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Russland und die Nato


Flo77

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vor einer Stunde schrieb Lothar1962:

 

Was meinst Du mit Georgien-Frage? Die Auseinandersetzungen um Südossetien und Abchasien im Jahr 2008? Wenn ja: Da war die Situation eine völlig andere. In beiden Landesteilen Georgiens war die Bevölkerung durchaus auf der Seite Putins gestanden - das hatte etwas mit der innenpolitischen Situation in Georgien zu tun. Putin hätte ohne Probleme Georgien besetzen können - hat sich aber sofort nach der Kapitulation durch Saakaschwili zurückgezogen und auch über die Sicherung der abtrünnigen Provinzen hinaus keine Maßnahmen mehr gegen Georgien unternommen, obwohl Georgien winzig ist, im Vergleich zur Ukraine. 

 

Bis heute sieht wohl die Mehrheit der Abchasen und der Südosseten keine Zukunft als wie auch immer gearteter Teil Georgiens, sondern bevorzugt die Trennung. Die Situation in der Ukraine ist offenbar - möglichweise abgesehen von der Krim - völlig anders: Selbst in den beiden abgespaltenen Gebieten im Donbass ist die russische Dominanz nur durch massive polizeiliche und militärische Gewalt zu halten, was in Abchasien (dort war ich zweimal und dort habe ich auch Bekannte) nicht der Fall ist.

 

Möglicherweise ist Putin der Fehleinschätzung aufgesessen, dass die Ukraine ähnlich leicht zu knacken ist wie Georgien, kann sein. Die Situationen sind jedenfalls sehr verschieden.

Nicht in Bezug auf die Bevölkerung, sondern in Bezug auf das Verhalten des Westens, der EU bzw. NATO.

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vor 36 Minuten schrieb rince:

Dann scheint es ja keine Querdenker im Forum zu geben :) 

Das nicht, aber die sind offenbar schon etwas verwirrt. Es braucht natürlich Leute wie ich Schiffmann, die ihrem Klientel erstmal erklären, warum sie seine Meinung übernehmen sollten. Als er seiner Zeit begann vor dem Coronaregime zu warnen, war das ja auch so. Der Begriff fiel auch erst mit Verspätung in dieses Forum ein.

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vor 6 Stunden schrieb Sucuarana:

Wobei mir nicht klar ist, ob man Putin's Entscheidung zum Einmarsch überhaupt rational erklären kann. Ausser vielleicht dadurch, dass er wirklich dachte, das russische Militär sei viel besser, als es sich jetzt gezeigt hat. Das wäre ein der Zusammenbruch seines militärischen Kommando-Apparats. Und das er keine nachrichtendienstlichen Daten darüber hatte, wie der Westen reagieren würde. Das wäre auch eine Bankrott-Erklärung der russischen Geheimdienste und Aussenministeriums. Alle anderen Erklärungen laufen meines Erachtens darauf hinaus, dass er (oder das Entscheidungsgremium im Kreml) non compos mentis ist.

Ich habe schon seit längerem (mindestens 2020) aufgrund diverser Übertragungen aus dem Kreml den Eindruck, dass es schon lange niemanden mehr gibt, der Putin sagt, was ist, sondern nur das, was er hören möchte. Da sind Fehleinschätzungen eigentlich kein Wunder

 

Werner

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vor 17 Minuten schrieb Werner001:

Ich habe schon seit längerem (mindestens 2020) aufgrund diverser Übertragungen aus dem Kreml den Eindruck, dass es schon lange niemanden mehr gibt, der Putin sagt, was ist, sondern nur das, was er hören möchte. Da sind Fehleinschätzungen eigentlich kein Wunder

 

Werner

Auffällig wirr war vor allem der Umgang mit Nawalny. Erst darf er nach Berlin ausgeflogen werden, der wird er bei der Rückkehr verhaftet. Völlig irre Logik.

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3 hours ago, Mistah Kurtz said:

In der Hinsicht blieb es dann auch bis 2019 in der Hinsicht ruhig. 2019 aber wurde der NATO-Beitritt der Ukraine als Staatsziel in die ukrainische Verfassung aufgenommen. Da passierte immer noch nichts, aber die Lunte für den Krieg 2022 begann da wohl schon zu glimmen. Das wurde wohl weiter angefacht, als die NATO im Juni 2020 die Ukraine in sein Programm  "Enhanced Opportunities Partner" aufnahm, dass den Zweck hatte die militärische Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine zu vertiefen. 2021 wurde die Ukraine von der NATO in den "Individual Partnership Action Plan" aufgenommen, mit dem die NATO der Ukraine militärische Unterstützung zusagte. Ich denke, spätestens da brannte die Lunte zum Krieg lichterloh.

vielen Dank, endlich mal Fakten. Nun ist die Lage halt die dass einem souveränen, von Russland anerkannten Land seitens Putin die Selbstbestimmung abgesprochen wird. Länder werden zu Vorgärten. Und die (vereinfachte) Mearsheimer Erklärung dazu das sei halt so innerhalb der Interessens-Sphären der Grossmächte. Aber ist das hinzunehmen? Ich denke die Ukrainer geben gerade die Antwort darauf.

 

Es wurde ja eifrig verhandelt vor der Invasion, vllt auch ungeschickt. Aber das Problem führe ich weiterhin auf die absolute Macht einer Person in Russland zurück. Wenn die Rationalität russischer Aussenpolitik den Gesundheitszustand Putins wiederspiegelt ist was faul im Lande.

bearbeitet von phyllis
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8 hours ago, Mistah Kurtz said:

... viele Fakten ...

Diese Fakten sind zwar sehr gut, und sie erklären möglicherweise, was der Kreml sich dabei gedacht hat (oder vielleicht auch nicht). Aber sie beantworten die "warum dürfen die das" Frage nicht. Die russische Regierung will gewisse Dinge nicht, z.B. eine NATO Mitgliedschaft von Georgien und der Ukraine. Das wissen wir jetzt seit mehr als einem Jahrzehnt. Aber daraus kann man nicht schlussfolgern, das der Wunsch der russischen Regierung auch für deren Nachbarländer oder den Westen Befehl zu sein hat. Und mit diesem Wunsch kann man keinen Angriffskrieg rechtfertigen. Georgien und die Ukraine sind freie und unabhängige Staaten, mit Menschenrechten, und die Befindlichkeiten Russlands sind dort egal. Genausowenig wie der Wunsch nach mehr Lebensraum, mehr Rohstoffen, mehr Öl, oder weniger Terrorismus Angriffskriege wie Deutschland in 38-45, Japan 31-45, Irak (in Kuwait) 90 oder die USA (im Irak) 03-... rechtfertigen kann. Seit Nürnberg und Tokyo wissen wir, dass Angriffskriege nicht gehen, selbst wenn der Angreifer meint, eine Begründung zu haben.

 

Oder um es in einem Satz zu sagen: Diese Fakten sind interessant aber irrelevant. Russland begeht mit diesem Krieg ein Verbrechen, das bestraft werden muss, und dessen Wiederholung verhindert werden muss. Ob Russland, oder der Kreml, oder Putin sich dabei gerechtfertigt fühlen macht keinen Unterschied. Die einzige Frage ist eine rein praktische: Wie kann man die Ukraine verteidigen, wiederherstellen und entschädigen, und eine Wiederholung verhindern, mit dem geringsten Aufwand und Schaden. Und das ist im Grunde die gleiche Frage wie: Morgenthau oder Marshall. 

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vor 7 Stunden schrieb Sucuarana:

Aber sie beantworten die "warum dürfen die das" Frage nicht.

Russland ist ein Schurkenstaat mit einem paranoiden lupenreinen Diktator und Kriegsverbrecher an der Spitze und einem Atomwaffenarsenal in der Hinterhand. Darum hindert sie zZ niemand an ihrem Amoklauf.

 

Um das 'dürfen' geht es gar nicht. Die gestrige Entscheidung des UN-Gerichts hat ja bestätigt, das die es nicht dürfen.

bearbeitet von rince
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vor 9 Stunden schrieb Sucuarana:

Diese Fakten sind zwar sehr gut, und sie erklären möglicherweise, was der Kreml sich dabei gedacht hat (oder vielleicht auch nicht). Aber sie beantworten die "warum dürfen die das" Frage nicht. Die russische Regierung will gewisse Dinge nicht, z.B. eine NATO Mitgliedschaft von Georgien und der Ukraine. Das wissen wir jetzt seit mehr als einem Jahrzehnt. Aber daraus kann man nicht schlussfolgern, das der Wunsch der russischen Regierung auch für deren Nachbarländer oder den Westen Befehl zu sein hat. Und mit diesem Wunsch kann man keinen Angriffskrieg rechtfertigen. Georgien und die Ukraine sind freie und unabhängige Staaten, mit Menschenrechten, und die Befindlichkeiten Russlands sind dort egal. Genausowenig wie der Wunsch nach mehr Lebensraum, mehr Rohstoffen, mehr Öl, oder weniger Terrorismus Angriffskriege wie Deutschland in 38-45, Japan 31-45, Irak (in Kuwait) 90 oder die USA (im Irak) 03-... rechtfertigen kann. Seit Nürnberg und Tokyo wissen wir, dass Angriffskriege nicht gehen, selbst wenn der Angreifer meint, eine Begründung zu haben.

 

Oder um es in einem Satz zu sagen: Diese Fakten sind interessant aber irrelevant. Russland begeht mit diesem Krieg ein Verbrechen, das bestraft werden muss, und dessen Wiederholung verhindert werden muss. Ob Russland, oder der Kreml, oder Putin sich dabei gerechtfertigt fühlen macht keinen Unterschied. Die einzige Frage ist eine rein praktische: Wie kann man die Ukraine verteidigen, wiederherstellen und entschädigen, und eine Wiederholung verhindern, mit dem geringsten Aufwand und Schaden. Und das ist im Grunde die gleiche Frage wie: Morgenthau oder Marshall. 

Obwohl du im ersten Satz eigentlich anders anfängst, setzt du im Verlauf des Beitrags eine Erklärung mit einer Rechtfertigung gleich. Wenn man erklärt, warum Russland das macht, spricht man nicht gleichzeitig eine Rechtfertigung aus.

 

Die Stories um das Thema Georgien, Ukraine, NATO, EU, Westen, Vorgarten sind Erklärungen. Aber damit nicht automatisch eine Rechtfertigung. Wenn man das nicht trennen möchte, dann sind Fakten in der Tat irrelevant.

 

Ich wüsste nicht, wo irgendjemand gesagt hat, dass Russland in die Ukraine einmarschieren darf.

bearbeitet von bw83
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vor 1 Stunde schrieb Mistah Kurtz:

Wer Fakten als irrelevant erklärt, hat aufgehört rational zu denken. Darum: Fakten sind nie und unter keinen Umständen irrelevant. 

Für diesen Fall ist es aber doch wohl so dass Fakten andere Fakten überlagern, und sie damit tatsächlich irrelevant machen. Schließlich bewertest du die Relevanz ja auch gar nicht. Du listest Fakten auf und stellst sie in den Raum. Aber zu den von dir bevorzugten Konsequenzen machst du keine Angaben. 

 

Was genau möchtest Du also eigentlich?

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Ein berühmtes Zitat von George Santayana lautet: "Those who cannot remember the past are condemned to repeat it." Zu Deutsch: "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt/verurteilt, sie zu wiederholen."

 

Das lässt sich gut auf das Faktenwissen ummünzen. Wer die Fakten nicht kennt oder sich weigert sie zur Kenntnis zu nehmen, ist ein Blinder, der Blinde führt.

Die Welt hat es an sich, dass so etwas in aller Regel ein böses Ende nimmt. Das würde ich - nicht nur in diesem Fall - gerne vermieden sehen. 

bearbeitet von Mistah Kurtz
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vor 5 Minuten schrieb Mistah Kurtz:

Ein berühmtes Zitat von George Santayana lautet: "Those who cannot remember the past are condemned to repeat it." Zu Deutsch: "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt/verurteilt, sie zu wiederholen."

 

Das lässt sich gut auf das Faktenwissen ummünzen. Wer die Fakten nicht kennt oder sich weigert sie zur Kenntnis zu nehmen, ist ein Blinder, der Blinde führt.

Die Welt hat es an sich, dass so etwas in aller Regel ein böses Ende nimmt. Das würde ich - nicht nur in diesem Fall - gerne vermieden sehen. 

Das klingt alles sehr hübsch, ist aber eben auch leider sehr kryptisch. Also noch einmal.

 

Was genau möchtest du eigentlich? Dass wir erstmal wochenlang die Fakten bewerten, bevor wir einen Finger rühren? 

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vor 2 Stunden schrieb Mistah Kurtz:

FFF fordert den sofortigen Ausstieg aus der Kohleversteifung: Fakten zu den wirtschaftliche Auswirkungen?

Das kann man sogar glauben!

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vor 4 Stunden schrieb Soulman:

Das kann man sogar glauben!

Habe ich das echt geschrieben? Peinlich. Ich meinte natürlich, falls das nicht klar sein sollte, die Kohleverstromung.

bearbeitet von Mistah Kurtz
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vor einer Stunde schrieb Aristippos:

Fakten sind in der Politik nur relevant, wenn man sie in ein normatives Handlungsmodell einbaut.

 

Ich denke, wir haben jetzt alle verstanden, warum Putin das macht. Nur, was bringt das? Dieses Verständnis ist nur von Nutzen, wenn es in ein Handlungs- und Entscheidungsmodell eingespeist wird, ansonsten ist es bedeutungslos. Und auch bei Mearsheimer sieht man, dass er sich keinesfalls auf die Darstellung der Fakten beschränkt. Wenn er das täte, würde ihn keiner interviewen. Nein, er zieht normative Konsequenzen, z.B. dass der Westen für den Krieg verantwortlich ist, oder dass man die Balten nicht in die NATO hätte aufnehmen sollen.

 

Nur ist es so, dass normative Wertungen niemals aus Fakten allein folgen. Fakten sind notwendig, das ja, aber nicht hinreichend. Man braucht zusätzlich noch andere, normative Grundprinzipien, die mit den Fakten verbunden werden.

 

Die Unehrlichkeit der Mearsheimerschen Argumentationen ist nun, diese normativen Grundprinzipien sozusagen zu verstecken. Angeblich werden nur die Fakten analysiert. Aus dem Fakt, dass Russland die Ukraine nicht in der NATO haben will, folgt aber an sich noch keine Handlungsnorm und auch keine Zuordnung von Verantwortlichkeiten, wie Mearsheimer sie vornimmt. Dazu braucht er ein zusätzliches normatives Prinzip, z.B. wie "Handle in Russlands Vorgarten nie so, wie es Russland nicht mag." Oder so ähnlich.

 

Dieses Prinzip wird nicht ausgesprochen, weil es offensichtlich moralisch angreifbar ist. Wenn die Diskussion diese Wendung nimmt, wird die Moral schnell ausgeklammert und auf die reine Analyse der Fakten verwiesen. Um von Fakten zu Handlungsnormen und Bewertungen zu kommen, braucht man aber Moral. Nur werden Leute wie Mearsheimer die moralischen Annahmen, auf denen ihre Wertungen beruhen, niemals aussprechen. Dafür schämen sie sich zu sehr.

Also das gleiche "Problem", dass man so wunderbar abschreckend beim Klimawandel oder Covid bewundern kann... 

bearbeitet von rince
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vor 10 Stunden schrieb Mistah Kurtz:

 

Ja, eigentlich möchte ich das. Aber nicht erst jetzt, wo das Kind in den Brunnen fiel. Wie schon oft von mir gesagt: Kriege kommen nicht aus dem Nichts, sie haben eine Vorgeschichte. Es ist wie Clarke es für den 1. Weltkrieg ausdrückte: Europa taumelte wie ein Schlafwandler in den Krieg. Und so auch dieses Mal. Dass sich etwas zusammenbraut zwischen NATO, EU, Russland und der Ukraine war seit mindestens 20 Jahren absehbar. Es gab Gelegenheiten das Unheil abzuwenden, aber diese Gelegenheiten wurden versäumt. Warum? Dafür gibt es sicherlich mehrere Gründe. Aber ein Grund ist für mich ein gewisser moralisierender Rigorismus, wie er, wie ich meine, exemplarisch auch in diesem Thread immer wieder von einigen vertreten wird. Jetzt sind wir so weit, dass beispielsweise von den baltischen Staaten und Polen ein direktes Eingreifen der NATO in den Krieg verlangt wird. Weil es "das Richtige" ist. Dieses "Richtige" bringt aber die Welt in Gefahr. Ein Russland, in die Enge getrieben, wäre es so rational dennoch auf den Einsatz von Atombomben zu verzichten? Ich weiß es nicht, aber ich bin nicht der Meinung, dass das "Richtige" dieses Risiko wert ist. 

 

Heute - in unseren Tagen - wird jede Frage moralisierend beantwortet. Daher auch die Beispiele von oben, die Forderungen von FFF sofort aus der kalorischen Energiegewinnung auszusteigen; der Slogan "kein Mensch ist illegal" - und damit natürlich verbunden die Implikation, dass Deutschland aufnehmen muss, wer und wie viele kommen wollen; die Forderung ab sofort weder Öl, noch Kohle, noch Gas aus Russland zu beziehen, das wäre angesichts des Kriegs unmoralisch.

 

Aber was sind die Folgen? Und halten wir diese Folgen auch aus? Gestern hörte ich ein Interview mit dem Chef von RWE. Der meinte, wenn Deutschland ab sofort keine Energieträger aus Russland bezieht, hätte das unmittelbar für die Konsumenten keine Folgen; die könnten ihre Wohnungen weiterhin mit Gas heizen. Aber die ersten, denen die Zufuhr abgeschnitten wird, wäre die Industrie, jene Sparten, die darauf angewiesen sind. Das ist in erster Linie die produzierende Industrie. Die müsse sich darauf einstellen, wochen-, ja eventuell sogar monatelang den Betrieb nicht fortführen zu können. Das hätte natürlich gravierende Folgen: Betriebspleiten, Abwanderung, Massenarbeitslosigkeit in diesen Branchen, Rezession, um nur das zu nennen, was sich da spontan aufdrängt. Schon jetzt gibt es eine Tendenz in bestimmten Sektoren den Betrieb in Deutschland bzw. in Mitteleuropa stillzulegen. Schon vor dem Krieg warnte der Bundesverbands der Deutschen Industrie, dass die Energiekosten in Deutschland so hoch gestiegen seien, dass 1/5 der mittelständischen Industrieunternehmen überlegt die gesamte Produktion oder Teile davon (samt den damit verbundenen Arbeitsplätzen) ins Ausland zu verlegen, 13% machen das sogar bereits. Ich bin sehr erleichtert, dass ausgerechnet Robert Habeck sich bislang hartnäckig den Forderungen widersetzt, von heute auf morgen den Bezug von Gas, Kohle und Öl aus Russland einzustellen. Einfach weil die Folgen für die deutsche Wirtschaft nicht nur kurz-, sondern auch langfristig wirklich schlimm wären. Mir graut vor dem Gedanken, was gewesen wäre, wenn etwa eine moralisch dauererregte Claudia Roth als Wirtschaftsministerin diese Frage entschieden hätte. 

 

Darum geht es mir: Fakten sammeln, nach zu erwartenden Folgen fragen. Und auf Basis dessen, was man dann weiß, Entscheidungen treffen. Ich halte eine moralisierende Politik im Stile einer Claudia Roth für ein Unglück. Und man kann nur hoffen, dass die Moralisierer nicht das letzte Wort zum Krieg in der Ukraine haben. Denn dann sehe ich wirklich schwarz, und zwar nicht nur (und nicht in erster Linie) für uns, sondern auch für die Ukraine, Russland, und - mit Pech - sogar die ganze Welt. 

 

Und da Du schon fragst, was ich eigentlich will: was willst eigentlich Du? Und wie, glaubst Du, ist das, was Du willst, realistisch durchzusetzen?  Ich habe geantwortet. Jetzt antworte Du.

 

Kurz gesagt: der Verantwortungsethiker regt sich über die Gesinnungsethiker auf (die sich besonders bei den Grünen und in der Medienwelt von heute tummeln). Das kann ich gut nachvollziehen.

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18 hours ago, Mistah Kurtz said:

Heute - in unseren Tagen - wird jede Frage moralisierend beantwortet. Daher auch die Beispiele von oben, die Forderungen von FFF sofort aus der kalorischen Energiegewinnung auszusteigen; der Slogan "kein Mensch ist illegal" - und damit natürlich verbunden die Implikation, dass Deutschland aufnehmen muss, wer und wie viele kommen wollen; die Forderung ab sofort weder Öl, noch Kohle, noch Gas aus Russland zu beziehen, das wäre angesichts des Kriegs unmoralisch.


Vielen Dank für die vielen langen Beiträge, die tlw. genau die Bedenken zusammmenfassen, die ich seit 2014 für die Ukraine hege.

Seitdem wurde für dort eine nur schwafelnd-moralisierende Politik betrieben, ohne gleichzeitig die geringste praktische Vorbereitung für den Fall zu treffen, dass die Konfrontation mit Russland weiter eskaliert.

Die jetzige Entwicklung ist so katastrophal, dass ich selbst lange nicht an einen russischen Angriff glauben wollte.

Dieser sinnlose Krieg wirft unseren ganzen Planeten um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurück, und zwar in jeder Hinsicht - wirtschaftlich, ökologisch, politisch. Wir haben echt weder die Zeit noch die Ressourcen, wieder das Leben von Generationen an eine nutzlose „kalte“ Konfrontation der Blöcke zu verschwenden.

Selbst wenn es jetzt bald zu einem Waffenstillstand käme, ist die notwendige globale Kooperation in einem Maße gestört, dass der Teufel uns alle immer noch auf ein halbes dutzend andere Weise bekommen kann, auch ohne, dass eine Seite die Bombe wirft.

Dass Putin daran der Hauptschuldige ist, dürfte allenfalls kindlichen Gemütern einen „Trost“ geben.

bearbeitet von Shubashi
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