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Kinderbeichte - ein Relikt vor dem gesellschaftlichen Aus?


Shubashi

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vor 9 Minuten schrieb rorro:

 

Auch wenn keinen Satz davon die Kirche so behauptet - was Du bestens weißt - sind diese Themen natürlich nur dann relevant, wenn es einen Unterschied macht, ob Gott Mensch geworden ist oder nicht.

?

 

@1: KKK 2357

 

@2: KKK 2370

 

@3: Pastor Aeternus oder willst Du jetzt nur auf die Spitzfindigkeit mit "aber nur in Sachen des Glaubens und der Sitten" ablenken? (Was im Gesamtzusammenhang keinen Unterschied für die Diskussion macht, ob die Unfehlbarkeit nun universal oder nur partiell gelten soll).

 

Oder zielst Du darauf ab, daß diese Sätze nicht aus der Menschwerdung Gottes abgeleitet werden, was dann allerdings dein Statement aus der Antwort an Cosifantutti etwas merkwürdig, weil der z.B. gezielt nach dem Thema Empfängnisverhütung gefragt hatte.

 

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vor 2 Stunden schrieb Flo77:

...Ich kenne die Aussagen Jesu wie "Niemand kommt zum Vater denn durch mich", bin aber mehr und mehr im Zweifel, ob diese Worte nicht spätere Hinzufügungen durch die Evangelisten sind. Aber selbst wenn sie authentisch sein sollten, bleibt erstmal der Samariter was das Tun angeht und kommen die Frau am Brunnen und der römische Hauptmann was den Glauben angeht dazu.

Hallo lieber Flo77,

ich finde es ganz toll, was Du hier mit dem Samariter schreibst. Ich habe die komplette Bibel in früheren Zeiten schön öfters gelesen. Aber was Du hier schreibst vom Samariter finde ich echt super. Man kann als Christ viel reden und predigen, wenn aber die Taten fehlen, besteht die Gefahr, daß eventuell nur noch "Gelaber" dabei raus kommt. Ich habe Fachabitur (nicht im sozialen Bereich), habe dann aber schon vor vielen Jahren gewechselt in die Pflege (habe die dreijährige Ausbildung gemacht) und bin auch schon seit Jahren in der Pflege tätig. Wenn ich bei den Patienten den Verbandswechsel nach Anordnung vom Arzt regelmäßig durchführe, fühle ich mich wirklich richtig glücklich und zufrieden. Diese Freude kann mir niemand hier auf der Erde nehmen. Ich führe den Verbandswechsel steril durch. Ganz liebe Grüße von mir.

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vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Wo oder bei wem nimmst Du diese Unduldsamkeit denn wahr? Bei der kirchlichen Hierarchie? Da höre ich zumindest in unseren Breiten wenig Aufrufe, sich doch bitte an der Sittenlehre der Kirche zu orientieren. Im Gegenteil. Mittlerweile unterstützen - gegen römische Erklärung - ja selbst die Bischöfe Segnungen homosexueller Partnerschaften.

(Fettung von mir) Deine Frage hat sich erledigt, nehme ich an?

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vor 13 Stunden schrieb Flo77:

Sorry, aber dann kann ich den KKK lesen, dafür brauche ich kein Diskussionsforum.

Was Du brauchst, das ist ein guter(!!!!!) Katechet.

(Übrigens etwas, was ich aus einer deiner Aussagen gelernt habe: Der Katechismus ist für den Katecheten da, nicht für den Katechumenen.)

Studiosus kann das hier offensichtlich nicht leisten (und das bei einer dem Internetforum innewohnende Distanz überhaupt so möglich ist vermag ich nicht zu sagen).

 

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vor 14 Stunden schrieb Flo77:

Ganz ehrlich: ich glaube mittlerweile, daß Jesus die Werkgerechtigkeit im Focus hatte. Nicht der Glaube an ihn oder an Gott war das Entscheidende sondern das Handeln. Er selbst bzw. Gott sah sich als der Anker an den man sich binden konnte um nicht zu fallen, aber das alleine macht nicht "heilig" oder Teil des Gottesreiches. Umgekehrt aber führt das richtige Handeln (wie bei dem Samariter) durchaus zur Heiligung.

 

Ich kenne die Aussagen Jesu wie "Niemand kommt zum Vater denn durch mich", bin aber mehr und mehr im Zweifel, ob diese Worte nicht spätere Hinzufügungen durch die Evangelisten sind. Aber selbst wenn sie authentisch sein sollten, bleibt erstmal der Samariter was das Tun angeht und kommen die Frau am Brunnen und der römische Hauptmann was den Glauben angeht dazu.

 

@o_aus_h

Ich bin gestern nochmal die Didache durchgegangen - eines der ältesten Dokumente der Kirche und entstanden noch zu Zeiten als es die Ämter im heutigen Sinne noch gar nicht gab. Dieser Text enthält zwei Dinge NICHT: eine detaillierte Bußordnung (also weder einen Versöhnungsprozess noch eine Rausschmissformel) und ein Glaubensbekenntnis (es wird nur vom Evangelium gesprochen und auf diverse Textstellen verwiesen).

 

Der einzigen Hinweis auf eine Art "Beichte" findet sich in einem Nebensatz:

Zitat

13. Übertritt nicht „die Gebote des Herrn, bewahre, was du überkommen, tue nichts dazu und nimm nichts weg“. 14. In der Versammlung sollst du deine Fehltritte bekennen, und du sollst nicht hintreten zum Gebete mit einem schlechten Gewissen.

Kapitel 5 (Satz 13 habe ich mitzitiert, weil es so schön zum Thema passt.)

 

Dafür aber jede Menge Handlungsanweisungen von denen einige heute sicherlich Fragezeichen aufwerfen (wie das Knäppchen für die Priester oder die Enthaltsamkeit von den Lüsten des Fleisches und des Körpers). Die Wege von Leben und Tod sind jedenfalls in erster Linie von Handlungen, in zweiter Linie von Haltungen bestimmt (die ja wiederum das Handeln bestimmen).

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So langsam entwickelt sich der Thread zu einem allgemeinen Thread über Beichte und Sünde. Von der Kinderbeichte sind wir weit weggekommen ... 

 

Ich würde gerne aber noch mal zur Ausgangsfrage zurückkehren:

Ist die Kinderbeichte vor der Erstkommunion noch zeitgemäß? 

Oder noch provokanter gefragt: Ist die Erstkommunion noch zeitgemäß? 

Ist sie nicht von einem Initiationssakrament, dass Kinder mit religiöser Praxis weiter einführte und Schritt zum "erwachsenen Glauben" markierte, zu einer Art "Ritual der späteren Kindheit" geworden, bei dem das Eigentliche überhaupt nicht mehr im Vordergrund steht? So eine Art "Segensfeier", bevor die Jugend beginnt? 

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vor 2 Minuten schrieb laura:

So langsam entwickelt sich der Thread zu einem allgemeinen Thread über Beichte und Sünde. Von der Kinderbeichte sind wir weit weggekommen ... 

 

Ich würde gerne aber noch mal zur Ausgangsfrage zurückkehren:

Ist die Kinderbeichte vor der Erstkommunion noch zeitgemäß? 

Oder noch provokanter gefragt: Ist die Erstkommunion noch zeitgemäß? 

Ist sie nicht von einem Initiationssakrament, dass Kinder mit religiöser Praxis weiter einführte und Schritt zum "erwachsenen Glauben" markierte, zu einer Art "Ritual der späteren Kindheit" geworden, bei dem das Eigentliche überhaupt nicht mehr im Vordergrund steht? So eine Art "Segensfeier", bevor die Jugend beginnt? 

Für meine Jahrgänge würde ich das mit der Segensfeier noch annehmen, heute nicht mehr.

 

Ein Kind zur EK zu schicken ist heute kein Automatismus mehr, wie noch zu meiner Zeit. Genauso wie die Taufe.

 

Insofern steht dahinter schon eine Entscheidung - nicht unbedingt eine, die die Kirche gerne hört, aber eine Entscheidung.

 

Ich pers. hielte die Kleinkinderkommunion wie sie in der Orthodoxie praktiziert wird für schöner, die Zusammenlegung mit der Firmung wie bei der Konfirmation bzw. bei der Taufe der Amish für sinnvoller. Aber das hängt alleine mit meinen Erfahrungen mit anderen Eltern zusammen (was eigentlich in Angelikas Elternthread passt, denn die Kinder sind auch da völlig darauf angewiesen, was das Elternhaus ihnen anbietet).

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Ein Kind zur EK zu schicken ist heute kein Automatismus mehr, wie noch zu meiner Zeit. Genauso wie die Taufe.

Ich war gestern auf einer Erstkommunion, bei der ich das Gefühl hatte, dass kaum eine Familie wirklich Interesse daran hatte. Der Pfarrer übrigens auch nicht. 

Das Kind, bei dem ich eingeladen war, wird definitiv vor der Firmung (wenn überhaupt) keine Kirche mehr von innen sehen. Interesse null... 

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vor 4 Minuten schrieb laura:

Ich war gestern auf einer Erstkommunion, bei der ich das Gefühl hatte, dass kaum eine Familie wirklich Interesse daran hatte. Der Pfarrer übrigens auch nicht. 

Das Kind, bei dem ich eingeladen war, wird definitiv vor der Firmung (wenn überhaupt) keine Kirche mehr von innen sehen. Interesse null... 

Das gibt es überall (wenn es denn dann noch gefirmt wird) - angesichts der Missionsmotivation unserer Mutter Kirche in Grand Total sehe ich allerdings beschleunigte Schrumpfraten, wenn auf die Kinder- und Jugendarbeit ganz verzichtet wird.

 

Die Leute mit 16+ einzusammeln, wenn vorher rein gar nichts passiert dürfte schwierig werden.

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vor 32 Minuten schrieb Flo77:

... sehe ich allerdings beschleunigte Schrumpfraten, wenn auf die Kinder- und Jugendarbeit ganz verzichtet wird.

Die Leute mit 16+ einzusammeln, wenn vorher rein gar nichts passiert dürfte schwierig werden.

 

Genau hierin liegt meines Erachtens auch ein Problem der Großgemeinden. Die Jugendarbeit vor Ort wird de facto eingestellt - und damit auch die Erreichbarkeit signifikant erschwert. Mama hat nämlich seltsamerweise was anderes zu tun, als die Kinder nachmittags noch zu irgendwelchen Gemeindeveranstaltungen zu fahren - in der Regel arbeitet sie nämlich. 

Alles aufs Minimum eindampfen und sich dann wundern, dass keiner mehr kommt, läuft halt nicht ... 

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vor 13 Stunden schrieb Studiosus:

Hältst Du mich für unduldsam? Das mag vielleicht so erscheinen, aber da muss ich Dir sagen, dass ich viel von der Autonomie des Subjektes halte (überrascht vielleicht). Um meinetwillen muss sich niemand verbiegen und zwanghaft einer Lehre folgen, die ihm nicht entspricht oder frommt.

 

Das ist mir schon bewusst, und das schätze ich auch. Worum es mir einfach geht ist folgendes:

 

- Du selbst bist, wenn ich Dich richtig verstehe, der Auffassung, dass es eigentlich inkonsequent und widersprüchlich sei, wenn ein Katholik beispielsweise Teile der Sexuallehre ablehnt (auch wenn Du der Meinung bist, dass die Leute das letztlich mit sich selbst ausmachen müssen und das nicht in Deiner zuständigkeit oder Verantwortung liegt).

- Die Kirche selbst fordert unbedingten Gehorsam in allen diesen Fragen ("Gehorsam des Willens und Verstandes"). Wenn ich das richtig verstehe (ich habe ja das entsprechende vatikanische Dokument verlinkt) geht das so weit, dass z.B. jemandem, der Empfängnisverhütung betreibt und das nicht bereut, die Absolution zu verweigern ist, und dass er nicht kommunizieren darf.

 

Gleichzeitig die entsprechenden Lehren sind nicht dogmatisiert, das heißt die Kirche selbst erhebt nicht den Anspruch, dass sie mit Sicherheit wahr sind. Es handelt sich auch nicht um Kernbestände des Christentums wie die Auferstehung. Und die Kirche hat sich in solchen Fragen in der Vergangenheit bereits erheblich* geirrt, und es besteht eigentlich wenig Grund zur Annahme, dass ein Irrtum heutzutage wesentlich unwahrscheinlicher wäre als ein Irrtum zu früheren Zeiten. 

 

Und deswegen sind beide dargestellten Positionen (Deine und die der Kirche) für mich schwer nachvollziehbar. Hier schiene es mir eine Haltung wesentlich naheliegender, die mehr auf Empfehlungen und die Eigenverantwortung des Gewissens zu setzt, so dass man also von demjenigen, der nach Gewissensprüfung in solchen Fragen zu anderen Ergebnissen gelangt als die Kirche, nicht unbedingt den Gehorsam verlangt, ihm nicht die Absolution verweigert (was zumindest nach röm. Willen derzeit der Fall zu sein scheint, wie immer die Praxis aussieht), ihm nicht das Recht zum Empfang der Kommunion abspricht und es auch nicht unbedingt als inkonsequent ansieht, wenn sich der Betreffende als Katholik betrachtet, auch wenn er in manche Punkten nicht der offiziellen Lehre folgt.

 

* Was "erheblich" ist, darüber kann man sich natürlich streiten, obwohl die Diskrepanzen zwischen früherer und heutiger Sexuallehre m.E. schon beachtlich sind. Jedenfalls aber sind diese Diskrepanzen sicherlich mindestens so bedeutsam wie die Unterschiede zwischen der heutige Lehre der Kirche und der Haltung vieler "liberalen" Katholiken in dieser Sache.

 

(Die obige Nachfrage sei auch an @rorro adressiert.)

 

@rorro

 

vor 13 Stunden schrieb rorro:

Auch wenn keinen Satz davon die Kirche so behauptet - was Du bestens weißt - sind diese Themen natürlich nur dann relevant, wenn es einen Unterschied macht, ob Gott Mensch geworden ist oder nicht.

 

Sind sie das? Auch das Judentum und der Islam haben eine Moral, auch eine Sexualmoral, obwohl sie nicht glauben, dass Gott Mensch geworden ist.

 

Aber selbst wenn man sagt, dass der Glaube an die Menschwerdung entscheidend für eine (religiös fundierte) Moral sei, folgt daraus erst einmal noch kein einzelnes moralisches Gebot. Es folgt vielleicht, dass der Mensch in einem besonderen Maße zur Heiligkeit und zur Vermeidung von Sünden berufen sei. Aber was das konkret bedeutet, ist damit noch nicht klar. Hier bedarf es zusätzlicher Annahmen und Argumente.

 

Jemand, der überzeugt ist, dass Gott Mensch geworden ist, mag es für ein Werk der Heiligkeit halten, Ketzer zu verbrennen, oder er mag es als eine schwere Sünde betrachten. Er mag die Zeitwahl als Methode zur Familienplanung als "Zuhältermethode" begreifen (wie Augustinus) oder mag sie preisen (wie JPII, zit.n. Deschner: "Die Entscheidung für die natürlichen Rhythmen beinhaltet eine Annahme der Zeiten der Person, der Frau, und damit auch ein Annehmen des Dialogs, der gegenseitigen Achtung, der gemeinsamen Verantwortung.")

Und so verhält sich das natürlich auch im Hinblick auf unzählige weitere ethische Fragestellungen.

 

Dasselbe gilt auch für das allgemeine "christlichen Menschenbild" (Gott hat den Menschen geschaffen und liebt ihn, er ist für ihn selbst Mensch geworden und gestorben, er ist auferstanden, er beruft den Menschen zur Heiligkeit und möchte ihn vor der Sünde bewahren etc. pp.)

Denn ob eine ganz konkrete Handlung moralisch gut, neutral oder sogar sündhaft ist, lässt sich aus solchen Aussagen noch nicht unmittelbar ableiten.

 

Das wird schon rein logisch klar, wenn man beachtet, dass in einer Prämisse wie "Der Mensch soll das Gute tun und die Sünde meiden" solche Begriffe wie z.B. "Ketzerverfolgung" oder "Empfängnisverhütung" gar nicht erst auftauchen, weshalb sie ohne weiteres auch nicht in einer Konklusion wie "Der Mensch soll die die Empfängnisverhütung meiden" erscheinen können. Es bedarf Zusatzprämissen wie etwa "Empfängnisverhütung ist Sünde" - und solche Prämissen sind dann je nachdem eben rechtfertigungsbedürftig. Sie ergeben sich gerade nicht direkt aus dem "christlichen Menschenbild", sofern man diesen Begriff in der üblichen und naheliegenden Weise versteht.

 

Das ist ein entscheidender Punkt, den Du leider verkennst, so etwa auch in der Diskussion über "widernatürliche Akte" (siehe hier). Du verweist auf das christliche Menschenbild in abstracto und meinst, damit sei dann auch die kath. Sexualmoral bewiesen (sofern man nur das christliche Menschenbild akzeptiert). Der entscheidende Schritt bestünde aber darin, darzutun, wieso aus dem christlichen Menschenbild die konkrete kath. Sexualethik folgt.

 

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vor 56 Minuten schrieb iskander:

Und deswegen sind beide dargestellten Positionen (Deine und die der Kirche) für mich schwer nachvollziehbar

 

Ich erkenne den Widerspruch. Wie kann die Kirche ihre Gläubigen auf moralische Gebote verpflichten (in der Theorie! Also wirklich nur dann, wenn man Katechismus und CIC als Basis für dieses Urteil heranzieht und nicht die gelebte Realität. In letzterer gilt schon lange das "Angebot-und-Bedienungs"-Modell, will sagen: Man nimmt sich heraus, was an der Morallehre man für sinnvoll und persönlich bereichernd empfindet), die selbst nicht in jedem Falle unveränderlich oder im engeren Sinne dogmatisch sind. 

 

Am Ende bleibt als Erklärung nur, und das ist auch meine Position, ein "Lehramtspositivismus": Der Gläubige ist verpflichtet - hier wieder die Theorie -, die moralischen Lehren anzuerkennen, die ihm die Kirche vorlegt. Ungeachtet des Umstands, dass sie mitunter als Teil des nicht unfehlbaren Lehramts tendenziell veränderbar sind oder in seinen Augen fehlerhaft. 

 

Er hat kein Recht auf Dissens jenseits des Gewissensentscheids im forum internum. Und auch hier ist es die Kirche, die im Zweifelsfalle die Validität eines Gewissensurteils prüft. Das Gewissen ist keine absolute Instanz und überhaupt ist in kirchlichen Kategorien nur das gebildete, instruierte Gewissen statisfaktionsfähig. Der conscientia erronea ist zwar nach Ansicht maßgeblicher Autoren, so des Aquinaten, zu folgen, aber schuldlos geht das nicht automatisch von Statten. Die Kirche kann den Gläubigen auch bei Berufung auf sein Gewissen sanktionieren. 

 

Der Gläubige kann sich auch nicht auf einen offensichtlichen oder nur vermuteten Irrtum der Kirche berufen, um seine Ablehnung der Sittenlehre oder Teile von ihr zu begründen. Inwieweit es darüber hinaus das Recht auf (theologischen) Dissens jenseits des forum internum, z. B. in der Verkündigung der Pfarrer oder in der Universitätslehre, gibt, ist umstritten. 

 

Ich möchte nochmal betonen, dass obige Darstellung gewissermaßen die Theorie ist. In der Lebensrealität der Kirche wird vieles weitaus weniger heiß gegessen als es gekocht wird. 

bearbeitet von Studiosus
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Was aber ist eine Theorie wert die in der Praxis bedeutungslos ist?

 

Aber gut, ich denke halt eher pastoral als dogmatisch.

 

Und was das Gewissen angeht: Für den einzelnen Gläubigen ist es die absolute Instanz. Es wäre Sünde, gegen das eigene Gewissen zu handeln, selbst wenn das der Kirchenlehre widerspricht. (Was nun nicht bedeutet, daß das Gewissen zu allem was zu sagen haben muß.) Und von daher ist eine nachvollziehbare Lehre von Seiten der Kirche zwingend notwendig, gerade auch um sein Gewissen entsprechend bilden zu können. Mit abstrusen nicht nachvollziehbaren Leehrsätzen geht das nämlich nicht.

 

Wenn man, wie von @iskander in einem anderen Thread angesprochen, die Sexualfeindlichkeit der Kirche nicht übernimmt und zu denken wagt, daß die Freuden der Sexualität ein Geschenk Gottes sein könnten, dann fällt das ganze Kartenhaus der altertümlichen kirchlichen Sexualmoral in sich zusammen. Und die Axt daran haben ein damals junger, polnischer Theologieprofessor namens Woytila schon 1960 mit seinem Buch "Liebe und Verantwortung" gelegt sowie Papst Paul VI mit seiner Enzyklika humanae vitae von 1968. Die behaupten nämlich irgendwie und im Widerspruch zu vielen Vorgängern der krichlichen Lehre, Sex sei nicht immer sündhaft sondern könne auch ein Ausdruck ehelicher Liebe sein.

 

bearbeitet von Moriz
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Um @laura folgend nochmals auf das eigentliche Thema des Threads einzugehen:

 

Die Kinderbeichte sollte in jedem Fall zumindest freiwillig sein, und "freiwillig" sollte auch das Fehlen von sozialem Druck beinhalten.

 

Es sollte m.E. zudem sichergestellt werden, dass folgende Lehren im Zusammenhang mit der Beichtvorbereitung nicht vermittelt werden:

 

- Kirchengebote als strenge Verpflichtung, bei deren Missachtung potentiell ewige Höllenqualen drohen. Betroffene, die so belehrt wurden, berichten teilweise von erheblichen Ängsten.

- Die gesamte Sexuallehre. Es ist offensichtlich, dass diese Lehre destruktive Folgen haben kann, wo sie angenommen wird. Wenn Erwachsene das wollen, ist das ihre Entscheidung, aber bei Kindern finde ich es sehr bedenklich, und bei Jugendlichen zumindest problematisch, vor allem, wenn sie jünger sind.

- Die Lehre, dass jemand, der eine "schwere Sünde" begangen hat, ohne Beichte oder wenigstens "vollkommene Reue" für alle Ewigkeit verdammt ist, sofern nicht schwerwiegende schuldmindernde Umstände vorliegen. Diese Lehre ist an sich schon beängstigend, aber vor allem ist sie es, wenn es da nicht von Mord und Totschlag geht, sondern um die Verletzung des Sonntagspflicht oder um "sexuellen Sünden" der üblichen Art, also solche, die keinerlei Schaden mit sich bringen.

- Auch die Lehre, dass das Verschwiegen einer angeblich "schweren" Sünde die Beichte nicht nur ungültig macht, sondern ein "Sakrileg" darstellt, finde ich bedenklich, vor allem angesichts des erwähnten kath. Sündenkataloges.

 

Allerdings sind die aufgezählten Lehren ja nach wie vor gültige und relevante Doktrinen der Kirche, und die Forderung, sie auszuklammern, ist insofern eigentlich absurd - oder es deutet auf eine absurde Situation hin.

Um zu illustrieren, welche ungünstigen Effekte es haben kann, wenn Lehren wie die obigen vermittelt werden (was man ja "eigentlich" machen müsste, und was in manchen Ländern offenbar auch tatsächlich noch getan wird), darf ich nochmals Cornwell zitieren (@Studiosus möge mir verzeihen):

 

"In Eine katholische Kindheit verrät die Schriftstellerin Mary McCarthy, dass sie bei ihrer ersten Kommunion ein Sakrileg beging. »Ich hatte Wasser getrunken. Gedankenlos natürlich, denn war mir nicht eingedrillt worden, dass die Hostie nüchtern empfangen werden musste, der Mensch sich andernfalls einer Todsünde strafbar machte?« Mit dem teuren Kleid, dem Schleier und dem Gebetbuch traute sie sich nicht das Fest abzusagen. Sie empfing die Kommunion. Es sei ja nur ein Schluck Wasser gewesen, schreibt sie, »doch das machte keinen Unterschied«. Sie weiß noch, dass sie an jenem Sonntagmorgen »Verzweiìung« empfand [...] Viele Informanten haben mir von ähnlichen Missgeschicken berichtet und von den Schuldgefühlen, die sie in den folgenden Jahren hatten. Ein Frau, die mit mir zusammen die Erstkommunion feierte, gestand mir viele Jahre später, dass sie danach vier Jahre Höllenqualen litt, nicht nur weil sie vor der Erstkommunion das Fasten brach, sondern auch weil sie diese schreckliche Sünde in den folgenden Beichten nicht gestand und so einen Berg von Schuld anhäufte, denn sie war überzeugt davon, dass sie viele Male gegen die Regeln von Beichte und Kommunion verstoßen hatte. [...] In den 1960er Jahren bedeutete die Hölle, wie sie von den Nonnen im Klassenzimmer gelehrt und im Rahmen der Gemeindemission von Franziskanern, Redemptoristen und Passionisten gepredigt wurde, dass auf einen ohne Beichte gestorbenen Massenmörder die gleichen ewigen Qualen warteten wie auf ein Kind, das einmal die Messe versäumt hatte und von einem Bus überfahren wurde, bevor es die Sünde beichten konnte. [...]

Eine Ms J. N. berichtet von dem Schock, den sie bekam, als sie mit zwölf von den Nonnen lernte, dass es »sehr sündig ist, jemanden an den Geschlechtsteilen zu berühren«. Sie bekam extreme Angst, weil »ich und meine zwei jüngeren Cousinen einander im Rahmen eines Rituals, das wir unseren ›Club‹ nannten, auf die Geschlechtsteile geküsst hatten. Wir trafen uns in unregelmäßigen Abständen in einem Zelt im Garten hinter meinem Haus oder im hinteren Schlafzimmer meiner Großeltern, um zu spielen.« Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie an dem Spiel nichts schlimm oder sündig gefunden. Jetzt würde sie dafür ewige Höllenqualen leiden oder es beichten müssen. Mit fortschreitender Pubertät und dem neuen Schwerpunkt der »Unreinheit« kamen die Gewissensbisse. Dazu Ms J. N.: »Genau zu dem Zeitpunkt, als wir vor Hormonen und Neugier förmlich sprudelten […], bekam ich Gewissensbisse, und sie machten mir das Leben viele Jahre lang zur Hölle, selbst als ich längst verheiratet war und Kinder bekommen hatte. Ich sprach mit keinem Menschen über sie.«"

 

Man mag sagen, dass sich die Dinge selbst nach offizieller Lesart etwas geändert haben; so ist die Pflicht zum Fasten vor der Kommunion ja deutlich verkürzt worden, und man würde wohl auch mehr die mildernden Umstände bei Kindern betonen, oder auch die Einschränkung oder Aufhebung der Schuld bei einem nicht-schuldhaften Mangel an Wissen. Dennoch dürfte es m.E. auf der Hand liegen, dass auch die offizielle Lehre der Kirche in ihrer Rigorosität geeignet ist, Kindern Angst zu bereiten und sie einzuschüchtern. Zudem fehlt Kindern oft auch noch die Fähigkeit, Dinge selbstständig zu relativieren und in den richtigen Kontext zu stellen; und inwieweit sie bestimmte Differenzierungen, die die Strenge bis zu einem gewissen Grad abmildern ("objektiv schwerwiegende Materie, aber subjektiv keine schwere Schuld") wirklich immer verstehen, ist auch fraglich.

 

Es müsste zudem m.E. auch eine Möglichkeit bestehen, dass Kinder, die die "eucharistische Nüchternheit" verletzen (meistens doch sicher aus Unachtsamkeit oder starkem Hunger) dennoch wenigstens die Erstkommunion empfangen dürfen, weil man sie ansonsten in eine unmögliche Situation bringt (s.o.). (Da die Frist ja nur noch eine Stunde beträgt, mag das allerdings nur in wenigen Fällen Relevanz haben.)

Aus demselben Grund sollte man ihnen m.E. die Erstkommunion erlauben, selbst wenn zwischen ihrer letzten Beichte und ihrer Erstkommunion eine "schwere" Sünde liegt, wenigstens sofern es sich da nicht um eine gravierende und auch im landläufigen Sinne amoralische Tat handelt.

 

Ich persönlich bin ja ohnehin der Meinung, dass die kath. Moral in wichtigen Angelegenheiten das Gewissen nicht bildet, sondern deformiert, und dass sie diesbezüglich nicht menschefreundlich, sondern menschenfeindlich ist, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber Kinder können das eben noch kaum selbst für sich entscheiden.

 

Man mag auch sagen, dass meine obige Überlegungen für die Praxis in Deutschland kaum eine Rolle spielen - aber das würde eben erneut zeigen, wie absurd die Situation eigentlich ist, in der sich die Kirche (hierzulande) befindet.

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vor 20 Minuten schrieb Moriz:

Es wäre Sünde, gegen das eigene Gewissen zu handeln, selbst wenn das der Kirchenlehre widerspricht.

 

Meine Rede. Ihm ist zu folgen, selbst wenn es ein irrendes ist. Dass damit allerdings sozusagen alles paletti wäre, ist das große non sequitur. Das folgt daraus nämlich nicht. 

 

Dem (irrenden) Gewissen nicht zu folgen, wäre Sünde. Das, was man allerdings stattdessen tut, kann mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Sünde sein. Und die Kirche kann, wenn es sich um für den äußeren Bereich relevante Handlung dreht, dennoch gezwungen sein, einen Gläubigen zu sanktionieren, auch wenn dieser nach seinem Gewissen gehandelt hat. 

 

Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen: Ich kann mich (in meinem irrenden) Gewissen vielleicht nachgerade dazu gezwungen sehen, gewisse Teile oder die Gesamtheit des Zweiten Vatikanischen Konzils abzulehnen und seine Durchführung zu verweigern. Wenn ich das tue, dann bestraft mich die Kirche im Zweifelsfalle trotzdem. Oder wenn mich mein Gewissen drängte, Bischöfe gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes zu konsekrieren. Der Rückzug auf den Primat des Gewissens ist nicht ein Zauberwort, das gewissermaßen alle negativen Folgen dieser Gewissensentscheidung ausschalten würde. 

 

Oder um ein lebensnaheres Beispiel zu wählen: Eine aus Gewissenszwang - den ich im Gegensatz zu anderen Fällen hier tatsächlich gegeben sehe - vorgenommene oder eingewilligte Abtreibung wäre mit Sicherheit auch dann in den Augen der Kirche eine (himmelschreiende) Sünde, die bereut, gebeichtet und absolviert werden muss, wenn man den Gewissenszwang bejahte. 

 

Also kann man sich durchaus die Sünde, die aus dem Handeln gegen das Gewissen entspringt, sparen. Das heißt aber im Umkehrschluss gerade nicht, dass die Tat, die aus dem Gewissensurteil folgt, in sich gut oder gar überhaupt nicht Sünde sein könne, nur weil sie subjektiv stimmig ist. 

 

Hier sollte man doch die subjektive von der objektiven Schlechtheit (und Zurechenbarkeit) einer Sache konsequent unterscheiden. Sie sind nicht dasselbe. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Stunde schrieb Studiosus:

Der Gläubige kann sich auch nicht auf einen offensichtlichen oder nur vermuteten Irrtum der Kirche berufen, um seine Ablehnung der Sittenlehre oder Teile von ihr zu begründen. Inwieweit es darüber hinaus das Recht auf (theologischen) Dissens jenseits des forum internum, z. B. in der Verkündigung der Pfarrer oder in der Universitätslehre, gibt, ist umstritten.

 

Und dieser Dissens im forum internum darf nun eigentlich doch gerade nicht dazu führen, dass der Gläubige gegen die kirchlichen Gebote handelt (sofern er nicht gegen die Gehorsamspflicht verstoßen will). Er muss den Forderungen der Kirche weiterhin gehorchen, es sei denn, er wäre überzeugt, dass eine Verletzung der kirchlichen Normen nicht bloß moralisch erlaubt, sondern sogar moralisch geboten ist. Das zumindest wäre die Haltung der Kirche, oder?

 

Die Kirche verlangt hier einen nahezu uneingeschränkten Gehorsam in Dingen, in denen sie sich selbst nach ihrer eigenen Auffassung nicht für die Richtigkeit ihrer Lehre verbürgen kann, und zudem in Fragen, die wenig mit dem eigentlichen Kern des Glaubens zu tun haben und bei denen auch nicht die Rechte eines Dritten verletzt werden.

 

Das ist es eben, was ich zumindest in einem weiteren Sinne als "totalitär" empfinde, ohne damit jemandem zu nahe treten zu wollen. Der (wichtige) Unterschiede zum eigentlichen, politischen Totalitarismus besteht darin, dass es die freiwillige Entscheidung eines jeden ist, dieses Gedankengebäude zu akzeptieren oder es zu lassen. Wobei das im Fall von Kindern schon nicht mehr in der gleichen Weise gegeben ist - weshalb ich es auch bedenklich finde, wenn Kinder diese Art der Lehre eingeschärft bekommen.

 

Zitat

Ich möchte nochmal betonen, dass obige Darstellung gewissermaßen die Theorie ist. In der Lebensrealität der Kirche wird vieles weitaus weniger heiß gegessen als es gekocht wird. 

 

Genau das wird von der Kirche und konservativen Katholiken ja aber bedauert: Dass die Lebensrealität nicht der Lehre entspricht. Es wäre ja der Wunsch, dass sich das ändert!

 

Die Kirche (jedenfalls in der westlichen Welt) befindet sich in einem Zustand der "Uneigentlichkeit". Sie tut, was sie "eigentlich" nicht tun dürfte, und sie tut nicht, was sie "eigentlich" tun müsste.

bearbeitet von iskander
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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Die Kirche kann den Gläubigen auch bei Berufung auf sein Gewissen sanktionieren. 

Selbstverständlich kann sie das. Jedoch sollte man sich immer vor Augen halten (und auf diesem Auge scheinen mir speziell sehr lehramtstreue Zeitgenossen oft sehr kurzsichtig zu sein) dass das kirchliche und das göttliche Urteil zwei paar Stiefel sind.

 

Werner

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vor 6 Minuten schrieb iskander:

Und dieser Dissens im forum internum darf nun eigentlich doch gerade nicht dazu führen, dass der Gläubige gegen die kirchlichen Gebote handelt (sofern er nicht gegen die Gehorsamspflicht verstoßen will). Er muss den Forderungen der Kirche weiterhin gehorchen, es sei denn, er wäre überzeugt, dass eine Verletzung der kirchlichen Normen nicht bloß moralisch erlaubt, sondern sogar moralisch geboten ist. Das zumindest wäre die Haltung der Kirche, oder?

 

Und selbst wenn jemand meint, ein Handeln gegen die Moral der Kirche wäre tatsächlich "geboten", würde die Kirche, jedenfalls in der Sexualmoral, dieses Verhalten dennoch als unstatthaft beurteilen. So etwa im Fall der Empfängnisverhütung (aber zweifellos auch jeder anderen "sexuellen Sünde"), wo eine Pflicht zur Beichte besteht, und wo bei fehlender Reue und nicht-absolvierter Beichte der Empfang der Kommunion verboten ist, egal, was der Gläubige mit seinem gewissen ausmacht.

 

Es gibt damit eigentlich keinen Freiraum für das Gewissen des Gläubigen in dem Sinne, dass jemand in irgendeinem Punkt von der kirchlichen Lehre abwichen "dürfte", ohne dass dieses Abweichen als unvereinbar mit dem katholischen Glauben als solchem betrachtet würde.

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vor 33 Minuten schrieb Werner001:

 Jedoch sollte man sich immer vor Augen halten (und auf diesem Auge scheinen mir speziell sehr lehramtstreue Zeitgenossen oft sehr kurzsichtig zu sein) dass das kirchliche und das göttliche Urteil zwei paar Stiefel sind.

 

Werner

 

Das ist ganz klar. Dem letztinstanzlichen Urteil Gottes sollte niemand vorgreifen. 

 

Das tut die Kirche meiner Ansicht nach aber auch gar nicht, wenn sie Sanktionen verhängt, die nur ihren eigenen Bereich betreffen. 

 

Wenn man mal überlegt, dann ist die Höchststrafe, welche die Kirche hier auf Erden kennt, das Anathem, der Kirchenbann. Das dazugehörige griechische Verb bedeutet im ursprünglichen Sinne in etwa so viel wie etwas (Weihegaben, -geschenke) der Gottheit weihen, aufstellen, übergeben, ausliefern. Dieser ursprüngliche Sinn trifft das Wesen dieser Strafe ziemlich gut: Die Gemeinschaft der Kirche stößt Dich aus, Du bist ihrer Fürsprache und Gnadenmittel beraubt und gewissermaßen direkt Gott und seinem Urteil übergeben, mit dem Du auskommen musst. 

 

Dass sich das Institut des Anathems oder der Exkommunikation auch begrifflich und inhaltlich weiterentwickelt hat und heute nicht mehr als Kirchenausschluss im eigentlichen Sinne aufgefasst wird, ist ohnehin nochmal ein eigenes Thema. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 23 Stunden schrieb Studiosus:

 

 

Ich glaube, der Dissens liegt gar nicht so sehr in der Beschreibung (was die Kirche sei, wie sie geleitet werde usw.), sondern mehr im Urteil: Du und viele andere sagen, die Kirche hat ihren Auftrag mehr oder weniger vergeigt, an die Wand gefahren. 

 

Ich und wenigere andere sagen, dass die Kirche trotz manchen Problems ihre Sendung eigentlich sehr gut erfüllt hat. Bis heute übrigens. 

 

Das spiegelt einfach bestimmte Erwartungen an Kirche und "Kirchenbilder" wider. 

 

Über Sekten lehrt man, sie würden Menschen und Tradition über die Bibel stellen.

 

Es ist lustig/traurig/irritierend, wenn ich das katholische Inspirationsdogma "Gotteswort in Menschenwort" lese. Damit wird klar ausgesagt, dass in der Bibel nicht nur Gott, sondern auch Menschliches enthalten und die Bibel deshalb nicht irrtumslose und fehlerlos sei.

Während man also die Bibel seit jeher schon kritisch gesehen hat, hat man das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma geschaffen und es 1870 zum Dogma erklärt. Mit der katholischen Tradition sieht es ähnlich wie mit päpstlichen Unfehlbarkeit aus.

 

Die Überheblichkeit gegenüber der Grundlage ist offensichtlich. Damit hat "die Kirche ihren Auftrag mehr oder weniger vergeigt, an die Wand gefahren". 

 

Für mich ist klar: Wer die Grundlage - die Bibel - kritisch sieht, sollte auch den Papst und die Tradition kritisch sehen.

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vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

 

Meine Rede. Ihm ist zu folgen, selbst wenn es ein irrendes ist. Dass damit allerdings sozusagen alles paletti wäre, ist das große non sequitur. Das folgt daraus nämlich nicht. 

 

Dem (irrenden) Gewissen nicht zu folgen, wäre Sünde. Das, was man allerdings stattdessen tut, kann mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls Sünde sein. Und die Kirche kann, wenn es sich um für den äußeren Bereich relevante Handlung dreht, dennoch gezwungen sein, einen Gläubigen zu sanktionieren, auch wenn dieser nach seinem Gewissen gehandelt hat. 

 

Ich will es an einem Beispiel verdeutlichen: Ich kann mich (in meinem irrenden) Gewissen vielleicht nachgerade dazu gezwungen sehen, gewisse Teile oder die Gesamtheit des Zweiten Vatikanischen Konzils abzulehnen und seine Durchführung zu verweigern. Wenn ich das tue, dann bestraft mich die Kirche im Zweifelsfalle trotzdem. Oder wenn mich mein Gewissen drängte, Bischöfe gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes zu konsekrieren. Der Rückzug auf den Primat des Gewissens ist nicht ein Zauberwort, das gewissermaßen alle negativen Folgen dieser Gewissensentscheidung ausschalten würde. 

 

Oder um ein lebensnaheres Beispiel zu wählen: Eine aus Gewissenszwang - den ich im Gegensatz zu anderen Fällen hier tatsächlich gegeben sehe - vorgenommene oder eingewilligte Abtreibung wäre mit Sicherheit auch dann in den Augen der Kirche eine (himmelschreiende) Sünde, die bereut, gebeichtet und absolviert werden muss, wenn man den Gewissenszwang bejahte. 

 

Also kann man sich durchaus die Sünde, die aus dem Handeln gegen das Gewissen entspringt, sparen. Das heißt aber im Umkehrschluss gerade nicht, dass die Tat, die aus dem Gewissensurteil folgt, in sich gut oder gar überhaupt nicht Sünde sein könne, nur weil sie subjektiv stimmig ist. 

 

Hier sollte man doch die subjektive von der objektiven Schlechtheit (und Zurechenbarkeit) einer Sache konsequent unterscheiden. Sie sind nicht dasselbe. 

 

Hier stimme ich dir interessanterweise vollständig zu.

Man muß zwischen der Gewissensentscheidung im forum internum und der Kirchendisziplin im forum externum unterscheiden.

 

Woraus sich meiner Meinung nach zwei Forderungen an die Amtskirche ergeben:

Zum einen muß sie sich bemühen, ihre Lehre nachvollziehbar zu vermitteln. Was bei den zehn Geboten in aller Regel funktioniert, bei der Sexualmoral jedoch offensichtlich schon lange nicht mehr.

Zum anderen muß sie ihre Lehren immer wieder überprüfen, ob sie noch aktuell sind. Nicht jede Lehre, die früher richtig war, muß dies auch heute noch sein (was vermutlich eher Konkretionen als Grundlagen betrifft). War es in Anbetracht der hohen Kindersterblichkeit früher sinnvoll, möglichst viele Kinder zu haben, so muß man heute überlegen, ob es in Anbetracht einer drohenden Überbevölkerung nicht sinnvoller ist, die Anzahl der Nachkommen in einem überschaubaren Rahmen zu halten (durchschnittlich 2,4 Kinder pro Ehepaar gleichen dann auch die Kinderlosen aus).

 

Und es gibt natürlich Situationen, da gibt es keinen guten Weg, da kann man sich allenfalls bemühen, den weniger schlechten Ausweg zu finden.

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vor 19 Stunden schrieb Flo77:

@1: KKK 2357

 

Bezieht sich auf das Handeln. Auch wenn die Veranlagung als "ungeordnet" bezeichnet wird, als Sünde wird die Tat bezeichnet

 

vor 19 Stunden schrieb Flo77:

@2: KKK 2370

 

Kondome sind neutral, Materialien können keine moralische Wertung enthalten. Die Anwendung macht's, also der Anwender.

 

vor 19 Stunden schrieb Flo77:

@3: Pastor Aeternus oder willst Du jetzt nur auf die Spitzfindigkeit mit "aber nur in Sachen des Glaubens und der Sitten" ablenken?

 

Wenn für Dich eine dogmatische Beschränkung spitzfindige Ablenkung ist, können wir uns die Diskussion sparen.

 

vor 19 Stunden schrieb Flo77:

Oder zielst Du darauf ab, daß diese Sätze nicht aus der Menschwerdung Gottes abgeleitet werden, was dann allerdings dein Statement aus der Antwort an Cosifantutti etwas merkwürdig, weil der z.B. gezielt nach dem Thema Empfängnisverhütung gefragt hatte.

 

Ich vermute, daß Du mein "Statement" nicht so verstanden hast wie von mir intendiert. Mag an mir liegen, ich kann's aber nicht anders sagen. Ist auch wurscht. Vergiß es einfach.

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vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

Wenn man mal überlegt, dann ist die Höchststrafe, welche die Kirche hier auf Erden kennt, das Anathem, der Kirchenbann.

 

Na ja, in einer Gesellschaft, in der weltliche und geistliche Macht getrennt sind, kann es anders ja auch kaum sein, soweit man nicht glaubt, einen Menschen ganz unmittelbar zur Hölle verurteilen zu können.

 

vor 2 Stunden schrieb Moriz:

War es in Anbetracht der hohen Kindersterblichkeit früher sinnvoll, möglichst viele Kinder zu haben, so muß man heute überlegen, ob es in Anbetracht einer drohenden Überbevölkerung nicht sinnvoller ist, die Anzahl der Nachkommen in einem überschaubaren Rahmen zu halten (durchschnittlich 2,4 Kinder pro Ehepaar gleichen dann auch die Kinderlosen aus).

 

Das berührt zwar auch die Sexuallehre im engeren Sinne, aber nur mittelbar. Hier ginge es ja erst einmal um die von der Kirche postulierte Pflicht, möglichst viele Kinder zeugen zu müssen. (Selbst die NFP ist ja nur aus schwerwiegenden Gründen erlaubt - hat jemand die genaue Formulierung parat?)

 

Zitat

Zum einen muß sie sich bemühen, ihre Lehre nachvollziehbar zu vermitteln. Was bei den zehn Geboten in aller Regel funktioniert, bei der Sexualmoral jedoch offensichtlich schon lange nicht mehr.

 

Ich glaube nicht, dass es ihr hier am guten Willen fehlt, sondern an der Fähigkeit, und dass dies wiederum an der Sache selbst liegt. Wenn man sich z.B. die Bemühungen von JPII ansieht, muss man wohl sagen: Sie tut, was sie kann. Nur leuchten ihre Argumente den meisten Leuten eben nicht ein.

 

Auch möchte ich ansonsten noch allgemein zu bedenken geben, dass die kath. Lehre in der Strenge, wie wir sie hier erörtert haben (Pflicht zum Gehorsam in allen Fragen plus sehr rigide Moral) mit Sicherheit viele Leute abschrecken würde, wenn man sich ernsthaft um ihre Durchsetzung bemühen würde. Einige Leute würden sicherlich angezogen - vor allem solche, die ein sehr klares (um nicht zu sagen: hermetisch geschlossenes) Weltbild wollen, und besonders auch eine umfassende, unzweideutige und strenge moralische Führung in möglichst allen Lebensfragen.

Wie schon in den Beiträgen davor dargelegt, wird man aber annehmen dürfen, dass der Verlust wesentlich größer wäre als der Gewinn. Und in manchen Ländern (wie dem deutschsprachigen) würde es mit Sicherheit andauernd (begründete!) Kritik von Psychologen und Pädagogen hageln, wenn etwa die Kinder so auf die Beichte vorbereitet würden, wie es eigentlich der offiziellen Lehre entsprechen würde (siehe hier).

 

Selbstredend kann man der Meinung sein, dass die Kirche davon unbeirrt ihren Weg gehen solle; nur sollte man vielleicht nicht meinen, dass ein Bestehen auf dem hier diskutierten Rigorismus die Kirche attraktiver machen würde.

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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Selbst die NFP ist ja nur aus schwerwiegenden Gründen erlaubt - hat jemand die genaue Formulierung parat?

„wenn aus berechtigten Gründen keine weiteren Kinder mehr wünschenswert sind“


es wird nicht direkt ausgeführt, welche Gründe „berechtigt“ sind.

 

Werner

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@Werner001

 

Danke, und im Katechismus (online) findet sich noch mehr:

 

"2368 Ein besonderer Aspekt dieser Verantwortung betrifft die Empfängnisregelung. Aus berechtigten Gründen dürfen die Eheleute für Abstände zwischen den Geburten ihrer Kinder sorgen wollen. Es ist an ihnen, zu prüfen, ob ihr Wunsch nicht auf Egoismus beruht, sondern der angebrachten Großmut einer verantwortlichen Elternschaft entspricht. Außerdem werden sie ihr Verhalten nach den objektiven Maßstäben der Sittlichkeit regeln:

 

'Wo es sich um den Ausgleich zwischen ehelicher Liebe und verantwortlicher Weitergabe des Lebens handelt, hängt die sittliche Qualität der Handlungsweise nicht allein von der guten Absicht und Bewertung der Motive ab, sondern auch von objektiven Kriterien, die sich aus dem Wesen der menschlichen Person und ihrer Akte ergeben und die sowohl den vollen Sinn gegenseitiger Hingabe als auch den einer wirklich humanen Zeugung in wirklicher Liebe wahren. Das ist nicht möglich ohne aufrichtigen Willen zur Übung der Tugend ehelicher Keuschheit' (GS 51,3)."

 

Uta Ranke-Heinemann hatte es mal etwas überspitzt so formuliert, dass der Geschlechtsverkehr dort, wo er nicht geboten ist, verboten ist. Das kommt der Wahrheit ziemlich nah.

bearbeitet von iskander
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