Marcellinus Geschrieben 26. Februar Melden Geschrieben 26. Februar vor 40 Minuten schrieb Domingo: Dass durch die gr. und indische Philosophie ganz neue Denkweisen in die eigenen und umgehenden Kulturen kamen, scheint mir unbestreitbar zu sein. Über die Details kann man sich streiten, vor allem darüber, inwieweit der Begriff auch außerhalb dieser beiden Kulturkreise anwendbar ist. Das ist der Punkt! Es muß darum gehen, wann welche Veränderungen stattfanden und was die Bedingungen dafür waren. Der Begriff „Achsenzeit“ verdeckt das nur und begräbt es unter einem Haufen fantastischem, nicht durch Tatsachenbeobachtungen belegbarem Krempel - eben Philosophie! Zitieren
Domingo Geschrieben 27. Februar Autor Melden Geschrieben 27. Februar Am 26.2.2025 um 02:23 schrieb Flo77: Gesetzt den Fall Du meinst mit Torah die heute verwendete Sammlung judäischer und israelitischer Mythen und anderer Texte: Ist das nicht relativ einfach zu erklären? Wenn ich mir so ansehe, was es alles an Interpretationen gibt, erweckt das bei mir kaum den Eindruck, dass es so einfach ist. Zitieren
Domingo Geschrieben 27. Februar Autor Melden Geschrieben 27. Februar @Weihrauch : Danke, Deine Erklärung hilft weiter. Am 26.2.2025 um 07:55 schrieb Marcellinus: Das ist der Punkt! Es muß darum gehen, wann welche Veränderungen stattfanden und was die Bedingungen dafür waren. Der Begriff „Achsenzeit“ verdeckt das nur und begräbt es unter einem Haufen fantastischem, nicht durch Tatsachenbeobachtungen belegbarem Krempel - eben Philosophie! Ich werde ihn aber weiterhin benuzten, weil er so griffig ist. Bitte ihn unter den Vorbehalten lesen, die hier zur Sprache gekommen sind. Zitieren
Marcellinus Geschrieben 28. Februar Melden Geschrieben 28. Februar vor 9 Stunden schrieb Domingo: Ich werde ihn aber weiterhin benuzten, weil er so griffig ist. Bitte ihn unter den Vorbehalten lesen, die hier zur Sprache gekommen sind. Kein Problem! Ich hab in diesem Thread eh nix zu suchen. Zitieren
Domingo Geschrieben 8. März Autor Melden Geschrieben 8. März Video zu der Jüdischen Bibel. Prof. Wright sagt interessanterweise, dass die Bibeltexte von einer kleinen Elite verfasst wurden, deren Mitglieder im Grunde füreinander schrieben und gewiss nicht für die Massen. Dass wir heute ein anderes Bild davon haben, kommt daher, dass diese Texte (viel) später durchaus zu einer Sammlung namens "Bibel" zusammengestellt wurden, die zur heiligen Schrift von zwei Weltreligionen wurde. Das besttigt mich in meiner Ansicht, dass wir realistischerweise darauf zielen sollten, herauszufinden, wie das ursprüngliche Publikum einen Text am wahrscheinlichsten verstanden hat, und nicht versuchen sollten, den Autor zu psychanalysieren und ihn "besser zu verstehen, als er sich selbst verstanden hat." Mit anderen Worten: Schon im Allgemeinen, aber insebsondere in diesem Fall, bringt es nichts, zwischen der Autorenabsicht und der Rezeption durch das ursprüngliche Publikum zu unterscheiden. 1 Zitieren
Weihrauch Geschrieben 8. März Melden Geschrieben 8. März (bearbeitet) vor 13 Stunden schrieb Domingo: Video zu der Jüdischen Bibel. Prof. Wright sagt interessanterweise, dass die Bibeltexte von einer kleinen Elite verfasst wurden, deren Mitglieder im Grunde füreinander schrieben und gewiss nicht für die Massen. Du hast uns bisher viele wunderbare Youtube-Videos verlinkt, die zeigen wollten, dass das AT Propaganda ist, geschrieben von einer elitären Minderheit um die Massen zu manipulieren. Nun eines, welches genau das Gegenteil postuliert. Da müsste man sich mal für das eine oder andere entscheiden. Prof. Wright sagt einleitend auf die Frage, was wir über diese, das AT schreibenden Eliten wissen: "Nichts", und da frage ich mich dann, woher er wissen will, dass sie nur für sich selbst geschrieben haben. Am Ende fast jeden Digital Hammurabi Videos hören wir die folgenden mahnenden Worte: "Resist poor scolarship. Allways ask: How do You know that?" In diesem Sinne: Auf welcher Datengrundlage "weiß" er das? vor 13 Stunden schrieb Domingo: Das besttigt mich in meiner Ansicht, dass wir realistischerweise darauf zielen sollten, herauszufinden, wie das ursprüngliche Publikum einen Text am wahrscheinlichsten verstanden hat, und nicht versuchen sollten, den Autor zu psychanalysieren und ihn "besser zu verstehen, als er sich selbst verstanden hat." Dass "diese Eliten füreinander geschrieben haben" sollen, ist eine solche Aussage, die diese Eliten, über die er ja angeblich nichts weiß psychoanalysiert, und er gibt damit vor, sie "besser zu verstehen", als sie sich selbst verstanden haben. Aber er erklärt nicht mal ansatzweise, warum sie bloß füreinander und nicht für die Massen geschrieben haben sollten. Welchen Sinn ergibt das, wenn eine Elite bloß füreinander schreibt, dass jeder andere im Volk (also die breite Masse) den 10ten an die Priesterschaft (eben diese schreibende Elite) abführen soll, die breite Masse davon aber nichts weiß, und daher die Priesterschaft auch kein Einkommen "erwirtschaftet"? vor 13 Stunden schrieb Domingo: Mit anderen Worten: Schon im Allgemeinen, aber insebsondere in diesem Fall, bringt es nichts, zwischen der Autorenabsicht und der Rezeption durch das ursprüngliche Publikum zu unterscheiden. Wie auch, wenn man über das ursprüngliche Publikum noch weniger als nichts weiß, da es vom "ursprünglichen" Publikum überhaupt keine verschriftlichten Daten gibt. Von den Autoren haben wir wenigstens die von ihnen verfassten Texte - die sind das einzig Ursprüngliche, das uns vorliegt. Was mir in dem Video gefehlt hat, war außerdem, dass nicht auch über die historisch greifbare Geschichte des Judentums (assyrischen und babylonischen Kriege - Prof. Wrights Spezialgebiet, und die Exilszeit) gesprochen wurde, sondern nur über die fragwürdigen Teile der Geschichte (Joshua, Samuel, David). bearbeitet 8. März von Weihrauch Zitieren
Domingo Geschrieben 30. März Autor Melden Geschrieben 30. März Tagchen, long time no see 🙄 Am 8.3.2025 um 06:36 schrieb Weihrauch: Du hast uns bisher viele wunderbare Youtube-Videos verlinkt, die zeigen wollten, dass das AT Propaganda ist, geschrieben von einer elitären Minderheit um die Massen zu manipulieren. Nun eines, welches genau das Gegenteil postuliert. Da müsste man sich mal für das eine oder andere entscheiden. Ich nehme eine Spur von Sarkasmus wahr. Du beziehst Dich anscheinend auf die Videos von Reconstructed Bible, der ja immer wieder sagt, die Bibel sei Propaganda (aber nicht, oder nicht so oft, von wem genau und um wen hinters Licht zu führen). Zitat Nun eines, welches genau das Gegenteil postuliert. Da müsste man sich mal für das eine oder andere entscheiden. Oder auch nicht. Man kann beide Hypothesen nebeinander stehen lassen. Oder man kann sie kombinieren: Die Propaganda wäre dann von den Eliten an andere Eliten geschrieben, quasi als Manifesto, das ihre Versionen der Geschichte(n) festlegte. Am 8.3.2025 um 06:36 schrieb Weihrauch: Prof. Wright sagt einleitend auf die Frage, was wir über diese, das AT schreibenden Eliten wissen: "Nichts", und da frage ich mich dann, woher er wissen will, dass sie nur für sich selbst geschrieben haben. Am Ende fast jeden Digital Hammurabi Videos hören wir die folgenden mahnenden Worte: "Resist poor scolarship. Allways ask: How do You know that?" In diesem Sinne: Auf welcher Datengrundlage "weiß" er das? Das ist eine berechtige Kritik. Ich weiß nicht, warum die neuesten Interviews auf DH so kurz geraten sind. Da wird ein viel zu großer Teil der Argumentation unterschlagen. Am 8.3.2025 um 06:36 schrieb Weihrauch: Dass "diese Eliten füreinander geschrieben haben" sollen, ist eine solche Aussage, die diese Eliten, über die er ja angeblich nichts weiß psychoanalysiert, und er gibt damit vor, sie "besser zu verstehen", als sie sich selbst verstanden haben. Die gefettete Aussage ergibt für mich keinen Sinn. Woher man wissen könnte, für wen diese Eliten geschrieben haben, scheint mir jedenfalls auf der Hand zu liegen: Nur sehr Wenige konnten lesen und schreiben; später gab es zwar Synagogen, wo die Schriften den Anwesenden laut vorgelesen wurden, anscheinend gab es sie aber zur vermutlichen Zeit der Abfassung der Torah noch nicht? Woher man letzteres weiß, hätte ich durchaus auch gerne erfahren. Am 8.3.2025 um 06:36 schrieb Weihrauch: Aber er erklärt nicht mal ansatzweise, warum sie bloß füreinander und nicht für die Massen geschrieben haben sollten. Welchen Sinn ergibt das, wenn eine Elite bloß füreinander schreibt, dass jeder andere im Volk (also die breite Masse) den 10ten an die Priesterschaft (eben diese schreibende Elite) abführen soll, die breite Masse davon aber nichts weiß, und daher die Priesterschaft auch kein Einkommen "erwirtschaftet"? Also ergibt es für Dich keinen Sinn, dass die Priester untereinander über das ideale Israel phantasierten? Den Zehnten hätte wohl sowieso der König oder ein anderer Machthaber dem Volkauferlegen müssen, und die Machthaber waren wohl unter dem Publikum - entweder konnten sie selbst lesen, oder ein Priester hätte ihnen die texte vorgelesen. Zitieren
Domingo Geschrieben 30. März Autor Melden Geschrieben 30. März Am 21.1.2025 um 06:59 schrieb Weihrauch: Was ist das Maß, an dem man einen Text messen können muss, was sind die Merkmale, Eigenschaften und Kennzeichen einer Allegorie? 1. Es wird etwas Anderes gesagt. Es geht also um die Verfasser- nicht die Leserintention 2. Man soll dieses Andere zu dem Gehörten "hinzu sehen". Dieses Andere sind Bilder, nicht die Töne des Gehörten 3. Die Bilder bedeuten etwas Anderes, als das Gehörte 4. Ist eine Form der bildlichen Rede 5. Hat einen tieferen Sinn als den buchstäblichen oder unmittelbaren 6. Es gibt bestimmte Signale, die darauf hinweisen, dass anderes als das Gesagte gemeint ist 7. Ist eine sprachliche Form, die (auch) etwas anderes aussagt (ἀλληγορεῖν), als sie unmittelbar darstellt. 8. Wenn man will kann man jeden Text als Allegorie lesen, egal ob der Text das indiziert oder nicht. 9. Was eine Allegorie ist, weiß das Lehramt am besten. 10. In der Regel wird die Frage nach der Allegorie vom Kontext bestimmt. 11. Der Kontext entscheidet, ob man einen Text allegorisch überdeutet oder nicht. 12. Es gibt bestimmte Genres, die anhand der Stilistik oder bestimmter Formeln, die Allegorie von vorne herein implizieren. 13. Das Auftreten von Göttern oder bestimmter "mythischer" Gestalten" können eine Allegorie von vorne herein implizieren 14. Eine Allegorie ist etwas anderem ähnlich, oder verhält sich zu etwas anderem analog 15. Eine Allegorie wirft durch Widersprüchlichkeiten, Probleme und berechtigte Fragen auf 16. Diese Widersprüchlichkteiten sind nicht Feind, sondern Freund des Lesers, eine Hilfe um dem eigentlich Gemeinten auf die Schliche zu kommen. 17. 18. usw. 17. Allegorie wird ja als erweiterte Metapher definiert. Also besteht sie aus einer Reihe von Metaphern, die zusammen eine kohärente Geschichte bilden. Kann man plausibel machen, dass Wort X durchweg eigentlich für Y steht? Das sollte nicht allzu schwer nachzuweisen sein: Wort X kommt, sagen wir mal, dreimal vor. Wenn Y an allen drei Stellen Sinn ergibt und sich zwangslos in die allegorische Erzählung einfügt, dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Allegorie. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 30. März Melden Geschrieben 30. März vor 11 Stunden schrieb Domingo: Ich nehme eine Spur von Sarkasmus wahr. Ich wüsste nicht, was ich gegen Propaganda einwenden wollte: Zitat Propaganda (von lateinisch propagare‚ „weiter ausbreiten“, „ausbreiten“, „verbreiten“) bezeichnet in ihrer modernen Bedeutung[1] zielgerichtete Versuche, politische, religiöse oder weltanschauliche Meinungen oder öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und das Verhalten in eine vom Propagandisten oder Herrscher erwünschte Richtung zu steuern. Das trifft doch alles genau so auf das AT zu. Der Begriff Propaganda hat heute eine negativ wertende Konnotation, aber inhaltlich unterscheidet es sich dem Wesen nach nicht von Erziehung bzw. Bildung, die eine positiv wertende Konnotation haben. Das Eine wie das Andere wird von Oben nach Unten vermittelt. Eltern, Lehrer, Fachleute, Professoren, Älteste, Kleriker, Politiker, Könige und Götter stehen in der Hierarchie über anderen, sei es durch ihr Wissen ihre Qualifikation oder ihre Macht. Zitat Elite (ursprünglich von lateinisch eligere ‚auslesen‘) bezeichnet soziologisch eine Gruppierung (tatsächlich oder mutmaßlich) überdurchschnittlich qualifizierter Personen (Leistungseliten, Funktionseliten) oder die herrschenden bzw. einflussreichen Kreise (Machteliten, ökonomische, juristische Eliten[1]) einer Gesellschaft. Es kommt darauf an, ob "die Eliten" etwas Gutes oder Schlechtes für die Gemeinschaft bewirken wollen. Jemand der Religionen an sich schlecht findet wird den Begriff Propaganda, jemand der Religionen gut findet Begriffe wie Lehre, Erziehung oder Bildung verwenden. Was am Ende jeweils dabei herauskommen wird, steht auf einem anderen Blatt, da es sich zunächst lediglich um Meinungen bzw. Sichtweisen handelt. Diese können sich in der Zukunft als falsch oder richtig erweisen - trial and error: "Gut gemeint, schlecht gemacht" vs. "Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft", oder so ähnlich - selten ist etwas schwarz oder weiß, alles hat seine Vor- und Nachteile . Ziel des AT war und ist, eine Gemein-Schaft zu formen, den Juden eine politische und religiöse Identität zu geben. Ich muss das nicht bewerten, nur weil ich eine andere Identität habe - jeder macht sich mit anderen gemein, weil es nicht gut ist, wenn der Mensch allein ist. vor 12 Stunden schrieb Domingo: Du beziehst Dich anscheinend auf die Videos von Reconstructed Bible, der ja immer wieder sagt, die Bibel sei Propaganda (aber nicht, oder nicht so oft, von wem genau und um wen hinters Licht zu führen). Nicht nur auf ihn, der wohl der Meinung ist, dass es immer nur darum geht, das irgendwer irgendwen hinters Licht führt. Sondern ebenso auf diese anderen ex-evangelikalen Youtuber die andere aus fundamentalistischen Sichtweisen ins Licht führen wollen, und dabei eine große Hilfe sind, die Texte der Bibel angemessener zu verstehen. Dass sie aufgrund ihrer persönlichen Entwicklung nicht mehr gläubig sind, ändert ja an den theologischen Inhalten der altorientalischen Schriften nichts. Manchmal schießen sie verständlicherweise ein wenig übers wissenschaftliche Ziel hinaus, aber das gehört vermutlich zu ihrer Trauerarbeit, denn seinen Glauben gänzlich zu verlieren, ist ein schmerzlicher Prozess - vielleicht so ein Fall von "gut gemeint, aber nicht optimal gemacht" oder "auf der anderen Seite vom Pferd fallen". "Resist poor scolarship. Allways ask: How do You know that?" vs. "Resist poor scolarship. Allways ask: How do You believe that?" Wissen und Glaube sind womöglich nicht alternativlos sondern beides notwendige Aspekte die sich im Menschen ergänzen. Zitieren
Domingo Geschrieben 1. April Autor Melden Geschrieben 1. April Ok, das können wir wohl so stehen lassen. Hast Du aber ein Beispiel parat, das sich auf das bezieht, was ich oben schrieb: Zitat Kann man plausibel machen, dass Wort X durchweg eigentlich für Y steht? Das sollte nicht allzu schwer nachzuweisen sein: Wort X kommt, sagen wir mal, dreimal vor. Wenn Y an allen drei Stellen Sinn ergibt und sich zwangslos in die allegorische Erzählung einfügt, dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Allegorie. ? Das würde mMn helfen, usere Diskussion voranzubringen. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 2. April Melden Geschrieben 2. April Am 30.3.2025 um 06:48 schrieb Domingo: 17. Allegorie wird ja als erweiterte Metapher definiert. Also besteht sie aus einer Reihe von Metaphern, die zusammen eine kohärente Geschichte bilden. Kann man plausibel machen, dass Wort X durchweg eigentlich für Y steht? Das sollte nicht allzu schwer nachzuweisen sein: Wort X kommt, sagen wir mal, dreimal vor. Wenn Y an allen drei Stellen Sinn ergibt und sich zwangslos in die allegorische Erzählung einfügt, dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Allegorie. So einfach ist es leider nicht, weil "erweiterte Metapher" auch bedeuten kann, dass eine Allegorie aus mehreren aneinander gereihter Metaphern besteht, und da kann dasselbe Wort in einer Metapher für X und in einer anderen für Y stehen. Zitat Erwin Fahlbusch u.a. (Hg.): Evangelisches Kirchenlexikon. Internationale theologische Enzyklopädie. Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht 1985-97, 3. Auflage. Literarisch ist die Allegorie eine Erzählung, in der hinter dem wörtlichen ein davon ablösbarer zweiter Bedeutungszusammenhang sichtbar ist. Zur Interpretation entschlüsselt man ihre Einzelzüge, die den Charakter von ⇒ Metaphern haben, und rekonstruiert deren Zusammenhang auf der mitgemeinten zweiten Bedeutungsebene. Zitat Galling, Kurt (Hg.): Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1956-1965. In der antiken Rhetorik gehört die Allegorie zu den Redefiguren oder Tropen und bezeichnet als solche eine Reihe von Metaphern, die ihrerseits die wichtigste Figur der Rhetorik sind. Außerdem gibt es in der Urgeschichte mehrere Allegorien die aufeinander folgen. Im Fruchtbarkeitsmythos (Gen 2,4-4,1) wird die menschliche Sexualität zur "himmlischen Hochzeit" allegorisiert, aus welcher der Mensch hervorgeht. Darin steht der Staub vom Erdboden an beiden Stellen für Land / Acker / Eden. Zitat aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Erdbodens. Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden Aufsteigende Feuchtigkeit + Staub = zeugendes Sperma des Himmels / JHWH, welches das Land / Eden befruchtet. Zitat "Staub bist du / und zum Staub kehrst du zurück." Rückkehr zur chtonischen Muttergottheit Land / Eden, die den Menschen geboren hat. Auf der initialen Ebene das Grab. So ist der Mensch Nachkomme (toledot) des Himmels und des Landes. Hier ist also X immer Y. Die Sintfluterzählung (Gen 4,2-9,17) ist eine Allegorie, welche das Trauma des Exils beschreibt. Darin stehen die Tiere für Menschen, reine für die Leviten / Priesterschaft, unreine Tiere für die Aristokatrie / sonstige Eliten. Innerhalb dieser Allegorie ist also auch X immer Y. Aber beim Wasser ist es etwas anders. Die Wasser von Oben / Regen und die Wasser von Unten / aus der Tiefe (tehom) stehen für Fremdvölker (insofern ist X immer Y) aber für unterschiedliche Fremdvölker, also sowohl für die Assyrer, welche das Nordreich als auch für die Babylonier, welche das Südreich "überfluten". Hier ist also X nicht immer Y. Das gleiche gilt für "das Land" X ist sowohl Israel als auch Juda. Versteht man die ganze Urgeschichte als eine allegorische Erzählung, welche die Geschichte des Judentums erzählt, sind die auch die Tiere nicht immer Tiere, X nicht immer Y - Sinn ergibt das Ganze aber trotzdem. Zitieren
Domingo Geschrieben 2. April Autor Melden Geschrieben 2. April vor 11 Stunden schrieb Weihrauch: So einfach ist es leider nicht, weil "erweiterte Metapher" auch bedeuten kann, dass eine Allegorie aus mehreren aneinander gereihter Metaphern besteht, und da kann dasselbe Wort in einer Metapher für X und in einer anderen für Y stehen. So weit, so schlecht. Denn dann finde ich es schwierig, der Beliebigkeit zu entkommen. Es geht ja nicht bloß darum, eine Interpretation zu finden, die "Sinn macht" (das tun nämlich viele Interpretationen, auch solche, die einander widersprechen), sondern eine, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das ursprünglich Gemeinte erfasst - mit anderen Worten, eine, die höchstwahrschinlich nicht bloß Hirngespinst ist. Konsequente Entprechungen zwischen der wörtlichen und der allegorischen Ebene wären wohl unwahrscheinlich, wenn sie nicht absichtlich wären, daher wäre die Interpretation dann wahrscheinlich kein Hirngespinst. vor 11 Stunden schrieb Weihrauch: Außerdem gibt es in der Urgeschichte mehrere Allegorien die aufeinander folgen. Im Fruchtbarkeitsmythos (Gen 2,4-4,1) wird die menschliche Sexualität zur "himmlischen Hochzeit" allegorisiert, aus welcher der Mensch hervorgeht. Darin steht der Staub vom Erdboden an beiden Stellen für Land / Acker / Eden. Gut. vor 11 Stunden schrieb Weihrauch: Aufsteigende Feuchtigkeit + Staub = zeugendes Sperma des Himmels / JHWH, welches das Land / Eden befruchtet. Rückkehr zur chtonischen Muttergottheit Land / Eden, die den Menschen geboren hat. Auf der initialen Ebene das Grab. So ist der Mensch Nachkomme (toledot) des Himmels und des Landes. Hier ist also X immer Y. Gut! vor 11 Stunden schrieb Weihrauch: Aber beim Wasser ist es etwas anders. Die Wasser von Oben / Regen und die Wasser von Unten / aus der Tiefe (tehom) stehen für Fremdvölker (insofern ist X immer Y) aber für unterschiedliche Fremdvölker, also sowohl für die Assyrer, welche das Nordreich als auch für die Babylonier, welche das Südreich "überfluten". Hier ist also X nicht immer Y. Das gleiche gilt für "das Land" X ist sowohl Israel als auch Juda. Nicht so schlecht. Wir brauchen wiederum nicht allzu pedantisch sein. Wenn "Wasser" immer für "Fremdvolk" steht und "Land" für jüdisches Land, egal welches Königreichs, ist mein Kriterium mE erfüllt. vor 11 Stunden schrieb Weihrauch: Versteht man die ganze Urgeschichte als eine allegorische Erzählung, welche die Geschichte des Judentums erzählt, sind die auch die Tiere nicht immer Tiere, X nicht immer Y - Sinn ergibt das Ganze aber trotzdem. Siehe oben. Doch mir scheint, wir sehen gerade Land. Nicht jedes X steht für ein Y, viele Xs stehen nicht immer für Y1, sodern manchmal für Y2, das ist aber viel besser als reine Beliebigkeit bei den Entpsrechungen. Also steigt mMn die Wahrshcienlichkeit, dass hinter dem allem Absicht steht. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 3. April Melden Geschrieben 3. April vor 4 Stunden schrieb Domingo: So weit, so schlecht. Denn dann finde ich es schwierig, der Beliebigkeit zu entkommen. Es geht ja nicht bloß darum, eine Interpretation zu finden, die "Sinn macht" (das tun nämlich viele Interpretationen, auch solche, die einander widersprechen), sondern eine, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das ursprünglich Gemeinte erfasst - mit anderen Worten, eine, die höchstwahrschinlich nicht bloß Hirngespinst ist. Haha, Der war gut! Denn es geht nicht darum, "was Sinn macht", sondern darum, was einen Sinn ergibt. Die Sündenfallinterpretation macht Sinn, sie ergibt aber keinen Sinn, weil sie sich nicht aus dem Text ergibt. Es gibt Kriterien an denen man Beliebigkeit messen kann, und es gibt Kriterien an denen man das ursprünglich Gemeinte messen kann. Einen Sinn ergibt eine Interpretation nur dann, wenn alle Elemente des Textes inhaltlich ein von der Logik her in sich stimmiges Ganzes ergeben, welches keine Fragen mehr offen lässt. Alle dramaturgischen Spannungen im Text, die durch scheinbar widersprüchliche Inhalte erzeugt wurden, müssen sowohl im Text, als auch in seiner Interpretation logisch nachvollziehbar aufgelöst werden - anderenfalls ergibt die Interpretation keinen Sinn. Denn ein Sinn, der logisch nicht konsistent ist, ist Unsinn. Darum gibt es ja so viele unterschiedliche Interpretationen der Urgeschichte. Weil jemandem alle vorigen Interpretationen nicht liebens-würdig genug erscheinen, schreibt er eine neue Interpretation die ihm beliebt. Wer einen Text nur teilweise lieben kann, liebt ihn gar nicht. Der Text kann sich nicht ändern, sich nicht dem Leser anpassen, um geliebt zu werden. Er ist, wie er ist, mit allen Ecken und Kanten - und darauf muss sich eine Interpretation beziehen. Man muss den Text mit seinen Ecken und Kanten lieben, darf die Ecken und Kanten nicht ignorieren - sonst wird es beliebig. Ganz oder gar nicht. Ein Beispiel: Wenn im Text zweimal steht, dass der Mensch von allen Bäumen essen wird, weil sie ihm zur Nahrung dienen, kann man das nicht ignorieren, und so tun, als wenn es davon Ausnahmen gäbe - damit es einen Sinn macht, der einem selbst beliebt. Nein, es muss einen Sinn ergeben, warum es das Gebot gibt, nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten zu essen und warum dennoch von allen Bäumen gegessen wird - auch vom Baum des Lebens! Alles andere wäre unlogisch. Wenn man diese scheinbaren, weil dramaturgischen Widersprüchlichkeiten nicht in seiner Interpretation auflösen kann, muss man sich eingestehen, dass man den Text nicht verstanden hat. Die Lösung ist erotische Liebeslyrik an dieser Stelle, wie im Hohelied, wobei der Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten für den Körper des Mannes steht, und der Baum des Lebens für den Körper der Frau, beide sich "zum Fressen gerne haben", und sich an den Früchten des Liebespartners laben." - alle Bäume, dienen so dem Menschen zur Nahrung. Aber Warum? Das Motiv ist vom historischen Kontext her den Mythen aus dem Umfeld Israels entnommen (z.B. erlangt Gilgamesch die Unsterblichkeit nicht, weil eine Schlange ihm die Pflanze weg frisst, die ihm Unsterblichkeit verleihen sollte). In der Urgeschichte hingegen erlangt der Mensch (als Menschheit verstanden) die Unsterblichkeit durch seine sexuelle Fruchtbarkeit. Denn nur dadurch, dass er von allen Bäumen isst, kann er das Gebot "Seid fruchtbar und mehret euch." erfüllen. Dieser Sinn ergibt sich aus der Gänze des Textes, ohne dass man etwas ignorieren muss. Das Gebot nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten zu essen, ergibt vor der Geschlechtsreife des weiblichen Menschen (!) einen Sinn, und darum spricht die Schlange erst die geschlechtsreife Frau (!) an - und nur sie. Die Schlange am Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten, ist Teil des Mannes "der bei ihr war" (beide Bäume stehen in der Mitte des Gartens "bei einander"). So ergibt das Ganze einen Sinn, weil es in Gänze logisch ist - und darum ist es nicht beliebig, und mit hoher Wahrscheinlichkeit das ursprünglich Gemeinte. Zitieren
Domingo Geschrieben 4. April Autor Melden Geschrieben 4. April Am 3.4.2025 um 00:32 schrieb Weihrauch: Das Gebot nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten zu essen, ergibt vor der Geschlechtsreife des weiblichen Menschen (!) einen Sinn, und darum spricht die Schlange erst die geschlechtsreife Frau (!) an Sorry, hier stehe ich auf der Leitung. Kannst Du das weiter ausführen? Zitieren
Weihrauch Geschrieben 4. April Melden Geschrieben 4. April (bearbeitet) Da später nur die Frau von der Schlange (des Mannes, der bei ihr war) "angesprochen" wird, ist es logisch, dass das Gebot nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Schlechten zu "essen" an den weiblichen Menschen ergangen sein muss, weil in dieser Liebeslyrik die beiden besonders herausgestellten Bäume den männlichen Menschen (Erkenntnis des Guten und Schlechten, Schlange, Zeuger) und den weiblichen Menschen (Baum des Lebens - Eva = chawwa = Leben, Gebärerin) symbolisieren, ergibt das Gebot nicht vom "Mann" zu essen nur für den weiblichen Menschen einen Sinn. Man muss sich von der traditionellen Vorstellung (Interpretation) lösen, dass zuerst der Mann und dann die Frau erschaffen worden sind - denn das gibt der Text nicht her, ergibt auch keinen Sinn. Den Menschen gibt es von Anfang an im Doppelpack. Vielleicht hilft es sich "den Menschen" als zweieiige Zwillinge vorzustellen. Es steht in Gen 2 nirgends, dass der erste Mensch ein männlicher Mensch war - aber in Gen 1 steht: Zitat Gen 1,27 Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. Weil Menschen als Babys (Junge bzw. Mädchen) geboren werden, und nicht als Mann und Frau. Von männlichen und weiblichen Babies bis zu geschlechtsreifen Männern und Frauen ist es ein weiter Weg, der in der Erzählung ebenso wenig unterschlagen wird, wie der Weg von der Zeugung bis zur Geburt. Der Mensch ist in jedem Alter Mensch und hier wird der ganze Mensch trefflich beschrieben. Gott wird hier nicht dümmer als jeder Viehzüchter dargestellt, dem erst später einfällt, dass ein Mann eigentlich eine Hilfe bräuchte um sich Fortzupflanzen. Ziel ist das Land mit Menschen zu füllen und es zu unterwerfen. Zwei sind nicht genug: Zitat Gen 1,28 Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde das Land und unterwerft sie es ... Welches Land soll unterworfen werden? Kanaan - wie man später in derselben Erzählung erfahren wird. Zitat Gen 9,18-27 EU 2016 Die Söhne Noachs, die aus der Arche gekommen waren, sind Sem, Ham und Jafet. Ham ist der Vater Kanaans. Diese drei sind die Söhne Noachs; von ihnen aus verzweigten sich alle Völker der Erde(erets). Noach, ein Ackerbauer, war der Erste, der einen Weinberg pflanzte. Er trank von dem Wein, wurde davon betrunken und entblößte sich drinnen in seinem Zelt. Ham, der Vater Kanaans, sah die Blöße seines Vaters und erzählte davon draußen seinen beiden Brüdern. Da nahmen Sem und Jafet einen Überwurf; den legten sich beide auf die Schultern, gingen rückwärts und bedeckten die Blöße ihres Vaters. Sie hatten ihr Gesicht abgewandt, sodass sie die Blöße ihres Vaters nicht sahen. Als Noach aus seinem Weinrausch erwachte und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn angetan hatte, sagte er: Verflucht sei Kanaan. / Sklave der Sklaven sei er seinen Brüdern! Und weiter sagte er: Gepriesen sei der HERR, der Gott Sems, / Kanaan aber werde sein Sklave. Raum schaffe Gott für Jafet. / In Sems Zelten wohne er, / Kanaan aber werde sein Sklave. Liest man in dem Segen des Noach die Bedeutungen der hebräischen Namen seiner Söhne Sem und Jafet mit, wird der Sinn erkennbar: Sem (schem) bedeutet "der Name" und Jafet (yepheth) bedeutet "Raum schaffen"- Verflucht sei Kanaan. / Sklave der Sklaven sei er seinen Brüdern! Und weiter sagte er: Gepriesen sei JHWH, der Gott dieses Namens (schem), / Kanaan aber werde sein Sklave. Raum schaffe Gott, Raum schaffe (yepheth) er. / In des Namens (schem) Zelten wohne er, / Kanaan aber werde sein Sklave. Die Urgeschichte ist EINE Erzählung! Nur so ergibt sie einen Sinn. bearbeitet 4. April von Weihrauch Zitieren
Domingo Geschrieben 4. April Autor Melden Geschrieben 4. April Nochmal ein Video von Bibelforschern zum Pentateuch: https://www.youtube.com/watch?v=Eo8haEShoyI Zitieren
Weihrauch Geschrieben 5. April Melden Geschrieben 5. April Das ist aus entwicklungsgeschichtlicher Perspektive alles sehr interessant. Diese Focusierung auf unterschiedliche Textschichten scheint mir aber den Blick auf die Aussageabsicht des redaktionell verantworteten Endtext völlig zu blockieren. Was bringt es denn, wenn man herausbekommen hat was J aussagen wollte und was NichtJ aussagen wollte, um die eigentlicheBotschaft der Endredaktion und ihre Wirkung im Reallife des Judentums zur Zeit des 2. Tempels zu verstehen? Nichts. Anscheinend sind sich alle sicher den Sinn des Endtext längst verstanden zu haben, so dass man sich darum gar nicht mehr kümmern müsste. Dass der Endtext der Urgeschichte redigiert wurde und Mythologien und Poesie enthält ist ihnen durchaus bewusst, aber sie lesen ihn offensichtlich nicht mythologisch und poetisch, nehmen das literarisch doppeldeutige Wesen von Mythologie und Poesie anscheinend gar nicht wahr, vor lauter Interesse an der Entstehungsgeschichte deren Abschluss ja die Endredaktion ist, denken nicht mehr über die inhaltlich-literarische Doppelschichtigkeit dieser Textformen nach und bleiben auf der initialen Ebene ohne sich um das eigentlich Gemeinte zu kümmern. Vermutlich weil unsere Youtuber Theologie im Grunde nicht mehr interessiert. David McLain Carr gilt als einer der führenden Gelehrten der Textinterpretation zur hebräischen Bibel, aber interpretiert hat er in diesem Video lediglich Gen 6, 1-4. Die Frage die sich beim Lesen aufdrängen müsste, warum es nur Gottessöhne und nicht auch Gottestöchter geben sollte, und die Frage ob, und falls ja dieses Treiben irgendwann eingestellt worden sei, oder falls nein, heute noch andauert, scheint ihm nicht in den Sinn gekommen zu sein. Wenn ein Text jemanden mit solchen nicht unerheblichen Fragen ratlos zurücklässt - wie kann man dann glauben, den Text verstanden zu haben? Ich kapier es nicht. Zitieren
Weihrauch Geschrieben 5. April Melden Geschrieben 5. April (bearbeitet) @Domingo Ich muss da noch mal auf diesen Punkt zurückkommen: Am 10.1.2025 um 22:56 schrieb Weihrauch: Am 10.1.2025 um 18:35 schrieb Domingo: Hier wird der Mensch/die Menschheit zum ersten Mal genannt, also ist er noch indefinit, daher kein bestimmter Artikel. In V. 27 wird ihm hingegen den Artikel beigefügt, entweder weil der Mensch schon genannt wurde (also ist er bekannt, also definit) Sorry, wenn ich dich mit meinen Fragen zu deiner Übersetzung löchere. Da kommt noch mehr, fürchte ich. Das mit dem indefinit und dem definit scheint eine grammatische Eigenheit zu sein. Etwas noch nicht Bekanntes wird beim ersten mal prinzipiell ohne Artikel benutzt, ab dann, wenn es schon bekannt ist, immer mit Artikel? Wenn dem so ist, und wenn die Urgeschichte eine Zusammenstellung von voneinander unabhängigen Erzählungen ist, von unterschiedlichen Autoren zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten, wenn es zwei entstehungsgeschichtlich unterschiedliche "Schöpfungsberichte" sind, dann gilt diese grammatikalische Regel, dass bei indefiniten Begriffen kein bestimmter Artikel verwendet wird, für jeden, immer und überall. Dieselbe Regel müsste also im zweiten Schöpfungsbericht von NichtP ebenso wie dem ersten Schöpfungsbericht von P angewendet worden sein, besonders deshalb weil der zweite älteren Datums ist, also vor dem ersten verfasst wurde. Ist das so? Nein. Falls also ein Redaktor alle Ehrfurcht vor diesem älteren Heiligen Schriftstück fahren hat lassen, und den bestimmten Artikel in Gen 2,5 bei der ersten Erwähnung des Menschen eingefügt hat, dann wohl deshalb, weil er eine zusammenhängende logisch widerspruchsfreie Erzählung daraus machen wollte, nicht wahr? Hätte er beide "Originale" unverändert nebeneinander stehen lassen wollen, hätte er bei der ersten Erwähnung des Menschen keinen bestimmten Artikel eingefügt. Das selbe gilt natürlich für alle "anderen Erzählungen" in der Urgeschichte, weil angeblich jede für sich alleine eine abgeschlossene Erzählung darstellt. Es ist aber in den anderen Erzählungen nicht so, wenn ich mich nicht irre. Was meinst du dazu? bearbeitet 5. April von Weihrauch Zitieren
Higgs Boson Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April Am 4.4.2025 um 19:11 schrieb Weihrauch: Man muss sich von der traditionellen Vorstellung (Interpretation) lösen, dass zuerst der Mann und dann die Frau erschaffen worden sind - denn das gibt der Text nicht her, ergibt auch keinen Sinn. Den Menschen gibt es von Anfang an im Doppelpack. Vielleicht hilft es sich "den Menschen" als zweieiige Zwillinge vorzustellen. Nach jüdischer Tradition ist der aus Erde geformte Mensch (Adam daher korrekt: Erdling - das bedeutet das Wort) ein zweigeschlechtliches Wesen. Das was mit Rippe übersetzt wird, Seite wäre aber genauso korrekt. Bei der ersten OP wird also dieses Doppelwesen in männlich und weiblich geteilt - das bei der Ehe wieder zusammenfindet und ein Fleisch wird. Damit einher geht die Deutung, dass Menschen manchmal nicht korrekt getrennt worden sind und es Überschneidungen gibt. Nur zur Verbesserung Deines Bildes vom zweieiigen Zwilling. Zitieren
Domingo Geschrieben 6. April Autor Melden Geschrieben 6. April Das Problem ist aber, in Gen. 2,5 gibt es keinen Artikel vor 'adam. Vielleicht hast Du 'adamah (Boden) mit 'adam verwechselt? Denn der betreffende Satz lautet: we-'adam 'ayin le-'avod 'et-ha'adamah interlinear von mir: "und Mensch keiner zu bearbeiten den Boden" 'adamah hat durchaus den Artikel, 'adam aber nicht. 1 Zitieren
Higgs Boson Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April (bearbeitet) vor 16 Minuten schrieb Domingo: Das Problem ist aber, in Gen. 2,5 gibt es keinen Artikel vor 'adam. Vielleicht hast Du 'adamah (Boden) mit 'adam verwechselt? Denn der betreffende Satz lautet: we-'adam 'ayin le-'avod 'et-ha'adamah interlinear von mir: "und Mensch keiner zu bearbeiten den Boden" 'adamah hat durchaus den Artikel, 'adam aber nicht. Der Boden braucht den bestimmten Artikel, weil er im Akkusativ (gekennzeichnet durch et) steht. Und mit dem 'adam' (Mensch) ist der Mensch allgemein gemeint. Das geht aus der Grammatik hervor: ohne bestimmten Artikel. Also kein spezielles Individuum. Im Deutschen geht das anders, da steht 'der Mensch' mit bestimmten Artikel für Allgemein. Deutlicher wäre: 'es gibt keine Menschheit zu bearbeiten den Boden' bearbeitet 6. April von Higgs Boson Zitieren
Weihrauch Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April vor 6 Stunden schrieb Domingo: Das Problem ist aber, in Gen. 2,5 gibt es keinen Artikel vor 'adam. Vielleicht hast Du 'adamah (Boden) mit 'adam verwechselt? Denn der betreffende Satz lautet: we-'adam 'ayin le-'avod 'et-ha'adamah interlinear von mir: "und Mensch keiner zu bearbeiten den Boden" 'adamah hat durchaus den Artikel, 'adam aber nicht. Ah okay. In meiner Interlinearübersetzung steht dort in Gen 2,5 וְאָדָם für Mensch, in Gen 1,26 אָדָם. Ich dachte, dass das Ding rechts vor אָדָם der bestimmte Artikel sei, weil ich z.B hier und an anderen Stellen las, dass in Gen 2 adam in Gen 2 immer mit Artikel steht. Zitat Stellenkommentar der Stuttgarter Erklärungsbibel zum Text der Lutherbibel 1984 Adam ist eigentlich kein Eigenname, sondern das hebräische Wort für »Mensch« (dementsprechend wird das Wort im Hebräischen in Kap. 2–4 stets mit dem bestimmten Artikel gebraucht: ha-adam). Aber wie ist es in Gen 4.1 וְהָאָדָם Kain und Abel (J bzw. NichtP) Gen 5,1 אָדָם Adams Stammbaum (P)* Gen 6,1 הָאָדָם angebliche "Engelehen" (J bzw. NichtP)** Gen 6,5 הָאָדָם Sintfluterzählung (Mix aus J und P und bzw. P und NichtP), die inhaltlich nichts mit den angeblichen "Engelehen" zu tun haben soll. Überall da fangen angeblich auch entwicklungsgeschichtlich eigenständige Erzählungen / Texte an. Steht dort beim ersten mal jeweils adam mit bestimmtem Artikel oder ohne? * Gen 5,1-2 scheint mir auch von der grammatischen Regel abzuweichen, denn adam steht dort immer ohne Artikel אָדָם , oder? Wie kommt dann diese Übersetzung zustande, in der adam mal als Name und mal als Gattung Mensch übersetzt wird, wo doch angeblich der bestimmte Artikel das grammatische Zünglein an der Waage sein soll? Zitat Gen 5,1-2 Dies ist das Buch der Geschlechterfolge Adams: Am Tag, da Gott den Menschen erschuf, machte er ihn Gott ähnlich. Männlich und weiblich erschuf er sie, er segnete sie und gab ihnen den Namen Mensch an dem Tag, da sie erschaffen wurden. Das macht insofern Sinn, dass sie beide zusammen als (Menschheit verstanden, im Deutschen) schlecht den Namen Adam von Gott bekommen haben können, sondern nur dieser eine Mann. Andererseits steht in Gen 1,26 adam ohne bestimmten Artikel weil angeblich "indefinit". Falls aber derselbe Autor bzw. derEndredaktor tatsächlich, eben wegen Gen 5,1-2 in Gen 1,26 den Namen dieses einen Adam verstanden haben wollte, hätte er wohl auch in Gen 1,26 adam ohne Artikel schreiben müssen - beide Texte werden schließlich dem später schreibenden P zugeordnet und nicht J oder NichtP. P hätte mit inhaltlich-dramaturgischer Absicht in Gen 1,26 beide Interpretationen Adam bzw. Mensch grammatisch offen gelassen um eine Spannung zu erzeugen, und diese Spannung später in Gen 5,1-2 in Richtung Adam statt Mensch aufgelöst. Aha! Es geht also von Anfang an bei der Schöpfung um uns und unser Land (spätestens beim Segen Noachs), denkt sich der anvisierte jüdische Mensch). Schließlich geht es im Buch Genesis im Kern um die Konstituierung der heilige Linie der Menschheit (Adams, Sets und Sems Stammbäume) und nicht um die Fremdvölker (Kains, Hams und Jafets Stammbäume, die lediglich der theologischen Abgrenzung dienen). ** Auf die Interpretation von Carr bezüglich Gen 6,1-4 in dem Video muss ich noch mal zurück kommen, weil Kipp bzw. seine Producerin diesmal keine automatische Übersetzung aktiviert hatte. Wie hast du das verstanden, warum Gott die Lebenszeit des Menschen auf 120 Jahre begrenzt hat? Zitieren
Weihrauch Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April (bearbeitet) vor 9 Stunden schrieb Higgs Boson: Und mit dem 'adam' (Mensch) ist der Mensch allgemein gemeint. Das geht aus der Grammatik hervor: ohne bestimmten Artikel. Also kein spezielles Individuum. Komisch, jeder erzählt da was anderes. Sonst lese ich überall ha-adam mit bestimmten Artikel = Mensch - adam ohne bestimmten Artikel = der Männer- oder Städtename Adam. Und dann gibt es noch dieses indefinit - definit Dingens, das ich immer noch nicht so recht verstanden habe. Macht das doch bitte, bitte mal an den verschiedenen Textstellen der Urgeschichte deutlich, und begründet wie und warum es dort mal so und mal so gehandhabt wird, damit ich dieses System konkret nachvollziehen kann. bearbeitet 6. April von Weihrauch Zitieren
Weihrauch Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April (bearbeitet) vor 12 Stunden schrieb Higgs Boson: Nach jüdischer Tradition ist der aus Erde geformte Mensch (Adam daher korrekt: Erdling - das bedeutet das Wort) ein zweigeschlechtliches Wesen. Ja, das ist mir bekannt, vielleicht sollte man besser sagen, androgynes Wesen, welches sowohl männlich als auch weiblich ist, deutsch ein Zwitter. Ich gehe da mit Zwillingen, einem Jungen und einem Mädchen (zweieiig), nur einen kleinen Schritt weiter, weil der Mensch in der Regel halt so ist, wie er ist, mal weiblich und mal männlich, und es zu keinem Zeitpunkt gut ist, wenn der Mensch allein ist. Der Mensch an sich ist nie allein, so wenig wie Adler, Igel oder Stachelschwein. Und Gott ist nicht so dumm, dass er nicht wüsste, dass zum Fruchtbarsein bei Mensch und Tier zwei Geschlechter gehören. Weil der sexuelle Trieb aber vor der Pubertät schläft und in der Pubertät sowohl im männlichen als auch im weiblichen Menschen erwacht, denke ich dass "aus der Rippe oder Seite des Menschen" (nicht des Mannes) so zu verstehen ist, dass die Libido von Anfang an in beiden Menschen vorhanden ist, aber noch nicht (vollständig) erwacht ist, und nun zum Vorschein kommt. Der Mann weiß schließlich nichts von der OP, er denkt nur, dass die Frau von ihm, dem Mann der er nun geworden ist, genommen ist, als er sie das erste mal als sexuell attraktiven weiblichen Menschen wahrnimmt, was davor als er noch ein Junge und sie ein Mädchen war, noch nicht der Fall war. Wir Männer sind halt so: Er gibt vor ihr an, möchte sich wichtiger machen als er ist, und ihr imponieren. Schließlich widerspricht er sich dummerweise selbst mit seinem Wortspiel, das ihm der Autor nicht ohne Grund in den Mund gelegt hat, mit isch (Mann) und ischah (Frau), denn das Wort isch ist von dem Wort ischah "genommen" und nicht umgekehrt. Die unterschiedliche Etymologie der beiden Wörter spielt hier keine Rolle. Es ist ja ein poetischer Text. Diese widersprüchlichen Aussagen, wer von wem "genommen" wurde, interpretiere ich eben so, dass beide "schon immer" da waren, aber nun in beiden Menschen ihre Sexualität erwacht ist. Ich finde den augenzwinkernden Witz und die Schönheit dieser Perikope, die den Menschen in seiner Entwicklung so trefflich beschreibt genial und dem Niveau des Textes einfach angemessener, als die übliche christliche Interpretation die auf mich erstens banal und zweitens textimmanent unlogisch, theologisch blödsinnig erscheint. Gott ist doch kein seniler Trottel, der erst an den Tieren, die er zu dem Menschen führt, merkt, dass er da beim Menschen das zur Fruchtbarkeit nötige Gegenüber vergessen hat. bearbeitet 6. April von Weihrauch Zitieren
Weihrauch Geschrieben 6. April Melden Geschrieben 6. April Außerdem zahlt die Frau dem Mann, der sich da so wichtig nimmt, seine überhebliche Arroganz bei seinem Imponiergehabe später auch verbal heim, wenn sie sagt: "Ich habe einen Mann von JHWH erworben" was vor allem theologisch einen Sinn ergibt, und den Mann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. . Zitieren
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