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Fürwahrhalten in der Religion


KevinF

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On 9/12/2024 at 8:46 AM, Kulti said:

Ich kann Dir nicht sagen warum Dein Herz an soetwas hängen soll. Ich glaube ein Herz hängt "weil" - ein Herz hängt einfach an etwas. Ein "weil" macht sowas eher kaputt.

 

Das wäre dann aber eben die Stelle, an der ich aussteigen würde.

 

Ohne irgendjemandem zu nahe treten zu wollen, was kann ein Glaube wert sein, der kaputt geht, wenn man ihn hinterfragt?

 

Liebe geht durch Fragen nicht kaputt (oder jedenfalls habe ich das noch nie erlebt), Moral auch nicht.

 

Warum dann der Glaube? Da stimmt doch etwas nicht.

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On 9/12/2024 at 8:46 AM, Kulti said:

Aber ich habe zwei Blickwinkel für Dich, wie soetwas in existentiellen Krisen tragen kann.

 

 

Danke noch einmal.

 

Ich habe ja meinen Weg diesbezüglich gefunden:

 

Meine Art von "Spiritualität" ist auch ohne das Fürwahrhalten zweifelhafter Aussagen möglich und kompatibel mit einer naturalistischen Weltanschauung.

 

Das einzige, was noch zu klären war, war, ob dieser Weg kompatibel ist mit dem Christentum.

 

Und hier kam ich im Laufe des Threads leider  zu der Erkenntnis:

Nein.

 

Es ist hierbei die christliche Hoffnung, die die Sache entscheidet, da sie für mich eine Art von Selbstbetrug bzw. von Heuchelei wäre:

 

https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2566389

 

 

 

https://www.mykath.de/topic/36216-fürwahrhalten-in-der-religion/?do=findComment&comment=2566427

 

Darum kann ich nicht Christ sein.

 

Ist aber nicht so schlimm ;)

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1 Kor 2, 14  Ein natürlicher Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.

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On 8/30/2024 at 5:22 PM, KevinF said:

Es ist die christliche Hoffnung.

 

Diese besagt im Prinzip: "Am Ende wird alles gut."

 

Für mich ist das ein Leugnen der Endgültigkeit der Realität von Leid und Tod.

Hi Kevin, ich nochmal.

 

Ich möchte hierauf noch einmal eingehen, nicht im Sinne von "da erzählst Du aber Mist", sondern einfach meine Sicht auf das was das Christentum ausmacht.

 

"Am Ende wird alles gut." ist kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums (und es gibt hier Paradiesvorstellungen die durchaus menschlicher geprägt sind als das was das Christentum zu bieten hat, frag mal Rince)

 

Christlich wird es erst wenn die Realität von Leid und Tod eben nicht geleugnet wird. Durch Jesus bekommt Gott die menschliche Perspektive und "kennt" menschliches Leid aus allererster Hand.

Es wird nicht nur am Ende alles gut, Gott ist auch jetzt da wenn Du leidest. Der Weg den Du gehen musst, Gott ist ihn schon gegangen und Gott versteht Dich wie es kein Mensch vermag.

 

Natürlich steht hier für jeden einzelnen am Anfang die Entscheidung "Nehme ich Gott in mein Modell der Welt auf". Dass Du das nicht tust ist für mich nachvollziehbar und ich freue mich dass Du dennoch Spiritualität in Deinem Leben hast.

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On 9/23/2024 at 7:51 AM, Kulti said:

Christlich wird es erst wenn die Realität von Leid und Tod eben nicht geleugnet wird.

 

Nicht Leid und Tod an sich, aber, wie geschrieben, deren Endgültigkeit.

 

On 9/23/2024 at 7:51 AM, Kulti said:

Gott ist auch jetzt da wenn Du leidest. Der Weg den Du gehen musst, Gott ist ihn schon gegangen und Gott versteht Dich wie es kein Mensch vermag.

 

Wenn ich "Gott" mythologisch verstehen darf, würde ich das gar nicht bezweifeln.
 
Nur Hoffnung ergibt sich für mich daraus nicht.
 
Macht aber nichts, Mut reicht ja.
Dieser ist, wie @Marcellinus so treffend gesagt hat, in gewisser Weise kontrafaktisch (aber nicht irrational!).

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4 hours ago, KevinF said:

Nicht Leid und Tod an sich, aber, wie geschrieben, deren Endgültigkeit.

Okay, auf meinem theologischen Bierdeckel steht halt noch Ostern mit drauf. Dann is halt Essich für die Endgültigkeit des Todes (disclaimer: Freier Wille - es gibt schon die Möglichkeit sich gegen das ewige Leben zu entscheiden. Ich bin ja kein Bestimmer)

 

4 hours ago, KevinF said:

Wenn ich "Gott" mythologisch verstehen darf, würde ich das gar nicht bezweifeln.

Wenn mythologisch das ist, was ich unter "lyrisch" verstehe, dann wüsste ich nicht wie ich Gott anders "verstehen" sollte. Ich hab jedenfalls keine Cloud eingbaut mit unbegrenzten Modellierungsmöglichkeiten und beliebigem Wahrheitsspeicher (ist bestimmt auch sau teuer).

 

Bedingt durch meine begrenzte geistige Kapazität habe ich einen Abstand zu Gott der sich für mich am ehesten in der Emotion brücken lässt.

 

4 hours ago, KevinF said:

Nur Hoffnung ergibt sich für mich daraus nicht.
 
Macht aber nichts, Mut reicht ja.

So isses. Wobei ich im Moment meines Ablebens vermutlich keine Zeit haben werde drüber nachzudenken. Das ist dann eher so wie autofahren - ich werde mich intuitiv an Gott wenden und dankbar sein dass jemand da ist.

 

Hoffe ich jedenfalls.

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vor 6 Stunden schrieb KevinF:

 

Nicht Leid und Tod an sich, aber, wie geschrieben, deren Endgültigkeit.

Dass Leid endgültig wäre, ergibt ja nicht mal aus naturalistischer Perspektive Sinn. Und dass der Tod endgültig wäre auch nicht, denn um endgültig zu sein, muss die Gültigkeit ja fortbestehen können und was so fortbesteht muss Substanz haben. Der Tod aber ist substanzlos, weil er lediglich die Abwesenheit von Leben bedeutet.

 

Leben aber hat Substanz, weil es wahrhaft ist. Und da Leben niemals aufhört, wird es "ewig" genannt. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass ewiges Leben die unendliche Verlängerung des irdischen Lebens sei, denn was das Leben im Tod verliert ist lediglich die zusammengesetzte Substanz aus Leib und Seele. Die Seele aber kann ihr Leben weder verlieren noch wiedergewinnen. Jeder Mensch hat also bereits im vergänglichen irdischen Leben Anteil am ewigen Leben.

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vor 8 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Richtig! Weil es sie nicht gibt! :D

 

Danke für das Stichwort!

 

"es gibt x nicht" bedeutet ja wohl "x hat kein tatsächliches Sein". So ist es demnach grade umgekehrt: Während die Seele tatsächliches Sein hat, hat der Leib kein tatsächliches Sein. Warum? Weil der Leib als materielles Ding sich in kontinuierlicher Umgestaltung befindet und eine Essenz eines Leibes deshalb gar nicht auffindbar ist. Was aber keine Essenz hat, kann auch keine Substanz und damit keine Existenz (= tatsächliches Sein) haben. So verhält es sich im Übrigen mit allem Materiellem und also ist grade all das Kreatürliche, was dem kreatürlichen Auge als unwiderlegbar real erscheint, gar nicht existent.

 

Man sieht schon, welche lustigen Dinge man mit dem natürlichen Verstand alle anstellen kann.

 

 

 

 

 

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13 hours ago, Kulti said:

Wenn mythologisch das ist, was ich unter "lyrisch" verstehe, dann wüsste ich nicht wie ich Gott anders "verstehen" sollte. Ich hab jedenfalls keine Cloud eingbaut mit unbegrenzten Modellierungsmöglichkeiten und beliebigem Wahrheitsspeicher (ist bestimmt auch sau teuer).

 

Bedingt durch meine begrenzte geistige Kapazität habe ich einen Abstand zu Gott der sich für mich am ehesten in der Emotion brücken lässt.

 

Für Dich exisiert Gott objektiv (wenn ich Dich richtig verstanden habe), für mich ist er ein virtuelles Konzept.

 

Und ja, die Cloud wird teuer 😁

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5 hours ago, KevinF said:

Für Dich exisiert Gott objektiv (wenn ich Dich richtig verstanden habe), für mich ist er ein virtuelles Konzept.

Meine Seite ist etwas komplizierter - ich stelle die Frage nach Gottes Existenz einfach nicht mehr. Für mich existiert Gott in erster Linie emotional.

Die Sache mit der Wahrheit ist in meinen Augen die: Sie ist zwar einfach da, aber Wahrheit alleine macht noch keine Bedeutung.

 

Das habe ich schön an meinem Kind beobachten können. In der Grundschulzeit konnte da gut sichtbar ein Blatt mit Matheaufgaben vor ihr liegen - das war aber für sie kein Grund ihre Augen auf den Tisch zu senken. Die Schmetterlinge, die für sie gut sichtbar über dem Tisch tanzten, waren viel interessanter. Sie war eine echte Matheistin.

 

Deswegen passt meine Theologie (die wörtliche Beschreibung meines Gottesbildes) auf einen Bierdeckel - aber für meine Emotion braucht es eher einen Gedichtband.

 

Ich bin immer noch der Meinung dass es einem Gläubigen einfach von der anderen Seite der 0 aus egal ist wieviele Götter es gibt gegenüber einem Atheisten.

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11 hours ago, Kulti said:

Meine Seite ist etwas komplizierter - ich stelle die Frage nach Gottes Existenz einfach nicht mehr. Für mich existiert Gott in erster Linie emotional.

Die Sache mit der Wahrheit ist in meinen Augen die: Sie ist zwar einfach da, aber Wahrheit alleine macht noch keine Bedeutung.

 

Hast Du trotzdem die christliche Grundhaltung der Hoffnung oder spielt diese für Dich keine Rolle?

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12 hours ago, KevinF said:

Hast Du trotzdem die christliche Grundhaltung der Hoffnung oder spielt diese für Dich keine Rolle?

Meine Haltung der Hoffnung ist ziemlich verseucht von der Welt der "IT Projekte". Dort schaut der Entwickler auf die Komponenten der jeweiligen Welt und hofft dass alles so funktioniert wie gedacht.

 

In der Welt meines religiösen Modells ist das ziemlich ähnlich. Auch hier bin ich schon meinem Irrtum begegnet und war gezwungen mein Modell meinen Erfahrungen anzupassen (was mitunter weh getan hat). Im Moment läuft mein religiöses Modell zum Glück einigermassen stabil (das liegt vermutlich daran dass es in der Religion keine Virenscanner gibt). Aber ja, auch hier hoffe ich dass alles irgendwie läuft.

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On 9/22/2024 at 12:29 PM, KevinF said:

Liebe geht durch Fragen nicht kaputt (oder jedenfalls habe ich das noch nie erlebt)

Sorry, das hatte ich übersehen und ich sehe das tatsächlich anders. Wer anfängt ohne Not über seine Liebe nachzudenken (sie "In Frage zu stellen") kann sie tatsächlich auch kaputt grübeln. Wie man überhaupt alles kaputt grübeln kann was eigentlich einfach so läuft. (Bei Gelegenheit empfehle ich hierzu "Erich Fried, Es ist was es ist sagt die Liebe" - leicht zu ergoogeln.)

 

Ich kann mich noch an meine Zeit der langen Walkman Spaziergänge erinnern. Irgendwann fiel mir auf, dass ich ja meinen eigenen Atem nicht mehr hören kann. Ich begann zu zweifeln ob ich denn nicht schnaufe wie eine Dampflokomotive. Zack wurde mein Brustkorb eng und die Kopfhörer mussten runter damit ich wieder normal atmen konnte.

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vor 4 Stunden schrieb Kulti:

Wie man überhaupt alles kaputt grübeln kann was eigentlich einfach so läuft.

 

Wie man einmal einen Tausendfüßler fragte, wie der das hinkriege, mit den vielen Beinen. Er dachte kurz nach - und konnte von da an nicht mehr laufen.

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17 hours ago, Kulti said:

Sorry, das hatte ich übersehen und ich sehe das tatsächlich anders. Wer anfängt ohne Not über seine Liebe nachzudenken (sie "In Frage zu stellen") kann sie tatsächlich auch kaputt grübeln.

 

Das widerspricht in fundamentaler Weise meiner gesamten Lebenserfahrung 🙂

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13 hours ago, Marcellinus said:

Wie man einmal einen Tausendfüßler fragte, wie der das hinkriege, mit den vielen Beinen. Er dachte kurz nach - und konnte von da an nicht mehr laufen.

 

Ja, aber das ist ein anderes Thema 🙂

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On 9/28/2024 at 1:49 AM, KevinF said:

Das widerspricht in fundamentaler Weise meiner gesamten Lebenserfahrung

 

Die Sonne stand tief über dem Löwenzahn des Provinzbahnhofs und kündete mit Abendröte den nahenden Feierabend. Das nahmen die Anzeigentafeln zum Anlass für eine kleine Pause. Ihr Dunkel wurde wiedergespiegelt im Gesicht eines Reisenden an Gleis 1. Dieser seufzte "Sie wird es wieder fragen". In 1m 50 Höhe über Bahnhofsspiegel hoben graue Locken die Augen zum Himmel und sprachen die investigativen Worte "Was wird Sie fragen?".

"Warum liebst Du mich?", wird sie fragen.

Meister Kulti klappte den Gameboy zu (Golden Sun, kurz vorm Endkampf) und meinte "Du wirst antworten mit:'Schatz, ich weiß es nicht. Es ist ein Wunder für das ich zutiefst dankbar bin. Leider schaffe ich es nicht so oft diese Dankbarkeit zu zeigen wie Du es verdient hättest'."

Dann schaute Kulti erwartungsvoll in die Menge. Er nickte und schaute erwartungsvoller. In 1,50m Höhe funkte es zuerst und als die Worte des Meisters unter grauen Locken erklangen, fiel auch die Menge mit ein.

 

"Gut", sprach Kulti, "der Rosenkranzcluster an Gleis 2 jetzt mit etwas mehr Gefühl und Mimik, der Rest mit etwas mehr Überzeugung".

Der Meister übte mit der Menge bis es einigermaßen klappte (die Mimik war noch etwas verkrampft an Gleis 2).

 

Dann empfahl er jenen, die nach Liliendorf fuhren, noch einen Backshop in dem eine Floristin sich etwas dazu verdiente. Hier konnte man ordentliche letzte Chance Blumensträuße erwerben.

 

"Wir üben im Stillen", schloss der Meister die Runde. Als die Züge kamen war nur noch die Melodie des Endkampfs zu hören. Bedauerlicherweise ging die Batterie zu Ende und der Meister musste abspeichern. Die Menge aber strömte hochkonzentriert in die Züge und der Feierabend wurde mit außerweltlicher Stille eingeleitet.

 

(Ich dachte mir wo die Erfahrung eine andere ist, ist es schwer sich über lyrische Sachverhalte zu unterhalten. Darum habe ich lieber ein bischen rumimprovisiert. Auf jeden Fall herzlichen Glückwunsch an alle deren Liebe nicht an Fragen zerbrochen ist :) )

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Ich setze die Diskussion um den Glauben an Übernatürliches aus dem Demographie-Thread mal hier fort, weil es thematisch besser passt:

 

9 hours ago, iskander said:

 

Ich wollte damit auch nicht behaupten, dass die These "Es gibt Übernatürliches" allein schon dadurch, dass sie nicht auszuschließen ist, auch naheliegend und wahrscheinlich wäre. Mir ging es nicht darum, dass jemand, der behauptet, eine religiöse Erfahrung gemacht zu haben, damit einen gültigen Beweis abliefern würde, der mich (oder die Wissenschaft) überzeugen sollte, seiner Religion beizutreten. Nur kann ich ihm nicht schlechterdings absprechen, dass es für ihn mit seiner Erfahrung rational sein könnte, seiner Religion anzugehören. Mehr behaupte ich nicht.

 

 

Nun, "rational" heißt imo nicht zwingend "erkenntnistheoretisch zulässig" und einer Religion anzugehören ist auch nicht gleichbedeutend mit dem Glauben an die religiöse Metaphysik dieser Religion.

 

Wenn wir uns aber mal auf Erkenntnistheorie beschränken:

Ich würde schon sagen: Wenn jemand von seinem inneren religiösen Erleben auf eine übernatürliche Wirklichkeit schließt, dann begeht er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen erkenntnistheoretischen Fehler.

 

Denn wie schon im Qualiathread gesagt: Bewusstsein ist evolutionär entstanden, die Physik ist kausal geschlossen und psychische Eigenschaften supervenieren über physikalischen Eigenschaften.
Wo soll hier Platz für Übernatürliches sein?


Glauben darf aber natürlich jeder, was er möchte und ich möchte auch niemanden missionieren.
Und ich kann und möchte auch niemandem seine Erfahrungen absprechen.

 

 

9 hours ago, iskander said:

Mein Eindruck ist, dass Du rationalistischer als viele Christen an die Sache herangehst. Das war auch teilweise mein ursprüngliches Motiv hinter der Bezugnahme auf "Erfahrungen", auch wenn sich diese Diskussion dann in eine etwas andere Richtung entwickelt hat. Will sagen: Die meisten Christen werden vermutlich nicht Christen sein, weil sie das Christentum zur "Welterklärung" benötigen. Sondern (sofern sie nicht einfach Traditions-Christen) weil sie sich angesprochen fühlen, weil sie sich innerlich berührt fühle, weil es für sie Sinn ergibt und ihnen stimmig erscheint. Vielleicht auch, weil es dem Leben Trost und Halt gibt.

 

Diese Motive mag man für unzureichend halten, aber ich denke, dass die meisten religiösen Personen aus derartigen Gründen - und nicht weil sie Transzendenz zur Welterklärung bräuchten - religiös sind.

 

 

Meinst Du, dass sie die Wahrheitsfrage völlig ausblenden? Weil, ich denke, das ist eher selten.


Wenn aber die Aussage ist "Ich fühle beim Beten eine mystische Verbindung zu Gott und darum existiert Gott", dann wird "Gott" als "Welterklärung" benutzt, nämlich zur Erklärung des eigenen  inneren religiösen Erlebens.
Und hier greift meine Kritik, dass wir die Hypothese der Existenz Gottes dafür eben nicht benötigen.

 

 

 

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9 hours ago, iskander said:

Mein Eindruck ist, dass Du rationalistischer als viele Christen an die Sache herangehst.

 

Das ist wohl so.

 

"Normaler" Christ:

 

Betet->Fühlt sich stimmig an->Glaubt an Gott

 

Kevin:

 

 Betet->Fühlt sich stimmig an->Hält das für ein völlig natürliches Phänomen

 

 

Möglicherweise relevanter xkcd-Comic:

 

https://xkcd.com/242/

 

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16 hours ago, SteRo said:

Mir scheint, dass dabei eine Rolle spielt, was unter "Welt" und "Weltbeschreibung" und "Welterklärung" verstanden wird (d.h. welches "Weltanschauungssystem" zugrunde liegt).

 

Nein, denn die Beschreibung und Erklärung der Welt sollte möglichst objektiv sein, also unabhängig von subjektiv gefärbten Weltanschauungen.

 

Du kannst subjektiv natürlich trotzdem glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat, kannst dafür aber objektiv keine Geltung beanspruchen.

 

Mit solchen rein subjektiven Überzeugungen über die Welt kann ich persönlich nichts anfangen.

 

Und ich würde auch davon abraten, ihnen existentielle Bedeutung beizumessen, aber das muss jeder selbst wissen.

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Was ist ein normaler Christ? 

 

Ich will nicht abstreiten, dass es diesen oben skizzierten naiven Ansatz (Christ betet, fühlt sich gut und richtig an, und schließt deshalb auf Gottes Existenz) in der Realität gibt. Aber er ist doch sehr unterkomplex. Ich kann für mich sagen, dass diese Reihung so nicht stimmt. Für mich steht die Erkenntnis oder anders formuliert Anerkenntnis, dass es Gott gibt vor jedem religiösen Akt. Hätte ich Zweifel an der Existenz Gottes, des christlichen Gottes, würde ich nicht beten (was in meinen Augen dann sinnlos und vernunftwidrig wäre - dann könnte ich meine "Gebete" auch in die kalte Leere des Weltalls hinein sprechen, wenn es keinen Adressaten gibt) und auch in ein paar Stunden nicht die Sonntagsmesse mitfeiern. Das dazu. 

 

Nun habe ich eure Qualia-Diskussion nicht regelmäßig verfolgt, aber ich sehe da doch thematisch eine Überschneidung zu dem, was man mit Fachbegriff "religiösen Immanentismus" nennt. Diesen religiösen Immanentismus hat die Kirche, zumindest also sie noch einigermaßen philosophisch und theologisch fit und nicht krank im Oberstübchen war, stets mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. Denn dieser Begriff besagt nicht weniger, als das alle religiösen Impulse im Letzten vom inneren Erleben, wenn man so will dem individuellen menschlichen Bewusstsein, ausgehen. Etwas vereinfacht gesagt: Gott existiert, aber er existiert zuvorderst oder ausschließlich im subjektiven Erleben des einzelnen Menschen. Von dort aus nehme alle Religion ihren Anfang. Das ist natürlich ausgemachter Blödsinn und stellt Gott auf eine Stufe mit dem Magengrummeln nach Verzehr einer etwas zu alten Frühlingsrolle. Dagegen hat die Kirche immer daran festgehalten, dass Gott sich als Gott der Geschichte in einer objektiven, äußeren Offenbarung (revelatio externa) offenbart hat und gerade nicht in einem wie auch immer gearteten subjektiven, inneren Vorgang. [Den Komplementärbegriff der revelatio interna gibt es in der Theologie freilich auch, aber er meint nun gerade nicht diese subjektivistische "Gefühlsduselei" oder Sentimentalität, sondern eher etwas, das man mit dem Begriff "natürliche Religion" oder auch Erleuchtung (im Sinne einer unvermittelten Gotteserkenntnis) umschreiben könnte.]

 

 

bearbeitet von Studiosus
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36 minutes ago, Studiosus said:

Den Komplementärbegriff der revelatio interna gibt es in der Theologie freilich auch, aber er meint nun gerade nicht diese subjektivistische "Gefühlsduselei" oder Sentimentalität

 

Wenn man einmal in einer Antwort auf einen spezifischen Beitrag etwas flapsig formuliert...

 

Wie schon öfters sinngemäß gesagt:

 

Mit "Gefühlsduselei" hat Spiritualität bei mir gerade nichts zu tun.

 

Spiritualität bedeutet für mich die Besinnung auf die Grundlagen meiner psychischen und moralischen Selbstbejahung, auf die Grundlagen dessen, was Paul Tillich als den "Mut zum Sein" bezeichnete.

 

Das funktioniert erfahrungsgemäß auch dann noch, wenn alles religiöse Gefühl tot ist.

 

Ein wichtiger Aspekt ist dabei eine bestimmte Art des "Fallenlassens" zum Finden innerer Ruhe, wenn diese gestört ist (ist irgendwo weiter oben im Thread näher beschrieben).

 

Dies alles funktioniert ohne irgendwelche Gottesvorstellungen auf Basis eines Naturalismus.

 

Es ermöglicht mir aber auch einen Zugang zum centering prayer und sogar zum Gebet mit Worten.

 

"Gott" ist hier Symbol, ist Teil des Mythos. Und ja, im Mythos ist Gott transzendent, das ist kein Problem ;)

 

 

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6 hours ago, KevinF said:

 

 

Das ist wohl so.

 

"Normaler" Christ:

 

Betet->Fühlt sich stimmig an->Glaubt an Gott

 

Kevin:

 

 Betet->Fühlt sich stimmig an->Hält das für ein völlig natürliches Phänomen

 

 

Möglicherweise relevanter xkcd-Comic:

 

https://xkcd.com/242/

 


Das sind nicht die einzigen beiden Lösungen, dermaßen binär (wie der Comic suggeriert) ist die Welt nicht.

“Völlig natürliches Phänomen“ kann genausogut eine „black box“ sein wie „Gott“.

Gebet ist etwas, dass für mein Gefühl über nur „stimmig“ hinausgeht, sondern die Frage für mich ist auch, was ermöglicht mir die Offenheit immer wieder in das Neue hinein zu wachsen?

Für mich ist die Betrachtung „völlig natürliches Phänomen“ z. B. die „geschlossenere“ Perspektive, die mir weniger Offenheit für die Möglichkeiten des Menschseins verheißt als „Gott“.

 

Das ist aber vermutlich für jeden Menschen ein bisschen anders, wenn „Gott“ als finites einengendes „Bild“ (eben im Sinne des „Für-wahr-haltens“) empfunden wird, ist es spirituell besser, sich davon zu lösen.

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