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Ist ein kirchenfernes Christentum denkbar?


Danny_S.

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vor 26 Minuten schrieb SteRo:

Natürlich ist jeder zu gültigen Rückschlüssen fähig, der sich an die Regeln des Ziehens gültiger Rückschlüsse hält. Natürlich ist es unwissenschaftlich aus nur einer Beobachtung einen Rückschluss zu ziehen und den für valide zu halten. Deshalb ist es erforderlich Rückschlüsse auf zahlreiche Beobachtungen zu gründen und genau darum ging es mir im vorliegenden Kontext als ich schrieb "und das ermöglicht mir wiederum Rückschlüsse zu ziehen, welche Bedeutung der Glauben der Katholiken hat bzgl. ihres alltägliches Verhaltens. "

Ich gehe also durchaus wissenschaftlich vor, weshalb ich auch schrieb "Man könnte sagen, dass ich das "Katholischsein" erforsche ... "

 

Dann hat meine Aussage über Dich Gültigkeit und wenn Du dem widersprechen würdest, würdest Du in einen Selbstwiderspruch geraten, weil Du Schlüsse anderer Menschen, die auf dem gleichen Beobachtungsweg entstehen wie Du ihn für dich in Anspruch nimmst, für ungültig erklärst, während Du selbst darauf beharrst, richtige Schlüsse zu ziehen.

bearbeitet von corpusmysticum
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Also es ist eindeutig Beides: Was hier mit der Wendung "was immer von allen überall geglaubt wurde" ist ein Kriterium, das der Hl. Vincenz von Lerins aufgestellt hat [für die Dogmenhermeneutik ein unverzichtbarer Zeuge mit seinem "Commonitorium". Dazu sollte es Lektürekurse an den Fakultäten geben.]

 

Damit schließt er jedoch nicht aus, dass Lehre präzisiert, entfaltet und vertieft wird. Allerdings, und das ist das zweite wichtige Paradigma des Hl. Vincenz, gibt es auch hierfür Kriterien: Lehren entwickeln sich organisch und die Aussagen müssen eadem sensu eademque sententia entfaltet werden, d. h. immer im selben Sinn und im gleichen Urteil. Nach Vincenz, den das Vatikanische Konzil explizit als Gewährsmann für sein Verständnis der Lehrentwicklung nennt, kann also eine spätere Aussage der Kirche mit Blick auf die Glaubenslehre einer alten, vorherigen nicht grundsätzlich widersprechen. Sie kann Aspekte neu betonen, klarer zum Vorschein bringen, aber nicht den Sinn in kontradiktorischer Weise verändern. Das ist ein wichtiger Unterschied zu dem, was man wohl heute als "Lehrentwicklung" betrachtet: Früher galt A, heute gilt B und morgen C. Das ist gerade nicht gemeint. 

 

Und drittens muss man natürlich sagen, dass aufkommende Häresien der Motor der Dogmenentwicklung waren. Wurde eine zuvor entweder als sicher geltende oder theologisch noch nicht vollkommen reflektierte Glaubenswahrheit angefochten, war die Kirche gezwungen, sich näher mit ihrem eigenen Glauben, ihrem Dogma zu beschäftigen. Das war in den ersten Jahrhunderten die Triebfeder für grundlegende Festlegungen in der Gotteslehre, der Christologie, der Mariologie, der Gnadenlehre usw., wie sie von den großen Kirchenversammlungen vorgenommen wurden. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 17 Minuten schrieb Studiosus:

Das ist ein wichtiger Unterschied zu dem, was man wohl heute als "Lehrentwicklung" betrachtet: Früher galt A, heute gilt B und morgen C. Das ist gerade nicht gemeint. 

 

Aber was bedeutet das für die Lehrentwicklung, wenn heute etwas anderes unter den genannten Punkten verstanden wird? 

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vor 20 Minuten schrieb corpusmysticum:

 

Aber was bedeutet das für die Lehrentwicklung, wenn heute etwas anderes unter den genannten Punkten verstanden wird? 

 

Dass es keine Lehrentwicklung, sondern eine veritable Lehrveränderung ist. 

 

Ich nehme wahr, dass sich viele Theologen und Bischöfe hinter dem gefälligeren, da orthodox klingenden Begriff Lehrentwicklung verstecken, inhaltlich aber ganz klar Lehrveränderungen meinen. 

 

Das kommt nicht ganz so kontrovers daher, als wenn ich sage, die Lehre zu Xy muss sich vollkommen wandeln, nachgerade in ihr Gegenteil. Was bisher schwarz war, muss zukünftig weiss genannt werden. Freilich kann man dann immer noch, was nur wenig überzeugt, sagen, die Veränderung ins glatte Gegenteil sei lediglich "Entwicklung". Das beißt sich nur offensichtlich mit den obigen Kriterien. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Stunden schrieb rorro:

 

U.a. in den Dokumenten, die Du zugabst noch nicht zu kennen. Die Historie belegt das.

 

Ja und wo finde ich die? Bitte Link und entscheidende Absätze nennen, sonst nützt mir das gar nichts.

 

vor 2 Stunden schrieb rorro:

Nur weil Rom die letzte Entscheidungsinstanz war, heißt das nicht, daß sie die einzige wäre und daß sie alles allein entscheiden müsse. So hat ja Papst Johannes XXIII. auch ein Ökumenisches Konzil einberufen, obwohl seit Vat I. dogmatisch klar, war, daß er das nicht braucht. Für eine bessere Akzeptanz in den Kirchen der Welt ist es nicht selten sinnvoll so etwas zu tun.

Naja. Wenn man aus Vat I für unsere Zeit (!) wirklich ableiten könnte, dass ein Papst kein Konzil einberufen müsse, um derart fundamentale Änderungen wie durch Vat II erfolgt umzusetzen, und das auch tun würde, würde ich ab diesem Tag den betreffenden Papst als Häretiker ansehen. Außerdem waren Vat I und II meiner Meinung nach keine ökumenischen Konzilien, da die Ostkirchen nicht teilnahmen (ob die überhaupt eingeladen wurden, weiß ich nicht).

bearbeitet von Katholikos
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vor 4 Minuten schrieb Katholikos:

Außerdem waren Vat I und II meiner Meinung nach keine ökumenischen Konzilien, da die Ostkirchen nicht teilnahmen (ob die überhaupt eingeladen wurden, weiß ich nicht).

 

Dann waren allerdings nicht nur die Vatikanischen Konzilien keine ökumenischen Konzilien mehr, sondern alle Konzilien seit Mitte des 11. Jahrhunderts. 

 

"Ökumenisch" bedeutet für Konzilien übrigens nicht, dass da alle Konfessionen und Kirchen vertreten sein müssen, sondern bezieht sich auf den ganzen katholischen Erdkreis.

 

Da könnte man eher noch kritisieren, was ich nicht tue, dass bei den päpstlichen Haussynoden nur ein kleiner Bruchteil der katholischen Welt anwesend war. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Studiosus:

Ich nehme wahr, dass sich viele Theologen und Bischöfe hinter dem gefälligeren, da orthodox klingenden Begriff Lehrentwicklung verstecken, inhaltlich aber ganz klar Lehrveränderungen meinen. 


Ist es dann aber nicht widersprüchlich, heute die These zu vertreten, dass alles nur Vertiefungen sind? Dann ist doch eindeutig, dass es Veränderungen der Lehre gibt.

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vor 6 Minuten schrieb corpusmysticum:


Ist es dann aber nicht widersprüchlich, heute die These zu vertreten, dass alles nur Vertiefungen sind? Dann ist doch eindeutig, dass es Veränderungen der Lehre gibt.

 

Also der Heilige Vincenz lebte z. B. im 5. Jahrhundert, konnte also schon auf einige Konzilien und ihre Lehre zurückblicken, als er sein Entwicklungsparadigma formulierte.

 

Manche sagen ja, dass die Trinitätslehre bereits eine "Neuerung" darstelle oder die Aussagen zu den Naturen Christi, weil sie eben nicht "in der Bibel stehen". 

 

Offenbar sahen das die Väter anders. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 28 Minuten schrieb Studiosus:

 

Dann waren allerdings nicht nur die Vatikanischen Konzilien keine ökumenischen Konzilien mehr, sondern alle Konzilien seit Mitte des 11. Jahrhunderts. 

 

"Ökumenisch" bedeutet für Konzilien übrigens nicht, dass da alle Konfessionen und Kirchen vertreten sein müssen, sondern bezieht sich auf den ganzen katholischen Erdkreis.

 

Da könnte man eher noch kritisieren, was ich nicht tue, dass bei den päpstlichen Haussynoden nur ein kleiner Bruchteil der katholischen Welt anwesend war. 

 

Hm. Liegt wahrscheinlich wieder mal daran, dass es unterschiedliche Definitionen des Begriffs "ökumenisch" und von "katholisch" gibt.

Die RKK scheint ja je nach gusto unter "ökumenisch" entweder sich selbst oder alle Konfessionen zu meinen.

Und bei "katholisch" weiß ich auch nie so recht, was der Einzelne eigentlich meint: Die RKK? Die lateinische Kirche? Die ganze katholische apostolische Kirche (inkl. der byzantinisch-orthodoxen)?

 

Ich lese z.B. deinen Satz ""Ökumenisch" bedeutet für Konzilien übrigens nicht, dass da alle Konfessionen und Kirchen vertreten sein müssen, sondern bezieht sich auf den ganzen katholischen Erdkreis." so, dass er ja genau das sagt, was ich meinte. Die Konzilien seit dem 11. Jhdt. sind nicht ökumenisch, da Teile des katholischen Erdkreises fehlten (4 der 5 altkirchlichen Patriarchate). Alle alten Patriarchate verstehen sich als katholisch.

bearbeitet von Katholikos
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vor 4 Minuten schrieb Studiosus:

Manche sagen ja, dass die Trinitätslehre bereits eine "Neuerung" darstelle oder die Aussagen zu den Naturen Christi, weil sie eben nicht "in der Bibel stehen". 

 

Offenbar sahen das die Väter anders. 

 

Na ja, das liegt vermutlich daran, dass das Christentum sich aus dem Frühjudentum heraus entwickelt hat. Dem NT erging es wie Luther mit den Juden. Zuerst wollte "es" in den zuerst entstandenen Schriften innerhalb des Judentums noch Brücken bauen. Paulus ging zuerst nicht auf die Marktplätze der Heiden sondern in die Synagogen der Juden um zu missionieren. Darum versuchte er eine Kontinuität des Judentums darzustellen: "Gemäß der Schrift, gemäß der Schrift, gemäß der Schrift" um möglichst viele Juden mit ins Boot zu holen. Als er aus den Synagogen herausgeprügelt wurde, verlagerte er sich auf die Heidenmission.

 

Spätere Schriften des NT entstanden zu Zeiten, als sich der Riss zwischen Judentum und Christentum bereits historisch manifestiert hatte. Wie bei Luthers erfolglosen Missionsversuchen, schlägt die vormalige Anerkennung der Juden im NT auch mehr und mehr in Hass um. Man merkt diesen Wandel daran, dass die zitierten Stellen aus dem AT die Richtung wechseln. Da werden dann vermehrt die Stellen aus dem AT zitiert, welche die Blind- und Taubheit der Juden gegenüber Christus in den Vordergrund stellen, um den alten Bund zu verwerfen und den neuen Bund als einzig noch gültigen Bund darzustellen - besonders im Hebräerbrief, und Johannes spricht überhaupt nicht mehr zu den Juden, sondern eher abfällig über die Juden.

 

Die Väter übernahmen die Tradition, aus dem AT zu zitieren um ihre Meinungen darzustellen, aber sie mussten mit vielen alttestamentlichen Traditionen natürlich brechen, wenn diese mit dem Christusgeschehen nicht mehr vereinbar waren. Dabei gab es viele und große Grauzonen, wobei aus polemischen Gründen wenig differenziert, und vieles verwischt wurde - z.B. bei der Rede vom Volk Gottes, wobei aus dem ethnischen Volk der Juden ein apokalyptisches Volk Gottes der Christenheit gemacht wurde.

 

Jesus war natürlich Jude, ein Sohn des jüdischen Volkes (Davidsohn), zu seinem Volk gesandt, zudem ein Jude mit völkischem und apokalyptischem Gedankengut - aber im Kerygma des verkündigten Christus ist Jesus schon nicht mehr ganz so jüdisch, und im trinitarischen Gottesbild späterer Jahrhunderte ist der vergöttlichte trinitarische Jesus natürlich gar kein Jude mehr, denn Gott ist der Schöpfer aller Menschen und kann selbst kein Jude sein.  

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vor 45 Minuten schrieb Studiosus:

 

Also der Heilige Vincenz lebte z. B. im 5. Jahrhundert, konnte also schon auf einige Konzilien und ihre Lehre zurückblicken, als er sein Entwicklungsparadigma formulierte.

 

Manche sagen ja, dass die Trinitätslehre bereits eine "Neuerung" darstelle oder die Aussagen zu den Naturen Christi, weil sie eben nicht "in der Bibel stehen". 

 

Offenbar sahen das die Väter anders. 

 

Aber was ist mit heute?

Das ist soweit Historie. Wenn wir über den Wahrheitsanpruch der Kirche sprechen, dann sprechen wir nicht über die existierende Kirche im 5. JH. Du sagst selbst, dass sich die heutigen Auslegungen geändert haben und es zu Lehrveränderungen kommt, die nicht mehr im Einklang mit dem ursprünglichen Verständnis stehen.

Was sagt das über die Kirche heute? Doch im Grunde, dass sie nicht mehr im Einklang mit der bisherigen Kirche steht,

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vor 3 Minuten schrieb corpusmysticum:

Du sagst selbst, dass sich die heutigen Auslegungen geändert haben und es zu Lehrveränderungen kommt, die nicht mehr im Einklang mit dem ursprünglichen Verständnis stehen.

Was sagt das über die Kirche heute? Doch im Grunde, dass sie nicht mehr im Einklang mit der bisherigen Kirche steht,

 

Natürlich nicht. Denn dann müsste er zugeben, dass das NT kein genuines Produkt der Kirche ist, weil es "die Kirche" von heute damals in dieser Form noch gar nicht gab. Das ist einfach ein frommer Mythos über die Kirche, und das merkt man schon daran, dass die christliche Kirche "eigentlich" schon vor der Zeugung und der Geburt Jesu mit der unbefleckten Empfängnis Mariens beginnt - ach was - noch viel früher denn der trinitarische Christus ist ja "in Wahrheit" sogar präexistent und schon vor der Schöpfung der Welt, an der Schöpfung beteiligt - was eigentlich nur den Schluss zulässt, dass die Kirche Christi der eigentliche Grund der Schöpfung der Welt ist.     

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Manche sagen ja, dass die Trinitätslehre bereits eine "Neuerung" darstelle oder die Aussagen zu den Naturen Christi, weil sie eben nicht "in der Bibel stehen". 

Sicher war das eine „Lehrentwicklung“. Das ist ja nun völlig offensichtlich, egal, was irgendwelche „Väter“ meinen 

 

Werner

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vor 3 Stunden schrieb corpusmysticum:

 

Dann hat meine Aussage über Dich Gültigkeit ...

Du denkst also, dass dein Rückschluss von meinen geschriebenen Worten auf eine Seeleneigenschaft meinerseits wissenschaftlichen Ansprüchen genügt?

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vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

 

Vermutlich meinst du das nicht so deterministisch, wie es klingt, aber ich verstehe nicht so recht, was im "Rahmen der Vorsehung" für dich bedeuten soll. Auf was beziehst du das, die Menschheitsgeschichte (Jahrtausende) oder die individuelle Lebensgeschichte (max. 120 Jahre)?

Meine Begriffsbildung zum Wort "Vorsehung" beruht im Wesentlichen auf den Gedanken des Thomas von Aquin dazu.

 

vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

Hiermit habe ich ähnliche Schwierigkeiten mit den Größenverhältnissen: Kirche(n) als übergeordnete Institutione(n) (Tausende + Personen) sind im Grunde für ein Individuum gar nicht erfahrbar, im Gegensatz zu einer sinnlich erfahrbaren Gemeinschaft (Gemeinde, Hauskreis, Familie, max. ~ 50 Personen).

 

Das große Ganze von "Menschheit" und "Kirche" geht mich nichts an, was meinen persönlichen Glauben betrifft. Das sind philosophisch und politisch relevante Größen.  

 

Ich schrieb "Als Vorteil käme mir in den Sinn: frische Impulse für die etablierten Kirchen, Erleichterung und Gemeinschaft für jene, die Schwierigkeiten mit dem Angebot der Kirchen haben. " was bedeutet: das Kollektiv ohne Konfession wird ja nach außen hin auch sicht- und hörbar, was dann doch zu frischen Impulsen für die Glaubensgemeinschaften der etablierten Kirchen werden kann (nicht muss). Für die konfessionslosen Individuen selbst mag es Erleichterung bringen zu sehen, dass sie nicht alleine sind mit ihrer Konfessionslosigkeit, ja sie können sich sogar zusammentun und auch eine Gemeinschaft bilden, eine Gemeinschaft ohne Konfession halt.

Außerdem schrieb ich: "Als Nachteil käme mir in den Sinn: Spaltung, weil natürlich jede Abwendung von einer Kirche die globale Gemeinschaft der Christen weiter aufspaltet.", wobei ich "Spaltung" als etwas Negatives verstand, was man ja auch anders sehen kann.

 

Das große Ganze von "Menschheit" und "Kirche" ist aber sehr relevant, wenn man sich der katholischen Glaubenslehre zuwendet, denn da geht es um "Erbsünde", "Befreiung durch Jesus Christus", die gesamte Soteriologie der katholischen Kirche. Wenn man sich von der katholischen Glaubenslehre abwendet, dann sollte man, wenn man trotzdem Christ sein will, ja in der Lage sein eine alternative Soteriologie zu zimmern. Ich denke nicht, dass ein bloß individualistisch geprägter Glauben dem, was Gott will, gerecht wird.

 

 

vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

Sehe ich genau so. Ein Gottesbild sagt nichts darüber aus, wie Gott ist. Es ist eine Vorstellung von Gott, die man nicht überprüfen kann und nicht überprüfen muss - auch nicht

Was das Wesen Gottes angeht, lasse ich mich von der Theologie inspirieren., weil die Bibel dazu nicht wirklich was beiträgt. Was die Trinität angeht, so ist mein Eindruck, dass sich diese mit der Bibel nicht erschöpfend beweisen lässt, weil immer Leerstellen bleiben und die Trinität letztendlich immer als eine Schlussfolgerung von Theologen erscheint, die nicht zwingend ist. Interessant finde ich theologische Abhandlungen dazu trotzdem.

 

vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

So sehr ich auch gegen das Cherry picking aus der Bibel bin, um mit einzelnen Bibelstellen eine religöse Meinung als einzig wahre zu "untermauern", oder die Bibel als Ganzes (frühjüdisches AT + christliches NT) durch polemische Mythenbildung über die Bibel zu verklären, "Gottes Wort" und "Christus als Mitte der Schrift" oder "Gotteswort in Menschenwort" usw, muss ich doch ehrlicherweise zugeben, dass mein Gottesbild, ähnlich wie das der Kirchen, auf willkürlichem Cherry picking beruht. Ich nehme mir aus dem AT, NT und aus der frühjüdischen und christlichen Tradition genau so das Gute für mein persönliches Gottesbild heraus, und verwerfe das Schlechte.

 

Die einzige Instanz, welche ich dazu bemühe, ist mein Gewissen, denn die Verantwortung für meine Taten, die sich auch aus meinem Gottesbild ergeben, kann mir niemand abnehmen. Mein Gewissen ist keine statische sondern eine dynamische und dialogische Angelegenheit, in steter Wechselwirkung mit der Heiligen Schrift, meinem christlichen Umfeld, d.h. auch mit den Kirchen, der Gesellschaft, meiner spirituellen, ethisch-moralischen Entwicklung durch alle Etappen meines gesamten Lebens hindurch. Was dabei zählt ist die Tragfähigkeit meines Glaubens in allen Wechselfällen des Lebens.

Ich setze primär schon auf die Tradition, daher mein (laienhaftes) Interesse an der Theologie. Bevor ich mich mit der Bibel befasse, befasse ich mich mit der Theologie, welche ja ihre Thesen üblicherweise auch sehr reichhaltig mit (vermeintlich?) stützenden Bibelzitaten schmückt, auf die Kirchenväter oder auf offizielle Dogmen Bezug nimmt. Ich könnt's nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, vom Selbstwillen getrieben der Tradition öffentlich (propagandistisch) zu widersprechen oder gar der katholischen Tradition beizutreten und dann Dinge zu behaupten, die der Lehre der Tradition widersprechen - deshalb lege ich (als Nicht-Katholik) soviel Gewicht auf das katholische Glaubensbekenntnis als Grundlage des "Katholischseins".

 

 

bearbeitet von SteRo
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vor 57 Minuten schrieb SteRo:

Ich setze primär schon auf die Tradition, daher mein (laienhaftes) Interesse an der Theologie.

Das nehme ich zur Kenntnis. Mein laienhaftes Interesse an der Theologie kommt einfach daher, dass ich in Kindheit und Jugend katholisch sozialisiert wurde, und darum ...    

 

vor 57 Minuten schrieb SteRo:

Bevor ich mich mit der Bibel befasse, befasse ich mich mit der Theologie, welche ja ihre Thesen üblicherweise auch sehr reichhaltig mit (vermeintlich?) stützenden Bibelzitaten schmückt, auf die Kirchenväter oder auf offizielle Dogmen Bezug nimmt.

 

war es bei mir selbstverständlich auch so, denn wenn man von Kindheit an die Theologie der Kirche hört, hat man das katholisch gehörte längst im Ohr, bevor man mit dem Bibellesen begonnen hat. Ich hatte also "immer schon" ein katholisches Vorwissen mit dem ich bei meiner Lektüre an den Start ging. Das Schwierigste war dabei also, all das wieder zu "vergessen", außenvor zu lassen, um mit einem unverstellten Blick lesen und selbständig interpretieren zu können, um zu prüfen, was ich gehört hatte. Denn besonders was das AT betrifft lösen die Traditionen einander ab, aber die Phänomene institutioneller Interpretationen wiederholen sich in der Geschichte. Darum verstehe ich die Worte Jesu in der Bergpredigt zeitlos, also auch für uns gültig, denn so wie es in der frühjüdischen Tradition zur Zeit Jesu die Alten gab, gibt es auch in der kirchlichen Tradition "die Alten", die Apologeten, Kirchenväter usw.    

Zitat

Mt 5,20-22
Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist ... Ich aber sage euch ...

 

Was Jesus da in seiner frühjüdischen Tradition praktiziert, ist eine kritische theologische Selbstreflexion anhand der Heiligen Schrift - was Jesus abmahnt ist das Phänomen der narzisstischen Selbstbeweihräucherung der Schirftgelehrten und Pharisäer seiner Tradition. Dieses sich Verfestigen, Festschreiben und in mannigfaltigen Zirkelschlüssen immer wieder Selbstbestätigen ist die Gefahr in jeder Tradition.

 

Wenn Jesus so konsequent an seiner jüdischen Tradition festgehalten hätte, wie Studiosus und rorro an der Gerechtigkeit der Väter und dem Lehramt festhalten, wären "wir" Juden geblieben, und es hätte nie ein Christentum gegeben. Zum Bruch bzw. zur Spaltung kam es, weil das Frühjudentum wegen der Gerechtigkeit seiner Schriftgelehrten und Pharisäer unreformierbar war. Darum ging es zugrunde, und es entwickelte sich aus dem Frühjudentum das rabbinische Judentum und das Christentum. Es liegt im Ermessen der Kirche von Jesus und aus der historischen Geschichte des Frühjudentums zu lernen, oder dessen Schicksal zu teilen.     

 

bearbeitet von Weihrauch
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vor 2 Stunden schrieb SteRo:

Du denkst also, dass dein Rückschluss von meinen geschriebenen Worten auf eine Seeleneigenschaft meinerseits wissenschaftlichen Ansprüchen genügt?


Das ist nicht die Frage, nein.

 

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vor 20 Stunden schrieb Studiosus:

Die Lehre von Konstanz, wonach das Konzil im Ernstfall oder sogar regelmäßig (Dekret Frequens) als Organ neben oder über dem Papst stünde, wurde als konziliaristische Irrlehre von späteren Päpsten verurteilt [...]

 

Sicher? Darauf habe ich zumindest keine Hinweise gefunden. Bei Wolf ("Krypta") heißt es dazu:

 

"Eine umfassende Reform der Kirche war jedoch zum Scheitern verurteilt, weil die Päpste in der Folgezeit versuchten, die entsprechenden Dekrete des Konzils zu unterlaufen. Zwar berief Martin V., dem Dekret «Frequens» folgend, 1423 ein Konzil nach Pavia ein, löste dieses jedoch mit fadenscheinigen Argumenten relativ rasch wieder auf. Außerdem war die Kirchenversammlung in Pavia nur schwach besucht, vor allem weil die eigentliche Motivation der konziliaren Idee – die Beseitigung der Kirchenspaltung – weggefallen war. Im Konzil von Basel, das von 1431 bis 1449 dauerte, kam es zum letzten Mal zu einer Konfrontation zwischen Papst und Konzil, die in der Dogmatisierung von «Haec sancta» und damit der Oberhoheit des Konzils über den Papst durch die Konzilsmehrheit gipfelte. Am Schluss setzte sich jedoch das Papsttum durch, das Konzil von Basel radikalisierte sich immer mehr und wurde schließlich aufgelöst. Wie Klaus Schatz treffend bemerkt, verhinderten die Päpste, seitdem sie «die Konzilien zu fürchten begannen», erfolgreich deren Einberufung und belegten die Appellation an ein allgemeines Konzil sogar mit schweren Kirchenstrafen.[9]"

 

Zitat

[...] und kann ebenfalls mit dem Ersten Vatikanum als überholt oder obsolet gelten. 

 

Ist es nicht so, dass der damalige Konzilstheologe Joseph Ratzinger ausführte, dass man Pastor aeternus und Haec sancta (das eine ähnliche Stoßrichtung hat wie Frequens) zusammenlesen müsse?

 

Man könnte theoretisch im Übrigen ja auch umgekehrt argumentieren: Wenn die Beschlüsse des Konzils von Konstanz gültig sind, könnte Pastor aeternus ungültig sein (und es könnte dann auch kein Papst die Beschlüsse von Konstanz mit Recht zur Irrlehre erklären).

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vor 26 Minuten schrieb iskander:

Sicher?

 

Ich denke ja. Was ist denn der Hintergrund des Konziliarismus? Das sollte man sich nochmal klarmachen: Im Grunde geht es um eine Konkurrenz der Suprematien von Papst und Konzil. Wer besitzt in der Kirche die oberste Entscheidungsgewalt? Papst oder Konzil? Konstanz und Basel haben sich dezidiert für die Überordnung der Konzilien als Repräsentation der Gesamtkirche und gegen die Suprematie des Papstes ausgesprochen. Dies sogar insoweit, dass Konzilien aus eigener Machtvollkommenheit (eben weil sie, wie das in den Quellen heißt, in figura Ecclesiae agieren) Beschlüsse fassen, die selbst den Papst binden. 

 

Diese Entwicklung wurde relativ bald durch die Päpste wieder eingefangen. Auf die Androhung der Exkommunikation, sollte jemand gegen den Papst (oder eine päpstliche Entscheidung) ein allgemeines Konzil anrufen, weißt Wolf ja richtigerweise hin. Man könnte, obwohl das nicht wirklich die historische Realität beschreibt, sagen, es hätte einen Schwebezustand zwischen Konstanz und Vatikanum I gegeben. Mit dem Ersten Vatikanischen Konzil und der Beschreibung der primatialen Vollmachten des Papstes ist die konziliaristische Theorie faktisch tot. Und, was oft vergessen wird, das kirchliche Gesetzbuch von 1917 zementiert die Vorrangstellung des Papstes über das Konzil endgültig. Das ist, wenn man so will, der letzte Akt in diesem Stück gewesen.

 

Das sind nur die Einsichten eines einfachen Arbeiters. Zum Verhältnis von Konziliarismus und Papstamt haben Brian Tierney und in Deutschland Ulrich Horst sehr profunde Untersuchungen publiziert. 

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vor 44 Minuten schrieb iskander:

Ist es nicht so, dass der damalige Konzilstheologe Joseph Ratzinger ausführte, dass man Pastor aeternus und Haec sancta (das eine ähnliche Stoßrichtung hat wie Frequens) zusammenlesen müsse?

 

Müsste ich im Wortlaut wieder suchen, aber soweit ich erinnere hat er damit nicht den Konziliarismus verteidigt, sondern wollte das Zueinander von papaler und konziliarer Kirchenverfassung beschreiben. 

 

Es geht ja nun nicht darum, keine Konzilien einzuberufen, sondern lediglich um die korrekte Verortung des Konzils: Konzilien können cum et sub Petro arbeiten, aber nicht super aut contra Petrum. Sie sind nicht selbstwirksam; ihre Autorität und Verbindlichkeit erhalten sie durch die Approbation ihrer Beschlüsse durch den Papst. Das ist der entscheidende Unterschied zur konziliaren Theorie. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 54 Minuten schrieb iskander:

Man könnte theoretisch im Übrigen ja auch umgekehrt argumentieren: Wenn die Beschlüsse des Konzils von Konstanz gültig sind, könnte Pastor aeternus ungültig sein (und es könnte dann auch kein Papst die Beschlüsse von Konstanz mit Recht zur Irrlehre erklären).

 

Den Konstanzer Reformdekreten, die wie gesagt die Spitze konziliarer Ideen abbilden, haben die Päpste entweder widersprochen oder sie faktisch ignoriert. 

 

Und das konnten sie auch: Wir müssen hier einmal auseinander dividieren, um was es überhaupt geht. Was Konstanz (oder Basel) über die Autorität der Konzilien sagten, ist kein Dogma oder irgendetwas in der Art. Es sind Dekrete eines Konzils, teilweise unter Druck von den Päpsten rekognisziert, dann wieder verworfen. Und so ging es mit vielen Äußerungen von Konzilien, sogar von vollkommen regulären. An viele Canones und Erklärungen der altkirchlichen Konzilien haben sich spätere Generationen auch nicht gebunden gesehen. 

 

Und das geht. Mal sehr laienhaft gesprochen: Alles unter dem Verbindlichkeitsniveau eines Dogmas kann zumindest in der Theorie modifiziert oder sogar praktisch revidiert werden. Als Traditions(ab)bruch mag man das betrachten, aber die Kirche wird dadurch nicht beschädigt. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 3 Stunden schrieb Studiosus:

Es geht ja nun nicht darum, keine Konzilien einzuberufen, sondern lediglich um die korrekte Verortung des Konzils: Konzilien können cum et sub Petro arbeiten, aber nicht super aut contra Petrum. Sie sind nicht selbstwirksam; ihre Autorität und Verbindlichkeit erhalten sie durch die Approbation ihrer Beschlüsse durch den Papst. Das ist der entscheidende Unterschied zur konziliaren Theorie. 

 

Da der Papst aber alles, was er mit Konzil entscheiden kann, genauso gut und mit der gleichen Verbindlichkeit auch ohne Konzil tun könnte, während ein Konzil absolut gar nichts ohne den Papst tun kann,  sind Konzilien (als solche) vollkommen machtlos und eigentlich auch vollkommen unnötig.

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Irgendwie ist es ziemlich grotesk, in diesen sehr menschlichen Intrigenspielen das Wirkendes Heiligen Geistes erkennen zu meinen.

 

Werner

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vor 12 Minuten schrieb iskander:

 

Da der Papst aber alles, was er mit Konzil entscheiden kann, genauso gut und mit der gleichen Verbindlichkeit auch ohne Konzil tun könnte, während ein Konzil absolut gar nichts ohne den Papst tun kann,  sind Konzilien (als solche) vollkommen machtlos und eigentlich auch vollkommen unnötig.

 

Ja, das ist so. Wie es das Vatikanische Konzil so prägnant formuliert, kann der Papst ex sese verbindliche Entscheidungen in Glaubensfragen treffen und nicht ex consensu Ecclesiae

 

Nichtsdestotrotz hat das Konzil als traditionelles Organ der Einbeziehung der Gesamtkirche in diesen Entscheidungsprozess eine hohe Bedeutung. Deshalb nehme ich auch keine grundsätzliche Abneigung dagegen wahr. [Dass in den Augen der Entscheider seit den 1960er Jahren der Zeitpunkt für ein Konzil noch nicht da ist, muss man akzeptieren. Konzilien sind außerordentliche Ereignisse im Leben der Kirche. Man sollte sie durch Inflation auch nicht entwerten.]

bearbeitet von Studiosus
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