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Was spricht für den religiösen Pluralismus?


Mystiker

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vor 8 Minuten schrieb Marcellinus:

Induktion als philosophisches Konzept als Schluß vom Speziellem auf Allgemeines ist gilt selbst in der Philosophie als nicht begründet.

 

Sprechen wir überhaupt vom gleichen Phänomen? ;) Meinst Du mit "Induktion" wirklich das, was allgemein darunter verstanden wird?

 

"Induktion (lateinisch inducere ‚herbeiführen‘, ‚veranlassen‘, ‚einführen‘) bedeutet seit Aristoteles die abstrahierende Schlussfolgerung aus beobachteten Phänomenen auf eine allgemeinere Erkenntnis, etwa einen allgemeinen Begriff oder ein Naturgesetz."

https://de.wikipedia.org/wiki/Induktion_(Philosophie)

 

Selbstverständlich stützen sich die Wissenschaften häufig auf die Induktion - egal, was Popper sagt:

 

"Statistics and probability theory have become increasingly important in experimental sciences. From the 19th century into today, they have played a methodological role as an analysis of inductive inference and attempt to ground the rationality of induction in the axioms of probability theory (Dahl, 2017, p. 56-57). [...] "

https://www.researchgate.net/publication/366444594_The_Importance_of_Inductive_Reasoning_in_Science_A_Critical_Analysis

 

Aber wir brauchen die Induktion auf einer noch viel grundlegenderen Ebene. Nehmen wir an, ein Wissenschaftler untersucht ein Stück Kupfer. Woher weiß er, dass das, was er untersucht auch Kupfer ist? Woher weiß er, dass es nicht etwas anderes ist als Kupfer (und auch andere relevante Eigenschaften besitzt) und nur so aussieht wie Kupfer? Oder dass das Kupfer sich gerade unter seinen Händen in etwas verwandelt hat, was wie Kupfer aussieht, es aber nicht ist?

 

Nun, er geht von der Gleichförmigkeit der Natur bzw. der Gültigkeit der Induktion - was weitgehend auf das gleiche hinausläuft - aus!

 

Oder wenn ein Chemiker eine Substanz mit Lackmus in Berührung bringt und der Lackmus sich rot verfärbt, woher weiß er dann, dass es sich um eine Säure handelt? Nun, er schließt es induktiv daraus, dass es bisher immer so war, dass Säuren und nur Säuren den Lackmus rot verfärben! Selbst für die elementarsten Dinge braucht man also die Induktion.

 

Und wenn wir allgemein davon ausgehen, dass das, was die Wissenschaft herausgefunden (oder widerlegt hat), morgen noch gilt (bzw. auch morgen noch falsch ist), dann ist das natürlich wiederum ein induktiver Schluss!

 

Falls Du das anders siehst, sage mir bitte wo und warum.

 

Die Gültigkeit der - in Deiner Ausdrucksweise! - "philosophischen" Induktion ist somit die absolute und unverzichtbare Grundlage jeder Wissenschaft! Die Wissenschaft beweist die Gültigkeit der Induktion nicht, setzt sie aber voraus.

Natürlich muss einen die Frage ob bzw. warum die Grundlagen, auf denen die gesamte Wissenschaft fußt, solide sind, nicht interessieren. Aber was ist "verkehrt" daran, wenn es jemanden interessiert?

 

Induktion brauchen wir natürlich zudem auch im Alltag. Wenn es bisher immer so war, dass es ungesund ist, aus dem 10. Stock ungeschützt auf Beton zu springen, dann schließen wir selbstredend, dass es auch in Zukunft so sein wird. Russell formulierte es sinngemäß so, wenn ich mich richtig erinnre, dass die Akzeptanz der Induktion den Unterschied zwischen geistiger Gesundheit und Wahnsinn ausmacht.

 

Erneut: Falls Du das anders siehst, sage es bitte und erkläre es bitte. ;)


 

Zitat

Logik ist ursprünglich erfunden worden, um auf dem Forum oder Agora bei öffentlichen Gerichtsverhandlungen den Gegner blöd ausschauen zu lassen. Letztlich ist es eine Ansammlung von argumentativen Tricks.

 

Nehmen wir an, ich habe sehr gute Gründe für folgende Überzeugungen: a) Ich bin ein Mensch. b) Kein Mensch kann (wie ein Vogel) fliegen.

 

Dann kann ich doch aus a) und b) auch mit einem sehr hohen Maß an Sicherheit schließen, dass auch ich nicht fliegen kann. Das ist ein gültiger Schluss. Das heißt, ich brauche es erst gar nicht auszuprobieren, indem ich etwa mit den Armen flattere. Nehmen wir hingegen folgenden Schluss:

 

"Ich bin ein Mensch; kein Mensch kann fliegen; also kann ich fliegen."

 

Das wäre natürlich ein Fehlschluss. Es würde auch nichts helfen, wenn ich ein formales logisches System kreieren würde, in welchem dieser Schluss per Festlegung oder Konvention Geltung hätte. Und es würde nicht einmal etwas nutzen, wenn alle Menschen auf der Welt mein formales logisches System übernehmen würden. Ich könnte dann immer noch nicht fliegen!

 

Soweit einverstanden?

 

Das heißt aber doch nichts anderes, dass logische Schlüsse, bei denen aus wahren Prämissen wahre Konklusionen (und keine falschen!) folgen sollen - also Schlüsse, die  diesem Sinne "gültig" sind -, auf eine bestimmte Weise "beschaffen" sein müssen! Sie müssen bestimmte Formen haben, und andere dürfen sie nicht haben. Und diese Ausdrucksweise: 'Damit ein Schluss gültig ist, muss er so und so und nicht anders aussehen' ist aber im Grunde nichts anderes als ein logisches Gesetz!

 

Und es ist doch völlig klar, dass logische Gesetze, wenn man sie so versteht - und so versteht man sie normalerweise - nicht das Allermindeste mit willkürlichen Erfindungen, beliebigen Konventionen oder gar "argumentativen Tricks" zu tun haben!

 

Und natürlich kann man auch formale logische Systeme kreieren. Aber wenn das mehr sein soll als eine intellektuelle Spielerei, und wenn solche Systeme in der realen Welt etwas taugen sollen und nicht zum größten Unsinn führen sollen, dann müssen sie eben logischen Gesetzen im obigen Sinne entsprechen!

 

Erneut: kannst Du dem zustimmen? Wenn nein, wieso nicht?

 

Zitat

Unsere Formen der Erkenntnis sind älter, sehr viel älter [als die Logik]. 

 

Schön. Nehmen wir an, Du stehst am morgen auf uns siehst, dass draußen überall alles nass ist. Regen siehst Du aber keinen. Nun wirst wohl, wenn keine ungewöhnlichen Umstände vorliegen, davon ausgehen, dass es vorher geregnet hat. Du schließt also aus der Tatsache, dass alles nass ist und das nur sinnvoll erklärbar ist, wenn es geregnet hat, dass es tatsächlich geregnet hat; das heißt, Du verwendest einen abduktiven Schluss. Logisches Schließen ist also absolut basal und unverzichtbar und viel älter als jedes logische System.

 

Stimmst Du dem zu? Oder nicht? Wenn Du weder den Regen beobachtet hast noch von Deiner Beobachtung (und anderen Informationen) auf den Regen schließt: Wie kommst Du denn dann zu der Überzeugung gelangst, dass es geregnet haben muss? (Das ist keine rhetorische, sondern eine ernst gemeinte Frage.)

 

Ich hatte ganz simple Beispiele für logisches Schließen in der Wissenschaft gegeben: Nehmen wir an, wir wollen die elektrische Leitfähigkeit von Gold und Glas testen und versuchen, einen Strom-Kreis erst mit einem Stück Glas und dann mit einem Stück Gold kurzzuschließen. Im Fall des Goldes leuchtet eine mit dem Kreislauf verbundene Birne auf (weil Strom durch sie fließt), im Fall des Glases nicht (weil kein Strom durch sie fließt).

Wir sehen nun ja nicht unmittelbar, dass der Strom durch das Gold, aber nicht durch das Glas fließt; wir sehen nur, dass das eine mal die Glühbirne leuchtet und das andere mal nicht. Dass Gold den Strom leitet, nicht aber Glas, schließen wir dann aus dem Leuchten bzw. Nicht-Leuchten der Birne vor dem Hintergrund unseres Wissens über unser Experiment und einiger physikalischer Tatsachen.

 

Erneut: Stimmst Du dem zu oder nicht? Wenn nicht, meinst Du tatsächlich, dass wir im wortwörtlichen Sinne beobachten bzw. sehen können, dass Glas keinen Strom leitet, Gold aber schon? Und wenn wir das nicht unmittelbar beobachten können, aber auch nicht logisch zu erschließen vermögen: Woher wissen wir das Deiner Meinung nach dann?

 

Es kommt immer wieder vor, dass ich meine, etwas sehr überzeugend begründet zu haben, dem Du auch nicht widersprichst. Und so glaube ich dann, Du würdest mir zustimmen, nur um dann festzustellen, dass das überhaupt nicht der Fall ist. ;) Deshalb würde ich Dich doch recht herzlich bitten, die konkreten Fragen, die ich zuletzt gestellt hatte (Beispiele mit dem Regen und dem Stromkreis) zu beantworten, damit wir nicht aneinander vorbeireden.

 

Zitat

Es gibt kein "unmittelbar". Mit Logik hat das nichts zu tun.

 

Mit "unmittelbar" meine ich, wie ich dargelegt habe, dass etwas gewusst wird, ohne dass es logisch begründet werden müsste. Wenn Du mit "unmittelbar" etwas anderes meinst, reden wir aneinander vorbei.

 

Zitat

Unser Wissen beruht zu allererst auf unserem Wahrnehmungsapparat, Hören, Sehen, Schmecken, und so weiter. Die sind das Ergebnis der biologischen Evolution. Der Eindruck, wir sähen zB etwas "unmittelbar", entsteht nur dadurch, daß uns der Prozeß der Bildverarbeitung einfach nicht bewußt ist. Dein "Unmittelbar" ist also schon an dieser Stelle eine Illusion, erzeugt von unserem Gehirn. Damit dürfte deine Argumentation hinfällig sein. 

 

Wir reden tatsächlich auch hier aneinander vorbei! Denn im Grunde ist das (bis auf den letzten Satz natürlich) ziemlich genau das, was ich sage! Wir haben keinen direkten Kontakt mit dem Baum im Sinne eines physikalischen Objekts, sondern nur mit dem von unserem Gehirn erzeugten "inneren Bild" des Baumes, wenn man es so ausdrücken will. Anders gesagt: Ich kann nur von dem inneren Bild auf den realen Baum schließen. Wenn das von meinem Gehirn erzeugte Bild so erscheint, als sei der Baum breit, dann schließe ich eben, dass auch der reale Baum breit ist. Womit erneut offenkundig wird, dass wir, wenn wir Wissen im Sinne einer gerechtfertigten Überzeugung haben wollen, die Logik auf Schritt und Tritt brauchen, selbst für sehr elementare Erkenntnisse!

 

Darüber hinaus stellt sich für mich aber die Frage, wieso Deine Aussagen über die Logik denn Deiner Meinung nach nicht zur Metalogik, also zur Philosophie, gehören. Gibt es denn irgendwelche naturwissenschaftlichen oder sozialwissenschaftlichen Experimente, die Deine Auffassungen belegen? Wenn ja, dann würde mich das interessieren.

Oder verhält es sich so, dass Du Dein Wissen über Logik mit Deinem Wissen über die  menschliche Gesellschaft und Geschichte miteinander in Beziehung setzt und dann durch "reines Denken" zum Schluss gelangst, dass sich die Dinge so und so verhalten? Genau das tun aber doch auch Philosophen!

 

Zudem stellt sich mir wie gesagt schon lange die Frage, wieso Deine Position, nach welcher es Wissen nur dort geben kann, wo es eine empirische Prüfung gibt, kein Empirismus im Sinne der Philosophie sein soll. Und ebenso, wie man diese Position vertreten kann, ohne in einen Selbstwiderspruch zu geraten. Siehe meinen letzten Beitrag in diesem Thread. ;)

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vor 9 Minuten schrieb iskander:
vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

Induktion als philosophisches Konzept als Schluß vom Speziellem auf Allgemeines ist gilt selbst in der Philosophie als nicht begründet.

 

Sprechen wir überhaupt vom gleichen Phänomen? ;) Meinst Du mit "Induktion" wirklich das, was allgemein darunter verstanden wird?

 

"Induktion (lateinisch inducere ‚herbeiführen‘, ‚veranlassen‘, ‚einführen‘) bedeutet seit Aristoteles die abstrahierende Schlussfolgerung aus beobachteten Phänomenen auf eine allgemeinere Erkenntnis, etwa einen allgemeinen Begriff oder ein Naturgesetz."

https://de.wikipedia.org/wiki/Induktion_(Philosophie)

 

Selbstverständlich stützen sich die Wissenschaften häufig auf die Induktion - egal, was Popper sagt:

 

Nein, wir sprechen nicht von dem Gleichen, und du trickst rum. Du willst offenbar den Kuchen essen und behalten, einerseits deine philosophische Deutung wissenschaftlicher Abläufe behaupten, dich aber in der Darstellung auf Allerweltsbeschreibungen zurückziehen, wenn's brenzlich wird. So geht das nicht!

 

Fest steht, das philosophische Konzept von Induktion ist meine Fantasievorstellung, beruhend auf den Spekulationen von Leuten, die von der Sache keine Ahnung haben, auch nicht haben konnten, wenn die Aristoteles zitierst. 

 

Da du einem aber mittlerweile jedes Wort im Munde herumdrehst, alles, was ich sage, zu einer philosophischen Aussage umzudeuten versuchst, nur um dann zu behaupten, jeder hätte eben eine Philosophie, nur eben eine gute, wie du, oder eine schlechte, gehe ich davon aus, daß du dir nur nicht eingestehen willst, daß deiner Argumentation gescheitert ist. Sowie diese Art von Philosophie insgesamt. 

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Am 5.2.2024 um 13:37 schrieb Marcellinus:

Nein, wir sprechen nicht von dem Gleichen, und du trickst rum. Du willst offenbar den Kuchen essen und behalten, einerseits deine philosophische Deutung wissenschaftlicher Abläufe behaupten, dich aber in der Darstellung auf Allerweltsbeschreibungen zurückziehen, wenn's brenzlich wird. So geht das nicht!

 

Ehrlich gesagt verstehe ich den Vorwurf nicht. Erkläre mir bitte, was Du mir genau vorhältst, und ich werde gerne darauf eingehen.

 

Am 5.2.2024 um 13:37 schrieb Marcellinus:

Fest steht, das philosophische Konzept von Induktion ist meine Fantasievorstellung, beruhend auf den Spekulationen von Leuten, die von der Sache keine Ahnung haben, auch nicht haben konnten, wenn die Aristoteles zitierst. 


Das verstehe ich auch nicht. Wenn wir davon ausgehen, dass frisches Brot bekömmlicher ist als der Grüne Knollenblätterpilz, weil das in der Vergangenheit so war, dann schließen wir doch von vielen Einzelerfahrungen auf eine allgemeine (sei es strikte oder probabilistische) Gesetzmäßigkeit, die da lautet: Frisches Brot ist (normalerweise) bekömmlich, der Grüne Knollenblätterpilz hingegen (normalerweise) nicht.

 

Das wäre ein Parade-Beispiel für Induktion, wie wir sie andauernd verwenden. Ein Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine bzw. von einer bisherigen Reihe von Erfahrungen auf den nächsten Fall. Was hat das nun mit einer unsinnigen "Fantasievorstellung" zu tun? Induktive Schlüsse sind weder aus dem Alltag noch aus der Naturwissenschaft wegzudenken.

 

Bist Du Dir wirklich sicher, dass Du weißt, was "Induktion" ist? Siehe sonst hier:

https://en.wikipedia.org/wiki/Inductive_reasoning

 

Am 5.2.2024 um 13:37 schrieb Marcellinus:

Da du einem aber mittlerweile jedes Wort im Munde herumdrehst, alles, was ich sage, zu einer philosophischen Aussage umzudeuten versuchst, nur um dann zu behaupten, jeder hätte eben eine Philosophie, nur eben eine gute, wie du, oder eine schlechte, gehe ich davon aus, daß du dir nur nicht eingestehen willst, daß deiner Argumentation gescheitert ist. Sowie diese Art von Philosophie insgesamt. 

 

Mein "Im-Munde-Herumdrehen" Deiner Worte beseht darin, dass ich detailliert erläutere, wieso ich keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Deiner Position und der Haltung des philosophischen Empirmismus zu erkennen vermag, verbunden mit der Bitte, einfach mal zu erklären, worin Deiner Ansicht nach dieser Unterschied besteht:

 

" [...] Kurz gesagt: Alles scheint mir darauf hinzudeuten, dass Deine Überzeugung nichts anders ist als die philosophische Position des Empirismus, und dass sie entweder nicht streng gemeint ist oder sich selbst aufhebt.

Ich mag mich da irren - was genau Du meinst weiß schließlich nur Du, und ich will Dir gewiss nichts unterstellen. Aber dann wüsste ich doch immerhin zu gerne, wo und warum ich mich diesbezüglich irre, falls ich das denn tue."

 

Bist Du denn schon einmal auf die Idee gekommen, dass das Problem vielleicht auch etwas mit Dir selbst zu tun haben könnte? ;)

 

 

Hier mal einige Punkte, die vielleicht der Reflexion wert sein könnten:

 

- Es ist Dir offensichtlich nicht klar, dass praktisch unserem gesamten rationalen Denken - auch der empirisch arbeitenden Wissenschaft - logische Schlüsse zugrundeliegen. Stattdessen hältst Du Logik für eine - ich zitiere - "Ansammlung von argumentativen Tricks". Das ist eine Position, die ich so noch überhaupt nie gelesen oder gehört habe. Bitte nimm es mir nicht übel: Aber ein fundamentaleres Missverständnis der Natur und Bedeutung der Logik ist kaum vorstellbar.  

 

- Du schreibst, dass "Logik [...] ursprünglich erfunden worden ist], um auf dem Forum oder Agora bei öffentlichen Gerichtsverhandlungen den Gegner blöd ausschauen zu lassen. [...] Unsere Formen der Erkenntnis sind älter, sehr viel älter."

Offenbar verwechselst Du Logik im Sinne des logischen Denkens mit Logik im Sinne der Lehre vom Logischen Denken (auch wenn das nicht der einzige Fehler ist). Das ist ungefähr so, als würde man Sprache im Sinne von Kommunikation mit Sprache im Sinne von Linguistik (oder Rhetorik-Schulungen) verwechseln. Ein Missverständnis, auf das ich Dich bereits mehrfach hingewiesen hatte - umsonst.

 

- Ich habe sogar extra einen Thread gestartet, um derartige Fehleinschätzungen auszuräumen. Dabei habe ich zur Illustration dort und an anderer Stelle auf verschiedene praktische Beispiele für logisches Denken sowohl im Alltag wie auch in der Wissenschaft hingewiesen. Diese Beispiele verdeutlichen auch, wie unverzichtbar das logische Schließen für uns ist.

Du bist auf kein einziges der konkreten Beispiele eingegangen; Du hast nirgendwo versucht zu zeigen, dass es bei diesen Beispielen in Wahrheit gar nicht um logisches Schließen gehen würde.   

 

- Auf meinen Hinweise, dass Logik auch beim Falsifizieren eine zentrale Rolle spielt, hast Du geantwortet: "Theoretisch-empirische Wissenschaften gewinnen ihr Wissen nicht durch sprachliche Logeleien, sondern durch einen wechselseitigen Prozeß von Tatsachenbeobachtungen und Theoriebildung, wobei die Methoden für diesen Prozeß wechseln mit den Eigentümlichkeiten der jeweiligen Gegenstände."

 

- Daraufhin habe ich Dich (nochmals) auf die Bedeutung des Modus Tollens für das logische Schließen hingewiesen. Zur Erinnerung: Der Modus Tollens ist die Schlussfigur, die so geht: "Wenn X der Fall ist, dann ist auch Y der Fall; nun ist aber nicht Y nicht der Fall; also kann auch X nicht der Fall sein."  So schließt man (u.a.) wenn man aus einer Theorie eine Vorhersage ableitet, um dann aus dem Nicht-Eintreffen der Vorhersage auf die Falschheit der Theorie zu folgern.

Auf meine Frage, wie man denn Deiner Meinung nach ohne Modus Tollens irgendwelche Modelle, Hypothesen oder Theorien in den empirischen Wissenschaften falsifizieren könnte, hast Du bis jetzt nicht geantwortet. Stattdessen wiederholst Du einfach Deine Auffassung von der Überflüssigkeit der Logik für den Erkenntnisprozess.

 

- Auch habe ich mehrfach an konkreten einfachen Beispielen zu erläutern versucht, wie man sowohl für das (vorläufige) Verifizieren wie auch für das Falsifizieren einer These zwingend logische Schlüsse benötigt. Ich habe Dich gebeten, mir zu sagen, wie man Deiner Meinung nach denn ohne Logik in diesen simplen (!) Fällen eine Verifizierung oder Falsifizierung vornehmen könnte. In meinen letzten Beitrag in diesem Thread habe ich Dich sogar eindringlich darum gebeten. Eine Antwort habe ich weder diesmal noch zuvor erhalten.

 

- Auch Deine Kommentare zum Induktions-Schluss erwecken stark den Eindruck, dass Du Dich mit dem induktiven Schluss, seiner Bedeutung und den Schwierigkeiten, ihn zu begründen, bisher noch nie in nennenswerter Weise auseinandergesetzt hast.

 

- Du stellst Descartes (und in ähnlicher Weise auch Kant) als einen naturwissenschaftlichen Laien dar, der die wissenschaftliche Methode nicht gekannt hat und sie nicht kennen wollte, sie aber in absurder Weise durch eine philosophische Methode ersetzen wollte. Du sagst:

"Descartes kannte also die Arbeiten von Kopernikus und Kepler. Aber statt sich zu fragen, wie diese bei ihrer erfolgreichen Wissenschaftlichen Arbeit vorgegangen seien, entwickelte er noch im selben Jahr die Idee (vorgeblich nach einer Vision der Jungfrau Maria), es müsse „eine universale Methode zur Erforschung der Wahrheit“ geben, und er sei berufen, sie zu finden."

Und: "Er „fand“ sie [die universale Methode], welch Wunder, in sich selbst und in der Ablehnung aller anderen Erkenntnisquellen, namentlich „äußerer Sinneswahrnehmungen“ oder „religiöser Offenbarung oder Überlieferung“."

Und: "Tatsächlich wurde der naturwissenschaftliche Fortschritt ja auch von anderen betrieben, nicht von Philosophen.")

 

- Bereits im Hinblick auf Kant, der ein respektabler Naturwissenschaftler war und eine wichtige, im Grundsatz bis heute gültige Theorie zur Entstehung des Sonnensystems begründet hat, wären derartige Vorwürfe völlig verkehrt. Und im Fall von Descartes stellen sie, wie ich hier ausführlich belegt habe, die Wahrheit sogar derart auf den Kopf, dass man sich wirklich wundern könnte. Descartes war nicht nur ein bedeutender Naturwissenschaftler, sondern er war einer der wichtigsten Pioniere und Befürworter der modernen naturwissenschaftlichen Methode überhaupt! Das ist eigentlich kein Geheimwissen.

 

- Es hat ganz den Anschein, dass Du nicht weißt oder nicht vor meinen Erläuterungen wusstest, dass es innerhalb der Philosophie und ihrer Geschichte die wichtige Strömung des Empirismus gab (und in einem gewissen Umfange immer noch gibt), die im Wesentlichen Deiner eigenen Position entspricht. Auch von der Existenz des Logischen Positivismus, welcher immerhin eine der wichtigsten philosophischen Bewegungen des 20. Jhs. war, und der ebenfalls in zentralen Punkten Deiner eignen Ansicht sehr nahe kommt, wenn er ihr nicht gleicht, hast Du offenbar noch nichts gehört. Oder Du hast etwas von diesen philosophischen Schulen gehört, kannst die Informationen aber nicht einordnen.

 

- Du behauptest, dass Deine Aussagen keine philosophische Position darstellen würden und bist empört, wenn ich auch nur die Frage stelle, warum sie das denn keine Philosophie darstellen und was sie denn dann sind. Dabei vergisst Du eines: Ich habe sehr ausführlich und wiederholt dargelegt (siehe etwa meinen vorletzten Beitrag in diesem Thread), wieso ein entprechender Verdacht für mich naheliegt:

a) Du vertrittst Meinungen zu ganz grundsätzlichen erkenntnistheoretischen Fragen, wie weder Naturwissenschaften noch die Soziologie sie thematisieren.

b) Du vertrittst dabei die gleichen oder ganz ähnliche Auffassungen wie bestimmte Spielarten des Empirismus, von welchem wohl niemand je bezweifelt hätte, dass er eine philosophische Denkschule ist. 

c) Du hast zu keinem Zeitpunkt auf irgendwelche Experimente hingewiesen, die Deine These belegen würden, so dass nicht erkennbar ist, dass Du Deine Meinung methodisch anders begründen würdest als es der philosophische Empirismus tut.

 

- Zwar sagst Du, dass Deine Thesen "wissensoziologisch" zu verstehen seien. Bei vielen Deiner Thesen geht es aber gerade nicht um spezifisch soziale Aspekte es Wissens - tatsächlich kommen soziale oder sozialwissenschaftliche Termini in ihnen nicht einmal vor. Nirgendwo hast Du zudem eine sozialwissenschaftliche Belege ins Feld geführt, um beispielsweise Deine inhaltlich dem Empirismus entsprechende Auffassung zu untermauern.

 

- Unzählige male habe ich Dir höflich und sachlich die Frage gestellt, worin sich Deiner Meinung nach Deine eigene Auffassung von der Philosophie des Empirismus grundsätzlich unterscheidet, und wieso Deine eigene Auffassung denn keine Philosophie sei. Sofern Du diese Frage nicht komplett ignorierst (was meistens der Fall ist), zeigst Du Dich über sie wie gesagt verärgert. Beantworten tust Du sie allerdings nicht, und auf meine Argumente, die dafür sprechen, dass Deine Auffassung sich in keiner offenkundigen Weise vom philosophischen Empirismus zu unterscheiden scheinen, gehst Du an keiner Stelle ein.

 

- Du vertrittst wie der Empirismus Auffassung, dass Wissen nur durch eine empirische Prüfung gerechtfertigt werden könne, sodass für die Philosophie kein Platz bleibt. Ich habe Dich unzählige male gefragt, wie sich diese Position denn nun selbst empirisch rechtfertigen lasse. Nie habe ich eine Antwort bekommen.

 

- Da Du ja wie gesagt der Überzeugung bist, dass man Wissen nur durch empirische Prüfung erhält und die philosophische Methode nichts taugen würde, habe ich Dich u.a. in meinem letzten Beitrag gefragt, ob Du den Deine Überzeugungen zur Logik empirisch geprüft habest bzw. ob Du sie empirisch belegen könnest - sei es im Sinne der Naturwissenschaften oder der empirisch arbeitenden Sozialwissenschaften. Eine Antwort habe ich nicht erhalten.

 

- Als ich darauf hingewiesen habe, dass es eben auch Fragen zur Erkenntnis gibt, die außerhalb des Feldes der Wissens-Soziologie liegen, hast Du geantwortet: "[...] ich halte sie [diese Fragen] für entbehrlich, für ähnlich entbehrlich wie die Frage, ob Adam und Eva die ersten Menschen waren, und ob es den Sündenfall gegeben hat. Es sind Fragen, die außerhalb von Religion und Philosophie keine Bedeutung haben."

Daraufhin habe ich in meiner Antwort dargelegt - und zwar Punkt für Punkt - dass Du mit Deinen Thesen im Grunde genau die Fragen, die aus Deiner Ansicht doch so irrelevant sind, beantwortest. Wie so oft bestand Deine Antwort im Schweigen.

 

- Ein Teil von alledem erklärt sich vielleicht auch dadurch, dass Du Dich offenbar kaum je mit der Philosophie befasst hast. Du bist zweifellos ein gebildeter Mensch, der von vielen Themen etwas versteht. Was nun aber die Philosophie und ihre Geschichte angeht, so wird man bei allem Respekt doch anmerken dürfen, dass Deine Kenntnisse hier bei Weitem nicht so profund sind wie bei anderen Themen. Das wird aus Deinen Beiträgen offensichtlich, und Du behauptest ja selbst nichts anderes. Soweit ich mich erinnere, hast Du ein dünnes Büchlein des an sich durchaus respektablen Thomas Nagel gelesen, dazu eine anti-philosophische Polemik von Comte und ansonsten noch einige Sachen, die vor allem mit der Wissenschaftstheorie, aber wenig mit basalen Fragen der Erkenntnistheorie zu tun haben. Vielleicht ist es auch etwas mehr, aber viel mehr doch wohl kaum.

Das kritisiere ich nicht. Es gibt schließlich auch unzählige Themen, mit denen ich mich nicht oder höchstens sehr oberflächlich befasst habe. Allerdings meine ich dann auch nicht, mir ein umfassendes und fundiertes Urteil über das jeweilige Feld erlauben zu können.

 

- Es drängt sich sehr stark der folgende Eindruck auf: Du hast Dich mit der Philosophie, ihrer Geschichte und ihren Themen höchstens sehr oberflächlich befasst und verstehst oft nicht wirklich, worum es eigentlich geht. Das zeigt sich - neben vielem anderen - etwa darin, dass Du meinst, logisches Schließen sei für die menschliche Erkennen im allgemeinen und für die Wissenschaft im besonderen unnötig. Gerade dieses fehlende Wissen und dieses fehlende Verständnis führen dann aber wohl dazu, dass Du meinst, die Philosophen hätten sich völlig in die Absurditäten einer selbst geschaffenen Scheinwelt verrannt, während Du in Wahrheit einfach die relevante Fragestellung nicht verstehst.

 

- Wie gesagt verkennst Du beispielsweise ganz offensichtlich das erkenntnistheoretische Anliegen von Descartes und Kant. Du scheint ungefähr folgendes zu glauben: Dass es diesen Männern oder anderen Philosophen darum gegangen wäre, Naturwissenschaft zu betreiben, aber nicht naturwissenschaftlich, sondern in der Form einer vermurksten Philosophie. Oder wenigstens darum, sich von einer philosophischen Warte aus dilettierend und völlig unangemessen in die Naturwissenschaften einzumischen. Das ist eine Auffassung, die Dein Bild nicht nur von Descartes und Kant, sondern offenbar auch von der Philosophie im allgemeinen zu prägen scheint. So wenig Du diese Auffassung je hättest belegen können, so überzeugt bist Du von ihr, und so wenig akzeptierst Du eine Korrektur. 

Dass es Descartes und Kant - soweit sie als Philosophen und nicht als Naturwissenschaftler unterwegs waren! - um genuin philosophische Fragen ging, ganz so wie anderen Philosophen im Übrigen auch, ist für Dich wohl deshalb so schwer zu verstehen, weil Dir der Zugang zu philosophischen Fragen fehlt. Klar: Wem es - um nur ein Beispiel anzuführen - schlichtweg unbekannt ist, dass das induktive Schlussfolgern einerseits zwar eine zentrale Rolle für die empirische Wissenschaft (und den Alltag) spielt, dass zum diese Art des Schließens andererseits jedoch selbst nicht empirisch-wissenschaftlich begründbar ist und auch nicht "rein logisch" gilt, dem mag es wohl als eine abwegige Spiegelfechterei erscheinen, wenn sich Philosophen mit einem sog. "Induktionsproblem" befassen.

 

- Und da Du ja ohnehin schon "weißt", wie unsinnig die ganze Philosophie ist, ist es auch nicht notwendig, dass Du Dich näher mit ihr und ihren Fragestellungen befassen würdest. Und somit schließt sich der vitiöse Kreis. Dass Du - darf man sagen: gerade Du? - den Philosophen vorwirfst, sich in ihrem selbstgestrickten und daherfantasierten Wolkenkuckucksheim eingeigelt zu haben, unbelehrbar und völlig unempfänglich für die Wirklichkeit, ist insofern leider nur konsequent.

 

- Und noch ein paar eher formale Anmerkungen: Wie ich im Detail (wenn auch keineswegs umfassend) dargelegt habe, bist Du die Antwort auf viele legitime, naheliegende und für die Diskussion absolut relevante Fragen schuldig geblieben. Oftmals trotz zahlreicher höflicher Rückfragen.

Wo hingegen habe ich je auf eine Frage nicht geantwortet? Oder wo habe einen relevanten Punkt einfach ignoriert? Selbst wenn Du meine Antworten für noch so daneben hältst, wirst Du mir zugestehen müssen, dass ich Deine Fragen nicht einfach übergehe. (Wenn Du anderer Auffassung bist, gibt mir ein Beispiel, und ich werde darauf eingehen, falls ich das versäumt haben sollte! Ich werde auch auf Deinen letzten Beitrag, aus dem ich nicht recht schlau werde, gerne genauer antworten, wenn Du mir etwas näher erklärst, was  Du kritisiert und was ich Deiner Meinung nach offen gelassen oder ungenügend adressiert habe.)

 

- Es gibt kaum einen Beitrag, in welchem Du Dich nicht verächtlich oder geradezu gehässig gegenüber den Philosophie und den Philosophen äußerst, und zwar einer völlig pauschalen Weise. Ich meine damit nicht, dass Du sagst, dass Du die Philosophie für ein sinnloses Unterfangen hältst. Das ist eine zwar sehr kritische, aber sachliche Position. Ich meine vielmehr die unzähligen polemischen Attacken, in denen Du der Philosophie bzw. den Philosophen alle möglichen schlechten (Charakter)-Eigenschaften unterstellst.

Nun mag ich ja begriffsstutzig sein - aber selbst ich habe nach hunderten entsprechender Beiträge verstanden, was Du von der Philosophie und von Philosophen hältst. Auch jedem anderen hier, der zumindest sporadisch etwas von Dir liest, dürfte das klar sein. Was die ständige und teils ausführliche Wiederholung der immer gleichen Verächtlichmachung soll, erschließt sich mir nicht. Einen Informationswert besitzt das jedenfalls nicht.

 

- Egal was Du an meinen Beiträgen aussetzen magst, eines wirst Du nicht abstreiten können, wenn Du ehrlich bist: Nirgendwo mache ich Deine Position oder ihre Vertreter auch nur im Ansatz derart herabwürdige, wie Du es permanent bei der Philosophie und den Philosophen tust, denen Du ja andauernd eine geradezu krankhafte Arroganz, Anmaßung und Geltungssucht bei gleichzeitiger totaler Verbohrtheit attestierst. Nirgendwo äußere ich mich vergleichbar herabsetzend über die "Kritik an der Philosophie" oder über die "Kritiker der Philosophie".

Und meine Zurückhaltung liegt gewiss nicht daran, dass ich nicht auch anders könnte, wenn ich denn anders wollte. Sie liegt vielmehr darin begründet, dass ich es für schlechten Stil und für kontraproduktiv halte, die Position eines Mitdiskutanten - und indirekt auch hin selbst - über eine klar formulierte Kritik hinausgehend andauernd in den Dreck zu ziehen und verächtlich zu machen. Im Gegenteil: Auch wenn ich in diesem Beitrag einmal etwas deutlicher geworden bin, verzichte ich weitestgehend ja sogar auf eine moderate Polemik und schreibe nun wirklich sehr sachlich. 

Und ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn ich mir auch nur die Hälfte dessen erlaubt hätte, was Du Dir ständig erlaubst. Höchstwahrscheinlich wäre die Debatte schon längst entgleist.

 

Und das war nur eine Auflistung der wichtigsten Punkte. Du wirst jetzt vermutlich bald wieder "verkünden", wie blöd die Philosophie und die Philosophen doch seien. Es sei Dir unbenommen. Aber wenn Du so viel Zeit und Mühe investierst, um eine Meinung, die inzwischen wirklich jeder kennt, zum 500. mal zu wiederholen: Wäre es da nicht ein Gebot der Fairness, wenn Du wenigstens einmal auch ein kleines bisschen Zeit aufwenden könntest, um zu sagen, was Deine eigene Position denn von einer bestimmten Philosophie - nämlich der des Empirismus - grundsätzlich unterscheidet?

 

Ich frage erneut: Wenn Deine Position keine philosophische sein soll, was ist sie dann? Eine soziologische? Das war ja mal Deine Behauptung. Aber wie ist das möglich, wenn es gar nicht um spezifisch soziale Bedingungen und Aspekte des Wissens geht, und wenn Du - jedenfalls bisher - auf keinerlei sozialwissenschaftliche Forschungen hingewiesen hast, die Deine (quasi-)empiristische Ansichten belegen würde?

 

Und auch eine andere Frage steht noch immer im Raume: Kannst Du Deine eigene Position empirisch begründen, wenn für Dich ja nur das Wissen ist, was empirisch begründbar ist? Wenn ja, wie? Ist die Frage nach der Kohärenz einer Position nicht legitim? (Eigentlich sind ja noch mehrere sehr relevante Fragen offen, wie ich ausgeführt habe; aber ich wäre schon einmal froh, wenn wenigstens die zuletzt gestellten zwei Fragen beantwortet würden.)

 

Wie wäre es, wenn Du solche Fragen als Fragen gelten lassen und beantworten würdest, statt Dich zu beklagen, dass ich Dir etwas unterstellen würde, wenn ich Dich etwas frage?

 

Auch @Domingo hat Dich übrigens schon gefragt, was Deine eigene Position von einer philosophischen unterscheidet - und auch ihm hast Du nicht geantwortet.

 

Darf man nun also auf Antworten hoffen?

 

bearbeitet von iskander
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Ja, du hast vollkommen Recht. Wie bezüglich der Theologie bin ich auch hinsichtlich der Philosophie ein Außenseiter, und als solcher auf die Meinungen anderer angewiesen. Bei der Recherche zum Stichwort „Philosophie“ fand ich dabei diesen Text von 2005: 

 

Bemerkung zu den Möglichkeiten der Philosophie

 

Immer wieder ist beklagt worden, dass die Philosophie ‘noch’ nicht den “sicheren Gang einer Wissenschaft” erreicht hat (Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur zweiten Auflage), dass es keinen Kanon philosophischen Wissens gibt, der als für alle verbindlich gelten kann. Doch diese Klage verkennt, was in der Philosophie möglich ist und was nicht. Philosophie sucht zwar Antworten auf Sachfragen – Hat der Mensch eine Seele? Was ist Gerechtigkeit? Unter welche Bedingungen dürfen wir lügen? – aber sie ist nicht in der Lage, diese Sachfragen ein für allemal definitiv zu beantworten. In der Philosophie kann niemand letztgültig beweisen, dass er selbst Recht und alle anderen Unrecht haben. Der Grund dafür ist einfach. Philosophische Fragen werden nicht durch Beobachtungen oder Experimente entschieden. Vielmehr kann man sich der Beantwortung dieser Fragen nur argumentativ nähern. Alle Argumente beruhen jedoch auf Annahmen; und diese Annahmen können ihrerseits wieder in Zweifel gezogen werden. Niemand verfügt über einen archimedischen Punkt, der über jeden Zweifel erhaben wäre; niemand kann sich auf Annahmen stützen, die nicht angegriffen werden können. Das zeigt sich schon daran, dass alle angeblich sicheren Annahmen in der Geschichte der Philosophie tatsächlich irgendwann einmal bezweifelt wurden. Selbst die logischen Wahrheiten waren von diesem Schicksal nicht ausgenommen. Descartes etwa – also ein Philosoph, der wie kaum kein anderer nach einem archimedischen Punkt des Denkens gesucht hat – war der Meinung, dass die Gesetze der Logik dem Willen Gottes unterliegen. Und daraus folgt, dass wir uns selbst bei den logischen Wahrheiten irren können. Nun gibt es sicher gute Argumente, die zeigen, dass die Gesetze der Logik nicht vom Willen Gottes abhängen können. Aber natürlich beruhen auch diese Argumente auf Annahmen, die man bezweifeln kann. Selbst in diesem Punkt ist also keine definitive Entscheidung möglich.


Fortschritt besteht in der Philosophie deshalb nicht darin, einen Kanon allgemeinverbindlicher Antworten zu entwickeln; Fortschritt in der Philosophie bedeutet, dass wir die möglichen Antworten und ihre Konsequenzen besser verstehen. Es geht also darum, einen möglichst umfassenden Überblick über die Antworten zu geben, die man auf eine Frage geben kann, und herauszuarbeiten, welche Implikationen diese Antworten haben, worauf man sich festgelegt, wenn man die eine oder die andere Antwort akzeptiert. Damit wird zugleich klar, was für und was gegen diese Antworten spricht. Da es für alle Positionen in der Philosophie Pro- und Kontraargumente gibt, wird bei diesem Vorgehen keine Antwort als die einzig mögliche oder als die einzig rationale ausgezeichnet. Vielmehr kommt es auf jeden selbst an, wie er diese Pro- und Kontraargumente bewertet. David Lewis hat des sehr schön ausgedrückt, als er in der Einleitung zum ersten Band seiner Philosophical Papers schrieb:


Wenn alles gesagt und getan ist, wenn all die trickreichen Argumente und Unterscheidungen und Gegenbeispiele entdeckt sind, stehen wir wahrscheinlich immer noch vor der Frage: Welche Preise sind es wert, gezahlt zu werden? Welche Theorien sind, wenn man alles gegeneinander abwägt, glaubwürdig? Welche kontraintuitiven Konsequenzen sind inakzeptabel und welche sind vielleicht doch tragbar?

 

Philosophie hat also nicht mehr zu bieten als die Analyse von Implikationszusammenhängen. Das mag wenig erscheinen, manchem vielleicht zu wenig. Aber es hat einen unschätzbaren Vorteil. Philosophie entlässt den Einzelnen nicht aus seiner Verantwortung. Sie sagt nicht: So und so ist es; das hast Du zu glauben. Sie sagt vielmehr: Wenn Du das glaubst, musst Du diese Konsequenzen in Kauf nehmen; wenn Du aber eher das glaubst, dann kommst Du um die Annahme jener Folgen nicht herum. Letzten Endes musst aber Du selbst entscheiden, was Du für richtig halten willst. Jedem bleibt die Freiheit, sich seine eigene Meinung zu bilden. Und niemand kann die Verantwortung für das, was er glaubt, auf andere abschieben. Jeder muss selbst für das gerade stehen, was er für richtig hält. In meinen Augen ist das ein äußerst attraktiver Aspekt philosophischer Arbeit. Außerdem glaube ich nicht, dass damit der Beliebigkeit und dem Relativismus Tür und Tor geöffnet sind; denn natürlich sind manche Abwägungen rationaler als andere. Aber – auch über Rationalität kann man natürlich streiten.

 

Dieser Text ist nicht von irgendjemandem, sondern von Ansgar Beckermann. Er ist ein deutscher Philosoph und einer der Hauptvertreter der Philosophie des Geistes in Deutschland. Weitere Arbeitsgebiete sind Logik, Erkenntnistheorie, Theorie der Willensfreiheit und Religionsphilosophie. Nach Professuren an der Universität Göttingen und der Universität Mannheim war Beckermann von 1995 bis 2010 Professor an der Universität Bielefeld. Von 2000 bis 2006 war er Präsident der Gesellschaft für Analytische Philosophie und seit 2018 ist er deren Ehrenmitglied.

 

Könnte es sein, daß er eher meiner Position zuneigt als deiner? Egal, jedenfalls finde ich hier nichts von dem wieder, was du so wortreich immer wieder ausführst. 

Was bedeutet das aus meiner Sicht? Philosophie ist eine akademische und geisteswissenschaftliche Tradition, mit eigener Geschichte, eigenen Traditionen und eigenen Wertungen. Es ist im wesentlichen eine in sich geschlossene Welt, nicht unähnlich der Theologie. Man gehört ihr an, oder eben nicht. Und in meinem Falle eben nicht. Alles andere fände ich übergriffig. 

 

„Philosophie sucht zwar Antworten auf Sachfragen – Hat der Mensch eine Seele? Was ist Gerechtigkeit? Unter welche Bedingungen dürfen wir lügen? – aber sie ist nicht in der Lage, diese Sachfragen ein für allemal definitiv zu beantworten.“ 

 

Mal abgesehen davon, daß ich unter „Sachfragen“ etwas anderes verstehe, sind das wirklich Fragen, mit denen sich theoretisch-empirische Wissenschaften nicht beschäftigen. Wer diese Fragen wichtig findet, mag sich der Philosophie bedienen, oder der Theologie. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, mit jemals zu einer solchen Frage geäußert zu haben. 

 

Ich bin nicht „häßlich“ oder „verächtlich“ gegenüber der Philosophie allgemein, nur gegenüber einer speziellen Form von Philosophie, wie ich sie bei Popper und dem Kritischen Rationalismus gefunden habe, eine Philosophie, die meint, den theoretisch-empirischen Wissenschaften vorschreiben zu können, wie sie zu arbeiten hätten, um „gültige“ Ergebnisse zu erzielen (wobei Popper der Ansicht ist, daß kein Ergebnis als „gültig“ zu betrachten sei, höchstens als noch nicht „falsifiziert“). Ein solchen Ansicht halte ich für falsch, mit der habe ich mich eingehend befaßt und über die empirischen Gründe meiner Ablehnung habe ich auch geschrieben. Selbst diese Ablehnung bezieht sich aber nicht auf die gesamte Arbeit von Popper oder Albert. 

 

Was ich allerdings nicht mag, ist, wenn mir Philosophie unterstellt wird, weil ich mich mit Fragen beschäftige, in denen Philosophen philosophische Fragen sehen oder auch nur vermuten, auf deutsch: einer Philosophie, die sich ihrer eigenen Grenzen nicht bewußt ist, und vermutlich nicht einmal ihrer Themen. 

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Eine Korrektur (ich hoffe, dass es mir noch gestattet wird, das auch im Text zu korrigieren). Ich hatte versehentlich geschrieben:

 

Am 7.2.2024 um 00:47 schrieb iskander:

Der Modus Tollens ist die Schlussfigur, die so geht: "Wenn X der Fall ist, dann ist auch Y der Fall; nun ist aber nicht Y nicht der Fall; also kann auch X nicht der Fall sein." 

 

(Fettung im Nachhinein)

 

Der Fehler ist ärgerlich, weil eine doppelte Verneinung ja eine Bejahung darstellt. Natürlich sollte es heißen:

 

"Wenn X der Fall ist, dann ist auch Y der Fall; nun ist aber Y nicht der Fall; also kann auch X nicht der Fall sein."

 

Das ist wie gesagt der Schluss, den man in der Wissenschaft beim Falsifizieren verwendet:

 

"Falsification uses the valid inference modus tollens: if from a law L we logically deduce Q , but what is observed is ¬ Q , we infer that the law L is false. For example, given the statement L = 'all swans are white', we can deduce Q = 'the specific swan here is white', but if what is observed is ¬ Q = 'the specific swan here is not white' (say black), then 'all swans are white' is false."

https://en.wikipedia.org/wiki/Falsifiability

 

"¬ Q" heißt einfach "Nicht-Q".

 

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@Marcellinus

 

Das Folgende sind erst einmal alles Zitate von Beckermann, zitiert nach @Marcellinus

Ich will auf einige seiner Aussagen kurz eingehen:

 

"Philosophie sucht zwar Antworten auf Sachfragen [...] – aber sie ist nicht in der Lage, diese Sachfragen ein für allemal definitiv zu beantworten. [...]"

 

Das klingt erst einmal so, als ob, die Philosophie zumindest befähigt wäre, begründete Anhaltspunkte für Antworten zu liefern. Denn was ergäbe es für einen Sinn zu sagen, dass die Philosophie bestimmte Fragen nicht "ein für allemal definitiv zu beantworten" in der Lage wäre, wenn man meint, dass die Philosophie eigentlich überhaupt keine Antworten geben könne, auch nicht unter Irrtumsvorbehalt oder vorläufig?

 

Dann heißt es hingegen:

 

"[...] Philosophie hat also nicht mehr zu bieten als die Analyse von Implikationszusammenhängen."

 

Das klingt für mich dann eher nach dem Gegenteil - dass Philosophie eigentlich doch nichts zur Beantwortung philosophischer Fragen leisten kann. Aber so ist es dann wohl doch nicht gemeint:

 

"Außerdem glaube ich nicht, dass damit der Beliebigkeit und dem Relativismus Tür und Tor geöffnet sind; denn natürlich sind manche Abwägungen rationaler als andere. Aber – auch über Rationalität kann man natürlich streiten."

 

So ganz klar wird mir die Position des Autors nicht, aber es scheint dahinzugehen, dass Philosophie schon bei der Lösung philosophischer Probleme nützlich sein könne. Das ist aus meiner Sicht generell so das Problem mit derartigen Texten: Einerseits will man nichts behaupten, andererseits will man auch nicht nichts behaupten.

 

Den doch etwas nahe an der Skepsis liegenden Tenor teile ich nicht, aber natürlich hat der Autor recht, dass jeder, der sich für philosophische Fragen interessiert, aufgefordert ist, selbst nachzudenken.

 

"Philosophische Fragen werden nicht durch Beobachtungen oder Experimente entschieden. Vielmehr kann man sich der Beantwortung dieser Fragen nur argumentativ nähern."

 

Das klingt so, als wären Experimente und Beobachtungen besser. Aber letztlich beruht auch eine experimentelle Bestätigung oder Widerlegung auf Beweisen bzw. Argumenten, für die bestimmte Einsichten oder Annahmen nötig sind, welche selbst nicht experimentell prüfbar sind. Unter anderem etwa eine grundsätzliche Gleichförmigkeit der Natur. (Das ist knapp; auf Wunsch hin Genaueres.)

 

"Alle Argumente beruhen jedoch auf Annahmen; und diese Annahmen können ihrerseits wieder in Zweifel gezogen werden. Niemand verfügt über einen archimedischen Punkt, der über jeden Zweifel erhaben wäre [...]"

 

Außer scheinbar der Autor mit ebendiesen seinen Aussagen! Das sind nämlich offenbar ja keine Annahmen, welche man begründet in Zweifel ziehen könnte, sondern Erkenntnisse, die gewiss sind und also einen archimedischen Punkt darstellen! Denn die Formulierungen sind doch so geartet, dass uns hier augenscheinlich nicht eine zweifelhafte Meinung, sondern die Wahrheit verkündet wird.

 

Man beachte: Der Autor sagt ja hier nicht, dass allein er selbst etwas jetzt nicht weiß. Sondern er sagt, dass wir Menschen prinzipiell wissen bzw. nicht wissen können. Damit tätigt er aber - explizit oder implizit - Aussagen über das menschliche Erkenntnisvermögen im Allgemeinen, über das Verhältnis dieses Erkenntnisvermögens zur Wirklichkeit, über die Natur von Argumenten und ihre Möglichkeiten und Grenzen! Und bei all diesen Aussagen handelt es sich um sehr allgemeine und grundsätzliche Aussagen, die weit über "hier steht ein Baum" hinausgehen!

 

"Descartes etwa – also ein Philosoph, der wie kaum kein anderer nach einem archimedischen Punkt des Denkens gesucht hat – war der Meinung, dass die Gesetze der Logik dem Willen Gottes unterliegen. Und daraus folgt, dass wir uns selbst bei den logischen Wahrheiten irren können."

 

Nein, das tut es nicht. Es folgt, dass Descartes glaubte, dass dem so sei - was sicher eine der schwächsten Stellen seiner Philosophie ist.

Eine Aussage wie "Wir können uns in Bezug auf logische Gesetze irren" ist aber nur dann sinnvoll, wenn etwas Bestimmtes mit ihr ausgesagt werden soll (und nicht etwa ihr Gegenteil). Und das geht eben nur dann, wenn logische Gesetze gelten, in diesem Fall insbesondere das Nicht-Widerspruchsprinzip. (Im "trivialen" faktischen Sinne kann man sich natürlich auch bei logischen Gesetze irren - beispielsweise kann man Logik-Fehler begehen. Es geht darum, ob man bei logischen Gesetzen unter günstigen Bedingungen Gewissheit haben kann.)

 

"Nun gibt es sicher gute Argumente, die zeigen, dass die Gesetze der Logik nicht vom Willen Gottes abhängen können. Aber natürlich beruhen auch diese Argumente auf Annahmen, die man bezweifeln kann. Selbst in diesem Punkt ist also keine definitive Entscheidung möglich."

 

Und auch das setzt die Logik und ihre Geltung schon wieder voraus: Zum einen wird gesagt, dass Argumente auf Annahmen beruhen, und dass man diese Annahmen (valide) bezweifeln könne. Das soll offenbar bedeuten, dass es sich so und gerade nicht völlig anders verhält - was eben wieder nichts anderes bedeutet, als dass das Nicht-Widerspruchsprinzip gilt und auch (implizit) anerkannt wird.

Und zum anderen haben wir ja offenbar folgende Schlussfolgerung: 'Weil wir nur Argumente haben, die auf Annahmen beruhen, die nicht sicher sind, ist auch in diesem Punkt keine definitive Entscheidung möglich.'

Das ist nun ein deduktiver Schluss; und er gilt natürlich nur dann (vordergründig), wenn es valide deduktive Schlüsse gibt und die Zweifel des Autors an der Logik also unberechtigt sind!

 

Jedes Infragestellen logischer Gesetze geschieht eben immer von einer Meta-Position aus, auf der diese Gesetze schon vorausgesetzt sind und somit (implizit) als gültig anerkannt werden - weil man sonst eben nichts sagen könnte, was Bedeutung haben soll, nicht einmal, dass die logischen Gesetze ungültig oder zweifelhaft seien!

 

Es sei hier nur der Vollständigkeit wegen angemerkt, dass mit der Aufhebung der logischen Gesetze natürlich auch die empirische Wissenschaft (Falsifikation eingeschlossen) ins Nichts fiele! Denn wenn wir etwas beobachten und zugleich nicht beobachten; und wenn die fragliche Beobachtung B von einer Theorie T vorhergesagt und nicht vorhergesagt wird; und wenn die Beobachtung der Vorhersage widerspricht und ihr nicht widerspricht; und wenn die Beobachtung die Theorie also falsifiziert und nicht falsifiziert: Dann hat man gar nichts. Dann ließe sich in keiner sinnvollen Weise mehr behaupten, dass etwas falsifiziert wurde (so wie sich dann überhaupt nichts mehr Sinnvolles behaupten ließe und man nur noch mit leeren Worthülsen spielen würde).

 

Zudem fällt erneut auf, dass der Autor an diesem Punkt ja apodiktisch wirkende Formulierungen gebraucht. Er sagt ja nicht: ''Dass es nur bezweifelbare Annahmen gibt usw: Das ist meine Vermutung, die aber vielleicht falsch ist.'

Vielmehr ist doch offenbar Folgendes gemeint: 'Dass es nur bezweifelbare Annahmen gibt usw: Das ist die sichere, erkennbare Wahrheit.'

 

Nun, dann gibt es ja offenbar doch sichere Wahrheiten - dummerweise bestehen die dann aber ausgerechnet in (performativ) selbstwidersprüchlichen Aussagen.

 

Oder es ist doch nur gemeint, dass es bloß eine zweifelhafte Annahme sei, dass es nur zweifelhafte Annahmen gebe? Aber dann fragt man sich: Ist genau dies - dass es bloß eine zweifelhafte Annahme sei, dass es nur zweifelhafte Annahmen gebe - dann wenigstens die Wahrheit? Oder ist das selbst wieder nur eine zweifelhafte Annahme? Und ein unendlicher Regress von einander bezweifelnden Behauptungen ist aus verschiedenen Gründen keine Lösung. (Und das sind nicht alle Schwierigkeiten.)

 

"David Lewis hat des sehr schön ausgedrückt, als er in der Einleitung zum ersten Band seiner Philosophical Papers schrieb:


Wenn alles gesagt und getan ist, wenn all die trickreichen Argumente und Unterscheidungen und Gegenbeispiele entdeckt sind, stehen wir wahrscheinlich immer noch vor der Frage: Welche Preise sind es wert, gezahlt zu werden? Welche Theorien sind, wenn man alles gegeneinander abwägt, glaubwürdig? Welche kontraintuitiven Konsequenzen sind inakzeptabel und welche sind vielleicht doch tragbar?"

 

Das gilt für viele philosophische Fragen, aber nicht für alle. In manchen Fällen gibt es sicherlich Erkenntnisse, die vernünftigerweise nicht bezweifelt werden können. Wer mit dem Anspruch auf Sicherheit das Gegenteil behauptet, stimmt dem wie gesagt implizit zu, auch wenn er sich dabei widerspricht.

 

In vielen anderen Fällen gibt es hingegen zumindest gut begründete, vernünftige Überzeugungen. Und mehr hat man oft auch nicht im Alltag und oft auch nicht, sagen wir mal, in den Geschichtswissenschaften.

 

Die folgenden Zitate gehören jetzt wieder @Marcellinus zu:

 

Zitat

Das bedeutet das aus meiner Sicht? Philosophie ist eine akademische und geisteswissenschaftliche Tradition, mit eigener Geschichte, eigenen Traditionen und eigenen Wertungen. Es ist im wesentlichen eine in sich geschlossene Welt, nicht unähnlich der Theologie. Man gehört ihr an, oder eben nicht.

 

Inwieweit sich die Auffassungen etwa von Beckermann und mir unterschieden, müsste man im Detail eruieren. Es gibt sicher erhebliche Differenzen bei wichtigen Fragen. Sicherlich gibt es aber auch viele Gemeinsamkeiten. Aber prinzipiell stimmt es ja: Es gibt unter Philosophen verschiedene Meinungen, selbst unter namhaften.

 

Was folgt daraus? Du scheinst - auch wenn Du das höflich formulierst - daraus den Schluss zu ziehen, dass im Prinzip alle Philosophen irren, wenn sie irgendetwas für erkennbar wahr halten. Das Prinzip dahinter wäre: Wenn unterschiedliche Leute unterschiedliche Meinungen zu einem Thema haben, kann es dort keine erkennbare Wahrheit geben.

 

Das sieht im Moment plausibel aus, ist aber aus verschiedenen Gründen problematisch.

 

- Die These, dass es nur dort Erkenntnisse geben kann, wo alle einer Meinung sind, ist selbst eine umstrittene Auffassung. Es gibt Leute, die sie ablehnen, und vermutlich sind es nicht wenige. Sie kann also, wenn man sie auf sich selbst anwendet, gerade keine Erkenntnis darstellen.

 

- Und, was ich mal in einem anderen Thread beschrieben hatte [hier leicht modifiziert zitiert]:

"Oft kommt es vor, dass die meisten Philosophen eine These T entweder für (wahrscheinlich) wahr oder aber für (wahrscheinlich) falsch halten, und dass nur wenige meinen, man könne nichts Begründetes dazu sagen.

Nehmen wir beispielsweise an, dass 60% der Leute, die sich als Philosophen oder auch als interessierte Laien mit der These T befasst haben, diese für wahr halten, und 30% sie für falsch erachten; und dass nur 10% der Leuten meinen, man könne nichts dazu sagen, ob T wahr oder falsch sei. Dann sind sich immerhin 90% der Leute darin einig, dass T entscheidbar sei, und nur 10% vertreten die Auffassung, dass T unentscheidbar sei.

Wenn man nun aus der Umstrittenheit von T auf die Unentscheidbarkeit von T schließt, muss man folgern, dass 90% der Leute sich irren: Sowohl die 60%, die T für entscheidbar wahr halten wie auch die 30%, die T für entscheidbar falsch halten, sind im Unrecht. Nur 10% haben recht, nämlich die, die meinen, dass die Frage nach der Wahrheit von T unentscheidbar sei.

Das ist natürlich möglich. Aber wenn schon gelten soll, dass fehlende allgemeine Zustimmung ein guter Grund ist um anzunehmen, dass etwas nicht als wahr erkennbar sei, ist es merkwürdig, dass nun gerade diejenige Behauptung wahr sein soll, die mit großem Abstand die geringste Zustimmung erfährt."

 

Die Tatsache, dass es in der Philosophie unterschiedliche Meinungen gibt, kann daher doch schwerlich ein gutes Argument dafür darstellen, dass es in ihr keine Erkenntnis geben könne. Ob man sich für philosophische fragen interessiert, ist hingegen natürlich eine subjektive Sache!

 

Zitat

Ich bin nicht „häßlich“ oder „verächtlich“ gegenüber der Philosophie allgemein, nur gegenüber einer speziellen Form von Philosophie, wie ich sie bei Popper und dem Kritischen Rationalismus gefunden habe, eine Philosophie, die meint, den theoretisch-empirischen Wissenschaften vorschreiben zu können, wie sie zu arbeiten hätten, um „gültige“ Ergebnisse zu erzielen (wobei Popper der Ansicht ist, daß kein Ergebnis als „gültig“ zu betrachten sei, höchstens als noch nicht „falsifiziert“).

 

Du wirst von mir jetzt aber nicht verlangen, dass ich systematisch Zitate heraussuche, in denen Du Dich auf die Philosophie und auf Philosophen im allgemeinen beziehst, und wo weder aus dem Wortlaut noch aus dem Kontext eine Einschränkung erkennbar wäre? ;)

 

Davon abgesehen bin ich ja selbst gegenüber Popper in vielem kritisch. Ich hatte ja auch schon mehrfach erwähnt, dass diejenigen, die Popper am ehesten und am unkritischsten zum Maßstab nehmen (jedenfalls in ihren Verlautbarungen) Naturwissenschaftler und nicht Philosophen sind.

 

Zitat

Wer diese Fragen wichtig findet, mag sich der Philosophie bedienen, oder der Theologie. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, mit jemals zu einer solchen Frage geäußert zu haben. 


Das mag sein - aber Du äußerst Dich zumindest immer wieder zu Fragen, die nach allen gängigen Definitionen zur Erkenntnistheorie, zur Wissenschaftstheorie, zur Metalogik und teilweise zur Ontologie gehören (um mal den Bereich der Metaethik unerwähnt zu lassen).

 

Zitat

Was ich allerdings nicht mag, ist, wenn mir Philosophie unterstellt wird, weil ich mich mit Fragen beschäftige, in denen Philosophen philosophische Fragen sehen oder auch nur vermuten, auf deutsch: einer Philosophie, die sich ihrer eigenen Grenzen nicht bewußt ist, und vermutlich nicht einmal ihrer Themen. 

 

Nur ist es halt so, dass Du mit Deinen Entscheidungen, bestimmte Themen der Philosophie zuzuordnen und andere nicht, weltweit ganz allein dastehst. Du wirst keine Enzyklopädie, kein Lexikon, kein Lehrbuch und keine andere relevante Quelle finden, welche eine Vielzahl der Aussagen, die Du tätigst, nicht als Philosophie einordnen würde. Beispielsweise heißt es in der Enzyclopaedia Britannica:

 

"epistemology, the philosophical study of the nature, origin, and limits of human knowledge."

 

Dass zudem Deine eigene Position, nach welcher nur das Wissen sein kann, was empirisch geprüft ist, ganz dem Prinzip des  philosophischen Empirismus zu entsprechen scheint, hatte ich ja auch schon mehrfach ausgeführt. So schreibt beispielsweise die Wikidpedia:

 

"Der Ausdruck Empirismus wird bei Klassifikationen erkenntnistheoretischer Ansätze für Theorien verwendet, denen zufolge Wissen, verstanden als gerechtfertigte wahre Erkenntnis, zuerst oder ausschließlich auf Sinneserfahrung beruht (einschließlich der Verwendung wissenschaftlicher Instrumente).

 

Du bezeichnest Deine Auffassungen zwar gerne als "wissenssoziologisch", aber auch in diesem Punkt vertittst Du eine sehr unkonventionelle Auffassung: In der Wikipedia beispielsweise heißt es über "Sociology of scientific knowledge" (einen Britannica-Eintrag dazu gibt es nicht):

 

"The sociology of scientific knowledge (SSK) is the study of science as a social activity, especially dealing with "the social conditions and effects of science, and with the social structures and processes of scientific activity."[1]"

 

Gemäß den üblichen Definitionen würde sich also unzweifelhaft ergeben, dass eine Behauptung wie die, dass es Wissen nur durch empirische Prüfung und Beobachtung geben könne, zur philosophischen Erkenntnistheorie und genauer gesagt zum Empirismus gehören würde, und nicht zur Soziologie.

 

Ich möchte mich aber weder allein noch gar entscheidend auf Autoritäts-Argumente stützen, noch möchte ich Dir etwas "unterstellen". Vielmehr frage ich Dich, worin sich Deiner Meinung nach Deine Position denn von einer philosophischen bzw. empiristischen grundsätzlich unterscheidet. Der Inhalt scheint es ja nicht zu sein? Ist es die Art der Begründung? Kannst Du Deine These sozialwissenschaftlich-empirisch beweisen? Oder ist es etwas anderes? Woran liegt es?

 

Dasselbe gilt auch für andere Fragen. Wie gesagt bin ich der Überzeugung, dass es unmöglich ist, eine Position wie die, dass Wissen nur empirisch gerechtfertigt werden könne, selbst empirisch zu rechtfertigen - aber auch da bin ich offen, mich eines Besseren belehren zu lassen. Ich unterstelle Dir hier also nichts, sondern ich frage Dich, wie das Deiner Meinung nach denn funktionieren könnte.

 

Auch halte ich es beispielsweise für ausgeschlossen, mithilfe eines Experimentes zu prüfen, ob Deine oder meine Auffassungen zur Logik korrekt sind. Aber auch hier bin ich offen, mich korrigieren zu lassen. Ich unterstelle Dir also auch hier nichts, sondern ich frage Dich, wie Du Deine entsprechende Meinung mithilfe einer empirischen Beobachtung oder eines Experimentes prüfen und begründen willst.

bearbeitet von iskander
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vor 18 Stunden schrieb iskander:

"Philosophie sucht zwar Antworten auf Sachfragen [...] – aber sie ist nicht in der Lage, diese Sachfragen ein für allemal definitiv zu beantworten. [...]"

 

Das klingt erst einmal so, als ob, die Philosophie zumindest befähigt wäre, begründete Anhaltspunkte für Antworten zu liefern. Denn was ergäbe es für einen Sinn zu sagen, dass die Philosophie bestimmte Fragen nicht "ein für allemal definitiv zu beantworten" in der Lage wäre, wenn man meint, dass die Philosophie eigentlich überhaupt keine Antworten geben könne, auch nicht unter Irrtumsvorbehalt oder vorläufig?

 

Du bist witzig! Warum hast du den entscheidenden Teil des Zitats weggelassen? Du weißt doch: Half the truth is the worst kind of lie. Das Zitat hieß: 

 

"Philosophie sucht zwar Antworten auf Sachfragen – Hat der Mensch eine Seele? Was ist Gerechtigkeit? Unter welche Bedingungen dürfen wir lügen? – aber sie ist nicht in der Lage, diese Sachfragen ein für allemal definitiv zu beantworten." (Hervorhebung von mir)

 

Schöne "Sachfragen", nicht wahr? :D

 

Ansonsten denke ich, du solltest dich mit dem Prof. Beckermann persönlich auseinandersetzen. Der alte Herr lebt nämlich noch, soweit ich weiß. Der Rest deines Posts zeigt mir, daß es sinnlos ist, diese Debatte weiterzuführen. Daß du versuchst, mich in eine deiner philosophischen Schachteln zu stecken, kann ich nicht verhindern. Was du brauchst, ist jemand, der innerhalb der Philosophie mit dir diskutiert. In meinem Leben wie auch in den Fachgebieten, mit denen ich mich beschäftige, hatte und hat Philosophie keine Bedeutung. Außenstehenden wie mir bringt sie nichts.

bearbeitet von Marcellinus
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@Marcellinus

 

Beckermanns Beispiele berühren in zwei von drei Fällen die praktische und nicht die theoretische Philosophie. Dazu darf ich am Rande nur anmerken, dass Du selbst metatehische Positionen vertrittst, die natürlich grundsätzlich empirisch nicht prüfbar sind. Und zum dritten Punkt, der traditionellen philosophischen Frage, in welchem Verhältnis Psychisches und physischen zueinander stehen, hast Du selbst einen Emergenz-Standpunkt vertreten, der sich natürlich ebenfalls empirisch nicht prüfen lässt, und zwar ebenfalls prinzipiell nicht.

Und in vielen Punkten - etwa dem, ob man logische Schlüsse fürs Falsifizieren braucht -, werde ich mit Herrn Beckermann übrigens nicht zu diskutieren brauchen, weil diese Punkte nämlich unstrittig sind.

 

(Im Übrigen möchte ich, meinen letzten Kommentar ergänzend, zur Ehrenrettung von Popper noch anmerken, dass er wohl tatsächlich geglaubt hat, dass die Wissenschaft auch in der Realität grundsätzlich so funktionieren würde, wie er sich das vorgestellt hat, auch wenn das so natürlich nicht stimmt. Aber es ging ja darum, wie "anmaßend" seine Haltung war oder nicht war.)

 

Ansonsten frage ich mich, warum die in all unseren Diskussionen praktisch keine einzige meiner Rückfragen, bei denen es um die Substanz Deiner Position geht, je beantwortet hast (während ich doch umgekehrt wirklich alle Deine Fragen beantwortet habe). Ich habe Dir ja viele Fragen gestellt, die sich allesamt thematisch auf Deine Position beziehen und unzweifelhaft relevant sind. Unter anderem diese:

 

- Was unterscheidet Deine eigene Auffassung, nach welcher Erkenntnis nur mithilfe empirischer Prüfung möglich ist, grundsätzlich von der inhaltlich praktisch gleichlautenden erkenntnistheoretischen Position des Empirismus?

 

- Wie kann man Deiner Meinung nach Deine Position, wonach es Wissen nur mit empirischer Prüfung geben kann, selbst empirisch prüfen?

 

- Was soll es konkret heißen, dass Deine Meinungen nicht philosophisch, sondern wissenssoziologisch zu verstehen seien? Gibt es für diese Deine Auffassung eine thematische, eine methodische Begründung? Gehören Deine Aussagen zum Gegenstandsgebiet der Soziologie und/oder kann man sie mit soziologischen Verfahren empirisch prüfen und bestätigen?

 

- Wie kann man Deiner Meinung nach ohne Logik (und insbesondere den Modus Tollens) etwas empirisch-wissenschaftlich falsifizieren?

 

- Wie kann man in den von mir vorgestellten Beispielen aus Alltag und Wissenschaft Deiner Meinung nach ohne logische Schlüsse zu Erkenntnissen gelangen (beginnend mit solch simplen Beispielen wie "Die Straße ist nass, also muss es wohl geregnet haben")?

 

- Wie kann man nach Deiner Auffassung empirisch prüfen oder empirisch belegen, dass Du beim Thema Logik recht hast und nicht ich?


Du antwortest einfach nicht. Du gehst auf die Fragen inhaltlich nicht ein. Es bringt auch nichts, wenn ich Dich wiederholt, höflich und eindringlich bitte. Die einzigen Reaktionen, die ich erhalte, sehen in etwa so aus:

 

1) Du ignorierst die Fragen.

 

2) Du sagst - wenn auch mehr oder weniger verklausuliert -, dass man mit Philosophen nicht diskutieren könne. (Auch @Domingo hatte Dir die Frage gestellt, was Deine Auffassung zum Erkennen grundsätzlich von einer bestimmten philosophischen Überzeugung unterscheidet. Domingo ist scheinbar kein Philosoph, aber geantwortet hast Du auch ihm nicht.)

 

3 ) Du meinst, ich würde Dir mit meinen Fragen etwas unterstellen und zeigst Dich darob verärgert. Es nutzt nichts, wenn ich im Detail begründe, dass ich nicht aus Böswilligkeit auf meine Fragen komme, sondern weil diese Fragen absolut naheliegend sind. Es nutzt auch nichts, wenn ich darauf hinweise, dass Deine Meinung, dass Deine Äußerungen nichts mit Philosophie zu tun haben, allen üblichen Definitionen und Standards widerspricht. (Wohlgemerkt: Ich behaupte hier nicht, dass Du falsch liegst, sondern ich will einfach nur wissen, warum Du richtig liegst, wenn Du richtig liegst!)

Und egal was ich tue, und egal wie sehr ich die Fragen als Fragen formuliere, und egal wie nachdrücklich ich versichere, dass ich wirklich nur etwas fragen und nichts unterstellen möchte: Stets höre ich, ich würde Dir etwas unterstellen. Ich weiß nicht, was ich noch tun könnte.

Nun denn: Wenn es an meinen Formulierungen liegt, dann sag mir bitte, wie ich meine Fragen formulieren muss, damit Du sie als Fragen anerkennst und beantwortest, statt sie als "Unterstellungen" zu empfinden.

 

4) Du wiederholst Deine grundsätzliche Position, die aber meine Fragen nicht beantwortet, sondern sie gerade aufwirft. Du erläuterst einmal mehr, dass es nach Deiner Überzeugung Wissen nur im Sinne von negativem Wissen geben könne; und dass auch nur die empirische Wissenschaft, die die Theorien an der Empirie prüft, zur Erkenntnissen führen könne, nicht aber die Philosophie, die keine Experimente habe und der nur das "Denken" zur Verfügung stehe.

Alles schön und gut! Aber ich kenne Deine Position ja! Und gerade deshalb stelle ich ja meine Fragen zu ihr. Gerade deshalb will ich ja wissen, warum diese Position kein Empirismus sein soll; gerade deshalb interessiert mich, wie eine solche Position selbst empirisch (ggf. wissenssoziologisch) prüfbar und also kohärent vertretbar sein kann usw.

 

Warum beantwortest Du meine Fragen nicht einfach? Sind sie nicht legitim? Wenn ich eine bestimmte Position vertreten würde, die nach allen Definitionen der Welt zur Biochemie gehört und nicht zur Philosophie, ich aber sage, dass meine Position nicht biochemisch sondern philosophisch zu verstehen sei: Würdest Du mich dann nicht auch bitten, mich zu erklären?

Oder wenn ich die Behauptung aufstellen würde, dass nur Überzeugungen mit der Eigenschaft X  "Wissen" darstellen können, während aber zumindest dieser meiner Behauptung die Eigenschaft X zumindest dem Anschein nach fehlt: Würdest Du dann nicht auch wissen wollen, wie meine eigene Behauptung gemäß meinen eigenen Standards "Wissen" sein kann?

Und wenn ich sagen würde, dass man im Alltag und in der Naturwissenschaft auf Mathematik komplett verzichten könne (so wie Du das vom logischen Schließen behauptest), würdest Du mich dann nicht auch anhand konkreter Beispiel fragen, wie man dort meiner Meinung nach ohne Mathematik weiterkommen soll?

Wären solche Fragen nicht absolut berechtigt, zielführend und der Sache angemessen?

 

Warum also beantwortest Du entsprechende Frage nicht, wenn ich sie Dir stelle? Was hält Dich davon ab?

bearbeitet von iskander
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vor 8 Stunden schrieb iskander:

Im Übrigen möchte ich, meinen letzten Kommentar ergänzend, zur Ehrenrettung von Popper noch anmerken, dass er wohl tatsächlich geglaubt hat, dass die Wissenschaft auch in der Realität grundsätzlich so funktionieren würde, wie er sich das vorgestellt hat, auch wenn das so natürlich nicht stimmt. Aber es ging ja darum, wie "anmaßend" seine Haltung war oder nicht war.

 

Auch hier irrst du! Streng genommen interessiert Popper die tatsächliche Arbeit der Wissenschaftler und der Wissenschaften überhaupt nicht.

 

Wir nennen das gewöhnlich Metaphysik, der Versuch, unbekannte Zusammenhänge und ungelöste Problem allein durch Fantasie, durch Spekulation zu erklären, zwar ohne Bezug zu übermenschlichen Mächten wie in der Religion, aber eben auch ohne Rückgriff auf beobachtbare Fakten oder nachprüfbares Wissen. Und so schreibt Popper:

 

„Wir glauben auch nicht, daß es möglich ist, mit den Mitteln einer empirischen Wissenschaft Streitfragen von der Art zu entscheiden, ob die Wissenschaften ein Induktionsprinzip anwenden oder nicht.“ (Karl Raimund Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1984, S. 25)

 

Und noch deutlicher:

 

„Und nicht aus diesem Grund verwerfen wir es [das Induktionsprinzip], nicht weil in der Wissenschaft ein solches Prinzip tatsächlich nicht angewendet wird, sondern weil wir seine Einführung für überflüssig, unzweckmäßig, ja, für widerspruchsvoll halten.“

 

"Wir geben also offen zu, daß wir uns bei unseren Festsetzungen in letzter Linie von unserer Wertschätzung, von unserer Vorliebe leiten lassen."

(am gleichen Ort)

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vor 9 Stunden schrieb iskander:

Warum also beantwortest Du entsprechende Frage nicht, wenn ich sie Dir stelle? Was hält Dich davon ab?

 

Weil es keine Sinn macht. Wir tauschen Meinungen aus seit vielen Jahren, und es sind immer die gleichen. Ich kann noch so sehr versuchen, dir zu erklären, warum ich deine Perspektive für falsch halte, du übersetzt sie in dein Vokabular und wir stehen wieder am Anfang, einfach, weil dein Vokabular keine andere Perspektive zuläßt. Das wird nicht dadurch besser, daß deine Texte immer länger werden. Wir leben gedanklich in unterschiedlichen Universen.

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Was Popper angeht, so magst Du in diesem Punkt recht haben. Wobei ich meine, dass es auch andere Zitate mit anderer Stoßrichtung gibt, aber das habe ich nicht im Kopf und behaupte lieber nichts Falsches.

Indessen sollte Popper Dir an dieser Stelle doch eigentlich sogar sympathisch sein, weil Du das Induktionsprinzip ja selbst ausdrücklich ablehnst (und als "philosophisch" bezeichnest). ;)

 

vor 6 Stunden schrieb Marcellinus:

Weil es keine Sinn macht. Wir tauschen Meinungen aus seit vielen Jahren, und es sind immer die gleichen. Ich kann noch so sehr versuchen, dir zu erklären, warum ich deine Perspektive für falsch halte, du übersetzt sie in dein Vokabular und wir stehen wieder am Anfang, einfach, weil dein Vokabular keine andere Perspektive zuläßt.

 

Das sehe ich naturgemäß etwas anders. Seit Jahren stelle ich Dir erfolglos die gleichen Fragen, und Du weigerst Dich, sie zu beantworten. Du wiederholst Deinen Standpunkt, aber ich kenne ihn ja, gerade so ergeben sich für mich die kritischen Fragen.

Und wo "übersetze" ich denn etwas in ein "spezielles" Vokabular, welches eine Kommunikation unmöglich machen würde? Mein Vokabular ist das gängige, wie es auch jedem Lexikon entspricht (ich muss das nicht erneut belegen, denke ich).

 

Was etwa hat beispielsweise meine Frage, wieso man bei einer Falsifizierung Deiner Meinung nach kein logisches Schließen braucht, mit irgendeinem extravaganten Vokabular meinerseits zu tun, mit dem ich mich angeblich in einer verschrobenen Perspektive einschließe und mich von einer sachgemäßen Diskussion selbst ausschließe?

 

Mein Begriff der Falsifikation ist kein anderer als der, den Du in jedem Lexikon findest, und welcher dem Anschein nach (das entnehme ich der bisherigen Diskussion) grundsätzlich auch der Deine ist!

Und mit "logischem Schließen" meine ich auch nichts anderes, als was jedes Lexikon darunter versteht, und was auch Du darunter verstehst, sofern Du nicht eine Privatsprache pflegst und also mit dem Lexem "Logik" etwas völlig anderes verstehst als der gesamte Rest der Menschheit.

 

Was also an meinem Vokabular hindert mich beispielsweise, die Wahrheit zu erkennen, die da lautet, dass wir beim Falsifizieren gar keine logischen Schlüsse (und insbesondere auch keinen Modus Tollens) verwenden bzw. brauchen?

Und was an meinem Vokabular hindert Dich daran, zu erklären, wie man eine Falsifikation denn ohne Logik durchführt?

 

Nimm ein so simples Beispiel wie das folgende (wenn es Dir nicht gefällt, nimm aber ruhig ein beliebiges anders):

 

Wir bringen eine Substanz X mit Lackmus zusammenbringen und sie verfärbt sich nicht rot. Wir wissen dann, dass diese Substanz keine Säure ist (oder genauer: keine starke mit einem pH-Wert unter 4,5). Wir haben also die Annahme, dass Substanz X eine Säure ist, falsifiziert.

Aber woher wissen wir, dass Substanz X keine Säure ist? Wir haben die Tatsache, dass Substanz X keine Säure ist, ja nicht direkt mit unseren eigenen Augen gesehen oder mit unseren eigenen Ohren gehört! Wir haben nur gesehen, dass der Lackmus sich nicht rot verfärbt hat. Mehr auch nicht!

Meine Antwort - und das ist absoluter Konsens - lautet: Wir schließen a) aus der Beobachtung, dass die Substanz X den Lackmus nicht rot verfärbt hat, und b) dem Wissen, dass eine Säure den Lackmus rot verfärben würde, darauf, dass Substanz X keine Säure ist.

Etwas formaler: "Jede Substanz, die eine Säure ist, verfärbt den Lackmus rot. Also würde auch Substanz X, wenn sie denn eine Säure wäre, den Lackmus rot verfärben. Substanz X verfärbt den Lackmus aber nicht rot. Also ist Substanz X auch keine Säure."

(Die letzten drei Sätze entsprechen dem Modus Tollens: Wenn A der Fall wäre, wäre auch B der Fall. B ist aber nicht der Fall. Also kann auch A nicht der Fall sein.)

 

Wenn Du das anders siehst und meinst, dass unsere Falsifikation nichts mit logischem Schließen zu tun habe, fragt man sich dies:

 

1) Stimmst Du denn zu, dass wir die Tatsache, dass die Substanz X keine Säure ist, nicht im eigentlichen Sinne beobachtet haben, sondern dass wir nur beobachtet haben, dass die Substanz X sich nicht rot verfärbt?

 

2) Stimmst Du zu, dass wir in dem beschriebenen Fall (unter normalen Umständen und mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit) dennoch wissen können, dass die Substanz X keine Säure ist (bzw. zumindest keine starke Säure)?

 

3) Falls Du a) und b) zustimmst und falls Du gleichzeitig behauptest, dass wir das Wissen, dass Substanz X keine Säure ist, nicht logisch aus der Beobachtung und aus unserem Wissen über den Lackmus-Text erschließen, wie kommt man Deiner Meinung nach denn dann zu diesem Wissen?

 

Kannst Du mir diese konkreten Fragen konkret beantworten? Oder sind auch diese Fragen wieder in solch einem absurden Vokabular verfasst, dass es einem Menschen mit Realitätsbezug unmöglich ist, auf sie einzugehen oder mich überhaupt noch rational zu erreichen? (Entschuldige die Polemik, aber ich finde diese Vorhaltungen wirklich absolut ungerecht; und ich würde sie ggf. sehr gerne am konkreten Beispiel - wie dem gerade beschriebenen - und nicht "abstrakt" diskutieren.)

bearbeitet von iskander
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vor 1 Stunde schrieb iskander:

Seit Jahren stelle ich Dir erfolglos die gleichen Fragen, und Du weigerst Dich, sie zu beantworten.

 

Ja, und auf jeden Satz von mir kommen drei Seiten von dir. Und dann beschwerst du dich, daß ich deine Fragen nicht beantworte. Du bist wirklich lustig. 

 

Es tut mir leid, aber du hast mich einfach totgequatscht. 

bearbeitet von Marcellinus
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vor 14 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ja, und auf jeden Satz von mir kommen drei Seiten von dir. Und dann beschwerst du dich, daß ich deine Fragen nicht beantworte. Du bist wirklich lustig. 

 

Es tut mir leid, aber du hast mich einfach totgequatscht. 

 

Abgesehen davon, dass Deine Beiträge zum Teil ebenso oder ähnlich lange sind wie meine:

 

Dann nimm doch einfach mein letztes Beispiel. Das ist doch relativ einfach und auch nicht übermäßig lang. Sag mir doch einfach, wie Du - etwa in meinem Beispiel dem Lackmus oder in einem Beispiel Deiner Wahl - eine Falsifikation ohne logisches Schließen vornehmen möchtest.

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