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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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Just now, SteRo said:

Welche Hypothese? und was soll Fasifizierung in deiner Anwendung von "Fasifizierung" sein? Du solltest deine Gedanken erst mal ordnen und den Inhalt deiner Gedanken nicht als unabhängig von deinem Denken existierend annehmen.

 

Letzter Versuch:

 

Der Solipsismus ist nicht falsifizierbar. Seine Verneinung auch nicht.

 

Also entscheide ich aus pragmatischen Gründen.

 

Solipsismus halte ich für eine Form von Wahnsinn.

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vor 7 Minuten schrieb KevinF:

 

Letzter Versuch:

 

Der Solipsismus ist nicht falsifizierbar. Seine Verneinung auch nicht.

 

Also entscheide ich aus pragmatischen Gründen.

 

Solipsismus halte ich für eine Form von Wahnsinn.

Kannst du gerne. Ich halte jeden "-ismus" sofern er vom natürlichen Verstand geglaubt und verteidigt wird als eine Form von Obsession .... "Wahnsinn" geht mir etwas zu weit, weil mir die Integrität der Gesellschaft wichtig ist. Die Psychotherapie (Obsession) halte ich also für durchaus normal in der Gesellschaft, während ich Psychiatrie (Wahnsinn) nicht für normal, obgleich offensichtlich notwendig, halte.

bearbeitet von SteRo
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"Ist dies nicht offensichtlich inkonsistent?
Jeder Kausalzusammenhang ist per Definition eine funktionale Beschreibung.
Alle Argumente von Searle gegen den Funktionalismus treffen ihn daher immer auch selbst."

(Zitat von mir)

 

Okay, nicht das Argument der "seltsamen Realisierungen" (es gibt einen engen und einen weiten Begriff von "funktional"...). Was ich meinte war: Die Frage "Könnte das nicht ohne Erleben ablaufen?" kann man auch hier stellen.

 

@iskander

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18 hours ago, iskander said:

 

Da besteht nun aber - um Deine Wortwahl zu übernehmen - ein "kolossaler" Unterschied. Einen Computer sowie die in ihm ablaufenden Prozesse kann man - zumindest theoretisch - durch eine physikalische Analyse umfassend beschreiben. Und somit kann man dann zugleich auch den gesamten Output voraussagen. Das heißt, man kann beispielsweise auch vorhersagen, dass der Computer bestimmte Signale an den angeschlossenen Monitor senden wird. Und wenn man den Monitor physikalisch gründlich analysiert, dann weiß man auch, was dann mit dem Monitor passiert und welches Pixel-Muster auf ihm zu sehen sein wird.

Dass die Computer-Prozesse, die ein bestimmtes Bild am Monitor verursachen, selbst wie das entsprechende Bild aussehen, wird natürlich kein vernünftiger Mensch erwarten. Solches ist aber auch nicht notwendig, um die Beschaffenheit des Pixelmusters erklären und vorhersagen zu können. (Schließlich haben wir es in der Physik ständig damit zu tun, dass ein Prozess A, der einen Prozess B verursacht, ganz anders "aussieht" als B.)

 

Dasselbe gilt natürlich auch, wenn auf einem Computer ein Musik-Programm läuft und nun Musik aus dem mit dem Computer verbundenen Lautsprecher kommt. Nicht nur die Schallwellen, sondern auch die Vorgänge im Lautsprechers sehen völlig anders aus als die physikalischen/funktionalen Prozesse, die im Computer ablaufen. Trotzdem könnte man durch eine gründliche Analyse von Computer, Übertragungsweg und Lautsprecher vorhersagen, dass die Prozesse, die im Computer ablaufen, zu bestimmten Prozessen im Lautsprecher führen werden. Auch hier ist in der Tat nichts rätselhaft, und man kann das gesamte Geschehen vollständig physikalisch beschreiben und erklären. Man findet mithilfe einer umfangreichen physikalischen Analyse einfach alles, wonach man suchen könnte.

Wenn stimmt, was gerade Theisten gerne mal behaupten, dann hat alles eine Ursache. In diesem Fall könnte man theoretisch auch alles, was in einem menschlichen Gehirn vorgeht, physikalisch beschreiben. Dann würde man den "Output" ebenfalls vorhersagen können. Es gibt keine prinzipiellen Gründe, mit denen man das ausschließen kann. Hier setzt dann bei vielen Leuten das "magische Denken" ein. Es ist so komplex, man kann es unmöglich verstehen, also MAGIE. Da muss irgendwas Übernatürliches dahinterstecken, wie eine Seele oder andere magische, übernatürliche Vorgänge. Nur ist das Wort "Übernatürlich" eines, das entweder synonym zu "Unbekannt" ist, oder zu "Natürlich", in jedem Fall zu "Unwissen". Dann hat man immer einen logischen Fehlschluss eines Arguments der Ignoranz. Genau das ist der Kern des Arguments: Wir wissen es nicht, also Magie.

 

Es gibt zwei Probleme damit: Zum einen, dass die Abläufe derartig komplex sind, dass eine solche physikalische Analyse vielleicht in einer Million Jahre beendet wäre. Was bedeutet, dass man praktisch keine Vorhersage machen kann. Wenn ein Computer komplex genug ist, hätte man dasselbe Problem. Wir haben inzwischen Programme, die das Wetter recht präzise vorhersagen könnten - nur brauchen die weitaus mehr als 24 Stunden, um eine Vorhersage zu treffen, die dann völlig nutzlos wäre. Man kann das nur verwenden, um die einfacheren Modelle zu verifizieren.

 

Zum zweiten besteht das Problem, dass wir es mit Mustererkennung zu tun haben. Muster sind im Prinzip Symbole, aber nicht im mathematischen Sinne, denn es gibt keine eindeutige Zuordnung zwischen einem Muster und dem, was es repräsentiert. Alleine deswegen tritt das Problem auf, das Nagel beschreibt. Das führt auch zur Unschärfe der LLM der KI, basierend auf der Wittgenstein-Konfusion.

 

Man kann sich jetzt damit herausreden, dass es einen "freien Willen" gibt. Aber dann hat man nichts anderes als Zufallsprozesse eingeführt. Kausaler freier Willen ist von Determinismus logisch nicht zu unterscheiden, und akausaler freier Willen macht nichts anderes als unsere Entscheidungen zu "randomisieren". Das kann ein Computer auch, er könnte auch echte Zufallszahlen benutzen, oder Zahlen, die sich nicht vorhersagen lassen. Programme wie Midjourney benutzen Zufallsmatrizen mit Pseudozufallszahlen, um ihren Output zu berechnen. Da kann man, wenn den Anfangswert kennt (Seed) ein Bild exakt reproduzieren. Aber wenn man den Pseudozufall durch echten Zufall ersetzt, dann geht das nicht mehr. Dann nützt auch die perfekte Kenntnis aller Abläufe nicht, den Output kann man nicht vorherberechnen oder nachvollziehen.

 

Ein nicht-vorhersagbares Ereignis ist von einem Ereignis ohne kausale Determiniertheit praktisch nicht zu unterscheiden. Man kann lediglich raten, ob das Ereignis akausal ist oder kausal determiniert, man kann weder berechnen noch bestimmen, ob das der Fall ist. Damit haben wir sogar ein drittes Problem: Wir haben es generell mit Prozessen zu tun, deren Ergebnis sich nur rein theoretisch, aber niemals praktisch vorhersagen lässt. Wenn es in der Praxis nicht geht, nützt einem das "rein theoretische" auch nichts. Geistige Prozesse im Menschen lassen sich alleine deswegen eben nicht vorhersagen, weil diese Prozesse so komplex sind, dass man einen Computer zum Berechnen bräuchte, der mehr Transistoren hat, als es im Universum Atome gibt. Aber das hat nichts mit Magie zu tun, das ist eine praktische, aber unüberschreitbare Grenze. Noch könnten wir vielleicht sogar praktisch den Output einer KI vorhersagen. Noch. Es wird vermutlich nicht mehr lange dauern, bis auch das unmöglich wird.

 

P. S.: Ich habe "Übernatürlich" als Synonym zu "Unbekannt" beschrieben. Ich behaupte das nicht einfach so, ich habe dafür ein Argument, zu dem bisher noch keinem auch nur eine ansatzweise Widerlegung eingefallen wäre: https://dittmar-online.net/supernaturalismus1.html. Bevor mir jemand vorwirft, ich würde das bloß behaupten, sollte derjenige sich mit dem Argument beschäftigen. Ich schließe Übernatürliches prinzipiell aus, weil das Wort einfach nur "Unbekannt" bedeutet. Jeder, der sich auf Übernatürliches bezieht, sei es Gott oder sonst was, begeht den Denkfehler der Ignoranz. Das habe ich bewiesen. Ganz kurz: Um "natürlich" von "übernatürlich" unterscheiden zu können, muss man im Bereich des Unbekannten eine willkürliche Grenze ziehen. Um eine solche Grenze ziehen zu können, müsste man wissen, was man nicht weiß. Das ist logisch unmöglich. Das eigentliche Argument ist aber viel präziser. Wenn man sich also darauf beruft, dass Nagel irgendwie das Tor zum Übernatürlichen aufgestoßen hat, muss sagen: definitiv nicht. Was Nagel übrigens auch nirgends behauptet.

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Zitat

Wenn Du das Netzwerk verkleinerst, bedeutet das einen qualitativen Unterschied.
Vergleiche als Beispiel die früheren Versionen von ChatGPT mit den späteren (2 im Vergleich zu 3).

 

Sicher. Aber alle Zustände des Netzwerks sind im Prinzip (mit entsprechendem Aufwand) logisch aus seinem Aufbau sowie seiner Funktionsweise ableitbar.

Das Auftreten von Bewusstsein hingegen ist allein auf dieser Basis nicht logisch ableitbar oder vorhersagbar - so wenig wie ein beliebiges anderes Phänomen, das sich von Netzwerken und ihren Zuständen unterscheidet.

 

Zur Verdeutlichung: Wenn man beispielsweise die Peano-Axiome nimmt, dann mag man auf dieser Basis überraschende und erstaunliche Erkenntnisse über natürliche Zahlen gewinnen. Man wird aber allein aus den Peano-Axiomen niemals Aussagen etwa über Steine und ihre Verwitterung herleiten können. Ein Begriff wie "Stein" kommt eben in den Peano-Axiomen nicht vor und kann aus ihnen auch nicht abgeleitet werden.

Wenn man ein System von Sätzen hat, das ausschließlich funktionale Zustände und ihre mögliche Veränderung beschreibt (und nichts anderes), so kann man aus ihm allein und für sich genommen weder das Auftreten von Bewusstsein noch die Existenz von Kupfer ableiten.

 

Somit wäre, wenn ein funktionales System tatsächlich Bewusstsein erzeugt, dies auf eine andere und stärkere Weise unerwartet, als wenn dieses System ein überraschend komplexes, aber prinzipiell vorhersagbares funktionales Muster aufweist.
 

Zitat

Die Emulation ist auf diese Weise nicht im Ansatz möglich. Schon bei den aktuellen Llms ist ein einziger Input eine Matrix mit Zigtausenden Spalten.
Wie schnell kannst Du Matrizen multiplizieren?
Und woher kennst Du überhaupt den richtigen Algorithmus?

 

Den Algorithmus müssen ja zumindest die Programmierer kennen, und wenn ein einzelner Mensch zu langsam ist, so könnten doch zahlreiche Menschen zusammenarbeiten und/oder es könnten über viele Generationen hinweg Leute daran arbeiten.

 

Zitat

Anders gesagt:  
Die funktionalen Aspekte des Bewusstseins sind bei Deinem Beispiel nicht im Ansatz erkennbar, darum ist dort auch kein Bewusstsein.


 Die funktionalen Aspekte bestünden darin, wie die einzelnen Schritte gemäß einem Algorithmus aufeinander aufbauen und miteinander verknüpft sind; wie der eine Rechenprozess den nächsten bestimmt, analog zu einem Computer.
 

Zitat

Ist dies nicht offensichtlich inkonsistent?
Jeder Kausalzusammenhang ist per Definition eine funktionale Beschreibung.
Alle Argumente von Searle gegen den Funktionalismus treffen ihn daher immer auch selbst.

 

Ich stehe nun Searles Position selbst skeptisch gegenüber. (So habe ich den Verdacht, dass sie nicht wirklich konsequent ist und eine Mischung insbesondere aus Eigenschaftsdualismus und Identitätstheorie darstellt.)

Trotzdem würde ich bezweifeln, dass Searles Auffassung in der von Dir intendierten Weise inkonsistent ist. Seine Position würde wohl darauf hinauslaufen, dass es das Zusammenwirken von funktionaler Struktur und ihrer konkreten physikalischen Realisierung sei, die das Bewusstsein bewirke.

Es ist zwar natürlich richtig, dass jeder Kausalzusammenhang sich auch funktional beschreiben lässt - aber man könnte argumentieren, dass ein Kausalzusammenhang mehr ist als seine funktionale Komponente. Beispielsweise könnten zwei Automaten die gleiche funktionale Struktur besitzen, aber der eine gibt einem eine Cola und der andere eine Fanta, wenn man den Geld-Betrag X reinwirft. Entsprechend müssten auch zwei Fabriken, die funktional gleich aufgebaut sind, in der Lage sein, ganz unterschiedliche Produkte herzustellen.

Und, wenn man in der Analogie bleibt, könnten entsprechend vielleicht auch ein biologisches Gehirn und ein funktional äquivalentes, aber physikalisch unterschiedenes System unterschiedliche Wirkungen entfalten.

(Es würde sich aber vielleicht lohnen, diese Frage tiefer zu durchdenken.)

 

Zitat

4. Aus 3. und 1. schließe ich, dass Ich und mein bewusstes Erleben in Form eines physikalischen Gehirns existieren.

 

Nur was heißt das konkret? Du hast einen physikalischen Prozess im Gehirn; und dann hast Du ein bewusstes Erleben. Beides ist zumindest "für uns" völlig unterschiedlich, so dass es schwer fällt, auch nur eine gemeinsame Eigenschaft zu finden - aber beides ist real (und nicht illusionär). Wie bekommt man das zusammen, wenn man der Meinung ist, dass beides doch irgendwie nur eins sei?

Wie gesagt scheint mir das stets auf eine Doppelaspekt-Theorie hinauszulaufen: Wir haben einmal einen Aspekt, der sich physikalisch beschreiben lässt (was implizit auch eine funktionale Beschreibung beinhaltet); und einmal einen, der sich psychologisch beschreiben lässt. Und beide Aspekte bilden die zwei Seiten einer Medaille - auch wenn wir nicht sehen können, wie das funktioniert.
 

Zitat

Die funktionale Beschreibung ist die Beschreibung aus Sicht der Dritten Person, das Erleben ist, nun, das tatsächliche Erleben aus Sicht der ersten Person.

 

Nehmen wir an, dass beide Beschreibungen einen gültigen und genuinen Aspekt des Geschehens zum Ausdruck bringen, so dass keine der beiden Beschreibungen als irrelevant oder gar falsch abgetan werden darf. (Oder anders gesagt: Wir wollen weder die Existenz des Psychischen noch die des Physischen bestreiten.) Da man dann zwei inhaltlich verschiedene Beschreibungen hat, die beide wahr sein sollen, scheint man wieder bei der Doppelaspekt-Theorie anzukommen: Die eine Beschreibung adressiert die eine Seite, die andere die andere, und so gibt es keinen Widerspruch.

 

Damit sei nichts gegen die Doppelaspekt-Sichtweise gesagt. Ich halte sie für besser als viele andere Theorien, die (mindestens implizit) das Bewusstsein loswerden wollen. Aber der echte Physikalismus im Sinne von "nur was sich in der Sprache der Physik beschreiben lässt, ist real", wäre damit dann eigentlich schon obsolet.

 

Zitat

Was den perfekten Anschein der funktionalen (also naturwissenschaftlich erfassbaren, aus der Perspektive der dritten Person zugänglichen) Aspekte von bewusstem Erleben hat, das ist tatsächlich bewusstes Erleben.

 

Selbst wenn das richtig sein sollte, stünden wir allerdings vor dem Rätsel, dass Abläufe, von denen wir nicht erkennen können, wieso sie von Bewusstsein begleitet sein sollen, tatsächlich von Bewusstsein begleitet werden.
 

Zitat

Die einzige Möglichkeit die ich sehe, ist die, dass bestimmte physikalische Prozesse (funktional beschreibbar, also konkret: Prozesse in Gehirnen) Erleben repräsentieren.

 

Ich möchte nicht pedantisch rüberkommen, aber was bedeutet hier "repräsentieren"? Der Begriff "Repräsentation" scheint mir nur dann Sinn zu ergeben, wenn ein Subjekt existiert, für das eine Repräsentation tatsächlich etwas repräsentiert. Wenn wir im Sand ein Muster kreieren, das wie ein bestimmtes Schiff aussieht und womöglich auch noch die Botschaft vermitteln soll, dass tatsächlich ein Schiff in der Nähe ist, dann repräsentiert die Zeichnung im Sand das Schiff. Wenn Wind und Wasser ein ähnliches Muster im Sand schaffen, repräsentiert dieses Muster erst einmal nichts, auch kein Schiff - es ähnelt höchstens dem Schiff. Freilich: Wenn die Leute beginnen, das zufällige Muster als Repräsentation zu interpretieren und dadurch vielleicht sogar Informationen zu senden, dann wird es zu einer Repräsentation.

Zeichen, Symbole, Repräsentationen usw. sind semiotische "Entitäten" - sie existieren für ein Subjekt. Demnach müssten zuerst ein Subjekt und sein Verstehen existieren, bevor Repräsentation möglich ist.

 

Völlig unabhängig von allen Meinungsverschiedenheiten ist das aus meiner Sicht übrigens eine angenehme und interessante Diskussion. :)

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@Volker

 

Nun, normalerweise wird ja schon zwischen den Konzepten des freien Willens und der Zufalls unterschieden. Danke für den Link zu Deinem Text. Ich hätte durchaus ein paar Anmerkungen, aber das bräuchte dann wohl wirklich einen anderen Thread.

 

Ich möchte nur anmerken, dass wohl kaum jemand das "Psychische" als "übernatürlich" bezeichnen wird, was auch immer er für Überzeugungen über das "Psychische" haben wird. Schließlich ist das Psychische ein Teil der für uns erfahrbaren, realen Welt.

bearbeitet von iskander
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23 hours ago, SteRo said:

Wer sollte die Ergebnisse der Naturwissenschaften anzweifeln? Wer sollte die Grundannahmen der Naturwissenschaften für ihre Ergebnisse anzweifeln? Aber wer sollte daraus folgern, dass die Grundannahmen der Naturwissenschaften hinsichtlich des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn alle Grundannahmen hinsichtlich allen nicht-naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns schlechthin erschöpfen?

 

Habe ich doch geschrieben:

 

Es handelt sich um eine vorläufige, falsifizierbare Hypothese.

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2 hours ago, iskander said:

 

Sicher. Aber alle Zustände des Netzwerks sind im Prinzip (mit entsprechendem Aufwand) logisch aus seinem Aufbau sowie seiner Funktionsweise ableitbar.

Das Auftreten von Bewusstsein hingegen ist allein auf dieser Basis nicht logisch ableitbar oder vorhersagbar - so wenig wie ein beliebiges anderes Phänomen, das sich von Netzwerken und ihren Zuständen unterscheidet.

 

Zur Verdeutlichung: Wenn man beispielsweise die Peano-Axiome nimmt, dann mag man auf dieser Basis überraschende und erstaunliche Erkenntnisse über natürliche Zahlen gewinnen. Man wird aber allein aus den Peano-Axiomen niemals Aussagen etwa über Steine und ihre Verwitterung herleiten können. Ein Begriff wie "Stein" kommt eben in den Peano-Axiomen nicht vor und kann aus ihnen auch nicht abgeleitet werden.

Wenn man ein System von Sätzen hat, das ausschließlich funktionale Zustände und ihre mögliche Veränderung beschreibt (und nichts anderes), so kann man aus ihm allein und für sich genommen weder das Auftreten von Bewusstsein noch die Existenz von Kupfer ableiten.

 

Somit wäre, wenn ein funktionales System tatsächlich Bewusstsein erzeugt, dies auf eine andere und stärkere Weise unerwartet, als wenn dieses System ein überraschend komplexes, aber prinzipiell vorhersagbares funktionales Muster aufweist.
 

 

Den Algorithmus müssen ja zumindest die Programmierer kennen, und wenn ein einzelner Mensch zu langsam ist, so könnten doch zahlreiche Menschen zusammenarbeiten und/oder es könnten über viele Generationen hinweg Leute daran arbeiten.

 


 Die funktionalen Aspekte bestünden darin, wie die einzelnen Schritte gemäß einem Algorithmus aufeinander aufbauen und miteinander verknüpft sind; wie der eine Rechenprozess den nächsten bestimmt, analog zu einem Computer.
 

 

Ich stehe nun Searles Position selbst skeptisch gegenüber. (So habe ich den Verdacht, dass sie nicht wirklich konsequent ist und eine Mischung insbesondere aus Eigenschaftsdualismus und Identitätstheorie darstellt.)

Trotzdem würde ich bezweifeln, dass Searles Auffassung in der von Dir intendierten Weise inkonsistent ist. Seine Position würde wohl darauf hinauslaufen, dass es das Zusammenwirken von funktionaler Struktur und ihrer konkreten physikalischen Realisierung sei, die das Bewusstsein bewirke.

Es ist zwar natürlich richtig, dass jeder Kausalzusammenhang sich auch funktional beschreiben lässt - aber man könnte argumentieren, dass ein Kausalzusammenhang mehr ist als seine funktionale Komponente. Beispielsweise könnten zwei Automaten die gleiche funktionale Struktur besitzen, aber der eine gibt einem eine Cola und der andere eine Fanta, wenn man den Geld-Betrag X reinwirft. Entsprechend müssten auch zwei Fabriken, die funktional gleich aufgebaut sind, in der Lage sein, ganz unterschiedliche Produkte herzustellen.

Und, wenn man in der Analogie bleibt, könnten entsprechend vielleicht auch ein biologisches Gehirn und ein funktional äquivalentes, aber physikalisch unterschiedenes System unterschiedliche Wirkungen entfalten.

(Es würde sich aber vielleicht lohnen, diese Frage tiefer zu durchdenken.)

 

 

Nur was heißt das konkret? Du hast einen physikalischen Prozess im Gehirn; und dann hast Du ein bewusstes Erleben. Beides ist zumindest "für uns" völlig unterschiedlich, so dass es schwer fällt, auch nur eine gemeinsame Eigenschaft zu finden - aber beides ist real (und nicht illusionär). Wie bekommt man das zusammen, wenn man der Meinung ist, dass beides doch irgendwie nur eins sei?

Wie gesagt scheint mir das stets auf eine Doppelaspekt-Theorie hinauszulaufen: Wir haben einmal einen Aspekt, der sich physikalisch beschreiben lässt (was implizit auch eine funktionale Beschreibung beinhaltet); und einmal einen, der sich psychologisch beschreiben lässt. Und beide Aspekte bilden die zwei Seiten einer Medaille - auch wenn wir nicht sehen können, wie das funktioniert.
 

 

Nehmen wir an, dass beide Beschreibungen einen gültigen und genuinen Aspekt des Geschehens zum Ausdruck bringen, so dass keine der beiden Beschreibungen als irrelevant oder gar falsch abgetan werden darf. (Oder anders gesagt: Wir wollen weder die Existenz des Psychischen noch die des Physischen bestreiten.) Da man dann zwei inhaltlich verschiedene Beschreibungen hat, die beide wahr sein sollen, scheint man wieder bei der Doppelaspekt-Theorie anzukommen: Die eine Beschreibung adressiert die eine Seite, die andere die andere, und so gibt es keinen Widerspruch.

 

Damit sei nichts gegen die Doppelaspekt-Sichtweise gesagt. Ich halte sie für besser als viele andere Theorien, die (mindestens implizit) das Bewusstsein loswerden wollen. Aber der echte Physikalismus im Sinne von "nur was sich in der Sprache der Physik beschreiben lässt, ist real", wäre damit dann eigentlich schon obsolet.

 

 

Selbst wenn das richtig sein sollte, stünden wir allerdings vor dem Rätsel, dass Abläufe, von denen wir nicht erkennen können, wieso sie von Bewusstsein begleitet sein sollen, tatsächlich von Bewusstsein begleitet werden.
 

 

Ich möchte nicht pedantisch rüberkommen, aber was bedeutet hier "repräsentieren"? Der Begriff "Repräsentation" scheint mir nur dann Sinn zu ergeben, wenn ein Subjekt existiert, für das eine Repräsentation tatsächlich etwas repräsentiert. Wenn wir im Sand ein Muster kreieren, das wie ein bestimmtes Schiff aussieht und womöglich auch noch die Botschaft vermitteln soll, dass tatsächlich ein Schiff in der Nähe ist, dann repräsentiert die Zeichnung im Sand das Schiff. Wenn Wind und Wasser ein ähnliches Muster im Sand schaffen, repräsentiert dieses Muster erst einmal nichts, auch kein Schiff - es ähnelt höchstens dem Schiff. Freilich: Wenn die Leute beginnen, das zufällige Muster als Repräsentation zu interpretieren und dadurch vielleicht sogar Informationen zu senden, dann wird es zu einer Repräsentation.

Zeichen, Symbole, Repräsentationen usw. sind semiotische "Entitäten" - sie existieren für ein Subjekt. Demnach müssten zuerst ein Subjekt und sein Verstehen existieren, bevor Repräsentation möglich ist.

 

Völlig unabhängig von allen Meinungsverschiedenheiten ist das aus meiner Sicht übrigens eine angenehme und interessante Diskussion. :)

 

 
"Den Algorithmus müssen ja zumindest die Programmierer kennen, und wenn ein einzelner Mensch zu langsam ist, so könnten doch zahlreiche Menschen zusammenarbeiten und/oder es könnten über viele Generationen hinweg Leute daran arbeiten."
 
Ich sehe immer noch nicht, wie hier ein Verhalten entstehen soll, das hinreichende Ähnlichkeit mit dem besitzt, was wir vom menschlichen Bewusstsein kennen.
 
Wenn Du das Verhalten hingegen hinbekommst, dann hast Du auch Bewusstsein, siehe unten.
 
 
"Trotzdem würde ich bezweifeln, dass Searles Auffassung in der von Dir intendierten Weise inkonsistent ist."
 
Das habe ich in einem weiteren Beitrag ja schon selbst geschrieben:
 
"Okay, nicht das Argument der "seltsamen Realisierungen" (es gibt einen engen und einen weiten Begriff von "funktional"...). Was ich meinte war: Die Frage "Könnte das nicht ohne Erleben ablaufen?" kann man auch hier stellen."
 
Und das ist eben der Punkt:
 
Alle Deine Einwände scheinen auf das "P-Zombie"-Argument hinauszulaufen.
Auf: "Das könnte ja aber auch ohne bewusstes Erleben ablaufen."
 
Innerhalb des durch meine Prämissen beschriebenen Systems sind P-Zombies aber logisch unmöglich:
 
Bestimmte physikalische Prozesse, bestimmtes Verhalten, gehen demnach notwendig mit Bewusstsein einher und umgekehrt.
 
Welche genau das sind, wie wir Bewusstsein messen und besser definieren können, muss die empirische Wissenschaft beantworten.
 
Das "Qualia-Problem" weist letztlich nur darauf hin, dass die Beschreibung einer Erfahrung aus der Perspektive der dritten Person etwas anderes ist, als die Erfahrung selbst zu machen.
 
Dies dann als Erklärungslücke zu betrachten ist in sich widersprüchlich:
 
Jede Erklärung im deduktiv-nomologischen Sinne ist ja selbst eine funktionale Beschreibung.
 
Daher kann es gar keine Erklärungslücke in diesem Sinne geben.

 

 

2 hours ago, iskander said:

Völlig unabhängig von allen Meinungsverschiedenheiten ist das aus meiner Sicht übrigens eine angenehme und interessante Diskussion. :)

 

Das sehe ich auch so 🙂
 

 

 

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2 hours ago, iskander said:

Ich stehe nun Searles Position selbst skeptisch gegenüber. (So habe ich den Verdacht, dass sie nicht wirklich konsequent ist und eine Mischung insbesondere aus Eigenschaftsdualismus und Identitätstheorie darstellt.)

 

Was ist denn Deine Position?

 

Du darfst für die Antwort gerne einen neuen Thread eröffnen 🙂

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1 hour ago, KevinF said:
On 9/14/2024 at 1:43 AM, SteRo said:

Wer sollte die Ergebnisse der Naturwissenschaften anzweifeln? Wer sollte die Grundannahmen der Naturwissenschaften für ihre Ergebnisse anzweifeln? Aber wer sollte daraus folgern, dass die Grundannahmen der Naturwissenschaften hinsichtlich des naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn alle Grundannahmen hinsichtlich allen nicht-naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinns schlechthin erschöpfen?

Expand  

 

Habe ich doch geschrieben:

 

Es handelt sich um eine vorläufige, falsifizierbare Hypothese.

 

Die ich übrigens bewusst anders formuliert habe als Du.

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Was soll, bitteschön, nicht-naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein?

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vor 8 Stunden schrieb Volker:

Was soll, bitteschön, nicht-naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein?

 

Das ist eigentlich ganz einfach.

Schau nach im Duden:

 

1 Erkenntnis

1.1 durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht

1.2 Fähigkeit des Erkennens, des Erfassens der Außenwelt

 

2. Gewinn

2.1 materieller Nutzen, Ertrag [eines Unternehmens]; Überschuss über den Kostenaufwand

2.2.1 Geld oder Sachwert, der als Preis bei einem Spiel o. Ä. gewonnen werden kann

2.2.2 Los, das gewinnt

2.3 praktischer Nutzen oder innere Bereicherung, die aus einer Tätigkeit oder dem Gebrauch von etwas kommt

2.4 das Gewinnen (nach 2.1, oder 2.2.1)

 

Nun kombiniere zB 2.3 mit 1.1 dann ist "Erkenntnisgewinn" der praktische Nutzen oder die innere Bereicherung, der/die aus der Einsicht resultiert, welche aus der geistigen Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnen wird. Dann setze das Gebiet, aus dem die Eindrücken und Erfahrungen stammen, als nicht der Naturwissenschaft zugehörig.

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Am 14.9.2024 um 18:19 schrieb Volker:

Ein nicht-vorhersagbares Ereignis ist von einem Ereignis ohne kausale Determiniertheit praktisch nicht zu unterscheiden. Man kann lediglich raten, ob das Ereignis akausal ist oder kausal determiniert, man kann weder berechnen noch bestimmen, ob das der Fall ist. Damit haben wir sogar ein drittes Problem: Wir haben es generell mit Prozessen zu tun, deren Ergebnis sich nur rein theoretisch, aber niemals praktisch vorhersagen lässt. Wenn es in der Praxis nicht geht, nützt einem das "rein theoretische" auch nichts. Geistige Prozesse im Menschen lassen sich alleine deswegen eben nicht vorhersagen, weil diese Prozesse so komplex sind, dass man einen Computer zum Berechnen bräuchte, der mehr Transistoren hat, als es im Universum Atome gibt. Aber das hat nichts mit Magie zu tun, das ist eine praktische, aber unüberschreitbare Grenze. Noch könnten wir vielleicht sogar praktisch den Output einer KI vorhersagen. Noch. Es wird vermutlich nicht mehr lange dauern, bis auch das unmöglich wird.

 

Das mag durchaus sein. Mein Punkt wäre hier dann aber, dass selbst, wenn wir nicht in der Lage sind oder wären, zu bestimmen, wie ein physikalischer Prozess einen anderen physikalischen Prozess verursacht - weil die Zusammenhänge zu komplex sind - dies dennoch etwas anderes und weniger rätselhaft wäre, als dass ein physikalischer Prozess mit Bewusstsein und Erleben verbunden ist.

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vor 42 Minuten schrieb iskander:

dies dennoch etwas anderes und weniger rätselhaft wäre, als dass ein physikalischer Prozess mit Bewusstsein und Erleben verbunden ist.

 

Ich habe eure Diskussion nicht mitverfolgt, aber die Verbindung zwischen physikalischen Prozessen und Bewußtseinsprozessen ist einfach Fakt. Mein Lehrer, bei dem ich meinen ersten Kurs in Autogenem Training absolviert habe, bot uns dazu ein simples Experiment an: Stellt euch vor, ihr beißt in eine frische Zitrone! Die Vorstellung ist rein psychisch, die Reaktion des Körpers physisch. Noch Fragen, Kienzle? :D

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Am 15.9.2024 um 01:09 schrieb KevinF:

 Ich sehe immer noch nicht, wie hier ein Verhalten entstehen soll, das hinreichende Ähnlichkeit mit dem besitzt, was wir vom menschlichen Bewusstsein kennen.

 

Man kann  die gleichen Berechnungen, die ein Computer anstellt, doch auch als Mensch anstellen. Tatsächlich haben das ja früher Menschen getan, und die hießen damals "Computer". Es muss natürlich ein entsprechender Algorithmus vorgegeben sein. Natürlich würde es heute enorme Zeiträume in Anspruch nehmen, wenn man bei komplexen Problemen als Mensch oder Gemeinschaft von Menschen machen wollte. Es könnte vielleicht Generationen dauern. Aber das scheint mir doch eher eine pragmatische Schwierigkeit als eine prinzipielle Unmöglichkeit zu sein. Was ein Computer berechnen kann, können grundsätzlich auch Menschen berechnen. 
 

Zitat

Alle Deine Einwände scheinen auf das "P-Zombie"-Argument hinauszulaufen.
Auf: "Das könnte ja aber auch ohne bewusstes Erleben ablaufen."

 

Wenn ich mich nicht irre, folgt aus Deinen Prämissen und dem in ihnen enthaltenen Physikalismus allerdings nur, dass es keine P-Zombies geben kann - also keine physikalischen Entitäten, die exakt alle physikalischen Eigenschaften haben wie Menschen, und dennoch kein Bewusstsein.

Dass es darüber hinaus auch keine physikalischen Entitäten geben können, die alle funktionalen Eigenschaften haben wie ein Mensch, aber dennoch keine Bewusstsein, wäre eine weitergehende Behauptung.

 

Um nochmals den Unterschied der beiden Thesen zu verdeutlichen:

a) Wenn ein physikalisches System alle physikalischen Eigenschaften eines Menschen (bzw. seines Gehirns) hat, dann hat es auch Bewusstsein.

b) Wenn ein physikalisches System alle funktionalen Eigenschaften eines Menschen (bzw. seines Gehirns) hat, sich aber ansonsten womöglich radikal von einem Menschen (bzw. seinem Gehirn) unterscheidet, dann hat es auch Bewusstsein.

 

Wie gesagt ist b) deutlich weitreichender als a) und scheint mir aus Deinen Prämissen allein noch nicht zu folgen (was man ggf. näher analysieren müsste).

 

Ansonsten würde ich mehrere Punkte bzw. Fragen unterscheiden:

 

1) Ist Bewusstsein nichts anderes als ein funktionaler Zustand qua funktionaler Zustand? Haben wir also das Bewusstsein schon (vollständig) beschrieben, wenn wir allein funktionale Prozesse - also letztlich kausale Rollen und ihre Beziehungen - beschrieben haben? Ist Schmerz nichts anderes als die (neurophysiologisch bestimmte) Disposition zu einem bestimmten äußeren Verhalten (wie Aufschreien)?

 

Hier wäre meine Antwort ein klares "nein", denn das liefe auf eine Elimination des eigentlichen Erlebens hinaus. Zu sagen, dass es Schmerz nicht gibt oder zu sagen, dass Schmerz etwas vollkommen anderes ist, als wir darunter normalerweise verstehen, ist nämlich im Effekt das gleiche.

 

2) Kann man das Bewusstsein aus funktionalen Zuständen heraus verstehen und es aus ihnen ableiten?


Hier wäre meine Antwort (wie ausgeführt) ebenfalls ein nein - aus einem reinen System funktionaler Zustände und ihrer Verhaltensweisen lassen sich nur weitere funktionale Zustände und ihre Verhaltensweisen ableiten. (Auf Deinen Einwand mit dem deduktiv-nomologischen Modell gehe unten noch ein.)

 

3) Muss ein physikalisches System, das die gleiche funktionale Struktur wie ein menschliches Gehirn aufweist, zwingend von Bewusstsein begleitet sein?

 

Das würde ich sehr bezweifeln, aus Gründen, wie ich sie dargelegt habe. Zumindest können wir nicht verstehen, warum es hier solch eine notwendige Verbindung geben sollte. Falls bestimmte funktionale Zustände Bewusstsein notwendigerweise mit sich bringen, dann wissen wir nicht, warum das so ist; es erscheint uns, als könnte es auch anders sein. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht einfach ausschließen, dass es vielleicht einen uns unbekannten und von und unverstandenen Zusammenhang dieser Art geben könnte. Das würde aber voraussetzen, dass es da irgendetwas Entscheidendes gibt, was wir nicht auf dem Schirm haben. (Man könnte mehr zu dem Thema sagen, aber ich belasse es dabei.)

 

Mein Hauptpunkt - oder meine Hauptpunkte - sind jedoch 1) und 2): Bewusstsein ist mehr als nur eine kausale Rolle, auch wenn es eine kausale Rolle spielen mag; man kann allein aus kausalen Rollen logisch kein Bewusstsein ableiten.

 

Zitat

[...] wie wir Bewusstsein messen und besser definieren können, muss die empirische Wissenschaft beantworten.


 Für eine (halbwegs) direkte "Messung" käme m.E. nur die Psychologie infrage, weil Physik, Chemie und Biologie sich nicht mit dem qualitativen "Wie-es-für-mich-ist-etwas-zu-erleben" befassen, sondern mit quantifizierbaren, räumlich strukturierten, mathematisch beschreibbaren "Es-haften" Dingen und Prozessen.

 

Zitat

Das "Qualia-Problem" weist letztlich nur darauf hin, dass die Beschreibung einer Erfahrung aus der Perspektive der dritten Person etwas anderes ist, als die Erfahrung selbst zu machen.

 

Das wäre aber wieder der Doppel-Aspekt: Wenn sich eine Sache aus zwei divergierenden Perspektiven unterschiedlich darstellt und beide Perspektiven valide und informativ sind, dann muss die entsprechende Sache (mindestens) zwei unterschiedliche Aspekte/Eigenschaften besitzen. Wenn ich bei der Betrachtung einer Münze einmal einen Kopf und einmal eine Zahl sehe, und wenn ich davon ausgehe, dass beide Perspektiven ihre Berechtigung haben (also nicht einfach eine der Perspektiven als "illusionär" abtue), dann bedeutet dies, dass die Münze selbst zwei unterschiedliche "Seiten" haben muss. Das bedeutet zugleich, dass die Beschränkung auf nur eine Perspektive mir nur ein unvollständiges Bild vermitteln würde.
 

Zitat

Dies dann als Erklärungslücke zu betrachten ist in sich widersprüchlich:
 
Jede Erklärung im deduktiv-nomologischen Sinne ist ja selbst eine funktionale Beschreibung.
 
Daher kann es gar keine Erklärungslücke in diesem Sinne geben.

 

Das deduktiv-nomologische Modell ist nun allerdings nur ein Modell dazu, wie Erklärungen aussehen (können). Es behauptet aber nicht, dass sich alles auf Basis der Physik (oder überhaupt) erklären lassen müsse. 

Mein Punkt wäre hier der: Auf Grundlage von physikalisch-chemischen Gesetzen und physikalisch-chemischen Ausgangsbedingungen ist weder eine Beschreibung noch eine Erklärung des Psychischen möglich. Es existiert also auch keine logische Ableitung etwa im Sinne des DN-Modells, bei der man von der Beschreibung eines physikalischen Zustands sowie der Beschreibung physikalischer Gesetze deduktiv zu einem "bewussten Erleben" gelangen könnte.

Das ergibt sich rein formal-logisch schon daraus, dass die physikalischen Aussage-Sätze, mit denen wir physikalische Zustände und physikalischen Gesetze beschreiben, keine psychologischen Terme beinhalten. Wenn bestimmte Terme (wie "Denken", "Erleben" usw.) aber nicht in den Prämissen auftauchen, können sie auch nicht in der Konklusion erscheinen. 

 

Man könnte natürlich zusätzlich explizit Gesetzes-Aussagen über psychophysische Zusammenhänge mit aufnehmen, etwa derart: "Immer wenn der Gehirnzustand G auftritt, kommt es zu einem bewussten Erleben E." Auf dieser Grundlage könnte man dann tatsächlich - etwa mithilfe des DN-Modells - erklären, dass unter bestimmten Bedingungen dieses und jenes bewusste Erleben auftritt.

 

Nur ist damit die Frage, warum Bewusstsein immer dann auftritt, wenn bestimmte Gehirn-Zustände zu verzeichnen sind, nicht beantwortet. Auch ist damit nicht geklärt, was Bewusstsein ist und in welchem grundsätzlichen Verhältnis es zur physischen Natur steht.

Es wird nur festgehalten, dass es faktisch eine Korrelation gibt. Das ist wertvoll, und das ist die Aufgabe der empirischen arbeitenden Neurowissenschaften. Aber die eigentliche Frage, die wir uns in dieser Diskussion stellen - nämlich wie das Bewusstsein in die physikalische Welt passt (oder auch nicht so recht passt) -, wird damit nicht beantwortet.

Dazu nochmals Egeter, der auf ein großes Problem hinweist, das sich bei vielen Lösungsansätzen des Bewusstseinsproblems findet:

 

"Theorien des Geistes, die ich der Kategorie phänomenaler Indifferenz zuordne, gehen aufgrund eines mangelnden Einbezuges phänomenaler Adäquatheit, auf ihr Versprechen, den (von ihnen ja zugegebenen) phänomenalen Aspekt subjektiven Erlebens erklären zu können, nicht hinreichend ein:

The relevant step in the explanation is usually passed over quickly, however, and usually ends up looking something like magic. After some details about information processing are given, experience suddenly enters the picture, but it is left obscure how these processes should suddenly give rise to experience. Perhaps it is simply taken for granted that it does […].74
Der letzte Teil dieses bemerkenswerten Zitates von Chalmers weist auf das Kernproblem der Zugänge hin, die ich als phänomenal indifferent bezeichne: das Phänomen, dass wir uns als ›erlebend‹ erleben, wird einfach vorausgesetzt; und sogleich beginnen die Erklärungen auf der Ebene von damit offenbar korrelierenden Informationsverarbeitungsprozessen bzw. des easy problem. In der impliziten Annahme, dass Phänomenales durch bestimmte Prozesse, die mit Erleben korrelieren, einfach mitgegeben (und auch erklärt) ist, besteht das phänomenal Indifferente solcher Theorien des Geistes. Mit anderen Worten:
Weil phänomenale Adäquatheit bei solchen Theorien nicht hinreichend in der Theorienbildung berücksichtigt wird, wird der Schritt, sich auf das Explanandum zu besinnen, übersprungen und a priori davon ausgegangen, dass bewusstes Erleben irgendwie75 mit den entsprechenden physikalischen Prozessen mitgegeben ist:
»This strategy is plausible but limited. At best, it takes the existence of experience for granted and accounts for some facts about its structure […]«.76"

 

Was dem Physikalisms sehr helfen würde, wäre eine ontologische Reduktion im Sinne von "X ist nichts anderes als Y". Ein Standard-Beispiel wäre die Reduktion eines Glases voll Wasser auf ein Glas voll H2O-Molekülen. Das Wasser besteht aus nichts anderem als aus H2O-Molekülen, und wenn man alle relevanten Eigenschaften der H2O-Moleküle versteht, so versteht man zugleich auch alle Eigenschaften des Wassers. In der Praxis mag das im Detail kompliziert sein, aber wir sehen darin doch kein grundsätzliches Problem. Wir begreifen, dass ein materieller Gegenstand aus kleineren Einheiten oder Teilchen bestehen kann, die sich in einer bestimmten Weise zueinander verhalten. Wir können also sozusagen von der Mikro-Ebene her die Makro-Ebene rekonstruieren. Unser Modell eines Glases von H2O-Molekülen enthält zumindest prinzipiell alles, was unser Modell eines Glases Wasser enthält, und gleichzeitig noch mehr. Nichts geht verloren, nichts wird eliminiert.

 

Diese Art der Reduktion erscheint nun aber im Fall des Psychischen als unmöglich, weil das Psychische (jedenfalls verstanden als das, was unser bewusstes Erleben ausmacht), kein physikalisches "Gebilde" ist. Um nochmals die Passage von Nagel zu zitieren:

 

"Wenn wir etwa die chemische Zusammensetzung des Wassers entdecken, so haben wir es mit etwas zu tun, das offensichtlich draußen, in der physikalischen Welt, vorhanden ist — etwas, das wir alle sehen und fühlen können. Wenn wir herausfinden, dass es aus Wasserstoffatomen und Sauerstoffatomen besteht, so zerlegen wir lediglich eine äußere physikalische Substanz in kleinere physikalische Bestandteile. [...]

Wollten wir jedoch entdecken, dass unsere Wahrnehmung des Geschmacks von Schokolade in Wirklichkeit lediglich ein Gehirnvorgang ist, so hätten wir in unserer Analyse etwas Psychisches — also gerade keine äußerlich beobachtete physikalische Substanz, sondern eine innere Geschmacksempfindung — in physikalische Bestandteile zu zerlegen. Und auf keine Weise kann eine Vielzahl physikalischer Ereignisse im Gehirn, wie kompliziert sie auch immer sein mögen, die Bestandteile ausmachen, aus denen sich eine Geschmacksempfindung zusammensetzt. Ein physikalisches Ganzes lässt sich in kleinere physikalische Teile zerlegen, ein psychischer Vorgang jedoch nicht. Physikalische Teile lassen sich schlicht und einfach nicht zu einem psychischen Ganzen zusammenrechnen."

 

Am 15.9.2024 um 01:14 schrieb KevinF:

 

Was ist denn Deine Position?

 

Du darfst für die Antwort gerne einen neuen Thread eröffnen 🙂

 

Meine Position wäre, dass bewusstes Erleben ein Phänomen sui generis ist, das wir nicht auf ein nicht-psychisches Phänomen reduzieren können. Das wäre zumindest im weiten Sinne ein Dualismus. Wie stark der "Dualismus" sein sollte - ob also beispielsweise ein "Aspektedualismus" genügt, wie man ihn der Sache nach etwa auch in Russells Monismus findet - wäre dann eine wesentlich schwierigere Frage, zu der ich mich erst einmal enthalten möchte.

bearbeitet von iskander
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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

 

Ich habe eure Diskussion nicht mitverfolgt, aber die Verbindung zwischen physikalischen Prozessen und Bewußtseinsprozessen ist einfach Fakt. Mein Lehrer, bei dem ich meinen ersten Kurs in Autogenem Training absolviert habe, bot uns dazu ein simples Experiment an: Stellt euch vor, ihr beißt in eine frische Zitrone! Die Vorstellung ist rein psychisch, die Reaktion des Körpers physisch. Noch Fragen, Kienzle? :D

 

Das Faktum streitet niemand ab! ;)

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11 hours ago, SteRo said:

1 Erkenntnis

1.1 durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht

2.3 praktischer Nutzen oder innere Bereicherung, die aus einer Tätigkeit oder dem Gebrauch von etwas kommt

 

 

Nun kombiniere zB 2.3 mit 1.1 dann ist "Erkenntnisgewinn" der praktische Nutzen oder die innere Bereicherung, der/die aus der Einsicht resultiert, welche aus der geistigen Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnen wird. Dann setze das Gebiet, aus dem die Eindrücken und Erfahrungen stammen, als nicht der Naturwissenschaft zugehörig.

Warum sollte ich das als "nicht der Wissenschaft zugehörig" deklarieren? Die Wissenschaft kennt keine solchen Grenzen!

 

Dabei will ich nicht das triviale Faktum bestreiten, dass sich die (Natur)-Wissenschaften nicht mit allen Gebieten beschäftigen, rein aufgrund praktischer Erwägungen und limitierten Ressourcen. Mir geht es mehr darum, dass behauptet wird, es gäbe Gebiete menschlicher Erfahrung, die prinzipiell den Wissenschaften nicht zugänglich sind (zu den Wissenschaften gehören nicht nur die Naturwissenschaften!).

 

Denn alle Wissenschaften gewinnen ihr Wissen aus der "durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht", und daraus kann ein "praktischer Nutzen oder innere Bereicherung, die aus einer Tätigkeit oder dem Gebrauch von etwas kommen". Kann, weil es auch sein kann, dass das Wissen für praktischen Gebrauch nicht nutzbar ist. Was die Wissenschaft von mir als Privatperson unterscheidet, ist lediglich die Systematik, mit der diese Erkenntnis gewonnen wird.

 

Es wird immer wieder versucht, bestimmte Gebiete den Wissenschaften zu entziehen. Bei der Moral ist dies erfolgreich gewesen, damit beschäftigt sich die Wissenschaft fast überhaupt nicht - obwohl sie es könnte. Bei allen anderen Gebieten bezeichne ich das als "Obskurantismus", dem Versuch, Wissen eine willkürliche Grenze zu ziehen.

 

Denn wenn man behauptet, dass die Wissenschaft etwas nicht herausfinden kann, und zwar prinzipiell niemals, dann zieht man im Bereich dessen, was wir nicht wissen, eine willkürliche Grenze. Um eine solche Grenze ziehen zu können, müsste man aber wissen, was man nicht weiß, und das ist logisch unmöglich. Wittgenstein hat dies ähnlich formuliert, er sprach generell vom Denken und nicht vom Wissen. Aber das Prinzip ist dasselbe.

 

Dass wir niemals alles wissen werden, ist hingegen wieder trivial wahr. 

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vor 15 Minuten schrieb Volker:

Warum sollte ich das als "nicht der Wissenschaft zugehörig" deklarieren? Die Wissenschaft kennt keine solchen Grenzen!

Es ging aber um die Naturwissenschaft, nicht um die Wissenschaft im Allgemeinen. Natürlich darf sich alles "Wissenschaft" nennen, was sich systematisch mit irgendeinem Gebiet befasst. Und da man sich mit allem systematisch befassen kann, gibt es natürlich keine Grenzen für "Wissenschaft". Dass es dann mitunter dazu kommt, dass die eine Wissenschaft der anderen den Status der Wissenschaftlichkeit absprechen will, steht auf einem anderen Blatt.

 

Also, da du gefragst hast "Was soll, bitteschön, nicht-naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein? " wurde dir entsprechend geantwortet und mehr gibt's dazu nicht zu sagen.

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13 hours ago, SteRo said:

Es ging aber um die Naturwissenschaft, nicht um die Wissenschaft im Allgemeinen. Natürlich darf sich alles "Wissenschaft" nennen, was sich systematisch mit irgendeinem Gebiet befasst. Und da man sich mit allem systematisch befassen kann, gibt es natürlich keine Grenzen für "Wissenschaft". Dass es dann mitunter dazu kommt, dass die eine Wissenschaft der anderen den Status der Wissenschaftlichkeit absprechen will, steht auf einem anderen Blatt.

 

Also, da du gefragst hast "Was soll, bitteschön, nicht-naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein? " wurde dir entsprechend geantwortet und mehr gibt's dazu nicht zu sagen.

Das ist aber noch trivialer: Die Physik beschäftigt sich nicht mit der Ökologie des Regenwaldes, daher kann und wird die Physik nicht viel darüber sagen. Abgesehen davon, dass auch die Ökologie des Regenwaldes auf Physik beruht. Wenn also ein Biologe dazu etwas postuliert, was gegen physikalische Gesetze verstößt, wird es vermutlich falsch sein. Vergleichbar damit: Die Evolutionstheorie sagt nichts über den Beginn des Lebens (Abiogenesis), die Gravitation oder den Urknall aus und ist daher falsch - etwas, was man ab und zu von Kreationisten zu hören bekommt. Theorien haben immer eine begrenzte Reichweite.

 

Also gut, wenn man es so nimmt, dann ist die Frage aber beantwortet: Nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnis ist die wissenschaftliche Erkenntnis, die zwar letztlich auf naturwissenschaftlicher Erkenntnis basiert, aber Theorien mit anderer Reichweite umfasst. Das bezeichnet man auch als emergente Phänomene.

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On 9/16/2024 at 3:46 PM, iskander said:

 

Man kann  die gleichen Berechnungen, die ein Computer anstellt, doch auch als Mensch anstellen. Tatsächlich haben das ja früher Menschen getan, und die hießen damals "Computer". Es muss natürlich ein entsprechender Algorithmus vorgegeben sein. Natürlich würde es heute enorme Zeiträume in Anspruch nehmen, wenn man bei komplexen Problemen als Mensch oder Gemeinschaft von Menschen machen wollte. Es könnte vielleicht Generationen dauern. Aber das scheint mir doch eher eine pragmatische Schwierigkeit als eine prinzipielle Unmöglichkeit zu sein. Was ein Computer berechnen kann, können grundsätzlich auch Menschen berechnen. 
 

 

Wenn ich mich nicht irre, folgt aus Deinen Prämissen und dem in ihnen enthaltenen Physikalismus allerdings nur, dass es keine P-Zombies geben kann - also keine physikalischen Entitäten, die exakt alle physikalischen Eigenschaften haben wie Menschen, und dennoch kein Bewusstsein.

Dass es darüber hinaus auch keine physikalischen Entitäten geben können, die alle funktionalen Eigenschaften haben wie ein Mensch, aber dennoch keine Bewusstsein, wäre eine weitergehende Behauptung.

 

Um nochmals den Unterschied der beiden Thesen zu verdeutlichen:

a) Wenn ein physikalisches System alle physikalischen Eigenschaften eines Menschen (bzw. seines Gehirns) hat, dann hat es auch Bewusstsein.

b) Wenn ein physikalisches System alle funktionalen Eigenschaften eines Menschen (bzw. seines Gehirns) hat, sich aber ansonsten womöglich radikal von einem Menschen (bzw. seinem Gehirn) unterscheidet, dann hat es auch Bewusstsein.

 

Wie gesagt ist b) deutlich weitreichender als a) und scheint mir aus Deinen Prämissen allein noch nicht zu folgen (was man ggf. näher analysieren müsste).

 

Ansonsten würde ich mehrere Punkte bzw. Fragen unterscheiden:

 

1) Ist Bewusstsein nichts anderes als ein funktionaler Zustand qua funktionaler Zustand? Haben wir also das Bewusstsein schon (vollständig) beschrieben, wenn wir allein funktionale Prozesse - also letztlich kausale Rollen und ihre Beziehungen - beschrieben haben? Ist Schmerz nichts anderes als die (neurophysiologisch bestimmte) Disposition zu einem bestimmten äußeren Verhalten (wie Aufschreien)?

 

Hier wäre meine Antwort ein klares "nein", denn das liefe auf eine Elimination des eigentlichen Erlebens hinaus. Zu sagen, dass es Schmerz nicht gibt oder zu sagen, dass Schmerz etwas vollkommen anderes ist, als wir darunter normalerweise verstehen, ist nämlich im Effekt das gleiche.

 

2) Kann man das Bewusstsein aus funktionalen Zuständen heraus verstehen und es aus ihnen ableiten?


Hier wäre meine Antwort (wie ausgeführt) ebenfalls ein nein - aus einem reinen System funktionaler Zustände und ihrer Verhaltensweisen lassen sich nur weitere funktionale Zustände und ihre Verhaltensweisen ableiten. (Auf Deinen Einwand mit dem deduktiv-nomologischen Modell gehe unten noch ein.)

 

3) Muss ein physikalisches System, das die gleiche funktionale Struktur wie ein menschliches Gehirn aufweist, zwingend von Bewusstsein begleitet sein?

 

Das würde ich sehr bezweifeln, aus Gründen, wie ich sie dargelegt habe. Zumindest können wir nicht verstehen, warum es hier solch eine notwendige Verbindung geben sollte. Falls bestimmte funktionale Zustände Bewusstsein notwendigerweise mit sich bringen, dann wissen wir nicht, warum das so ist; es erscheint uns, als könnte es auch anders sein. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle nicht einfach ausschließen, dass es vielleicht einen uns unbekannten und von und unverstandenen Zusammenhang dieser Art geben könnte. Das würde aber voraussetzen, dass es da irgendetwas Entscheidendes gibt, was wir nicht auf dem Schirm haben. (Man könnte mehr zu dem Thema sagen, aber ich belasse es dabei.)

 

Mein Hauptpunkt - oder meine Hauptpunkte - sind jedoch 1) und 2): Bewusstsein ist mehr als nur eine kausale Rolle, auch wenn es eine kausale Rolle spielen mag; man kann allein aus kausalen Rollen logisch kein Bewusstsein ableiten.

 


 Für eine (halbwegs) direkte "Messung" käme m.E. nur die Psychologie infrage, weil Physik, Chemie und Biologie sich nicht mit dem qualitativen "Wie-es-für-mich-ist-etwas-zu-erleben" befassen, sondern mit quantifizierbaren, räumlich strukturierten, mathematisch beschreibbaren "Es-haften" Dingen und Prozessen.

 

 

Das wäre aber wieder der Doppel-Aspekt: Wenn sich eine Sache aus zwei divergierenden Perspektiven unterschiedlich darstellt und beide Perspektiven valide und informativ sind, dann muss die entsprechende Sache (mindestens) zwei unterschiedliche Aspekte/Eigenschaften besitzen. Wenn ich bei der Betrachtung einer Münze einmal einen Kopf und einmal eine Zahl sehe, und wenn ich davon ausgehe, dass beide Perspektiven ihre Berechtigung haben (also nicht einfach eine der Perspektiven als "illusionär" abtue), dann bedeutet dies, dass die Münze selbst zwei unterschiedliche "Seiten" haben muss. Das bedeutet zugleich, dass die Beschränkung auf nur eine Perspektive mir nur ein unvollständiges Bild vermitteln würde.
 

 

Das deduktiv-nomologische Modell ist nun allerdings nur ein Modell dazu, wie Erklärungen aussehen (können). Es behauptet aber nicht, dass sich alles auf Basis der Physik (oder überhaupt) erklären lassen müsse. 

Mein Punkt wäre hier der: Auf Grundlage von physikalisch-chemischen Gesetzen und physikalisch-chemischen Ausgangsbedingungen ist weder eine Beschreibung noch eine Erklärung des Psychischen möglich. Es existiert also auch keine logische Ableitung etwa im Sinne des DN-Modells, bei der man von der Beschreibung eines physikalischen Zustands sowie der Beschreibung physikalischer Gesetze deduktiv zu einem "bewussten Erleben" gelangen könnte.

Das ergibt sich rein formal-logisch schon daraus, dass die physikalischen Aussage-Sätze, mit denen wir physikalische Zustände und physikalischen Gesetze beschreiben, keine psychologischen Terme beinhalten. Wenn bestimmte Terme (wie "Denken", "Erleben" usw.) aber nicht in den Prämissen auftauchen, können sie auch nicht in der Konklusion erscheinen. 

 

Man könnte natürlich zusätzlich explizit Gesetzes-Aussagen über psychophysische Zusammenhänge mit aufnehmen, etwa derart: "Immer wenn der Gehirnzustand G auftritt, kommt es zu einem bewussten Erleben E." Auf dieser Grundlage könnte man dann tatsächlich - etwa mithilfe des DN-Modells - erklären, dass unter bestimmten Bedingungen dieses und jenes bewusste Erleben auftritt.

 

Nur ist damit die Frage, warum Bewusstsein immer dann auftritt, wenn bestimmte Gehirn-Zustände zu verzeichnen sind, nicht beantwortet. Auch ist damit nicht geklärt, was Bewusstsein ist und in welchem grundsätzlichen Verhältnis es zur physischen Natur steht.

Es wird nur festgehalten, dass es faktisch eine Korrelation gibt. Das ist wertvoll, und das ist die Aufgabe der empirischen arbeitenden Neurowissenschaften. Aber die eigentliche Frage, die wir uns in dieser Diskussion stellen - nämlich wie das Bewusstsein in die physikalische Welt passt (oder auch nicht so recht passt) -, wird damit nicht beantwortet.

Dazu nochmals Egeter, der auf ein großes Problem hinweist, das sich bei vielen Lösungsansätzen des Bewusstseinsproblems findet:

 

"Theorien des Geistes, die ich der Kategorie phänomenaler Indifferenz zuordne, gehen aufgrund eines mangelnden Einbezuges phänomenaler Adäquatheit, auf ihr Versprechen, den (von ihnen ja zugegebenen) phänomenalen Aspekt subjektiven Erlebens erklären zu können, nicht hinreichend ein:

The relevant step in the explanation is usually passed over quickly, however, and usually ends up looking something like magic. After some details about information processing are given, experience suddenly enters the picture, but it is left obscure how these processes should suddenly give rise to experience. Perhaps it is simply taken for granted that it does […].74
Der letzte Teil dieses bemerkenswerten Zitates von Chalmers weist auf das Kernproblem der Zugänge hin, die ich als phänomenal indifferent bezeichne: das Phänomen, dass wir uns als ›erlebend‹ erleben, wird einfach vorausgesetzt; und sogleich beginnen die Erklärungen auf der Ebene von damit offenbar korrelierenden Informationsverarbeitungsprozessen bzw. des easy problem. In der impliziten Annahme, dass Phänomenales durch bestimmte Prozesse, die mit Erleben korrelieren, einfach mitgegeben (und auch erklärt) ist, besteht das phänomenal Indifferente solcher Theorien des Geistes. Mit anderen Worten:
Weil phänomenale Adäquatheit bei solchen Theorien nicht hinreichend in der Theorienbildung berücksichtigt wird, wird der Schritt, sich auf das Explanandum zu besinnen, übersprungen und a priori davon ausgegangen, dass bewusstes Erleben irgendwie75 mit den entsprechenden physikalischen Prozessen mitgegeben ist:
»This strategy is plausible but limited. At best, it takes the existence of experience for granted and accounts for some facts about its structure […]«.76"

 

Was dem Physikalisms sehr helfen würde, wäre eine ontologische Reduktion im Sinne von "X ist nichts anderes als Y". Ein Standard-Beispiel wäre die Reduktion eines Glases voll Wasser auf ein Glas voll H2O-Molekülen. Das Wasser besteht aus nichts anderem als aus H2O-Molekülen, und wenn man alle relevanten Eigenschaften der H2O-Moleküle versteht, so versteht man zugleich auch alle Eigenschaften des Wassers. In der Praxis mag das im Detail kompliziert sein, aber wir sehen darin doch kein grundsätzliches Problem. Wir begreifen, dass ein materieller Gegenstand aus kleineren Einheiten oder Teilchen bestehen kann, die sich in einer bestimmten Weise zueinander verhalten. Wir können also sozusagen von der Mikro-Ebene her die Makro-Ebene rekonstruieren. Unser Modell eines Glases von H2O-Molekülen enthält zumindest prinzipiell alles, was unser Modell eines Glases Wasser enthält, und gleichzeitig noch mehr. Nichts geht verloren, nichts wird eliminiert.

 

Diese Art der Reduktion erscheint nun aber im Fall des Psychischen als unmöglich, weil das Psychische (jedenfalls verstanden als das, was unser bewusstes Erleben ausmacht), kein physikalisches "Gebilde" ist. Um nochmals die Passage von Nagel zu zitieren:

 

"Wenn wir etwa die chemische Zusammensetzung des Wassers entdecken, so haben wir es mit etwas zu tun, das offensichtlich draußen, in der physikalischen Welt, vorhanden ist — etwas, das wir alle sehen und fühlen können. Wenn wir herausfinden, dass es aus Wasserstoffatomen und Sauerstoffatomen besteht, so zerlegen wir lediglich eine äußere physikalische Substanz in kleinere physikalische Bestandteile. [...]

Wollten wir jedoch entdecken, dass unsere Wahrnehmung des Geschmacks von Schokolade in Wirklichkeit lediglich ein Gehirnvorgang ist, so hätten wir in unserer Analyse etwas Psychisches — also gerade keine äußerlich beobachtete physikalische Substanz, sondern eine innere Geschmacksempfindung — in physikalische Bestandteile zu zerlegen. Und auf keine Weise kann eine Vielzahl physikalischer Ereignisse im Gehirn, wie kompliziert sie auch immer sein mögen, die Bestandteile ausmachen, aus denen sich eine Geschmacksempfindung zusammensetzt. Ein physikalisches Ganzes lässt sich in kleinere physikalische Teile zerlegen, ein psychischer Vorgang jedoch nicht. Physikalische Teile lassen sich schlicht und einfach nicht zu einem psychischen Ganzen zusammenrechnen."

 

 

Meine Position wäre, dass bewusstes Erleben ein Phänomen sui generis ist, das wir nicht auf ein nicht-psychisches Phänomen reduzieren können. Das wäre zumindest im weiten Sinne ein Dualismus. Wie stark der "Dualismus" sein sollte - ob also beispielsweise ein "Aspektedualismus" genügt, wie man ihn der Sache nach etwa auch in Russells Monismus findet - wäre dann eine wesentlich schwierigere Frage, zu der ich mich erst einmal enthalten möchte.

 

"Man kann  die gleichen Berechnungen, die ein Computer anstellt, doch auch als Mensch anstellen. Tatsächlich haben das ja früher Menschen getan, und die hießen damals "Computer". "
 
Ja, aber sie waren zu langsam.
Kann bewusstes Denken beliebig langsam sein?
Ich würde das bezweifeln.
 
 
" Wenn ich mich nicht irre, folgt aus Deinen Prämissen und dem in ihnen enthaltenen Physikalismus allerdings nur, dass es keine P-Zombies geben kann - also keine physikalischen Entitäten, die exakt alle physikalischen Eigenschaften haben wie Menschen, und dennoch kein Bewusstsein.
 
Dass es darüber hinaus auch keine physikalischen Entitäten geben können, die alle funktionalen Eigenschaften haben wie ein Mensch, aber dennoch keine Bewusstsein, wäre eine weitergehende Behauptung."

 
Korrekt.
Für mich ist der Funktionalismus lediglich die naheliegendste Vermutung. Wir haben im Gehirn nun mal ein informationsverarbeitendes Netzwerk mit Milliarden von Knoten.
Dass das Gehirn noch weitere Spezialeigenschaften hat, so dass das Bewusstsein nicht rein durch einen Algorithmus erzeugt werden kann, ist hingegen erst einmal eine Behauptung .
Und was auch immer diese Spezialeigenschaften sein sollen, die Frage "Könnte das nicht auch ohne Bewusstsein ablaufen?" kann man immer stellen.
Ich sehe bei solchen Theorien keinen Vorteil gegenüber einem Funktionalismus.
Ich fände es außerdem höchst erstaunlich, wenn man die Funktionalität des menschlichen Gehirns perfekt nachbilden könnte ohne Bewusstsein zu erzeugen.
Eine äußerst steile These imo.
 
Letztlich sind das aber alles Fragen, die die empirische Wissenschaft klären muss.
 
 
 
"Das deduktiv-nomologische Modell ist nun allerdings nur ein Modell dazu, wie Erklärungen aussehen (können). Es behauptet aber nicht, dass sich alles auf Basis der Physik (oder überhaupt) erklären lassen müsse."
 
Ich wollte nur ausdrücken, dass es inkonsistent ist zu sagen, das Bewusstsein lasse sich nicht rein funktional beschreiben und dies dann als Erklärungslücke zu bezeichnen.
Weil jede mir bekannte Art der Erklärung eine funktionale Beschreibung ist. Wenn es aber prinzipiell nicht erklärt werden kann, dann kann da auch keine Lücke sein.
Und dann ist selbstverständlich auch Übernatürliches (Gott, unsterbliche Seele) keine gültige Erklärung.
 
Meiner Vorstellung nach ist Bewusstsein eben keine geisterhafte Eigenschaft, die zum Verhalten eines Systems hinzukommt, das ohne Bewusstsein identisch wäre (das empfände ich als magisch, um den von Dir zitierten Vorwurf zu spiegeln). Sondern das Bewusstsein geht notwendig mit dem Verhalten einher und ist durch dieses Verhalten (im weitesten Sinne) vollständig bestimmt.
 
 
Ich würde zu Deinen drei Punkten also  vermutlich sagen, 1 nein, 2 ja, 3 ja.
 
"Meine Position wäre, dass bewusstes Erleben ein Phänomen sui generis ist, das wir nicht auf ein nicht-psychisches Phänomen reduzieren können. Das wäre zumindest im weiten Sinne ein Dualismus."

 
Aber was bedeutet das? Wie entsteht in Deinem Modell Bewusstsein?
Hat dieses Modell irgendwelche Konsequenzen, außer dass Du die Entstehung des Bewusstseins durch Computation ablehnst?

bearbeitet von KevinF
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vor 22 Stunden schrieb Volker:

Das ist aber noch trivialer: Die Physik beschäftigt sich nicht mit der Ökologie des Regenwaldes, daher kann und wird die Physik nicht viel darüber sagen. Abgesehen davon, dass auch die Ökologie des Regenwaldes auf Physik beruht. Wenn also ein Biologe dazu etwas postuliert, was gegen physikalische Gesetze verstößt, wird es vermutlich falsch sein. Vergleichbar damit: Die Evolutionstheorie sagt nichts über den Beginn des Lebens (Abiogenesis), die Gravitation oder den Urknall aus und ist daher falsch - etwas, was man ab und zu von Kreationisten zu hören bekommt. Theorien haben immer eine begrenzte Reichweite.

 

Also gut, wenn man es so nimmt, dann ist die Frage aber beantwortet: Nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnis ist die wissenschaftliche Erkenntnis, die zwar letztlich auf naturwissenschaftlicher Erkenntnis basiert, aber Theorien mit anderer Reichweite umfasst. Das bezeichnet man auch als emergente Phänomene.

 

Deine Schlussfolgerung beruht natürlich nur auf deinem Glauben exklusiv an die Naturwissenschaft, denn "nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnis" beruht auch nicht notwendigerweise mittelbar ("letztendlich") auf Naturwissenschaft. Nein, "nicht-naturwissenschaftliche Erkenntnis" ist Erkenntnis, die auch überhaupt nicht auf Naturwissenschaft beruhen kann, weder unmittelbar noch mittelbar ("letztendlich").

 

 

Aber bevor wir nun wegen deiner Agenda zu weit vom Thema abkommen:

 

Deine Frage war "Was soll, bitteschön, nicht-naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein? "

 

Es ging also um die Frage des "Erkenntnisgewinns"

 

Und deine Frage wurde unter Zuhilfename des Dudens wie folgt beantwortet:

 

"Erkenntnisgewinn" ist der praktische Nutzen oder die innere Bereicherung, der/die aus der Einsicht resultiert, welche aus der geistigen Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnen wird. Dann setze das Gebiet, aus dem die Eindrücken und Erfahrungen stammen, als nicht der Naturwissenschaft zugehörig.

 

Wohlgemerkt: Eindrücke und Erfahrungen aus einem Gebiet, welches nicht der Naturwissenschaft zugehört.

 

Diese "Eindrücke und Erfahrungen aus einem Gebiet" implizieren Unmittelbarkeit, weil sie "Eindrücke und Erfahrungen" des gleichen Subjekts sind, welches auch Erkenntnisgewinn aus ihnen schöpft. Dass du als Außenstehender alles "mit der Brille" der Naturwissenschaft betrachten kannst macht diese "Eindrücke und Erfahrungen" nicht zu naturwissenschafltichen "Eindrücken und Erfahrungen" des Subjektes, welches sie erfährt und Erkenntnisgewinn daraus schöpft. Denn sonst wären ja alle Sinneseindrücke und -erfahrungen deshalb naturwissenschaftliche "Eindrücke und Erfahrungen", weil du alle zugrundeliegenden physiologischen Prozesse auf physikalische Vorgänge zurückführen kannst.

 

bearbeitet von SteRo
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Am 16.9.2024 um 19:18 schrieb SteRo:

Natürlich darf sich alles "Wissenschaft" nennen, was sich systematisch mit irgendeinem Gebiet befasst. Und da man sich mit allem systematisch befassen kann, gibt es natürlich keine Grenzen für "Wissenschaft". Dass es dann mitunter dazu kommt, dass die eine Wissenschaft der anderen den Status der Wissenschaftlichkeit absprechen will, steht auf einem anderen Blatt.

 

Da sich also jegliche systematische Befassung mit irgendeinem Gebiet "Wissenschaft" nennen kann und wenn also "Erkenntnisgewinn" der praktische Nutzen oder die innere Bereicherung ist, der/die aus der Einsicht resultiert, welche aus der geistigen Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnen wird, dann könnte man sich weiter fragen, ob "nicht-naturwissenschaftlicher" Erkenntnisgewinn dann aber immer wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sein muss.

 

Ich denke nicht, dass das so sein muss, aber dass es vorteilhaft ist, wenn einer Erkenntnis eine systematische Befassung mit dem Gebiet vorhergeht, auf dem die Erkenntnis gewonnen wird, weil eine spontane unsystematische Befassung mit einer Fragestellung bestenfalls eine unsichere und flüchtige Erkenntnis hervorbringen kann und der Gewinn (der praktische Nutzen oder die innere Bereicherung) vielleicht eher fraglich bleibt.

 

Deshalb ist zB auf dem Gebiet "Gott und Göttliches" wohl die Wissenschaft der Theologie als Grundlage ratsam und auf dem Gebiet der die Seele betreffenden Fragestellungen die theologische Anthropologie ggf. in Verbindung mit der Psychologie.

 

Thomas (summa theol. I, q1, a1):

Ich antworte, es sei für das Heil der menschlichen Natur notwendig, daß außer den philosophischen Wissenszweigen, welche die menschliche Vernunft zum Gegenstande hat, eine Wissenschaft bestehe, die sich auf die göttliche Offenbarung stützt und in dieser ihr leitendes Princip sieht.

 

bearbeitet von SteRo
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vor 3 Stunden schrieb SteRo:

Da sich also jegliche systematische Befassung mit irgendeinem Gebiet "Wissenschaft" nennen kann …


„Wissenschaft“ ist nun mal kein geschützter Begriff.

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vor 56 Minuten schrieb Marcellinus:


„Wissenschaft“ ist nun mal kein geschützter Begriff.

 

"Wissenschaft" ist was Wissen schafft.

Wie mir scheint ist das streng genommen ein irreführender Begriff und es wäre angemessener von "Glaubenschaft" die Rede, z.B. von "Naturglaubenschaft"

 

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vor 51 Minuten schrieb SteRo:

 

 

"Wissenschaft" ist was Wissen schafft.

Wie mir scheint ist das streng genommen ein irreführender Begriff und es wäre angemessener von "Glaubenschaft" die Rede, z.B. von "Naturglaubenschaft"

 

 

Das schreibt nun genau der Richtige!

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