuva, Tatarstan (ist auch muslimisch), Mari-El und Udmurtien - alles vom Kaiserreich einverleibt - gab es solche Abstimmungen nie. Im übertragenen Sinne könnte man da durchaus von einem Kolonialreich reden. ad 2) Die sind, von der Bevölkerungszahl her gesehen, einfach viel zu klein, als dass sie erfolgreiche eine Abspaltung durchsetzen könnten. Insbesondere, weil in den meisten sibirischen Teilrepubliken bzw. Oblasten und Regionen die Mehrheit von Russen gestellt wird: Republik Altai 57% bei 206.000 EW; Republik Chakassien 80% bei 530.000 EW; Region Altai 92% bei 2,4 Mill. EW; Region Krasnojarsk 89% bei 2,8 Mill. EW, Oblast Irkutsk 82% bei 2,4 Mill. EW; Oblast Kemerowo 92% bei 2,7 Mill. EW; Nowosibirsk 89% bei 2,7 Mill. EW; Oblast Omsk 83% bei 2 Mill. EW; Oblast Tomsk 88% bei 1 Mill. EW. Von der Bevölkerung her würde ich die Möglichkeit einer tatsächlichen Abspaltung einzig bei der Teilrepublik Tuwa sehen. Da liegt der Bevölkerungsanteil der Russen bei nur 16% gegenüber den 81% Tuwiner. Aber Tuwa hat nur eine Einwohnerschaft von 308.000, also in etwa so viel wie Karlsruhe. Eine erfolgreiche Abspaltung halte ich alleine schon von daher für auszuschließen. ad 2) Hat man die Aborigines jemals gefragt? Nein, hat man nicht. Man hat sie einfach nur marginalisiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Hat man die Indianerstämme in Nordamerika gefragt, ob sie Teil der USA sein wollen? Nein, hat man nicht. Noch im 20. Jahrhundert wurde Widerstand hart zerschlagen, wie man an der Niederschlagung des Protests in Wounded Knee exemplarisch sehen kann. Die von Dir genannten Beispiele sind Beispiele, die auf einer langjährigen und nahezu vollständigen Assimilation beruhen. Es ist, könnte man sagen, dort praktisch nichts mehr da, was sich auflehnen könnte. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Chrysologus Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 vor 2 Stunden schrieb Mistah Kurtz: Die Schlussfolgerungen daraus sind an sich relativ klar. Der europäische Teil ist von der Bevölkerung her relativ homogen mit einer Ausnahme: die Kaukasusregion, im speziellen die Teilrepubliken Tschetschenien, Dagestan, Inguschetien , Kabardino-Balkarien. Hier fallen zwei Aspekte zusammen: zum einen sind die Russen hier eine Minderheit, zum anderen ist der Islam die dominierende Religion. Wenn es in Russland zu Abspaltungen kommt, dann nur hier. Alle anderen Gebiete sind, was die Einwohnerschaft, ihre Kultur und Religion anbelangt, so homogen, dass eine Abspaltung sehr unwahrscheinlich ist, ich möchte sogar sagen: praktisch ausgeschlossen. Unterschiede sind schnell konstruiert - Verwaltungsgliederungen sind hier weit relevanter als Ethnien, deswegen sehe ich das etwas anders. Es reicht eine entschlossene, nicht zu kleine Gruppe und eine gute Geschichte, verbunden mit der Aussicht, dass es selbständig besser ginge als im Verbund. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Thofrock Geschrieben 4. März 2022 Melden Share Geschrieben 4. März 2022 Die Ukraine haben uns eine Wunschliste geschickt. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/krieg-gegen-russland-ukraine-bittet-bundeswehr-um-weitere-waffen-a-cea60d17-7cba-4752-912d-d1ac1e958788 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Die Angelika Geschrieben 5. März 2022 Melden Share Geschrieben 5. März 2022 Selenskyi live bei Frankfurter Demo zugeschaltet Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rince Geschrieben 5. März 2022 Melden Share Geschrieben 5. März 2022 Neben Finnland tendiert auch die Mehrheit der Schweden für einen Beitritt zur NATO. Damit hätte Putin das Gegeteil von dem erreicht, was er wollte: Mehr NATO Truppen direkt an der russischen Grenze. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
MartinO Geschrieben 5. März 2022 Melden Share Geschrieben 5. März 2022 vor 2 Stunden schrieb rince: Neben Finnland tendiert auch die Mehrheit der Schweden für einen Beitritt zur NATO. Damit hätte Putin das Gegeteil von dem erreicht, was er wollte: Mehr NATO Truppen direkt an der russischen Grenze. Das dürfte er sowieso haben: Die Ukraine erweist sich als stabiler, als sie es seit 1991 je war. Er kann sie vernichten, das ja - aber wie will er seinen Leuten erklären, dass er russisches Kernland, das er ja nur befreien wollte, komplett zerstört? Die NATO hat ihre Militärpräsenz an der Ostgrenze erheblich erhöht. Finnland und Schweden wollen beitreten. Von Estland aus kann man sowieso problemlos Raketen auf Petersburg schießen. Je mehr russische Soldaten tot heimkommen, desto mehr Widerstand wird er zu Hause - von den Müttern, aber auch von Offizieren, die nicht einsehen, ihre Soldaten zu verheizen - haben. Ich fürchte nur, dass Putin jetzt auch kaum mehr zurück kann. Ich hoffe, dass er wenigstens so klar im Kopf ist, dass er keine Atomwaffen zündet - wenn er das täte, könnten vielleicht in 1000 Jahren Forscher aus Japan oder Amerika in Sicherheitsanzügen nach Überresten der Kulturen suchen, die es einmal zwischen Atlantik und Ural gab. Der realistischste Ausweg ist momentan, dass Putin entweder "durch plötzlichen Herzinfarkt" zu Tode kommt oder "plötzlich" schwer krank wird und "aus medizinischen Gründen" von allen anderen Menschen isoliert werden muss. Halbwegs realistisch ist das deshalb, weil Generäle nicht unbedingt moralisch gut sind, aber eher sehen, welchen Nutzen und welchen Schaden ihr Krieg bringt - "Lupenreine" Demokraten waren weder die Attentäter vom 20. Juli 1944 noch die Anführer der Nelkenrevolution in Portugal noch die am Sturz Ceausescus Beteiligten. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
rorro Geschrieben 5. März 2022 Melden Share Geschrieben 5. März 2022 (bearbeitet) Hier mal eine interessante Sichweise eines ukrain. Pazifisten aus dem belagerten Kiew: https://www.democracynow.org/2022/3/1/ukrainian_pacifist_movement_russia_missile_strike bearbeitet 5. März 2022 von rorro 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
Shubashi Geschrieben 5. März 2022 Melden Share Geschrieben 5. März 2022 2 hours ago, rorro said: Hier mal eine interessante Sichweise eines ukrain. Pazifisten aus dem belagerten Kiew: https://www.democracynow.org/2022/3/1/ukrainian_pacifist_movement_russia_missile_strike Ich finde es bemerkenswert, wenn überzeugte Pazifisten bereit sind eine Alternative zur militärischen Eskalation zu suchen. Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass autoritäre und v.a. totalitäre Regime kein moralisches Problem darin sehen, auch friedliche Menschen massenhaft zu ermorden. Putins großes Vorbild Stalin sah es schlicht als machtpolitische Notwendigkeit an, Millionen Kulaken in der Ukraine zu ermorden und die dortige Bevölkerung den massenhaften Hungertod sterben zu lassen. Aktuell entfällt ja auch in Russland jeder Anschein des Restbestandes von Demokratie und Rechtsstaat - die Frage, ob Putin nicht Menschenleben in beliebiger Höhe opfern wird, um seinen Alptraum eines Imperiums zurückzuerobern, scheint mir durchaus vernünftig zu sein. (Und die Bereitschaft, einen Massenmord ohne entschlossenen Widerstand hinzunehmen, ist für mich der Punkt, wo Pazifismus zur moralisch fragwürdigen Haltung wird.) 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen More sharing options...
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