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Geschrieben
vor 17 Stunden schrieb Weihrauch:

Das weiß doch niemand genau wann die Zeit der Abfassung war.

 

Und? Laut Experten wurde das mosaische Gesetz erst im 2. Jh. v. Chr. tatschlich zu implementieren versucht; das Pentateuch ist gewiss älter als das. Also war es zur Zeit seiner Abfassung keine echte Gesetzgebung, weil 1. es niemand außer einer Elite kannte und 2. es sich hierbei um altorientalische Gesetzgebung handelt, die (vermutlich) nie als konkret anzuwendend gedacht war, sondern eher Propaganda war, die den König / die Regierenden als gut und gerecht hinstellen sollte.

 

 

vor 14 Stunden schrieb Weihrauch:

Wie machst du das bei Tieren? Du hast meinetwegen eine Schafherde mit 100 Schafen (Hiob hatte 14.000 Schafe). Die werfen ihre Jungen wann sie wollen, tagsüber oder in der Nacht (Brunftzeit im Herbst, die Jungen kommen im Frühling zur die Welt, aber nicht alle am selben Tag), nicht wann du sie für deine tägliche Kulthandlung brauchst. Die jungen Lämmer sehen alle gleich aus. Das will ich sehen, wie du die genau 8 Tage alten aus einer Herde fischt, die alle dauernd durcheinander laufen.

 

Ich würde aber annehmen, der durschnittliche Israelit hatte weit weniger als 100 Schafe; vielleicht eher 2 oder 3? Da wäre es wohl einfacher gewesen. Aber ja, 8 Tage ergibt bei menschlichen Babys schon mehr Sinn als bei Tieren. Und wenn es sich beim covenant code nicht um echte Gesetzgebung, sondern um idealisierende Literatur handelt, ist das kein so großes Problem. 

 

vor 14 Stunden schrieb Weihrauch:

Und darum ist die ganze langatmige Argumentation zwischen den christlichen Apologeten und den Wissenschaftlern, ob das hebr. Wort für "geben" nur vorwärts gilt oder auch rückwärts gilt, auf beiden Seiten eher belustigend, weil es so dermaßen praxisfremd ist.  

 

Nein nein, hier muss ich uns Altsprachen- und Philologienerds verteidigen. (Dass der ganze Stream äußerst 'nerdy' war, hat auch jemand im Seitenchat hervorgehoben.) Das mit den 8 Tagen bei Tieren steht nunmal da. Die Praxisfremde ist also dem biblischen Text selbst anzulasten. Wobei man nat. spekulieren kann, dass die 8-Tage-Klausel mal nach der Erwähnung menschlicher Babys stand, also am Ende von V. 29 statt am Ende von V. 30, und ein Redakteur hier am Werk war, der entweder den Satz verschoben oder die Passage über die Tieropfer dazwischengeschoben hat, die aus einer anderen Quelle stammen könnte. Dass Menschenopfer der Endredaktion peinlich waren und dass diese versucht hat, sie aus der Welt zu schaffen und wegzuerklären, wenn sie konnte, darüber gibt es mW Einigkeit.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 8 Stunden schrieb Domingo:

Und? Laut Experten wurde das mosaische Gesetz erst im 2. Jh. v. Chr. tatschlich zu implementieren versucht; das Pentateuch ist gewiss älter als das. Also war es zur Zeit seiner Abfassung keine echte Gesetzgebung, weil 1. es niemand außer einer Elite kannte und 2. es sich hierbei um altorientalische Gesetzgebung handelt, die (vermutlich) nie als konkret anzuwendend gedacht war, sondern eher Propaganda war, die den König / die Regierenden als gut und gerecht hinstellen sollte.

 

Das verstehe ich nicht, wie du hier die mosaischen Gesetze gegen den Pentateuch auszuspielen versuchst. Also die mosaischen Gesetze stehen zwei mal im Pentateuch, leicht zu merken, denn die 10 Gebote stehen in 2 Mose 20 und 5 Mose 5, also in Ex und Dtn. Meintest du vielleicht, dass das Dtn erst im 2. Jh. v. Chr. "implementiert" wurde? Die Redaktionen des DtrG sind der Versuch die Bücher Josua, Richter, die Samuelis- und Königsbücher mit dem Deuteronomium theologisch in Einklang zu bringen. Die Deuteronomisten beginnen ihre Arbeit aber nicht erst im 2. sondern schon im Exil im 6. Jh. v. Chr. und beenden sie, dann wieder zurück in Israel, relativ zügig.

 

Als theologischer Ausgangspunkt der Redaktion wird die Forderung nach der Kultzentralisierung im Land angesehen - Noachs einer Altar im Land nach der Sintflut ist die exemplarische Lösung für das Problem, welches bei Kain und Abel die zwei Kultstätten im Land vor der Sintflut bildlich verkörpern. Das Trauma der Exilserfahrung spiegelt sich analog in der Urgeschichte.

 

Die Erzählung von Kain und Abel ist keine andere Erzählung, sondern der Anfang des biblischen Sintflutmythos. Die Analogien sind hierbei bei Kain und Abel Land Eden / Land Nod vs. Südreich Juda / Nordreich Israel. Nach der Arche Noach gibt es das Land Nod nicht mehr / nach dem Exil gibt es das Nordreich Israel nicht mehr. In beiden Fällen gibt es nicht mehr viele dezentralisierte Kultstätten sondern nur noch eine zentralisierte Kultstätte im Land: Noachs Altar bzw. den 2. Tempel in der Hauptstadt des Landes Israel in Jerusalem.

 

Wenn die mosaischen Gesetze Propaganda waren, die den König / die Regierenden als gut und gerecht hinstellen sollte, dann waren die Gesetze für das niedere Volk geschrieben und dann kannte es auch jeder im Land - das ist ja der Zweck von Propaganda deren Zielgruppe gerade nicht die Eliten selbst sind, welche die Propaganda zur Steuerung des niederen Volkes verbreiten. Also entweder ist es Propaganda oder "es kannte niemand". Propaganda die niemand außer den Verfassern kennt ergibt irgendwie keinen Sinn für mich.  

 

vor 8 Stunden schrieb Domingo:

Ich würde aber annehmen, der durschnittliche Israelit hatte weit weniger als 100 Schafe; vielleicht eher 2 oder 3? Da wäre es wohl einfacher gewesen. Aber ja, 8 Tage ergibt bei menschlichen Babys schon mehr Sinn als bei Tieren. Und wenn es sich beim covenant code nicht um echte Gesetzgebung, sondern um idealisierende Literatur handelt, ist das kein so großes Problem. 

 

Das ein erfahrener Schäfer das mit dem Aussortieren hinkriegen könnte, kann ich mir bei einer geringen Anzahl von Schafen auch noch vorstellen. Das Hauptproblem bei der Sache ist die Schlachtung der Tiere, denn sie sollen alle an einem zentralisierten Ort (Stiftshütte oder Tempel in Jerusalem) geschlachtet werden. Das wären alle männlichen Lämmer in Israel die das erste Mal die Gebärmutter durchbrochen haben, und das in einem relativ kurzen Zeitraum im Frühling, wenn die Schafe ihre Jungen bekommen. Keine Ahnung von wie vielen Lämmern wir da auf einem Haufen in kurzer Zeit reden, jedenfalls dürften es ziemlich viele sein.

 

Woher nimmt man die 8 Tage alten Lämmer im Sommer, Herbst und Winter für das tägliche Opfer am Morgen und am Abend, wenn in diesen Jahreszeiten überhaupt keine Lämmer geboren werden? Ungeklärt bleibt auch die Frage, was eigentlich ist, wenn das erste Kind einer Frau oder Lammes, welches als erstes die Gebärmutter bricht, nicht männlich ist. Zählt dann das zweite, dritte oder vierte Kind, sofern es endlich nicht weiblich ist als Erstgeborener Sohn, obwohl er dann nicht die Gebärmutter das erste Mal durchbrochen hat? So viel ich weiß, kein Ton im AT über solche Fälle aus der alltäglichen Lebenspraxis der Menschen. Würde mich wirklich interessieren, wie das gehandhabt wurde.

 

Im Buch Exodus wird zwar beschrieben, dass die Israeliten mit ihren Tieren aus Ägypten flohen. Doch diese Steinwüste gleicht einer Mondlandschaft, in der Schafzucht vermutlich ziemlich schwierig sein dürfte, für Leute die eben noch sesshaft in Ägypten und keine geborenen Wüstennomaden waren. Jedenfalls hätte es das Manna- und das Wachtelwunder nicht gebraucht, wenn da ihre Tiere noch am Leben gewesen wären, um die Leute durch zu bringen, die sich wieder zurück an die Fleischtöpfe in Ägypten sehnten. 40 Jahre in der Wüste, die Stiftshütte und das Opfern von Rindern, Schafen und Ziegen will irgendwie nicht so recht zusammenpassen. Wenn kaum vorstellbar ist, wie das mit Lämmern in der Wüste während dem Exodus funktioniert haben soll, wie ist dann dieses "Ebenso sollst du es mit deinen Rindern, Schafen und Ziegen halten" zu verstehen?

 

Wie lange brauchte man damals zu Fuß vom A**** Israels bis zum Tempel in Jerusalem im Frühling wenn die Lämmer zwischen März und April geboren werden und der Spätregen von März bis Mai fällt? Reichen da 8. Tage überhaupt um rechtzeitig dort anzukommen? Fragen über Fragen. Alles ziemlich seltsam. Das spräche also, du sagst es, für idealisierende Literatur im Buch Exodus, und genau darauf wollte ich raus. 

 

Unsere drei Youtube-Wissenschaftler gehen von den Daten, die sie in zwei, drei Versen idealisierender Literatur vor sich liegen haben aus, um eine Zeit zu rekonstruieren in der JHWH normativ Menschenopfer verlangte, aufgrund der Vermutung wie eine ältere fiktive Literatur ausgesehen haben könnte, die sie nicht haben. Hmmm, mir scheint, dass sie dabei vieles nicht bedacht haben, was eine Rolle spielen könnte.

 

Aus solchen Gründen glaube ich nicht so recht daran, dass es sich in Ex 22,28 um eine Norm handelt, JHWH alle erstgeborenen Söhne tot zu geben, damit sie JHWH gehören. Dazu reichte es damals doch völlig aus, einen jüdischen Vater zu haben, und beschnitten zu sein, als Zeichen der Zugehörigkeit zu JHWH oder als Eigentum von JHWH, eben als Israelit angesehen zu werden - also das Buch Genesis, welches selbstverständlich erst recht idealisierende Literatur ist. 

 

vor 8 Stunden schrieb Domingo:
vor 23 Stunden schrieb Weihrauch:

Und darum ist die ganze langatmige Argumentation zwischen den christlichen Apologeten und den Wissenschaftlern, ob das hebr. Wort für "geben" nur vorwärts gilt oder auch rückwärts gilt, auf beiden Seiten eher belustigend, weil es so dermaßen praxisfremd ist.  

 

Nein nein, hier muss ich uns Altsprachen- und Philologienerds verteidigen. (Dass der ganze Stream äußerst 'nerdy' war, hat auch jemand im Seitenchat hervorgehoben.) Das mit den 8 Tagen bei Tieren steht nunmal da.

 

Ich hol das noch mal her: 

 

Zitat

Ex 22,28-30
Deinen Reichtum und Überfluss sollst du nicht für dich behalten. Den Erstgeborenen unter deinen Söhnen sollst du mir geben. 
Ebenso sollst du es mit deinen Rindern, Schafen und Ziegen halten. Sieben Tage sollen sie bei ihrer Mutter bleiben, am achten Tag sollst du sie mir übergeben. Als heilige Männer sollt ihr mir gehören. Fleisch von einem Tier, das auf dem Feld gerissen wurde, sollt ihr nicht essen; ihr sollt es den Hunden vorwerfen.

 

Stimmt. 

 

vor 8 Stunden schrieb Domingo:

Die Praxisfremde ist also dem biblischen Text selbst anzulasten.

 

Ist ein idealisierender Text, ja, aber die Youtuber auf beiden Seiten scheinen ihn nicht als solchen zu behandeln, denn die einen wollen damit von JHWH gewollte Menschenopfer leugnen, die anderen beweisen.

 

vor 8 Stunden schrieb Domingo:

Wobei man nat. spekulieren kann, dass die 8-Tage-Klausel mal nach der Erwähnung menschlicher Babys stand, also am Ende von V. 29 statt am Ende von V. 30, und ein Redakteur hier am Werk war, der entweder den Satz verschoben oder die Passage über die Tieropfer dazwischengeschoben hat, die aus einer anderen Quelle stammen könnte.

 

Ja durchaus, aber die dabei angenommene Vorgängerversion ist doch auch nichts weiter als eine Spekulation, ebenso die andere Quelle aus der die Passage über die Tieropfer stammen soll, welche dann dazwischen geschoben wurde. Beide Seiten versuchen mit spekulativen Argumenten die Interpretation des anderen auszuhebeln. Ich versuche den Endtext so zu nehmen wie er ist, und aus dem Kontext heraus zu verstehen.

 

vor 8 Stunden schrieb Domingo:

Dass Menschenopfer der Endredaktion peinlich waren und dass diese versucht hat, sie aus der Welt zu schaffen und wegzuerklären, wenn sie konnte, darüber gibt es mW Einigkeit.

 

Eigentlich nicht. Das es damals in der Gegend tatsächlich Menschenopfer gab, darüber sind wir uns einig. Dass der Endredaktion Menschenopfer peinlich waren auch - aber ich fürchte wir sehen dieses Peinlichberührtsein aus unterschiedlichen Gründen. Ich glaube, es war der Redaktion nicht peinlich, dass JHWH Menschenopfer gewollt haben könnte, sondern dass es im Land Israel tatsächlich Menschenopfer gab.   

 

Es gibt aus Sicht der Endredaktion einen plausiblen Grund mehr Menschenopfer ins AT hineinzuschreiben, siehe meine Beispiele Ahas und Manasse, in meinem letzten Beitrag die das belegen, als Menschenopfer verschwinden zu lassen. Denn diese Menschenopfer sind JHWH zur Zeit der Redaktion ein Greuel und werden von den Redaktoren als Ursache für den doppelten Untergang des Landes gebraucht, aber als Ausnahmeerscheinung, Spitze des Eisberges und nicht als gottgewollte Norm, um JHWH Gründe dafür geliefert zu haben, die Juden zu einer langjährigen Haftstrafe im babylonischen Exil verurteilt zu haben.

 

Da hocken sie nun in Babylon, die Deuteronomisten und haben jahrelang Zeit darüber nachzudenken, warum sie da ihre Zeit absitzen müssen, und vermuten in ihrem ungehorsamen Verhalten JHWH gegenüber ihre Schuld, und schreiben ihre Schuldgeschichten haarklein nieder, wie bei einer reumütigen Beichte um dann von dem Messias von JHWHs Gnaden Kyros II. erlöst zu werden, und wieder in ihr geliebtes Land zu kommen, wo sie den 2. Tempel mit der Unterstützung dieses Messias bauen sollen. Das liegt voll im damaligen theologischen Trend des Tun-Ergehen-Zusammenhanges und ist ein plausibler Weg wie die Juden dieses Trauma des Exils theologisch verarbeitet haben könnten.  

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben
vor 21 Stunden schrieb Weihrauch:

Und wenn es sich beim covenant code nicht um echte Gesetzgebung, sondern um idealisierende Literatur handelt, ist das kein so großes Problem. 

 

Der Pentateuch, die Tora (Weisung, Lehre, Regel, Gesetz) ist im ganzen die "echte Gesetzgebung" des Judentums.

 

Bundesbuch oder covenant code ist ein Terminus Technicus und bedeutet lediglich einen mehr oder weniger genau abgegrenzten Abschnitt im Buch Exodus, ungefähr den Text Ex 21,1–24,18 in dem die Verse Ex 22,28-29 stehen die im Video diskutiert werden. Der Fachbegriff "Bundesbuch" kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im AT eine ganze Reihe von Bundesschlüssen gibt. Dieser hier ist weder der erste Bundesschluss noch der letze, oder der wichtigste, sondern bloß einer von vielen. Das beginnt beim ersten Bundesschluss, und die weiteren bauen auf diesem Grundgedanken auf, und sind eine stufenweise Weiterentwicklung. Diese Weiterentwicklung hat eine gewisse Dramaturgie und einen Spannungsbogen. Im covenant code geht es also nicht ums Ganze, das Bundesbuch ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Ziel: dem Judentum im 4. Jahrhundert v. Chr.

 

Wenn man diese literarisch-dramaturgische Entwicklung im Auge hätte, gäbe es diese Diskussion vermutlich nicht. Also beginnen wir von vorne. Der Grundstein für den Bundesgedanken wird - wie sollte es anders sein - natürlich in der Urgeschichte gelegt. Ich zitiere jetzt ziemlich ausführlich, damit man ein Gefühl für diese dramaturgische Entwicklung bekommt, das Gelesene mal in sich sacken lässt, und sich so mit dem vom "Autor" intendierten Vorwissen an das sogenannte Bundesbuch annähert. 

 

Zitat

Gen 6,18 EU

Mit dir aber richte ich meinen Bund auf. Geh in die Arche, du, deine Söhne, deine Frau und die Frauen deiner Söhne!

...

Gen 9,8-17 EU

Dann sprach Gott zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren: Ich bin es. Siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen nach euch und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren des Landes bei euch, mit allen, die aus der Arche gekommen sind, mit allen Wildtieren des Landes überhaupt. Ich richte meinen Bund mit euch auf: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und das Land verderben. Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen: Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und dem Land. Balle ich Wolken über dem Land zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt. Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch in dem Land. Und Gott sprach zu Noach: Dies ist das Zeichen des Bundes, den ich zwischen mir und allen Wesen aus Fleisch im Land aufgerichtet habe.

 

...

 

Gen 15,18-21 EU

An diesem Tag schloss JHWH mit Abram folgenden Bund: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land vom Strom Ägyptens bis zum großen Strom, dem Eufrat-Strom, die Keniter, die Kenasiter, die Kadmoniter, die Hetiter, die Perisiter, die Rafaïter, die Amoriter, die Kanaaniter, die Girgaschiter und die Jebusiter.

 

...

 

Gen 17,1-27 EU

Ich will meinen Bund stiften zwischen mir und dir und ich werde dich über alle Maßen mehren. Abram fiel nieder auf sein Angesicht. Und Gott redete mit ihm und sprach: Ich bin es. Siehe, das ist mein Bund mit dir: Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern. Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham, Vater der Menge, wird dein Name sein; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt. Ich mache dich über alle Maßen fruchtbar und lasse dich zu Völkern werden; Könige werden von dir abstammen. Ich richte meinen Bund auf zwischen mir und dir und mit deinen Nachkommen nach dir, Generation um Generation, einen ewigen Bund: Für dich und deine Nachkommen nach dir werde ich Gott sein. Dir und deinen Nachkommen nach dir gebe ich das Land, in dem du als Fremder weilst, das ganze Land Kanaan zum ewigen Besitz und ich werde für sie Gott sein. Und Gott sprach zu Abraham: Du aber sollst meinen Bund bewahren, du und deine Nachkommen nach dir, Generation um Generation. Dies ist mein Bund zwischen mir und euch und deinen Nachkommen nach dir, den ihr bewahren sollt: Alles, was männlich ist, muss bei euch beschnitten werden. Am Fleisch eurer Vorhaut müsst ihr euch beschneiden lassen. Das soll geschehen zum Zeichen des Bundes zwischen mir und euch. Alle männlichen Kinder bei euch müssen, sobald sie acht Tage alt sind, beschnitten werden in jeder eurer Generationen, seien sie im Haus geboren oder um Geld erworben von irgendeinem Fremden, der nicht von dir abstammt. Beschnitten werden muss der in deinem Haus Geborene und der um Geld Erworbene. So soll mein Bund, dessen Zeichen ihr an eurem Fleisch tragt, ein ewiger Bund sein. Ein Unbeschnittener, eine männliche Person, die am Fleisch ihrer Vorhaut nicht beschnitten ist, soll aus ihrem Stammesverband ausgemerzt werden. Er hat meinen Bund gebrochen. Weiter sprach Gott zu Abraham: Du sollst deine Frau nicht mehr Sarai nennen: Sara, Herrin, soll ihr Name sein. Ich will sie segnen und dir auch von ihr einen Sohn geben. Ich segne sie: Völker gehen von ihr aus; Könige von Völkern werden ihr entstammen. Da fiel Abraham auf sein Angesicht nieder und lachte. Er sprach in seinem Herzen: Können einem Hundertjährigen noch Kinder geboren werden und kann Sara als Neunzigjährige noch gebären? Dann sagte Abraham zu Gott: Wenn nur Ismael vor dir am Leben bleibt! Gott entgegnete: Nein, deine Frau Sara wird dir einen Sohn gebären und du sollst ihm den Namen Isaak geben. Ich werde meinen Bund mit ihm aufrichten als einen ewigen Bund für seine Nachkommen nach ihm. Auch was Ismael angeht, erhöre ich dich: Siehe, ich segne ihn, ich mache ihn fruchtbar und mehre ihn über alle Maßen. Zwölf Fürsten wird er zeugen und ich mache ihn zu einem großen Volk. Meinen Bund aber richte ich mit Isaak auf, den dir Sara im nächsten Jahr um diese Zeit gebären wird. Als er aufgehört hatte, mit ihm zu reden, fuhr Gott zur Höhe empor. Abraham nahm nun seinen Sohn Ismael sowie alle in seinem Haus Geborenen und alle um Geld Erworbenen, alle männlichen Personen vom Haus Abraham, und beschnitt das Fleisch ihrer Vorhaut noch am selben Tag, wie Gott ihm gesagt hatte. Abraham war neunundneunzig Jahre alt, als er am Fleisch seiner Vorhaut beschnitten wurde, und sein Sohn Ismael war dreizehn Jahre alt, als er am Fleisch seiner Vorhaut beschnitten wurde. Am selben Tag wurden Abraham und sein Sohn Ismael beschnitten. Auch alle Männer seines Hauses, die im Haus Geborenen und die um Geld von Fremden Erworbenen wurden mit ihm beschnitten. 

 

...

 

Ex 19,1-8 EU

Im dritten Monat nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten, an diesem Tag, kamen sie in der Wüste Sinai an. Sie waren von Refidim aufgebrochen und kamen in die Wüste Sinai. Sie schlugen in der Wüste das Lager auf. Dort lagerte Israel gegenüber dem Berg. Mose stieg zu Gott hinauf. Da rief ihm JHWH vom Berg her zu: Das sollst du dem Haus Jakob sagen und den Israeliten verkünden: Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört das ganze Land, ihr aber sollt mir als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören. Das sind die Worte, die du den Israeliten mitteilen sollst. Mose ging und rief die Ältesten des Volkes zusammen. Er legte ihnen alles vor, was JHWH ihm aufgetragen hatte. Das ganze Volk antwortete einstimmig und erklärte: Alles, was JHWH gesagt hat, wollen wir tun. Mose überbrachte JHWH die Antwort des Volkes.

 

(von mir korrigiert: Land statt Erde für das hebr. Wort erets; JHWH statt HERR)

 

Ex 20,2-17 die 10 Gebote

Ex 20,22-26 das Altargesetz

 

Uff ... Jetzt erst sind wir schließlich im sogenannten Bundesbuch (covenant code) Ex 21,1–24,18 angekommen - und ich brauch jetzt erst mal ne Pause.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 23 Stunden schrieb Weihrauch:

Wenn die mosaischen Gesetze Propaganda waren, die den König / die Regierenden als gut und gerecht hinstellen sollte, dann waren die Gesetze für das niedere Volk geschrieben und dann kannte es auch jeder im Land - das ist ja der Zweck von Propaganda deren Zielgruppe gerade nicht die Eliten selbst sind, welche die Propaganda zur Steuerung des niederen Volkes verbreiten. Also entweder ist es Propaganda oder "es kannte niemand". Propaganda die niemand außer den Verfassern kennt ergibt irgendwie keinen Sinn für mich.  

 

Mir fehlt jetzt die Energie, auf den ganzen Beitrag einzugehen. Daher nur auf diesen Abschnitt, der Klätungsbedarf aufweist.

 

Nach meinem bisherigen Verständnis (!) sind mesopotamische (sog.) Gesetzeskodizes wie das von Hamurabu Königspropaganda. Als solche wenden sie sich an das ganze Volk, weswegen sie auch auf Inschriften erhalten sind: Das ganze Volk soll sie sehen.

 

Die Gesetzestexte im Pentateuch knüpfen an diese an, bleiben aber vorerst im relativ kleinen Kreis der Schriftgelehrten (deswegen sind sie auch niergendwo auf einer Stele zu finden). Ihr Zweck ist, ein idealisiertes Bild vom ehemaligen, angeblich seigreich und gut organisierten Israel zu vermitteln. Dazu braucht man neben einem historischen oder pseudo-historischen Narrativ - die gute alte Zeit, dann die angebliche Dekadenz, angeblich wegen der Vielgötterei - auch Gesetze, wie sie alle gestandenen Staaten der Region hatten. 

 

Diese Gesetztestexte schreiben (nat. mit vielen Änderungen) von den o.g. mesopotamischen ab, und das Ziel dabei ist, zu zeigen, dass man / die frühen Israeliten mit den großen Jungs mitspielen können und genauso hochentwickelte Rechts- und Staatsstrukturen aufweisen.

 

Edit: ALLES, was ich in diesem Post schreibe, entspringt meinem bisherigen Verständnis, was noch sehr begrenzt ist. Selbst Experten scheinen diese ganze Materie sehr schwiwerig zu finde, also gute Nacht für mich.

 

Und ich brauche ebenfalls eine Pause.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)

Mein Name ist Weihrauch. Willkommen bei der neuen Folge der Genesis Interpretation. Falls ihr neu dazugekommen seid, vergesst nicht den Kanal zu abonnieren, um die nächste Folge nicht zu verpassen, lasst einen Like da, teilt diese Folge mit euren Freunden, und schreibt eure Meinungen unten in die Kommentare.  

 

In der letzten Folge haben wir die Bundestexte der Reihe nach gelesen. Ich hoffe ihr habt sie aufmerksam gelesen, ich meine ... wirklich gelesen! Hmm? Nicht wie die Youtuber über die wir hier sprechen, nicht wie diese beiden evangelikalen Apologeten oder diese drei Wissenschaftler, auch nicht wie Christen oder Atheisten, sondern wie jemand, den diese Texte direkt betreffen? Habt ihr euch von diesen Bundestexten für einen Moment in eine andere Zeit und an einen anderen Ort entführen lassen?

 

Hast du diese Worte in deiner Muttersprache auf der überaus wertvollen, kunstvoll gestalteten Schriftrolle gesehen, deine Augen langsam von rechts nach links über die Buchstaben gleiten lassen, dabei den Boden deines Vaterlandes Israel unter deinen Füßen gespürt, und tief in deinem Herzen begriffen, warum du hier bist, warum du diese Luft mit den Düften deines Heimatlandes atmest? Warum ihr so ausseht, wie ihr ausseht und warum ihr stolz seid, diesem Volk anzugehören. Weil JHWH einen Bund mir euch gestiftet hat?

 

Zurück in der Zukunft. Hast du wirklich gelesen? Den Text auf dich wirken lassen - nicht für immer, nur für einen Moment? 

 

Euch ist bestimmt aufgefallen, dass meine Bibelzitate etwas seltsam und ungewohnt aussehen. Keine Versnummern, keine Verweise auf Fußnoten im Text, keine Fußnoten, keine Überschriften die mir angebliche Inhalte suggerieren, nichts was den eigentlichen Bibeltext unterbricht, keine Absätze, keine Formatierungen. Ungegliederte Textwände wie die hebr. Handschriften eben. Ein methodischer Trick den ich mir ausgedacht habe, damit ich lese wie die Menschen damals. Das ist mein persönlicher erster Arbeitsschritt, das ganze Buch mit dem ich mich gerade beschäftige, mit wenigen Mausklicks in dieses Format zu bringen. Blocksatz, also gleich lange Zeilen wie zuhause kann ich hier im Forum leider nicht machen.

 

Das mache ich mit dem Text mehrer deutscher Bibelausgaben. So stehe ich dann wirklich unbeeinflusst vor mehreren riesigen unhandlichen Textwürsten, die mir das Lesen absichtlich schwerer machen. Das zwingt mich schon mal langsamer zu lesen. Dann lese ich diese Textwürste abwechselnd mehrmals - ohne etwas verstehen zu wollen, ohne über das Gelesene nachzudenken, bemühe mich nicht zuzuhören, lese stupide eine Zeile nach der anderen. Was dabei in mich hineingeht, ist erstmal nur Futter für mein Unterbewusstsein. Soll sich dieses erstmal damit beschäftigen, ohne mir dabei auf den Geist zu gehen, und ohne dass "ich" ihm mit meinem Verstand störend dazwischen quatsche. Das ist mein erster Schritt der Annäherung um mit dem Text vertraut zu werden. Ist so eine Art der Arbeitsteilung und ein wenig schizo, wenn man so will.  

 

Im zweiten Schritt darf auch mein Verstand ran, der nun eine Basis hat, und ich beginne selbständig die unterschiedlichen Textwürste inhaltlich zu gliedern. Wo beginnt ein Thema, wo endet es, wo wird es wieder aufgenommen? Wo beginnt ein Gedankengang, wo endet er, wo wird er wieder aufgenommen? Das zwingt mich Sinnabschnitte zu erkennen. Es verblüfft mich immer wieder, wie dabei manche Dinge in den Hintergrund geraten und andere sich in den Vordergrund drängen. Es scheint als hätte der Text eine fluide Eigendynamik bekommen, er changiert inhaltlich, wie ein Chamäleon dass ständig seine Farbe wechselt. 

 

Im dritten Schritt gliedere ich dann die Textwurst der Einheitsübersetzung auf die ich mich dann aus Bequemlichkeit beschränke. EU nicht weil ich mal katholisch war, sondern weil sie sich an eine allgemein vereinbarte Namenskonvention am konsequentesten hält. Jetzt gilt es also mich auf bestimmte logische Sinnabschnitte festzulegen.

 

Im vierten Schritt lese ich dann wirklich, wie ganz zu Anfang beschrieben.

 

Erst im fünften Schritt beginnt dann das eigentliche Interpretieren. Alles davor war bloß das Vorspiel. Jetzt geht es um Kontext, Kontext, Kontext - also auch über den eigenen Tellerrand und die eigene Blase hinaus schauend.

 

Warum erzähle ich das? Weil ich mit dem Terminus Technicus "Bundesbuch" oder "covenant code" überhaupt nicht einverstanden bin. Denn meine Gliederung spricht da eine ganz andere Sprache, und damit bin ich zwar nicht mit im Boot, aber auch nicht ganz alleine, was man daran erkennt, dass dieser Terminus Technikus einen ungefähren Textabschnitt bezeichnet, da man sich anscheinend über genauen Beginn und Schluss nicht einig ist, und ich gar nicht verstehe, wozu das eigentlich gut sein soll, diesen Abschnitt irgendwie als etwas Besonderes hervorzuheben und separat für sich zu behandeln. 

 

So weit für diesmal, als hermeneutisches Zwischenspiel sozusagen, das ich an dieser Stelle für das Verständnis als wichtig erachte. Und vielleicht habe ich jemandem sogar Lust gemacht, die Bundestexte noch einmal aus einer anderen, vielleicht ungewohnten Perspektive zu lesen, und die eigene Komfortzone für einen Moment zu verlassen.    

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben

@Weihrauch:

Ich habe Deine Einwände gegen die Argumente der 3 Wissenschaftler in Kipps Video zur Kenntnis genommen. Ich kann sie gut nachvollziehen. Nun möchte ich aber den zweiten Teil des Videos abwarten, denn sonst bin ich mir nicht sicher, dass ich ihre Aussagen richtig einordnen und ihre Position genau verstehen kann.

Geschrieben

Ich lese die Texte oft. Immer wieder aus verschiedenen Perspektiven, oder mit unterschiedlichen Fragestellungen. Eine davon ist beispielsweise die, dass ich den Text so lese, als hätte ich ein unbekanntes Manuskript irgendwo auf der Straße gefunden. Nanu, was ist denn das? Ein mir völlig unbekannter Text, nur ein paar zusammengeheftete Blätter Papier im Dreck am Straßenrand, über die ich gar nichts weiß, und die ich zum ersten mal lese, so, als ob ich am Anfang das Ende noch nicht kennen würde, um mich auf die Dramaturgie zu konzentrieren. Was verstehe ich nicht auf Anhieb? Was kommt mir merkwürdig vor? Was weiß ich bis hierhin? Welche Fragen ergeben sich? Wer weiß was? Wer weiß was noch nicht? Was fehlt? Was weiß ich hier noch nicht? Was möchte ich wissen? Ich spiele mit den Texten, ganz unbefangen, und beobachte den Text und mich selbst dabei. 

 

So ist mir z.B. aufgefallen, dass ich "jetzt", wo wir gerade bei dem angeblichen "Bundesbuch" Ex 20,19-23,33 ankommen sind, die 10 Gebote schon kenne, aber noch nichts weiß vom Schreiben (hebr. zefer) des Bundes (Ex 24,7), Bücher gibt es im AT natürlich nirgends, oder davon, dass Moses auf den Berg gehen wird, und dort von Gott die Steintafeln bekommt, auf welche Gott etwas (?) mit seinem Finger geschrieben haben wird. Hä? Ich dachte da stehen die 10 Gebote drauf? Wo hab ich dass denn her? Wozu wird dann Moses überhaupt noch mal auf den Berg gehen, wenn er jetzt schon so detailliert die Gesetze kennt? Solche dramaturgischen Fragen die sich bei dieser Art des spielerischen Lesens ergeben, notiere ich mir, und schaue, ob sich solche Fragen irgendwann anhand der "bis dato ungelesenen" nachfolgenden Texte beantworten werden ...

 

Zitat

Ex 34,26-29 EU (korrigiert)
Von den Erstlingsfrüchten deines Ackers sollst du die besten in das Haus JHWHs, deines Gottes, bringen. Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch seiner Mutter kochen. Dann sprach JHWH zu Mose: Schreibe dir diese Worte auf! Denn diesen Worten gemäß schließe ich hiermit einen Bund mit dir und mit Israel. Mose blieb dort bei JHWH vierzig Tage und vierzig Nächte. Er aß kein Brot und trank kein Wasser. Er schrieb auf die Tafeln die Worte des Bundes, die zehn Worte. Als Mose vom Sinai herunterstieg, hatte er die beiden Tafeln des Bundeszeugnisses in der Hand. Während Mose vom Berg herunterstieg, wusste er nicht, dass die Haut seines Gesichtes strahlte, weil er mit ihm geredet hatte. 


Aha. In dem "Schreiben des Bundes" und auf den Steintafeln stehen also noch die Gesetze von 10 weiteren Kapiteln Exodus drauf und nicht bloß die 10 Gebote, die erstaunlicherweise selbst nicht zum Bundesbuch aka covenant code gehören. Die Zehn Worte sind also wieder so ein alttestamentliches Zahlen-Symbolik-Dingens für das gesamte "Schreiben des Bundes" als einem Bundeszeugnis zwischen Gott und allen Menschen auf der ganzen Erde den Juden des Landes Israel. Ein wenig christliche Begriffsverschwurbelung und schon geht uns das meiste der 10 Worte nichts mehr an, bis eben auf die 10 Gebote die Gott mit seinem Laser-Phaser-Finger in die Steintafeln gebrannt hat ZSSSSSCHRRRRKAWUMM damals auf dem Berg Sinai, und sie dann dem Charlton Heston übergeben hat, die aber leider im Papierkorb der Weltpresse verschwunden sind. Oder fand da bei der zweiten Session auf dem Berg die Endredaktion der ersten Steintafelfassung statt und wurden dabei noch 10 Kapitel Gesetze handschriftlich von Mose angehängt? Faszinierende Vorstellung, dass die Redaktoren des AT zu so ironischer Selbstkritik fähig gewesen sein könnten! Wie gut, dass einem so etwas keiner sagt. Sonst wäre Bibellesen ja langweilig, wenn es nichts mehr darin zu entdecken und darüber nachzusinnen gäbe.

Geschrieben (bearbeitet)
Am 26.12.2024 um 22:03 schrieb Domingo:

Nach meinem bisherigen Verständnis (!) sind mesopotamische (sog.) Gesetzeskodizes wie das von Hamurabu Königspropaganda. Als solche wenden sie sich an das ganze Volk, weswegen sie auch auf Inschriften erhalten sind: Das ganze Volk soll sie sehen.

 

Stimmt.

 

Am 26.12.2024 um 22:03 schrieb Domingo:

Die Gesetzestexte im Pentateuch knüpfen an diese an, bleiben aber vorerst im relativ kleinen Kreis der Schriftgelehrten (deswegen sind sie auch niergendwo auf einer Stele zu finden).

 

Die Gesetzestexte im Pentateuch knüpfen an diese nur teilweise an, nämlich was die Gesetzgebung betrifft. Was im Pentateuch fehlt sind irgendwelche Könige, die mit diesen Gesetzen assoziiert werden, wie das bei Hammurabi gemacht wurde. Die Mosaischen Gesetze kommen nämlich nicht von einem König, sondern von Gott, weil die Israeliten "zu dieser Zeit", die es nie gab, überhaupt noch keinen König, ja noch nicht einmal ein eigenes Land haben - von der chronologisch verstandenen Dramaturgie her. Ohne König keine Königspropaganda. Wir werden gleich sehen, dass es nicht mal Gottespropaganda sein kann.

 

Es handelt sich hier um Sagen oder Legenden, und selbst wenn in diesen Sagen und Legenden das aufrichten von tausend Stelen berichtet erzählt worden wäre, werden nirgendwo diese Stelen zu finden sein. Aus demselben Grund wird auch niemand die Steintafeln des Mose mit den Gesetzen finden, weil Mose nie im Ancient Israel existiert hat, es nie diese Wüstenwanderung gegeben hat. Es ist nie geschehen. 

 

Am 26.12.2024 um 22:03 schrieb Domingo:

Ihr Zweck ist, ein idealisiertes Bild vom ehemaligen, angeblich seigreich und gut organisierten Israel zu vermitteln.

 

Das zeigst du mir, wo da im Pentateuch etwas vom siegreichen Israel steht. Ich lese da nur etwas von hungernden Flüchtlingen die orientierungslos 40 Jahre in der Wüste herumirren, die sich noch in keiner einzigen Schlacht bewähren mussten.

 

Am 26.12.2024 um 22:03 schrieb Domingo:

Dazu braucht man neben einem historischen oder pseudo-historischen Narrativ - die gute alte Zeit, dann die angebliche Dekadenz, angeblich wegen der Vielgötterei - auch Gesetze, wie sie alle gestandenen Staaten der Region hatten. 

 

Diese Gesetztestexte schreiben (nat. mit vielen Änderungen) von den o.g. mesopotamischen ab, und das Ziel dabei ist, zu zeigen, dass man / die frühen Israeliten mit den großen Jungs mitspielen können und genauso hochentwickelte Rechts- und Staatsstrukturen aufweisen.


Die 40 Jahre in der Wüste, hat niemand als "gute alten Zeit" in Erinnerung, der den Pentateuch verfasste. Die Phase der Dekadenz wird erst in viel dramaturgisch-chronologisch späteren Büchern des AT beschrieben. Was die "großen Jungs" betrifft stimme ich dir zu. 

 

Am 26.12.2024 um 22:03 schrieb Domingo:

Edit: ALLES, was ich in diesem Post schreibe, entspringt meinem bisherigen Verständnis, was noch sehr begrenzt ist. Selbst Experten scheinen diese ganze Materie sehr schwiwerig zu finde, also gute Nacht für mich.

 

Das macht doch nichts. Das kriegen wir doch gemeinsam hin, solche Dinge zu klären. Du bist mir mit deinem Fachwissen jedenfalls eine große Hilfe, mein lückenhaftes bisheriges Verständnis auf Vordermann zu bringen. Für vieles, was das Video betrifft, braucht es keine Experten, schon gar nicht solche aus dem Video. Es reicht völlig das AT wenigstens einmal von vorne bis hinten gelesen zu haben, um mitreden zu können. Ich bin kein Experte, bin aber durchaus in der Lage manche der im Video vorgebrachten Argumente, egal von welcher Seite sie kommen, vernünftig zu widerlegen.    

 

 Die Königsidee spukt schon im Buch Genesis herum. Ich zitierte es schon:

 

Zitat

Gen 17,5-6 EU
Man wird dich nicht mehr Abram nennen. Abraham, Vater der Menge, wird dein Name sein; denn zum Stammvater einer Menge von Völkern habe ich dich bestimmt. Ich mache dich über alle Maßen fruchtbar und lasse dich zu Völkern werden; Könige werden von dir abstammen.

 

Es ist doch völlig klar, dass all diese Texte im Pentateuch erst geschrieben wurden, nachdem der letzte König im Land Israel entmachtet war. Wie können dann diese "Wissenschaftler" diese Texte mit irgendeinem Jh. vor Christus des Ancient Israel in Verbindung bringen - so als würden SIE, wie die Apologeten auf der anderen Seite, daran glauben, dass in der Wüste geschehen sei, was nie geschehen ist? Das ist doch ein Strohmann, um die Apologeten zu fangen, die das für Tatsachenberichte halten. Man kann doch die Figuren und Handlungen von erfundenen Erzählungen nicht wissenschaftlich mit historischer Zeitrechnung in Verbindung bringen.    

 

Was es allerdings sehr wohl im Pentateuch gibt, ist das Königsgesetz für die Könige, die erst viel später nach der "Landname" im Buch Joshua, nach der Richterzeit im Buch Richter, schließlich im 1. Buch Samuel auftauchen werden - und Gott ist nicht amust, hält von dieser Königsidee im Land Israel absolut rein gar nichts:

 

Zitat

1 Sam 8,6-8 EU
Aber Samuel missfiel es, dass sie sagten: Gib uns einen König, der uns regieren soll! Samuel betete deshalb zu JHWH und JHWH sagte zu Samuel: Hör auf die Stimme des Volkes in allem, was sie zu dir sagen! Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein. Das entspricht ganz ihren Taten, die sie von dem Tag an, da ich sie aus Ägypten heraufgeführt habe, bis zum heutigen Tag getan haben; sie haben mich verlassen und anderen Göttern gedient. So machen sie es nun auch mit dir.


Weil wir grade bei den Königen sind, kann ich hier gleich auf ein weiteres Bibelzitat eingehen, welches die Wissenschaftler im Video als Argument für JHWHs gewollte Menschenopfer anführen. Sorry, wie wissenschaftlich ist das denn, aus dem Zusammenhang gerissene Verse, als Argument anzuführen - das ist man doch sonst nur von den christlichen Apologeten gewohnt.

 

Ab Minute 16,23 geht es um Ezechiel Kap 20, Dr. Heath Dewrell erzählt, wie er im Unterricht als es um Kinderopfer ging fragte: "Stop, sie opferten Kinder???" und ihm sein Lehrer Bob Wilson mit seinem trockenen Humor antwortete: "Well, Ezechiel denkt sicher, dass sie das taten." Und damit hat er recht.

 

Zitat

Ez 20,5
und sag zu ihnen: So spricht JHWH, Adonai: An dem Tag, als ich Israel erwählt habe, erhob ich meine Hand den Nachkommen des Hauses Jakob. Ich offenbarte mich ihnen im Lande Ägypten. Ich erhob ihnen meine Hand zum Schwur und sprach: Ich bin JHWH, euer Adonai.

...
Ez 20,7-8
Und ich sagte zu ihnen: Werft weg, ein jeder, die Scheusale seiner Augen! Macht euch nicht unrein durch die Götzen Ägyptens! Ich bin der JHWH, euer Adonai. Sie aber waren widerspenstig gegen mich und wollten nicht auf mich hören. Sie warfen die Scheusale ihrer Augen nicht weg, kein Einziger, und die Götzen Ägyptens verließen sie nicht. Da gedachte ich, meinen Zorn über sie auszugießen und meinen Grimm an ihnen zu vollenden, mitten im Lande Ägypten. 
...
Ez 20,11
Ich gab ihnen meine Satzungen und meine Rechtsentscheide tat ich ihnen kund, die der Mensch befolgen muss, damit er durch sie am Leben bleibt. 
...
Ez 20,18-21
Zu ihren Söhnen sagte ich in der Wüste: Geht nicht nach den Gesetzen eurer Väter, bewahrt ihre Rechtsentscheide nicht und macht euch nicht unrein an ihren Götzen! Ich bin der JHWH, euer Adonai. Geht nach meinen Satzungen, bewahrt meine Rechtsentscheide und befolgt sie! Heiligt meine Sabbat-Tage; sie sollen ein Zeichen zwischen mir und euch sein, damit man erkennt, dass ich, JHWH, euer Adonai bin. Aber die Söhne waren widerspenstig gegen mich. Sie gingen nicht nach meinen Satzungen und sie bewahrten meine Rechtsentscheide nicht, um sie zu befolgen; sie muss der Mensch befolgen, damit er durch sie am Leben bleibt. Meine Sabbat-Tage entweihten sie. Da gedachte ich, in der Wüste meinen Zorn über sie auszugießen und meinen Grimm an ihnen zu vollenden.
... 
Ez 20,25-31

Ich, ja ich gab ihnen Gesetze, die nicht gut waren, und Rechtsentscheide, durch die sie nicht am Leben blieben. Und ich erklärte sie für unrein bei ihren Opfergaben, beim Darbringen einer jeden Erstgeburt, um sie mit Entsetzen zu erfüllen, damit sie erkennen, dass ich JHWH bin. Darum sprich zum Haus Israel, Menschensohn, und sag zu ihnen: So spricht JHWH, der Adonai: Eure Väter haben mich auch dadurch verhöhnt, dass sie mir untreu wurden. Als ich sie in das Land brachte, dessentwegen ich meine Hand erhoben hatte zum Schwur, es ihnen zu geben, da schauten sie aus nach jedem hohen Hügel und jedem dicht belaubten Baum und schlachteten dort ihre Opfer, brachten dort ihre ärgerlichen Gaben dar, legten dort ihre duftenden Spenden nieder und gossen dort ihre Trankopfer aus. Da sagte ich zu ihnen: Was ist das schon, die Höhe, zu der ihr dort kommt? - Deshalb wird sie bis zum heutigen Tag Kulthöhe genannt. Darum sag zum Haus Israel: So spricht JHWH, der Adonai: Auf dem Weg eurer Väter macht ihr euch unrein? Und ihr hurt hinter ihren Götzen her? Wenn ihr eure Gaben spendet, eure Söhne durch das Feuer darbringt, ihr selbst euch bis zum heutigen Tag immer wieder unrein macht für all eure Götzen, da soll ich, ja ich mich für euch befragen lassen, ihr vom Haus Israel? So wahr ich lebe - Spruch JHWHs, des Adonai - , ich lasse mich für euch nicht befragen.

 

Korrigiert, weil hier die Übersetzer völlig ins Schleudern kamen mit ihrem HERR (Titel) statt JHWH (Name) und hier nun gezwungen waren GOTT (was weder Titel noch Name ist) statt JHWH zu schreiben, weil sonst "So spricht HERR der Herr" dabei raus gekommen wäre, weil da JHWH adonai (=Herr) im Hebräischen steht. Es ist so lächerlich, was uns heute als philologische Übersetzung der Bibel auf dem letzten Stand der Wissenschaft verkauft wird. 

 

Stimmt. Ezechiel denkt das. Aber Ezechiel denkt nicht, dass JHWH Kinder geopfert wurden, denn es ist doch vom Kontext völlig klar, dass die Söhne, die da durch das Feuer gehen den Götzen geopfert wurden und nicht JHWH, und JHWH das verurteilt. Das Thema des Videos ist, ob JHWH jemals ein Gesetz erlassen haben könnte, dass ihm sein Volk Kinder opfern solle. Ezechiel 20 kann man nicht so interpretieren, als ob da stünde, dass JHWH sauer wäre, weil sie den Götzen Kinder opferten, und nicht JHWH. 

 

Der andere Punkt, wozu Ezechiel 20 herhalten muss, ist dieser Satz: Ich, ja ich gab ihnen Gesetze, die nicht gut waren, und Rechtsentscheide, durch die sie nicht am Leben blieben. Den wollen sie anscheinend so interpretieren, als hätte JHWH jemals Kinderopfer per Gesetz vorgeschrieben. Es ist aber in diesem Text überhaupt nicht ersichtlich, dass sich der Nebensatz "durch die sie nicht am Leben blieben" auf irgendwelche geopferten Kinder handeln würde. Der nächste Satz: Und ich erklärte sie für unrein bei ihren Opfergaben, beim Darbringen einer jeden Erstgeburt, um sie mit Entsetzen zu erfüllen, damit sie erkennen, dass ich JHWH bin. bezieht sich nicht auf die geopferten Kinder. JHWH erklärt das Volk für unrein, beim Darbringen jeder Erstgeburt. Wie das Volk seine Erstgeburt JHWH darbringt, ist doch allgemein bekannt im Land - durch die Beschneidung am achten Tag als Zeichen des Bundes. Habe ich lang und breit oben zitiert. Gibt es irgendeinen alttestamentlichen oder außerbiblischen Text, an dem Kinderopfer mit irgend einem achten Tag in Verbindung gebracht werden? Steht das mit dem achten Tag irgendwo über Moloch, Kemosch, Baal oder sonstigen fremden Gottheiten? Ist mir zumindest nichts bekannt. 

 

Also stellt sich die Frage, welche Gesetze und Rechtsentscheide JHWH seinem Volk gab, die nicht gut waren, und durch die sie nicht am Leben blieben?  Da fällt mir nur das oben erwähnte Königsgesetz ein, welches in den Augen JHWHs nicht gut gewesen sein kann. Denn JHWH wollte selbst König für sein Volk sein, und kein Königtum wie "die großen Jungs" in seinem Land haben, wie ich oben zitierte. Die Könige tragen die Schuld dafür, dass das Nordreich Israel und das Südreich Juda untergegangen sind. Nur durch Gottes Gnade ist ein kleiner Rest im Exil am Leben geblieben. Alle Propheten klagen ihre Könige des Ungehorsams und des Götzendienstes an. In den Chronika kommt kein einziger König gut weg, allen wird Ungehorsam und Götzendienst vorgeworfen, keiner hat sich an das Königsgesetz gehalten. Abgesehen vielleicht von König David, der allerdings auch eine Menge Dreck am Stecken hatte, ist von Königspropaganda ist im AT nicht viel zu sehen - sondern eher das Gegenteil. Die siegreichen Schlachten bei der Landnahme wurden nicht von Königen angeführt. Einzig König David wäre mit den großen Jungs im Umfeld Israels vergleichbar. Aber König David und seine Rolle im AT ist ein Thema für sich, die Ausnahma von der Regel.   

 

 

 

 

bearbeitet von Weihrauch
Oups. Neben König David gibt es auch bei König Salomo Königspropaganda, aber das hat bei beiden eher theologische Gründe, die mit der Zentralisierung des Kultes in Verbindung stehen: Bau des 1. Tempels in Jerusalem.
Geschrieben
Am 25.12.2024 um 14:08 schrieb Weihrauch:

Eigentlich nicht. [...]

Es gibt aus Sicht der Endredaktion einen plausiblen Grund mehr Menschenopfer ins AT hineinzuschreiben, siehe meine Beispiele Ahas und Manasse, in meinem letzten Beitrag die das belegen, als Menschenopfer verschwinden zu lassen. Denn diese Menschenopfer sind JHWH zur Zeit der Redaktion ein Greuel und werden von den Redaktoren als Ursache für den doppelten Untergang des Landes gebraucht, aber als Ausnahmeerscheinung, Spitze des Eisberges und nicht als gottgewollte Norm, um JHWH Gründe dafür geliefert zu haben, die Juden zu einer langjährigen Haftstrafe im babylonischen Exil verurteilt zu haben.

 

Ich denke aber, dass es hier lohnt, zwischen Erzählungen im engeren Sinne und normativen Texten ("Gesetzen,"mit all den gebotenen Abstrichen, da dies ein sehr moderner Begriff ist) zu unterscheiden. In den Erzählpassagen will die Endredaktion Menschenopfer darstellen als Beispiel für Israels Ungehorsam. In Gesetzestexten hingegen will sie sie aus der Welt schaffen, indem sie mal an den Einzelnormen ein wenig herumdoktert, mal neue Normen hinzudichtet, die das Opfer ersetzen sollen.

 

Als Beispiel fürs Herumdoktern bringe ich mal später die Passagen zu den Molech-Opfern, die ganz interessant sind.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 5 Stunden schrieb Domingo:

Ich denke aber, dass es hier lohnt, zwischen Erzählungen im engeren Sinne und normativen Texten ("Gesetzen,"mit all den gebotenen Abstrichen, da dies ein sehr moderner Begriff ist) zu unterscheiden. In den Erzählpassagen will die Endredaktion Menschenopfer darstellen als Beispiel für Israels Ungehorsam.

 

Die Erzählpassagen gehen mit den Gesetzestexten Hand in Hand. Wenn man sich das ganze "Schreiben des Bundes" zu Gemüte ziehst, also die 15 Kapitel von 19,1-34,29 und nicht nur die 2 1/2 Kapitel des "Bundesbuches" 20,19-23,33 oder nur die zwei Verse Ex 22,28-29 wie die Leute im Video, merkt man, dass gerade die Erzählpassagen ein höheres normatives Gewicht haben als die normativen Weisungs-Texte. Bestes Beispiel dafür ist die darin enthaltene Erzählung vom goldenen Kalb mit der Botschaft, sich keine anderen Götter zu machen, so wie die "großen Jungs" der anderen Länder das tun. Als JHWH das goldene Kalb sieht, würde er am liebsten sein ganzes Volk ausradieren, so wütend ist er, lässt es sich aber gereuen, weil Mose ihm gut zuredet. Phuu, das war knapp, nochmal Schwein gehabt. 

 

So eine anschauliche Erzählung vergisst das Volk nicht so leicht wie einen Einzeiler unter vielen Einzeilern. Die Bilder einer solchen Erzählung sagen mehr als die Zehn Worte. Die zehn Gebote, ob auf Steintafeln oder feinstem Ziegenleder überliefert, kriegt kaum einer ohne ins Stocken zu kommen auswendig zusammen, aber eine Kurzfassung vom Goldenen Kalb erzählt er dir fließend in Nullkommanix, und da gibt es dann auch keine unendlich langen Diskussionen darüber, was alles unter das sexte Gebot fällt. Die Botschaft vom goldenen Kalb ist klar und eindeutig: JHWH duldet weder ein Kalb noch anderes Viechzeugs neben sich. Nu flattert eine weiße Taube seit zweitausend Jahren ständig um JHWH herum, und der Platz auf dem Gottesthron ist für ihn auch knapper geworden, fröhliche Weihnachten, selber schuld. Papier ist langmütig, erträgt alles, hält allem stand.   

 

vor 5 Stunden schrieb Domingo:

In Gesetzestexten hingegen will sie sie aus der Welt schaffen, indem sie mal an den Einzelnormen ein wenig herumdoktert, mal neue Normen hinzudichtet, die das Opfer ersetzen sollen.

 

Das einfachste wäre doch, das alte Gesetz mit dem Gebot, JHWH Menschen opfern zu müssen, einfach zu streichen, und ein Gesetz zu erlassen und in Textform zu gießen, welches Menschenopfer verbietet, falls sich die Theologie in diesem Punkt wegen der Meinung irgendeines Hansls verändern soll. Papier ist geduldig. Wo ist das Problem? Wen juckt das, und falls ja, was kann er schon dagegen machen? Die Menschen waren und sind machtgeil und unterwürfig, das sind die zwei Seiten des autoritären Charaktertypen. 

 

Wird doch heute auch nicht anders gemacht, in unserem Bundestag, in der Kneset, im weißen Haus, im Kreml, in jedem Konzern, jedem Betrieb usw. - Ober sticht Unter. Außerdem, was ist dann mit den vielen Stellen, die Menschenopfer ablehnen? Die alle dazu zu schreiben ist doch viel mehr Arbeit, als einen Gesetzestext rauszuschmeißen oder zu ändern, weil der vielleicht missverständlich sein könnte, und einem nicht mehr passt. 

 

Altes Gesetz raus neues Gesetz rein und alle pfeifen nach meiner Tanze. Genau so wurde das auch gemacht, denke ich. Fertig. Oder neues Gesetz rein, weil es früher gar kein Gegenteiliges gab. Als Beispiel dafür, bringe ich später mal die Elephantine Papyri ins Spiel, die ganz interessant sind.

 

Ich habe echt ein Verständnisproblem mit diesem angeblichen Ersetzen von Texten - ohne die Texte zu haben an denen man sehen könnte, dass da etwas ersetzt wurde und was genau da durch etwas anderes ersetzt wurde. 

 

Wie solche Spekulationen ein höheres Gewicht haben können als das Faktum des Endtextes, so wie er da steht, und seine inhärente Logik habe ich noch nicht begriffen. Eigentlich soll da etwas gestanden haben, was in den Kontext von der Logik überhaupt nicht reinpasst? Da müssten ja der frühere Kontext auch ein anderer gewesen sein, wenn man davon ausgeht, dass niemand unlogische Texte verfassen will.

 

Das betrifft auch ein weiteres Argument in dem Video. Die Sache mit der Opferung Isaaks, durch Abraham:

 

Ist dir klar, was alles im AT anders sein müsste, nur weil dasteht: Darauf kehrte Abraham zu seinen Jungknechten zurück, und nicht Darauf kehrten sie zu den Jungknechten zurück. Deswegen soll Abraham Isaak in einer älteren Version geopfert haben? So ein minimaler Unterschied würde einen Rattenschwanz anderer Texte nach sich ziehen, die man auch nicht mehr hat. Wie soll es denn anders ohne Isaak weitergegangen sein? Ist doch eine berechtigte Frage, oder nicht?

 

Dann muss es eine andere Erzählung gegeben haben, über einen anderen Vater von Jakob, Sara also noch mal schwanger geworden sein usw. Das ist dann dem Philologen nicht mehr sein Bier, oder wie? Ist halt durch Schlamperei verloren gegangen, futsch, weg, dumm gelaufen? Macht man es sich da nicht ein wenig zu einfach mit dem Ehrfurchtsargument, das ja grade begründen soll, dass nicht haufenweise Text mal so mir nichts, dir nichts vernichtet worden sein soll. Aber träfe das dann nicht auch für die Erzählung über Saras zweite Schwangerschaft zu? 

 

Hast du eine Ahnung wie oft die Floskel "der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs" im AT steht? Vermutlich von ganz verschiedenen Autoren aus verschiedenen Zeiten. Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass da überall der Name von Saras zweitem Sohn gegen Isaak ausgetauscht wurde? Statt nur in diesem einen Satz oben zwei Wörter zu verändern, damit keine Missverständnisse entstehen können. Schlamperei der Autoren, Ehrfurcht der Autoren, etwas viele, ziemlich willkürliche und praktischerweise auch noch unbelegbare Zusatzannahmen für meinen Geschmack, die nötig werden, um solche Theorien plausibel erscheinen zu lassen. 
 

Ich bitte dich darum ernsthaft mir das mal aus philologischer Sicht begreifbar zu machen. Woher kann man wissen, wer da wann ein wenig herumdoktert, neue Normen dazu gedichtet hat, wenn nicht anhand von verfügbaren Daten. Dass zu den Gesetzbüchern ein "vergessenes" dazugekommen ist, als es wieder entdeckt wurde, erzählt das AT selbst. Dass man an den Texten erkennen kann, dass sich die Theologie in Israel im Laufe der Zeit geändert hat, kann ich auch anhand des Endtextes nachvollziehen. Dazu wurde auch das vergessene Buch nicht ge- sondern erfunden. Aber wie man Veränderungen an ein oder zwei konkreten Versen wie Ex 22,28-29 beweisen können soll, erschließt sich mir noch nicht wirklich.

 

vor 5 Stunden schrieb Domingo:

Als Beispiel fürs Herumdoktern bringe ich mal später die Passagen zu den Molech-Opfern, die ganz interessant sind.

 

Ich platze vor Neugier. Hoffentlich wird mir das an diesem Beispiel endlich klar.

 

 

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben (bearbeitet)

@Weihrauch:

 

Ok, lass uns über Moloch reden – diese ganz komische Gottheit, über die es keine einzige Zeile in irgendeiner Mythologie gibt, keine bekannten Kultstätten, keine Bilder oder Statuen, keine Dichtung und keine Gebete. Keine Ahnung, wofür er zuständig sein soll; das einzige, was Moloch tut, ist anscheinend, Menschenopfer zu empfangen. Und man mag sich fragen, wieso man ihm überhaupt Opfer darbrachte, wenn er nichts tat: Was wollte man denn von ihm? Welches Gedeihen konnte er Menschen geben, das es wert gewesen wäre, ihm Menschen, gar die eigenen Kinder, zu opfern?

 

Nun kamen schon vor Jahrzehnten den Gelehrten punische Inschriften zu Hilfe, wo sich die Wurzel m-l-k eindeutig auf eine Art Menschenopfer bezieht. Im AT findet sich meistens die Konsonantenabfolge l-m-l-k (die masoretische Punktation können wir hier mMn getrost ignorieren), die traditionell als „für/an Molech/Moloch“ interpretiert wurde; die Präposition le heißt „zu/für/an.“ Wenn molech aber eine art Opfer ist (‘olah eine andere; es gibt verschiedene, und worin die einzelnen Opferformen bestehen, ist nicht immer klar), dann bedeutet der Ausdruck nicht „an Moloch“, sondern „zum (= als) molech-Opfer.“

 

Dieser Ausdruck kommt meistens im Buch Leviticus vor, und die Stelle 20:1-5 ist besonders interessant. Ich nehme die Übersetzung von der Webseite der Uni Innsbruck; ich markiere in Fettdruck, wo ich sie ändere, und unterstreiche sonst das Wichtige.

 

Zitat

Sag zu den Israeliten: Jeder Mann unter den Israeliten oder unter den Fremden in Israel, der eines seiner Kinder dem Moloch (l-m-l-k) gibt, wird mit dem Tod bestraft. Die Bürger des Landes sollen ihn steinigen. Ich richte mein Angesicht gegen einen solchen und merze ihn aus seinem Volk aus, weil er eines seiner Kinder dem Moloch (l-m-l-k) gegeben, dadurch mein Heiligtum verunreinigt und meinen heiligen Namen entweiht hat. [...] so richte ich mein Angesicht gegen ihn und seine Sippe und merze sie aus der Mitte ihres Volkes aus, ihn und alle, die mit ihm dem Molech hinterherhuren.

 

Du hast wohl geahnt, dass ich das Unterstrichene lieber als "zum molech-Opfer (hin)geben" übersetzen würde (natan, 'geben,' kann sich auf alle möglichen Szenarien beziehen, wie im Video mehrmals gesagt wird). Denn sonst wird es noch komischer, als ich anfangs hervorgehoben haben: Wie soll das YHWH-Heiligtum bitteschön verschmutzt worden sein, wenn die Opfer nicht dort stattfanden? (Ähnliche Frage bei der Entweihung seines Namens.) Und wenn sie dort stattfanden - wem sollen sie denn dargebracht worden sein? Einem anderen Gott? Dieser Moloch ist ja ein komischer Geselle, und nicht nur besitzt er keine bekannten Heiligtümer, wie ich schon schrieb, sondern offenbar gar keine, da er dasjenige des YHWH "mieten" muss, und auch in Jeremiah (32:35) steht, dass die Leute dem Baal Altäre bauen, auf denen sie dann - dem Moloch Opfer darbringen? Nein, ich denke schon, dass es beduetet, dass sie ihre Kinder zum Molech-Opferritual durchs Feuer gehen lassen.

 

Nun kann der Satz "die mit ihm dem Molech hinterherhuren" dennoch mMn nicht anders übersetzt werden als "dem Molech", dh der Gottheit; sonst macht "hinterherhuren" keinen Sinn, ebensowenig der bestimmte Artikel (hammolek). Also ist die wohl absichtliche Umdeutung von m-l-k schon im AT-Text vorhanden, und ich nenne sie Falschmünzerei, wie Nietzsche es gesagt hätte (oder "Tartüfferie" - aber wir sind ja nicht im "Garten der Wörter"-Thread). Ich denke, das ist ein Beispiel für das Herumdoktern, von dem ich sprach. Der Text bedeutet mal das eine, dann wird aber ein Satz oder Nebensatz hinzugefügt, der den Sinn völlig verändert oder verändern soll.

bearbeitet von Domingo
Etliche Fehler verbessert
Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Domingo:

Nun kann der Satz "die mit ihm dem Molech hinterherhuren" dennoch mMn nicht anders übersetzt werden als "dem Molech", dh der Gottheit; sonst macht "hinterherhuren" keinen Sinn, ebensowenig der bestimmte Artikel (hammolek). Also ist die wohl absichtliche Umdeutung von m-l-k schon im AT-Text vorhanden, und ich nenne sie Falschmünzerei, wie Nietzsche es gesagt hätte (oder "Tartüfferie" - aber wir sind ja nicht im "Garten der Wörter"-Thread). Ich denke, das ist ein Beispiel für das Herumdoktern, von dem ich sprach. Der Text bedeutet mal das eine, dann wird aber ein Satz oder Nebensatz hinzugefügt, der den Sinn völlig verändert oder verändern soll.

 

Aber du willst mir jetzt nicht sagen, dass "man" an solchen Spitzfindigkeiten absichtliche Umdeutungen im AT erkennen kann? Das ganze AT ist eine Umdeutung und es macht selbst überhaupt keinen Hehl daraus. Dass hier mitten in der Wüste von "den Fremden in Israel" und "JHWHs Heiligtum" die Rede ist, ist dir nicht aufgefallen? Das ist wie mit dem Königsgesetz. Die Israeliten irren gerade durch die Wüste, in einer frei erfundenen idealisierenden Geschichte - die nie geschehen ist - haben weder Könige, noch eigenes Land, und wegen Moloch schreien jetzt irgendwelche Youtuber "Fälschung"! Du sollst JHWH deine Kinder opfern. Die Jungs sind echt unterhaltsam.

 

Am meisten feiere ich diese Stelle:

Dr. Heath Dewrell sagt: "Zum Beispiel opfert Mescha, ein König von Moab in 2 Kön 3,26-27 seinen erstgeborenen Sohn auf der Mauer, um die Israeliten die sie angreifen, zu vertreiben." Dr. Dan McLellan: "Mit Erfolg" Dr. Kipp Davis: "Ja. -  ja." Dr. Heath Dewrell: "Es funktioniert. Es funktioniert." Dr. Dan McLellan: "Ja. Es funktioniert." 

Hä? Wie bitte? Hahaha! Das haben sie nicht gesagt! Hahahahahaa! Was? Das haben sie jetzt nicht gesagt! Hahahahahaha! Haben diese drei Wissenschaftler eben gesagt, dass das Menschenopfer funktioniert? Ich schmeiß mich wech! Hahahahahahahahahaaaa ... kliiinisch getestet ... Doppelblindstudieee ... Hilfe ... oohh, ich kann nicht mehr.

Der war gut. 
 

Die ganze Erzählung bis hier her ist eine Geschichtsfälschung, Adam, der Garten Eden, Noach, die Sintflut, Abraham, Isaak, Jakob, keiner der in den Stammbäumen aufgezählt wurde hat je existiert, Mose, der Auszug aus Ägypten, die Teilung des Meeres natürlich auch nicht. Das haben wir aber doch schon vorher gewusst, und nicht nur was das AT betrifft, sondern auch was das Enuma Elisch, den Atra-Chasis-Mythos usw. Und an dem Beispiel Moloch soll es jetzt wem wie Schuppen von den Augen fallen?  

 

bearbeitet von Weihrauch
Link zum Video an der Stelle eingefügt.
Geschrieben

Ja, natürlich habe ich mit meiner "Falschmünzerei"-Bemerkung übers Ziel hinausgeschossen. Da mag der Stil dieser Online-Gelehrten auf mich abgefärbt haben. Bei diesen Internet-Populärwissenschaftlern wird allzu oft sensationalisiert (ist das schon ein Wort im Deutschen?). Nimm den Titel des Videos: YHWH will, dass Du Deine Söhne opferst! Doch ist Kipp ein Atheist, so glaubt er nat. nicht, dass YHWH je irgendetwas angeordnet hat. Der Titel ist Clickbait.

 

Hinzu kommt, dass die ständige Auseinandersetzung mit Apologeten (statt mit anderen Fachgelehrten) vermutlich das Niveau der betriebenen Populärwissenschaft senkt. Aus diesen beiden Gründen leidet mMn oft die Strenge der Argumentation.

 

Aber das Interessante (für mich zumindest) an Stellen wie diesen ist, ist, wie sehr doch im Text, wie er uns erhalten ist, verschiedene Schichten kaum harmonisiert nebeinander liegen. Das habe ich gemeint mit "Herumdoktern."

Geschrieben

Wir reden ständig von der "Endredaktion." Ich habe das immer so verstanden, dass sie irgendwann nach dem Exil stattfand, aber nicht allzu viel später. Also sagen wir mal 400 v. Chr.? Wann fangen aber die uns erhaltenen Handschriften an? Die erste vollständige, der Codex Leningradensis, stammt aus umgefähr 1000 nach Christus. Wollen wir uns weismachen, dass dazwischen mit dem Text nichts passiert ist?

 

Also ist Deine Art, mit dem AT umzugehen, wahrscheinlich besser als meine für unsere Zwecke. Du hast das Ganze drauf, ich hingegen hab nicht so den Überblick, kann aber Einzelstellen haarklein analysieren. Nur hilft letzeres nicht unbedingt, wenn eine Einzelstelle irgendwann in den 1400 Jahren zwischen 400 vor - 1000 nach Chr. geändert wurde. Das Gesamtbild führt wohl zu den Ergebnissen, die Du beschreibst.

Geschrieben
vor 8 Stunden schrieb Weihrauch:

Am meisten feiere ich diese Stelle:

Dr. Heath Dewrell sagt: "Zum Beispiel opfert Mescha, ein König von Moab in 2 Kön 3,26-27 seinen erstgeborenen Sohn auf der Mauer, um die Israeliten die sie angreifen, zu vertreiben." Dr. Dan McLellan: "Mit Erfolg" Dr. Kipp Davis: "Ja. -  ja." Dr. Heath Dewrell: "Es funktioniert. Es funktioniert." Dr. Dan McLellan: "Ja. Es funktioniert." 

Hä? Wie bitte? Hahaha! Das haben sie nicht gesagt! Hahahahahaa! Was? Das haben sie jetzt nicht gesagt! Hahahahahaha! Haben diese drei Wissenschaftler eben gesagt, dass das Menschenopfer funktioniert? Ich schmeiß mich wech! Hahahahahahahahahaaaa ... kliiinisch getestet ... Doppelblindstudieee ... Hilfe ... oohh, ich kann nicht mehr.

Der war gut.

 

Na gut, aber wenn etwa Altorientalisten fragen, ob Gilgamesh und Enkidu ein Schwulenpärchen waren, meinen sie nicht, dass die beiden wirklich existiert haben. Wir Altertumswissenschaftler reden über fiktive Gestalten auf diese Weise, weil es sonst zu lang würde: "Sollen die zwei fiktiven Gestalten Gilgamesh und Enkidu nach der Absicht des Autors des Gilgameshepos als ein homosexuelles Paar angesehen werden?"

Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Bei diesen Internet-Populärwissenschaftlern wird allzu oft sensationalisiert (ist das schon ein Wort im Deutschen?). Nimm den Titel des Videos: YHWH will, dass Du Deine Söhne opferst! Doch ist Kipp ein Atheist, so glaubt er nat. nicht, dass YHWH je irgendetwas angeordnet hat. Der Titel ist Clickbait.

 

Sensationalisiert gefällt mir. Kipp (und die anderen beiden?) sind vermutlich nicht von Kindheit an Atheisten, und ihnen ist unterwegs eine Welt zerbrochen, nehme ich an, weiß es aber nicht. Aber ich mag sie trotzdem, genau so wie den Sigi Zimmer, oder den Thorsten Dietz von Worthaus. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ihre Weltanschauungen Glaube / Atheismus mit wissenschaftlichen Erkenntnissen verkaufen. Ich meine das deskriptiv. 

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Hinzu kommt, dass die ständige Auseinandersetzung mit Apologeten (statt mit anderen Fachgelehrten) vermutlich das Niveau der betriebenen Populärwissenschaft senkt. Aus diesen beiden Gründen leidet mMn oft die Strenge der Argumentation.

 

Naturgemäß ist Youtube so wenig wie mykath.de für wissenschaftliche Diskurse konzipiert, und wir plaudern hier auch nur miteinander. 

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Aber das Interessante (für mich zumindest) an Stellen wie diesen ist, ist, wie sehr doch im Text, wie er uns erhalten ist, verschiedene Schichten kaum harmonisiert nebeinander liegen. Das habe ich gemeint mit "Herumdoktern."

 

Ich verstehe schon was du meinst, und solche Sachen wie mit Molek finde ich auch interessant. Danke für die Erklärung übrigens. Aber solche Dinge reißen es zumindest bei mir nicht mehr raus, weil mein Glaube noch nie auf einem wortwörtlichen Bibelverständnis beruhte, wie bei solchen Christen aus dem Video. Inwieweit die verschiedenen Schichten einem unharmonisiert oder harmonisiert vorkommen, hängt meiner Meinung nach sehr davon ab, wie man interpretiert.

 

Für mich stellt dabei die logische Konsistenz ein sehr wichtiges Kriterium dar, weil ich die Autoren und Redakoren für nicht weniger logisch denken könnende Menschen halte, als mich selbst. Sie denken anders als ich, aber nicht unlogisch. Die Redaktion von Texten ist naturgemäß ein Herumdokern, aber unlogisch darf es dabei halt nicht werden, und ich denke das war ihnen auch bewusst. Darum: Wenn ich zwei Interpretationsmöglichkeiten zur Auswahl habe, meist sind es viel mehr, die ich in Betracht ziehe, entscheide ich mich für die logischste bzw. die logischere, weil das ist, was mich am tiefsten mit den Verfassern verbindet - nicht ihr oder mein Glaube, der spielt dabei für mich keine ausschlaggebende Rolle, sondern ich lese die Texte so, als ob es Gott nicht gäbe, weil ich an Gott glaube. Wissenschaftlich ist meine Interpretation deswegen keineswegs, dessen bin ich mir bewusst. Aber dieser Ansatz scheint mir sehr vernünftig zu sein, und trägt in meinen Augen natürlich nur, reiche Früchte.

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Wir reden ständig von der "Endredaktion." Ich habe das immer so verstanden, dass sie irgendwann nach dem Exil stattfand, aber nicht allzu viel später. Also sagen wir mal 400 v. Chr.?

 

Sehe ich auch so, vor der Hellenisierung würde ich noch anfügen. 

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Wann fangen aber die uns erhaltenen Handschriften an? Die erste vollständige, der Codex Leningradensis, stammt aus umgefähr 1000 nach Christus. Wollen wir uns weismachen, dass dazwischen mit dem Text nichts passiert ist?

 

Auf gar keinen Fall. Da ist Kipp Davis sehr gut darin, den Leuten klar zu machen das die Bibel nicht die Bibel ist. Als Qumranexperte kann er uns ein schönes Lied singen, dass es jede Menge Veränderungen im Lauf der Zeit gab. Auch die Septuaginta, die Peschita, Vetus Latina usw. bis hin zu unseren modernen Bibelübersetzungen machten und machen etwas mit dem Text

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Also ist Deine Art, mit dem AT umzugehen, wahrscheinlich besser als meine für unsere Zwecke.

Das würde ich so nicht sagen. Ich habe ja die hermeneutische Vorbemerkung gemacht, dass mich nur der hebräische Text, wie wir ihn uns im 4. Jahrhundert denken wegen seiner Wirkungsgeschichte interessiert und ich darum nur diesen verstehen will. Diese Fußnoten in deutschen Bibelausgaben, die auf andere alte Übersetzungen verweisen, haben mich immer genervt, weil sie nur das Rosinenpicken der Übersetzer beweisen und sonst nichts. Was deine Motivation, dein Approach und dein Ziel hier ist, ist mir noch nicht so ganz klar. 

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Du hast das Ganze drauf, ich hingegen hab nicht so den Überblick, kann aber Einzelstellen haarklein analysieren.

 

Ich hab gar nichts "drauf". Ich habe mit dem Klein-Klein irgendwelcher Perikopen angefangen, und weil ich nur wenig verstand irgendwann das ganze AT von vorne bis hinten gelesen, und mich mit größeren Bögen im AT beschäftigt, weil ich ohne diese das Klein-Klein nicht angemessen verstehen konnte, was dann wieder dazu geführt hat, dass ich mich doch wieder intensiver mit dem Klein-Klein beschäftigen musste, um so irgendwann den großen Bogen zu checken. Ohne über meinen Tellerrand zu blicken, außerbiblische Literatur, Kommentare, Auslegungen, theologische Fachliteratur verschiedener Konfessionen usw. ging es halt nicht, ich brauchte immer mehr Kontext, Kontext, Kontext um zu verstehen, was ich da in der Bibel las. 

 

vor 2 Stunden schrieb Domingo:

Nur hilft letzeres nicht unbedingt, wenn eine Einzelstelle irgendwann in den 1400 Jahren zwischen 400 vor - 1000 nach Chr. geändert wurde. Das Gesamtbild führt wohl zu den Ergebnissen, die Du beschreibst.

 

Ich weiß ja nicht, ob meine "Ergebnisse" richtig sind, und werde es nie wissen, es ist halt eine Meinung unter vielen über die Bibel. Mehr als meine Meinung mit meinen bescheidenen Mitteln logisch einigermaßen gut zu begründen kann ich nicht tun, und ich habe das nur für mich getan, nicht für andere, weil ich Kriterien brauche um zu der eigenen Überzeugung zu kommen, das Gelesene auch verstanden zu haben. 

 

vor 1 Stunde schrieb Domingo:

Na gut, aber wenn etwa Altorientalisten fragen, ob Gilgamesh und Enkidu ein Schwulenpärchen waren, meinen sie nicht, dass die beiden wirklich existiert haben. Wir Altertumswissenschaftler reden über fiktive Gestalten auf diese Weise, weil es sonst zu lang würde: "Sollen die zwei fiktiven Gestalten Gilgamesh und Enkidu nach der Absicht des Autors des Gilgameshepos als ein homosexuelles Paar angesehen werden?"

 

Genau so machen wir es hier ja auch. Dass es dann nicht wie die persönliche Meinung von uns sondern wie "die Wahrheit" bei manchen rüberkommt, soll nicht unser Problem sein. Faulheit siegt. Wir beide haben aber keine Agenda wie die Youtuber, reden hier nicht über das Buch Genesis, weil wir jemandes Glauben zerstören möchten, oder Klicks brauchen um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir haben keine evangelikalen Feinde, oder irgendwelche anderen Gegner, die wir als Stichwortgeber bei Stange halten müssen. Wir machen das just for fun. Aus Freude am Lesen und verstehen. Das ist der Unterschied.    

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben (bearbeitet)

Zu Molech hat Dr Sledge wieder ein Video. Meine obige Darstellung war zugegebenermaßen zugespitzt: Es gibt schon einige Hinweise auf einen Gott mt diesem Namen im antiken Nahen Osten (wenngleich recht dürftige, würde ich sagen), und das Video ist nat. viel besser recherchiert als mein Beitrag.

 

Nur ein problem habe ich mit einer seiner Aussagen (9:54): Baal erscheint durchaus mit dem bestimmten Artikel an ein paar Stellen, wie eben in Jeremiah 32:35. Seltsam für einen Eingennamen. Mir kam es so vor, als wollten die Schreiber fremde Götter herabsetzen, indem sie ihre Namen als Nichteigennamen behandelten, und ich stelle mir das fast wie mit einem süddeutschen Akzent vor ("Ja der Baal ist gonz schlehmm gelle?"). Ich bin albern, ich weiß.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 36 Minuten schrieb Domingo:

Zu Molech hat Dr Sledge wieder ein Video.

Ist Sledge observanter Jude (er wirkt auf mich orthodox um nicht zusagen chassidisch)? Wenn ja, fände ich Videos wie das über m-l-k noch beeindruckender, weil er keine Anstalten macht die Vergangenheit zu apologetisieren.

 

(Seinen Schlenker auf das Kreuzopfer finde ich unlogischer, aber das liegt am Kontext den er konstruiert.)

bearbeitet von Flo77
Geschrieben

Es gibt so viel Wissensstoff für relativ kleines Geld. Z.B. Die Religion in Geschichte und Gegenwart 3 für 33 €. Das gleiche Digital für 14 €. Ohne Clickbait, ganz ohne oder mit deutlich weniger Apologetik wie bei den Youtubern. Daraus:
 

Zitat

 

Moloch, von der LXX (2Kön 23, 10; Jer 32, 35) her übernommene Umschrift des hebr. molaek. Nach der üblichen Meinung ist molæk eine Entstellung des hier als Gottesepitheton gebrauchten mælæk oder malk »König« durch die Vokale von bosæt »Schande« (Aussprache: bosæt?), die den damit gemeinten Gott als Scheusal brandmarke. Den Mælaek selbst betrachten manche als einen (etwa im 8. Jh. v. Chr.) aus der Nachbarschaft in Israel eingedrungenen, andere als einen bereits bei den Kanaanäern heimischen Gott, dessen Kultus die Israeliten bei ihrer Landnahme übernommen und nach einigen Jh.en der Vernachlässigung später erneuert hätten. – Mælæk oder malk kommt als Gottesbezeichnung tatsächlich in manchen semitischen Religionen vor, aber davon, daß bes. oder gar ausschließlich einem Gott dieses Namens Kinderopfer zukämen, findet sich keine Spur. Vielmehr können solche Opfer verschiedenen Göttern dargebracht werden, wie denn Gen 22, 1-19; 2Kön 16, 3; 21, 6; Ez 20, 25 f.; Mi 6, 7 offenbar solche Opfer auch für Jahwe voraussetzen.

 

Nun findet sich in punischen Inschriften ein dem hebr. molæk entsprechendes molk als Bezeichnung einer bestimmten Opferart, und das macht es wahrscheinlich, daß molæk ebenfalls als Terminus für ein Opfer, nicht als Gottesbezeichnung zu verstehen und daß die entsprechende hebr. Wendung mit »als ein molæk darbringen«, nicht mit »dem Molæk darbringen« zu übersetzen ist. Nach 2Kön 23, 10; Jes 30, 33; Jer 7, 31-32; 19, 6.11.14 war das im Hinnom-Tale südlich von Jerusalem gelegene Tophet die Stätte dieses molæk-Kinderopfers. Auch die 2Kön 16, 3; 21, 6 erwähnten Kinderopfer des  Ahas und des  Manasse werden wohl dort dargebracht worden sein, und ebenso wird dem Erzähler von Gen 22, 1-19 und dem prophetischen Verfasser von Mi 6, 7 diese Stätte vor Augen gestanden haben. Wenn das molæk- Kinderopfer am Tophet erst für das 8., 7. und 6. Jh. v. Chr. bezeugt ist, so handelt es sich doch kaum um einen erst damals aufgekommenen Brauch, sondern wohl um die durch die politischen und wirtschaftlichen Nöte jener Zeiten veranlaßte Wiederaufnahme einer älteren, halb in Vergessenheit geratenen Sitte. Von den Phöniziern und den Karthagern steht es jedenfalls fest, daß sie in Notzeiten die lange vernachlässigten Kinderopfer wieder eingeführt haben. – Vgl. Menschenopfer, 2.

 

EB III, 3183 ff. – RE XIII, 269 ff. – J.-B. CHABOT, Les inscriptions néopuniques de Guelma (Calama) (JA XI/8, 1916, 483-520) – FR. WILKE, Kinderopfer u. kultische Preisgabe im »Heiligkeitsgesetz« (Festschr. 57. Vers. Deutscher Philol. in Salzburg 1929, 138-151) – ST. GSELL, Stèles votives découvertes près de N'Gaous (Algérie) par Jeanne et Prosper Alquier (CRAI 1931, 21-26) – J. CARCOPINO, Survi
[Moloch. Die Religion in Geschichte und Gegenwart, S. 22100
(vgl. RGG Bd. 4, S. 1089 ff.) (c) J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)
http://www.digitale-bibliothek.de/band12.htm ]

 

 

Auch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber für den Einstieg in ein Thema nicht zu verachten. Ist halt oldschool.

Geschrieben (bearbeitet)
Am 21.12.2024 um 00:59 schrieb Weihrauch:

Das betrifft nur die Juden [...]

 

Ok, jetzt endlich mal zu elohim usw.

 

Zitat

Ja, aber interessiert es dich nicht, warum in Gen 1 nur elohim steht und in Gen 2 und 3 meist jhwh elohim und selten elohim? Das muss doch inhaltliche Gründe haben.

 

Behauptest Du mal. Aber warum eigentlich? Die Theorie von Reconstructed Bible (fortan „RB“) erklärt es mMn in einer plausiblen Weise. Warum reicht die nicht aus?

 

Zitat

 

Mit dem Typen von [RB] [...] hab ich massive Probleme. Wenn ich mir seine Videos anschaue, geht es mir wie Studiosus, wenn er meine Beiträge liest.

 

 

Noch mehr: @Studiosus wird wohl keinen Unterschied zwischen Dir und ihm sehen. Ich „rufe“ ihn hier, weil ich es für unhöflich halte, uns sozusagen hinter seinem Rücken über ihn zu unterhalten, insbesondere wenn ich ihm etwas unterstelle.

 

Zitat

Seine Videos finde ich unerträglich. [...] Und woher weiß er, dass an den vielen Stellen die er anführt die Namen durch andere ersetzt wurden?

 

Ich wiederhole mich: „Wissen“ tun wir gar nichts. Es gibt nur bessere, wahrscheinlichere Hypothesen als andere. Und die seinige, von der hier die Rede ist, scheint mir persönlich recht gut und wahrscheinlich.

 

Zitat

Ist das für ihn Grund, sich so beleidigt und angegriffen zu fühlen. Ist ihm eine Welt zerbrochen oder warum ist er dermaßen auf dem Kriegspfad?

 

Genau die gleichen Fragen, die Studiosus sich wohl über Dich stellt... Warum denkst Du, dass RB sich beleidigt und angegriffen fühlt und auf dem Kriegspfad ist? Und das sind doch alles ad-hominems, die nichts damit zu tun haben, ob er recht hat oder nicht. Natürlich meine ich hierbei ad hominems im wahren Sinne des Wortes, nicht das, was die Moderation dieses Forums für solche hält.

 

Zitat

Na elohim ist doch eine Pluralform. [...] Vatergottheit und Muttergottheit also zwei Götter = Plural elohim

 

Nein, Dual, was wohl elohayim hieße (kommt aber mW nirgendwo vor). Und die Verben würden jedenfalls im Plural stehen; hingegen stehen sie im Singular, also gibt es nur eine Gottheit, die etwas erschafft. (Anreden tut sie dann die anderen Gottheiten, das steht aber auf einem anderen Blatt.)

 

elohim mag Plural sein, aber im Hebräischen können Plurale als Abstraktionen benutzt werden, so etwa 'avadim in Ex. 20:2 ("Sklaverei", wörtlich "Sklaven"), oder betulim ("Jungfräulichkeit," wörtl. "Jungfrauen") in der Jephtah-Story (ok, eigentlich steht da betulai, "meine Jungfräulichkeit, es ist aber dasselbe Phänomen). Also bedeutet elohim sowas wie "Gottheit", eine Abstraktion, und diese Abtsraktion wird wiederum auf ein bestimmtes einzelnes Wesen angewandt wie im Deutschen. Der Singular bei den Verben zeigt es, dass es sich hoerum handelt und nicht um den Plural von eloah.

 

Zu Ez. 20:26: Die meisten Übersetzungen sagen an der Stelle nicht „bei den Opfern“, sondern „durch die Opfer“ – eine Wiedergabe, die diese Wissenschaftler offenbar für die richtige halten. Dementsprechend ist es YHWH selbst, der diese Opfer dazu benutzt, die Israeliten zu bestrafen. Und davon geht offenbar auch Dr Sledge aus.

Ich würde das aber ruhen lassen, bis die zweite Hälfte des Videos der drei Gelehrten erschienen ist.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben

@Domingo

 

Danke für die Erwähnung. Ich muss aber gestehen, dass ich die letzten Seiten dieses Themas nicht mehr sehr aufmerksam verfolgt habe, sodass ich nicht wirklich weiß, mit wem ich (oder meine Reaktionen auf Beiträge oder meine Beiträge) genau verglichen werden. 

 

Ich vertraue einfach mal darauf, dass es schon nicht so schlimm sein wird und verabschiede mich hier wieder. 

Geschrieben

Auch wenn dieser Thread in weiten Strecken zu weit weg von allem ist, wo ich noch ansatzweise kompetent mitreden kann, und auch wenn ich daher einen Gutteil der letzten Beiträge nicht mehr gründlich gelesen habe, hat doch eine Nebendiskussion mich dazu angeregt, einen anderen Thread zu starten. Es geht hierbei darum, dass ja das klassische Judentum (wie auch später Christentum und Islam) fremden Gottheiten sehr ablehnend gegenüberstand, während dies beim Hinduismus - der in großen Teilen einem Monotheismus entspricht oder ähnelt - so nicht der Fall ist. Dies hat offenbar wiederum mit dem Verständnis der eignen Religion zu tun: Betrachtet man diese nur als einen möglichen Weg zur "göttlichen Wahrheit" (der auch neben anderen Wegen stehen kann) - oder selbst als einen ganz wesentlichen Teil der (von Gott offenbarten) Wahrheit?

 

https://www.mykath.de/topic/36316-westlicher-vs-östlicher-monotheismus/

Geschrieben (bearbeitet)
Am 2.1.2025 um 08:39 schrieb Domingo:
Zitat

Ja, aber interessiert es dich nicht, warum in Gen 1 nur elohim steht und in Gen 2 und 3 meist jhwh elohim und selten elohim? Das muss doch inhaltliche Gründe haben.

 

Behauptest Du mal. Aber warum eigentlich? Die Theorie von Reconstructed Bible (fortan „RB“) erklärt es mMn in einer plausiblen Weise. Warum reicht die nicht aus?

 

Ich behaupte es ja nicht nur, sondern begründe das auch, und zwar an Texten (Daten) die ich vorliegen habe. WAS erklärt RB denn in einer plausiblen Weise? Den Inhalt der uns vorliegenden Urgeschichte jedenfalls nicht. Und eine angeblich Rekonstruierte Bibel, die nie jemand gesehen hat, erklärt er mMn überhaupt nicht in einer plausiblen Weise. Sein Schluss ist im übrigen eine Binse - weil die Rekonstruierte Bibel Propaganda ist, ist die überlieferte Bibel "erwiesenermaßen" auch Propaganda. Dass die Bibel Propaganda ist, sieht ein Blinder mit dem Krückstock, dazu braucht niemand eine Rekonstruierte Bibel.

 

Außerdem ist das reine Rhetorik, "rekonstruiert" soll suggerieren, dass es tatsächlich einen Text gegeben habe, der so war, wie er meint ihn rekonstruiert zu haben. Vielleicht gab es einen solchen Text niemals, und falls doch, was spielt das für eine Rolle, um den Endtext, den wir in Händen halten zu verstehen? Soll jetzt die frühere Propaganda "wahrer" oder "eigentlicher" sein, als der Endtext? Ist das Enuma Elisch, Atra-Chasis- oder Gilgameschepos "wahrer" oder "eigentlicher" als der Text, der Weltgeschichte gemacht hat? Was ist an Propaganda "wahr" oder "eigentlich"?

 

Wozu soll die Erklärung von RB ausreichen? Die Etymologie eines Wortes erklärt man doch nicht, anhand von fiktiven Texten, sondern anhand von vorhandenen Texten, denke ich. Selbst wenn die Etymologie von elohim geklärt wäre, hindert es einen Autor in keiner Weise mit elohim nach seinem Ermessen zu hantieren. Die Autoren des AT waren doch keine Etymologen, die Sprachstudien betrieben, sondern Theologen, die ihre Theologie vermitteln wollten, und nicht irgendwelche Theologien vergangener Zeiten. Christen wollen nicht die Theologie des Judentums vermitteln, und die Juden des Frühjudentums wollten nicht irgendwelche kanaanäischen Theologien vermitteln. RB hat mit Theologie überhaupt nichts am Hut. Theologie ist ihm ein Dorn im Auge. 

 

Am 2.1.2025 um 08:39 schrieb Domingo:

Ich wiederhole mich: „Wissen“ tun wir gar nichts. Es gibt nur bessere, wahrscheinlichere Hypothesen als andere. Und die seinige, von der hier die Rede ist, scheint mir persönlich recht gut und wahrscheinlich.

 

Was daran scheint dir persönlich daran recht gut und wahrscheinlich zu sein. Mach es mal konkret an Aussagen von RB deutlich, was du meinst. 

 

Am 2.1.2025 um 08:39 schrieb Domingo:

Nein, Dual, was wohl elohayim hieße (kommt aber mW nirgendwo vor). Und die Verben würden jedenfalls im Plural stehen; hingegen stehen sie im Singular, also gibt es nur eine Gottheit, die etwas erschafft. (Anreden tut sie dann die anderen Gottheiten, das steht aber auf einem anderen Blatt.)

 

Es gibt aber im Text nicht "die eine Gottheit" die etwas erschafft, sondern zwei. Lasst uns Menschen machen ... Dieses "uns" kommt ja in der Urgeschichte nicht bloß einmal vor. Gen 2,4: Diese (elleh) sind die Nachkommen (toledot) des Himmels und des Landes - gemeint sind die vom Himmel und dem Land (eden) erschaffenen Menschen. Himmel und Land sind zwei Elternteile - Vater und Mutter wollen Nachkommen erschaffen: Lasst uns Menschen machen ... Wen interessieren da noch Verbformen um zu verstehen, was damit ausgesagt werden soll?

 

Die folgende Erzählung handelt doch davon, dass der Himmel (JHWH) den Menschen zeugt (yalad), seinen Samen mit dem Menschen in einen "Garten" in Eden "pflanzt" und das Land später (nach neun Monaten) den Menschen gebiert (yalad). Die Geburt eines Menschen wird doch haargenau beschrieben: das Teilen des Stromes, welcher das Land bewässert (= Nabelschnur), die Brüste, welche das Neugeborene (das Land) daraufhin stillen, die Entwöhnung von der Mutterbrust.

 

Das sind theologische Aussagen, welche eben die VerBundenheit der Juden mit ihrem Gott JHWH und dem Land Israel zum Ausdruck bringen sollen. JHWH (Himmel), Israel (Land) und Volk der Juden bilden eine untrennbare theologische Einheit. Schöner und eindringlicher als in diesem gottebenbildlichen Fruchtbarkeitsmythos kann man das gar nicht in Worte und Bilder fassen.

 

So ergibt der Plural von elohim in dieser Erzählung der Urgeschichte einen Sinn. Solche Mythen sind doch keine Berichte von historischen Ereignissen - so wenig wie der Auszug aus Ägypten oder die Landnahme. Wie können die Autoren, die Abraham, Isaak, Jakob und Mose erfunden haben, diese als historische Personen verstanden haben? Das ist völlig absurd, anzunehmen, dass Literaten daran glauben, dass ihre Figuren tatsächlich gelebt haben. Für wie bescheuert will man die Autoren hinstellen - und vor allem - warum?   

 

 

 

 

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben (bearbeitet)
Am 8.1.2025 um 05:04 schrieb Weihrauch:

Ich behaupte es ja nicht nur, sondern begründe das auch, und zwar an Texten (Daten) die ich vorliegen habe.

 

Mir scheint diese Begründung entgangen zu sein, aber vermutlich reden wir heir einfach (wieder) aneinander vorbei.

 

Am 8.1.2025 um 05:04 schrieb Weihrauch:

WAS erklärt RB denn in einer plausiblen Weise?

 

Warum in sovielen Passagen 'elohim ganz allein, dh ohne Bezug zu einer erkennbaren individuellen Gottheit steht, obwohl es sich auf eine handelnde Figur bezieht. YHWH 'elohim ist kein solcher Fall, weil da der Name des Gottes genannt wird und der gesamte Ausdruck "der Gott YHWH" bedeutet. In anderen Fällen geht es um keine individuelle Gottheit, die eine handelde Gestalt in der Story darstellt, zB bei aron 'elohim, "die Arche Gottes," wie es immer übersetzt wird, meiner Ansicht nach aber eher "die Arche der Götter/der Gottheit, die göttliche Arche" oder sowas in der Art.

 

Aber warum etwa in Genesis 1 einfach "die Gottheit" schreiben, ohne sie beim Namen zu nennen? Wohl, weil die jahwistische Redaktion einerseits keinen anderen Gott beim Namen genannt haben wollte, sich aber andererseits scheute, einfach YHWH hinzuschreiben. Und wenn man annimmt, dass die Vorlage dort den Namen eines andren Gottes als YHWH stehen hatte, wird dieses Szenario mMn durchaus plausibel.

 

Es ist ja auch anderweitig klar, dass in der Bibel - besonders in der Torah - verschiedene Erzählstränge zusammengewoben wurden. Und entgegen einem verbreiteten Irrtum glaubt man das heute nicht, weil moderne Gelehrte die Passagen mit YHWH und die mit 'elohim voneinander getrennt hätten und zu ganz verschiedenen Erzählsträngen erklärt hätten, sondern sie haben die Stränge erst narratologisch isoliert und erst dann bemerkt, dass in dem einen meistens YHWH stand und im anderen 'elohim. Daher ist es klar, dass ursprünglich in den einen Quellen/Vorlagen der Name YHWH vorkam und in den anderen nicht.

 

So weit, so gut. RB fügt dieser Erkenntnis, die unter Bibelforschern gar nicht neu ist, eine neue Hypothese: in den nichtyahwistischen Strängen stand irgendwann mal nicht 'elohim, sondern viell. Baal, viell. Ishtar, viell. wer auch immer. Spätestens die Endredaktion - bei der wir usn wohl einig sind, dass sie durch und durch jahwistisch war - hat diese Namen durch das generische 'elohim ersetzt. Das scheint mir sehr plausibel, denn sonst gibt es mE keine Erklärung dafür, warum ein generischer Name dasteht.

 

Am 8.1.2025 um 05:04 schrieb Weihrauch:

Den Inhalt der uns vorliegenden Urgeschichte jedenfalls nicht. Und eine angeblich Rekonstruierte Bibel, die nie jemand gesehen hat, erklärt er mMn überhaupt nicht in einer plausiblen Weise. Sein Schluss ist im übrigen eine Binse - weil die Rekonstruierte Bibel Propaganda ist, ist die überlieferte Bibel "erwiesenermaßen" auch Propaganda. Dass die Bibel Propaganda ist, sieht ein Blinder mit dem Krückstock, dazu braucht niemand eine Rekonstruierte Bibel.

 

Ok, Punkt an Dich in dem Sinne, dass es sich hierbei wohl wieder um eine Art Clickbait handelt: Der Typ hat sich den Nicknamen "reconstructed Bible" gegeben, weil er so griffig klingt, dabei geht es aber nicht um eine Rekonstruktion irgendeiner "Bibel", sondern wieder um eine Art von Quellenkritik wie der klassichen Urkundenhypothese, die ja keine Bibel "rekonstruiert," sondern herauszufinde versucht, wie die eignetlichen Bibel zustande kam. 

 

Am 8.1.2025 um 05:04 schrieb Weihrauch:

Es gibt aber im Text nicht "die eine Gottheit" die etwas erschafft, sondern zwei.[...]

 

Hierzu bin ich jetzt zu müde. Das nehmen wir später wieder auf.

bearbeitet von Domingo

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