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Benedikt XVI., der klerikale Missbrauch und die sexuelle Revolution


iskander

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vor 21 Stunden schrieb iskander:

Wo sage ich das denn?

Wie erklärst Du Dir die Existenz der Missbrauchsforschung vor 2010, also der Zeit vor den kirchlichen Skandalen, wenn sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen angeblich nur spezielle Kreise betroffen hat? Hätte es dazu einen gesamten Forschungszweig gebraucht? Das ging (und geht) bis in bürgerliche Kreise hinein. Die Missbrauchsforschung hat in den 1980ern begonnen. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Fachliteratur.

Belege und Erklärungen, die die Annahme wahrscheinlich machen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des sexuellen Missbrauchs auch den Klerus beeinflusst hat, habe ich schon geliefert. Das kann man alles nachlesen. Wer diese nicht akzeptiert, kann gerne selbst in progressivkatholischer Literatur oder in der Tagespresse seit 1960 recherchieren. Ich höre an dieser Stelle damit auf. Ich finde umgekehrt, dass gerade die kirchlichen Studien auch für alle anderen gesellschaftlichen Bereichen, in denen sexueller Missbrauch vorkommt, als paradigmatisch für den wahrscheinlichen Einfluss der sexuellen Revolution auf Missbrauchsverhalten generell sein könnten. Denn andere Bereiche sind nicht über ein solch langen Zeitraum hinweg systematisch untersucht worden, zumindest ist mir das nicht bekannt. Dies dürfte allein schon wegen der Unorganisiertheit dieser gesellschaftlichen Bereiche im Vergleich zur Kirche schwierig sein. Und vielleicht ist gerade, weil die Kirche ein hochorganisiertes System ist und auf dieser Basis dann nach und nach Schutzmaßnahmen einführen konnte - das ist in der MHG-Studie ja auch für Deutschland und gut dokumentiert - (samt der in Rom getroffenen Maßnahmen) die Anzahl von Missbräuchen in der katholischen Kirche wenigstens in Deutschland oder in den USA usw. zusätzlich zum Effekt des Abflauens der Legitimation des Missbrauchs noch weiter zurückgegangen als in nicht-kirchlichen Bereichen.

 

Die frühen Kontakte des Progressivkatholizismus zu Kentler und Hentig zeigen, wie offen man gegenüber allem war, was neu und links war, auch was die Sexualpädagogik anging. Diese war aber mit einiger Wahrscheinlichkeit von den Theorien Arno Placks geprägt, wie vieles in dieser Zeit. Man hat dann später gesehen, was daraus geworden ist, zum Leid der Opfer. Die EKD jedenfalls stellt sich ihrer Vergangenheit. Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprecherin des EKD-Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt) sagt: „Ich gehöre ja auch in die Generation derer, die diese reformpädagogischen Ansätze großartig fanden und mit dem Blick jetzt zurückzugucken und zu sagen: was gab es für eine Kultur der Grenzverachtung dabei, weil Freiheit gleichgesetzt wurde mit Grenzenlosigkeit, und dass wir an der Stelle als Kirchen auch einen blinden Fleck hatten, da müssen wir zu stehen und auch eine Verantwortung für übernehmen.“ Neben dem Umstand, dass ich das sehr respektabel finde, kann man fragen: Braucht es da noch eine haarkleine Beweisführung der Trickle-Down-Prozesse von der Theorie in die Köpfe der Einzelnen? Ähnliche Einflüsse lassen sich für die katholische Kirche annehmen. Die Beweisführung, die Du hier verlangst, ist recht übertrieben und sieht mir, bei allem Respekt, eher nach Wissenschaftsstrategie aus.

 

Es wird hier immer wieder gesagt, Homosexualität sei kein Risikofaktor. Und immer wieder antworte ich darauf: es missbrauchen auch heterosexuelle Männer, was die Missbrauchsforschung ja auch zeigt. In Familien sind überwiegend Mädchen betroffen. Aber für die Kirchen kann man annehmen, weil der überwiegende Teil der Betroffenen Jungs waren, dass die Übergriffe homosexuell motiviert waren.


Du sagst, Du hieltest es als weit hergeholt, dass erzkonservative Kleriker irgendwelche liberalen Sexualforscher studieren. Das setzt voraus, dass die Täter überwiegend erzkonservativ gewesen wären. Die MHG-Studie gibt dazu nichts her. Also kann man umgekehrt auch vermuten, dass das vorwiegend Homosexuelle waren, die mittels liberaler Sexualpädagogik ihre Taten legitimiert haben (so wie das Heterosexuelle in anderen Bereichen wohl auch taten). Dabei kann es natürlich sein, dass sie selbst eine restriktive Sexualerziehung durchlaufen haben. Aber gerade dann: warum sollte man sich dann im Zuge der sexuellen Befreiung nicht selbst befreien wollen?

 

Benedikt XVI. hatte mit seiner Analyse recht. Und es können ihm, wie ich meine, auch vielleicht auch Betroffene nicht-kirchlicher Milieus ihm dafür dankbar sein.

bearbeitet von Inge33
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vor einer Stunde schrieb Inge33:

Die frühen Kontakte des Progressivkatholizismus zu Kentler und Hentig zeigen, wie offen man gegenüber allem war, was neu und links war, auch was die Sexualpädagogik anging

Was genau hat Kentler eigentlich in jenem berüchtigten Vortrag gesagt?

 

vor einer Stunde schrieb Inge33:

Aber gerade dann: warum sollte man sich dann im Zuge der sexuellen Befreiung nicht selbst befreien wollen?

Zumindest führen sie das nie als Ausrede an.

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vor 1 Stunde schrieb Chrysologus:

Was genau hat Kentler eigentlich in jenem berüchtigten Vortrag gesagt?

Dort ging es über "Sexualverhalten und Sexualerziehung im Jugendalter". Er ging die übliche Sexualerziehung scharf an und schlug ein Gegenmodell vor. Man behaupte aber nun nicht, es sei ja gar nicht um Pädophilie gegangen, als sei dies ein Gegenbeweis. Solche Theorien - und die praktische "Anwendung" - betrafen in ihrer Breite auch Kinder. Ich habe leider keine Zeit, die Vortragsberichterstattung zusammenzufassen. Wenn man über Kentler mehr wissen möchte, lese man bitte seine Bücher.🙂

bearbeitet von Inge33
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vor einer Stunde schrieb Chrysologus:

Zumindest führen sie das nie als Ausrede an.

Das ist ja auch ein etwas sperriger Fachegriff der zeitgeschichtlichen Forschung, den man vermutlich in seiner eigenen gelebten Alltagspraxis oder in einer Begutachtung so nicht verwenden würde, auch nicht im außer-kirchlichen Bereich.

 

 

bearbeitet von Inge33
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Wobei ich schon die Rückfrage zulassen würde, welchen Erkenntniswert die "Ausreden" von straffälligen Klerikern in Vernehmungen oder Interviews tatsächlich haben. Man spricht ja nicht umsonst von Ausreden. Ich bin mir nicht sicher, ob kirchlicher Prozess oder psychologische Begutachtung hier immer ein belastbares Bild der echten Motivlagen und Seelezustände zeichnen können. 

 

Manchmal scheinen Täter ja selbst nicht recht zu "wissen", warum sie getan haben, was sie getan haben. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 39 Minuten schrieb Chrysologus:

No, es geht nicht um seine Bücher, sondern um einen ganz bestimmten Vortrag.  Und was da gesagt wurde. 

Mach Dir selbst die Mühe, wenn es für Dich eine so große Rolle spielt. Die Bibliotheken steht Dir offen.

bearbeitet von Inge33
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vor 3 Stunden schrieb Inge33:
Wie erklärst Du Dir die Existenz der Missbrauchsforschung vor 2010, also der Zeit vor den kirchlichen Skandalen, wenn sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen angeblich nur spezielle Kreise betroffen hat?
 
Ich erkläre es mir vor allem damit, dass man ein Problem, das zumindest nach den Forschungen von Kinsey schon lange vor der sexuellen Revolution da war, und keineswegs unerheblich, ernster genommen wurde.
Zitat

Belege und Erklärungen, die die Annahme wahrscheinlich machen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz des sexuellen Missbrauchs auch den Klerus beeinflusst hat, habe ich schon geliefert. Das kann man alles nachlesen. Wer diese nicht akzeptiert, kann gerne selbst in progressivkatholischer Literatur oder in der Tagespresse seit 1960 recherchieren.

 

Was Du belegen müsstest wäre nicht, dass es eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz des sexuellen Missbrauchs gab, die dann auch in einem gewissen Maße den Klerus beeinflusst hat. Du müsstest vielmehr zeigen, dass es eine breite Akzeptanz gab, die den Klerus in erheblichem Maße beeinflusst hat.

 

Das ist genau der alles entscheidende Punkt, den ich Dir die ganze Zeit verdeutlichen möchte, leider ohne Erfolg.

 

Genau für diese "starke" These  kenne ich aber keine überzeugenden Belege, und ich sehe mich im Moment nicht imstande, die Tagespresse einer großangelegten und systematische Recherche zur Tagespresse vergangener Jahrzehnte durchzuführen.

 

Wenn pädophile Interaktionen allerdings gesellschaftlich tatsächlich so weit akzeptiert waren, wie Du insinuierst, dann frage ich mich nicht nur, wieso @Marcellinus und @nannyogg57 sich so falsch erinnern (ein dritter Zeitzeuge, ich weiß nicht mehr wer, wollte sich nicht äußern, weil er/sie meinte, dass Dich Zeitzeugen eh nicht interessieren würden). Sondern ich wundere mich auch, wieso pädophile Akte nicht erlaubt wurden. Schließlich hatte man infolge der sexuellen Revolution bereits bis 1970 sowohl das Verbot männlicher homosexueller Handlungen wie auch das der "Kuppelei" abgeschafft. Wieso hat man im Gegenteil bis 1994 gewartet, bis man auch nur das besondere Schutzalter für homosexuelle Kontakte abgesenkt hat?

Ist es nicht möglich, dass pädophile Handlungen zwar in gewissen Kreisen, nicht aber in der Gesellschaft insgesamt salonfähig waren?

 

Zitat

Die frühen Kontakte des Progressivkatholizismus zu Kentler und Hentig zeigen, wie offen man gegenüber allem war, was neu und links war, auch was die Sexualpädagogik anging.

 

(Hervorhebungen von mir.)

 

Das ist leider wieder typisch so ein vager Satz, der alles und nichts besagen kann. War es "der" Progressivkatholizismus oder vielleicht nur ein kleiner Teil? Wer ist "man"? So ziemlich alle, oder vielleicht nur einige wenige?

 

Und wieso beweist der Kontakt zu einem Experten (v. Hentig), welcher zumindest seinerzeit pädophile Akte nicht gutgeheißen hat (jedenfalls wird davon nichts berichtet) eine Offenheit für die Akzeptanz pädophiler Akte? Weil sich v. Hentig Jahrzehnte später unglücklich geäußert (und sich dafür entschuldigt) hat? Wie hätte man das denn Jahrzehnte früher wissen sollen? 

 

Zitat

Die EKD jedenfalls stellt sich ihrer Vergangenheit. Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs (Sprecherin des EKD-Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt) sagt: „Ich gehöre ja auch in die Generation derer, die diese reformpädagogischen Ansätze großartig fanden und mit dem Blick jetzt zurückzugucken und zu sagen: was gab es für eine Kultur der Grenzverachtung dabei, weil Freiheit gleichgesetzt wurde mit Grenzenlosigkeit, und dass wir an der Stelle als Kirchen auch einen blinden Fleck hatten, da müssen wir zu stehen und auch eine Verantwortung für übernehmen.“

 

Ich habe mal nach dem Zitat in seinem Kontext gesucht und bin auf einen Artikel des Deutschlandfunk gestoßen. Interessanterweise war Kentler demnach auch innerhalb der evangelischen Kirche heftig umstritten:

 

"Für seine Positionen wurde er zugleich von konservativen und evangelikalen Gruppen des Protestantismus heftig attackiert. Teilweise wurde versucht, Auftritte von Kentler auf kirchlichen Veranstaltungen zu verhindern – so beispielsweise bei einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing 1976. Kentler polarisierte, betont auch Johann Hinrich Claussen, der Kulturbeauftragte der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland."

 

Interessanter ist aber vielleicht noch, dass zumindest aus dem Wikipedia-Artikel nicht ersichtlich wird, dass Kentler zu jener Zeit bereits "Experimente" zu pädohilen Kontakten durchgeführt hatte. Auch aus dem Artikel des DLF gewinne ich eher den Eindruck, dass Kentler damals als Streiter für die Emanzipation Homosexueller und nicht als Wegbereiter der Pädophilie aufgetreten ist. Dort heißt es auch:

 

"Erste Hinweise auf Kentlers strafwürdige Arbeit mit Päderasten wurden Mitte der 90er Jahre publik."

 

Es wird auch nicht klar, ob sich Kentler zuvor bereits für die Akzeptanz pädophilen Verhaltens eingesetzt hatte.

 

Dass die EKD sich dann, als die Vorwürfe bekannt waren, dennoch erst einmal nicht von Kentler distanziert hat, kann man ihr sicher vorwerfen. Aber weder aus diesem Umstand noch aus der ziemlich pauschalen Aussage von Fehrs lässt sich schleißen, dass pädophile Handlungen innerhalb der evangelischen Kirche eine breite Akzeptanz gefunden hätten - sondern höchstens, dass man die Problematik und Tragweite pädosexueller Handlungen zuerst nicht klar genug verstanden hatte und deswegen auch zu unkritisch mit Kentler umgegangen ist.

 

Abgesehen davon scheint das Verhältnis von Kentler zur evangelischen Kirche wesentlich enger gewesen zu sein als zur katholischen. Schließlich war er bis 1962 als "Jugendbildungsreferent an der Evangelischen Akademie Arnoldshain" tätig. Ob es innerhalb der kath. Kirche maßgebliche Kreise gegeben hätte, die Kentler in vergleichbarer Weise nahestanden, insbesondere zu einem Zeitpunkt, als seine Ansichten und Experimente zur Pädophilie bereits etwas bekannt war, ist zumindest fraglich.

 

Zitat

Neben dem Umstand, dass ich das sehr respektabel finde, kann man fragen: Braucht es da noch eine haarkleine Beweisführung der Trickle-Down-Prozesse von der Theorie in die Köpfe der Einzelnen? Ähnliche Einflüsse lassen sich für die katholische Kirche annehmen. Die Beweisführung, die Du hier verlangst, ist recht übertrieben und sieht mir, bei allem Respekt, eher nach Wissenschaftsstrategie aus.

 

Deine Argumentation sieht in etwa so aus:

 

1) Kentler war zwar auch bei den Evangelischen sehr umstritten, hatte aber zumindest einen gewissen Rückhalt dort.

2) Dabei ging es aber offenbar gerade nicht um Pädosexualität, sondern um Homosexualität.

3) Obwohl die Vorwürfe mit den "Pädophilie-Experimenten" dann irgendwann bekannt wurden, hat sich die Evangelische Kirche zuerst nicht angemessen von Kentler distanziert und bedauert dies heute, ebenso wie eine insgesamt zu unkritische Haltung.

4) Also hat Kentler viele katholische Klerus maßgeblich beeinflusst und dazu gebracht, pädophile Übergriffe zu begehen, und zwar zum Teil zu einer Zeit (1950er und Anfang 60er), wo er noch gar keine wahrnehmbare öffentliche Rolle gespielt hat.

 

Sorry, das überzeugt mich nicht.

 

Zitat

Aber für die Kirchen kann man annehmen, weil der überwiegende Teil der Betroffenen Jungs waren, dass die Übergriffe homosexuell motiviert waren.

 

Du wiederholst eine These ohne Belege, und wenn man Dich auf wissenschaftliche Untersuchungen hinweist, die dem widersprechen, dann gehst Du darauf nicht ein, sondern wiederholst Deine These. 🙂 Und das, obwohl Du selbst Dich an anderer Stelle genau auf die entsprechende Studie berufst.

 

Zitat

Du sagst, Du hieltest es als weit hergeholt, dass erzkonservative Kleriker irgendwelche liberalen Sexualforscher studieren. Das setzt voraus, dass die Täter überwiegend erzkonservativ gewesen wären.

 

Ich habe mich in diesem Zusammenhang nicht auf den Missbrauch im allgemeinen, sondern auf den Missbrauch durch stramm konservative Geistliche bezogen. Nicht im Sinne von: Alle Täter sind konservativ, sondern im Sinne von: Es gibt auch konservative Täter, und spätestens da bringt uns Dein Erklärungsansatz nicht weiter.

 

Zitat

Benedikt XVI. hatte mit seiner Analyse recht. Und es können ihm, wie ich meine, auch vielleicht auch Betroffene nicht-kirchlicher Milieus ihm dafür dankbar sein.

 

Das ist aber eine These, die außer Dir und ein paar ganz wenigen Leuten kein Mensch vertritt. Selbst die übrigen "konservativen" Mitglieder hier im Forum nicht. Weil wirklich sehr viel gegen sie spricht, allein schon die Tatsache, dass die Täter sich offenbar gerade nicht damit rechtfertigen, dass sie Missbrauch begangen haben, weil das damals allgemein als harmlos gegolten hätte. Derartige Schwierigkeiten diskutierst Du nicht einmal.

bearbeitet von iskander
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vor 34 Minuten schrieb Studiosus:

Wobei ich schon die Rückfrage zulassen würde, welchen Erkenntniswert die "Ausreden" von straffälligen Klerikern in Vernehmungen oder Interviews tatsächlich haben. Man spricht ja nicht umsonst von Ausreden. Ich bin mir nicht sicher, ob kirchlicher Prozess oder psychologische Begutachtung hier immer ein belastbares Bild der echten Motivlagen und Seelezustände zeichnen können. 

 

Manchmal scheinen Täter ja selbst nicht recht zu "wissen", warum sie getan haben, was sie getan haben. 

Dass sie nicht genau wissen, warum sie das getan haben, das sagen viele.

 

Man habe sexuell befreit sein wollen, das sagt keiner. Obwohl der Verweis auf eine allgemeine Stimmung recht gut entschuldigen könnte.

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vor 42 Minuten schrieb Inge33:

Das ist ja auch ein etwas sperriger Fachegriff der zeitgeschichtlichen Forschung, den man vermutlich in seiner eigenen gelebten Alltagspraxis oder in einer Begutachtung so nicht verwenden würde, auch nicht im außer-kirchlichen Bereich.

 

Es geht nicht um die exakte Formulierung, sondern darum, dass offenbar kein Kleriker sich darauf beruft, dass man pädophiles Verhalten damals doch allgemein als harmlos betrachtet habe, und dass er das eben auch geglaubt habe. Der Gedanke scheint den entsprechenden Tätern so fern zu liegen, dass sie ihn nicht einmal im Sinne einer Rationalisierung gebrauchen.

 

Abgesehen davon möchte ich noch betonen, dass man, wenn man so argumentiert wie Du, mühelos auch beweisen könnte, dass die konservativen Katholiken maßgeblich daran schuld sind, wenn in manchen Ländern Afrikas Homosexuelle verfolgt oder sogar getötet werden.

 

Der Beweisgang:

 

1) Der konservative Teil der Kirche befürwortet es, wenn homosexuelle Handlungen bestraft werden.

2) Der konservative Teil der Kirche beeinflusst die Meinung von Politikern und Bevölkerung in entsprechender Weise.

3) Also ist der konservative Teil der Kirche dafür verantwortlich, wenn Homosexuelle verfolgt werden

 

 

Als Beleg kann man aufführen, dass sich in entsprechenden Ländern mit hohem Katholiken-Anteil kath. Bischöfe in entsprechenden Ländern sich öffentlich für die Strafverfolgung Homosexueller einsetzen, und dass man ihnen sicherlich zuhört. Man müsste nur ein paar entsprechende Artikel aus der Tagespresse finden (was sich nicht schwierig wäre), in denen klar steht, dass die lokale kath. Kirche entsprechende Ansichten publiziert.

 

Du könntest jetzt einwenden, dass es nicht "die" konservativen Katholiken im allgemeinen seien, die Homosexuelle verfolgt sehen wollen, sondern dass womöglich nur ein kleiner Teil der konservativen Katholiken weltweit so denken würde; und dass aus der Tatsache, dass lokale Bischöfe die Strafverfolgung unterstützen, nicht folgt, dass sie einen maßgeblichen Einfluss haben. Es könne viele Einflussfaktoren geben, und man müsse zuerst prüfen, welch Rolle die kath. Kirche vor Ort tatsächlich spiele usw.

 

Aber genau diese Art der Differenzierung findet sich in Deiner eigenen Argumentation nicht!

Dort gibt es nur die sexuelle Revolution, das progressiv-katholische Milieu, die Akzeptanz der Pädophilie durch die Gesellschaft und dan den Einfluss der Gesellschaft auf die Kleriker. 

 

Übrigens würde ich selbst bei allen Differenzierungen behaupten, dass die These, dass die kath. Kirche sich an der Verfolgung homosexueller mitschuldig macht, besser begründbar ist als die Behauptung, dass kath. Kleriker vor allem deshalb Missbrauch begangen haben, weil sie von pädophiliefreundlichen Ideen infolge der sexuellen Revolution maßgeblich beeinflusst worden seien.

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Iksander, natürlich ohne Erfolg. Weil das, was ich hier geliefert habe, für die Fundierung der Vermutung, dass die sexuelle Befreiung samt Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs auch vor der Kirche nicht halt gemacht hat, ausreicht.
Sexuelle Missbräuche sind deshalb juristisch nicht legalisiert worden, weil es auf politischer Ebene noch Vernunft gab, die die starken Bestrebungen um eine Liberalisierung des Strafrechts aus letztlich ins Leere laufen ließen. Es haben sich diese Ideen nicht auf allen gesellschaftlichen Ebenen gleich durchgesetzt.
Du sagst, ich würde nicht präzisieren, wenn ich den Progressivkatholizismus erwähne. Das tust Du aber auch nicht: Du sprichst des öfteren von „(erz-)konservativen Priestern“ als Missbrauchern, ohne das genauer zu quantifizieren. Also lassen wir am besten diese Sophistereien um die Frage, wieviel Prozent das von was waren. Fakt ist, dass der Progressivkatholizismus beeinflusst worden ist. Und dies lässt – zusammen mit der Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs durch den Medien - den Schluss nahe, dass auch Priester beeinflusst wurden.
Die EKD hat ebenfalls ein Missbrauchsproblem, das dürfte Dir bekannt sein. Also scheint die Pädophilie doch offenbar eine Akzeptanz gefunden zu haben. Man missbraucht kein Kind, wenn man das nicht in einer gewissen Weise für legitim hält. Ansonsten stoppt einen der Anstand.

Was sind das für wissenschaftliche Untersuchungen sein, die belegen, dass die Übergriffe in der katholischen Kirche nicht homosexuell, sondern heterosexuell motiviert waren?

 

Du sagst, die Täter rechtfertigen sich offenbar gerade nicht damit, dass sie Missbrauch begangen haben, weil das damals allgemein als harmlos gegolten hätte. Das kannst Du aus der MHG-Studie aber nicht schließen. Die 1700 Täter der MHG-Studie wurden nicht nach ihren Rechtfertigungen befragt.

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vor einer Stunde schrieb Inge33:

Fakt ist, dass der Progressivkatholizismus beeinflusst worden ist.

Nein, das ist immer noch kein Fakt, sondern nur Deine These (und zwar ausdrücklich: ausschließlich Deine). Du hast bestenfalls einen Weg, eine Verbindung zeigt, über die eine Beeinflussung möglich gewesen wäre. Ob das probiert wurde oder auch nur unbewusst geschehen sei, und ob dies wirklich Wirkung zeigte, ist völlig offen. Egal wie oft Du das Gegenteil behauptest.

vor einer Stunde schrieb Inge33:

Die EKD hat ebenfalls ein Missbrauchsproblem, das dürfte Dir bekannt sein. Also scheint die Pädophilie doch offenbar eine Akzeptanz gefunden zu haben.

Auch das ist falsch, weil es voraussetzt, dass Missbrauch ausschließlich durch pädophile Tendenzen geschähe, und diese ausschließlich durch gesellschaftliche Akzeptanz hervorgerufen würden. Beides ist aber ziemlich abwegig.

vor einer Stunde schrieb Inge33:

Man missbraucht kein Kind, wenn man das nicht in einer gewissen Weise für legitim hält. Ansonsten stoppt einen der Anstand.

Ja, aber die direkte Gleichsetzung mit Pädophilie ist wieder falsch. Es geht eben nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – darum, ob Sex mit Kindern für legitim gehalten wird.

Erstens: Missbrauch fängt schon an, bevor es überhaupt zu Körperkontakt kommt, wenn zum Beispiel unangebrachtes Bild- und Film-Material gezeigt wird, oder mit vier Metern Abstand jeder oder eine Person an sich selbst rummacht.

Zweitens: Hält es der Täter überhaupt für Sex im konkreten Fall? Oder ist das Motiv Bestrafung? Es gibt diesen furchtbaren Satz aus den schwarzen Zeiten der Pädagogik „es tut mir mehr weh, als dir“, der sich auf sogar ein Bibelzitat berief (»Wer sein Kind liebt, der züchtigt es« Spr 13,24). Oder ist das Motiv gar ein völlig fehlgeleiteter Erziehungsversuch? („Ich führ euch mal vor, wie's geht“).

Du bist sehr ausdauernd darin, alles, was aus Deiner Sicht mit einer bestimmten Zahlenreihe korreliert, als Beweis für Deine These anzusehen, und biegst Dir dafür alles einiges zurecht.

Relativ wenig haben wir bisher auch noch über die Problematik gesprochen, dass die Statistik ja nur die erfassten Fälle verzeichnen kann. Vielleicht, ich würde die These aufstellen: wahrscheinlich kam erst mit der Liberalisierung der 1968er ff. das Bewusstsein auf, dass Frauen nicht das Freiwild ihres Ehemannes bzw. aller Männer seien, und auch Kinder nicht einfach geprügelt, für „Kinderkram“ bestraft und erst recht nicht missbraucht werden dürfen, und damit überhaupt erst das allgemeine Bewusstsein aufkam, dass man gegen Missbrauch vorgehen kann und soll.

bearbeitet von o_aus_h
siehe Streichung
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@iksander

 

Die Täter müssen sich in Befragungen nicht auf die Verharmlosung der Pädophilie berufen. Das Fehlen einer solchen Berufung ist kein Beweis. Vielleicht können sie das selbst nicht verbalisieren oder es wurde in Befragungen nicht in dieser Richtung gefragt. Zudem lässt sich aus den Akten der 1700 Täter der MHG-Studie nichts in dieser Hinsicht entnehmen. Letztlich spielen die Befragungen m.E. keine Rolle. Es reicht, wenn die Täter zum Tatzeitpunkt davon beeinflusst waren. Und es gibt Anhaltspunkte für eine solche Beeinflussungsmöglichkeit, sowohl von homosexuellen als auch von heterosexuellen Priestern.

 

Du analogierst meine Argumentation mit „den konservativen Katholiken.“ Ich spreche aber von einem Diskurs. Das ist etwas anderes. Ich spreche nicht von Personen. Ich rede von einer Ideenströmung, die wie auch immer von Priestern vermutlich rezipiert worden ist. Dazu gehören Ideen der sexuellen Revolution wie auch der Verharmlosung von Missbrauch.

 

Du meinst, dass sich die katholische Kirche an der Verfolgung Homosexueller mitschuldig gemacht hat. Zunächst einmal wirst Du hier Deinen eigenen Differenzierungsmaßstäben, die Du an meine Argumentation anlegst, wenn ich vom Reformkatholizismus spreche (wer? wieviele? wann genau?), nicht gerecht. Aber das gehört nicht in diesen Thread. Zweitens: gesetzt den Fall, dies wäre so, dann kann es immer noch so sein, dass homosexuelle Priester im Zuge der sexuellen Revolution Kinder und Jugendliche missbraucht haben. Es gibt aus meiner Perspektive nicht den Homosexuellen, der per se zu schützen oder per se zu ächten sei. Es gibt homosexuelle Opfer und es gibt homosexuelle Täter. Es gibt aus meiner Perspektive auch nicht die Frau: Es gibt weibliche Täterinnen und weibliche Opfer. Vermutlich ist es sogar so, dass viele Menschen im Verlauf ihres Leben beides werden: Täter und Opfer. Das ist die Normalität der menschlichen Existenz.

 

 


 

bearbeitet von Inge33
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vor 8 Minuten schrieb Inge33:

Es reicht, wenn die Täter zum Tatzeitpunkt davon beeinflusst waren.

Dann mußt du es pro Täter nachweisen, und nicht bloß ein vages Klima irgendwo verantwortlich machen. 

vor 9 Minuten schrieb Inge33:

Ich rede von einer Ideenströmung, die wie auch immer von Priestern vermutlich rezipiert worden ist.

Also geht es doch nicht um  Personen?

 

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@o_aus_h
Du meinst, es sei kein Fakt, dass der Progressivkatholizimus beeinflusst worden ist. Doch ist es so, das lässt sich nachweisen. Und lies den Brief von Benedikt XVI.: dort hat er in seinem Brief die Entwicklungen der Moraltheologie analysiert.
Die Missbrauchskurve von 1950 bis 1990 zeigt m.E. eindeutig, dass hier Einflüsse der „Sexwelle“ samt Verharmlosung und späterer Ächtung des sexuellen Missbrauchs vorliegen. Insbesondere für die Zeit um 1970 lässt sich belegen, der progressivkatholische Diskurs von der sexuellen Revolution beeinflusst war. Den Rest konnte man aus der Tagespresse entnehmen.
Die Missbräuche in der katholischen Kirche sind kein Produkt ihrer Sexualmoral. Das lässt sich mit der MHG-Studie schlichtweg nicht nachweisen. Genauso gut kann man annehmen, dass sie durch einen Einfluss der sexuellen Revolution in dieser Zeit hervorgerufen wurden. Und hierfür gibt es Anhaltspunkte.
Mit der Liberalisierung durch die 1968er kam zunächst keineswegs die Idee auf, dass Kinder nicht missbraucht werden dürfen, ganz im Gegenteil. Das habe ich hier schon mehrfach dargelegt. Die 1968er selbst hatten es mit den Kinderrechten übertrieben und aus den Kindern quasi kleine Erwachsene gemacht, die „autonom“ darüber entscheiden durften, ob sie Sex mit Erwachsenen haben durften oder nicht (viele wurden aber erst gar nicht gefragt). Die Missbräuche waren durch die sexuelle Revolution mitverursacht. Immer mehr Betroffene meldeten sich, Opfervereine wurden gegründet. Ab ca. 1977 haben Feministinnen und Lesben dagegen angekämpft. In den 1980er dann startete die Missbrauchsforschung – eben als Reaktion auf immer mehr Betroffenen.

 
bearbeitet von Inge33
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vor 25 Minuten schrieb Chrysologus:

Dann mußt du es pro Täter nachweisen, und nicht bloß ein vages Klima irgendwo verantwortlich machen. 

Das gilt doch für die Sexualmoralthese genauso. Die ist auch nicht pro 1700 Tätern nachgewiesen. Warum sollten für die Sexwellen-These strengere Maßstäbe gelten?

 

vor 25 Minuten schrieb Chrysologus:

 

Also geht es doch nicht um  Personen?

 

Es geht darum, wie Diskurse soziales Handeln von Personen beeinflussen.

bearbeitet von Inge33
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vor 3 Stunden schrieb Inge33:
Weil das, was ich hier geliefert habe, für die Fundierung der Vermutung, dass die sexuelle Befreiung samt Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs auch vor der Kirche nicht halt gemacht hat, ausreicht.
Das ist leider schon wieder so eine vage Formulierung. Was heißt "nicht halt gemacht"? Dass es "irgendeinen" Einfluss gab? Das ist zu vermuten. Dass es einen bedeutenden Einfluss gab? Dafür nun sehe ich wirklich keinen Beweis.
Zitat

Sexuelle Missbräuche sind deshalb juristisch nicht legalisiert worden, weil es auf politischer Ebene noch Vernunft gab, die die starken Bestrebungen um eine Liberalisierung des Strafrechts aus letztlich ins Leere laufen ließen.

Wo kamen diese "starken Bestrebungen" denn her? Aus der Allgemeinbevölkerung? Von ein paar Interessengruppen?

Zitat

Es haben sich diese Ideen nicht auf allen gesellschaftlichen Ebenen gleich durchgesetzt.

Endlich mal ein Satz, der auf die wichtigen Unterschiede eingeht. In der Allgemeinheit hat sich nur manches und auch das z.T. nur zögerlich durchgesetzt. Zum Beispiel war Homosexualität lange Zeit keineswegs gut angesehen, obwohl sie weit eher im Mainstream angekommen war als Pädophilie.

Zitat

Du sagst, ich würde nicht präzisieren, wenn ich den Progressivkatholizismus erwähne. Das tust Du aber auch nicht: Du sprichst des öfteren von „(erz-)konservativen Priestern“ als Missbrauchern, ohne das genauer zu quantifizieren.

Nur gibt es da einen kleinen Unterschied: Du spricht von dem Milieu als ganzem - von dem "Progressivkatholizismus". Diesem unterstellst Du ziemlich pauschal, dass man dort für die Akzeptanz pädophiler Handlungen offen gewesen sei.

 

Ich hingegen spreche nie über die konservativen Priester, etwa in dem Sinne, dass mehr oder weniger alle (oder auch nur viele) konservative Priester sich des Missbrauchs schuldig gemacht hätten. Stattdessen tätige ich immer Existenz-Aussagen: Es gibt eben auch konservative (und nicht nur progressive) Priester, die missbrauch betrieben haben. Das hat mit einer undifferenzierten Kollektiv-Aussage nichts zu tun.

Zitat

Also lassen wir am besten diese Sophistereien um die Frage, wieviel Prozent das von was waren.

Das ist keine Sophisterei, denn es ist auch gerade für die Fragestellung dieses Threads ein bedeutender Unterschied, ob "das" progressiv-katholische Milieu oder vielleicht nur ein kleiner Teil dieses Milieus Pädosexualität akzeptiert hat.

Zitat

Fakt ist, dass der Progressivkatholizismus beeinflusst worden ist.

Aber in welchem Ausmaß, das ist doch entscheidend! Wenn nur in geringem Ausmaß, macht das Deine These kaum plausibel. Die Frage ist auch noch: Ist er überhaupt wirklich (nennenswert) von pädosexuellen Ideen beeinflusst worden?

 

Du erwähnst einen Vortrag von Kentler an einer katholischen Akademie, welcher nichts mit Pädosexualität zu tun hatte. Und (ich hätte das schon früher recherchieren sollen): Es ist anscheinend fraglich, ob Kentler sich zu jener Zeit überhaupt schon positiv zur Pädosexualität positiv geäußert hatte. Wie soll daraus ein Beweis für die breite Akzeptanz pädosexueller Handlungen abzuleiten sein?

Zitat

Und dies lässt – zusammen mit der Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs durch den Medien - den Schluss nahe, dass auch Priester beeinflusst wurden.

Schon wieder diese Pauschalität: "durch die Medien".

 

Jemand, der nichts von der ganzen Sache weiß und nur Deine Beiträge liest, könnte er meinen, dass seinerzeit die Pädophilie gesellschaftlich allgemein akzeptiert war, dass die Medien ohne kritische Gegenstimmen nahezu unisono massiv für die Akzeptanz der Pädophilie geworben haben, und dass es nur einigen besonnen Politikern, die dem massiven öffentlichen und medialen Druck standgehalten haben, zu verdanken ist, dass pädosexuelle Handlungen nicht erlaubt wurden!


Nein, der Schluss liegt nicht nahe. Der Schluss würde nahelegen, wenn es gute Gründe zur Annahme gäbe, dass  bedeutende Teile des progressiv-katholichen Milieus pädosexuelle Handlungen gebilligt haben, und dass die meisten Medien in erheblichem Maße für die Akzeptanz der Pädosexualität geworben haben.

 

Zitat

Die EKD hat ebenfalls ein Missbrauchsproblem, das dürfte Dir bekannt sein. Also scheint die Pädophilie doch offenbar eine Akzeptanz gefunden zu haben.

 

Nochmals: "Pädophile" Übergriffe gab es schon lange vor der sexuellen Revolution in erheblichem Ausmaß; lange, bevor manche Strömungen innerhalb der sexuellen Revolution womöglich eine Akzeptanz hätten schaffen können.
Zitat

Man missbraucht kein Kind, wenn man das nicht in einer gewissen Weise für legitim hält. Ansonsten stoppt einen der Anstand.

Erstens kann man so einen Übergriff aus vielen Gründen für legitim halten. Zweitens gibt es viele Leute, die eigentlich wissen, dass etwas nicht in Ordnung ist, aber es dennoch tun. Nimm etwa die interviewten neun irischen Priester, von denen die meisten den Missbrauch regelmäßig beichteten. Warum sollten sei den Missbrauch gebeichtet haben, wenn sie ihn für legitim hielten? Ein Priester (zit. n. Cornwell) sagte etwa.

 

"»Wenn die Kinder nach dem jeweiligen Missbrauch gingen, wurde ich von einem Gefühl des Mitleids und der Reue so sehr überwältigt, dass ich es fast körperlich spürte. Ich war am Boden zerstört, nach jedem einzelnen Mal. Ich war so erschüttert, dass ich jede Woche und bei anderen Gelegenheiten alle zwei Wochen zur Beichte ging und gestand, dass ich Buben sexuelle Gewalt angetan hatte.«"

 

Frage Dich selbst: Klingt so jemand, der überzeugt ist, dass es völlig in Ordnung ist, sexuelle Handlungen mit Kindern zu vollziehen, weil das von einem "progressiven" Pädagogen so behauptet wurde? Oder klingt so eher jemand, der genau weiß, dass er etwas Falsches tut, aber es dennoch macht? Es gibt eben offensichtlich viele Täter, die nicht überzeugt waren, den Kindern etwas Gutes zu tun. Das bestätigten auch die allermeisten von Cornwells Interviews.

 

Zitat

Was sind das für wissenschaftliche Untersuchungen sein, die belegen, dass die Übergriffe in der katholischen Kirche nicht homosexuell, sondern heterosexuell motiviert waren?

 

Dass die Übergriffe "nicht homosexuell, sondern heterosexuell" motiviert seien, hat niemand behauptet. (Viele Übergriffe sind vermutlich weder heterosexuell noch homosexuell im engeren Sinne motiviert.) Was ich gesagt habe ist, dass die Homosexualität das Risiko offenbar nicht erhöht, dass es zu einem Übergriff kommt, sondern höchstens (in einem gewissen Maße), dass das Opfer ein Junge und kein Mädchen ist. Ich kann Dir ansonsten nur noch einmal antworten, was ich Dir bereits gestern geantwortet habe, als ich einen der John-Jay-Reports verlinkt hatte:

 

"Siehe hier S. 62 f."

 

Zitat

Du sagst, die Täter rechtfertigen sich offenbar gerade nicht damit, dass sie Missbrauch begangen haben, weil das damals allgemein als harmlos gegolten hätte. Das kannst Du aus der MHG-Studie aber nicht schließen. Die 1700 Täter der MHG-Studie wurden nicht nach ihren Rechtfertigungen befragt.

 

Ich schließe das nicht aus der MGH-Studie, sondern aus den Schilderungen von @Chrysologus, aus den Berichten von John Cornwell ("Die Beichte") und aus dem, was man überhaupt zu dem Thema hört und liest.

 

Zitat

Du analogierst meine Argumentation mit „den konservativen Katholiken.“ Ich spreche aber von einem Diskurs. Das ist etwas anderes. Ich spreche nicht von Personen. Ich rede von einer Ideenströmung, die wie auch immer von Priestern vermutlich rezipiert worden ist. Dazu gehören Ideen der sexuellen Revolution wie auch der Verharmlosung von Missbrauch.

 

Du sprichst aber nie davon, wie groß der Teil des Milieus ist, der womöglich beeinflusst wurde. Das ist aber entscheidend. War die Akzeptanz pädophiler Ideen im progressiv-katholischen Milieu eine massive Bewegung oder eine Randerscheinung (soweit es sie überhaupt gab)?

 

 

Zitat

Die Täter müssen sich in Befragungen nicht auf die Verharmlosung der Pädophilie berufen. Das Fehlen einer solchen Berufung ist kein Beweis. Vielleicht können sie das selbst nicht verbalisieren oder es wurde in Befragungen nicht in dieser Richtung gefragt.

 

Das ist aber nun doch wirklich vollkommen unplausibel. Man versucht doch, entschuldigende oder schuldmindernde Gründe zu finden, wenn einem massive Vorwürfe gemacht werden, deren prinzipielle Berechtigung man nicht abstreiten kann. Und was für eine bessere Entschuldigung könnte es geben, als dass man mit gutem Grund geglaubt hat und auch glauben durfte, dass das eigene Verhalten in Ordnung war?

Wenn jemand wirklich deswegen "pädophile" Taten begangen hat, weil angeblich in jeder Zeitung stand, dass das völlig in Ordnung sei, und weil er das geglaubt hat: Dann müsste derjenige ja mit dem Klammerbeutel gepudert sein, das nicht zu sagen, und sei es spontan. Abgesehen davon werden m.W. bei psychologischen Gutachten oft auch offene Fragen gestellt, die den Befragten ermutigen, seine eigenen Gedanken zu äußern.

 

Und nicht verbalisieren? Wir sprechen hier von Akademikern, die Latein, Altgriechisch und Hebräisch lernen mussten, und deren Beruf zu einem Großteil darin besteht, zu sprechen: Predigten zu halten, individuelle Ansprachen, persönliche Gespräche usw. Dass diese Leute unfähig sein sollten zu sagen, dass es früher allgemein geheißen habe, dass man den Kindern nicht schade, wenn man mit ihnen eine sexuelle Erfahrung macht - das ist schon weit hergeholt.

 

Und selbst, wenn es den einen oder anderen Fall geben sollte, in welchem der Täter tatsächlich von pädosexuellen Ideen beeinflusst gewesen sein sollte, dies aber (merkwürdigerweise) vergessen hat oder nicht sagen kann oder will: Dass dies typisch sei, ist jednefalls wirklich nicht plausibel.

 

Du kannst ja mal einen ganz einfachen und harmlosen gedanklichen Test machen: Stell Dir vor, es heißt überall, man dürfe ein Haustier ruhig mit Futter X füttern, das sei unschädlich. Du glaubst das und fütterst es mit Futter X. Später heißt es, dass das Futter X doch schädlich sei, und man macht Dir Vorwürfe.

Würdest Du in diesem Fall nicht antworten, dass Du es nicht besser gewusst hast, weil es doch überall geheißen hat, Futter X sei okay? Oder würdest Du das verschweigen und lieber als jemand dastehen, der Tiere gegen sein besseres Wissen schädigt?

Die Frage stellen heißt sie beantworten.

 

Zitat

Du meinst, dass sich die katholische Kirche an der Verfolgung Homosexueller mitschuldig gemacht hat. Zunächst einmal wirst Du hier Deinen eigenen Differenzierungsmaßstäben, die Du an meine Argumentation anlegst, wenn ich vom Reformkatholizismus spreche (wer? wieviele? wann genau?), nicht gerecht.

 

Genau das ist doch der Punk! Ich halte Dir bewusst einen Spiegel vor. Das wollte ich deutlich machen. Deshalb sage ich ja auch:

 

"Abgesehen davon möchte ich noch betonen, dass man, wenn man so argumentiert wie Du, mühelos auch beweisen könnte, dass [...] Du könntest jetzt einwenden, dass [...]Aber genau diese Art der Differenzierung findet sich in Deiner eigenen Argumentation nicht!"

 

Es geht mir ja gerade nicht darum, dass die vorgestellte Argumentation sauber wäre. Es geht mir darum, Dir an einem anderen Beispiel vor Augen zu führen, nach welchen Prinzipien Deine Argumentation abläuft.

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb Inge33:
Du meinst, es sei kein Fakt, dass der Progressivkatholizimus beeinflusst worden ist. Doch ist es so, das lässt sich nachweisen.

 

Ich kann immer nur dasselbe antworten: Die Behauptung, dass der "Progressivkaholizismus" beeinflusst worden sei, ist selbst dann, wenn sie wahr sein sollte, einfach irrelevant. Relevant wäre es höchstens, wenn der "Progressivkaholizismus" in erheblichem Maße beeinflusst worden wäre.

 

Die einzigen "Beweise", die Du für diese entscheidende These bisher bietest, haben erstens zum Thema Pädophilie keinen erkennbaren Bezug und rekurrieren zweitens auf Einzelfälle.

Zitat

Und lies den Brief von Benedikt XVI.: dort hat er in seinem Brief die Entwicklungen der Moraltheologie analysiert.

Das habe ich gemacht und bereits und in meinem Eröffnungs-Beitrag recht ausführlich kommentiert. Man kann seine Ausführungen kaum anders verstehen als so, dass eine Moraltheologie, die nicht jeden sexuellen Verkehr Verlobter, nicht jede Selbstbefriedigung eines Jugendlichen und nicht jede Benutzung eines Kondoms kategorisch und ausnahmslos verurteilt, auch dem Übergriff auf Kinder nichts mehr entgegenzusetzen habe. Ich finde dies - Entschuldigung, wenn ich das so offen sage - schlichtweg grotesk.

 

Zitat

Die Missbrauchskurve von 1950 bis 1990 zeigt m.E. eindeutig, dass hier Einflüsse der „Sexwelle“ samt Verharmlosung und späterer Ächtung des sexuellen Missbrauchs vorliegen.

Darauf wurde ja nun schon sehr gründlich eingegangen.

Zitat

Insbesondere für die Zeit um 1970 lässt sich belegen, der progressivkatholische Diskurs von der sexuellen Revolution beeinflusst war. Den Rest konnte man aus der Tagespresse entnehmen.

Erstens ist es schlichtweg irrelevant, ob der "progressivkatholische" Diskurs von der sexuellen Revolution "im allgemeinen" beeinflusst wurde, denn diese hatte ja viele Facetten - die meisten hatten mit Pädophilie nichts zu tun.

Zweitens ist aber noch nicht einmal relevant, ob der "progressivkatholische" Diskurs speziell durch die Pädophilie-Debatte beeinflusst wurde. Relevant wäre für Deine These höchstens, ob er in einer einigermaßen bedeutendem Ausmaß beeinflusst wurde; und hierfür nun legst Du keinen Beleg vor. Für die Presse gilt Analoges, siehe mein letzter Beitrag.

 

Zitat

Die Missbräuche in der katholischen Kirche sind kein Produkt ihrer Sexualmoral.

Vielleicht nicht, vielleicht spielt das doch eine Rolle, wenigstens indirekt.

 

Oder vielleicht sind auch andere Faktoren relevant. Cornwell beispielsweise schildert, dass in jener Zeit die Geistlichen ein anderes Verhältnis zu Kindern und Jugendlichen einnahmen als in früheren Jahrzehnten. Sie "fraternisierten" eher mit ihnen, gingen viel lockerer und kameradschaftlicher mit ihnen um.

Das ist zwar sicher auch Folge eines allgemeinen gesellschaftlichen Wandels, aber nicht einer speziellen Sexualmoral. Zur gleichen Zeit habe man die Beichte (für Kinder und Jugendliche) teilweise nicht mehr in den Beichtstühlen gehört, sondern in einer privateren Umgebung - etwa in einem Zimmer, das dem Priester gehörte. Missbräuche seien jedoch häufig in der Beichte geschehen oder zumindest angebahnt worden.

 

Das wäre jetzt z.B. ein Erklärungsansatz, der weder etwas direkt mit der sexuellen Revolution noch mit der kath. Sexualmoral zu tun hat. Es gibt aber vielleicht viele Faktoren, die zusammenkommen.

 

Zitat

Die 1968er selbst hatten es mit den Kinderrechten übertrieben und aus den Kindern quasi kleine Erwachsene gemacht, die „autonom“ darüber entscheiden durften, ob sie Sex mit Erwachsenen haben durften oder nicht (viele wurden aber erst gar nicht gefragt).

Die 1968er, von denen Du hier sprichst, sind aber gerade nicht die damalige Gesellschaft. Es ist nicht einmal die junge Generation in ihrer Mehrheit. Es ist eine kleine Randgruppe.

Zitat

Immer mehr Betroffene meldeten sich, Opfervereine wurden gegründet. Ab ca. 1977 haben Feministinnen und Lesben dagegen angekämpft. In den 1980er dann startete die Missbrauchsforschung – eben als Reaktion auf immer mehr Betroffenen.

Also richtig aufgekommen ist das Thema "Missbrauch" doch erst kürzlich.

Und wenn man so liest, was Du schreibst, könnte man leicht folgenden Eindruck gewinnen:

 

'Vor der sexuellen Revolution gab es (so gut) wie keinen Missbrauch. Missbrauch war auch verpönt. Dann aber kam die sexuelle Revolution und "man" fand den Missbrauch plötzlich völlig in Ordnung. Und Missbrauch wurde nun in einem bisher nicht bekannten Ausmaß praktiziert. Schließlich ebbte die sexuelle Welle (definiert als öffentlich sichtbare erwachsene Erotik) und damit (!) auch die Akzeptanz des Missbrauchs ab.'

 

Wenn man Dich liest, könnte man wirklich meinen, so oder so ähnlich sei es gewesen. Es war aber nicht so. Im Jahre 1953 gab ein Viertel der von Kinsey und seinen Mitarbeitern befragten Frauen an, dass sie bereits Missbrauchs-Erfahrungen der einen oder anderen Art gesammelt hatten, als sie 13 Jahre oder jünger waren. Da Kinsey erwachsene Frauen unterschiedlichen Alters gefragt hat, muss es auch schon deutlich vor 1950 einen erheblichen Missbrauch gegeben habe. Nur hat das damals keinen groß interessiert. Selbst als der Kinsey-Report rauskam, war dieser Aspekt offenbar kein großes Thema.

 

Ich glaube, dass hier durchaus das repräsentativ ist, was der Regisseur des "Skandal-Films" Ken Park in einem Spiegel-Interview so beschreibt:

 

"Ich bin aufgewachsen in der heilen Apfelkuchenwelt der fünfziger Jahre. Im perfekten Amerika: Missbrauch, Gewalt, Drogen, Sex - das alles gab es nicht. Niemand sprach darüber, auch Journalisten nicht. Und ich dachte: Was soll das? Ich sah jeden Tag, was in den Familien wirklich vor sich ging: Kinder, die mit einem blauen Auge zur Schule kamen; Eltern, die Alkoholiker waren. Ich habe ein Mädchen gekannt, das regelmäßig von seinen fünf Brüdern missbraucht wurde. Damals habe ich mir geschworen: Ich will die Wahrheit zeigen."

 

Auch die Kriminalstatistik zu sexuellem Missbrauch ist völlig unauffällig, was die Zeit der sexuellen Revolution angeht. Die Kurve sinkt konstant, und das seit Jahrzehnten, und zwar trotz erhöhter gesellschaftlicher Sensibilität und damit vermutlich auch höherer Melderate. Die Kurve sank schon vor der sexuellen Revolution, sie sank während der sexuellen Revolution, und sie sank danach, und zwar fast wie eine mit dem Lineal gezeichnete gerade Linie.

 

Die empirischen Daten stützen einfach nicht, was Du behauptest.

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Du meinst, es sei kein Fakt, dass der Progressivkatholizimus beeinflusst worden ist. Doch ist es so, das lässt sich nachweisen.

Nein. Weil es den Progressivkatholizismus als geschlossenen Block nicht gibt und nicht gab. Ja, Teile mögen von der Liberalisierung beeinflusst worden sein, aber eben auch nicht durch alles, was Du zur Sexwelle zählst – im besonderen eben nicht automatisch durch Pädophilie verteidigende oder verharmlosende Argumentationen beeinflusst.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Und lies den Brief von Benedikt XVI.: dort hat er in seinem Brief die Entwicklungen der Moraltheologie analysiert.

Aber er hat keine objektive Beschreibung der weltlichen Situation geliefert, er hat da bestenfalls seine persönlichen Eindrücke geschildert. Ob er die(?) Moraltheologie korrekt geschildert hat, kann ich nicht beurteilen.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Die Missbrauchskurve von 1950 bis 1990 zeigt m.E. eindeutig, dass hier Einflüsse der „Sexwelle“ samt Verharmlosung und späterer Ächtung des sexuellen Missbrauchs vorliegen.

Ja, Deines Erachtens nach, das haben wir kapiert. Aber ziemlich alle anderen hier sehen es eben nicht als eindeutig an.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Insbesondere für die Zeit um 1970 lässt sich belegen, der progressivkatholische Diskurs von der sexuellen Revolution beeinflusst war. Den Rest konnte man aus der Tagespresse entnehmen.

Ich bezweifle, dass aus den Einzelmeldungen, die Du bisher genannt hast, eine allgemeine Beeinflussung des (?) progressivkatholischen Diskurses belegen lässt, genauso wie sich der (?) Tagespresse alles weitere entnehmen ließe.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Die Missbräuche in der katholischen Kirche sind kein Produkt ihrer Sexualmoral. Das lässt sich mit der MHG-Studie schlichtweg nicht nachweisen.

Dass es sich mit dieser Studie nicht nachweisen lässt, ist aber kein Beweis, dass die Sexualmoral keinen Einfluss hat. Du machst es Dir auch zu einfach, wenn Du davon ausgehst, es gäbe nur eine einzige, monokausale Ursache für Missbrauch in der RKK. 

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Genauso gut kann man annehmen, dass sie durch einen Einfluss der sexuellen Revolution in dieser Zeit hervorgerufen wurden. Und hierfür gibt es Anhaltspunkte.

Ja, erstmals volle Zustimmung von mir: Annehmen kann man das, Anhaltspunkte sehen meinetwegen auch – aber deswegen ist es eben noch lange nicht Fakt, wie Du mehrfach behauptest, und für eine andere Annahme als Deine lassen sich eben auch Anhaltspunkte benennen.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Mit der Liberalisierung durch die 1968er kam zunächst keineswegs die Idee auf, dass Kinder nicht missbraucht werden dürfen, ganz im Gegenteil. Das habe ich hier schon mehrfach dargelegt. Die 1968er selbst hatten es mit den Kinderrechten übertrieben und aus den Kindern quasi kleine Erwachsene gemacht, die „autonom“ darüber entscheiden durften, ob sie Sex mit Erwachsenen haben durften oder nicht (viele wurden aber erst gar nicht gefragt).

Und wieder behauptest Du eine starre, eindimensionale Entwicklung, in der in strenger Reihenfolge erst A dann B passiert sei. Tatsächlich wird es – wie in fast jedem Prozess – verschiedene Prozesse und Entwicklungen gleichzeitig gegeben haben, durchaus auch sich widersprechende. Mal erscheint auch eine bestimmte Entwicklung vorherrschend, ja bereits durchgesetzt, nur um kurze Zeit später schon völlig verschwunden zu sein.

vor 1 Stunde schrieb Inge33:

Die Missbräuche waren durch die sexuelle Revolution mitverursacht. 

Immerhin, hier schreibst Du selbst schon nur noch „mitverursacht“, da sind wir doch schon mal einen Schritt weiter.

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Gerhard Ingold
vor 6 Stunden schrieb o_aus_h:

Immerhin, hier schreibst Du selbst schon nur noch „mitverursacht“, da sind wir doch schon mal einen Schritt weiter.

 

Bei einem Gerichtsverfahren gegen einen Geistlichen würde das Gericht mit großer Wahrscheinlichkeit mildernde Umstände wegen der sexuellen Liberalisierung abweisen.

 

Als Strafverteidigerin würde sich @Inge33mit solchen Behauptungen, die sexuelle Befreiung hätte die sexuellen Übergriffe "verursacht" oder "mitverursacht" nur ein müdes Lächeln aller Beteiligten verursachen. Die Staatsanwaltschaft würde, wenn sie auf diesen Einwand einen Strafverteidigers überhaupt eingehen würde, auf ähnliche Fälle in der Geschichte der katholischen Kirche verweisen. Fälle, die als Spitze eines Eisberges aus Irland, Kanada usw. bekannt geworden sind.

 

Kein Vater, der gegenüber eigenen Kindern wegen Missbrauchs straffällig geworden ist, könnte die sexuelle Liberalisierung verantwortlich machen. Das wäre eine Beleidigung gegenüber einem Opfer. 

 

Die Morde an Hexen, an Häretikern, an Arianern, an Hugenotten und eben die Missbräuche an Kindern sind ein Teil der traurigen Geschichte des Christentums. Die Taten waren einfach Unrecht. Und diese Taten schön-zu-reden versuchen, ist so, wie wenn Neonazis den Holocaust zu verniedlichen versuchen. Das ist für Juden als Opfer nicht verständlich und es ist auch für Opfer der traurigen Geschichte des Christentums nicht verständlich, dass die Taten verniedlicht werden.

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vor 10 Stunden schrieb iskander:


 

 

Ich unterstelle nicht jedem Progressivkatholiken, er hätte sexuellem Missbrauch akzeptiert. Sowenig wie ich jedem progressiven Priester unterstelle, er hätte Kinder missbraucht. Das habe ich hier schon gesagt, und Du solltest das Kenntnis nehmen. Sondern behaupte, dass der progressivkatholische Diskurs von der Legitimierung des Missbrauchs beeinflusst war.

 

Du sagst, pädophile Übergriffe gab es schon vor der sexuellen Revolution. Nochmals: das bestreite ich nicht. Und nochmals: mir geht es um eine Erklärung des Anstiegs und Abschwellens der Missbrauchskurve zwischen 1950 und 1990. Dieses Argumentationskarussel hatten wir hier schon mehrfach.

 

Du sagst, ich soll mich fragen: „Klingt so jemand, der überzeugt ist, dass es völlig in Ordnung ist, sexuelle Handlungen mit Kindern zu vollziehen, weil das von einem "progressiven" Pädagogen so behauptet wurde? Oder klingt so eher jemand, der genau weiß, dass er etwas Falsches tut, aber es dennoch macht? Es gibt eben offensichtlich viele Täter, die nicht überzeugt waren, den Kindern etwas Gutes zu tun.“

 

Nein, so klingt das nicht. Das wundert mich aber nicht. Ich behaupte nicht, dass jeder Täter von seinen Taten völlig überzeugt war, so wie das im linksliberalen Milieu häufig der Fall war. Ich behaupte auch nicht, dass die komplette Reformpädagogik eins zu eins von allen Tätern rezipiert wurde – wie das genau war, müssten Psychologen klären. Aber ich behaupte, dass Täter mindestens von der allgemeinen Sexualisierungsidee – auch von der Sexualität mit Kindern und Jugendlichen - mitbeinflusst wurden, so dass das eigentliche Normgerüst so sehr zurückgedrängt wurde, dass das andere zum Missbrauch verleitete.

 

Du sagst, ich spreche nie davon, wie groß der Teil des Milieus ist, der von der Reformpädagogik beeinflusst wurde. Das muss ich hier auch nicht. Das hier ist keine wissenschaftliche Missbrauchskonferenz. Für einen begründeten Anfangsverdacht reichen meine Stichproben. Diese lassen sich sicher extrapolieren.

 

Du fragst: „Und was für eine bessere Entschuldigung könnte es geben, als dass man mit gutem Grund geglaubt hat und auch glauben durfte, dass das eigene Verhalten in Ordnung war?“ Ich bin keine Psychologin. Aber ich kann mir das bei einem katholischen Priester kaum vorstellen. Vielleicht bei einem linksalternativen Täter, der sich seiner bürgerlichen Moralvorstellungen komplett entledigt hatte, aber nicht bei einem katholischen Priester. Dieser wird wissen, dass er das nicht hätte glauben dürfen – war aber dennoch davon beeinflusst. Ich schätze, das war innerlich ein Ringen um zwei diametrale Wertesysteme.

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vor 10 Stunden schrieb iskander:

Ich kann immer nur dasselbe antworten

Du sagst, richtig aufgekommen sei das Thema Missbrauch erst kürzlich. Die Frage ist, was man mit "richtig" meint. Wenn Du damit meinst, die gesellschaftsweite Wahrnmung: ja. Aber die Missbrauchsforschung sieht das Problem schon spätestens seit den 1980er Jahren als drängend an.

 

Die Verlaufskurve der Kriminalstatistik zu sexuellem Missbrauch muss nicht zwangsläufig genauso verlaufen wie die Missbrauchskurve in der Kirche. Viele Taten werden nicht angezeigt, die Dunkelziffer ist hoch. Aber kirchenintern sind viele Fälle offenbar geworden und wurden aktenkundig gemacht - was dann über Studien wie der MHG-Studie und dem John Jay Report systematisch erfasst wurde. Und daraus lässt sich eine Verlaufskurve bilden. Wir haben damit eine "kirchliche Kriminalstatistik", die um einige Faktoren bereinigter ist als die amtliche Kriminalstatistik, an der sich die Legitimierung wie Delegitimierung des Missbrauchs gut ablesen lässt. Das ist quasi ein "Vorteil" des hochorganisierten Systems Kirche.


 

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vor 14 Stunden schrieb o_aus_h:

Nein, das ist immer noch kein Fakt, sondern nur Deine These

Fakt ist, dass der Progressivkatholizismus von Ideen der sexuellen Befreiung beeinflusst worden ist – das lässt sich ja im Übrigen bis heute nicht leugnen, blickt man auf das Sexualpapier des "Synodalen Weges" - und dass die Reformpädagogik rezipiert wurde. Das, was ich gefunden habe, ist eine Stichprobe, die einen Anfangsverdacht gut begründet. Sicher gibt es weiteres Datenmaterial, das das belegt. Daneben ließ sich die Tagespresse rezipieren.

Du sagst, das wahrscheinlich erst mit der Liberalisierung der 1968er das Bewusstsein dafür aufkam, dass Frauen nicht das Freiwild von Männern sei. Das ist eine Verklärung der 1968er. Das war zunächst nicht so. Die Männer der 1968er hatten zunächst die Dominanz, auch in politischer Hinsicht in Aktionskreisen etc. – wogegen sich dann die Frauen nach und nach gewehrt haben. Die Freigabe der Pornographie  - die auch innerhalb des Progressivkatholizismus' begrüßt wurde - war ein Produkt der Liberalisierung der 1968er. Auch die Flut an Bildmaterial von nackten Frauen in den Medien war ein Produkt der sexuellen Befreiung. Das heißt, dass Bewusstsein dafür, dass Frauen nicht das Freiwild für Männer sein dürfen, wurde durch die sexuelle Liberalisierung zunächst geschwächt. Die öffentliche Darstellung von nackten Frauen ging den Frauen aber dann zu weit, etwa beim sogenannten Sternprozesse im Sommer 1978, bei dem auf Initiative von „Emma“ eine Anzahl von Frauen den Stern wegen sexistischer, Frauen erniedrigender Titelbilder verklagten. Hier fand ein Role-Back statt. Dafür ließen sich noch andere Beispiele finden. Das selbe gilt für die Legitimisierung des sexuellen Missbrauchs.

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